I.
Die Antragstellerseite beantragt im Wege einer einstweiligen Anordnung die Verpflichtung des Freistaats Bayern auf Zulassung im 1. klinischen Fachsemester,
hilfsweise in der Vorklinik des Studiums der Humanmedizin an der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg (FAU) ab dem Sommersemester 2016.
Die Antragstellerseite rügt eine nicht gegebene Kapazitätsauslastung im Studiengang Humanmedizin.
Die Universität beantragt für den Freistaat Bayern,
den Antrag abzulehnen.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Akten, insbesondere auf die Datenerhebungsformularsätze mit den Kapazitätsberechnungen der Universität für das Studienjahr 2015/2016, Bezug genommen.
II.
Der streitgegenständliche Antrag auf Zulassung zum Studium der Humanmedizin im 5. Fachsemester (1. klinisches Fachsemester) im Sommersemester 2016 ist zulässig, aber nicht begründet. Es besteht bei der auch im vorliegenden Eilverfahren wegen der Effektivität des Rechtsschutzes gebotenen eingehenden Prüfung kein Anspruch auf antragsgemäße Zulassung. Die Antragstellerseite hat nicht glaubhaft gemacht, dass über die festgesetzte Zulassungszahl hinaus noch weitere Studienplätze zur Verfügung stehen.
Das Gericht hat neben den Rügen einzelner Beteiligter von Amts wegen die kapazitätsbestimmenden Faktoren und Ergebnisse der hochschulinternen Berechnungen hinsichtlich der Ermittlung der Zulassungszahl für das klinische Studium der Medizin eingehend überprüft und insoweit die Hochschulzulassungsverordnung (HZV) in der geltenden Fassung sowie die Vorschriften der Lehrverpflichtungsverordnung zugrunde gelegt.
Die Zahl der Studienplätze im 5. Fachsemester des Studiengangs Humanmedizin hat die Universität im Einvernehmen mit dem Staatsministerium für Wissenschaft, Forschung und Kunst gemäß der Zulassungszahlsatzung 2015/2016 auf 175 festgesetzt. Nach Mitteilung der Hochschule vom 9. Mai 2016 sind im 5. Fachsemester 177 Studenten eingeschrieben. Diese Zahl beinhaltet keine Beurlaubungen.
Die Aufnahmekapazität im klinischen Studienabschnitt wird dergestalt ermittelt, dass zunächst eine Berechnung auf Grund der personellen Ausstattung unter Anwendung von Curricularnormwerten erfolgt, welche anhand der weiteren kapazitätsbestimmenden Kriterien gemäß den Vorschriften der §§ 51 bis 55 HZV zu überprüfen ist.
Für die Berechnung der der Lehreinheit Klinisch-praktische Medizin zuzuordnenden Lehrpersonen und deren Lehrdeputaten ist der Antragsgegner ausweislich der von ihm vorgelegten Datensätze von 658,69 Planstellen ausgegangen. Unter Berücksichtigung eines Personalbedarfs für die Krankenversorgung und die Ausbildung im Praktischen Jahr resultieren daraus 380,05 Stellen für die Lehre. Unter Einbeziehung der weiteren zu berücksichtigenden Parameter wie die Lehrauftragsstunden, den Dienstleistungsbedarf und den gewichteten Curricularanteil errechnet sich eine personalbezogene Kapazität von 1756,31 Studienplätzen.
Für den klinischen Teil des Studiengangs Humanmedizin ist dieses Berechnungsergebnis anhand der patientenbezogenen Einflussfaktoren zu überprüfen (§ 54 HZV). Da eine ordnungsgemäße Ausbildung der Studierenden im klinischen Teil von einer ausreichenden Anzahl geeigneter Patienten (§ 51 Abs. 2 Nr. 4 HZV) abhängig ist und diese die mögliche Zulassungszahl in jedem Fall gemäß § 54 Abs. 2 HZV limitieren, steht es im Einklang mit den Regelungen der HZV, dass der Antragsgegner seiner Kapazitätsberechnung allein diese patientenbezogenen Einflussfaktoren zugrunde gelegt hat.
Als patientenbezogene jährliche Aufnahmekapazität sind gemäß § 54 Abs. 1 Nr. 1 HZV für den klinischen Studienabschnitt 15,5 v.H. der Gesamtzahl der tagesbelegten Betten anzusetzen. In diese Zahl hat der Antragsgegner - kapazitätsfördernd - auch die mit Privatpatienten belegten Betten einbezogen. Mit Blick auf diverse Rügen geht die Kammer weiterhin davon aus, dass die Zahl der tagesbelegten Betten auf der Grundlage der sogenannten Mitternachtszählung zu ermitteln ist. Zwar mag es generell zutreffen, dass die Anzahl der vollstationären Betten und deren Belegungsdauer in der jüngeren Vergangenheit unter dem Druck von Sparzwängen bundesweit allgemein zurückgegangen ist. Davon, dass sich die Zahl der tagesbelegten Betten im vorliegenden Fall bereits in einem Maße verringert hätte, dass eine Kapazitätsermittlung auf der Basis der Mitternachtszählung evident gegen das Kapazitätserschöpfungsgebot verstieße, kann jedoch keine Rede sein. In den Berechnungszeiträumen 2013/2014 bis 2015/2016 sind die für stationäre Behandlungen maßgeblichen Bettenzahlen (1377, 1304, 1362) nahezu gleich geblieben. Dessen ungeachtet wäre es zudem in erster Linie Sache des Verordnungsgebers, zu entscheiden, welche Konsequenzen aus einer Wandlung der stationären medizinischen Behandlung und einer damit einhergehenden Verringerung der Patientenressourcen zu ziehen sind, um dem Kapazitätserschöpfungsgebot gerecht zu werden. Es liegt auf der Hand, dass die Ausbildung im klinischen Teil des Studiums, in dem die Studierenden entsprechend dem Stand ihrer Fähigkeiten und Fertigkeiten im Rahmen praktischer Übungen am Patienten unterwiesen werden, eine ausreichende Zahl von für die Lehre geeigneten Patienten (Art. 4 Abs. 1 Satz 7 BayHZG) erfordert und dass sich hierbei gerade eine längere Verweildauer der Patienten in der Klinik günstig auswirkt. Wie Blatt 11 Seite 1 der Kapazitätsunterlagen zu entnehmen ist (11.1 patientenbezogene Aufnahmekapazität), wurden entgegen vorgebrachter Rügen einzelner Antragsteller auch die außeruniversitären Krankenanstalten in die Berechnung aufgenommen. Soweit unter Bezugnahme auf das Informationssystem UnivIS der FAU geltend gemacht wird, an diversen Lehrkrankenhäusern finde ebenfalls Ausbildung im klinischen Abschnitt statt, erweist sich dieses Vorbringen nicht als durchgreifend. Unter Bezugnahme auf eine dienstliche Erklärung des Dekans der Medizinischen Fakultät vom 6. November 2013 hat die Hochschule auf gerichtliche Anfrage versichert, dass an den kooperierenden Lehrkrankenhäusern ausschließlich Ausbildung im Praktischen Jahr stattfinde. Das Gericht sieht keinen Anlass, an dieser Feststellung zu zweifeln. Hieraus ergeben sich mithin 211,11 (15,5% von 1362,0) tagesbelegte Betten.
Liegt die so ermittelte Zahl niedriger als die auf Grund der Gegenüberstellung von Lehrangebot und Lehrnachfrage ermittelte personalbezogene Aufnahmekapazität, ist sie je 1.000 poliklinische Neuzugänge im Jahr um die Zahl 1, höchstens jedoch um 50 v.H. zu erhöhen (§ 54 Abs. 1 Nr. 2 HZV). In Anwendung dieser Vorschrift hat der Antragsgegner die Aufnahmekapazität mit weiteren 105,55 Studienplätzen auf 316,67, gerundet 317, festgesetzt.
Eine Erhöhung dieser Zulassungszahl durch den Ansatz einer Schwundquote ist nach dem Wortlaut des § 54 HZV nicht vorgesehen. Eine Verweisung in § 54 Abs. 2 HZV auf § 51 Abs. 3 Nr. 3 HZV kann dem Gesetzeswortlaut nicht entnommen werden. Die Erwähnung von § 51 Abs. 3 Nr. 3 HZV in § 54 Abs. 2 HZV besagt lediglich, dass bei der Berechnung der personalbezogenen Kapazität, die der patientenbezogenen Kapazität gegenüberzustellen ist, § 51 Abs. 3 Nr. 3 HZV zu berücksichtigen ist.
Ob und inwieweit die Hochschule bei ihrer Entscheidung, die Kooperation mit dem Klinikum Nürnberg (Geriatrie) nicht fortzusetzen, kapazitätsrechtliche Belange hinreichend berücksichtigt hat, ist vorliegend nicht von Belang. Es besteht für das streitgegenständliche Studienjahr keine Veranlassung, dieser Fragestellung vertieft nachzugehen, weil die Hochschule auf Veranlassung des Bayerischen Staatsministeriums für Wissenschaft, Forschung und Kunst die Zulassungszahl (über die Berechnung gemäß der HZV hinaus) wie im Vorjahr in ihrer Zulassungszahlsatzung auf 320 Studienplätze festgesetzt hat. Dieses überkapazitäre Angebot von klinischer Ausbildungskapazität begegnet keinen rechtlichen Bedenken, zumal das Zulassungsverfahren zum 1. klinischen Semester Humanmedizin nach Aussage der Universität entsprechend den gesetzlichen Vorgaben des § 35 Abs. 3 HZV durchgeführt wurde.
Zusätzlich ergeben sich 30 weitere Studienplätze, welche aus dem im Rahmen der Zielvereinbarung 2011 zwischen dem Bayerischen Staatsministerium für Wissenschaft, Forschung und Kunst, der FAU sowie dem Universitätsklinikum Erlangen zur Verfügung stehenden Lehrangebot resultieren. Diese über die reguläre Aufnahmekapazität hinausgehende vorübergehende Erhöhung der Zulassungszahlen bleibt als Maßnahme zum Ausgleich einer zusätzlichen Belastung der FAU kapazitätsrechtlich unberücksichtigt (§ 40 Abs. 2 HZV). Eine dauerhafte Erhöhung der Aufnahmekapazität ist damit schon deshalb nicht verbunden, weil die in der Zielvereinbarung genannten zusätzlichen Mittel nur befristet zur Verfügung gestellt werden.
Im Ergebnis ist festzuhalten, dass die mit Schreiben der Universität vom 9. Mai 2016 mitgeteilte Auslastung mit 177 eingeschriebenen Studenten die gemäß der Zulassungszahlsatzung auf das Sommersemester 2016 entfallene Aufnahmekapazität (175) übersteigt, so dass ein Anspruch auf Zulassung in den zweiten Studienabschnitt (auch soweit die innerkapazitäre Zulassung begehrt wird) nicht besteht.
Soweit hilfsweise die Zulassung in einzelne Semester des vorklinischen Studienabschnitts begehrt wird, ist der Antrag ebenfalls abzulehnen.
Die Kammer hat mit Beschlüssen vom 30. Juni 2016 (AN 2 E 16.10001 u.a.) entschieden, dass weder im ersten noch in den höheren vorklinischen Semestern eine ungenutzte Kapazität existiert.
Zudem besteht für einen Studenten, der bereits die Ärztliche Vorprüfung absolviert hat, kein anerkennenswertes Rechtsschutzinteresse dahingehend, nochmals in ein niedrigeres Fachsemester eingestuft zu werden, dessen Wissensstoff er bereits kennt und dessen Scheine und Prüfungen er bereits absolviert hat. Das aus Art. 12 Abs. 1 GG in Verbindung mit dem allgemeinen Gleichheitssatz abgeleitete Recht auf Zulassung zum Hochschulstudium und die freie Wahl der Ausbildungsstätte korrespondiert mit der im Grundsatz bestehenden gleichen Berechtigung anderer Zulassungsbewerber, dieselbe Ausbildung beginnen zu können. Daraus resultiert konsequenterweise eine Beschränkung der Zulassungsberechtigung bei denjenigen, die bereits eine angestrebte Ausbildung ganz oder teilweise absolviert haben, zu dieser Ausbildung - aus welchen Gründen auch immer - aber erneut zugelassen werden möchten. Dies gilt in besonderem Maße für den Ausbildungsabschnitt der Vorklinischen Medizin, dessen knapp bemessener Aufnahmekapazität eine Vielzahl von Bewerbern um einen Studienplatz gegenübersteht (vgl. OVG NRW, Beschluss vom 12.2.2008 - 13 C 57/08).
Der Antrag war daher sowohl hinsichtlich des Hauptwie auch des Hilfsantrags mit der auf § 154 Abs. 1 VwGO beruhenden Kostenfolge abzulehnen.
Die Streitwertfestsetzung stützt sich auf §§ 53 Abs. 2, 52 Abs. 1 GKG.