Sozialgericht Würzburg Urteil, 25. Jan. 2018 - S 15 AS 94/17 KO

bei uns veröffentlicht am25.01.2018

Gericht

Sozialgericht Würzburg

Tenor

I. Die Klage gegen den Bescheid vom 9.1.2017 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 14.2.2017 wird abgewiesen.

II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

Tatbestand

Streitig ist die Kostenerstattung für ein Widerspruchsverfahren.

Auf den Weiterbewilligungsantrag der Klägerin hin (Blatt 162 ff. der Verwaltungsakte) bewilligte der Beklagte der Klägerin und den mit ihr in Bedarfsgemeinschaft lebenden Personen mit Bewilligungsbescheid vom 19.7.2016 vorläufig Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) für die Zeit von August 2016 bis Januar 2017 (Blatt 169 der Verwaltungsakte). Mit Schreiben vom 19.7.2016 forderte der Beklagte die Klägerin auf, neben weiteren Unterlagen eine Kopie des Elterngeldbescheides für ihr am 31.5.2016 geborenes Kind einzureichen (Blatt 170 der Verwaltungsakte). Am 15.8.2016 ging der Elterngeldbescheid beim Beklagten ein (Blatt 183 der Verwaltungsakte). Am 16.8.2016 entwarf der Beklagte einen vorläufigen Änderungsbescheid, in welchem er das am 31.5.2016 geborene Kind der Klägerin berücksichtigte sowie Elterngeld anrechnete; der Bescheid wurde sodann am 17.8.2016 erlassen und versandt (Blatt 182, 213 der Verwaltungsakte). Am 17.8.2016 ging der Widerspruch der Klägerin, vertreten durch ihre Prozessbevollmächtigten, gegen den Bewilligungsbescheid vom 19.7.2016 beim Beklagten ein, welcher sich gegen die Nichtberücksichtigung des am 31.5.2016 geborenen Kindes richtete; gleichzeitig wurde Akteneinsicht beantragt (Blatt 208 ff. der Verwaltungsakte). Nachdem am 19.8.2016 die Bescheide über die Bewilligung von Leistungen nach dem Unterhaltsvorschussgesetz und die Bewilligung von Kindergeld beim Beklagten eingingen (Blatt 195 ff., 203, 213 der Verwaltungsakte), entwarf der Beklagte am gleichen Tag einen Bescheid über die endgültige Bewilligung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts, welchen er sodann am 22.8.2016 erließ und versandte (Blatt 198 ff., 213 der Verwaltungsakte). Mit Schreiben vom 4.10.2016 teilte der Beklagte der Klägerin mit, dass er davon ausgehe, dass sich der Widerspruch erledigt habe, da eine Beschwer bei Eingang des Widerspruchs nicht mehr vorgelegen habe (Blatt 224 der Verwaltungsakte). Mit Schreiben vom 11.10.2016 unterbreitete die Klägerin dem Beklagten einen Vergleichsvorschlag, wonach der Widerspruch zurückgenommen werde, sofern die Beklagte die notwendigen Kosten des anwaltlichen Vertreters trage (Blatt 228 f. der Verwaltungsakte).

Mit Kostenentscheidung vom 9.1.2017 entschied der Beklagte, dass die im Widerspruchsverfahren entstandenen notwendigen Aufwendungen nicht erstattet werden könnten. Eine ursächliche Verknüpfung zwischen Rechtsbehelf und begünstigender Entscheidung sei nicht zu bejahen. Der Widerspruch sei ausweislich des Eingangsstempels am 17.8.2016 eingegangen; bereits am 16.8.2016 habe der Beklagte die Änderung des angefochtenen Bescheides veranlasst (Blatt 238 f. der Verwaltungsakte).

Der hiergegen eingelegte Widerspruch (Blatt 287 der Verwaltungsakte) wurde mit Widerspruchsbescheid vom 14.2.2017 zurückgewiesen. Die Änderung des angefochtenen Bewilligungsbescheides sei bereits vor Eingang der Widerspruchsschrift veranlasst worden. Damit bestehe kein ursächlicher Zusammenhang zwischen der Widerspruchseinlegung und dem Erlass der begünstigenden Entscheidung (Blatt 295 ff. der Verwaltungsakte).

Hiergegen hat die Klägerin am 27.2.2017 Klage erhoben. Es seien keine Beweise vom Beklagten vorgelegt worden, dass er vor Widerspruchserhebung bereits die Änderung beschlossen habe. Auch werde die Änderung erst mit Bekanntgabe an die Klägerin wirksam. Bei lebensnaher Betrachtung sei davon auszugehen, dass der rechtswidrige Bescheid wegen des Widerspruchs aufgehoben worden sei.

Die Klägerin beantragt,

den Beklagten unter Aufhebung des Bescheids vom 9.1.2017 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 14.2.2017 zu verurteilen, der Klägerin die Kosten des Vorverfahrens in Höhe von 434,35 € zu erstatten.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Der vorläufige Änderungsbescheid vom 17.8.2016 sei nicht aufgrund des Widerspruchs erlassen worden, denn der Entwurf sei bereits am 16.8.2016 ausgedruckt worden. Dieser Nachweis habe dem Bevollmächtigten der Klägerin auch vorgelegen, da ihm Akteneinsicht gewährt worden sei. Für die Kausalitätsfrage zwischen Widerspruch und Bescheiderlass komme es nicht auf die Bekanntgabe des Bescheids an.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die Gerichtsakte sowie auf die beigezogene Verfahrensakte des Beklagten im vorliegenden Verfahren verwiesen. Diese waren alle Gegenstand der Entscheidungsfindung.

Gründe

Die zulässige Klage ist unbegründet. Der Bescheid vom 9.1.2017 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 14.2.2017 ist rechtmäßig und die Klägerin hierdurch nicht beschwert, § 54 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG).

1. Streitgegenstand ist der Bescheid der Beklagten vom 9.1.2017 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 14.2.2017, mit dem der Beklagte eine Erstattung von im Widerspruchsverfahren entstandenen notwendigen Aufwendungen ablehnte.

2. Die so verstandene (§ 123 SGG) - gemäß § 54 Abs. 1 S. 1, Abs. 4 SGG als kombinierte Anfechtungs- und Leistungsklage statthafte - Klage ist unbegründet. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf die Erstattung ihrer Aufwendungen für das Widerspruchsverfahren. Die erkennende Kammer folgt diesbezüglich der Begründung des Bescheides vom 9.1.2017 sowie des Widerspruchsbescheides vom 14.2.2017 und sieht deshalb von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe ab (§ 136 Abs. 3 SGG). Der darin zu Grunde gelegte Sachverhalt ergibt sich nachvollziehbar aus der Verwaltungsakte des Beklagten und wurde von diesem zutreffend rechtlich gewürdigt.

3. Ergänzend hält die erkennende Kammer fest, dass es für die Frage, ob zwischen der Einlegung des Rechtsbehelfs und der begünstigenden Entscheidung tatsächlich eine ursächliche Verknüpfung im Rechtssinne besteht, nicht auf die Bekanntgabe der begünstigenden Entscheidung ankommt, sondern vielmehr auf den tatsächlichen Geschehensablauf.

Die Klage war daher in vollem Umfang abzuweisen.

4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG und folgt dem Ausgang des Verfahrens.

5. Der Wert des Beschwerdegegenstandes beträgt im vorliegenden Fall insgesamt 434,35 €. Die Berufung bedarf somit nach § 144 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 SGG der Zulassung, weil der Wert des Beschwerdegegenstandes den Betrag von 750 € nicht übersteigt. Es sind auch keine wiederkehrenden oder laufenden Leistungen für mehr als ein Jahr betroffen, § 144 Abs. 1 S. 2 SGG. Die Berufung war hingegen nicht zuzulassen, weil ein Grund im Sinne des § 144 Abs. 2 SGG nicht vorliegt.

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Sozialgerichtsgesetz - SGG | § 193


(1) Das Gericht hat im Urteil zu entscheiden, ob und in welchem Umfang die Beteiligten einander Kosten zu erstatten haben. Ist ein Mahnverfahren vorausgegangen (§ 182a), entscheidet das Gericht auch, welcher Beteiligte die Gerichtskosten zu tragen ha

Sozialgerichtsgesetz - SGG | § 54


(1) Durch Klage kann die Aufhebung eines Verwaltungsakts oder seine Abänderung sowie die Verurteilung zum Erlaß eines abgelehnten oder unterlassenen Verwaltungsakts begehrt werden. Soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist, ist die Klage zulässig

Sozialgerichtsgesetz - SGG | § 144


(1) Die Berufung bedarf der Zulassung in dem Urteil des Sozialgerichts oder auf Beschwerde durch Beschluß des Landessozialgerichts, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 1. bei einer Klage, die eine Geld-, Dienst- oder Sachleistung oder einen hier

Sozialgerichtsgesetz - SGG | § 123


Das Gericht entscheidet über die vom Kläger erhobenen Ansprüche, ohne an die Fassung der Anträge gebunden zu sein.

Sozialgerichtsgesetz - SGG | § 136


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Tenor I. Die Berufung gegen das Urteil des Sozialgerichts Würzburg vom 25.01.2018 - S 15 AS 94/17 KO - wird zugelassen. II. Die Nichtzulassungsbeschwerde wird als Berufung fortgeführt. III. Der Klägerin wird Prozesskostenhil

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Das Gericht entscheidet über die vom Kläger erhobenen Ansprüche, ohne an die Fassung der Anträge gebunden zu sein.

(1) Durch Klage kann die Aufhebung eines Verwaltungsakts oder seine Abänderung sowie die Verurteilung zum Erlaß eines abgelehnten oder unterlassenen Verwaltungsakts begehrt werden. Soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist, ist die Klage zulässig, wenn der Kläger behauptet, durch den Verwaltungsakt oder durch die Ablehnung oder Unterlassung eines Verwaltungsakts beschwert zu sein.

(2) Der Kläger ist beschwert, wenn der Verwaltungsakt oder die Ablehnung oder Unterlassung eines Verwaltungsakts rechtswidrig ist. Soweit die Behörde, Körperschaft oder Anstalt des öffentlichen Rechts ermächtigt ist, nach ihrem Ermessen zu handeln, ist Rechtswidrigkeit auch gegeben, wenn die gesetzlichen Grenzen dieses Ermessens überschritten sind oder von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht ist.

(3) Eine Körperschaft oder eine Anstalt des öffentlichen Rechts kann mit der Klage die Aufhebung einer Anordnung der Aufsichtsbehörde begehren, wenn sie behauptet, daß die Anordnung das Aufsichtsrecht überschreite.

(4) Betrifft der angefochtene Verwaltungsakt eine Leistung, auf die ein Rechtsanspruch besteht, so kann mit der Klage neben der Aufhebung des Verwaltungsakts gleichzeitig die Leistung verlangt werden.

(5) Mit der Klage kann die Verurteilung zu einer Leistung, auf die ein Rechtsanspruch besteht, auch dann begehrt werden, wenn ein Verwaltungsakt nicht zu ergehen hatte.

(1) Das Urteil enthält

1.
die Bezeichnung der Beteiligten, ihrer gesetzlichen Vertreter und der Bevollmächtigten nach Namen, Wohnort und ihrer Stellung im Verfahren,
2.
die Bezeichnung des Gerichts und die Namen der Mitglieder, die bei der Entscheidung mitgewirkt haben,
3.
den Ort und Tag der mündlichen Verhandlung,
4.
die Urteilsformel,
5.
die gedrängte Darstellung des Tatbestands,
6.
die Entscheidungsgründe,
7.
die Rechtsmittelbelehrung.

(2) Die Darstellung des Tatbestands kann durch eine Bezugnahme auf den Inhalt der vorbereitenden Schriftsätze und auf die zu Protokoll erfolgten Feststellungen ersetzt werden, soweit sich aus ihnen der Sach- und Streitstand richtig und vollständig ergibt. In jedem Fall sind jedoch die erhobenen Ansprüche genügend zu kennzeichnen und die dazu vorgebrachten Angriffs- und Verteidigungsmittel ihrem Wesen nach hervorzuheben.

(3) Das Gericht kann von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe absehen, soweit es der Begründung des Verwaltungsaktes oder des Widerspruchsbescheides folgt und dies in seiner Entscheidung feststellt.

(4) Wird das Urteil in dem Termin, in dem die mündliche Verhandlung geschlossen worden ist, verkündet, so bedarf es des Tatbestandes und der Entscheidungsgründe nicht, wenn Kläger, Beklagter und sonstige rechtsmittelberechtigte Beteiligte auf Rechtsmittel gegen das Urteil verzichten.

(1) Das Gericht hat im Urteil zu entscheiden, ob und in welchem Umfang die Beteiligten einander Kosten zu erstatten haben. Ist ein Mahnverfahren vorausgegangen (§ 182a), entscheidet das Gericht auch, welcher Beteiligte die Gerichtskosten zu tragen hat. Das Gericht entscheidet auf Antrag durch Beschluß, wenn das Verfahren anders beendet wird.

(2) Kosten sind die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen der Beteiligten.

(3) Die gesetzliche Vergütung eines Rechtsanwalts oder Rechtsbeistands ist stets erstattungsfähig.

(4) Nicht erstattungsfähig sind die Aufwendungen der in § 184 Abs. 1 genannten Gebührenpflichtigen.

(1) Die Berufung bedarf der Zulassung in dem Urteil des Sozialgerichts oder auf Beschwerde durch Beschluß des Landessozialgerichts, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes

1.
bei einer Klage, die eine Geld-, Dienst- oder Sachleistung oder einen hierauf gerichteten Verwaltungsakt betrifft, 750 Euro oder
2.
bei einer Erstattungsstreitigkeit zwischen juristischen Personen des öffentlichen Rechts oder Behörden 10.000 Euro
nicht übersteigt. Das gilt nicht, wenn die Berufung wiederkehrende oder laufende Leistungen für mehr als ein Jahr betrifft.

(2) Die Berufung ist zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
2.
das Urteil von einer Entscheidung des Landessozialgerichts, des Bundessozialgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
3.
ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

(3) Das Landessozialgericht ist an die Zulassung gebunden.

(4) Die Berufung ist ausgeschlossen, wenn es sich um die Kosten des Verfahrens handelt.