Sozialgericht Würzburg Beschluss, 20. Feb. 2017 - S 15 AS 493/13 ER

published on 20.02.2017 00:00
Sozialgericht Würzburg Beschluss, 20. Feb. 2017 - S 15 AS 493/13 ER
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Gericht

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Tenor

Die dem Antragsteller mit Beschluss vom 23.9.2013 bewilligte Prozesskostenhilfe wird mit rückwirkender Kraft aufgehoben.

Gründe

I.

In der Hauptsache war zwischen den Beteiligten im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes die Gewährung von Lebensmittelgutscheinen im Rahmen von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) streitig. Die Hauptsache wurde mit Schriftsatz vom 18.9.2013 für erledigt erklärt.

Im Rahmen dieses Verfahrens war seitens des Antragstellers ein Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe gestellt worden, aufgrund dessen dem Antragsteller mit Beschluss vom 23.9.2013 Prozesskostenhilfe bewilligt wurde und die Rechtsanwälte C., D. und B. aus B-Stadt als Prozessbevollmächtigte beigeordnet wurden.

Mit gerichtlichen Schreiben vom 28.9.2016 sowie vom 17.11.2016 wurden die Prozessbevollmächtigten vergeblich aufgefordert zu erklären, ob zwischenzeitlich Änderungen in den persönlichen oder wirtschaftlichen Verhältnissen des Antragstellers eingetreten seien. Letztmalig wurden die Prozessbevollmächtigten mit Richterbrief vom 2.1.2017, zugestellt am 5.1.2017, um Mitteilung gebeten, ob sich dessen persönliche und wirtschaftliche Verhältnisse wesentlich geändert hätten. Gleichzeitig wurde darauf hingewiesen, dass das Gericht beabsichtige, die Bewilligung der Prozesskostenhilfe aufzuheben, sofern wiederum ohne Angabe von Gründen keine fristgerechte Erledigung erfolgen sollte. Auch hierauf erfolgte bislang keine Reaktion.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die Gerichtsakte sowie auf die Prozesskostenhilfebeiakte im vorliegenden Verfahren verwiesen. Diese waren Gegenstand der Entscheidungsfindung.

II.

1. Nach § 73a Abs. 1 S. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) gelten die Vorschriften der Zivilprozessordnung (ZPO) über die Prozesskostenhilfe im sozialgerichtlichen Verfahren entsprechend. Gemäß § 120 Abs. 4 S. 2 ZPO a.F. (vgl. Art. 5 Gesetz zur Änderung des Prozesskostenhilfe- und Beratungshilferechts vom 31.8.2013, BGBl. Teil I, S. 3536 f.) hat sich die Partei auf Verlangen des Gerichts darüber zu erklären, ob eine Änderung der für die Prozesskostenhilfe maßgebenden persönlichen oder wirtschaftlichen Verhältnisse eingetreten ist. Gemäß § 124 Nr. 2 Alt. 2 ZPO a.F. kann das Gericht die Bewilligung der Prozesskostenhilfe aufheben, wenn die Partei eine Erklärung nach § 120 Abs. 4 S. 2 ZPO a.F. nicht abgegeben hat.

Die Voraussetzungen für die Aufhebung der Bewilligung der Prozesskostenhilfe sind vorliegend erfüllt. Trotz dreimaliger Aufforderung hat es der Antragsteller unterlassen, sich darüber zu erklären, ob eine Änderung der für die Prozesskostenhilfe maßgebenden persönlichen oder wirtschaftlichen Verhältnisse eingetreten ist. Hierbei ist er zuletzt auch auf die Möglichkeit der Aufhebung der Prozesskostenhilfe hingewiesen worden.

2. Dabei hat das Gericht im Rahmen der Aufhebungsentscheidung von dem ihm zustehenden Ermessen Gebrauch gemacht und unter Berücksichtigung des Normzwecks alle ihm bekannten Umstände des Einzelfalles gewürdigt, insbesondere die den Antragsteller treffenden Folgen der Aufhebung und die von ihm zu verantwortenden Aufhebungsgründe (vgl. Fischer in Musielak, ZPO [8. Aufl. 2011], § 124 Rn. 2; Philippi in Zöller, ZPO [26. Aufl. 2007], § 124 Rn. 3; Kalthoener/Büttner/Wrobel-Sachs, Prozesskostenhilfe und Beratungshilfe [2. Aufl. 1999], Rn. 831 jeweils m.w.N.).

Grundsätzlich soll derjenige, dem Prozesskostenhilfe bewilligt wurde, darauf vertrauen können, dass er diese Vergünstigung nicht ohne weiteres wieder verliert. Dies erscheint jedoch dann unangemessen, wenn er seinen Mitwirkungspflichten, wozu auch die Pflicht zur Mitteilung einer Änderung der persönlichen oder wirtschaftlichen Verhältnisse gehört, nicht nachkommt. Dabei ist der Zweck des § 124 Nr. 2 Alt. 2 ZPO a.F., die hiermit verbundenen Probleme insgesamt zu einem vernünftigen Ausgleich zu bringen (Fischer in Musielak, ZPO [8. Aufl. 2011], § 124 Rn. 1 m.w.N.).

Im Hinblick darauf erscheint es interessengerecht und entspricht billigem Ermessen, wenn die dem Antragsteller bewilligte Prozesskostenhilfe aufgehoben wird und er die von der Staatskasse verauslagten Kosten in Höhe von 202,30 € zu erstatten hat. Gründe, die hiergegen sprechen könnten, wurden von dem Antragsteller weder vorgetragen noch sind solche für das erkennende Gericht erkennbar. Eine Reaktion des Antragstellers auf die gerichtlichen Schreiben erfolgte nicht. Hierzu war er jedoch nach § 120 Abs. 4 S. 2 ZPO a.F. verpflichtet. Mangels gegenteiliger Anhaltspunkte war ihm die Erfüllung dieser Pflicht auch zumutbar. Der Antragsteller hat daher die Aufhebungsgründe selbst zu verantworten.

Somit war nach alledem die Bewilligung der Prozesskostenhilfe aufzuheben.

3. Gegen diesen Beschluss ist gemäß § 172 Abs. 1 SGG nach zutreffender überwiegender Meinung in der Rechtsprechung die Beschwerde statthaft, da der Tatbestand des § 124 ZPO a.F. weitere Voraussetzungen (wie z.B. Ermessen) besitzt und der Wortlaut des § 172 Abs. 3 Nr. 2 SGG nur auf eine „Ablehnung“ der Prozesskostenhilfe abstellt, nicht jedoch auf eine „Aufhebung“ der Bewilligungsentscheidung (BayLSG, Beschluss vom 22.11.2010 - L 7 AS 486/10 B PKH - Rn. 11 m.w.N.).

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(1) Gegen die Entscheidungen der Sozialgerichte mit Ausnahme der Urteile und gegen Entscheidungen der Vorsitzenden dieser Gerichte findet die Beschwerde an das Landessozialgericht statt, soweit nicht in diesem Gesetz anderes bestimmt ist. (2) Pro
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published on 12.04.2017 00:00

Tenor Auf die Beschwerde wird der Beschluss des Sozialgerichts Würzburg vom 20.02.2017 - S 15 AS 493/13 ER - aufgehoben. Gründe I. Streitig war die Erteilung von Lebensmittelgutscheinen wegen der Minderung
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Annotations

(1) Mit der Bewilligung der Prozesskostenhilfe setzt das Gericht zu zahlende Monatsraten und aus dem Vermögen zu zahlende Beträge fest. Setzt das Gericht nach § 115 Absatz 1 Satz 3 Nummer 5 mit Rücksicht auf besondere Belastungen von dem Einkommen Beträge ab und ist anzunehmen, dass die Belastungen bis zum Ablauf von vier Jahren ganz oder teilweise entfallen werden, so setzt das Gericht zugleich diejenigen Zahlungen fest, die sich ergeben, wenn die Belastungen nicht oder nur in verringertem Umfang berücksichtigt werden, und bestimmt den Zeitpunkt, von dem an sie zu erbringen sind.

(2) Die Zahlungen sind an die Landeskasse zu leisten, im Verfahren vor dem Bundesgerichtshof an die Bundeskasse, wenn Prozesskostenhilfe in einem vorherigen Rechtszug nicht bewilligt worden ist.

(3) Das Gericht soll die vorläufige Einstellung der Zahlungen bestimmen,

1.
wenn die Zahlungen der Partei die voraussichtlich entstehenden Kosten decken;
2.
wenn die Partei, ein ihr beigeordneter Rechtsanwalt oder die Bundes- oder Landeskasse die Kosten gegen einen anderen am Verfahren Beteiligten geltend machen kann.

(4) (weggefallen)

(1) Gegen die Entscheidungen der Sozialgerichte mit Ausnahme der Urteile und gegen Entscheidungen der Vorsitzenden dieser Gerichte findet die Beschwerde an das Landessozialgericht statt, soweit nicht in diesem Gesetz anderes bestimmt ist.

(2) Prozeßleitende Verfügungen, Aufklärungsanordnungen, Vertagungsbeschlüsse, Fristbestimmungen, Beweisbeschlüsse, Beschlüsse über Ablehnung von Beweisanträgen, über Verbindung und Trennung von Verfahren und Ansprüchen und über die Ablehnung von Gerichtspersonen und Sachverständigen können nicht mit der Beschwerde angefochten werden.

(3) Die Beschwerde ist ausgeschlossen

1.
in Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes, wenn in der Hauptsache die Berufung der Zulassung bedürfte,
2.
gegen die Ablehnung von Prozesskostenhilfe, wenn
a)
das Gericht die persönlichen oder wirtschaftlichen Voraussetzungen für die Prozesskostenhilfe verneint,
b)
in der Hauptsache die Berufung der Zulassung bedürfte oder
c)
das Gericht in der Sache durch Beschluss entscheidet, gegen den die Beschwerde ausgeschlossen ist,
3.
gegen Kostengrundentscheidungen nach § 193,
4.
gegen Entscheidungen nach § 192 Abs. 4, wenn in der Hauptsache kein Rechtsmittel gegeben ist und der Wert des Beschwerdegegenstandes 200 Euro nicht übersteigt.

(1) Das Gericht soll die Bewilligung der Prozesskostenhilfe aufheben, wenn

1.
die Partei durch unrichtige Darstellung des Streitverhältnisses die für die Bewilligung der Prozesskostenhilfe maßgebenden Voraussetzungen vorgetäuscht hat;
2.
die Partei absichtlich oder aus grober Nachlässigkeit unrichtige Angaben über die persönlichen oder wirtschaftlichen Verhältnisse gemacht oder eine Erklärung nach § 120a Absatz 1 Satz 3 nicht oder ungenügend abgegeben hat;
3.
die persönlichen oder wirtschaftlichen Voraussetzungen für die Prozesskostenhilfe nicht vorgelegen haben; in diesem Fall ist die Aufhebung ausgeschlossen, wenn seit der rechtskräftigen Entscheidung oder sonstigen Beendigung des Verfahrens vier Jahre vergangen sind;
4.
die Partei entgegen § 120a Absatz 2 Satz 1 bis 3 dem Gericht wesentliche Verbesserungen ihrer Einkommens- und Vermögensverhältnisse oder Änderungen ihrer Anschrift absichtlich oder aus grober Nachlässigkeit unrichtig oder nicht unverzüglich mitgeteilt hat;
5.
die Partei länger als drei Monate mit der Zahlung einer Monatsrate oder mit der Zahlung eines sonstigen Betrages im Rückstand ist.

(2) Das Gericht kann die Bewilligung der Prozesskostenhilfe aufheben, soweit die von der Partei beantragte Beweiserhebung auf Grund von Umständen, die im Zeitpunkt der Bewilligung der Prozesskostenhilfe noch nicht berücksichtigt werden konnten, keine hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet oder der Beweisantritt mutwillig erscheint.

(1) Gegen die Entscheidungen der Sozialgerichte mit Ausnahme der Urteile und gegen Entscheidungen der Vorsitzenden dieser Gerichte findet die Beschwerde an das Landessozialgericht statt, soweit nicht in diesem Gesetz anderes bestimmt ist.

(2) Prozeßleitende Verfügungen, Aufklärungsanordnungen, Vertagungsbeschlüsse, Fristbestimmungen, Beweisbeschlüsse, Beschlüsse über Ablehnung von Beweisanträgen, über Verbindung und Trennung von Verfahren und Ansprüchen und über die Ablehnung von Gerichtspersonen und Sachverständigen können nicht mit der Beschwerde angefochten werden.

(3) Die Beschwerde ist ausgeschlossen

1.
in Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes, wenn in der Hauptsache die Berufung der Zulassung bedürfte,
2.
gegen die Ablehnung von Prozesskostenhilfe, wenn
a)
das Gericht die persönlichen oder wirtschaftlichen Voraussetzungen für die Prozesskostenhilfe verneint,
b)
in der Hauptsache die Berufung der Zulassung bedürfte oder
c)
das Gericht in der Sache durch Beschluss entscheidet, gegen den die Beschwerde ausgeschlossen ist,
3.
gegen Kostengrundentscheidungen nach § 193,
4.
gegen Entscheidungen nach § 192 Abs. 4, wenn in der Hauptsache kein Rechtsmittel gegeben ist und der Wert des Beschwerdegegenstandes 200 Euro nicht übersteigt.