Sozialgericht Regensburg Urteil, 30. Mai 2018 - S 7 AY 4/17

bei uns veröffentlicht am30.05.2018

Gericht

Sozialgericht Regensburg

Tenor

I. Die Klage wird abgewiesen

II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten

Tatbestand

Der Kläger begehrt die Gewährung von Analogleistungen nach § 2 Asylbewerberleistungsgesetz (AsylbLG).

Der 1977 geborene Kläger ist ukrainischer Staatsangehöriger. Er reiste mit seiner Ehefrau und den vier gemeinsamen Kindern am 8.7.2015 in das Bundesgebiet ein, wo sie am 8.9.2015 Asylanträge stellten. Zuvor hatten der Kläger und seine Familie bereits in Polen die Anerkennung als Asylberechtigte beantragt.

Die Regierung der Oberpfalz wies den Kläger und seine Familienangehörigen dem Zuständigkeitsbereich der Beklagten zu (Zuweisungsbescheid vom 21.7.2015), wo sie seither in einer Gemeinschaftsunterkunft (GU) leben und AsylbLG-Leistungen beziehen.

Die deutschen Behörden richteten unter dem 30.10.2015 ein Übernahmeersuchen nach Maßgabe der Dublin III-VO an Polen. Dort erklärte man mit Schreiben vom 6.11.2015 die eigene Zuständigkeit für die Bearbeitung der Asylanträge. Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) lehnte daraufhin die Asylanträge als unzulässig ab und ordnete die Abschiebung nach Polen an (Bescheid vom 12.11.2015). Die Kläger und seine Familienangehörigen ließen hiergegen Klage zum Verwaltungsgericht (VG) Regensburg erheben.

Mit Schreiben vom 30.11.2015 teilte das E.-L. Pfarramt S. L. (Pfarramt) mit, dass der Kirchenvorstand beschlossen habe, dem Kläger Kirchenasyl zu gewähren. Man gehe davon aus, dass diese Gewissensentscheidung der Kirchengemeinde respektiert und die angeordnete Abschiebung nach Polen ausgesetzt werde. Eine Überstellung lediglich der restlichen Familienmitglieder akzeptierten die polnischen Behörden nicht mit der Folge, dass die Überstellungsfrist am 6.5.2016 erfolglos ablief. Im Juni 2016 verließ der Kläger das Kirchenasyl.

Das VG Regensburg hat den Bescheid vom 12.11.2015 aufgehoben, soweit mit diesem die Asylanträge des Klägers und seiner Familienangehörigen als unzulässig abgelehnt worden sind; mit Ablauf der Überstellungsfrist sei die asylverfahrensrechtliche Zuständigkeit auf die Bundesrepublik übergegangen, weshalb die Tatbestandsvoraussetzungen der Zuständigkeit eines anderen Staates nicht mehr gegeben seien. Im Übrigen hat es das Verfahren nach übereinstimmenden Erledigungserklärungen der Beteiligten eingestellt (vom 1.6.2016 - RO 9 K 15.50682). Die anschließend im nationalen Verfahren geprüften Asylanträge blieben ohne Erfolg (Bescheid vom 12.5.2017; VG Regensburg vom 20.7.2017 - RO 9 K 17.32993), ebenso der Asylfolgeantrag des Klägers vom 15.11.2017 (Bescheid vom 21.11.2017). Seitdem ist der Kläger - wie auch seine Familie - im Besitz von Duldungen (§ 60a AufenthG).

Die Beklagte bewilligte dem Kläger und seiner Familie zuletzt für die Zeit ab 1.7.2016 laufend Grundleistungen nach § 3 AsylbLG (Bescheid vom 27.7.2016). Am 16.11.2016 beantragte der Kläger für sich und seine Familie die Bewilligung von Analogleistungen nach § 2 AsylbLG.

Die Beklagte lehnte die Gewährung von Analogleistungen an den Kläger ab (Bescheid vom 8.12.2016). Das Aufsuchen von Kirchenasyl stelle eine Handlung dar, mit der die Vollstreckung der Ausreisepflicht verhindert werden sollte. Die Dauer des Aufenthalts sei wegen des faktischen Abschiebehindernisses durch Kirchenasyl rechtsmissbräuchlich beeinflusst worden. In der Folgezeit bezog der Kläger weiterhin Grundleistungen nach § 3 AsylbLG (Bescheid vom 8.5.2017 und vom 8.1.2018).

Den gegen den Bescheid vom 8.12.2016 eingelegten Widerspruch wies die Regierung der Oberpfalz als unbegründet zurück (Widerspruchsbescheid vom 3.5.2017) Der Widerspruchsführer habe seine Abschiebung vereitelt, weil er durch Untertauchen bzw Widerstand als aktive Handlung verhindert habe, das Asylverfahren zu einem unverzüglichen Abschluss zu bringen. Durch die aktive Inanspruchnahme von Kirchenasyl hätten aufenthaltsbeendende Maßnahmen nicht vollzogen werden können; der Widerspruchsführer habe sich faktisch dem Zugriff staatlicher Vollstreckungsorgane entzogen und trage damit eine wesentliche Mitursache für die Verhinderung seiner Ausreise.

Der Kläger hat hiergegen Klage erhoben. Zu deren Begründung trägt er vor: Er habe weder aktiven Widerstand gegen die Abschiebung geleistet noch sei er untergetaucht. Die Behörden hätten jederzeit Kenntnis von seinem Aufenthaltsort gehabt und hätten ihn jederzeit aus der Kirche abholen können. Bloße informelle Vereinbarungen zwischen Kirchen und Behörden über die Wahrung des Kirchenasyls hätten keine juristische Bedeutung. Das Aufsuchen von Kirchenasyl sei nicht illegal, von einer Gesetzesverletzung könne nicht ausgegangen werden. Zumindest nach Ablauf von 15 Monaten nach Verlassen des Kirchenasyls seien Leistungen nach Maßgabe des § 2 AsylbLG zu gewähren. Verwiesen werde auf Beschlüsse des SG Stade (vom 17.3.2016 - S 19 AY 1/16 ER) und des SG Kassel (vom 11.9.2017 - S 11 AY 4/17 ER).

Der Kläger beantragt in der mündlichen Verhandlung,

die Beklagte unter Abänderung des Bescheides vom 8. Dezember 2016 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 3. Mai 2017 zu verpflichten, dem Kläger ab Oktober Analogleistungen nach § 2 AsylbLG in gesetzlicher Höhe zu gewähren.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie hält die getroffene Entscheidung für zutreffend. Das Aufsuchen von Kirchenasyl stelle eine Vereitelung der angekündigten Abschiebung dar, bewusst werde hiermit der Vollstreckung der Ausreisepflicht entgegengewirkt. Die Dauer des Aufenthalts sei wegen des faktischen Abschiebehindernisses rechtsmissbräuchlich beeinflusst worden. Dem Kläger sei insbesondere bewusst gewesen, dass Kirchenasyl die Überstellung nach Polen behindere, da die mit dem Vollzug der Aufenthaltsbeendigung betrauten Behörden das Kirchenasyl im Regelfall achten. Die Frist für die Überstellung nach Polen habe am 6.5.2016 geendet, ein Monat später habe der Kläger das Kirchenasyl verlassen. Auf Grund dieses Fristablaufs könne eine Überstellung der Familie des Klägers nach Polen nicht mehr erfolgen.

Verwiesen wird auf die vorgelegten Verwaltungsakten.

Gründe

Die zulässige Klage bleibt ohne Erfolg.

1. Gegenstand des Verfahrens ist der Bescheid der Beklagten vom 8.12.2016 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 3.5.2017, mit welchem dem Kläger die Gewährung von Analogleistungen nach § 2 Abs. 2 iVm Abs. 1 AsylbLG versagt worden ist; mit dem bestandskräftigen Bewilligungsbescheid vom 27.7.2016 bildet er weder eine rechtliche Einheit (s dazu BSG vom 30.10.2013 - B 7 AY 7/12 R - BSGE 114, 302 = SozR 4-3520 § 1a Nr. 1, RdNr. 15) noch hat er diesen ersetzt.

Die Ablehnung von Analogleistungen lässt keine ausdrückliche Bezugnahme auf einen bestimmten Bewilligungsabschnitt erkennen; auch die Auslegung des streitigen Bescheides aus der maßgeblichen Sicht eines verständigen Empfängers (vgl BSG vom 11.12.2013 - B 6 KA 49/12 R - BSGE 115, 57 = SozR 4-2500 § 103 Nr. 13, RdNr. 24) trägt allein den Schluss, dass die Beklagte die rechtlich zulässige Regelung einer abschließenden Entscheidung für die Zukunft treffen wollte (vgl auch BSG vom 30.10.2013 - B 7 AY 7/12 R - BSGE 114, 302 = SozR 4-3520 § 1a Nr. 1, RdNr. 15 aE). Da Analogleistungen nicht nur auf gesonderten Antrag hin gewährt werden, ist ggf auch zu überprüfen, ob bereits bestandskräftig gewordene Bewilligungsbescheide unter dem Blickwinkel der §§ 44 ff SGB X zu ändern sind.

2. Der Bescheid der Beklagten vom 8.12.2016 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (vgl § 54 Abs. 2 Satz 1 SGG). Der Kläger hat die Dauer seines Aufenthaltes in der Bundesrepublik Deutschland rechtsmissbräuchlich selbst beeinflusst und ist daher von Leistungen nach § 2 AsylbLG ausgeschlossen.

Gemäß § 2 Abs. 1 AsylbLG (in der hier anzuwendenden Fassung des Integrationsgesetzes vom 31.7.2016 - BGBl I 1939) ist abweichend von den §§ 3 bis 7 AsylbLG das SGB XII auf diejenigen Leistungsberechtigten analog anzuwenden, die sich seit 15 Monaten ohne wesentliche Unterbrechung im Bundesgebiet aufgehalten und die Dauer des Aufenthalts nicht rechtsmissbräuchlich selbst beeinflusst haben. Bei der Unterbringung von Leistungsberechtigten nach Abs. 1 in einer GU bestimmt nach § 2 Abs. 2 AsylbLG die zuständige Behörde die Form der Leistung auf Grund der örtlichen Umstände.

Ausgehend von höchstrichterlicher Rechtsprechung (vgl BSG vom 17.6.2008 - B 8/9b AY 1/07 R - BSGE 101, 49 = SozR 4-3520 § 2 Nr. 2, RdNr. 32 f) wurzelt der im AsylbLG an keiner Stelle definierte Begriff des Rechtsmissbrauchs in dem auch im öffentlichen Recht geltenden Grundsatz von Treu und Glauben. Als vorwerfbares Fehlverhalten beinhaltet er eine objektive - den Missbrauchstatbestand - und eine subjektive Komponente - das Verschulden. Der Vorschrift des § 2 AsylbLG und damit auch dem - die Beeinflussung der Aufenthaltsdauer dienenden - Rechtsmissbrauch liegt der Gedanke zu Grunde, dass niemand sich auf eine Rechtsposition berufen darf, die er selbst treuwidrig herbeigeführt hat. Nur ein Verhalten, das unter jeweiliger Berücksichtigung des Einzelfalls, der besonderen Situation eines Ausländers in der Bundesrepublik Deutschland und der besonderen Eigenheiten des AsylbLG unentschuldbar ist (Sozialwidrigkeit), führt zum Ausschluss der Analogleistungen. So liegt es hier.

Mit der Stellung eines weiteren Asylantrags nach Einreise in die Bundesrepublik Deutschland setzte sich der Kläger bereits in Widerspruch zu Art. 13 Abs. 1 der VO (EU) 604/2013 (Dublin III-VO) vom 26.6.2013 (Amtsbl/EU L 180/31), wonach Polen, dessen Landgrenze der Kläger aus dem Drittstaat Ukraine kommend überschritten hatte, für die Prüfung seines auch dort gestellten Asylantrags zuständig war. Der nach erfolgter Einreise in die Bundesrepublik Deutschland zusätzlich gestellte Asylantrag erwies sich folglich bereits als unzulässig (vgl § 27a AsylVfG). Diese in den Mitgliedsstaaten der Union unmittelbar geltende Dublin III-VO steht dem Bestreben des Klägers entgegen, in einem Mitgliedstaat seiner Wahl das Asylverfahren zu betreiben. Zur Wiederherstellung der Verfahrenszuständigkeit regelt Art. 29 Dublin III-VO die Modalitäten der unionsrechtlich - hier nach Art. 18 Abs. 1 Buchstab b) - gebotenen Überstellung. Dieser war von Polen auf Betreiben des BAMF entsprochen worden.

Dieser Überstellungsentscheidung und damit der Vollziehung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme widersetzte sich der nach Art. 26 Dublin III-VO hierüber in Kenntnis gesetzte Kläger durch ein rechtsmissbräuchliches Verhalten, nämlich dem Aufsuchen von Kirchenasyl (ebenso SG Lüneburg vom 22.2.2018 - S 26 AY 26/17, juris RdNr. 22; aA SG Stade vom 17.3.2016 - S 19 AY 1/16 ER, juris RdNr. 15). Die geplante Überstellung nach Polen unterlief der Kläger auf diese Weise und verließ das Kirchenasyl erst im Juni 2016 nach Ablauf der 6-monatigen Annahmefrist des Art. 29 Dublin III-VO; dies hatte zur Folge, dass der ursprünglich zuständige Mitgliedstaat nicht mehr zur Aufnahme oder Wiederaufnahme der betreffenden Person verpflichtet ist und die Zuständigkeit auf den ersuchenden Mitgliedstaat, hier die Bundesrepublik Deutschland, übergeht (zumal auch keine Verlängerungstatbestände nach Art. 29 Abs. 2 Satz 2 Dublin III-VO vorliegen - die Sachlage bei einer sich im Kirchenasyl befindlichen Person ist nicht mit jener vergleichbar, die bei einer inhaftierten oder flüchtigen Person vorliegt, vgl VG München vom 6.2.2017 - M 9 K 16.50076, juris RdNr. 11 und vom 6.6.2017 - M 9 S 17.50290, juris RdNr. 25 mwN).

Dieses sein Verhalten ist ihm in der Ausprägung eines doppelten Vorsatzes vorwerfbar bezogen einerseits auf die objektiven Umstände des von der Rechtsordnung missbilligten Fehlverhaltens und andererseits auf den typisierten Kausalzusammenhang mit dem Aufsuchen von Kirchenasyl, was in der Zusammenschau den Rechtsmissbrauch begründet (vgl Korff in Rolfs/Giesen/Kreikebohm/Udsching, BeckOK Sozialrecht, § 2 AsylbLG RdNr. 8, Stand März 2018). Dabei kann nicht darüber hinweggegangen werden, dass Kirchenasyl einen zuverlässigen „Abschiebungsschutz“ bietet. Offen erklärtes Ziel von Kirchenasyl liegt darin, Abschiebungen zu verhindern (vgl VG Cottbus vom 16.06.2016 - 5 K 273/16.A, juris RdNr. 17 f); dies findet insbesondere darin seinen Ausdruck, dass das alleinige Ziel des Aufsuchens von Kirchenasyl in der Umgehung der staatlichen Rechtsordnung besteht, um die Durchführung des Asylverfahrens im Mitgliedstaat der Wahl des Antragstellers zu erzwingen. Allein von diesen Umständen war das Handeln des Klägers mit dem Aufsuchen von Kirchenasyl bestimmt, was sich aus dem Inhalt des Schreibens des Pfarramtes vom 30.11.2015 sowie dem Vortrag des Klägers in der mündlichen Verhandlung („Angst hatte, nach Polen und in die Ukraine gehen zu müssen“) ergibt; seine weitere Einlassung, er habe das maßgebliche Unionsrecht nicht durschaut, ist insoweit ohne Belang.

Der hiergegen geführte klägerische Einwand, dass der Beklagten und den mit der Überstellung nach Polen befassten Behörden die Adresse des Kirchenasyls bekannt war und man ihn jederzeit von dort nach Polen hätte abschieben können, somit nicht rechtsmissbräuchliches Verhalten des Klägers, sondern zögerliches und ausbleibendes behördliches Verhalten die Dauer des Aufenthalts des Klägers von mehr als 15 Monaten in Deutschland bestimmt hätten (s auch Heinold, NZS 2017, 271), verkennt, dass sich der Kläger durch die Inanspruchnahme von Kirchenasyl faktisch dem Zugriff der staatlichen Vollstreckungsorgane entzogen und die wesentliche Mitursache für die Verhinderung seiner Ausreise gesetzt hat (aA VG München vom 29.10.2015 - M 2 K 15.50211, juris RdNr. 25 aE). Zwar findet sich in der deutschen Rechtsordnung keine Anerkennung des Kirchenasyls, dh der Kirchenraum ist nicht exemt. Allerdings wird die Tradition des Kirchenasyls von den bayerischen Behörden im Sinne eines faktisch bestehenden Vollzugshindernisses respektiert (s Antwort des Bayerischen Staatsministeriums des Innern, für Bau und Verkehr vom 21.9.2017 auf eine schriftliche Anfrage, LT-Drs 17/18229), was der Kläger nutzte, um den Vollzug aufenthaltsbeendender Maßnahmen zu umgehen (Teile der Rechtsprechung der VGe setzen insoweit den Eintritt in das Kirchenasyl einem Untertauchen gleich, vgl VG Bayreuth vom 13.11.2017 - B 3 K 17.50037, juris RdNr. 37 mwN - „Das Kirchenasyl ist einem „Untertauchen“ in aufenthaltsmäßiger Hinsicht gleichzusetzen, weil sich der Asylbewerber der staatlichen Rechtsordnung der Bundesrepublik Deutschland nicht unterordnet, sondern bewusst und gerade solange entzieht, bis die Überstellungsfrist nach der Dublin III-VO abgelaufen ist“). Nicht ausbleibendes staatliches Handeln, sondern in erster Linie das Verhalten des Klägers war damit ursächlich für die Verlängerung des Aufenthalts im Bundesgebiet (vgl auch BayLSG vom 11.11.2016 - L 8 AY 28/16 B ER, juris RdNr. 42 ff).

Zudem sind an die nach § 2 Abs. 1 AsylbLG zu stellende Anforderung einer kausalen Verknüpfung zwischen dem Verhalten des Ausländers und der Beeinflussung der Dauer des Aufenthaltes, nicht im Sinne einer Monokausalität zu verstehen mit der Folge, dass bei einer Mitkausalität im Sinne ausbleibenden staatlichen Handelns eine Versagung von Analogleistungen nach § 2 AsylbLG ausscheiden müsste (so aber zum vorwerfbaren Verhalten iS von § 1a AsylbLG Oppermann in jurisPK-SGB XII, 2. Aufl. 2014, § 1a RdNr. 86 f; ähnlich Wahrendorf in ders, AsylbLG, 1. Aufl 2017, § 1a RdNr. 25). Ausreichend ist vielmehr eine generell-abstrakte Betrachtungsweise hinsichtlich des Zusammenhangs zwischen dem vorwerfbaren Verhalten und der Beeinflussung der Dauer des Aufenthaltes, nicht aber ist ein strenger Kausalzusammenhang im eigentlichen Sinn erforderlich; dh jedes von der Rechtsordnung missbilligte Verhalten, das - typisierend - der vom Gesetzgeber nicht gebilligten Beeinflussung der Dauer des Aufenthaltes dienen kann, ist ausreichend, um die kausale Verbindung zu bejahen (vgl BSG vom 17.6.2008 - B 8/9b AY 1/07 R - BSGE 101, 49 = SozR 4-3520 § 2 Nr. 2, RdNr. 43).

Der Kläger vermag sich auf eine Analogleistungsberechtigung aus § 2 AsybLG auch nicht auf Grund des Umstandes berufen, dass er nach Verlassen des Kirchenasyls im Juni 2016 sich zwischenzeitlich mehr als 15 Monate im Bundesgebiet aufgehalten und die Dauer des Aufenthalts in diesem Zeitraum - nach Wegfall des rechtsmissbräuchlich gesetzten Grundes - nicht weiter rechtsmissbräuchlich selbst beeinflusst hat. Schon der Wortlaut des Gesetzes legt nahe, dass sich der Rechtsmissbrauch auf den gesamten Zeitraum der Anwesenheit des Ausländers in der Bundesrepublik bezieht und nicht nur auf den Zeitraum von 15 Monaten. Diese Frist darf insbesondere auch nicht als bloße Wartefrist verstanden werden (vgl BSG vom 17.6.2008 - B 8/9b AY 1/07 R - BSGE 101, 49 = SozR 4-3520 § 2 Nr. 2, RdNr. 22). Vielmehr kann sich auch ein Verhalten vor der Einreise in das Bundesgebiet bereits als rechtsmissbräuchlich erweisen (eine etwaige Vernichtung des Passes), was künftigen Analogleistungen entgegensteht. Ebenso wenig entscheidend ist daher, ob der Missbrauchstatbestand aktuell andauert oder die Annahme rechtfertigt, er sei noch kausal für den derzeitigen Aufenthalt des Ausländers im Bundesgebiet (vgl BSG vom 17.6.2008 - B 8/9b AY 1/07 R - BSGE 101, 49 = SozR 4-3520 § 2 Nr. 2, RdNr. 40 f; ebenso Wahrendorf in Grube/Wahrendorf, SGB XII, 5. Aufl 2014, § 2 AsylbLG RdNr. 22 f mit Nachw zur Rspr des BayLSG; abw Oppermann in jurisPK-SGB XII, 2. Aufl 2014, § 2 AsylbLG RdNr. 86 f). Auch ist den in den Gesetzesmaterialien zu § 2 AsylbLG niedergelegten Erwägungen mit hinreichender Deutlichkeit zu entnehmen, dass es gerade der Intention des Gesetzgebers entspricht, zwischen denjenigen Ausländern zu unterscheiden, die unverschuldet nicht ausreisen können und denjenigen, die ihrer Ausreisepflicht rechtsmissbräuchlich nicht nachkommen (s BT-Drs 15/420, 121). Mit dieser Zielsetzung wäre es unvereinbar, könnten dem Kläger Analogleistungen nicht weiter vorenthalten werden. Besondere Umstände des Einzelfalles, die vor dem Hintergrund des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes eine abweichende Bewertung rechtfertigen könnten, sind weder vorgetragen noch ersichtlich.

Soweit hiervon abweichend zu Anspruchseinschränkungen nach § 1a Abs. 3 AsylbLG (vgl auch § 1a Nr. 2 AsylbLG aF) davon ausgegangen wird, dass eine Leistungskürzung nur für den Zeitraum in Betracht kommt, in dem das jeweilige rechtsmissbräuchliche Verhalten andauert (vgl nur Korff in Rolfs/Giesen/Kreikebohm/Udsching, BeckOK Sozialrecht, § 1a AsylbLG RdNr. 21 mwN, Stand März 2018), rechtfertigen unterschiedliche Ausgangspunkte keine Übertragung auf § 2 AsylbLG. § 1a Abs. 3 AsylbLG hat den Charakter einer leistungsrechtlichen Sanktionsnorm (Oppermann in jurisPK-SGB XII, 2. Aufl 2014, § 1a AsylbLG RdNr. 12), dh Leistungseinschränkungen können nach Wegfall des sanktionsbewehrten Verhaltens ohne weiteres wieder entfallen. Dagegen enthält § 2 AsylbLG gegenüber den Grundleistungen nach § 3 AsylbLG eine leistungsrechtliche Privilegierung, in deren Genuss ein nach § 3 AsylbLG Leistungsberechtigter nur kommt, wenn ihm eine rechtsmissbräuchliche Selbstbeeinflussung der Aufenthaltsdauer nicht vorgeworfen werden kann. Ist dies nicht der Fall, kommt ein Anspruch auf Analogleistungen nach § 2 AsylbLG erst gar nicht zum Entstehen. Dh anders als bei § 1a AsylbLG stellt sich die Frage nach einem Wegfall anspruchsbeschränkenden Verhaltens nicht, der zu einem Wiederaufleben des früheren Leistungsanspruchs führen könnte.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

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(1) Die oberste Landesbehörde kann aus völkerrechtlichen oder humanitären Gründen oder zur Wahrung politischer Interessen der Bundesrepublik Deutschland anordnen, dass die Abschiebung von Ausländern aus bestimmten Staaten oder von in sonstiger Weise bestimmten Ausländergruppen allgemein oder in bestimmte Staaten für längstens drei Monate ausgesetzt wird. Für einen Zeitraum von länger als sechs Monaten gilt § 23 Abs. 1.

(2) Die Abschiebung eines Ausländers ist auszusetzen, solange die Abschiebung aus tatsächlichen oder rechtlichen Gründen unmöglich ist und keine Aufenthaltserlaubnis erteilt wird. Die Abschiebung eines Ausländers ist auch auszusetzen, wenn seine vorübergehende Anwesenheit im Bundesgebiet für ein Strafverfahren wegen eines Verbrechens von der Staatsanwaltschaft oder dem Strafgericht für sachgerecht erachtet wird, weil ohne seine Angaben die Erforschung des Sachverhalts erschwert wäre. Einem Ausländer kann eine Duldung erteilt werden, wenn dringende humanitäre oder persönliche Gründe oder erhebliche öffentliche Interessen seine vorübergehende weitere Anwesenheit im Bundesgebiet erfordern. Soweit die Beurkundung der Anerkennung einer Vaterschaft oder der Zustimmung der Mutter für die Durchführung eines Verfahrens nach § 85a ausgesetzt wird, wird die Abschiebung des ausländischen Anerkennenden, der ausländischen Mutter oder des ausländischen Kindes ausgesetzt, solange das Verfahren nach § 85a nicht durch vollziehbare Entscheidung abgeschlossen ist.

(2a) Die Abschiebung eines Ausländers wird für eine Woche ausgesetzt, wenn seine Zurückschiebung oder Abschiebung gescheitert ist, Abschiebungshaft nicht angeordnet wird und die Bundesrepublik Deutschland auf Grund einer Rechtsvorschrift, insbesondere des Artikels 6 Abs. 1 der Richtlinie 2003/110/EG des Rates vom 25. November 2003 über die Unterstützung bei der Durchbeförderung im Rahmen von Rückführungsmaßnahmen auf dem Luftweg (ABl. EU Nr. L 321 S. 26), zu seiner Rückübernahme verpflichtet ist. Die Aussetzung darf nicht nach Satz 1 verlängert werden. Die Einreise des Ausländers ist zuzulassen.

(2b) Solange ein Ausländer, der eine Aufenthaltserlaubnis nach § 25a Absatz 1 besitzt, minderjährig ist, soll die Abschiebung seiner Eltern oder eines allein personensorgeberechtigten Elternteils sowie der minderjährigen Kinder, die mit den Eltern oder dem allein personensorgeberechtigten Elternteil in familiärer Lebensgemeinschaft leben, ausgesetzt werden.

(2c) Es wird vermutet, dass der Abschiebung gesundheitliche Gründe nicht entgegenstehen. Der Ausländer muss eine Erkrankung, die die Abschiebung beeinträchtigen kann, durch eine qualifizierte ärztliche Bescheinigung glaubhaft machen. Diese ärztliche Bescheinigung soll insbesondere die tatsächlichen Umstände, auf deren Grundlage eine fachliche Beurteilung erfolgt ist, die Methode der Tatsachenerhebung, die fachlich-medizinische Beurteilung des Krankheitsbildes (Diagnose), den Schweregrad der Erkrankung, den lateinischen Namen oder die Klassifizierung der Erkrankung nach ICD 10 sowie die Folgen, die sich nach ärztlicher Beurteilung aus der krankheitsbedingten Situation voraussichtlich ergeben, enthalten. Zur Behandlung der Erkrankung erforderliche Medikamente müssen mit der Angabe ihrer Wirkstoffe und diese mit ihrer international gebräuchlichen Bezeichnung aufgeführt sein.

(2d) Der Ausländer ist verpflichtet, der zuständigen Behörde die ärztliche Bescheinigung nach Absatz 2c unverzüglich vorzulegen. Verletzt der Ausländer die Pflicht zur unverzüglichen Vorlage einer solchen ärztlichen Bescheinigung, darf die zuständige Behörde das Vorbringen des Ausländers zu seiner Erkrankung nicht berücksichtigen, es sei denn, der Ausländer war unverschuldet an der Einholung einer solchen Bescheinigung gehindert oder es liegen anderweitig tatsächliche Anhaltspunkte für das Vorliegen einer lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankung, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würde, vor. Legt der Ausländer eine Bescheinigung vor und ordnet die Behörde daraufhin eine ärztliche Untersuchung an, ist die Behörde berechtigt, die vorgetragene Erkrankung nicht zu berücksichtigen, wenn der Ausländer der Anordnung ohne zureichenden Grund nicht Folge leistet. Der Ausländer ist auf die Verpflichtungen und auf die Rechtsfolgen einer Verletzung dieser Verpflichtungen nach diesem Absatz hinzuweisen.

(3) Die Ausreisepflicht eines Ausländers, dessen Abschiebung ausgesetzt ist, bleibt unberührt.

(4) Über die Aussetzung der Abschiebung ist dem Ausländer eine Bescheinigung auszustellen.

(5) Die Aussetzung der Abschiebung erlischt mit der Ausreise des Ausländers. Sie wird widerrufen, wenn die der Abschiebung entgegenstehenden Gründe entfallen. Der Ausländer wird unverzüglich nach dem Erlöschen ohne erneute Androhung und Fristsetzung abgeschoben, es sei denn, die Aussetzung wird erneuert. Ist die Abschiebung länger als ein Jahr ausgesetzt, ist die durch Widerruf vorgesehene Abschiebung mindestens einen Monat vorher anzukündigen; die Ankündigung ist zu wiederholen, wenn die Aussetzung für mehr als ein Jahr erneuert wurde. Satz 4 findet keine Anwendung, wenn der Ausländer die der Abschiebung entgegenstehenden Gründe durch vorsätzlich falsche Angaben oder durch eigene Täuschung über seine Identität oder Staatsangehörigkeit selbst herbeiführt oder zumutbare Anforderungen an die Mitwirkung bei der Beseitigung von Ausreisehindernissen nicht erfüllt.

(6) Einem Ausländer, der eine Duldung besitzt, darf die Ausübung einer Erwerbstätigkeit nicht erlaubt werden, wenn

1.
er sich in das Inland begeben hat, um Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz zu erlangen,
2.
aufenthaltsbeendende Maßnahmen bei ihm aus Gründen, die er selbst zu vertreten hat, nicht vollzogen werden können oder
3.
er Staatsangehöriger eines sicheren Herkunftsstaates nach § 29a des Asylgesetzes ist und sein nach dem 31. August 2015 gestellter Asylantrag abgelehnt oder zurückgenommen wurde, es sei denn, die Rücknahme erfolgte auf Grund einer Beratung nach § 24 Absatz 1 des Asylgesetzes beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge, oder ein Asylantrag nicht gestellt wurde.
Zu vertreten hat ein Ausländer die Gründe nach Satz 1 Nummer 2 insbesondere, wenn er das Abschiebungshindernis durch eigene Täuschung über seine Identität oder Staatsangehörigkeit oder durch eigene falsche Angaben selbst herbeiführt. Satz 1 Nummer 3 gilt bei unbegleiteten minderjährigen Ausländern nicht für die Rücknahme des Asylantrags oder den Verzicht auf die Antragstellung, wenn die Rücknahme oder der Verzicht auf das Stellen eines Asylantrags im Interesse des Kindeswohls erfolgte. Abweichend von den Sätzen 1 bis 3 ist einem Ausländer, der als Asylberechtigter anerkannt ist, der im Bundesgebiet die Rechtsstellung eines ausländischen Flüchtlings oder eines subsidiär Schutzberechtigten genießt, die Erwerbstätigkeit erlaubt.

(1) Leistungsberechtigte nach § 1 erhalten Leistungen zur Deckung des Bedarfs an Ernährung, Unterkunft, Heizung, Kleidung, Gesundheitspflege und Gebrauchs- und Verbrauchsgütern des Haushalts (notwendiger Bedarf). Zusätzlich werden ihnen Leistungen zur Deckung persönlicher Bedürfnisse des täglichen Lebens gewährt (notwendiger persönlicher Bedarf).

(2) Bei einer Unterbringung in Aufnahmeeinrichtungen im Sinne von § 44 Absatz 1 des Asylgesetzes wird der notwendige Bedarf durch Sachleistungen gedeckt. Kann Kleidung nicht geleistet werden, so kann sie in Form von Wertgutscheinen oder anderen vergleichbaren unbaren Abrechnungen gewährt werden. Gebrauchsgüter des Haushalts können leihweise zur Verfügung gestellt werden. Der notwendige persönliche Bedarf soll durch Sachleistungen gedeckt werden, soweit dies mit vertretbarem Verwaltungsaufwand möglich ist. Sind Sachleistungen für den notwendigen persönlichen Bedarf nicht mit vertretbarem Verwaltungsaufwand möglich, können auch Leistungen in Form von Wertgutscheinen, von anderen vergleichbaren unbaren Abrechnungen oder von Geldleistungen gewährt werden.

(3) Bei einer Unterbringung außerhalb von Aufnahmeeinrichtungen im Sinne des § 44 Absatz 1 des Asylgesetzes sind vorbehaltlich des Satzes 3 vorrangig Geldleistungen zur Deckung des notwendigen Bedarfs zu gewähren. Anstelle der Geldleistungen können, soweit es nach den Umständen erforderlich ist, zur Deckung des notwendigen Bedarfs Leistungen in Form von unbaren Abrechnungen, von Wertgutscheinen oder von Sachleistungen gewährt werden. Der Bedarf für Unterkunft, Heizung und Hausrat sowie für Wohnungsinstandhaltung und Haushaltsenergie wird, soweit notwendig und angemessen, gesondert als Geld- oder Sachleistung erbracht. Absatz 2 Satz 3 ist entsprechend anzuwenden. Der notwendige persönliche Bedarf ist vorbehaltlich des Satzes 6 durch Geldleistungen zu decken. In Gemeinschaftsunterkünften im Sinne von § 53 des Asylgesetzes kann der notwendige persönliche Bedarf soweit wie möglich auch durch Sachleistungen gedeckt werden.

(4) Bedarfe für Bildung und Teilhabe am sozialen und kulturellen Leben in der Gemeinschaft werden bei Kindern, Jugendlichen und jungen Erwachsenen neben den Leistungen nach den Absätzen 1 bis 3 entsprechend den §§ 34, 34a und 34b des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch gesondert berücksichtigt. Die Regelung des § 141 Absatz 5 des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch gilt entsprechend.

(5) Leistungen in Geld oder Geldeswert sollen der oder dem Leistungsberechtigten oder einem volljährigen berechtigten Mitglied des Haushalts persönlich ausgehändigt werden. Stehen die Leistungen nicht für einen vollen Monat zu, wird die Leistung anteilig erbracht; dabei wird der Monat mit 30 Tagen berechnet. Geldleistungen dürfen längstens einen Monat im Voraus erbracht werden. Von Satz 3 kann nicht durch Landesrecht abgewichen werden.

(6) (weggefallen)

(1) Abweichend von den §§ 3 und 4 sowie 6 bis 7 sind das Zwölfte Buch Sozialgesetzbuch und Teil 2 des Neunten Buches Sozialgesetzbuch auf diejenigen Leistungsberechtigten entsprechend anzuwenden, die sich seit 18 Monaten ohne wesentliche Unterbrechung im Bundesgebiet aufhalten und die Dauer des Aufenthalts nicht rechtsmissbräuchlich selbst beeinflusst haben. Die Sonderregelungen für Auszubildende nach § 22 des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch finden dabei jedoch keine Anwendung auf

1.
Leistungsberechtigte nach § 1 Absatz 1 Nummer 1, 3 und 4 in einer nach den §§ 51, 57 und 58 des Dritten Buches Sozialgesetzbuch dem Grunde nach förderungsfähigen Ausbildung sowie
2.
Leistungsberechtigte nach § 1 Absatz 1 Nummer 3 und 4 in einer nach dem Bundesausbildungsförderungsgesetz dem Grunde nach förderungsfähigen Ausbildung, deren Bedarf sich nach den §§ 12, 13 Absatz 1 in Verbindung mit Absatz 2 Nummer 1 oder nach § 13 Absatz 1 Nummer 1 in Verbindung mit Absatz 2 Nummer 2 des Bundesausbildungsförderungsgesetzes bemisst und die Leistungen nach dem Bundesausbildungsförderungsgesetz erhalten.
Bei Leistungsberechtigten nach § 1 Absatz 1 Nummer 1 in einer nach dem Bundesausbildungsförderungsgesetz dem Grunde nach förderungsfähigen Ausbildung gilt anstelle des § 22 Absatz 1 des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch, dass die zuständige Behörde Leistungen nach dem Dritten oder Vierten Kapitel des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch als Beihilfe oder als Darlehen gewährt. § 28 des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch in Verbindung mit dem Regelbedarfs-Ermittlungsgesetz und den §§ 28a, 40 des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch findet auf Leistungsberechtigte nach Satz 1 mit den Maßgaben entsprechende Anwendung, dass
1.
bei der Unterbringung in einer Gemeinschaftsunterkunft im Sinne von § 53 Absatz 1 des Asylgesetzes oder in einer Aufnahmeeinrichtung nach § 44 Absatz 1 des Asylgesetzes für jede erwachsene Person ein Regelbedarf in Höhe der Regelbedarfsstufe 2 anerkannt wird;
2.
für jede erwachsene Person, die das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet hat, unverheiratet ist und mit mindestens einem Elternteil in einer Wohnung im Sinne von § 8 Absatz 1 Satz 2 des Regelbedarfs-Ermittlungsgesetzes zusammenlebt, ein Regelbedarf in Höhe der Regelbedarfsstufe 3 anerkannt wird.

(2) Bei der Unterbringung von Leistungsberechtigten nach Absatz 1 in einer Gemeinschaftsunterkunft bestimmt die zuständige Behörde die Form der Leistung auf Grund der örtlichen Umstände.

(3) Minderjährige Kinder, die mit ihren Eltern oder einem Elternteil in einer Haushaltsgemeinschaft leben, erhalten Leistungen nach Absatz 1 auch dann, wenn mindestens ein Elternteil in der Haushaltsgemeinschaft Leistungen nach Absatz 1 erhält.

(1) Leistungsberechtigte nach § 1 erhalten Leistungen zur Deckung des Bedarfs an Ernährung, Unterkunft, Heizung, Kleidung, Gesundheitspflege und Gebrauchs- und Verbrauchsgütern des Haushalts (notwendiger Bedarf). Zusätzlich werden ihnen Leistungen zur Deckung persönlicher Bedürfnisse des täglichen Lebens gewährt (notwendiger persönlicher Bedarf).

(2) Bei einer Unterbringung in Aufnahmeeinrichtungen im Sinne von § 44 Absatz 1 des Asylgesetzes wird der notwendige Bedarf durch Sachleistungen gedeckt. Kann Kleidung nicht geleistet werden, so kann sie in Form von Wertgutscheinen oder anderen vergleichbaren unbaren Abrechnungen gewährt werden. Gebrauchsgüter des Haushalts können leihweise zur Verfügung gestellt werden. Der notwendige persönliche Bedarf soll durch Sachleistungen gedeckt werden, soweit dies mit vertretbarem Verwaltungsaufwand möglich ist. Sind Sachleistungen für den notwendigen persönlichen Bedarf nicht mit vertretbarem Verwaltungsaufwand möglich, können auch Leistungen in Form von Wertgutscheinen, von anderen vergleichbaren unbaren Abrechnungen oder von Geldleistungen gewährt werden.

(3) Bei einer Unterbringung außerhalb von Aufnahmeeinrichtungen im Sinne des § 44 Absatz 1 des Asylgesetzes sind vorbehaltlich des Satzes 3 vorrangig Geldleistungen zur Deckung des notwendigen Bedarfs zu gewähren. Anstelle der Geldleistungen können, soweit es nach den Umständen erforderlich ist, zur Deckung des notwendigen Bedarfs Leistungen in Form von unbaren Abrechnungen, von Wertgutscheinen oder von Sachleistungen gewährt werden. Der Bedarf für Unterkunft, Heizung und Hausrat sowie für Wohnungsinstandhaltung und Haushaltsenergie wird, soweit notwendig und angemessen, gesondert als Geld- oder Sachleistung erbracht. Absatz 2 Satz 3 ist entsprechend anzuwenden. Der notwendige persönliche Bedarf ist vorbehaltlich des Satzes 6 durch Geldleistungen zu decken. In Gemeinschaftsunterkünften im Sinne von § 53 des Asylgesetzes kann der notwendige persönliche Bedarf soweit wie möglich auch durch Sachleistungen gedeckt werden.

(4) Bedarfe für Bildung und Teilhabe am sozialen und kulturellen Leben in der Gemeinschaft werden bei Kindern, Jugendlichen und jungen Erwachsenen neben den Leistungen nach den Absätzen 1 bis 3 entsprechend den §§ 34, 34a und 34b des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch gesondert berücksichtigt. Die Regelung des § 141 Absatz 5 des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch gilt entsprechend.

(5) Leistungen in Geld oder Geldeswert sollen der oder dem Leistungsberechtigten oder einem volljährigen berechtigten Mitglied des Haushalts persönlich ausgehändigt werden. Stehen die Leistungen nicht für einen vollen Monat zu, wird die Leistung anteilig erbracht; dabei wird der Monat mit 30 Tagen berechnet. Geldleistungen dürfen längstens einen Monat im Voraus erbracht werden. Von Satz 3 kann nicht durch Landesrecht abgewichen werden.

(6) (weggefallen)

(1) Abweichend von den §§ 3 und 4 sowie 6 bis 7 sind das Zwölfte Buch Sozialgesetzbuch und Teil 2 des Neunten Buches Sozialgesetzbuch auf diejenigen Leistungsberechtigten entsprechend anzuwenden, die sich seit 18 Monaten ohne wesentliche Unterbrechung im Bundesgebiet aufhalten und die Dauer des Aufenthalts nicht rechtsmissbräuchlich selbst beeinflusst haben. Die Sonderregelungen für Auszubildende nach § 22 des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch finden dabei jedoch keine Anwendung auf

1.
Leistungsberechtigte nach § 1 Absatz 1 Nummer 1, 3 und 4 in einer nach den §§ 51, 57 und 58 des Dritten Buches Sozialgesetzbuch dem Grunde nach förderungsfähigen Ausbildung sowie
2.
Leistungsberechtigte nach § 1 Absatz 1 Nummer 3 und 4 in einer nach dem Bundesausbildungsförderungsgesetz dem Grunde nach förderungsfähigen Ausbildung, deren Bedarf sich nach den §§ 12, 13 Absatz 1 in Verbindung mit Absatz 2 Nummer 1 oder nach § 13 Absatz 1 Nummer 1 in Verbindung mit Absatz 2 Nummer 2 des Bundesausbildungsförderungsgesetzes bemisst und die Leistungen nach dem Bundesausbildungsförderungsgesetz erhalten.
Bei Leistungsberechtigten nach § 1 Absatz 1 Nummer 1 in einer nach dem Bundesausbildungsförderungsgesetz dem Grunde nach förderungsfähigen Ausbildung gilt anstelle des § 22 Absatz 1 des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch, dass die zuständige Behörde Leistungen nach dem Dritten oder Vierten Kapitel des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch als Beihilfe oder als Darlehen gewährt. § 28 des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch in Verbindung mit dem Regelbedarfs-Ermittlungsgesetz und den §§ 28a, 40 des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch findet auf Leistungsberechtigte nach Satz 1 mit den Maßgaben entsprechende Anwendung, dass
1.
bei der Unterbringung in einer Gemeinschaftsunterkunft im Sinne von § 53 Absatz 1 des Asylgesetzes oder in einer Aufnahmeeinrichtung nach § 44 Absatz 1 des Asylgesetzes für jede erwachsene Person ein Regelbedarf in Höhe der Regelbedarfsstufe 2 anerkannt wird;
2.
für jede erwachsene Person, die das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet hat, unverheiratet ist und mit mindestens einem Elternteil in einer Wohnung im Sinne von § 8 Absatz 1 Satz 2 des Regelbedarfs-Ermittlungsgesetzes zusammenlebt, ein Regelbedarf in Höhe der Regelbedarfsstufe 3 anerkannt wird.

(2) Bei der Unterbringung von Leistungsberechtigten nach Absatz 1 in einer Gemeinschaftsunterkunft bestimmt die zuständige Behörde die Form der Leistung auf Grund der örtlichen Umstände.

(3) Minderjährige Kinder, die mit ihren Eltern oder einem Elternteil in einer Haushaltsgemeinschaft leben, erhalten Leistungen nach Absatz 1 auch dann, wenn mindestens ein Elternteil in der Haushaltsgemeinschaft Leistungen nach Absatz 1 erhält.

Tenor

Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des Landessozialgerichts Sachsen-Anhalt vom 24. August 2011 aufgehoben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Landessozialgericht zurückverwiesen, soweit dieses über die Zeit vom 1. Juli bis 7. September 2005 und den Bescheid vom 1. Februar 2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 11. Juni 2008 entschieden hat.

Tatbestand

1

Im Streit sind (noch) Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz (AsylbLG) in Höhe von (weiteren) 40,90 Euro monatlich für die Zeit vom 1.7. bis 31.8.2005 und von (weiteren) 9,54 Euro für die Zeit vom 1. bis 7.9.2005.

2

Die 1964 geborene Klägerin besitzt die malische Staatsangehörigkeit und ist im November 1997 in die Bundesrepublik Deutschland eingereist. Ihr Asylantrag wurde abgelehnt; in der Folgezeit war der Aufenthalt nur geduldet. Ab Februar 1999 erhielt sie Grundleistungen nach § 3 AsylbLG(Bescheid vom 2.2.1999 über die Leistung für Februar 1999; monatliche Leistungen ohne Bescheid). Darin enthalten war ein Geldbetrag zur Deckung persönlicher Bedürfnisse des Lebens, ein sog "Taschengeld", in Höhe von 80 DM bzw nach Einführung des Euro von 40,90 Euro monatlich.

3

Ab Februar 2003 erhielt die Klägerin nur noch "auf das unabweisbar Gebotene" abgesenkte Leistungen (nach den Ausführungen des Landessozialgerichts gekürzt um das "Taschengeld"), weil sie mehrfach (2000 bis 2002) sog "Ehrenerklärungen" gegenüber der malischen Botschaft nicht abgegeben habe, die diese für die Ausstellung von Passersatzpapieren verlangt habe (bestandskräftiger Bescheid vom 21.2.2003 über Geldleistungen für Februar und März 2003; Widerspruchsbescheid vom 2.7.2003; monatliche Zahlungen ab April ohne Bescheid); mit der gleichen Begründung wurden sog Analog-Leistungen (Leistungen entsprechend dem Sozialgesetzbuch Zwölftes Buch - Sozialhilfe - bei - damals - 36monatigem Vorbezug von Grundleistungen) abgelehnt (gesonderter bestandskräftiger Bescheid vom 21.2.2003 und Widerspruchsbescheid vom 3.7.2003; bestandskräftiger Bescheid vom 28.6.2004 und Widerspruchsbescheid vom 2.6.2005 auf einen erneuten Antrag der Klägerin zur Gewährung von Analog-Leistungen).

4

Die von der Klägerin geforderte Erklärung hatte folgenden Inhalt:

"Ehrenerklärung
Ich bin malische Staatsangehörige und möchte freiwillig in mein Heimatland zurückkehren. Ich versichere hiermit nicht nach Deutschland zurückzukehren, es sei denn unter den Bedingungen der deutschen Einwanderungsgesetze.
Erklärt gegenüber der Botschaft Mali und dem Bundesgrenzschutz.
Name, Vorname, Geburtsdatum, Unterschrift."

5

Ein am 8.9.2005 erhobener Widerspruch, zunächst wegen Zahlung ungekürzter Leistungen ab 1.10.2004, wurde als unzulässig zurückgewiesen (Widerspruchsbescheid vom 16.8.2006). Der auch als Antrag auf Überprüfung bestandskräftiger Ablehnungen gewertete Widerspruch - im Widerspruchsverfahren von der Klägerin begrenzt auf die Zeit ab 1.7.2005 -, wurde abgelehnt (Bescheid vom 1.2.2008; Widerspruchsbescheid vom 11.6.2008).

6

Die auf höhere Leistungen ab 1.7.2005 gerichtete Klage, zunächst nur gegen den Widerspruchsbescheid vom 16.8.2006, später erweitert auf den Bescheid vom 1.2.2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 11.6.2008, blieb für den streitbefangenen Zeitraum beim Sozialgericht (SG) Dessau-Roßlau und beim LSG ohne Erfolg (Urteil des SG vom 22.12.2009; Urteil des LSG Sachsen-Anhalt vom 24.8.2011). Zur Begründung seiner Entscheidung hat das LSG ausgeführt, der Widerspruch vom 8.9.2005 sei wegen der Bestandskraft der "Absenkungsentscheidung" vom 21.2.2003 unzulässig; der in dem Widerspruch zu sehende Überprüfungsantrag nach § 44 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch - Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz - (SGB X) beziehe sich nur auf den bestandskräftigen Absenkungsbescheid vom 21.2.2003 iVm den jeweiligen monatlichen konkludenten Bewilligungen von Grundleistungen; Leistungen nach § 2 AsylbLG (Analog-Leistungen) seien nicht im Streit. Höhere Leistungen stünden der Klägerin für die Zeit vor dem 8.9.2005 mangels eines entsprechenden Antrags auf Wiedergewährung des "Taschengelds" nicht zu. Der Absenkungsbescheid vom 21.2.2003 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 2.7.2003 sei ohnedies zunächst rechtmäßig gewesen. Erst für die Zeit ab 8.9.2005 seien weitere Leistungen (des "Taschengelds") zu erbringen, weil sich der Beklagte aufgrund des Neubewilligungsantrags der Klägerin mehr als 17 Monate nach der letzten Weigerung, die "Ehrenerklärung" zu unterschreiben, nicht mehr auf dieses Fehlverhalten berufen könne und auch weitere Umstände einer Rückführung der Klägerin nach Mali entgegengestanden hätten.

7

Dagegen wendet sich die Klägerin mit ihrer Revision und rügt einen Verstoß gegen §§ 1a, 2, 3 AsylbLG sowie gegen Art 1 Abs 1 Grundgesetz (GG) und Art 20 Abs 1 GG (menschenwürdiges Existenzminimum). Die Nichtabgabe der von ihr geforderten "Ehrenerklärung" sei für die Höhe des Leistungsanspruchs irrelevant. Die Kürzung der Leistung aus migrationspolitischen Erwägungen, insbesondere die komplette Streichung der Mittel für das soziokulturelle Existenzminimum, sei verfassungswidrig.

8

Die Klägerin beantragt nach Rücknahme der Klage gegen den Widerspruchsbescheid vom 16.8.2006,

        

die Urteile des LSG und des SG abzuändern sowie den Bescheid vom 1.2.2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 11.6.2008 aufzuheben und den Beklagten zu verurteilen, ihr unter Rücknahme des Bescheids vom 21.2.2003 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 2.7.2003 und des Bescheids vom 28.6.2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 2.6.2005 sowie der in den jeweiligen Auszahlungen liegenden Bewilligungen für die Zeit vom 1.7. bis 31.8.2005 monatlich weitere 40,90 Euro und für die Zeit vom 1. bis 7.9.2005 9,54 Euro zu zahlen

9

Der Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

10

Er hält die Entscheidung des LSG für zutreffend.

Entscheidungsgründe

11

Die Revision der Klägerin ist im Sinne der Aufhebung des LSG-Urteils und der Zurückverweisung der Sache an dieses Gericht begründet (§ 170 Abs 2 Satz 2 Sozialgerichtsgesetz). Es fehlen ausreichende tatsächliche Feststellungen (§ 163 SGG) für eine abschließende Entscheidung des Senats, die das LSG - ausgehend von seiner vom Senat zur Problematik der "Ehrenerklärung" nicht geteilten Rechtsansicht - nicht getroffen hat.

12

Gegenstand des Verfahrens sind in der Sache unter Berücksichtigung des sog Meistbegünstigungsprinzips (vgl dazu nur: BSGE 100, 131 ff RdNr 10 mwN = SozR 4-3500 § 90 Nr 3; Voelzke in Hauck/Noftz, SGB II, Einführung E 010 RdNr 332 mwN; Link in Eicher, SGB II, 3. Aufl 2013, § 37 RdNr 26 mwN) nach dem im Verwaltungs- und Gerichtsverfahren geäußerten Begehren der Klägerin höhere Leistungen unter allen denkbaren rechtlichen Gesichtspunkten. Dies bedeutet, dass ihr Überprüfungsantrag entgegen der Ansicht des LSG nicht allein an § 1a iVm § 3 AsylbLG, sondern auch an § 2 AsylbLG zu messen ist; im Streit sind mithin nicht nur höhere Grundleistungen, sondern auch höhere Analog-Leistungen.

13

Allerdings ist der Streitgegenstand des Revisionsverfahrens aufgrund des Antrags der Klägerin und des Urteils des LSG beschränkt auf die Zeit vom 1.7. bis 7.9.2005 und höhenmäßig begrenzt auf die Beträge von 40,90 Euro monatlich für Juli und August 2005 sowie den Betrag von 9,54 Euro (Betrag für das sog "Taschengeld") für die Zeit vom 1. bis 7.9.2005. Eine ausdrückliche Beschränkung der Klage auf das "Taschengeld" ist nicht erfolgt. Selbst wenn der Klägerin - ob gemäß § 2 AsylbLG oder gemäß § 3 AsylbLG - über die geltend gemachten Beträge hinaus höhere Leistungen zustehen würden, könnten ihr diese deshalb nicht zugestanden werden. Richtige Klage ist, ausgehend davon und im Hinblick darauf, dass alle den Leistungszeitraum betreffenden Verwaltungsakte bestandskräftig geworden sind (§ 77 SGG), - gleichgültig, ob sich deren Aufhebung wegen anfänglicher Rechtswidrigkeit an § 44 SGB X iVm § 9 Abs 3 AsylbLG oder wegen wesentlicher Änderung der Verhältnisse an § 48 SGB X iVm § 9 Abs 3 AsylbLG misst - die Anfechtungs-, Verpflichtungs- und Leistungsklage nach § 54 Abs 1 und 4 iVm § 56 SGG(vgl dazu und zur fehlenden Befugnis des Gerichts, die bestandskräftigen Verwaltungsakte selbst aufzuheben: BSG SozR 4-4300 § 122 Nr 8 RdNr 9; SozR 4-1300 § 44 Nr 22 RdNr 9; SozR 4-3520 § 3 Nr 3 RdNr 10; BSGE 88, 299, 300 f = SozR 3-4300 § 137 Nr 1 S 2 f; Eicher in Eicher/Schlegel, SGB III, § 330 RdNr 12a, Stand August 2007).

14

Bei den maßgeblichen bestandskräftigen Verwaltungsakten über die Ablehnung höherer Leistungen handelt es sich um den Bescheid vom 21.2.2003 ("Absenkungsbescheid") in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 2.7.2003 (§ 95 SGG)als sog Grundlagenbescheid, den Bescheid über die Ablehnung von Analog-Leistungen nach § 2 AsylbLG vom 28.6.2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 2.6.2005 und die in den jeweiligen Auszahlungen liegenden konkludenten Leistungsverfügungen (§ 31 SGB X; vgl dazu: BSGE 101, 49 ff RdNr 11 mwN = SozR 4-3520 § 2 Nr 2). Insoweit wurden der Klägerin (vom Rechtsvorgänger des Beklagten) nach dem Grundlagenbescheid vom 21.2.2003 (vgl dazu: BSG SozR 4-3200 § 82 Nr 1 RdNr 29 mwN) betreffend die "Leistungskürzung" gemäß § 1a AsylbLG im streitbefangenen Zeitraum Leistungen in vom LSG nicht festgestellter Höhe monatlich gezahlt. Die in diesen Zahlungen zu sehenden konkludenten Verwaltungsakte waren zwar mangels Rechtsbehelfsbelehrung zum Zeitpunkt des am 8.9.2005 erhobenen Widerspruchs noch nicht bestandskräftig (§ 84 Abs 2 Satz 3 iVm § 66 Abs 2 Satz 1 SGG); jedoch hat die Klägerin in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat die Klage gegen den Widerspruchsbescheid vom 16.8.2006, mit dem ihr Widerspruch zu Unrecht als unzulässig zurückgewiesen worden ist, zurückgenommen (§ 102 Abs 1 SGG), sodass dadurch Bestandskraft eingetreten ist.

15

Zu Recht hat die Klägerin in ihre Klage auch den Bescheid vom 28.6.2004 einbezogen, mit dem die Gewährung von Analog-Leistungen (§ 2 AsylbLG) erneut abgelehnt worden ist. Dieser Bescheid erfasst den streitbefangenen Zeitraum, weil er sich entgegen der üblichen Konstellation einer Ablehnungsentscheidung nicht in der aktuellen Leistungsversagung erschöpft, sondern den früheren Bescheid vom 21.2.2003 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 3.7.2003 ersetzt hat (§ 39 Abs 2 SGB X) und dieser trotz formaler Trennung mit dem Grundlagenbescheid über die Gewährung nur noch von Leistungen nach § 1a AsylbLG eine rechtliche Einheit bildet(vgl dazu in anderem Zusammenhang: BSGE 95, 8 ff RdNr 6 = SozR 4-4300 § 140 Nr 1; BSG SozR 4-1500 § 95 Nr 1 RdNr 5; SozR 4-4300 § 37b Nr 5 RdNr 10; Eicher in Spellbrink/Eicher, Kasseler Handbuch des Arbeitsförderungsrechts, 2003, § 40 RdNr 9 mwN). Denn mit dem Rückgriff auf den Vorwurf, die geforderte "Ehrenerklärung" nicht unterschrieben zu haben, wird dasselbe angebliche Fehlverhalten für die Ablehnung von Analog-Leistungen moniert, das zum Anlass für die Leistungskürzung genommen wurde. Vor diesem Hintergrund bedarf es keiner Entscheidung zum Verhältnis des § 1a zu § 2 AsylbLG(vgl dazu nur: Hohm in Schellhorn/Schellhorn/Hohm, SGB XII, 18. Aufl 2010, § 1a AsylbLG RdNr 6; Oppermann in juris PraxisKommentar SGB XII, § 1a AsylbLG RdNr 6 und 16), insbesondere dazu, ob eine Kürzung von Analog-Leistungen nach § 2 AsylbLG gemäß § 1a AsylbLG überhaupt rechtlich zulässig ist, bzw ob sich eine Leistungsbeschränkung in den Fällen des § 2 AsylbLG ausschließlich an § 23 SGB XII misst. Mit der Verfügung (Grundlagenbescheid) über die generelle Leistungskürzung auf das im Einzelfall nach den Umständen unabweisbar Gebotene (§ 1a AsylbLG) für die Zukunft war mithin die Ablehnung von Analog-Leistungen - mit Wirkung für dieselbe Zeit, also ebenfalls mit Dauerwirkung für unbestimmte Zeit - verbunden. Dieses rechtliche Schicksal teilt zwangsläufig der ersetzende Bescheid vom 28.6.2004: auch er erfasst mithin den streitbefangenen Zeitraum.

16

Ein von Amts wegen zu berücksichtigender Verfahrensmangel liegt jedenfalls nicht in der Erstreckung der ursprünglichen Klage (gegen den Widerspruchsbescheid vom 16.8.2006) auf den Bescheid vom 1.2.2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 11.6.2008. Während sich die Klägerin mit der ursprünglichen Klage lediglich gegen die auf dem Grundlagenbescheid basierenden konkludenten Leistungsbewilligungen gewandt und höhere Leistungen verlangt hat, hat sie mit der Erweiterung der Klage auf Überprüfung und Aufhebung der bestandskräftigen Bescheide beim SG die Klage zulässigerweise erweitert. Dabei kann dahinstehen, ob die Voraussetzungen des § 99 Abs 3 Nr 2 SGG erfüllt sind (Erweiterung des Klageantrags in der Hauptsache). Zumindest war die Klageänderung mit Einwilligung des Beklagten wegen dessen rügeloser Einlassung nach § 99 Abs 2 SGG zulässig; es ist deshalb auch nicht entscheidungserheblich, dass eine Klageänderung nach § 99 Abs 1 SGG zudem sachdienlich gewesen wäre. Ein Fall des § 96 SGG (ändernder Verwaltungsakt nach Klageerhebung) in der ab 1.4.2008 geltenden Fassung lag jedenfalls nicht vor. Auch die sonstigen Zulässigkeitsvoraussetzungen der Klage sind erfüllt; insbesondere wurde die Klage innerhalb der Klagefrist des § 87 SGG erweitert.

17

In der Sache misst sich das Anliegen der Klägerin vorrangig an § 9 Abs 3 AsylbLG iVm § 44 Abs 1 SGB X. Danach ist, soweit sich im Einzelfall ergibt, dass bei Erlass eines Verwaltungsakts das Recht unrichtig angewandt oder von einem Sachverhalt ausgegangen worden ist, der sich als unrichtig erweist, und soweit deshalb Sozialleistungen - hier Leistungen nach dem AsylbLG - nicht erbracht worden sind, der Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, mit Wirkung für die Vergangenheit zurückzunehmen. Nach § 44 Abs 4 Satz 1 SGB X werden dann Leistungen - wie vorliegend - (längstens) für einen Zeitraum von bis zu vier Jahren vor der Rücknahme erbracht(s zur Nichtanwendbarkeit des § 116a SGB XII - Beschränkung der Nachzahlung auf den Zeitraum eines Jahres - bei Anträgen vor dem 1.4.2011 BSG, Urteil vom 26.6.2013 - B 7 AY 3/12 R - RdNr 15).

18

Insoweit gilt § 44 Abs 1 SGB X nicht nur für die eigentlichen Leistungsverwaltungsakte, sondern auch für den Grundlagenbescheid vom 21.2.2003 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 2.7.2003, weil mit diesem Bescheid jedenfalls in der Sache die rechtliche Basis für die Nichtgewährung höherer Leistungen durch die späteren konkretisierenden Zahlungen in der Form konkludenter Bewilligungen geschaffen worden ist. Es genügt nach Sinn und Zweck der Vorschrift sowie ihrem Wortlaut ("deshalb Leistungen zu Unrecht nicht erbracht") eine (objektive) Kausalität.

19

Der Anwendung des § 44 Abs 1 SGB X für die in den monatlichen Zahlungen des streitbefangenen Zeitraums liegenden konkludenten Leistungsbewilligungen und damit konkludenten Ablehnungen höherer Leistungen steht auch nicht der Umstand entgegen, dass diese Bescheide bei Klageerhebung noch nicht bestandskräftig waren; denn § 44 SGB X ist, wie bereits die Formulierung ("auch" nachdem er unanfechtbar geworden ist) belegt, eine neben der Anfechtung zulässige verwaltungsverfahrensrechtliche Korrekturmöglichkeit(vgl BVerwGE 118, 84 ff). Es mag richtig sein, dass die allgemeinen Vorschriften über das Widerspruchs- und Klageverfahren im untechnischen Sinn speziellere Korrekturnormen darstellen (so Schütze in von Wulffen/Schütze, SGB X, 8. Aufl 2014, § 44 RdNr 3); jedoch kann hieraus allenfalls abgeleitet werden, dass für eine Anfechtungs-, Verpflichtungs- und Leistungsklage, die bei Anwendung des § 44 SGB X erforderlich ist(s oben) ein Rechtsschutzbedürfnis zu verneinen ist, soweit und solange das Ziel der Klage mit der einfacheren Anfechtungs- und Leistungsklage zu erreichen ist. Ob dies der Fall ist, kann vorliegend jedoch dahinstehen; denn mit der vor dem Senat erklärten Teilrücknahme betreffend den früheren Widerspruchsbescheid, die auf Anraten durch den Senat und mit dem Ziel der Vereinfachung des Gerichtsverfahrens erfolgt ist, kann dies jedenfalls nicht mehr gelten. Auf die Frage des maßgeblichen Zeitpunkts (BSG SozR 3-4100 § 152 Nr 7 S 17 f) für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit des Bescheids über die Ablehnung der beantragten Korrektur vom 1.2.2008 kommt es damit nicht an.

20

Ggf wird das LSG jedoch auch § 48 SGB X iVm § 9 Abs 3 AsylbLG (Aufhebung eines Verwaltungsakts mit Dauerwirkung bei Änderung der Verhältnisse) anzuwenden haben, wenn der Grundlagenbescheid und der streitbefangene Bescheid über die Ablehnung von Analog-Leistungen ursprünglich rechtmäßig gewesen sein sollten, aber nach deren Erlass eine wesentliche Änderung zugunsten der Klägerin eingetreten sein sollte. Waren diese Bescheide andererseits anfänglich rechtswidrig und wäre nach ihrem Erlass eine Änderung zuungunsten der Klägerin eingetreten, müsste und dürfte diese bei der neuen Verwaltungsentscheidung nach § 44 Abs 4 Satz 1 SGB X berücksichtigt werden, zu deren Erlass der Beklagte verpflichtet wäre.

21

Ob der Bescheid vom 1.2.2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 11.6.2008 selbst formell rechtmäßig war, kann bereits nicht beurteilt werden, weil die örtliche und sachliche Zuständigkeit für die Überprüfungsentscheidung mangels ausreichender tatsächlicher Feststellungen des LSG nicht abschließend geprüft werden kann (zur Überprüfbarkeit des Landesrechts bei fehlender Beurteilung durch das LSG vgl nur BSGE 103, 39 ff RdNr 12 = SozR 4-2800 § 10 Nr 1). Über die Rücknahme nach § 44 SGB X entscheidet die zuständige Behörde(§ 44 Abs 3 SGB X); es gelten dabei die allgemeinen Regelungen (vgl nur Schütze, aaO, § 44 RdNr 37 f mwN). Sachlich und örtlich zuständig für die Durchführung des AsylbLG und damit auch für die Entscheidung nach § 44 SGB X wäre deshalb gemäß §§ 10, 10a Abs 1 Satz 1 AsylbLG iVm § 1 Abs 1 Nr 7 Allgemeine Zuständigkeitsverordnung für die Gemeinden und Landkreise zur Ausführung von Bundesrecht des Landes Sachsen-Anhalt vom 7.5.1994 (Gesetz- und Verordnungsblatt 568) der Landkreis, dem die Klägerin zugewiesen worden ist. Auch wenn nach Aktenlage vieles dafür spricht, dass dies der Salzlandkreis als Rechtsnachfolger des zum 1.7.2007 aufgelösten Landkreises Bernburg (§ 2 Abs 1 und 2 Buchst b und § 14 Gesetz zur Kreisgebietsneuregelung vom 11.11.2005 - GVBL 2005, 692 idF vom 19.12.2006 - GVBl 2006, 544), war, mag das LSG dies noch verifizieren; dies betrifft auch die Frage der Nichtheranziehung einer kreisangehörigen Gemeinde. Da sich die Klägerin im jetzigen Salzlandkreis im Zeitpunkt der Antragstellung zumindest tatsächlich aufgehalten haben dürfte (§ 10a Abs 1 Satz 2 AsylbLG), dürfte es auch offen bleiben können, ob eine Zuweisung mit Abschluss des Asylverfahrens ggf ihre Wirkung verliert. Aus diesem Grund bedarf es gegenwärtig auch keiner Entscheidung, wie prozessual darauf zu reagieren wäre, wenn der Beklagte nicht (mehr) zuständig wäre, insbesondere, ob eine analoge Anwendung des § 75 Abs 2 und 5 SGG gerechtfertigt wäre.

22

Auch ob der Klägerin für den streitbefangenen Zeitraum die geltend gemachten höheren Leistungen (40,90 Euro monatlich für Juli und August 2005 und 9,54 Euro für die Zeit vom 1. bis 7.9.2005) zustanden und die Ablehnung dieser Leistungen in der Sache rechtswidrig war, kann nicht beurteilt werden; insoweit hat das LSG nicht einmal die Höhe der in diesem Zeitraum gezahlten Leistungen festgestellt; es fehlen außerdem Feststellungen zum Einkommen und Vermögen der Klägerin, die sowohl für die Grundleistungen des § 3 AsylbLG als auch für die Analog-Leistungen des § 2 AsylbLG von Bedeutung sind(§ 7 AsylbLG; § 19 SGB XII aF iVm §§ 82 ff SGB XII).

23

Jedoch ist der Grundlagenbescheid vom 21.2.2003 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 2.7.2003 nicht bereits deshalb zurückzunehmen, weil sein Erlass als solcher statt des Erlasses eines konkreten Bewilligungsbescheids rechtswidrig gewesen wäre. Der Grundlagenbescheid vom 21.2.2003 ist nicht bereits rechtswidrig, weil es für eine derartige Verfügung keine ausdrückliche gesetzliche Ermächtigung gibt. Es genügt vielmehr, dass die Zulässigkeit eines solchen Vorgehens zumindest "im Wege der Auslegung" ermittelt werden kann (BSG SozR 3-4100 § 128 Nr 4 S 35 f mwN). Dies ist hier der Fall. Eine Vorabentscheidung über die Zugehörigkeit zum Personenkreis des § 1a AsylbLG ist - wenn auch nicht zwingend im Gesetz angelegt, so doch - nach der gesetzlichen Systematik sinnvoll und entspricht den Interessen sowohl der Behörde als auch des Leistungsempfängers. Nach § 1a AsylbLG erhalten Leistungsberechtigte unter bestimmten Voraussetzungen Leistungen nach dem AsylbLG nur, "soweit dies im Einzelfall nach den Umständen unabweisbar geboten ist". Bei jeder (monatlichen) Leistung ist mithin eine individualisierte Prüfung erforderlich, die sich jeglicher Pauschalierung entzieht, wie sie in § 3 AsylbLG in Form des sog "Taschengelds"(Abs 1 Satz 4) bzw bei sonstigen Geldleistungen in § 3 Abs 2 AsylbLG vorgesehen ist. Dies aber setzt, wie auch bei Sanktionsentscheidungen in anderen Rechtsbereichen (Sperrzeiten im Arbeitsförderungsrecht; Absenkungsentscheidungen im Rahmen des Sozialgesetzbuchs Zweites Buch - Grundsicherung für Arbeitsuchende - ) üblich, die Möglichkeit einer gewissermaßen vor die Klammer gezogenen "Statusentscheidung" voraus, auf der die anschließenden konkreten Leistungsbewilligungen aufbauen und aufbauen können.

24

Ist demnach der Grundlagenbescheid nicht als solcher bereits rechtswidrig, misst sich seine Rechtmäßigkeit wie die der konkretisierenden konkludenten Leistungsverwaltungsakte für den streitbefangenen Zeitraum an § 1a iVm § 3 AsylbLG; denn § 1a AsylbLG ist keine eigenständige Anspruchsgrundlage, sondern setzt einen Anspruch auf die Grundleistung voraus, den er dann auf das unabweisbar Gebotene begrenzt. Die Rechtmäßigkeit des Bescheids über die Ablehnung von Analog-Leistungen misst sich demgegenüber an § 2 AsylbLG iVm den Vorschriften des SGB XII.

25

Soweit es die Beurteilung des § 1a AsylbLG betrifft, sind dessen Voraussetzungen jedenfalls nicht deshalb erfüllt, weil sich die Klägerin geweigert hat, sog "Ehrenerklärungen" zu unterschreiben. § 1a Nr 2 AsylbLG würde nur eingreifen, wenn aufenthaltsbeendende Maßnahmen aus von der Klägerin zu vertretenden Gründen nicht vollzogen werden konnten. Die Norm fordert dabei eine Kausalität zwischen einem vorwerfbaren Verhalten und dem Nichtvollzug. Ein mögliches Unterlassen der persönlichen Vorsprache der Klägerin bei der Botschaft ihres Heimatlandes Mali aus eigener Veranlassung, also ohne die Notwendigkeit einer Vorführung, - genaue Feststellungen des LSG dazu fehlen ohnedies - würde deshalb von vornherein ausscheiden; denn dieses Verhalten der Klägerin wäre wohl nicht kausal für den Nichtvollzug aufenthaltsbeendender Maßnahmen geworden. Zum einen ist sie der Botschaft wohl vorgeführt worden; zum anderen wäre wohl ein Vollzug auch bei unerzwungener Vorsprache mangels Unterschreibens der "Ehrenerklärung" im streitbefangenen Zeitraum nicht möglich gewesen (zur Problematik der Mehrfachkausalität: Oppermann in jurisPK SGB XII, § 1a AsylbLG RdNr 52).

26

Auch die Weigerung, die "Ehrenerklärung" zu unterschreiben, erfüllt nicht die Voraussetzungen des § 1a Nr 2 AsylbLG. Nach § 49 Abs 1 Aufenthaltsgesetz (AufenthG) aF (vgl jetzt § 49 Abs 2 AufenthG) war und ist zwar jeder Ausländer verpflichtet, ua die von der Vertretung des Staates, dessen Staatsangehörigkeit er besitzt, geforderten Erklärungen im Rahmen der Beschaffung von Heimreisedokumenten abzugeben. Diese gesetzliche Mitwirkungspflicht steht jedoch unter dem ausdrücklichen Vorbehalt, dass die geforderte Erklärung mit dem deutschen Recht in Einklang steht. Dies war vorliegend nicht der Fall, weil von der Klägerin ein Verhalten verlangt worden ist, das die Intimsphäre als unantastbaren Kernbereich des Persönlichkeitsrechts des Art 2 Abs 1 iVm Art 1 Abs 1 GG berührt (vgl zur Unantastbarkeit eines Kernbereichs: BVerfGE 34, 238, 245; 54, 143, 146; 103, 21, 31).

27

Freiwilligkeit kann sowohl nach dem allgemeinen Wortverständnis als auch unter Berücksichtigung der konkreten Umstände des Falles (s zur Zulässigkeit der Auslegung von Formularerklärungen durch das Revisionsgericht nur Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 10. Aufl 2012, § 162 RdNr 3b) nur bedeuten, dass die Klägerin erklären sollte, sie kehre aus freien Stücken nach Mali zurück. Diese Erklärung kann indes von niemandem verlangt werden, der den entsprechenden Willen nicht besitzt; ansonsten wäre er zum Lügen gezwungen. Der Begriff der Freiwilligkeit entzieht sich weiteren Überlegungen (umfassend dazu Kreienbrink, Freiwillige und zwangsweise Rückkehr von Drittstaatsangehörigen aus Deutschland, in Bundesamt für Migration und Flüchtlinge, Rückkehr aus Deutschland, Forschungsstudie 2006, S 44 ff): Gefordert war von der Klägerin eine Erklärung, etwas zu wollen, was sie gerade nicht wollte.

28

Ein gegenteiliger Wille kann von ihr auch nicht verlangt werden; der Wille als solcher ist staatlich nicht beeinflussbar. Eine andere Frage ist, ob von dem Betroffenen trotz eines entgegenstehenden Willens bestimmte Handlungen abverlangt werden können. Der Zwang, dies auch zu wollen, entspräche einem dem GG fremden totalitären Staatsverständnis. Für eine andere Auslegung der von der Klägerin abverlangten Erklärungen, etwa in dem Sinne "ich bin vollziehbar ausreisepflichtig und kann deshalb abgeschoben werden, wenn ich nicht ohne Zwang ausreise", bestehen keine Anhaltspunkte (so in einem anderen Kontext BVerwGE 135, 219 ff). Kann mithin die Leistungsbeschränkung nach § 1a AsylbLG nicht auf die Weigerung zur Abgabe der "Ehrenerklärung" gestützt werden, so sind jedenfalls nach Aktenlage keine weiteren Gesichtspunkte für eine Leistungsminderung nach § 1a AsylbLG erkennbar; das LSG mag dies ggf noch prüfen.

29

Zum gegenwärtigen Zeitpunkt bedarf es bei dieser Sach- und Rechtslage keiner Entscheidung über die Verfassungsmäßigkeit des § 1a AsylbLG bzw die verfassungskonforme Höhe der nach dieser Vorschrift gekürzten Leistung unter Berücksichtigung des Urteils des Bundesverfassungsgerichts vom 18.7.2012 (BVerfGE 132, 134 ff = SozR 4-3520 § 3 Nr 2). Liegen die Voraussetzungen des § 1a AsylbLG nicht vor, dürfte nämlich dem geltend gemachten Klageanspruch schon nach § 3 AsylbLG Rechnung zu tragen sein. Über § 2 AsylbLG könnte die Klägerin aufgrund ihres höhenmäßig beschränkten Klageantrags keine darüber hinausgehenden Leistungen bekommen. Nach § 2 AsylbLG ist abweichend von §§ 3 bis 7 AsylbLG das SGB XII auf diejenigen Leistungsberechtigten entsprechend anzuwenden, die über eine Dauer von - im streitbefangenen Zeitraum - 36 Monaten Leistungen nach § 3 AsylbLG (Vorbezugszeit) erhalten und die Dauer des Aufenthalts nicht rechtsmissbräuchlich beeinflusst haben. Die Voraussetzung der Vorbezugszeit erfüllt die Klägerin; ob allerdings die rechtsmissbräuchliche Beeinflussung der Aufenthaltsdauer abzulehnen ist, kann nicht abschließend entschieden werden. Zwar kann der Vorwurf des Rechtsmissbrauchs wie im Rahmen des § 1a AsylbLG nicht damit begründet werden, dass die Klägerin die "Ehrenerklärung" nicht unterschrieben habe; rechtsmissbräuchlich könnte indes das Verhalten der Klägerin gewesen sein, nicht ohne Vorführung durch die Ausländerbehörde bei der malischen Botschaft zu erscheinen (vgl zur Frage des Rechtsmissbrauchs BSGE 101, 49 ff = SozR 4-3520 § 2 Nr 2), wobei eine Beeinflussung der Aufenthaltsdauer schon dann vorläge, wenn bei generell-abstrakter Betrachtungsweise das rechtsmissbräuchliche Verhalten typischerweise die Aufenthaltsdauer verlängern kann (BSG aaO).

30

Eine abschließende Entscheidung hierüber ist im Hinblick auf die vom LSG ohnehin noch zu treffenden tatsächlichen Feststellungen untunlich. Allerdings scheitert ein höherer Leistungsanspruch der Klägerin - entgegen der Ansicht des LSG - nicht an einer vor dem 8.9.2005 fehlenden Antragstellung auf eine Neubewilligung der Taschengeldleistung nach bestandskräftiger Leistungskürzung. Für eine derartige Voraussetzung sind in den gesetzlichen Regelungen keinerlei Ansätze zu finden.

31

Das LSG wird ggf auch über die Kosten des Revisionsverfahrens zu befinden haben.

(1) Durch Klage kann die Aufhebung eines Verwaltungsakts oder seine Abänderung sowie die Verurteilung zum Erlaß eines abgelehnten oder unterlassenen Verwaltungsakts begehrt werden. Soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist, ist die Klage zulässig, wenn der Kläger behauptet, durch den Verwaltungsakt oder durch die Ablehnung oder Unterlassung eines Verwaltungsakts beschwert zu sein.

(2) Der Kläger ist beschwert, wenn der Verwaltungsakt oder die Ablehnung oder Unterlassung eines Verwaltungsakts rechtswidrig ist. Soweit die Behörde, Körperschaft oder Anstalt des öffentlichen Rechts ermächtigt ist, nach ihrem Ermessen zu handeln, ist Rechtswidrigkeit auch gegeben, wenn die gesetzlichen Grenzen dieses Ermessens überschritten sind oder von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht ist.

(3) Eine Körperschaft oder eine Anstalt des öffentlichen Rechts kann mit der Klage die Aufhebung einer Anordnung der Aufsichtsbehörde begehren, wenn sie behauptet, daß die Anordnung das Aufsichtsrecht überschreite.

(4) Betrifft der angefochtene Verwaltungsakt eine Leistung, auf die ein Rechtsanspruch besteht, so kann mit der Klage neben der Aufhebung des Verwaltungsakts gleichzeitig die Leistung verlangt werden.

(5) Mit der Klage kann die Verurteilung zu einer Leistung, auf die ein Rechtsanspruch besteht, auch dann begehrt werden, wenn ein Verwaltungsakt nicht zu ergehen hatte.

(1) Abweichend von den §§ 3 und 4 sowie 6 bis 7 sind das Zwölfte Buch Sozialgesetzbuch und Teil 2 des Neunten Buches Sozialgesetzbuch auf diejenigen Leistungsberechtigten entsprechend anzuwenden, die sich seit 18 Monaten ohne wesentliche Unterbrechung im Bundesgebiet aufhalten und die Dauer des Aufenthalts nicht rechtsmissbräuchlich selbst beeinflusst haben. Die Sonderregelungen für Auszubildende nach § 22 des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch finden dabei jedoch keine Anwendung auf

1.
Leistungsberechtigte nach § 1 Absatz 1 Nummer 1, 3 und 4 in einer nach den §§ 51, 57 und 58 des Dritten Buches Sozialgesetzbuch dem Grunde nach förderungsfähigen Ausbildung sowie
2.
Leistungsberechtigte nach § 1 Absatz 1 Nummer 3 und 4 in einer nach dem Bundesausbildungsförderungsgesetz dem Grunde nach förderungsfähigen Ausbildung, deren Bedarf sich nach den §§ 12, 13 Absatz 1 in Verbindung mit Absatz 2 Nummer 1 oder nach § 13 Absatz 1 Nummer 1 in Verbindung mit Absatz 2 Nummer 2 des Bundesausbildungsförderungsgesetzes bemisst und die Leistungen nach dem Bundesausbildungsförderungsgesetz erhalten.
Bei Leistungsberechtigten nach § 1 Absatz 1 Nummer 1 in einer nach dem Bundesausbildungsförderungsgesetz dem Grunde nach förderungsfähigen Ausbildung gilt anstelle des § 22 Absatz 1 des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch, dass die zuständige Behörde Leistungen nach dem Dritten oder Vierten Kapitel des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch als Beihilfe oder als Darlehen gewährt. § 28 des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch in Verbindung mit dem Regelbedarfs-Ermittlungsgesetz und den §§ 28a, 40 des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch findet auf Leistungsberechtigte nach Satz 1 mit den Maßgaben entsprechende Anwendung, dass
1.
bei der Unterbringung in einer Gemeinschaftsunterkunft im Sinne von § 53 Absatz 1 des Asylgesetzes oder in einer Aufnahmeeinrichtung nach § 44 Absatz 1 des Asylgesetzes für jede erwachsene Person ein Regelbedarf in Höhe der Regelbedarfsstufe 2 anerkannt wird;
2.
für jede erwachsene Person, die das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet hat, unverheiratet ist und mit mindestens einem Elternteil in einer Wohnung im Sinne von § 8 Absatz 1 Satz 2 des Regelbedarfs-Ermittlungsgesetzes zusammenlebt, ein Regelbedarf in Höhe der Regelbedarfsstufe 3 anerkannt wird.

(2) Bei der Unterbringung von Leistungsberechtigten nach Absatz 1 in einer Gemeinschaftsunterkunft bestimmt die zuständige Behörde die Form der Leistung auf Grund der örtlichen Umstände.

(3) Minderjährige Kinder, die mit ihren Eltern oder einem Elternteil in einer Haushaltsgemeinschaft leben, erhalten Leistungen nach Absatz 1 auch dann, wenn mindestens ein Elternteil in der Haushaltsgemeinschaft Leistungen nach Absatz 1 erhält.

Tenor

I. Der Bescheid des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge vom … Januar 2016 wird aufgehoben.

II. Die Beklagte hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.

III. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht der Kläger vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Tatbestand

Der am … Mai 1986 geborene Kläger ist nach eigenen Angaben Staatsangehöriger Nigerias. Er beantragte am 18. August 2015 Asyl in Deutschland.

Mit Bescheid vom … Januar 2016 lehnte das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (i.F.: Bundesamt) den Antrag als unzulässig ab (Ziffer 1.), ordnete die Abschiebung des Klägers nach Italien an (Ziffer 2.) und befristete das gesetzliche Einreise- und Aufenthaltsgebot gemäß § 11 Abs. 1 AufenthG auf sechs Monate ab dem Tag der Abschiebung (Ziffer 3.). Auf die Begründung des Bescheids wird Bezug genommen, § 77 Abs. 2 AsylG.

Der Kläger hat am 7. Februar 2016 Klage gegen den Bescheid erhoben.

Das Bundesamt stellt keinen Antrag.

Am 27. Januar 2017 hat der Bevollmächtigte des Klägers Verzicht auf mündliche Verhandlung erklärt. Der Rechtsstreit ist mit Beschluss vom 3. Februar 2017 zur Entscheidung auf den Einzelrichter übertragen worden.

Zu den weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakten und die vorgelegte Behördenakte Bezug genommen.

Gründe

Gemäß § 101 Abs. 2 VwGO konnte über die Klage ohne mündliche Verhandlung entschieden werden, da alle Beteiligten - der Kläger durch Erklärung seines Bevollmächtigten vom 27. Januar 2017, die Beklagte durch allgemeine Prozesserklärung - auf eine mündliche Verhandlung verzichtet haben. Die Verzichtserklärungen wurden auch nicht durch die Übertragung des Rechtsstreits auf den Einzelrichter verbraucht (BayVGH, B.v. 19.10.2006 - 12 ZB 06.1211 - juris).

Die zulässige Klage ist begründet.

Der Bescheid der Beklagten vom … Januar 2016 ist im maßgeblichen Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Die Voraussetzungen für den Erlass einer Abschiebungsanordnung betreffend den zunächst zuständigen Mitgliedstaat auf der Grundlage des § 34a i. V. m. § 29 Abs. 1 Nr. 1 AsylG liegen nicht mehr vor.

Der streitgegenständliche Bescheid ist aufgrund des Ablaufs der sog. Überstellungsfrist und des hierdurch bedingten Zuständigkeitsübergangs auf die Bundesrepublik Deutschland gem. Art. 29 Abs. 2 Satz 1 Dublin III-VO rechtswidrig geworden. Die sechsmonatige Frist des Art. 29 Abs. 1, Abs. 2 Satz 1 Dublin III-VO begann mit der (letzten) Zustellung der Eilentscheidung des Gerichts im Verfahren M 9 S. 16.50102 am 1. März 2016 zu laufen (vgl. BVerwG, U.v. 26.5.2016 - 1 C 15.15 - juris). Diese Frist ist mit Ende des 1. September 2016 (d.h. 24:00 Uhr) abgelaufen. Der Antrag nach § 80 Abs. 7 VwGO im Verfahren M 9 S7 16.50262 hat nicht die Wirkungen des § 34a Abs. 2 Satz 2 AsylG (BVerwG, U.v. 27.4.2016 - 1 C 24.15 -; VG Aachen, U.v. 25.7.2016 - 9 K 1184/16.A - jeweils zitiert nach juris). Unabhängig davon wird darauf hingewiesen, dass die 6-Monats-Frist auch im Nachgang zu letzterem Beschluss abgelaufen wäre.

Nachfragen bei der zuständigen Ausländerbehörde am Landratsamt F* … vom 24. Januar 2017 und bei der Regierung von … vom 6. Februar 2017 ergaben, dass sich der Kläger seit mindestens 4. Juli 2015 durchgehend in Deutschland aufgehalten hat. Auch für eine Fristverlängerung nach Art. 29 Abs. 2 Satz 2 Dublin III-VO bestehen nach diesen Auskünften keine Anzeichen: Dass sich der Kläger laut Aussage der Regierung von … zwischenzeitlich - vom 15. August 2016 bis 19. Oktober 2016 - im Kirchenasyl befunden hat, ändert nichts. Die Sachlage bei einer sich im Kirchenasyl befindlichen Person ist nicht mit jener vergleichbar, die bei einer inhaftierten oder flüchtigen Person vorliegt. Ist eine Person inhaftiert oder flüchtig, so ist eine Überstellung unmöglich. Die Möglichkeit der Fristverlängerung nach Art. 29 Abs. 2 Satz 2 Dublin III-VO soll als Ausnahme von dem den Fristen des Dublin-Systems zugrunde liegenden Beschleunigungsgrundsatz ein längeres Zuwarten bei der Rücküberstellung ermöglichen, weil ein tatsächliches oder rechtliches Hindernis die Einhaltung der Frist vereitelt. Ein solches Hindernis, das einen vergleichbaren Ausnahmefall rechtfertigen könnte, besteht beim sogenannten Kirchenasyl nicht. Der Staat ist weder rechtlich noch tatsächlich daran gehindert, die Überstellung durchzuführen. Er verzichtet vielmehr bewusst darauf, das Recht durchzusetzen. Es existiert kein Sonderrecht der Kirchen, aufgrund dessen die Behörden bei Aufnahme einer Person in das Kirchenasyl gehindert wären, eine Überstellung durchzuführen und hierzu gegebenenfalls unmittelbaren Zwang anzuwenden. Der Umstand, dass die für die Aufenthaltsbeendigung zuständigen Behörden wohl davor zurückschrecken, die ihnen zur Verfügung stehenden Möglichkeiten bei Personen im Kirchenasyl auszuschöpfen, also insbesondere auch unmittelbaren Zwang in kirchlichen Räumen anzuwenden, macht die Überstellung nicht unmöglich. Der freiwillige Verzicht auf eine Rücküberstellung im Fall des Kirchenasyls ist nicht anders zu bewerten, als die Fälle, in denen eine Rücküberstellung mangels entsprechender Vollzugskapazitäten oder anderer in der Sphäre des Staates liegender Umstände nicht möglich ist. Eine in der Sphäre des Klägers liegendes Hindernis für den Vollzug der Rücküberstellung, wie im Fall der Flucht, ist nicht gegeben (VG München, U.v. 23.12.2016 - M 1 K 15.50681 - juris; U.v. 9.1.2017 - M 1 K 16.50375 - juris).

Der Fristablauf begründet gem. Art. 29 Abs. 2 Satz 1 Dublin III-VO den Übergang der Zuständigkeit für die Prüfung des Asylbegehrens auf die Beklagte. Der Asylantrag ist damit nicht mehr nach § 29 Abs. 1 Nr. 1 AsylG wegen Unzuständigkeit der Beklagten unzulässig.

Mit dieser objektiven Rechtswidrigkeit geht auch eine subjektive Rechtsverletzung des Klägers einher, da eine Rückübernahmebereitschaft Italiens nicht ersichtlich ist (BVerwG, U.v. 9. 8. 2016 - 1 C 6/16 - juris). Der nach den Dublin-Bestimmungen infolge des Fristablaufs zuständige Mitgliedsstaat darf einen Schutzsuchenden jedenfalls dann nicht auf eine Prüfung durch einen anderen Mitgliedsstaat verweisen, wenn dessen (Wieder-) Aufnahmebereitschaft nicht positiv feststeht (BVerwG, U.v. 27.4.2016 - 1 C 24/15 - juris). Die Beklagte hat nicht vorgetragen, dass Italien trotz des Ablaufs der Überstellungsfrist zur Rückübernahme des Klägers bereit wäre. Hierfür bestehen auch keine Anhaltspunkte. Damit kann sich der Kläger auf den Ablauf der Überstellungsfrist berufen, da Italien jedenfalls nicht verpflichtet ist, das Asylverfahren durchzuführen und der Anspruch des Klägers auf Durchführung eines Asylverfahrens verletzt wäre. Das Bundesamt ist in der Folge kraft Gesetzes, § 31 Abs. 2 AsylG, verpflichtet, das Asylverfahren des Klägers fortzuführen und eine Sachentscheidung zu treffen (BayVGH, U.v. 28.2.2014 - 13a B 13.30295 - juris).

Die Kostenfolge beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. Gerichtskosten werden nach § 83b AsylG nicht erhoben. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 VwGO i.V. mit §§ 708 ff. ZPO.

Tenor

I. Die aufschiebende Wirkung der Klage (Az.: M 9 K 17.50289) des Antragstellers gegen Nr. 4 (Anordnung der Abschiebung nach Spanien) des Bescheids des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge vom 24. Januar 2017 wird angeordnet.

II. Die Antragsgegnerin trägt die Kosten des Verfahrens.

Gründe

I.

Der Antragsteller begehrt vorläufigen Rechtsschutz gegen die bevorstehende Überstellung nach Spanien im Rahmen des sog. Dublin-Verfahrens.

Wegen der Einzelheiten des Sachverhalts wird zunächst auf die zu diesem Verfahren beigezogenen Gerichtsakten der Verfahren Aktenzeichen M 9 S. 16.50446, M 9 K 16.50445 und M 9 S7 16.50539 einschließlich der in diesen Verfahren vorgelegten Behördenakten und auf die zwischen denselben Beteiligten wie hier ergangenen Beschlüsse vom 7. Juli 2016 (Ablehnung des ursprünglichen Antrags auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage Az. M 9 K 16.50445), vom 28. Juli 2016 (Ablehnung des Antrags nach § 80 Abs. 7 VwGO) und vom 6. März 2017 (Einstellung des Klageverfahrens Az. M 9 K 16.50445 auf Grund übereinstimmender Erledigterklärungen nach Aufhebung des damals streitgegenständlichen Bescheids vom 21. Juni 2016 durch die Antragsgegnerin) Bezug genommen.

Aus den zu diesem Verfahren (und zum dazugehörigen Klageverfahren Az. M 9 K 17.50289) vorgelegten Bundesamtsakten ergibt sich (Bl. 81), dass der Bevollmächtigte des Antragstellers mit Schreiben an das Bundesamt - Außenstelle München vom 4. November 2016, versendet per Telefax am 5. November 2016, mitteilte, dass sich der Antragsteller „nunmehr im Kirchenasyl ..., M. Platz ..., R. befindet“.

Mit Schreiben vom 11. November 2016, beim Bundesamt – Zentrale in Nürnberg eingegangen am 16. November 2016, in der Außenstelle München am 22. November 2016 (jeweils laut den angebrachten Eingangsstempeln), wandte sich die Regierung von Oberbayern Zentrale Ausländerbehörde Oberbayern (= ZAB Oberbayern) / Zentrale Passbeschaffung Bayern an das Bundesamt und teilte mit, dass der Antragsteller seit dem 4. August 2016 untergetaucht sei; es werde um Verlängerung der Überstellungsfrist nach Spanien „Fristende: 07.01.2016“ [sic! gemeint ist wohl 2017] gebeten. Diesem Schreiben beigefügt ist ein Bildschirmausdruck aus dem iMVS (integriertes Migrantenverwaltungssystem), aus dem hervorgeht, dass für den Antragsteller als Auszugsdatum aus der Unterkunft KVB (= Kreisverwaltungsbehörde) München, H. Straße ... in M. der 4. August 2016 eingetragen ist und als Auszugsgrund untergetaucht (ubk. = unbekannt).

Auf weitere Erinnerung mit Schreiben der Regierung von Oberbayern vom 9. Dezember 2016 (Bl. 80 des vom Gericht beigezogenen Verwaltungsvorgangs der Regierung von Oberbayern, d.h. der Ausländerakte der ZAB) teilte das Bundesamt ebenfalls unter dem 9. Dezember 2016 (Bl. 160 der Bundesamtsakte) der ZAB Oberbayern mit, dass die Überstellungsfrist im Dublin-Verfahren des Antragstellers gemäß Art. 29 Dublin III-VO verlängert worden sei. Das neue Fristende sei der 7. Januar 2018.

Im Folgenden enthält die „neue“, d.h. die zum streitgegenständlichen Antrags- und Klageverfahren vorgelegte Bundesamtsakte die Aufnahme eines undatierten (vermutlich 20. Januar 2017) Asylantrags des Antragstellers sowie anschließend Niederschriften über Dublin – Erst- und Zweitbefragung sowie eine Anhörung gemäß § 25 AsylG usw. Der Antragsteller hat, nach dem Akteninhalt zu urteilen wohl kurz vor dem 20. Januar 2017 (wohl am 10. Januar 2017, an dem Tag meldete sich der Antragsteller bei der Regierungsaufnahmestelle RAST, vgl. Bl. 141 der Bundesamtsakten), das Kirchenasyl verlassen und sich erneut (vgl. die zu den früheren Gerichtsverfahren vorgelegten Bundesamtsakten) beim Bundesamt gemeldet.

Mit hier streitgegenständlichem Bescheid vom 24. Januar 2017 wurde der Bescheid des Bundesamtes vom 21. Juni 2016 aufgehoben (Nr. 1), der Antrag als unzulässig abgelehnt (Nr. 2), festgestellt, dass Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und Abs. 7 Satz 1 AufenthG nicht vorliegen (Nr. 3) und die Abschiebung nach Spanien angeordnet (Nr. 4). Die Nr. 5 des Bescheids enthält die Befristungsentscheidung hinsichtlich des gesetzlichen Einreise- und Aufenthaltsverbots nach § 11 Abs. 1 AufenthG. Zur Begründung der Entscheidung in Nr. 1 des Bescheids wird auf S. 2 des neuen Bescheids (Bl. 128 der Bundesamtsakten) ausgeführt, dass der Bescheid vom 21. Juni 2016 gemäß § 48 VwVfG aufzuheben gewesen sei. Außerdem ist in der Begründung des Bescheids auf dessen Seite 5 (Bl. 131 der Bundesamtsakten), fünfter Absatz von unten, ausgeführt, dass die zuständige Ausländerbehörde mitgeteilt habe, dass der Antragsteller seit dem 4. August 2016 als untergetaucht gelte, weswegen die Überstellung auf den 7. Januar 2018 verlängert worden sei. Auf den Bescheid und seine Begründung im Übrigen wird Bezug genommen.

Mit Begleitschreiben vom 25. Januar 2017 wurde eine Kopie des Bescheids an den Bevollmächtigten des Antragstellers versandt. Mit Schreiben vom selben Tag wurde der Bescheid an den Antragsteller versendet. Laut zurückgelaufener Empfangsbestätigung (Bl. 176f. der Bundesamtsakten) wurde der Bescheid dem Antragsteller am 3. Februar 2017 ausgehändigt.

Mit Schreiben seines Bevollmächtigten ebenfalls vom 3. Februar 2017, beim Verwaltungsgericht München eingegangen per Telefax am selben Tag, ließ der Antragsteller Klage erheben (Az. M 9 K 17.50289) und beantragen, den Bescheid vom 24. Januar 2017 aufzuheben. Außerdem ließ er beantragen,

die aufschiebende Wirkung der Klage – Anordnung der Abschiebung nach Spanien – anzuordnen.

Hinsichtlich der Begründung von Klage und Eilantrag wird auf den Schriftsatz Bezug genommen, außerdem auf den weiteren Schriftsatz vom 18. März 2017, in dem der zwischenzeitlich eingetretene Ablauf der Überstellungsfrist geltend gemacht und darauf verwiesen wird, dass eine Verlängerung wegen Untertauchens nicht möglich gewesen sei, da der Antragsteller im Kirchenasyl gewesen sei.

Die Antragsgegnerin legte die Behördenakten vor, äußerte sich in der Sache aber nicht.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Gerichtsakten in diesem und im dazugehörigen Klageverfahren, der vorgelegten Behördenakten sowie der oben bereits angeführten weiteren beigezogenen Gerichts- und Behördenakten einschließlich der Ausländerakte der ZAB Oberbayern Bezug genommen.

II.

Der Antrag hat Erfolg.

Für das Gericht ist hinsichtlich der Sach- und Rechtslage der Zeitpunkt der Entscheidung maßgeblich (§ 77 Abs. 1 Satz 1 Hs. 2 AsylG). Insbesondere kommen das AsylG und das AufenthG in den durch das Gesetz zur Einführung beschleunigter Asylverfahren vom 11. März 2016 (BGBl I, S. 390), das Gesetz zur erleichterten Ausweisung von straffälligen Ausländern sowie zum erweiterten Ausschluss der Flüchtlingsanerkennung bei straffälligen Asylbewerbern vom 11. März 2016 (BGBl I, S. 394) und das Integrationsgesetz vom 31. Juli 2016 (BGBl I, S. 1939) geänderten Fassungen zur Anwendung.

Der Antrag ist zulässig, insbesondere ist er fristgerecht gestellt, § 34a Abs. 2 Satz 1 AsylG i.V.m. § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO.

Der Antrag ist auch begründet, denn die Klage in der Hauptsache hat in Bezug auf die für den vorläufigen Rechtsschutz allein relevante Abschiebungsanordnung Aussicht auf Erfolg, weil wegen des eingetretenen Ablaufs der sog. Überstellungsfrist die Zuständigkeit auf die Antragsgegnerin übergegangen ist. Das private Interesse des Antragstellers an der Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage gegen die Abschiebungsanordnung überwiegt daher das öffentliche Interesse an der kraft Gesetzes bestehenden sofortigen Vollziehbarkeit.

Der streitgegenständliche Bescheid des Bundesamtes ist rechtswidrig und verletzt den Antragsteller in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). In dem gemäß § 77 Abs. 1 Satz 1 Hs. 2 AsylG maßgeblichen Zeitpunkt dieser Entscheidung ist die Überstellungsfrist bereits abgelaufen.

Die Antragsgegnerin ist inzwischen durch Zeitablauf für die Durchführung des Asylverfahrens zuständig. Nach Art. 29 Abs. 2 Satz 1 Dublin III-VO geht die Zuständigkeit auf den ersuchenden Mitgliedstaat über, wenn die Überstellung nicht innerhalb der Frist von sechs Monaten (Art. 29 Abs. 1 Unterabs. 1 Dublin III-VO) durchgeführt wird. Dieser Übergang der Zuständigkeit nach Ablauf der Sechsmonatsfrist stellt keinen fingierten Selbsteintritt, sondern, wie bereits ohne weiteres aus dem Wortlaut von Art. 29 Abs. 2 Satz 1 Dublin III-VO folgt, eine besondere Zuständigkeitsnorm dar, die letztlich lediglich vom Ablauf der Frist abhängig ist. Die Regelung stützt sich auf die Überlegung, dass der Mitgliedstaat, der die Überstellung in den eigentlich zuständigen Mitgliedstaat nicht zeitgemäß durchführt, die Folgen tragen muss (BayVGH, B.v.11.05.2015 – 13a ZB 15.50006 –, juris Rn. 4f.).

Im vorliegenden Fall ist die Überstellung des Antragstellers nach Spanien nicht in diesem Sinne fristgemäß erfolgt. Die sechsmonatige Frist beginnt nach Art. 29 Abs. 1 Unterabs. 1 Dublin III-VO grundsätzlich mit der Annahme des Aufnahme- oder Wiederaufnahmegesuchs durch einen anderen Mitgliedstaat. Vor Ablauf der Überstellungsfrist hat der Antragsteller aber Klage erhoben und gleichzeitig einen Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage gestellt. Den Antrag (Az. M 9 S. 16.50446) hat das Gericht mit Beschluss vom 7. Juli 2016 abgelehnt und diesen Beschluss dem Prozessbevollmächtigten des Antragstellers und dem Bundesamt mit Empfangsbekenntnis zugestellt und zwar dem Prozessbevollmächtigten am 11. Juli 2016 und dem Bundesamt am 12. Juli 2016. Dies hatte den neuen Beginn der Überstellungsfrist gemäß Art. 29 Abs. 1 Unterabs. 1 Dublin III-VO zur Folge, denn die Überstellungsfrist wird nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts durch den vor ihrem Ablauf gestellten Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung unterbrochen und mit einer ablehnenden Entscheidung im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes neu in Lauf gesetzt (vgl. BVerwG, U.v.27.04.2016 - 1 C 24.15 -, juris Rn. 18; Vorlagebeschluss v. 27.04.2016 - 1 C 22.15 -, juris Rn. 18ff; vgl. auch SächsOVG, B.v.05.10.2015 - 5 B 259/15.A -, juris Rn. 8ff.; OVG NRW, U.v.07.07.2016 - 13 A 2302/15.A –, juris Rn. 22 – 24). Damit endete die Überstellungsfrist hier spätestens mit Ablauf des 12. Januar 2017, ohne dass aber die Überstellung durchgeführt wurde. Auf den Ablauf der Überstellungsfrist nach diesem Datum wurde die Antragsgegnerin mit Schreiben des Gerichts vom 11. Januar 2017 auch hingewiesen.

Die von der Antragsgegnerin verfügte Verlängerung der Frist gemäß Art. 29 Abs. 2 Satz 2 Dublin III-VO (vgl. das Schreiben des Bundesamts vom 9. Dezember 2016, Bl. 160 der Bundesamtsakte) ändert am Ergebnis nichts, da diese Fristverlängerung unwirksam ist, weil die Voraussetzungen für eine Fristverlängerung nicht vorlagen.

Nach dieser Vorschrift kann die sechsmonatige Frist höchstens auf ein Jahr verlängert werden, wenn die Überstellung aufgrund der Inhaftierung der betreffenden Person nicht erfolgen konnte, oder höchstens auf achtzehn Monate, wenn die betreffende Person flüchtig ist.

Hier kommt mangels Inhaftierung des Antragstellers nur die zweite Variante, das Flüchtig-Sein, in Betracht; hierauf wurde die Verlängerungsentscheidung der Antragsgegnerin auch gestützt. Diese Verlängerungsentscheidung ist jedoch rechtswidrig, da der Antragsteller tatsächlich nicht im Sinne der Vorschrift des § 29 Abs. 2 Satz 2 Var. 2 Dublin III-VO flüchtig gewesen ist.

Der Antragsteller befand sich spätestens seit dem 4. November 2016 im sog. Kirchenasyl; das ergibt sich aus den vorgelegten Akten, außerdem wird von der Antragsgegnerin auch nicht bestritten, dass sich der Antragsteller im sog. Kirchenasyl befand. Dieser Umstand war der Antragsgegnerin auch bekannt seit Zugang der entsprechenden Mitteilung des Bevollmächtigten am 5. November 2016 (vgl. Bl. 81 der Bundesamtsakten). In diesem Schreiben des Bevollmächtigten wird auch die Adresse des Antragstellers, unter der er sich im „Kirchenasyl“ aufhielt, mitgeteilt. Zum Zeitpunkt der Verlängerungsentscheidung, am 9. Dezember 2016, war der Antragsgegnerin mithin seit über einem Monat bekannt, dass sich der Antragsteller im sog. Kirchenasyl aufhält und unter welcher Adresse er zu erreichen ist.

In der Rechtsprechung ist anerkannt, dass ein Aufenthalt im sog. Kirchenasyl die Voraussetzungen für eine Fristverlängerung gemäß Art. 29 Abs. 2 Satz 2 Var. 2 Dublin III-Verordnung nicht erfüllt (vgl. nur VG München, U.v. 6.2.2017 - M 9 K 16.50076 - juris Rn. 11; U.v. 23.12.2016 M 1 K 16.50681 juris Rn. 18f. m.w.N.). Denn in diesem Fall fehlt es an der für die in Art. 29 Abs. 2 Satz 2 Dublin III-Verordnung geregelten Fristverlängerungstatbestände vorausgesetzten Unmöglichkeit der Überstellung durch entweder die Inhaftierung oder das Flüchtig-Sein: Ist eine Person inhaftiert oder flüchtig, so ist eine Überstellung unmöglich; die Möglichkeit der Fristverlängerung nach Art. 29 Abs. 2 Satz 2 Dublin III-VO soll als Ausnahme von dem den Fristen des Dublin-Systems zugrunde liegenden Beschleunigungsgrundsatz ein längeres Zuwarten bei der Rücküberstellung ermöglichen, weil ein tatsächliches oder rechtliches Hindernis die Einhaltung der Frist vereitelt. Ein solches Hindernis, das einen vergleichbaren Ausnahmefall rechtfertigen könnte, besteht beim sogenannten Kirchenasyl gerade nicht. Der Staat ist weder rechtlich noch tatsächlich daran gehindert, die Überstellung durchzuführen. Er verzichtet vielmehr bewusst darauf, das Recht durchzusetzen. Es existiert kein Sonderrecht der Kirchen, aufgrund dessen die Behörden bei Aufnahme einer Person in das sog. Kirchenasyl gehindert wären, eine Überstellung durchzuführen und hierzu gegebenenfalls unmittelbaren Zwang anzuwenden. Der Umstand, dass die für die Aufenthaltsbeendigung zuständigen Behörden offenbar davor zurückschrecken, die ihnen zur Verfügung stehenden rechtlichen Möglichkeiten bei Personen im sog. Kirchenasyl auszuschöpfen, also insbesondere auch unmittelbaren Zwang in kirchlichen Räumen anzuwenden, macht die Überstellung nicht unmöglich. Der freiwillige Verzicht auf eine Rücküberstellung im Fall des sog. Kirchenasyls ist nicht anders zu bewerten, als die Fälle, in denen eine Rücküberstellung mangels entsprechender Vollzugskapazitäten oder anderer in der Sphäre des Staates liegender Umstände nicht möglich ist. Eine in der Sphäre des Antragstellers liegendes Hindernis für den Vollzug der Rücküberstellung, wie insbesondere im Fall der Flucht, ist nicht gegeben.

Die Antragsgegnerin hätte nicht, wie geschehen, die Mitteilung des Bevollmächtigten einfach ignorieren dürfen. Vielmehr hat sie sich, obwohl ihr zum Zeitpunkt der Fristverlängerungsentscheidung aktenkundig bekannt war, wo sich der Antragsteller aufhielt, wider besseres Wissen auf die Meldung der Regierung von Oberbayern / ZAB berufen, nach der der Antragsteller nach „unbekannt“ abgemeldet und als untergetaucht behandelt wurde, was aus Sicht der Regierung von Oberbayern / ZAB als zu diesem Zeitpunkt zuständiger Ausländerbehörde auch konsequent war, da diese, anders als die Behörde der Antragsgegnerin, nichts vom sog. Kirchenasyl und der Adresse des Antragstellers in dieser Zeit wusste. Es braucht auch nicht ermittelt werden, ob der Antragsteller tatsächlich in der fraglichen Zeitspanne im sog. Kirchenasyl unter der vom Bevollmächtigten benannten Adresse zu erreichen gewesen wäre. Denn abgesehen davon, dass jeglicher Anhaltspunkt dafür, dass das nicht zutreffend gewesen wäre, fehlt, hat die Behörde der Antragsgegnerin nicht einmal versucht, sich zu vergewissern, ob die benannte Adresse zutrifft. Vor diesem Hintergrund braucht das im Nachhinein nicht mehr näher aufgeklärt werden.

Da somit die Verlängerungsentscheidung der Antragsgegnerin rechtswidrig gewesen ist, verbleibt es bei der ursprünglichen Dauer der Überstellungsfrist bis zum Ablauf des 12. Januar 2017. Die sechsmonatige Frist ist daher im maßgeblichen Zeitpunkt dieser Entscheidung bereits längst abgelaufen. Das Verstreichen der Überstellungsfrist hat gemäß Art. 29 Abs. 2 Dublin III-VO zur Folge, dass der zuständige Mitgliedstaat nicht mehr zur Aufnahme oder Wiederaufnahme der betreffenden Person verpflichtet ist und die Zuständigkeit auf den ersuchenden Mitgliedstaat übergeht. Die Zuständigkeit für die Prüfung des Asylantrags des Antragstellers ist damit auf die Antragsgegnerin übergegangen.

Es liegt neben der soeben aufgezeigten, durch den Ablauf der Überstellungsfrist eingetretenen objektiven Rechtswidrigkeit des streitgegenständlichen Bescheids auch eine subjektive Rechtsverletzung des Antragstellers vor. Der Antragsteller kann sich nämlich auf die mittlerweile eingetretene Zuständigkeit der Antragsgegnerin berufen. Er hat nach materiellem Asylrecht einen Anspruch darauf, dass die nach Art. 29 Abs. 2 Satz 1 Dublin III-VO zuständige Bundesrepublik Deutschland das Asylverfahren durchführt. Dem Antragsteller kann auch nicht eine fortdauernde Aufnahmebereitschaft Spaniens entgegengehalten werden. Denn das Bundesamt hat bereits nicht vorgetragen, dass Spanien den Antragsteller trotz Ablaufs der Überstellungsfrist aufnehmen und das Asylverfahren durchführen wird noch Belege hierfür vorgelegt und auch davon abgesehen bestehen keinerlei Anhaltspunkte dafür (vgl. hierzu OVG NRW, B.v.11.11.2015 – 13 A 1692/15.A –, juris Rn. 6ff.).

Dem Antrag ist daher mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 1 VwGO stattzugeben. Das Verfahren ist nach § 83b AsylG gerichtskostenfrei.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 80 AsylG).

(1) Abweichend von den §§ 3 und 4 sowie 6 bis 7 sind das Zwölfte Buch Sozialgesetzbuch und Teil 2 des Neunten Buches Sozialgesetzbuch auf diejenigen Leistungsberechtigten entsprechend anzuwenden, die sich seit 18 Monaten ohne wesentliche Unterbrechung im Bundesgebiet aufhalten und die Dauer des Aufenthalts nicht rechtsmissbräuchlich selbst beeinflusst haben. Die Sonderregelungen für Auszubildende nach § 22 des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch finden dabei jedoch keine Anwendung auf

1.
Leistungsberechtigte nach § 1 Absatz 1 Nummer 1, 3 und 4 in einer nach den §§ 51, 57 und 58 des Dritten Buches Sozialgesetzbuch dem Grunde nach förderungsfähigen Ausbildung sowie
2.
Leistungsberechtigte nach § 1 Absatz 1 Nummer 3 und 4 in einer nach dem Bundesausbildungsförderungsgesetz dem Grunde nach förderungsfähigen Ausbildung, deren Bedarf sich nach den §§ 12, 13 Absatz 1 in Verbindung mit Absatz 2 Nummer 1 oder nach § 13 Absatz 1 Nummer 1 in Verbindung mit Absatz 2 Nummer 2 des Bundesausbildungsförderungsgesetzes bemisst und die Leistungen nach dem Bundesausbildungsförderungsgesetz erhalten.
Bei Leistungsberechtigten nach § 1 Absatz 1 Nummer 1 in einer nach dem Bundesausbildungsförderungsgesetz dem Grunde nach förderungsfähigen Ausbildung gilt anstelle des § 22 Absatz 1 des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch, dass die zuständige Behörde Leistungen nach dem Dritten oder Vierten Kapitel des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch als Beihilfe oder als Darlehen gewährt. § 28 des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch in Verbindung mit dem Regelbedarfs-Ermittlungsgesetz und den §§ 28a, 40 des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch findet auf Leistungsberechtigte nach Satz 1 mit den Maßgaben entsprechende Anwendung, dass
1.
bei der Unterbringung in einer Gemeinschaftsunterkunft im Sinne von § 53 Absatz 1 des Asylgesetzes oder in einer Aufnahmeeinrichtung nach § 44 Absatz 1 des Asylgesetzes für jede erwachsene Person ein Regelbedarf in Höhe der Regelbedarfsstufe 2 anerkannt wird;
2.
für jede erwachsene Person, die das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet hat, unverheiratet ist und mit mindestens einem Elternteil in einer Wohnung im Sinne von § 8 Absatz 1 Satz 2 des Regelbedarfs-Ermittlungsgesetzes zusammenlebt, ein Regelbedarf in Höhe der Regelbedarfsstufe 3 anerkannt wird.

(2) Bei der Unterbringung von Leistungsberechtigten nach Absatz 1 in einer Gemeinschaftsunterkunft bestimmt die zuständige Behörde die Form der Leistung auf Grund der örtlichen Umstände.

(3) Minderjährige Kinder, die mit ihren Eltern oder einem Elternteil in einer Haushaltsgemeinschaft leben, erhalten Leistungen nach Absatz 1 auch dann, wenn mindestens ein Elternteil in der Haushaltsgemeinschaft Leistungen nach Absatz 1 erhält.

Tenor

I.

Der Bescheid des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge vom 23. Februar 2015 wird aufgehoben.

II.

Die Beklagte hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.

III.

Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht der Kläger vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Tatbestand

Der Kläger ist irakischer Staatsangehöriger kurdischer Volks- und yezidischer Religionszugehörigkeit.

Am ... März 2014 erteilte ihm die spanische Botschaft in Bagdad ein bis 2. Mai 2014 gültiges Visum für die Schengen-Staaten für einen Aufenthalt von 15 Tagen. Der Kläger verließ nach eigenen Angaben am 10. Mai 2014 sein Heimatland und reiste nach I./Türkei. Von dort flog er nach Spanien und reiste über die Niederlande am 10. Juni 2014 in die Bundesrepublik Deutschland ein (jeweils eigene Angaben).

Am 23. Juli 2014 stellte er beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bundesamt) einen Asylantrag. Mit Bescheid der Regierung von O. vom 28. Juli 2014 wurde er ab 31. Juli 2014 dem Landkreis E. zugewiesen. Am 5. August 2014 hörte ihn das Bundesamt zur Bestimmung des zuständigen Mitgliedstaates an.

Auf Ersuchen des Bundesamtes vom 25. September 2014 teilten die spanischen Behörden mit Schreiben vom 30. Oktober 2014 mit, dass Spanien seine Zuständigkeit für den Asylantrag des Klägers aufgrund Art. 12 Abs. 4 der Verordnung (EU) Nr. 604/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates (Dublin lll-VO) anerkenne.

Mit Bescheid vom 23. Februar 2015, dem Kläger zugestellt am 3. März 2015, lehnte das Bundesamt den Asylantrag des Klägers als unzulässig ab (Ziffer 1.) und ordnete die Abschiebung nach Spanien an (Ziffer 2.). Zur Begründung wurde u. a. ausgeführt, der Asylantrag sei gemäß § 27 a AsylVfG unzulässig, da Spanien aufgrund des erteilten Visums gemäß Art. 12 Abs. 4 Dublin lll-VO für die Behandlung des Asylantrags zuständig sei. Außergewöhnliche humanitäre Gründe, die die Bundesrepublik Deutschland veranlassen könnten, ihr Selbsteintrittsrecht gemäß Art. 17 Abs. 1 Dublin lll-VO auszuüben, seien nicht ersichtlich. Der Kläger habe bei der Anhörung am 5. August 2014 keine Gründe geltend gemacht, die gegen eine Überstellung nach Spanien sprächen. Die Anordnung der Abschiebung beruhe auf § 34 a Abs. 1 Satz 1 AsylVfG.

Gegen diesen Bescheid ließ der Kläger durch seinen Bevollmächtigten am 5. März 2015 Klage erheben und beantragen,

den Bescheid des Bundesamts vom 23. Februar 2015 aufzuheben.

Zur Begründung wurde u. a. vorgetragen, das Asyl- und Aufnahmeverfahren in Spanien leide unter Systemmängeln.

Am 11. März 2015 übersandte die Beklagte ihre Behördenakten.

Einen ebenfalls am 5. März 2015 vom Kläger durch seinen Bevollmächtigten gestellten Antrag gemäß § 80 Abs. 5 VwGO, die aufschiebende Wirkung der Klage gegen die Anordnung der Abschiebung nach Spanien anzuordnen, lehnte das Gericht mit Beschluss vom 16. März 2015 (Az. M 2 S 15.50212) ab. Der Beschluss wurde der Beklagten am 20. März 2015 zugestellt. Zur Begründung führte das Gericht insbesondere aus, in Spanien bestünden keine systemischen Mängel des Asylverfahrens und/oder der Aufnahmebedingungen für Asylbewerber. Einen am 23. März 2015 vom Kläger durch seinen Bevollmächtigen gestellten Antrag gemäß § 80 Abs. 7 VwGO, unter Abänderung des Beschlusses vom 16. März 2015 die aufschiebende Wirkung der Klage anzuordnen, lehnte das Gericht mit Beschluss vom 31. März 2015 (Az. M 2 S7 15.50325) ab.

Mit Schriftsatz vom 7. April 2015 legte die Beklagte ein Schreiben des Landratsamts E. (ohne Datum) und ein Schreiben des Bevollmächtigten des Klägers vom 20. März 2015 vor, wonach sich der Kläger seit 20. März 2015 im F.-kloster, St. A.-Str. ..., M. befinde.

Mit Schreiben vom 21. September 2015 gab das Gericht der Beklagten u. a. auf, dem Gericht bis 5. Oktober 2015 mitzuteilen, ob der Kläger zwischenzeitlich nach Spanien überstellt worden sei und/oder Spanien über eine Fristverlängerung nach Art. 29 Abs. 2 Satz 2 Dublin lll-VO informiert worden sei. Die Beklagte hat dieses Schreiben nicht beantwortet.

Mit Beschluss vom 7. Oktober 2015 wurde der Rechtsstreit zur Entscheidung auf den Einzelrichter übertragen.

Mit Schreiben des Bevollmächtigten vom 8. Oktober 2015 verzichtete der Kläger auf mündliche Verhandlung.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird ergänzend auf die Gerichtsakten und die vorgelegte Behördenakte verwiesen.

Gründe

Das Gericht konnte gemäß § 101 Abs. 2 VwGO ohne mündliche Verhandlung entscheiden, weil alle Beteiligten auf mündliche Verhandlung verzichtet haben. Der Kläger hat mit Schriftsatz seines Bevollmächtigten vom 8. Oktober 2015, die Beklagte hat allgemein mit Schreiben an die Präsidentin des Gerichts vom 24. Juni 2015 auf Durchführung einer mündlichen Verhandlung verzichtet. Die Regierung von Oberbayern ist vorliegend zwar aufgrund der generellen Beteiligungserklärungen vom 11. Mai 2015 und vom 18. Mai 2015 gemäß § 63 Nr. 4 VwGO als Vertreter des öffentlichen Interesses Verfahrensbeteiligter. In diesen Erklärungen hat die Regierung von Oberbayern allerdings darum gebeten, ihr ausschließlich die jeweilige Letzt- und Endentscheidung zu übersenden und damit unter anderem auch auf Durchführung einer mündlichen Verhandlung verzichtet.

Für das Gericht ist hinsichtlich der Sach- und Rechtslage der Zeitpunkt der Entscheidung maßgeblich (§ 77 Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 2 AsylG). Insbesondere kommt aufgrund des Asylverfahrensbeschleunigungsgesetzes vom 20. Oktober 2015 das Asylgesetz (AsylG) in der durch das Asylverfahrensbeschleunigungsgesetz geänderten Fassung zur Anwendung.

Die Klage ist zulässig. Insbesondere ist die erhobene Anfechtungsklage statthaft: Nach mittlerweile gefestigter Rechtsprechung ist davon auszugehen, dass statthafte Klageart gegen eine Feststellung nach § 27 a AsylG die Anfechtungsklage ist

(BayVGH, B. v. 20.5.2015 - 11 ZB 14.50036 - juris Rn. 11 m. w. N.; BayVGH, B. v. 11.2.2015 - 13a ZB 15.50005 - juris Rn. 8 ff.; OVG NRW, B. v.16.6.2015 - 13 A 221/15.A-juris Rn. 16 ff.; VGH BW, U. v. 29.4.2015-A 11 S 121/15-juris Rn. 35 ff.).

Die Klage ist auch begründet. Der Bescheid der Beklagten vom 23. Februar 2015 ist im nach § 77 Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 2 AsylG maßgeblichen Zeitpunkt dieser Entscheidung rechtswidrig (sogleich 1.) und verletzt den Kläger in seinen Rechten (sogleich 2.), § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO.

1. Der streitgegenständliche Bescheid ist aufgrund des zwischenzeitlichen Ablaufs der Überstellungsfrist und des hierdurch bedingten Zuständigkeitsübergangs auf die Bundesrepublik Deutschland rechtswidrig geworden (sogleich a)) und kann auch nicht umgedeutet werden (sogleich b)).

a) Nach Art. 29 Abs. 1 Dublin lll-VO erfolgt die Überstellung eines Antragstellers aus dem ersuchenden Mitgliedstaat in den zuständigen Mitgliedstaat gemäß den innerstaatlichen Rechtsvorschriften des ersuchenden Mitgliedstaats nach Abstimmung der beteiligten Mitgliedstaaten, sobald dies praktisch möglich ist und spätestens innerhalb einer Frist von sechs Monaten nach der Annahme des Aufnahme- oder Wiederaufnahmegesuchs durch einen anderen Mitgliedstaat oder der endgültigen Entscheidung über einen Rechtsbehelf oder eine Überprüfung, wenn diese gemäß Art. 27 Abs. 3 Dublin lll-VO aufschiebende Wirkung hat. Wird die Überstellung nicht innerhalb der Frist von sechs Monaten durchgeführt, ist der zuständige Mitgliedstaat nicht mehr zur Aufnahme oder Wiederaufnahme der betreffenden Person verpflichtet und die Zuständigkeit geht auf den ersuchenden Mitgliedstaat über (Art. 29 Abs. 2 Satz 1 Dublin lll-VO). Diese Frist kann höchstens auf eine Jahr verlängert werden, wenn die Überstellung aufgrund der Inhaftierung der betreffenden Person nicht erfolgen konnte, oder höchstens auf achtzehn Monate, wenn die betreffende Person flüchtig ist (Art. 29 Abs. 2 Satz 2 Dublin lll-VO). Daran gemessen ist vorliegend davon auszugehen, dass die Überstellungsfrist zwischenzeitlich abgelaufen ist und hierdurch die Zuständigkeit auf die Beklagte übergegangen ist, wodurch der streitgegenständliche Bescheid rechtswidrig geworden ist:

aa) Nachdem der unanfechtbare Beschluss des Gerichts vom 16. März 2015 über den Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO der Beklagten am 20. März 2015 zugestellt worden war, ist die sechsmonatige Überstellungsfrist des Art. 29 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Satz 1 Dublin lll-VO zwischenzeitlich zweifellos abgelaufen. Dies gilt selbst dann, wenn man wie das erkennende Gericht davon ausgeht, dass die grundsätzlich sechsmonatige Überstellungsfrist des Art. 29 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Dublin lll-VO in Fällen wie dem vorliegenden, in denen ein Antrag des Asylsuchenden auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage gegen die Anordnung der Abschiebung in einen nach der Dublin lll-VO zuständigen Staat gemäß § 80 Abs. 5 VwGO i. V. m. § 34 a Abs. 2 Satz 1 AsylG erfolglos geblieben ist, mit der gerichtlichen Entscheidung über diesen Antrag neu zu laufen beginnt.

bb) Ein Tatbestand, der nach Art. 29 Abs. 2 Satz 2 Dublin lll-VO ausnahmsweise zu einer Verlängerung der Überstellungsfrist führt, liegt nicht vor:

Dies folgt bereits daraus, dass die Beklagte die spanischen Behörden gemäß Art. 29 Abs. 4 Dublin-lll-VO i. V. m. Art. 9 Abs. 2 VO (EG) Nr. 1560/2003 i. d. F. der Durchführungsverordnung (EU) Nr. 118/2014 vom 30. Januar 2014 über die Fristverlängerung vor Ablauf der Sechsmonatsfrist hätte informieren müssen (so auch: VG München, U. v. 4.9.2015 - M 11 K 14.50168 - n. v.; VG München, B. v. 11.3.2015 - M 11 S7 15.50189 - juris Rn. 10). Die Beklagte hat weder vorgetragen, noch gibt es sonst Anhaltspunkte dafür, dass dies geschehen ist. Insbesondere hat die Beklagte das gerichtliche Schreiben vom 21. September 2015, mit dem ihr u. a. aufgegeben worden war mitzuteilen, ob eine solche Information über eine Fristverlängerung nach Art. 29 Abs. 2 Satz 2 Dublin lll-VO erfolgt ist, nicht beantwortet. Es kann daher nicht davon ausgegangen werden, die Beklagte habe die spanischen Stellen rechtzeitig informiert.

Hinzu kommt, dass es auch keine Anhaltspunkte dafür gibt, dass der Kläger inhaftiert oder flüchtig ist oder war. Auch diesbezüglich hat die Beklagte nichts vorgetragen und ist auch sonst nichts für das Gericht ersichtlich geworden. Insbesondere rechtfertigt der Umstand, dass sich der Kläger gemäß der Mitteilung des Bevollmächtigten vom 20. März 2015 im sog. „Kirchenasyl“ befunden haben dürfte, keine Fristverlängerung: Den Behörden war der Aufenthaltsort des Klägers durch die Adressmitteilung des Bevollmächtigten (F.-kloster, St. A.-Str. ..., M.) bekannt, so dass nicht davon ausgegangen werden kann, der Kläger sei über einen erheblichen Zeitraum hinweg aus von ihm zu vertretenden Gründen nicht auffindbar und damit „flüchtig“ gewesen. Die Sachlage bei einer sich im sog. „Kirchenasyl“ befindlichen Person ist auch nicht mit jener vergleichbar, die bei einer inhaftierten oder flüchtigen Person vorliegt. Ist eine Person inhaftiert oder flüchtig, so ist eine Überstellung unmöglich. Das sog. „Kirchenasyl“ führt indes eine solche Unmöglichkeit der Überstellung nicht herbei. Es existiert kein Sonderrecht der Kirchen, aufgrund dessen die Behörden bei Aufnahme einer Person in das sog. „Kirchenasyl“ gehindert wären, eine Überstellung durchzuführen und hierzu soweit erforderlich unmittelbaren Zwang anzuwenden. Der Umstand, dass die für die Aufenthaltsbeendigung zuständigen Behörden wohl davor zurückschrecken, bei einer sich im sog. „Kirchenasyl“ befindlichen Person die ihnen zur Verfügung stehenden rechtlichen Möglichkeiten auszuschöpfen, also insbesondere die Anwendung unmittelbaren Zwangs in kirchlichen Räumen scheuen, macht die Überstellung nicht unmöglich (ebenso VG München, U. v. 4.9.2015 - M 11 K 14.50168 - n. v.). Soweit in der Rechtsprechung verschiedentlich die Auffassung vertreten wird, bei einer im sog. „Kirchenasyl“ befindlichen Person gelte eine Überstellungsfrist von 18 Monaten, weil sich diese bewusst der Ordnung des Staates bzw. der Überstellung entzogen habe (etwa VG Ansbach, B. v. 21.07.2015 - AN 3 S 15.30959 - juris Rn. 31 m. w. N.; VG Saarland, U. v. 6.3.2015 - 3 K 832/14 - juris Rn. 45.; VG Regensburg, U. v. 20.02.2015 - RN 3 K 14.50264 - juris Rn. 56), vermag dem das erkennende Gericht nicht zu folgen: Eine sich ins sog. „Kirchenasyl“ begebende Person entzieht sich nicht der Ordnung des Staates bzw. der Überstellung. Der Staat ist weder tatsächlich noch rechtlich daran gehindert, die Überstellung einer sich im sog. „Kirchenasyl“ befindlichen Person nötigenfalls unter Anwendung unmittelbaren Zwangs durchzusetzen und damit der staatlichen Ordnung Geltung zu verschaffen. Es ist der Staat selbst, der bewusst darauf verzichtet, staatliches Recht durchzusetzen. Dieses Vollzugsdefizit auf Seiten des Staates kann nicht der sich in das sog. „Kirchenasyl“ begebenden Person angelastet werden.

cc) Ist demnach die Überstellungsfrist zwischenzeitlich abgelaufen und hierdurch die Zuständigkeit auf die Beklagte übergegangen, ist der Asylantrag des Klägers nicht mehr nach § 27 a AsylG wegen Unzuständigkeit der Beklagten unzulässig. Folglich kommt auch eine Anordnung der Abschiebung in den ursprünglich zuständigen Mitgliedstaat nach § 34 a AsylG nicht mehr in Betracht. Dass Spanien sich entgegen der europarechtlichen Bestimmungen nicht auf den Fristablauf berufen wird und ausnahmsweise dennoch zur Übernahme der Kläger bereit ist, wurde weder mitgeteilt noch kann hiervon grundsätzlich ausgegangen werden (vgl. BayVGH, B. v. 11.2.2015 - 13a ZB 15.50005 - juris Rn. 4). Eine rein theoretische Überstellungsmöglichkeit, die nicht durch konkrete aussagekräftige und auch eine überschaubare zeitliche Dimension der Überstellung umfassende Fakten untermauert wird, kann nicht genügen. Im Übrigen würde es der Beklagten, der insoweit die Darlegungslast zukommt, obliegen, diese Frage rechtzeitig zu klären und das Ergebnis in das verwaltungsgerichtliche Verfahren einzuführen (vgl. BayVGH, B. v. 1.6.2015 - 11 ZB 15.50090 - juris Rn. 9).

b) Der somit rechtswidrig gewordene streitgegenständliche Bescheid des Bundesamts kann nach inzwischen gefestigter obergerichtlicher Rechtsprechung auch nicht in eine ablehnende Entscheidung nach § 71 a AsylG umgedeutet werden, wie dies teilweise von der Beklagten in anderen Verfahren nach Ablauf der sechsmonatigen Überstellungsfrist vertreten wurde (vgl. z. B. BayVGH, B. v. 18.5.2015-11 ZB 14.50053-juris Rn. 17; B. v. 23.1.2015 - 13a ZB 14.50071 -juris Rn. 8 ff.).

2. Der Kläger ist durch den rechtwidrigen Bescheid auch in seinen Rechten verletzt:

Zwar kann eine Asylbewerber nach gefestigter höchstrichterlicher Rechtsprechung (grundlegend: EuGH, U. v. 21.12.2011 - C-411/10 - juris; BVerwG, B. v. 19.3.2014 - 10 B 6/14 - juris Rn. 7 m. w. N.; dazu: Berlit, jurisPR-BVerwG 12/2014 Anm. 3 - juris; ferner: BVerwG, B. v. 6.6.2014 - 10 B 35/14, juris Rn. 5 m. w. N.; HessVGH, B. v. 25.8.2014 - 2 A 975/14.A-juris Rn. 17 m. w. N.) seiner Überstellung in einen anderen Mitgliedstaat, der als zuständiger Mitgliedstaat der Aufnahme zugestimmt hat, nur mit dem Einwand systemischer Mängel des Asylverfahrens und der Aufnahmebedingungen für Asylbewerber entgegentreten. Die Fristbestimmungen der Dublin Ill-Verordnung richten sich als zwischenstaatliche Regelungen vorrangig an den Mitgliedsstaat und begründen keine subjektiven Rechte der Asylbewerber auf Prüfung des Asylantrags in der Bundesrepublik Deutschland wegen Ablaufs der Überstellungsfrist (OVG SH, B. v. 24.2.2015 - 2 LA 15/15 - juris Rn. 7 m. w. N.).

Die durch den streitgegenständlichen Bescheid verletzte subjektive Rechtsstellung des Klägers ergibt sich aber aus Art. 18 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union sowie Art. 3 Abs. 1 Satz 1 Dublin lll-VO (so auch OVG RhPf, U. v. 5.8.2015-1 A 11020/14-juris Rn. 56 f. m. w. N.). Danach hat der Kläger ein subjektiv-öffentliches Recht auf die Durchführung eines Asylverfahrens und die inhaltliche Prüfung seines Asylbegehrens in einem der Mitgliedstaaten. Dieser Anspruch wird vereitelt, wenn wie vorliegend eine Überstellung in den ursprünglich für die Prüfung des Asylantrags zuständigen Mitgliedstaat - hier also Spanien - nicht erfolgte und nach Ablauf der Überstellungsfrist auch nicht mehr zu erwarten ist, dass eine Überstellung noch erfolgen wird, der Kläger aber wegen Fortbestehens des streitgegenständlichen Bescheids gegenüber der nunmehr objektiv zuständigen Beklagten auch nicht durchsetzen kann, dass diese den bei ihr gestellten Asylantrag inhaltlich prüft. Diese Konstellation führt dazu, dass unter Verletzung der subjektiven Rechte des Klägers dessen Asylbegehren in keinem der Mitgliedstaaten inhaltlich geprüft wird. Dem kann nicht entgegengehalten werden, es sei nicht gänzlich ausgeschlossen, dass der ursprünglich zuständige Mitgliedstaat - hier also Spanien - trotz Ablaufs der Überstellungsfrist weiterhin zur Aufnahme und zur inhaltlichen Prüfung des Asylbegehrens bereit sei. Hierbei handelt es sich um eine rein theoretische Möglichkeit, die nur dann eine hinreichende Gewährleistung der subjektiven Rechte des Klägers darstellen könnte, wenn der ursprünglich zuständige Mitgliedstaat in eindeutiger Weise zu erkennen gibt, dass er alsbald so verfahren werde (vgl. dazu auch OVG RhPf., U. v. 5.8. 2015-1 A 11020/14 - juris Rn. 58 ff. m. w. N.). Vorliegend gibt es indes keinerlei Hinweise darauf, dass Spanien trotz Ablaufs der Überstellungsfrist weiterhin bereit ist, den Kläger aufzunehmen und dessen Asylbegehren inhaltlich zu prüfen (vgl. dazu schon oben unter 1. a) cc)). Ist demnach vorliegend eine inhaltliche Prüfung des Asylbegehrens des Klägers durch Spanien nicht zu erwarten, verletzt der streitgegenständliche Bescheid die Rechte des Klägers, weil er der Durchsetzung einer inhaltlichen Prüfung seines Asylbegehrens durch die Beklagte entgegensteht. Zur Wahrung der subjektiv-öffentlichen Rechte des Klägers ist es deshalb erforderlich, den streitgegenständlichen Bescheid aufzuheben.

Der gemäß § 83 b AsylG gerichtskostenfreien Klage war daher mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 1 VwGO stattzugeben.

Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung beruht auf § 167 Abs. 2 VwGO i. V. m. §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Der Kläger trägt die Kosten des gerichtskostenfreien Verfahrens.

3. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

Der Kläger, syrischer Staatsangehöriger, reiste am 08.09.2016 in die Bundesrepublik Deutschland ein und stellte am 21.10.2016 einen Asylantrag.

Bei der Befragung durch das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bundesamt) zur Bestimmung des zuständigen Mitgliedstaates zur Durchführung des Asylverfahrens am 21.10.2016 in Bamberg erklärte der Kläger, er sei am 04.06.2013 von Syrien aus in die Türkei und von dort aus weiter mit dem Flugzeug nach Ägypten. In Ägypten sei er drei Jahre geblieben. Danach sei er mit einem Boot nach Italien gefahren. In Italien habe er sich zwei bis drei Tage in einem Flüchtlingscamp in aufgehalten. Anschließend sei er über Österreich nach Deutschland eingereist.

Die EURODAC-Abfrage ergab einen Treffer der „Kategorie 2“ () aufgrund einer erkennungsdienstlichen Behandlung des Klägers am 31.08.2016 in Italien.

Am 25.11.2016 richtete die Beklagte ein Übernahmeersuchen nach der Dublin III-VO an Italien, auf das innerhalb der festgesetzten Frist (zwei Monate nach Erhalt des Gesuchs bei einem EURODAC-Treffer der Kategorie 2) keine Antwort einging.

Mit Bescheid des Bundesamts vom 10.02.2017 lehnte die Beklagten den Antrag als unzulässig ab (Ziff. 1) und stellte fest, dass Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und 7 Satz 1 AufenthG nicht vorliegen (Ziff. 2). Es wurde die Abschiebung nach Italien angeordnet (Ziff. 3) und das gesetzliche Einreise- und Aufenthaltsverbot gem. § 11 Abs. 1 AufenthG auf 6 Monate ab dem Tag der Abschiebung befristet (Ziff. 4).

Zur Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt, die Unzulässigkeit des Antrags ergebe sich aus § 29 Abs. 1 Nr. 1 AsylG, da Italien aufgrund des illegalen Aufenthalts gem. § 13 Abs. 1 Dublin III-VO für die Behandlung des Asylantrages zuständig sei. Im Übrigen wird auf die Begründung des Bescheids, die sich vor allem mit dem Nichtvorliegen systemischer Mängel in Italien auseinandersetzt, verwiesen.

Am 15.02.2017 erhob der Kläger zur Niederschrift des Verwaltungsgerichts Bayreuth Klage und beantragte,

  • 1.Der Bescheid des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge vom 10.02.2017, Az.: , wird aufgehoben.

  • 2.Die Beklagte wird verpflichtet, mich als asylberechtigt anzuerkennen bzw. die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen, hilfsweise subsidiären Schutz zu gewähren oder festzustellen, dass Abschiebungsverbote gem. § 60 Abs. 5 und 7 AufenthG vorliegen.

Zur Begründung führte er im Wesentlichen an, er habe sich lediglich drei Tage in Italien aufgehalten. In dieser Zeit habe er sich polizeirechtlich erfassen lassen müssen und Fingerabdrücke abgeben müssen. Einen Asylantrag habe er in Italien nicht gestellt. Er beantrage daher die Durchführung des Asylverfahrens in Deutschland.

Die Beklagte beantragte mit Schreiben vom 23.02.2017,

die Klage abzuweisen.

Zur Begründung bezog sich die Beklagte auf die angefochtene Entscheidung.

Mit Beschluss vom 27.02.2017 lehnte das Verwaltungsgericht Bayreuth unter dem Aktenzeichen B 3 S 17.50036 den Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage ab.

Mit Schriftsatz vom 04.07.2017 zeigte die Bevollmächtigte die anwaltliche Vertretung des Klägers an. Ferner teilte sie mit Schriftsatz vom 24.07.2017 mit, dass sich der Kläger nunmehr im Kirchenasyl bei der evangelisch-lutherischen Pfarrgemeinde in H befinde.

Mit gerichtlichem Schreiben vom 25.07.2017 wurde der Kläger zur beabsichtigten Entscheidung mittels Gerichtsbescheid gehört. Am 14.08.2017 wurde die Klage durch Gerichtsbescheid abgewiesen.

Mit Schriftsatz vom 21.08.2017 hat die Beklagte der zuständigen Behörde in Italien mitgeteilt, dass der Kläger „flüchtig“ sei und die Überstellung nunmehr gemäß Art. 29 Abs. 2 Dublin III-VO bis spätestens 27.08.2018 erfolge.

Die Klägerbevollmächtigte beantrage mit Schriftsatz vom 24.08.2017 die Durchführung der mündlichen Verhandlung. Zur Begründung wurde mit Schriftsätzen vom 24.08.2017 und 17.10.2017 im Wesentlichen ausgeführt, eine Verlängerung der Überstellungsfrist wegen des Aufenthalts im Kirchenasyl sei nicht möglich, da nach anerkannter Rechtsprechung die Voraussetzungen für eine Fristverlängerung gemäß Art. 29 Abs. 2 Satz 2 Dublin III-VO nicht erfüllt seien. Der Beklagten sei der Aufenthalt des Klägers immer bekannt gewesen. Diese habe aber offensichtlich bewusst darauf verzichtet, eine Rückführung durchzuführen, obwohl sie dazu weder rechtlich noch tatsächlich gehindert gewesen wäre. Dieser freiwillige Verzicht auf eine Rückführung sei nicht anders zu bewerten, als die Fälle, in denen eine Rücküberstellung mangels entsprechender Vollzugskapazitäten oder anderer in der Sphäre des Staates liegender Umstände nicht möglich sei. Die Überstellungsfrist habe somit am 27.08.2017 geendet.

Mit Schriftsätzen vom 23.10.2017 bzw. 24.10.2017 wurde dem Gericht mitgeteilt, dass sich der Kläger nunmehr in der Abtei im Kirchenasyl befinde.

Mit Schriftsatz vom 27.10.2017 wies die Klägerbevollmächtigte – unter Bezugnahme auf ein Schreiben des italienischen Innenministeriums vom 12.10.2017 an die Beklagte – darauf hin, dass die Republik Italien den Aufenthalt im Kirchenasyl ebenfalls als rechtmäßig erachte.

Mit Beschluss der Kammer vom 12.10.2017 wurde der Rechtsstreit dem Berichterstatter als Einzelrichter zur Entscheidung übertragen.

Wegen des Verlaufs der mündlichen Verhandlung am 06.11.2017 wird auf die Sitzungsniederschrift Bezug genommen. Wegen weiterer Einzelheiten wird auf die vorgelegte Behördenakte, die Gerichtsakte des Eilverfahrens (B 3 S 17.50036) sowie auf die Gerichtsakte dieses Verfahrens verwiesen (§ 117 Abs. 3 Satz 2 VwGO).

Gründe

I.

Das Gericht konnte über die Klage verhandeln und entscheiden, ohne dass die Beklagte an der mündlichen Verhandlung am 06.11.2017 teilgenommen hat. Auf den Umstand, dass beim Ausbleiben eines Beteiligten auch ohne ihn verhandelt und entschieden werden kann, wurden die Beteiligten bei der Ladung ausdrücklich hingewiesen (§ 102 Abs. 2 VwGO).

II.

Die Klage ist bereits unzulässig, soweit der - zwischenzeitlich anwaltlich vertretene - Kläger „Verpflichtungsanträge“ auf Anerkennung als Asylberechtigter bzw. auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft, hilfsweise auf Zuerkennung des subsidiären Schutzstatus bzw. auf Feststellung von Abschiebungsverboten im Hinblick auf das Herkunftsland (Syrien), gestellt bzw. in der mündlichen Verhandlung am 06.11.2017 die Anträge vom 15.02.2017 weiterhin aufrechterhalten hat. Geht es - wie vorliegend - um das Begehren auf Aufhebung einer Entscheidung über die Unzuständigkeit Deutschlands für die Prüfung eines Asylantrags nach § 29 Abs. 1 Nr. 1 AsylG, ist die Anfechtungsklage die allein statthafte Klageart gegen den Bescheid des Bundesamts vom 10.02.2017 (BVerwG, U.v. 27.10.2015 – 1 C 32.14 – juris; BVerwG, U.v. 14.12.2016 – 1 C 4/16 – juris; BayVGH, U.v. 23.3.2017 – 13a B 17.50003 – juris). Ist die Anfechtungsklage gegen die Unzulässigkeitsentscheidung erfolgreich, wird das Verwaltungsverfahren in den Stand zurückversetzt, in dem es sich vor Erlass der streitgegenständlichen Regelungen befunden hat. Das Bundesamt ist in diesem Fall gemäß §§ 24, 31 AsylG gesetzlich verpflichtet, das Asylverfahren weiterzuführen. Die Aufhebung der Unzulässigkeitsentscheidung führt somit zur weiteren Prüfung der Anträge des Klägers durch die Beklagte und damit zu dem erstrebten Rechtsschutzziel.

Weiterhin hat der Kläger jedoch die Anfechtungsklage gegen den Unzulässigkeitsbescheid mit einem hilfsweisen Verpflichtungsbegehren auf Feststellung nationalen Abschiebungsschutzes zu verbinden, wenn er die Nichtfeststellung von Abschiebungsverboten für fehlerhaft erachtet und in Bezug auf den Abschiebezielstaat (Italien) Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 oder 7 AufenthG sieht (BVerwG, B.v. 3.4.2017 – 1 C 9/16 – juris; Berlit, Anmerkung zum B.v. 3.4.2017 – 1 C 9/16 vom 10.7.2017, jurisPR-BVerwG, 114/2017, Anm. 1 – juris). Für eine unbedingt beantragte klageweise Verpflichtung der Beklagten auf Feststellung von Abschiebungsverboten fehlt dem Kläger hingegen das Rechtsschutzbedürfnis. Zwar ist wegen der Regelung des § 31 Abs. 3 Satz 1 AsylG das Bundesamt auch in den Fällen zur Entscheidung über das Bestehen von Abschiebungsverboten verpflichtet, in welchen es den Asylantrag (hier nach § 29 Abs. 1 Nr. 1 AsylG) für unzulässig erachtet. Aufgrund der gesetzlichen Systematik des § 31 Abs. 3 Satz 1 AsylG kann die Verpflichtung der Beklagten zur Feststellung eines Abschiebungsverbots aber nur für den Fall begehrt werden, dass der Bescheid in Ziffer 1 aufrechterhalten bleibt, also als Hilfsantrag. Denn im Falle der Aufhebung der Unzulässigkeitsentscheidung wird auch eine Feststellung, wonach Abschiebungsverbote nicht vorliegen, kassiert (BVerwG, B.v. 3.4.2017 – 1 C 9/16 – juris; BVerwG, U.v. 1.6.2017 – 1 C 9/17 – juris; vgl. auch VG Ansbach U.v. 6.9.2017 – AN 3 K 17.51126 – juris). Vorliegend wurde aber Verpflichtung der Beklagten auf Feststellung von Abschiebungsverboten nicht für den Fall der erfolglosen Anfechtung der Unzulässigkeitsentscheidung (Ziffer 1 des Bescheides) beantragt, sondern als (weiterer) Hilfsantrag für das – schon unzulässige – Verpflichtungsbegehren in Ziffer 2 des Klageantrags (Verpflichtung auf Anerkennung als Asylberechtigter bzw. auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft).

III.

Soweit die Klage zulässig ist, bleibt sie ebenfalls ohne Erfolg. Der Bescheid vom 10.02.2017 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).

1. Der Asylantrag ist gem. § 29 Abs. 1 Nr. 1a AsylG in Deutschland unzulässig.

Nach § 29 Abs. 1 Nr. 1a AsylG ist ein Asylantrag in Deutschland unzulässig, wenn ein anderer Staat nach Maßgabe der Dublin III-VO für die Durchführung des Asylverfahrens zuständig ist.

a) Vorliegend ist der Kläger von Ägypten aus nach Italien eingereist und wurde am 31.08.2016 in Italien erkennungsdienstlich behandelt. Dies ergibt sich aus dem EURODAC-Treffer der „Kategorie 2“. Damit ist Italien nach Art. 13 Abs. 1 Satz 1 Dublin III-VO für die Durchführung seines Asylverfahrens zuständig.

Da Italien das am 25.11.2016 gestellte Übernahmeersuchen innerhalb der festgesetzten Frist (zwei Monate nach Erhalt des Gesuchs bei einem EURODAC-Treffer der „Kategorie 2“) nicht beantwortet hat, gilt das Übernahmeersuchen gem. Art. 22 Abs. 7 i.V.m. Abs. 1 Dublin III-VO als angenommen und akzeptiert, was die Verpflichtung nach sich zieht, die betreffende Person aufzunehmen.

b) Die Zuständigkeit Italiens ist auch nicht durch Ablauf der Überstellungsfrist wieder entfallen.

aa) Die Überstellungsfrist beträgt nach Art. 29 Abs. 1 und 2 Dublin III-VO sechs Monate ab dem Tag der Annahme des Auf- oder Wiederaufnahmegesuchs durch den anderen Mitgliedsstaat oder der Entscheidung über den Rechtsbehelf, wenn dieser aufschiebende Wirkung hat. Ein Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage gegen eine Abschiebungsanordnung (§ 34a Abs. 1 AsylG) unterbricht den Lauf der Frist für eine Überstellung nach den Regelungen der Dublin III-Verordnung. Mit der Entscheidung des Verwaltungsgerichts über einen solchen Antrag wird die Frist auch dann neu in Lauf gesetzt, wenn – wie hier mit Beschluss vom 27.02.2017 – der Antrag abgelehnt wurde (BVerwG, U.v. 26.5.2016 – 1 C 15/15 – juris; BayVGH, U.v. 29.3.2017 – 15 B 16.50080 – juris).

bb) Zwar ist die Sechs-Monats-Frist am 27.08.2017 um 24 Uhr abgelaufen, die Beklagte hat jedoch mit Schreiben vom 21.08.2017 die Überstellungsfrist gemäß Art. 29 Abs. 2 Satz 2 Dublin III-VO in zulässigerweise auf 18 Monate, also bis zum 27.08.2018, verlängert.

Gemäß Art. 29 Abs. 2 Satz 2 Alt. 2 Dublin III-VO kann die Überstellungsfrist auf höchstens 18 Monate verlängert werden, wenn die betreffende Person flüchtig ist. Die Beklagte hat Italien am 21.08.2017 über die „Flüchtigkeit“ des Klägers und die daraus folgende Unmöglichkeit der Überstellung informiert. Darin liegt auch eine - jedenfalls konkludent getroffene - nach dem Wortlaut von Art. 29 Abs. 2 Satz 2 Dublin III-VO („Die Frist […] kann verlängert werden […]“) erforderliche Entscheidung der Beklagten über die Fristverlängerung (vgl. VG Dresden, U.v. 12.6.2015 – 7 K 2951/14.A – juris sowie VG Ansbach, B.v. 29.8.2017 – AN 14 E 17.50998 – juris und VG Ansbach, B.v. 26.9.2017 – AN 14 E 17.51000 – juris).

Der Kläger ist seit dem 24.07.2017, an dem der illegale Aufenthalt im Kirchenasyl begonnen hat, „flüchtig“ i.S.d. Art. 29 Abs. 2 Satz 2 Alt. 2 Dublin III-VO, so dass die Verlängerung der Überstellungsfrist rechtmäßig erfolgte. Im Lichte von Sinn und Zweck der Vorschrift des Art. 29 Abs. 2 Satz 2 Alt. 2 Dublin III-VO konnte in der vorliegenden Konstellation die Verlängerung der Überstellungfrist erfolgen, weil dadurch vermieden wird (und werden soll), dass sich der Zuständigkeitsübergang durch pflichtwidriges Tun oder Unterlassen des Klägers vollzieht.

Ein Asylbewerber ist bereits dann „flüchtig“, wenn er sich seiner sonst möglichen Überstellung durch sein Nichtdasein bewusst entzieht. Erforderlich ist nicht, dass er seine Wohnung (dauerhaft) verlässt, den Ort wechselt bzw. untertaucht und sich dadurch den Zugriff der Behörden entzieht. Die Formulierung „flüchtig ist“ knüpft nämlich an die Überstellung an. In einem solchen Fall hat nicht der Mitgliedstaat, sondern der Asylbewerber den Ablauf der Frist zu vertreten (vgl. VG Regensburg, U.v. 20.2.2015 – RN 3 K 14.50264 – juris; VG Magdeburg, B.v. 11.12.2014 – 1 B 1196/14 – juris; VG Ansbach, B.v. 29.8.2017 – AN 14 E 17.50998 – juris; VG Ansbach, B.v. 26.9.2017 – AN 14 E 17.51000 – juris).

Aus Sicht des Gerichts ist - zumindest im vorliegenden Einzelfall - der Eintritt ins Kirchenasyl einem „Untertauchen“ in aufenthaltsrechtlicher Hinsicht gleichzusetzen, weil sich der Kläger insoweit der staatlichen Rechtsordnung der Bundesrepublik Deutschland und der Europäischen Union nicht unterordnet, sondern sich dieser bewusst und gerade solange entzieht, bis die Überstellungsfrist nach der Dublin III-VO abgelaufen ist. Dabei ist unerheblich, dass den Behörden der Aufenthalt des Klägers jederzeit bekannt war. Dem Kläger ist nämlich geläufig, dass die bayerischen Ausländerbehörden aufgrund entsprechender Abreden mit den Kirchen und der bereits jahrelangen Praxis gegen vollziehbar ausreisepflichtige Ausländer im Kirchenasyl nicht vorgehen. Aufgrund der politischen Entscheidung zur Respektierung des Kirchenasyls, besteht jedenfalls ein faktisches Vollzugshindernis für die Ausländerbehörden (BayLSG, B.v. 11.11.2016 – L 8 AY 28/16 B ER – juris). Obwohl die Ausländerbehörden rechtlich nicht gehindert sind auch aus dem Kirchenasyl abzuschieben, hat der Kläger de facto die (nahezu) hundertprozentige Sicherheit, dass er während des illegalen Kirchenasyls nicht überstellt wird. Sein Status gegenüber Ausländerbehörde ist damit kein anderer, als der eines „unbekannt“ Untergetauchten, da sich der Kläger ebenfalls vorsätzlich dem Zugriff der Ausländerbehörde entzieht (vgl. auch VG Ansbach, B.v. 7.12.2016 – AN 14 S 16.50339 – juris; VG Bayreuth, GB.v. 7.6.2017– B 3 K 17.50070 –; VG Regensburg, U.v. 20.2.2015 – RN 3 K 14.50364 – juris; VG Augsburg, B.v. 8.10.2014 – Au 7 K 14.30121 – juris; VG Ansbach, U.v. 21.12.2015 – An 3 K 15.50498 – juris; VG Saarland, U.v. 6.3.2015 – 3 K 832/14 – juris; VG Bayreuth, U.v. 7.3.2016 – B 3 K 15.50293 – juris; a.A. beispielsweise VG München, B.v. 6.6.17– M 9 S 17.50290 – juris und VG Hannover, U.v. 31.5.2017 – 10 A 6796/16 – juris).

Dahinstehen kann, ob der „Gang ins Kirchenasyl“ generell die Verlängerung der Überstellungsfrist rechtfertigt. Im vorliegenden Fall kommt jedoch hinzu, dass beim Kläger keinerlei humanitäre Gründe ersichtlich sind, die das Kirchenasyl als „ultima ratio“ rechtfertigen würden. Der Kläger ist jung, gesund und erwerbsfähig. Er ist ledig und kinderlos. Ihm ist in Italien nichts zugestoßen. Die Aufnahme des Klägers in das Kirchenasyl erfüllt daher schon im Ansatz nicht die Kriterien, die Kirchen zur Gewährung des „übergesetzlichen Schutzes“ vorgesehen und mit dem Bundesamt vereinbart haben (vgl. nur http://www.kirchenasyl.de/erstinformation/). Der hiesige Kläger stellt sich vielmehr bewusst und grundlos gegen die deutsche Rechtsordnung. Er hat während des Verfahrens bereits wiederholt versucht, eine Sonderbehandlung zu erreichen (vgl. Bl. 33 ff. der Gerichtsakte). Nachdem diese Versuche gescheitert sind, unterwandert er die Rechtsordnung nunmehr mit dem offensichtlich illegalen Aufenthalt im Kirchenasyl.

Zumindest im vorliegenden Fall hat die Beklage - unter Anwendung des Art. 29 Abs. 2 Satz 2 Alt. 2 Dublin III-VO - die Überstellungsfrist rechtmäßig bis zum 27.08.2018 verlängert. Im Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung ist daher kein Zuständigkeitsübergang auf die Beklagte gegeben.

cc) Letztlich wird noch darauf hingewiesen, dass es für die Rechtmäßigkeit der Verlängerung der Überstellungsfrist völlig unerheblich ist, ob Italien den Eintritt in das Kirchenasyl ebenfalls als Verlängerungsgrund i.S.d. Art. 29 Abs. 2 Satz 2 Alt. 2 Dublin III-VO erachtet. Das Erfordernis der Information des Zielstaates vor Ablauf der Überstellungsfrist folgt aus Art. 9 Abs. 2 Verordnung (EG) Nr. 1560/2003 der Kommission vom 2. September 2003 in der Fassung von Art. 1 Nr. 5 Durchführungsverordnung (EU) Nr. 118/2014 der Kommission vom 30. Januar 2014 i.V.m. Art. 29 Abs. 4 Dublin III-VO. Dem hat die Beklagte mit ihrem Schreiben an die italienischen Behörden genügt. Weitere Voraussetzungen, insbesondere die Zustimmung oder das Einverständnis des Zielstaats, sind gesetzlich nicht vorgesehen.

dd) Die Meldung der Beklagten an Italien vom 21.06.2017 bzgl. der Verlängerung der Überstellungsfrist bis zum 27.08.2018 wegen Nichtanwesenheit des Kläger vom 09.06.2017 bis 20.06.2017 in der zugewiesenen Unterkunft, stellt hingegen keine ordnungsgemäße Verlängerung der Überstellungsfirst dar, da der Kläger im obigen Zeitraum nicht „flüchtig“, sondern - zumindest zeitweise - erlaubt zu einer Familienfeier abwesend war. Dies ist vorliegend aber unerheblich, da die Beklagte jedenfalls aufgrund des Kirchenasyls die Überstellungsfrist am 21.08.2017 rechtzeitig und rechtmäßig bis zum 27.08.2018 verlängert hat.

c) Es liegen auch keine außergewöhnlichen Umstände vor, die die Zuständigkeit der Beklagten nach Art. 3 Abs. 2 Dublin-III-VO begründen oder möglicherweise für ein Selbsteintrittsrecht bzw. eine Selbsteintrittspflicht der Beklagten nach Art. 17 Abs. 1 Dublin III-VO sprechen.

aa) Systemische Mängel des italienischen Asylverfahrens liegen nach Auffassung des Gerichts nicht vor.

Nach dem vom Bundesverfassungsgericht zur Drittstaatenregelung entwickelten „Konzept der normativen Vergewisserung“ ist davon auszugehen, dass in den Mitgliedstaaten der Europäischen Union die Anwendung der Grundrechtecharta, der Genfer Flüchtlingskonvention und der Europäischen Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten – EMRK – sichergestellt ist (vgl. BVerfG, U.v. 14.5.1996 – 2 BvR 1938/93, 2 BvR 2315/93 – juris). Dieses vom Bundesverfassungsgericht entwickelte Konzept steht im Einklang mit dem der Schaffung eines gemeinsamen europäischen Asylsystems zugrundeliegenden Prinzips des gegenseitigen Vertrauens (vgl. EuGH, U.v. 21.12.2011 – Rs. C-411/10 und C-493/10 – juris). Unter diesen Bedingungen muss die nur in Ausnahmefällen widerlegbare Vermutung gelten, dass die Behandlung eines Asylbewerbers bzw. als schutzberechtigt anerkannten Ausländers in jedem einzelnen dieser Staaten im Einklang mit den genannten Rechten steht.

Hiervon kann nur dann nicht ausgegangen werden, wenn sich auf Grund bestimmter Tatsachen aufdrängt, der Ausländer sei von einem Sonderfall betroffen, der von dem Konzept der normativen Vergewisserung bzw. dem Prinzip des gegenseitigen Vertrauens nicht aufgefangen wird (vgl. EuGH, U.v. 10.12.2013 – Rs. C-394/12 – juris, BVerfG, U.v. 14.5.1996 a.a.O.). Den nationalen Gerichten obliegt im Einzelfall die Prüfung, ob ernsthaft zu befürchten ist, dass das Asylverfahren und/oder die Aufnahmebedingungen im zuständigen Mitgliedstaat systemische Mängel aufweisen, die eine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung der an diesem Mitgliedstaat überstellten Personen implizieren (vgl. EuGH, U.v. 21.12.2011 a.a.O.). Die Vermutung ist aber nicht schon bei einzelnen einschlägigen Regelverstößen der zuständigen Mitgliedstaaten widerlegt. An die Feststellung systemischer Mängel sind vielmehr hohe Anforderungen zu stellen. Von systemischen Mängeln ist nur dann auszugehen, wenn das Asylverfahren und/oder die Aufnahmebedingungen aufgrund größerer Funktionsstörungen in dem zuständigen Mitgliedstaat regelhaft so defizitär sind, dass zu erwarten ist, dass im konkret zu entscheidenden Einzelfall mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit eine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung im Sinne von Art. 4 EUGrdRCh bzw. Art. 3 EMRK droht (vgl. BVerwG, B.v. 19.3.2014 – 10 B 6.14 – juris, m.w.N., B.v. 6.6.2014 – 10 B 35/14 – juris). Bei einer zusammenfassenden, qualifizierten – nicht rein quantitativen - Würdigung aller Umstände, die für das Vorliegen solcher Mängel sprechen, muss diesen ein größeres Gewicht als den dagegensprechenden Tatsachen zukommen, d.h. es müssen hinreichend gesicherte Erkenntnisse dazu vorliegen, dass es immer wieder zu den genannten Grundrechtsverletzungen kommt (vgl. VGH BW, U.v. 16.4.2014 – A 11 S 1721/13 – juris).

Gemessen hieran ist in Bezug auf Italien nach dem aktuellen Stand der Erkenntnisse nicht davon auszugehen, dass dem Kläger bei einer Überstellung eine menschenunwürdige Behandlung im vorgenannten Sinne droht (so auch VG Augsburg, B.v. 6.10.2017 – Au 3 S 17.50239 – juris; VG München, B.v. 6.7.2017 – M 9 S 16.51285 – juris; VG Würzburg, B.v. 26.6.2017 – W 8 K 17.50340 – juris; VG München, B.v. 11.1.2017 – M 8 S 16.51193 – juris; VG Düsseldorf, B.v. 18.1.2017 – 12 L 3754/16.A – juris; VG Hamburg, B.v. 8.2.2017 – 9 AE 5887/16 – juris). Es ist nicht ersichtlich, dass in Italien systemische Mängel des Asylverfahrens und/oder der Aufnahmebedingungen vorliegen. Das Gericht schließt sich insoweit der Bewertung des umfangreichen aktuellen Erkenntnismaterials durch verschiedene Obergerichte und den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte an (s. hierzu statt vieler aktuell OVG NW, U.v. 18.7.2016 – 13 A 1859/14.A – juris, m.w.N., U.v. 7.7.2016 – 13 A 2302/15.A – juris). Es mag zwar immer wieder vorkommen, dass Asylsuchende während der Bearbeitung ihres Asylantrags in Italien auf sich alleine gestellt und zum Teil auch obdachlos sind. Dies und auch die zum Teil lange Dauer der Asylverfahren sind darauf zurückzuführen, dass das italienische Asylsystem aufgrund der momentan hohen Asylbewerberzahlen stark ausgelastet und an der Kapazitätsgrenze ist. Die im Bereich der Unterbringung und Versorgung der Asylbewerber weiterhin feststellbaren Mängel und Defizite sind aber weder für sich genommen noch insgesamt als so gravierend zu bewerten, dass ein grundlegendes systemisches Versagen des Mitgliedstaates vorläge, welches für einen „Dublin-Rückkehrer“ nach dem Prognosemaßstab der beachtlichen Wahrscheinlichkeit Rechtsverletzungen im Schutzbereich von Art. 4 EUGrdRCh bzw. Art. 3 EMRK mit dem dafür notwendigen Schweregrad nahelegt. (vgl. OVG NRW, U.v. 18.7.2016 a.a.O). Es ist im Grundsatz davon auszugehen, dass Italien über ein im Wesentlichen ordnungsgemäßes, völker- und unionsrechtskonformes Asyl- und Aufnahmeverfahren verfügt, das trotz einzelner Mängel nicht nur abstrakt, sondern gerade auch unter Würdigung der vor Ort tatsächlich anzutreffenden Rahmenbedingungen prinzipiell funktionsfähig ist und dabei insbesondere sicherstellt, dass der rücküberstellte Asylbewerber im Normalfall nicht mit schwerwiegenden Verstößen und Rechtsbeeinträchtigungen rechnen muss. In Italien bestehen ausdifferenzierte Strukturen zur Aufnahme von Asylbewerbern, auch speziell für „Dublin-Rückkehrer“. Diese befinden sich in staatlicher, in kommunaler, kirchlicher oder privater Trägerschaft und werden zum Teil zentral koordiniert (vgl. VG Ansbach, U.v. 11.12.2015 – AN 14 K 15.50316 – juris, m.w.N.). Das italienische Recht gewährt den Asylsuchenden ab dem Zeitpunkt des Asylantrags Zugang zu Unterbringungsmöglichkeiten. In der Praxis wird zwar der Zugang zu den Aufnahmezentren häufig erst von der formellen Registrierung des Asylantrags abhängig gemacht, so dass hierdurch eine Zeitspanne ohne Unterbringung entstehen kann. Die Behörden sind jedoch darum bemüht, diese zu verringern (vgl. VG Ansbach, U.v. 11.12.2015 a.a.O.). Auch „Dublin-Rückkehrer“ haben bei ihrer Ankunft in Italien nach Kapazität sofort Zugang zu bestimmten Unterkünften. Es ist auch gewährleistet, dass sie nach ihrer Rückkehr ihr ursprüngliches Asylverfahren weiterbetreiben bzw. - wenn sie das noch nicht getan haben - einen Asylantrag oder - falls das Asylverfahren in Italien mit negativem Ergebnis bereits abgeschlossen sein sollte - einen Folgeantrag stellen können (s. OVG NRW, U.v. 19.5.2016 – 13A 516/14.A – juris)

bb) Individuelle, außergewöhnliche humanitäre Gründe, die die Ausübung des Selbsteintrittsrechts nach Art. 17 Abs. 1 Dublin-III-VO notwendig machen könnten, sind nicht ersichtlich.

Der EGMR hat in seiner „Tarakhel“-Entscheidung zwar ausgeführt, dass insbesondere minderjährige Asylbewerber eines besonderen Schutzes bedürften, weil sie besondere Bedürfnisse hätten und extrem verwundbar seien. Das gelte auch, wenn die Kinder von ihren Eltern begleitet würden. Eine Überstellung nach Italien in solchen Fällen verstoße deshalb nur dann nicht gegen Art. 3 EMRK, wenn die italienischen Behörden eine individuelle Garantieerklärung abgeben, wonach die Betroffenen eine Unterkunft erhalten und ihre elementaren Bedürfnisse abgedeckt sind (vgl. EGMR, U.v. 4.11.2014, Nr. 29217/12, Tarakhel ./. Schweiz, juris). Das Bundesverwaltungsgericht hat in seinem Nichtannahmebeschluss vom 17.09.2014 (2 BvR 732/14) festgestellt, dass auf Grund der Grundrechte aus Art. 2 Abs. 2 Satz 1 und Art. 6 Abs. 1 GG im Dublin-System zur Vermeidung erheblicher konkreter Gesundheitsgefahren für neugeborene und Kleinstkinder bis drei Jahren eine ausreichende Versorgung im Zielstaat sicherzustellen ist. Hierzu sei es notwendig, sich mit den Behörden des Zielstaates abzustimmen. Der Kläger fällt aber ersichtlich nicht unter diesen besonders schutzbedürftigen Personenkreis. Eine Ausweitung der „Tarakhel“- Rechtsprechung erscheint auch unter Berücksichtigung der deutschen Grundrechte nicht geboten. Insoweit sind keine Anhaltspunkte ersichtlich, weshalb sich die Lage in Italien soweit verändert haben sollte, dass die Rechtsprechung des BVerfG auszuweiten wäre. Dies widerspräche letztendlich dem Prinzip gegenseitigen Vertrauens, das aus der uneingeschränkten und umfassenden Anwendung der Europäischen Grundrechtecharta und der Genfer Flüchtlingskonvention resultiert (vgl. VG Lüneburg, U.v. 13.12.2016 – 8 A 175/16 – juris; VG Bayreuth, U.v. 2.2.2017 – B 3 K 16.30085).

Der Kläger ist jung und gesund. Es ist nicht annährend ersichtlich, warum er das Asylverfahren nicht in Italien betreiben könnte.

2. Selbst wenn man zugunsten des Klägers davon ausgeht, dass das Begehren auf Verpflichtung der Beklagten, Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und 7 AufenthG im Hinblick auf Italien festzustellen, in prozessual zulässigerweise zum Klagegegenstand gemacht wurde (s.o.), hat der Kläger jedenfalls keinen Anspruch auf Feststellung zielstaatsbezogener Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und 7 Satz 1 AufenthG.

Insbesondere droht dem Kläger keine individuelle Gefahr für Leib oder Leben im Sinne des § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG. Zum einen beruft sich der Kläger weder im Klageverfahren noch im Eilverfahren auf gesundheitliche Einschränkungen. Andererseits ergibt sich auch aus dem in der Behördenakte befindlichen Arztbrief des Klinikums C vom 18.12.2016 kein Krankheitsbild, das einer Überstellung nach Italien entgegenstehen würde. Dem Arztbrief vom 18.12.2016 ist zwar zu entnehmen, dass am 17.12.2016 der Verdacht eines epileptischen Anfalls bestand; im Nachhinein war wohl ein deutlicher Schlaf- und Ernährungsmangel sowie der plötzliche Kontakt mit drei Hunden für das Zusammensacken des Klägers am 17.12.2016 ursächlich. Nachdem der Kläger die Klinik gegen ärztlichen Rat verlassen hat und daher keine weiteren Untersuchungen möglich waren, wird im Arztbrief von einer konvulsiven Synkope, am ehesten vaso-vagaler Genese, im Rahmen einer Angstreaktion ausgegangen. Weitere, über diesen einmaligen Zusammenbruch hinausgehende, Vorfälle sind nicht ersichtlich bzw. attestiert. Für das Gericht ergeben sich keine Anhaltspunkte, dass – sollte es überhaupt nochmal zu einem solchen Vorfall kommen – dieser in Italien nicht ausreichend behandelt werden könnte. Der Kläger leidet daher nicht an einer lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Krankheit, die sich bei einer Abschiebung wesentlich verschlimmern würde (vgl. § 60 Abs. 7 Satz 2 AufenthG). Bei einer Abschiebung nach Italien kann daher nicht von einer erheblichen konkreten Gefahr für Leib oder Leben des Antragstellers im Sinne des § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG ausgegangen werden.

Anhaltspunkte für innerstaatliche Abschiebungsverbote sind weder vorgetragen noch anderweitig ersichtlich.

3. Die Abschiebungsanordnung in Ziffer 3 des Bescheides ist ebenfalls nicht zu beanstanden. Nach § 34a Abs. 1 AsylG wird die Abschiebung ohne das Erfordernis einer vorherigen Androhung und Fristsetzung insbesondere dann angeordnet, wenn der Ausländer in einem für die Durchführung des Asylverfahrens gemäß § 29 Abs. 1 Nr. 1 AsylG zuständigen Staat abgeschoben werden soll, sobald feststeht, dass die Abschiebung durchgeführt werden kann. Dies ist dann der Fall, wenn die Zuständigkeit des anderen Staates gegeben ist und feststeht, dass die Abschiebung in den zuständigen Staat nicht aus anderen Gründen rechtlich unzulässig oder tatsächlich unmöglich ist.

Diese Voraussetzungen liegen hier – wie vorstehend sowie im angefochtenen Bescheid ausgeführt – im Hinblick auf die Abschiebung nach Italien vor.

4. Die Befristung des gesetzlichen Einreise- und Aufenthaltsverbot (§ 11 Abs. 1 AufenthG) beruht auf § 11 Abs. 2 i.V.m. § 75 Nr. 12 AufenthG und begegnet keinen rechtlichen Bedenken.

5. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Gerichtskosten werden nicht erhoben (§ 83b AsylG). Die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung ergibt sich aus § 167 VwGO i.V.m. § 708 ff. ZPO.

(1) Abweichend von den §§ 3 und 4 sowie 6 bis 7 sind das Zwölfte Buch Sozialgesetzbuch und Teil 2 des Neunten Buches Sozialgesetzbuch auf diejenigen Leistungsberechtigten entsprechend anzuwenden, die sich seit 18 Monaten ohne wesentliche Unterbrechung im Bundesgebiet aufhalten und die Dauer des Aufenthalts nicht rechtsmissbräuchlich selbst beeinflusst haben. Die Sonderregelungen für Auszubildende nach § 22 des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch finden dabei jedoch keine Anwendung auf

1.
Leistungsberechtigte nach § 1 Absatz 1 Nummer 1, 3 und 4 in einer nach den §§ 51, 57 und 58 des Dritten Buches Sozialgesetzbuch dem Grunde nach förderungsfähigen Ausbildung sowie
2.
Leistungsberechtigte nach § 1 Absatz 1 Nummer 3 und 4 in einer nach dem Bundesausbildungsförderungsgesetz dem Grunde nach förderungsfähigen Ausbildung, deren Bedarf sich nach den §§ 12, 13 Absatz 1 in Verbindung mit Absatz 2 Nummer 1 oder nach § 13 Absatz 1 Nummer 1 in Verbindung mit Absatz 2 Nummer 2 des Bundesausbildungsförderungsgesetzes bemisst und die Leistungen nach dem Bundesausbildungsförderungsgesetz erhalten.
Bei Leistungsberechtigten nach § 1 Absatz 1 Nummer 1 in einer nach dem Bundesausbildungsförderungsgesetz dem Grunde nach förderungsfähigen Ausbildung gilt anstelle des § 22 Absatz 1 des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch, dass die zuständige Behörde Leistungen nach dem Dritten oder Vierten Kapitel des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch als Beihilfe oder als Darlehen gewährt. § 28 des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch in Verbindung mit dem Regelbedarfs-Ermittlungsgesetz und den §§ 28a, 40 des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch findet auf Leistungsberechtigte nach Satz 1 mit den Maßgaben entsprechende Anwendung, dass
1.
bei der Unterbringung in einer Gemeinschaftsunterkunft im Sinne von § 53 Absatz 1 des Asylgesetzes oder in einer Aufnahmeeinrichtung nach § 44 Absatz 1 des Asylgesetzes für jede erwachsene Person ein Regelbedarf in Höhe der Regelbedarfsstufe 2 anerkannt wird;
2.
für jede erwachsene Person, die das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet hat, unverheiratet ist und mit mindestens einem Elternteil in einer Wohnung im Sinne von § 8 Absatz 1 Satz 2 des Regelbedarfs-Ermittlungsgesetzes zusammenlebt, ein Regelbedarf in Höhe der Regelbedarfsstufe 3 anerkannt wird.

(2) Bei der Unterbringung von Leistungsberechtigten nach Absatz 1 in einer Gemeinschaftsunterkunft bestimmt die zuständige Behörde die Form der Leistung auf Grund der örtlichen Umstände.

(3) Minderjährige Kinder, die mit ihren Eltern oder einem Elternteil in einer Haushaltsgemeinschaft leben, erhalten Leistungen nach Absatz 1 auch dann, wenn mindestens ein Elternteil in der Haushaltsgemeinschaft Leistungen nach Absatz 1 erhält.

(1) Leistungsberechtigte nach § 1 Absatz 1 Nummer 5, für die ein Ausreisetermin und eine Ausreisemöglichkeit feststehen, haben ab dem auf den Ausreisetermin folgenden Tag keinen Anspruch auf Leistungen nach den §§ 2, 3 und 6, es sei denn, die Ausreise konnte aus Gründen, die sie nicht zu vertreten haben, nicht durchgeführt werden. Ihnen werden bis zu ihrer Ausreise oder der Durchführung ihrer Abschiebung nur noch Leistungen zur Deckung ihres Bedarfs an Ernährung und Unterkunft einschließlich Heizung sowie Körper- und Gesundheitspflege gewährt. Nur soweit im Einzelfall besondere Umstände vorliegen, können ihnen auch andere Leistungen im Sinne von § 3 Absatz 1 Satz 1 gewährt werden. Die Leistungen sollen als Sachleistungen erbracht werden.

(2) Leistungsberechtigte nach § 1 Absatz 1 Nummer 4 und 5 und Leistungsberechtigte nach § 1 Absatz 1 Nummer 6, soweit es sich um Familienangehörige der in § 1 Absatz 1 Nummer 4 und 5 genannten Personen handelt, die sich in den Geltungsbereich dieses Gesetzes begeben haben, um Leistungen nach diesem Gesetz zu erlangen, erhalten nur Leistungen entsprechend Absatz 1.

(3) Leistungsberechtigte nach § 1 Absatz 1 Nummer 4 und 5, bei denen aus von ihnen selbst zu vertretenden Gründen aufenthaltsbeendende Maßnahmen nicht vollzogen werden können, erhalten ab dem auf die Vollziehbarkeit einer Abschiebungsandrohung oder Vollziehbarkeit einer Abschiebungsanordnung folgenden Tag nur Leistungen entsprechend Absatz 1. Können bei nach § 1 Absatz 1 Nummer 6 leistungsberechtigten Ehegatten, Lebenspartnern oder minderjährigen Kindern von Leistungsberechtigten nach § 1 Absatz 1 Nummer 4 oder 5 aus von ihnen selbst zu vertretenden Gründen aufenthaltsbeendende Maßnahmen nicht vollzogen werden, so gilt Satz 1 entsprechend.

(4) Leistungsberechtigte nach § 1 Absatz 1 Nummer 1, 1a oder 5, für die in Abweichung von der Regelzuständigkeit nach der Verordnung (EU) Nr. 604/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Juni 2013 zur Festlegung der Kriterien und Verfahren zur Bestimmung des Mitgliedstaats, der für die Prüfung eines von einem Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen in einem Mitgliedstaat gestellten Antrags auf internationalen Schutz zuständig ist (ABl. L 180 vom 29.6.2013, S. 31) nach einer Verteilung durch die Europäische Union ein anderer Mitgliedstaat oder ein am Verteilmechanismus teilnehmender Drittstaat, der die Verordnung (EU) Nr. 604/2013 anwendet, zuständig ist, erhalten ebenfalls nur Leistungen entsprechend Absatz 1. Satz 1 gilt entsprechend für Leistungsberechtigte nach § 1 Absatz 1 Nummer 1 oder 1a, denen bereits von einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union oder von einem am Verteilmechanismus teilnehmenden Drittstaat im Sinne von Satz 1

1.
internationaler Schutz oder
2.
aus anderen Gründen ein Aufenthaltsrecht gewährt worden ist,
wenn der internationale Schutz oder das aus anderen Gründen gewährte Aufenthaltsrecht fortbesteht. Satz 2 Nummer 2 gilt für Leistungsberechtigte nach § 1 Absatz 1 Nummer 5 entsprechend.

(5) Leistungsberechtigte nach § 1 Absatz 1 Nummer 1, 1a oder 7 erhalten nur Leistungen entsprechend Absatz 1, wenn

1.
sie ihrer Pflicht nach § 13 Absatz 3 Satz 3 des Asylgesetzes nicht nachkommen,
2.
sie ihrer Mitwirkungspflicht nach § 15 Absatz 2 Nummer 4 des Asylgesetzes nicht nachkommen,
3.
das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge festgestellt hat, dass sie ihrer Mitwirkungspflicht nach § 15 Absatz 2 Nummer 5 des Asylgesetzes nicht nachkommen,
4.
das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge festgestellt hat, dass sie ihrer Mitwirkungspflicht nach § 15 Absatz 2 Nummer 6 des Asylgesetzes nicht nachkommen,
5.
sie ihrer Mitwirkungspflicht nach § 15 Absatz 2 Nummer 7 des Asylgesetzes nicht nachkommen,
6.
sie den gewährten Termin zur förmlichen Antragstellung bei der zuständigen Außenstelle des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge oder dem Bundesamt für Migration und Flüchtlinge nicht wahrgenommen haben oder
7.
sie den Tatbestand nach § 30 Absatz 3 Nummer 2 zweite Alternative des Asylgesetzes verwirklichen, indem sie Angaben über ihre Identität oder Staatsangehörigkeit verweigern,
es sei denn, sie haben die Verletzung der Mitwirkungspflichten oder die Nichtwahrnehmung des Termins nicht zu vertreten oder ihnen war die Einhaltung der Mitwirkungspflichten oder die Wahrnehmung des Termins aus wichtigen Gründen nicht möglich. Die Anspruchseinschränkung nach Satz 1 endet, sobald sie die fehlende Mitwirkungshandlung erbracht oder den Termin zur förmlichen Antragstellung wahrgenommen haben.

(6) Leistungsberechtigte nach § 1 Absatz 1, die nach Vollendung des 18. Lebensjahres vorsätzlich oder grob fahrlässig Vermögen, das gemäß § 7 Absatz 1 und 5 vor Eintritt von Leistungen nach diesem Gesetz aufzubrauchen ist,

1.
entgegen § 9 Absatz 3 dieses Gesetzes in Verbindung mit § 60 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 des Ersten Buches Sozialgesetzbuch nicht angeben oder
2.
entgegen § 9 Absatz 3 dieses Gesetzes in Verbindung mit § 60 Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 des Ersten Buches Sozialgesetzbuch nicht unverzüglich mitteilen
und deshalb zu Unrecht Leistungen nach diesem Gesetz beziehen, haben nur Anspruch auf Leistungen entsprechend Absatz 1.

(7) Leistungsberechtigte nach § 1 Absatz 1 Nummer 1 oder 5, deren Asylantrag durch eine Entscheidung des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge nach § 29 Absatz 1 Nummer 1 in Verbindung mit § 31 Absatz 6 des Asylgesetzes als unzulässig abgelehnt wurde und für die eine Abschiebung nach § 34a Absatz 1 Satz 1 zweite Alternative des Asylgesetzes angeordnet wurde, erhalten nur Leistungen entsprechend Absatz 1, auch wenn die Entscheidung noch nicht unanfechtbar ist. Satz 1 gilt nicht, sofern ein Gericht die aufschiebende Wirkung der Klage gegen die Abschiebungsanordnung angeordnet hat.

(1) Abweichend von den §§ 3 und 4 sowie 6 bis 7 sind das Zwölfte Buch Sozialgesetzbuch und Teil 2 des Neunten Buches Sozialgesetzbuch auf diejenigen Leistungsberechtigten entsprechend anzuwenden, die sich seit 18 Monaten ohne wesentliche Unterbrechung im Bundesgebiet aufhalten und die Dauer des Aufenthalts nicht rechtsmissbräuchlich selbst beeinflusst haben. Die Sonderregelungen für Auszubildende nach § 22 des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch finden dabei jedoch keine Anwendung auf

1.
Leistungsberechtigte nach § 1 Absatz 1 Nummer 1, 3 und 4 in einer nach den §§ 51, 57 und 58 des Dritten Buches Sozialgesetzbuch dem Grunde nach förderungsfähigen Ausbildung sowie
2.
Leistungsberechtigte nach § 1 Absatz 1 Nummer 3 und 4 in einer nach dem Bundesausbildungsförderungsgesetz dem Grunde nach förderungsfähigen Ausbildung, deren Bedarf sich nach den §§ 12, 13 Absatz 1 in Verbindung mit Absatz 2 Nummer 1 oder nach § 13 Absatz 1 Nummer 1 in Verbindung mit Absatz 2 Nummer 2 des Bundesausbildungsförderungsgesetzes bemisst und die Leistungen nach dem Bundesausbildungsförderungsgesetz erhalten.
Bei Leistungsberechtigten nach § 1 Absatz 1 Nummer 1 in einer nach dem Bundesausbildungsförderungsgesetz dem Grunde nach förderungsfähigen Ausbildung gilt anstelle des § 22 Absatz 1 des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch, dass die zuständige Behörde Leistungen nach dem Dritten oder Vierten Kapitel des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch als Beihilfe oder als Darlehen gewährt. § 28 des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch in Verbindung mit dem Regelbedarfs-Ermittlungsgesetz und den §§ 28a, 40 des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch findet auf Leistungsberechtigte nach Satz 1 mit den Maßgaben entsprechende Anwendung, dass
1.
bei der Unterbringung in einer Gemeinschaftsunterkunft im Sinne von § 53 Absatz 1 des Asylgesetzes oder in einer Aufnahmeeinrichtung nach § 44 Absatz 1 des Asylgesetzes für jede erwachsene Person ein Regelbedarf in Höhe der Regelbedarfsstufe 2 anerkannt wird;
2.
für jede erwachsene Person, die das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet hat, unverheiratet ist und mit mindestens einem Elternteil in einer Wohnung im Sinne von § 8 Absatz 1 Satz 2 des Regelbedarfs-Ermittlungsgesetzes zusammenlebt, ein Regelbedarf in Höhe der Regelbedarfsstufe 3 anerkannt wird.

(2) Bei der Unterbringung von Leistungsberechtigten nach Absatz 1 in einer Gemeinschaftsunterkunft bestimmt die zuständige Behörde die Form der Leistung auf Grund der örtlichen Umstände.

(3) Minderjährige Kinder, die mit ihren Eltern oder einem Elternteil in einer Haushaltsgemeinschaft leben, erhalten Leistungen nach Absatz 1 auch dann, wenn mindestens ein Elternteil in der Haushaltsgemeinschaft Leistungen nach Absatz 1 erhält.

(1) Leistungsberechtigte nach § 1 Absatz 1 Nummer 5, für die ein Ausreisetermin und eine Ausreisemöglichkeit feststehen, haben ab dem auf den Ausreisetermin folgenden Tag keinen Anspruch auf Leistungen nach den §§ 2, 3 und 6, es sei denn, die Ausreise konnte aus Gründen, die sie nicht zu vertreten haben, nicht durchgeführt werden. Ihnen werden bis zu ihrer Ausreise oder der Durchführung ihrer Abschiebung nur noch Leistungen zur Deckung ihres Bedarfs an Ernährung und Unterkunft einschließlich Heizung sowie Körper- und Gesundheitspflege gewährt. Nur soweit im Einzelfall besondere Umstände vorliegen, können ihnen auch andere Leistungen im Sinne von § 3 Absatz 1 Satz 1 gewährt werden. Die Leistungen sollen als Sachleistungen erbracht werden.

(2) Leistungsberechtigte nach § 1 Absatz 1 Nummer 4 und 5 und Leistungsberechtigte nach § 1 Absatz 1 Nummer 6, soweit es sich um Familienangehörige der in § 1 Absatz 1 Nummer 4 und 5 genannten Personen handelt, die sich in den Geltungsbereich dieses Gesetzes begeben haben, um Leistungen nach diesem Gesetz zu erlangen, erhalten nur Leistungen entsprechend Absatz 1.

(3) Leistungsberechtigte nach § 1 Absatz 1 Nummer 4 und 5, bei denen aus von ihnen selbst zu vertretenden Gründen aufenthaltsbeendende Maßnahmen nicht vollzogen werden können, erhalten ab dem auf die Vollziehbarkeit einer Abschiebungsandrohung oder Vollziehbarkeit einer Abschiebungsanordnung folgenden Tag nur Leistungen entsprechend Absatz 1. Können bei nach § 1 Absatz 1 Nummer 6 leistungsberechtigten Ehegatten, Lebenspartnern oder minderjährigen Kindern von Leistungsberechtigten nach § 1 Absatz 1 Nummer 4 oder 5 aus von ihnen selbst zu vertretenden Gründen aufenthaltsbeendende Maßnahmen nicht vollzogen werden, so gilt Satz 1 entsprechend.

(4) Leistungsberechtigte nach § 1 Absatz 1 Nummer 1, 1a oder 5, für die in Abweichung von der Regelzuständigkeit nach der Verordnung (EU) Nr. 604/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Juni 2013 zur Festlegung der Kriterien und Verfahren zur Bestimmung des Mitgliedstaats, der für die Prüfung eines von einem Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen in einem Mitgliedstaat gestellten Antrags auf internationalen Schutz zuständig ist (ABl. L 180 vom 29.6.2013, S. 31) nach einer Verteilung durch die Europäische Union ein anderer Mitgliedstaat oder ein am Verteilmechanismus teilnehmender Drittstaat, der die Verordnung (EU) Nr. 604/2013 anwendet, zuständig ist, erhalten ebenfalls nur Leistungen entsprechend Absatz 1. Satz 1 gilt entsprechend für Leistungsberechtigte nach § 1 Absatz 1 Nummer 1 oder 1a, denen bereits von einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union oder von einem am Verteilmechanismus teilnehmenden Drittstaat im Sinne von Satz 1

1.
internationaler Schutz oder
2.
aus anderen Gründen ein Aufenthaltsrecht gewährt worden ist,
wenn der internationale Schutz oder das aus anderen Gründen gewährte Aufenthaltsrecht fortbesteht. Satz 2 Nummer 2 gilt für Leistungsberechtigte nach § 1 Absatz 1 Nummer 5 entsprechend.

(5) Leistungsberechtigte nach § 1 Absatz 1 Nummer 1, 1a oder 7 erhalten nur Leistungen entsprechend Absatz 1, wenn

1.
sie ihrer Pflicht nach § 13 Absatz 3 Satz 3 des Asylgesetzes nicht nachkommen,
2.
sie ihrer Mitwirkungspflicht nach § 15 Absatz 2 Nummer 4 des Asylgesetzes nicht nachkommen,
3.
das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge festgestellt hat, dass sie ihrer Mitwirkungspflicht nach § 15 Absatz 2 Nummer 5 des Asylgesetzes nicht nachkommen,
4.
das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge festgestellt hat, dass sie ihrer Mitwirkungspflicht nach § 15 Absatz 2 Nummer 6 des Asylgesetzes nicht nachkommen,
5.
sie ihrer Mitwirkungspflicht nach § 15 Absatz 2 Nummer 7 des Asylgesetzes nicht nachkommen,
6.
sie den gewährten Termin zur förmlichen Antragstellung bei der zuständigen Außenstelle des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge oder dem Bundesamt für Migration und Flüchtlinge nicht wahrgenommen haben oder
7.
sie den Tatbestand nach § 30 Absatz 3 Nummer 2 zweite Alternative des Asylgesetzes verwirklichen, indem sie Angaben über ihre Identität oder Staatsangehörigkeit verweigern,
es sei denn, sie haben die Verletzung der Mitwirkungspflichten oder die Nichtwahrnehmung des Termins nicht zu vertreten oder ihnen war die Einhaltung der Mitwirkungspflichten oder die Wahrnehmung des Termins aus wichtigen Gründen nicht möglich. Die Anspruchseinschränkung nach Satz 1 endet, sobald sie die fehlende Mitwirkungshandlung erbracht oder den Termin zur förmlichen Antragstellung wahrgenommen haben.

(6) Leistungsberechtigte nach § 1 Absatz 1, die nach Vollendung des 18. Lebensjahres vorsätzlich oder grob fahrlässig Vermögen, das gemäß § 7 Absatz 1 und 5 vor Eintritt von Leistungen nach diesem Gesetz aufzubrauchen ist,

1.
entgegen § 9 Absatz 3 dieses Gesetzes in Verbindung mit § 60 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 des Ersten Buches Sozialgesetzbuch nicht angeben oder
2.
entgegen § 9 Absatz 3 dieses Gesetzes in Verbindung mit § 60 Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 des Ersten Buches Sozialgesetzbuch nicht unverzüglich mitteilen
und deshalb zu Unrecht Leistungen nach diesem Gesetz beziehen, haben nur Anspruch auf Leistungen entsprechend Absatz 1.

(7) Leistungsberechtigte nach § 1 Absatz 1 Nummer 1 oder 5, deren Asylantrag durch eine Entscheidung des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge nach § 29 Absatz 1 Nummer 1 in Verbindung mit § 31 Absatz 6 des Asylgesetzes als unzulässig abgelehnt wurde und für die eine Abschiebung nach § 34a Absatz 1 Satz 1 zweite Alternative des Asylgesetzes angeordnet wurde, erhalten nur Leistungen entsprechend Absatz 1, auch wenn die Entscheidung noch nicht unanfechtbar ist. Satz 1 gilt nicht, sofern ein Gericht die aufschiebende Wirkung der Klage gegen die Abschiebungsanordnung angeordnet hat.

(1) Abweichend von den §§ 3 und 4 sowie 6 bis 7 sind das Zwölfte Buch Sozialgesetzbuch und Teil 2 des Neunten Buches Sozialgesetzbuch auf diejenigen Leistungsberechtigten entsprechend anzuwenden, die sich seit 18 Monaten ohne wesentliche Unterbrechung im Bundesgebiet aufhalten und die Dauer des Aufenthalts nicht rechtsmissbräuchlich selbst beeinflusst haben. Die Sonderregelungen für Auszubildende nach § 22 des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch finden dabei jedoch keine Anwendung auf

1.
Leistungsberechtigte nach § 1 Absatz 1 Nummer 1, 3 und 4 in einer nach den §§ 51, 57 und 58 des Dritten Buches Sozialgesetzbuch dem Grunde nach förderungsfähigen Ausbildung sowie
2.
Leistungsberechtigte nach § 1 Absatz 1 Nummer 3 und 4 in einer nach dem Bundesausbildungsförderungsgesetz dem Grunde nach förderungsfähigen Ausbildung, deren Bedarf sich nach den §§ 12, 13 Absatz 1 in Verbindung mit Absatz 2 Nummer 1 oder nach § 13 Absatz 1 Nummer 1 in Verbindung mit Absatz 2 Nummer 2 des Bundesausbildungsförderungsgesetzes bemisst und die Leistungen nach dem Bundesausbildungsförderungsgesetz erhalten.
Bei Leistungsberechtigten nach § 1 Absatz 1 Nummer 1 in einer nach dem Bundesausbildungsförderungsgesetz dem Grunde nach förderungsfähigen Ausbildung gilt anstelle des § 22 Absatz 1 des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch, dass die zuständige Behörde Leistungen nach dem Dritten oder Vierten Kapitel des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch als Beihilfe oder als Darlehen gewährt. § 28 des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch in Verbindung mit dem Regelbedarfs-Ermittlungsgesetz und den §§ 28a, 40 des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch findet auf Leistungsberechtigte nach Satz 1 mit den Maßgaben entsprechende Anwendung, dass
1.
bei der Unterbringung in einer Gemeinschaftsunterkunft im Sinne von § 53 Absatz 1 des Asylgesetzes oder in einer Aufnahmeeinrichtung nach § 44 Absatz 1 des Asylgesetzes für jede erwachsene Person ein Regelbedarf in Höhe der Regelbedarfsstufe 2 anerkannt wird;
2.
für jede erwachsene Person, die das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet hat, unverheiratet ist und mit mindestens einem Elternteil in einer Wohnung im Sinne von § 8 Absatz 1 Satz 2 des Regelbedarfs-Ermittlungsgesetzes zusammenlebt, ein Regelbedarf in Höhe der Regelbedarfsstufe 3 anerkannt wird.

(2) Bei der Unterbringung von Leistungsberechtigten nach Absatz 1 in einer Gemeinschaftsunterkunft bestimmt die zuständige Behörde die Form der Leistung auf Grund der örtlichen Umstände.

(3) Minderjährige Kinder, die mit ihren Eltern oder einem Elternteil in einer Haushaltsgemeinschaft leben, erhalten Leistungen nach Absatz 1 auch dann, wenn mindestens ein Elternteil in der Haushaltsgemeinschaft Leistungen nach Absatz 1 erhält.

(1) Leistungsberechtigte nach § 1 Absatz 1 Nummer 5, für die ein Ausreisetermin und eine Ausreisemöglichkeit feststehen, haben ab dem auf den Ausreisetermin folgenden Tag keinen Anspruch auf Leistungen nach den §§ 2, 3 und 6, es sei denn, die Ausreise konnte aus Gründen, die sie nicht zu vertreten haben, nicht durchgeführt werden. Ihnen werden bis zu ihrer Ausreise oder der Durchführung ihrer Abschiebung nur noch Leistungen zur Deckung ihres Bedarfs an Ernährung und Unterkunft einschließlich Heizung sowie Körper- und Gesundheitspflege gewährt. Nur soweit im Einzelfall besondere Umstände vorliegen, können ihnen auch andere Leistungen im Sinne von § 3 Absatz 1 Satz 1 gewährt werden. Die Leistungen sollen als Sachleistungen erbracht werden.

(2) Leistungsberechtigte nach § 1 Absatz 1 Nummer 4 und 5 und Leistungsberechtigte nach § 1 Absatz 1 Nummer 6, soweit es sich um Familienangehörige der in § 1 Absatz 1 Nummer 4 und 5 genannten Personen handelt, die sich in den Geltungsbereich dieses Gesetzes begeben haben, um Leistungen nach diesem Gesetz zu erlangen, erhalten nur Leistungen entsprechend Absatz 1.

(3) Leistungsberechtigte nach § 1 Absatz 1 Nummer 4 und 5, bei denen aus von ihnen selbst zu vertretenden Gründen aufenthaltsbeendende Maßnahmen nicht vollzogen werden können, erhalten ab dem auf die Vollziehbarkeit einer Abschiebungsandrohung oder Vollziehbarkeit einer Abschiebungsanordnung folgenden Tag nur Leistungen entsprechend Absatz 1. Können bei nach § 1 Absatz 1 Nummer 6 leistungsberechtigten Ehegatten, Lebenspartnern oder minderjährigen Kindern von Leistungsberechtigten nach § 1 Absatz 1 Nummer 4 oder 5 aus von ihnen selbst zu vertretenden Gründen aufenthaltsbeendende Maßnahmen nicht vollzogen werden, so gilt Satz 1 entsprechend.

(4) Leistungsberechtigte nach § 1 Absatz 1 Nummer 1, 1a oder 5, für die in Abweichung von der Regelzuständigkeit nach der Verordnung (EU) Nr. 604/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Juni 2013 zur Festlegung der Kriterien und Verfahren zur Bestimmung des Mitgliedstaats, der für die Prüfung eines von einem Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen in einem Mitgliedstaat gestellten Antrags auf internationalen Schutz zuständig ist (ABl. L 180 vom 29.6.2013, S. 31) nach einer Verteilung durch die Europäische Union ein anderer Mitgliedstaat oder ein am Verteilmechanismus teilnehmender Drittstaat, der die Verordnung (EU) Nr. 604/2013 anwendet, zuständig ist, erhalten ebenfalls nur Leistungen entsprechend Absatz 1. Satz 1 gilt entsprechend für Leistungsberechtigte nach § 1 Absatz 1 Nummer 1 oder 1a, denen bereits von einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union oder von einem am Verteilmechanismus teilnehmenden Drittstaat im Sinne von Satz 1

1.
internationaler Schutz oder
2.
aus anderen Gründen ein Aufenthaltsrecht gewährt worden ist,
wenn der internationale Schutz oder das aus anderen Gründen gewährte Aufenthaltsrecht fortbesteht. Satz 2 Nummer 2 gilt für Leistungsberechtigte nach § 1 Absatz 1 Nummer 5 entsprechend.

(5) Leistungsberechtigte nach § 1 Absatz 1 Nummer 1, 1a oder 7 erhalten nur Leistungen entsprechend Absatz 1, wenn

1.
sie ihrer Pflicht nach § 13 Absatz 3 Satz 3 des Asylgesetzes nicht nachkommen,
2.
sie ihrer Mitwirkungspflicht nach § 15 Absatz 2 Nummer 4 des Asylgesetzes nicht nachkommen,
3.
das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge festgestellt hat, dass sie ihrer Mitwirkungspflicht nach § 15 Absatz 2 Nummer 5 des Asylgesetzes nicht nachkommen,
4.
das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge festgestellt hat, dass sie ihrer Mitwirkungspflicht nach § 15 Absatz 2 Nummer 6 des Asylgesetzes nicht nachkommen,
5.
sie ihrer Mitwirkungspflicht nach § 15 Absatz 2 Nummer 7 des Asylgesetzes nicht nachkommen,
6.
sie den gewährten Termin zur förmlichen Antragstellung bei der zuständigen Außenstelle des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge oder dem Bundesamt für Migration und Flüchtlinge nicht wahrgenommen haben oder
7.
sie den Tatbestand nach § 30 Absatz 3 Nummer 2 zweite Alternative des Asylgesetzes verwirklichen, indem sie Angaben über ihre Identität oder Staatsangehörigkeit verweigern,
es sei denn, sie haben die Verletzung der Mitwirkungspflichten oder die Nichtwahrnehmung des Termins nicht zu vertreten oder ihnen war die Einhaltung der Mitwirkungspflichten oder die Wahrnehmung des Termins aus wichtigen Gründen nicht möglich. Die Anspruchseinschränkung nach Satz 1 endet, sobald sie die fehlende Mitwirkungshandlung erbracht oder den Termin zur förmlichen Antragstellung wahrgenommen haben.

(6) Leistungsberechtigte nach § 1 Absatz 1, die nach Vollendung des 18. Lebensjahres vorsätzlich oder grob fahrlässig Vermögen, das gemäß § 7 Absatz 1 und 5 vor Eintritt von Leistungen nach diesem Gesetz aufzubrauchen ist,

1.
entgegen § 9 Absatz 3 dieses Gesetzes in Verbindung mit § 60 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 des Ersten Buches Sozialgesetzbuch nicht angeben oder
2.
entgegen § 9 Absatz 3 dieses Gesetzes in Verbindung mit § 60 Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 des Ersten Buches Sozialgesetzbuch nicht unverzüglich mitteilen
und deshalb zu Unrecht Leistungen nach diesem Gesetz beziehen, haben nur Anspruch auf Leistungen entsprechend Absatz 1.

(7) Leistungsberechtigte nach § 1 Absatz 1 Nummer 1 oder 5, deren Asylantrag durch eine Entscheidung des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge nach § 29 Absatz 1 Nummer 1 in Verbindung mit § 31 Absatz 6 des Asylgesetzes als unzulässig abgelehnt wurde und für die eine Abschiebung nach § 34a Absatz 1 Satz 1 zweite Alternative des Asylgesetzes angeordnet wurde, erhalten nur Leistungen entsprechend Absatz 1, auch wenn die Entscheidung noch nicht unanfechtbar ist. Satz 1 gilt nicht, sofern ein Gericht die aufschiebende Wirkung der Klage gegen die Abschiebungsanordnung angeordnet hat.

(1) Abweichend von den §§ 3 und 4 sowie 6 bis 7 sind das Zwölfte Buch Sozialgesetzbuch und Teil 2 des Neunten Buches Sozialgesetzbuch auf diejenigen Leistungsberechtigten entsprechend anzuwenden, die sich seit 18 Monaten ohne wesentliche Unterbrechung im Bundesgebiet aufhalten und die Dauer des Aufenthalts nicht rechtsmissbräuchlich selbst beeinflusst haben. Die Sonderregelungen für Auszubildende nach § 22 des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch finden dabei jedoch keine Anwendung auf

1.
Leistungsberechtigte nach § 1 Absatz 1 Nummer 1, 3 und 4 in einer nach den §§ 51, 57 und 58 des Dritten Buches Sozialgesetzbuch dem Grunde nach förderungsfähigen Ausbildung sowie
2.
Leistungsberechtigte nach § 1 Absatz 1 Nummer 3 und 4 in einer nach dem Bundesausbildungsförderungsgesetz dem Grunde nach förderungsfähigen Ausbildung, deren Bedarf sich nach den §§ 12, 13 Absatz 1 in Verbindung mit Absatz 2 Nummer 1 oder nach § 13 Absatz 1 Nummer 1 in Verbindung mit Absatz 2 Nummer 2 des Bundesausbildungsförderungsgesetzes bemisst und die Leistungen nach dem Bundesausbildungsförderungsgesetz erhalten.
Bei Leistungsberechtigten nach § 1 Absatz 1 Nummer 1 in einer nach dem Bundesausbildungsförderungsgesetz dem Grunde nach förderungsfähigen Ausbildung gilt anstelle des § 22 Absatz 1 des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch, dass die zuständige Behörde Leistungen nach dem Dritten oder Vierten Kapitel des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch als Beihilfe oder als Darlehen gewährt. § 28 des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch in Verbindung mit dem Regelbedarfs-Ermittlungsgesetz und den §§ 28a, 40 des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch findet auf Leistungsberechtigte nach Satz 1 mit den Maßgaben entsprechende Anwendung, dass
1.
bei der Unterbringung in einer Gemeinschaftsunterkunft im Sinne von § 53 Absatz 1 des Asylgesetzes oder in einer Aufnahmeeinrichtung nach § 44 Absatz 1 des Asylgesetzes für jede erwachsene Person ein Regelbedarf in Höhe der Regelbedarfsstufe 2 anerkannt wird;
2.
für jede erwachsene Person, die das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet hat, unverheiratet ist und mit mindestens einem Elternteil in einer Wohnung im Sinne von § 8 Absatz 1 Satz 2 des Regelbedarfs-Ermittlungsgesetzes zusammenlebt, ein Regelbedarf in Höhe der Regelbedarfsstufe 3 anerkannt wird.

(2) Bei der Unterbringung von Leistungsberechtigten nach Absatz 1 in einer Gemeinschaftsunterkunft bestimmt die zuständige Behörde die Form der Leistung auf Grund der örtlichen Umstände.

(3) Minderjährige Kinder, die mit ihren Eltern oder einem Elternteil in einer Haushaltsgemeinschaft leben, erhalten Leistungen nach Absatz 1 auch dann, wenn mindestens ein Elternteil in der Haushaltsgemeinschaft Leistungen nach Absatz 1 erhält.

(1) Leistungsberechtigte nach § 1 erhalten Leistungen zur Deckung des Bedarfs an Ernährung, Unterkunft, Heizung, Kleidung, Gesundheitspflege und Gebrauchs- und Verbrauchsgütern des Haushalts (notwendiger Bedarf). Zusätzlich werden ihnen Leistungen zur Deckung persönlicher Bedürfnisse des täglichen Lebens gewährt (notwendiger persönlicher Bedarf).

(2) Bei einer Unterbringung in Aufnahmeeinrichtungen im Sinne von § 44 Absatz 1 des Asylgesetzes wird der notwendige Bedarf durch Sachleistungen gedeckt. Kann Kleidung nicht geleistet werden, so kann sie in Form von Wertgutscheinen oder anderen vergleichbaren unbaren Abrechnungen gewährt werden. Gebrauchsgüter des Haushalts können leihweise zur Verfügung gestellt werden. Der notwendige persönliche Bedarf soll durch Sachleistungen gedeckt werden, soweit dies mit vertretbarem Verwaltungsaufwand möglich ist. Sind Sachleistungen für den notwendigen persönlichen Bedarf nicht mit vertretbarem Verwaltungsaufwand möglich, können auch Leistungen in Form von Wertgutscheinen, von anderen vergleichbaren unbaren Abrechnungen oder von Geldleistungen gewährt werden.

(3) Bei einer Unterbringung außerhalb von Aufnahmeeinrichtungen im Sinne des § 44 Absatz 1 des Asylgesetzes sind vorbehaltlich des Satzes 3 vorrangig Geldleistungen zur Deckung des notwendigen Bedarfs zu gewähren. Anstelle der Geldleistungen können, soweit es nach den Umständen erforderlich ist, zur Deckung des notwendigen Bedarfs Leistungen in Form von unbaren Abrechnungen, von Wertgutscheinen oder von Sachleistungen gewährt werden. Der Bedarf für Unterkunft, Heizung und Hausrat sowie für Wohnungsinstandhaltung und Haushaltsenergie wird, soweit notwendig und angemessen, gesondert als Geld- oder Sachleistung erbracht. Absatz 2 Satz 3 ist entsprechend anzuwenden. Der notwendige persönliche Bedarf ist vorbehaltlich des Satzes 6 durch Geldleistungen zu decken. In Gemeinschaftsunterkünften im Sinne von § 53 des Asylgesetzes kann der notwendige persönliche Bedarf soweit wie möglich auch durch Sachleistungen gedeckt werden.

(4) Bedarfe für Bildung und Teilhabe am sozialen und kulturellen Leben in der Gemeinschaft werden bei Kindern, Jugendlichen und jungen Erwachsenen neben den Leistungen nach den Absätzen 1 bis 3 entsprechend den §§ 34, 34a und 34b des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch gesondert berücksichtigt. Die Regelung des § 141 Absatz 5 des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch gilt entsprechend.

(5) Leistungen in Geld oder Geldeswert sollen der oder dem Leistungsberechtigten oder einem volljährigen berechtigten Mitglied des Haushalts persönlich ausgehändigt werden. Stehen die Leistungen nicht für einen vollen Monat zu, wird die Leistung anteilig erbracht; dabei wird der Monat mit 30 Tagen berechnet. Geldleistungen dürfen längstens einen Monat im Voraus erbracht werden. Von Satz 3 kann nicht durch Landesrecht abgewichen werden.

(6) (weggefallen)

(1) Abweichend von den §§ 3 und 4 sowie 6 bis 7 sind das Zwölfte Buch Sozialgesetzbuch und Teil 2 des Neunten Buches Sozialgesetzbuch auf diejenigen Leistungsberechtigten entsprechend anzuwenden, die sich seit 18 Monaten ohne wesentliche Unterbrechung im Bundesgebiet aufhalten und die Dauer des Aufenthalts nicht rechtsmissbräuchlich selbst beeinflusst haben. Die Sonderregelungen für Auszubildende nach § 22 des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch finden dabei jedoch keine Anwendung auf

1.
Leistungsberechtigte nach § 1 Absatz 1 Nummer 1, 3 und 4 in einer nach den §§ 51, 57 und 58 des Dritten Buches Sozialgesetzbuch dem Grunde nach förderungsfähigen Ausbildung sowie
2.
Leistungsberechtigte nach § 1 Absatz 1 Nummer 3 und 4 in einer nach dem Bundesausbildungsförderungsgesetz dem Grunde nach förderungsfähigen Ausbildung, deren Bedarf sich nach den §§ 12, 13 Absatz 1 in Verbindung mit Absatz 2 Nummer 1 oder nach § 13 Absatz 1 Nummer 1 in Verbindung mit Absatz 2 Nummer 2 des Bundesausbildungsförderungsgesetzes bemisst und die Leistungen nach dem Bundesausbildungsförderungsgesetz erhalten.
Bei Leistungsberechtigten nach § 1 Absatz 1 Nummer 1 in einer nach dem Bundesausbildungsförderungsgesetz dem Grunde nach förderungsfähigen Ausbildung gilt anstelle des § 22 Absatz 1 des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch, dass die zuständige Behörde Leistungen nach dem Dritten oder Vierten Kapitel des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch als Beihilfe oder als Darlehen gewährt. § 28 des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch in Verbindung mit dem Regelbedarfs-Ermittlungsgesetz und den §§ 28a, 40 des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch findet auf Leistungsberechtigte nach Satz 1 mit den Maßgaben entsprechende Anwendung, dass
1.
bei der Unterbringung in einer Gemeinschaftsunterkunft im Sinne von § 53 Absatz 1 des Asylgesetzes oder in einer Aufnahmeeinrichtung nach § 44 Absatz 1 des Asylgesetzes für jede erwachsene Person ein Regelbedarf in Höhe der Regelbedarfsstufe 2 anerkannt wird;
2.
für jede erwachsene Person, die das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet hat, unverheiratet ist und mit mindestens einem Elternteil in einer Wohnung im Sinne von § 8 Absatz 1 Satz 2 des Regelbedarfs-Ermittlungsgesetzes zusammenlebt, ein Regelbedarf in Höhe der Regelbedarfsstufe 3 anerkannt wird.

(2) Bei der Unterbringung von Leistungsberechtigten nach Absatz 1 in einer Gemeinschaftsunterkunft bestimmt die zuständige Behörde die Form der Leistung auf Grund der örtlichen Umstände.

(3) Minderjährige Kinder, die mit ihren Eltern oder einem Elternteil in einer Haushaltsgemeinschaft leben, erhalten Leistungen nach Absatz 1 auch dann, wenn mindestens ein Elternteil in der Haushaltsgemeinschaft Leistungen nach Absatz 1 erhält.

(1) Leistungsberechtigte nach § 1 Absatz 1 Nummer 5, für die ein Ausreisetermin und eine Ausreisemöglichkeit feststehen, haben ab dem auf den Ausreisetermin folgenden Tag keinen Anspruch auf Leistungen nach den §§ 2, 3 und 6, es sei denn, die Ausreise konnte aus Gründen, die sie nicht zu vertreten haben, nicht durchgeführt werden. Ihnen werden bis zu ihrer Ausreise oder der Durchführung ihrer Abschiebung nur noch Leistungen zur Deckung ihres Bedarfs an Ernährung und Unterkunft einschließlich Heizung sowie Körper- und Gesundheitspflege gewährt. Nur soweit im Einzelfall besondere Umstände vorliegen, können ihnen auch andere Leistungen im Sinne von § 3 Absatz 1 Satz 1 gewährt werden. Die Leistungen sollen als Sachleistungen erbracht werden.

(2) Leistungsberechtigte nach § 1 Absatz 1 Nummer 4 und 5 und Leistungsberechtigte nach § 1 Absatz 1 Nummer 6, soweit es sich um Familienangehörige der in § 1 Absatz 1 Nummer 4 und 5 genannten Personen handelt, die sich in den Geltungsbereich dieses Gesetzes begeben haben, um Leistungen nach diesem Gesetz zu erlangen, erhalten nur Leistungen entsprechend Absatz 1.

(3) Leistungsberechtigte nach § 1 Absatz 1 Nummer 4 und 5, bei denen aus von ihnen selbst zu vertretenden Gründen aufenthaltsbeendende Maßnahmen nicht vollzogen werden können, erhalten ab dem auf die Vollziehbarkeit einer Abschiebungsandrohung oder Vollziehbarkeit einer Abschiebungsanordnung folgenden Tag nur Leistungen entsprechend Absatz 1. Können bei nach § 1 Absatz 1 Nummer 6 leistungsberechtigten Ehegatten, Lebenspartnern oder minderjährigen Kindern von Leistungsberechtigten nach § 1 Absatz 1 Nummer 4 oder 5 aus von ihnen selbst zu vertretenden Gründen aufenthaltsbeendende Maßnahmen nicht vollzogen werden, so gilt Satz 1 entsprechend.

(4) Leistungsberechtigte nach § 1 Absatz 1 Nummer 1, 1a oder 5, für die in Abweichung von der Regelzuständigkeit nach der Verordnung (EU) Nr. 604/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Juni 2013 zur Festlegung der Kriterien und Verfahren zur Bestimmung des Mitgliedstaats, der für die Prüfung eines von einem Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen in einem Mitgliedstaat gestellten Antrags auf internationalen Schutz zuständig ist (ABl. L 180 vom 29.6.2013, S. 31) nach einer Verteilung durch die Europäische Union ein anderer Mitgliedstaat oder ein am Verteilmechanismus teilnehmender Drittstaat, der die Verordnung (EU) Nr. 604/2013 anwendet, zuständig ist, erhalten ebenfalls nur Leistungen entsprechend Absatz 1. Satz 1 gilt entsprechend für Leistungsberechtigte nach § 1 Absatz 1 Nummer 1 oder 1a, denen bereits von einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union oder von einem am Verteilmechanismus teilnehmenden Drittstaat im Sinne von Satz 1

1.
internationaler Schutz oder
2.
aus anderen Gründen ein Aufenthaltsrecht gewährt worden ist,
wenn der internationale Schutz oder das aus anderen Gründen gewährte Aufenthaltsrecht fortbesteht. Satz 2 Nummer 2 gilt für Leistungsberechtigte nach § 1 Absatz 1 Nummer 5 entsprechend.

(5) Leistungsberechtigte nach § 1 Absatz 1 Nummer 1, 1a oder 7 erhalten nur Leistungen entsprechend Absatz 1, wenn

1.
sie ihrer Pflicht nach § 13 Absatz 3 Satz 3 des Asylgesetzes nicht nachkommen,
2.
sie ihrer Mitwirkungspflicht nach § 15 Absatz 2 Nummer 4 des Asylgesetzes nicht nachkommen,
3.
das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge festgestellt hat, dass sie ihrer Mitwirkungspflicht nach § 15 Absatz 2 Nummer 5 des Asylgesetzes nicht nachkommen,
4.
das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge festgestellt hat, dass sie ihrer Mitwirkungspflicht nach § 15 Absatz 2 Nummer 6 des Asylgesetzes nicht nachkommen,
5.
sie ihrer Mitwirkungspflicht nach § 15 Absatz 2 Nummer 7 des Asylgesetzes nicht nachkommen,
6.
sie den gewährten Termin zur förmlichen Antragstellung bei der zuständigen Außenstelle des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge oder dem Bundesamt für Migration und Flüchtlinge nicht wahrgenommen haben oder
7.
sie den Tatbestand nach § 30 Absatz 3 Nummer 2 zweite Alternative des Asylgesetzes verwirklichen, indem sie Angaben über ihre Identität oder Staatsangehörigkeit verweigern,
es sei denn, sie haben die Verletzung der Mitwirkungspflichten oder die Nichtwahrnehmung des Termins nicht zu vertreten oder ihnen war die Einhaltung der Mitwirkungspflichten oder die Wahrnehmung des Termins aus wichtigen Gründen nicht möglich. Die Anspruchseinschränkung nach Satz 1 endet, sobald sie die fehlende Mitwirkungshandlung erbracht oder den Termin zur förmlichen Antragstellung wahrgenommen haben.

(6) Leistungsberechtigte nach § 1 Absatz 1, die nach Vollendung des 18. Lebensjahres vorsätzlich oder grob fahrlässig Vermögen, das gemäß § 7 Absatz 1 und 5 vor Eintritt von Leistungen nach diesem Gesetz aufzubrauchen ist,

1.
entgegen § 9 Absatz 3 dieses Gesetzes in Verbindung mit § 60 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 des Ersten Buches Sozialgesetzbuch nicht angeben oder
2.
entgegen § 9 Absatz 3 dieses Gesetzes in Verbindung mit § 60 Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 des Ersten Buches Sozialgesetzbuch nicht unverzüglich mitteilen
und deshalb zu Unrecht Leistungen nach diesem Gesetz beziehen, haben nur Anspruch auf Leistungen entsprechend Absatz 1.

(7) Leistungsberechtigte nach § 1 Absatz 1 Nummer 1 oder 5, deren Asylantrag durch eine Entscheidung des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge nach § 29 Absatz 1 Nummer 1 in Verbindung mit § 31 Absatz 6 des Asylgesetzes als unzulässig abgelehnt wurde und für die eine Abschiebung nach § 34a Absatz 1 Satz 1 zweite Alternative des Asylgesetzes angeordnet wurde, erhalten nur Leistungen entsprechend Absatz 1, auch wenn die Entscheidung noch nicht unanfechtbar ist. Satz 1 gilt nicht, sofern ein Gericht die aufschiebende Wirkung der Klage gegen die Abschiebungsanordnung angeordnet hat.

(1) Das Gericht hat im Urteil zu entscheiden, ob und in welchem Umfang die Beteiligten einander Kosten zu erstatten haben. Ist ein Mahnverfahren vorausgegangen (§ 182a), entscheidet das Gericht auch, welcher Beteiligte die Gerichtskosten zu tragen hat. Das Gericht entscheidet auf Antrag durch Beschluß, wenn das Verfahren anders beendet wird.

(2) Kosten sind die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen der Beteiligten.

(3) Die gesetzliche Vergütung eines Rechtsanwalts oder Rechtsbeistands ist stets erstattungsfähig.

(4) Nicht erstattungsfähig sind die Aufwendungen der in § 184 Abs. 1 genannten Gebührenpflichtigen.