Sozialgericht Nürnberg Urteil, 30. Mai 2017 - S 21 P 29/17

bei uns veröffentlicht am30.05.2017
nachgehend
Bayerisches Landessozialgericht, L 4 P 59/17, 23.10.2017

Gericht

Sozialgericht Nürnberg

Tenor

I. Die Klage wird abgewiesen.

II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

Tatbestand

Der Kläger begehrt die Übernahme der Kosten für einen Hausnotruf von der Beklagten.

Der Kläger ist 1928 geboren und bei der Beklagten kranken- und pflegeversichert. Bei dem Kläger ist seit Dezember 2015 eine Pflegestufe 1 anerkannt. Es besteht nach dem Gutachten vom 15.02.2016 ein Hilfebedarf von 84 Minuten in der Grundpflege. Die Alltagskompetenz ist nicht erheblich eingeschränkt. Der Kläger lebt mit seinem Sohn, der auch seine Pflegeperson ist und seiner Ehefrau, die ebenfalls Leistungen aus der sozialen Pflegeversicherung nach der Pflegestufe I bezieht, in häuslicher Gemeinschaft. Der Sohn des Klägers ist nicht berufstätig, sondern pflegt seine Eltern und kümmert sich um die hauswirtschaftliche Versorgung.

Mit Schreiben vom 26.09.2016 stellte der Kläger einen Antrag auf Kostenübernahme für den Hausnotruf des b., welchen der Kläger bereits seit dem 02.08.2016 besitze. Das Hausnotrufsystem soll den Teilnehmern Hilfe im Notfall verschaffen. Ein Hausnotruf braucht im Notfall nur gedrückt zu werden mit der Folge, dass man direkt mit der Hausnotrufzentrale verbunden wird und diese sich um entsprechende Hilfe je nach Situation kümmert. Dies ermöglicht eine schnelle Hilfe auch bei einem Sturz, bei dem der Gestürzte nicht mehr in der Lage ist, das Telefon zu erreichen bzw. ein Handy zu bedienen. Mit Bescheid vom 29.09.2016 lehnte die Beklagte eine Kostenübernahme ab. Für eine Kostenübernahme müssten die folgenden Voraussetzungen erfüllt sein: der Kläger müsse zumindest über weite Teile des Tages alleine leben, mit einem handelsüblichen Telefon kein Hilferuf absetzen können und aufgrund der Krankheitsvorgeschichte müsse jederzeit eine lebensbedrohliche Zustandsverschlechterung zu erwarten sein. Da der Kläger mit seiner Ehepartnerin und seinem Sohn zusammenlebe, sei bereits die erste Voraussetzung nicht erfüllt. Eine Bezuschussung des Hausnotrufs sei daher nicht möglich.

Dagegen legte der Kläger Widerspruch ein mit Schreiben vom 26.10.2016. Der Kläger und seine Ehefrau hätten beide die Pflegestufe 1 und seien ganztags hilfebedürftig. Im Notfall seien Sie nicht in der Lage von einem handelsüblichen Telefon aus einen Hilferuf abzusetzen. Aufgrund der Krankheitsvorgeschichte sei jederzeit mit einem lebensbedrohlichen Zustand zu rechnen. Die Alltagskompetenz der Eltern sei stark eingeschränkt.

Mit Widerspruchsbescheid vom 08.02.2017 lehnte die Beklagte eine Übernahme der Kosten ab. Der Kläger sei nicht allein lebend oder über weite Teile des Tages allein lebend, sondern lebe mit seiner Ehefrau und seinem Sohn zusammen. Es sei jederzeit das Absetzen eines Notrufs mithilfe eines handelsüblichen Telefons möglich. Längere Abwesenheitszeiten des Sohnes des Klägers oder der Ehefrau zum Beispiel durch Ausübung eines Berufes liegen nicht vor. Gelegentliche Abwesenheiten begründeten keinen Anspruch auf Übernahme der Kosten für ein Hausnotrufsystem.

Am 14.07.2014 erhob der Kläger Klage beim Sozialgericht Nürnberg.

Der Kläger beantragt sinngemäß:

Die Kosten für den Hausnotrufdienst des b. seit 02.08.2017 zu übernehmen Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte beruft sich auf ihre Ausführungen im Widerspruchsbescheid.

Der Kammer haben die Verwaltungsvorgänge der Beklagten vorgelegen. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird Bezug genommen auf die Schriftsätze sowie die Verwaltungsvorgänge der Beklagten.

Gründe

Die Klage ist zulässig, aber nicht begründet. Der Kläger ist durch die angefochtenen Bescheide nicht im Sinne von § 54 Abs. 2 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) beschwert, denn dieser sind nicht rechtswidrig. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Übernahme der Kosten für den Hausnotruf.

Die Kammer konnte in der mündlichen Verhandlung vom 30.05.2017 auch in Abwesenheit des Klägers und seines Bevollmächtigten entscheiden, da der Kläger mit Postzustellungsurkunde vom 03.04.2017 ordnungsgemäß geladen war und in der Ladung darauf hingewiesen worden war, dass im Falle eines Ausbleibens ein Urteil nach Lage der Akten ergehen kann (§§ 110 Abs. 1 Satz 2, 126 SGG).

Pflegebedürftige haben Anspruch auf Versorgung mit Pflegehilfsmitteln, die zur Erleichterung der Pflege oder zur Linderung der Beschwerden des Pflegebedürftigen beitragen oder ihm eine selbstständigere Lebensführung ermöglichen, soweit die Hilfsmittel nicht wegen Krankheit oder Behinderung der Krankenversicherung oder anderen zuständigen Leistungsträgern zu leisten sind (§ 40 Abs. 1 S. 1 Elftes Buch Sozialgesetzbuch - SGB XI). Der Hilfsmitteleinsatz kann für ein Verbleiben im häuslichen Bereich vor allem bei solchen Pflegebedürftigen von ausschlaggebender Bedeutung sein, die nicht über eine ständig anwesende Pflegeperson verfügen, sondern ihre Pflege durch externe Pflegepersonen bzw. Pflegesachleistungen sicherstellen. Der Pflegebedürftige soll - zur Vermeidung von Heimpflege - nach dem Grundanliegen des Gesetzgebers grundsätzlich in seiner Wohnung verbleiben können (BSG, Urteile vom 03.11.1999 - B 3 P 3/99 R und vom 11.04.2002 - B 3 P 10/01 R).

Hiervon ausgehend ist die Notwendigkeit einer Versorgung mit einem Hausnotrufsystem im Falle des Klägers zur Überzeugung der Kammer nicht gegeben. Pflegebedürftigkeit des Klägers ist grundsätzlich gegeben; die Beklagte gewährt ihm Leistungen wegen erheblicher Pflegebedürftigkeit nach der Pflegestufe I. Bei einer Hausnotrufanlage handelt es sich um ein technisches Pflegehilfsmittel im Sinne des § 40 Abs. 1 S. 1 SGB XI und nicht nur um einen Gebrauchsgegenstand des täglichen Lebens, der vom Hilfsmittelbegriff nicht umfasst ist. Die Zuständigkeit eines anderen Leistungsträgers ist nicht gegeben; insbesondere ist nicht die Krankenversicherung nach §§ 23 Abs. 1, 27 Abs. 1, 33 SGB V leistungspflichtig, da die dort genannten Voraussetzungen zur Versorgung mit einem Hilfsmittel zu Lasten der gesetzlichen Krankenversicherung nicht erfüllt sind.

Der Kläger lebt jedoch nicht alleine, sondern zusammen mit seiner Ehefrau und seinem Sohn, der auch seine Pflegeperson ist. Dieser ist nicht berufstätig; er pflegt den Kläger und seine Mutter und kümmert sich um den anfallenden Haushalt. Er ist, mit Ausnahmen von kurzzeitigen Abwesenheiten für tägliche Besorgungen, vor Ort, um im Notfall Hilfe zu leisten bzw. telefonisch zu rufen. Anderenfalls ist seine Ehefrau zu Hause. Sollte es zu einem Sturz kommen, so ist der Kläger daher in der Regel nicht alleine. Darüber hinaus kann das Risiko eines unglücklichen Sturzes mit anschließender Hilflosigkeit letztlich jeden Menschen treffen und gehört zum allgemeinen Lebensrisiko (vgl. dazu Landessozialgericht für das Saarland, Urteil vom 09. Juni 2010 - L 2 P 1/09 -, Rn. 24, juris). Entscheidend ist, dass dieses Risiko im Falle des Klägers nicht so hoch ist, dass ohne eine Versorgung mit einem Hausnotrufsystem ein Verbleib in der eigenen Wohnung nicht möglich wäre. Bei der derzeitigen Situation ist nach Auffassung der Kammer auch ohne Versorgung mit einem Hausnotrufsystem ein Verbleib des Klägers in der eigenen Wohnung möglich. Die Klage war daher abzuweisen.

Die Kostenfolge ergibt sich aus § 193 SGG.

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Referenzen - Gesetze

Sozialgericht Nürnberg Urteil, 30. Mai 2017 - S 21 P 29/17 zitiert 6 §§.

Sozialgerichtsgesetz - SGG | § 193


(1) Das Gericht hat im Urteil zu entscheiden, ob und in welchem Umfang die Beteiligten einander Kosten zu erstatten haben. Ist ein Mahnverfahren vorausgegangen (§ 182a), entscheidet das Gericht auch, welcher Beteiligte die Gerichtskosten zu tragen ha

Sozialgesetzbuch (SGB) Fünftes Buch (V) - Gesetzliche Krankenversicherung - (Artikel 1 des Gesetzes v. 20. Dezember 1988, BGBl. I S. 2477) - SGB 5 | § 23 Medizinische Vorsorgeleistungen


(1) Versicherte haben Anspruch auf ärztliche Behandlung und Versorgung mit Arznei-, Verband-, Heil- und Hilfsmitteln, wenn diese notwendig sind, 1. eine Schwächung der Gesundheit, die in absehbarer Zeit voraussichtlich zu einer Krankheit führen würde

Sozialgesetzbuch (SGB) - Elftes Buch (XI) - Soziale Pflegeversicherung (Artikel 1 des Gesetzes vom 26. Mai 1994, BGBl. I S. 1014) - SGB 11 | § 40 Pflegehilfsmittel und wohnumfeldverbessernde Maßnahmen


(1) Pflegebedürftige haben Anspruch auf Versorgung mit Pflegehilfsmitteln, die zur Erleichterung der Pflege oder zur Linderung der Beschwerden des Pflegebedürftigen beitragen oder ihm eine selbständigere Lebensführung ermöglichen, soweit die Hilfsmit

Sozialgerichtsgesetz - SGG | § 110


(1) Der Vorsitzende bestimmt Ort und Zeit der mündlichen Verhandlung und teilt sie den Beteiligten in der Regel zwei Wochen vorher mit. Die Beteiligten sind darauf hinzuweisen, daß im Falle ihres Ausbleibens nach Lage der Akten entschieden werden kan

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(1) Der Vorsitzende bestimmt Ort und Zeit der mündlichen Verhandlung und teilt sie den Beteiligten in der Regel zwei Wochen vorher mit. Die Beteiligten sind darauf hinzuweisen, daß im Falle ihres Ausbleibens nach Lage der Akten entschieden werden kann.

(2) Das Gericht kann Sitzungen auch außerhalb des Gerichtssitzes abhalten, wenn dies zur sachdienlichen Erledigung notwendig ist.

(3) § 227 Abs. 3 Satz 1 der Zivilprozeßordnung ist nicht anzuwenden.

(1) Pflegebedürftige haben Anspruch auf Versorgung mit Pflegehilfsmitteln, die zur Erleichterung der Pflege oder zur Linderung der Beschwerden des Pflegebedürftigen beitragen oder ihm eine selbständigere Lebensführung ermöglichen, soweit die Hilfsmittel nicht wegen Krankheit oder Behinderung von der Krankenversicherung oder anderen zuständigen Leistungsträgern zu leisten sind. Die Pflegekasse kann in geeigneten Fällen die Notwendigkeit der Versorgung mit den beantragten Pflegehilfsmitteln unter Beteiligung einer Pflegefachkraft oder des Medizinischen Dienstes überprüfen lassen. Entscheiden sich Versicherte für eine Ausstattung des Pflegehilfsmittels, die über das Maß des Notwendigen hinausgeht, haben sie die Mehrkosten und die dadurch bedingten Folgekosten selbst zu tragen. § 33 Abs. 6 und 7 des Fünften Buches gilt entsprechend.

(2) Die Aufwendungen der Pflegekassen für zum Verbrauch bestimmte Pflegehilfsmittel dürfen monatlich den Betrag von 40 Euro nicht übersteigen; bis zum 31. Dezember 2021 gilt ein monatlicher Betrag in Höhe von 60 Euro. Die Leistung kann auch in Form einer Kostenerstattung erbracht werden.

(3) Die Pflegekassen sollen technische Pflegehilfsmittel in allen geeigneten Fällen vorrangig leihweise überlassen. Sie können die Bewilligung davon abhängig machen, daß die Pflegebedürftigen sich das Pflegehilfsmittel anpassen oder sich selbst oder die Pflegeperson in seinem Gebrauch ausbilden lassen. Der Anspruch umfaßt auch die notwendige Änderung, Instandsetzung und Ersatzbeschaffung von Pflegehilfsmitteln sowie die Ausbildung in ihrem Gebrauch. Versicherte, die das 18. Lebensjahr vollendet haben, haben zu den Kosten der Pflegehilfsmittel mit Ausnahme der Pflegehilfsmittel nach Absatz 2 eine Zuzahlung von zehn vom Hundert, höchstens jedoch 25 Euro je Pflegehilfsmittel an die abgebende Stelle zu leisten. Zur Vermeidung von Härten kann die Pflegekasse den Versicherten in entsprechender Anwendung des § 62 Abs. 1 Satz 1, 2 und 6 sowie Abs. 2 und 3 des Fünften Buches ganz oder teilweise von der Zuzahlung befreien. Versicherte, die die für sie geltende Belastungsgrenze nach § 62 des Fünften Buches erreicht haben oder unter Berücksichtigung der Zuzahlung nach Satz 4 erreichen, sind hinsichtlich des die Belastungsgrenze überschreitenden Betrags von der Zuzahlung nach diesem Buch befreit. Lehnen Versicherte die leihweise Überlassung eines Pflegehilfsmittels ohne zwingenden Grund ab, haben sie die Kosten des Pflegehilfsmittels in vollem Umfang selbst zu tragen.

(4) Die Pflegekassen können subsidiär finanzielle Zuschüsse für Maßnahmen zur Verbesserung des individuellen Wohnumfeldes des Pflegebedürftigen gewähren, beispielsweise für technische Hilfen im Haushalt, wenn dadurch im Einzelfall die häusliche Pflege ermöglicht oder erheblich erleichtert oder eine möglichst selbständige Lebensführung des Pflegebedürftigen wiederhergestellt wird. Die Zuschüsse dürfen einen Betrag in Höhe von 4 000 Euro je Maßnahme nicht übersteigen. Leben mehrere Pflegebedürftige in einer gemeinsamen Wohnung, dürfen die Zuschüsse für Maßnahmen zur Verbesserung des gemeinsamen Wohnumfeldes einen Betrag in Höhe von 4 000 Euro je Pflegebedürftigem nicht übersteigen. Der Gesamtbetrag je Maßnahme nach Satz 3 ist auf 16 000 Euro begrenzt und wird bei mehr als vier Anspruchsberechtigten anteilig auf die Versicherungsträger der Anspruchsberechtigten aufgeteilt. § 40 Absatz 1 Satz 2 gilt entsprechend.

(5) Für Hilfsmittel und Pflegehilfsmittel, die sowohl den in § 23 und § 33 des Fünften Buches als auch den in Absatz 1 genannten Zwecken dienen können, prüft der Leistungsträger, bei dem die Leistung beantragt wird, ob ein Anspruch gegenüber der Krankenkasse oder der Pflegekasse besteht und entscheidet über die Bewilligung der Hilfsmittel und Pflegehilfsmittel. Zur Gewährleistung einer Absatz 1 Satz 1 entsprechenden Abgrenzung der Leistungsverpflichtungen der gesetzlichen Krankenversicherung und der sozialen Pflegeversicherung werden die Ausgaben für Hilfsmittel und Pflegehilfsmittel zwischen der jeweiligen Krankenkasse und der bei ihr errichteten Pflegekasse in einem bestimmten Verhältnis pauschal aufgeteilt. Der Spitzenverband Bund der Krankenkassen bestimmt in Richtlinien, die erstmals bis zum 30. April 2012 zu beschließen sind, die Hilfsmittel und Pflegehilfsmittel nach Satz 1, das Verhältnis, in dem die Ausgaben aufzuteilen sind, sowie die Einzelheiten zur Umsetzung der Pauschalierung. Er berücksichtigt dabei die bisherigen Ausgaben der Kranken- und Pflegekassen und stellt sicher, dass bei der Aufteilung die Zielsetzung der Vorschriften des Fünften Buches und dieses Buches zur Hilfsmittelversorgung sowie die Belange der Versicherten gewahrt bleiben. Die Richtlinien bedürfen der Genehmigung des Bundesministeriums für Gesundheit und treten am ersten Tag des auf die Genehmigung folgenden Monats in Kraft; die Genehmigung kann mit Auflagen verbunden werden. Die Richtlinien sind für die Kranken- und Pflegekassen verbindlich. Für die nach Satz 3 bestimmten Hilfsmittel und Pflegehilfsmittel richtet sich die Zuzahlung nach den §§ 33, 61 und 62 des Fünften Buches; für die Prüfung des Leistungsanspruchs gilt § 275 Absatz 3 des Fünften Buches. Die Regelungen dieses Absatzes gelten nicht für Ansprüche auf Hilfsmittel oder Pflegehilfsmittel von Pflegebedürftigen, die sich in vollstationärer Pflege befinden, sowie von Pflegebedürftigen nach § 28 Absatz 2.

(6) Pflegefachkräfte können im Rahmen ihrer Leistungserbringung nach § 36, nach den §§ 37 und 37c des Fünften Buches sowie der Beratungseinsätze nach § 37 Absatz 3 konkrete Empfehlungen zur Hilfsmittel- und Pflegehilfsmittelversorgung abgeben. Wird ein Pflegehilfsmittel nach Absatz 1 Satz 1 oder Absatz 5 oder ein Hilfsmittel nach Absatz 5, das den Zielen von Absatz 1 Satz 1 dient, von einer Pflegefachkraft bei der Antragstellung empfohlen, werden unter den in den Richtlinien nach Satz 6 festgelegten Voraussetzungen die Notwendigkeit der Versorgung nach Absatz 1 Satz 2 und die Erforderlichkeit der Versorgung nach § 33 Absatz 1 des Fünften Buches vermutet. Die Empfehlung der Pflegefachkraft darf bei der Antragstellung nicht älter als zwei Wochen sein. Einer ärztlichen Verordnung gemäß § 33 Absatz 5a des Fünften Buches bedarf es bei Vorliegen einer Empfehlung nach Satz 1 nicht. Die Empfehlung der Pflegefachkraft für ein Pflegehilfsmittel oder ein Hilfsmittel, das den Zielen des Absatzes 1 Satz 1 dient, ist der Kranken- oder Pflegekasse zusammen mit dem Antrag des Versicherten in Textform zu übermitteln. Der Spitzenverband Bund der Krankenkassen, zugleich nach § 53 Satz 1 die Aufgaben des Spitzenverbandes Bund der Pflegekassen wahrnehmend, legt bis zum 31. Dezember 2021 in Richtlinien fest, in welchen Fällen und für welche Hilfsmittel und Pflegehilfsmittel nach Satz 2 die Erforderlichkeit oder Notwendigkeit der Versorgung vermutet wird; dabei ist auch festzulegen, über welche Eignung die empfehlende Pflegefachkraft verfügen soll. In den Richtlinien wird auch das Nähere zum Verfahren der Empfehlung durch die versorgende Pflegefachkraft bei Antragstellung festgelegt. Die Bundespflegekammer und die Verbände der Pflegeberufe auf Bundesebene sind an den Richtlinien zu beteiligen. Der Spitzenverband Bund der Krankenkassen, zugleich nach § 53 Satz 1 die Aufgaben des Spitzenverbandes Bund der Pflegekassen wahrnehmend, wird beauftragt, die in den Richtlinien festgelegten Verfahren in fachlicher und wirtschaftlicher Hinsicht unter Beteiligung des Medizinischen Dienstes Bund, der Bundespflegekammer und der Verbände der Pflegeberufe auf Bundesebene zu evaluieren. Ein Bericht über die Ergebnisse der Evaluation ist dem Bundesministerium für Gesundheit bis zum 1. Januar 2025 vorzulegen.

(7) Die Pflegekasse hat über einen Antrag auf Pflegehilfsmittel oder Zuschüsse zu wohnumfeldverbessernden Maßnahmen zügig, spätestens bis zum Ablauf von drei Wochen nach Antragseingang oder in Fällen, in denen eine Pflegefachkraft oder der Medizinische Dienst nach Absatz 1 Satz 2 beteiligt wird, innerhalb von fünf Wochen nach Antragseingang zu entscheiden. Über einen Antrag auf ein Pflegehilfsmittel, das von einer Pflegefachkraft bei der Antragstellung nach Absatz 6 Satz 2 empfohlen wurde, hat die Pflegekasse zügig, spätestens bis zum Ablauf von drei Wochen nach Antragseingang, zu entscheiden. Kann die Pflegekasse die Fristen nach Satz 1 oder Satz 2 nicht einhalten, teilt sie dies den Antragstellern unter Darlegung der Gründe rechtzeitig schriftlich mit. Erfolgt keine Mitteilung eines hinreichenden Grundes, gilt die Leistung nach Ablauf der Frist als genehmigt.

(1) Versicherte haben Anspruch auf ärztliche Behandlung und Versorgung mit Arznei-, Verband-, Heil- und Hilfsmitteln, wenn diese notwendig sind,

1.
eine Schwächung der Gesundheit, die in absehbarer Zeit voraussichtlich zu einer Krankheit führen würde, zu beseitigen,
2.
einer Gefährdung der gesundheitlichen Entwicklung eines Kindes entgegenzuwirken,
3.
Krankheiten zu verhüten oder deren Verschlimmerung zu vermeiden oder
4.
Pflegebedürftigkeit zu vermeiden.

(2) Reichen bei Versicherten die Leistungen nach Absatz 1 nicht aus oder können sie wegen besonderer beruflicher oder familiärer Umstände nicht durchgeführt werden, erbringt die Krankenkasse aus medizinischen Gründen erforderliche ambulante Vorsorgeleistungen in anerkannten Kurorten. Die Satzung der Krankenkasse kann zu den übrigen Kosten die Versicherten im Zusammenhang mit dieser Leistung entstehen, einen Zuschuß von bis zu 16 Euro täglich vorsehen. Bei ambulanten Vorsorgeleistungen für versicherte chronisch kranke Kleinkinder kann der Zuschuss nach Satz 2 auf bis zu 25 Euro erhöht werden.

(3) In den Fällen der Absätze 1 und 2 sind die §§ 31 bis 34 anzuwenden.

(4) Reichen bei Versicherten die Leistungen nach Absatz 1 und 2 nicht aus, erbringt die Krankenkasse Behandlung mit Unterkunft und Verpflegung in einer Vorsorgeeinrichtung, mit der ein Vertrag nach § 111 besteht; für pflegende Angehörige kann die Krankenkasse unter denselben Voraussetzungen Behandlung mit Unterkunft und Verpflegung auch in einer Vorsorgeeinrichtung erbringen, mit der ein Vertrag nach § 111a besteht. Die Krankenkasse führt statistische Erhebungen über Anträge auf Leistungen nach Satz 1 und Absatz 2 sowie deren Erledigung durch.

(5) Die Krankenkasse bestimmt nach den medizinischen Erfordernissen des Einzelfalls unter entsprechender Anwendung des Wunsch- und Wahlrechts der Leistungsberechtigten nach § 8 des Neunten Buches Art, Dauer, Umfang, Beginn und Durchführung der Leistungen nach Absatz 4 sowie die Vorsorgeeinrichtung nach pflichtgemäßem Ermessen; die Krankenkasse berücksichtigt bei ihrer Entscheidung die besonderen Belange pflegender Angehöriger. Leistungen nach Absatz 4 sollen für längstens drei Wochen erbracht werden, es sei denn, eine Verlängerung der Leistung ist aus medizinischen Gründen dringend erforderlich. Satz 2 gilt nicht, soweit der Spitzenverband Bund der Krankenkassen nach Anhörung der für die Wahrnehmung der Interessen der ambulanten und stationären Vorsorgeeinrichtungen auf Bundesebene maßgeblichen Spitzenorganisationen in Leitlinien Indikationen festgelegt und diesen jeweils eine Regeldauer zugeordnet hat; von dieser Regeldauer kann nur abgewichen werden, wenn dies aus dringenden medizinischen Gründen im Einzelfall erforderlich ist. Leistungen nach Absatz 2 können nicht vor Ablauf von drei, Leistungen nach Absatz 4 können nicht vor Ablauf von vier Jahren nach Durchführung solcher oder ähnlicher Leistungen erbracht werden, deren Kosten auf Grund öffentlich-rechtlicher Vorschriften getragen oder bezuschusst worden sind, es sei denn, eine vorzeitige Leistung ist aus medizinischen Gründen dringend erforderlich.

(6) Versicherte, die eine Leistung nach Absatz 4 in Anspruch nehmen und das achtzehnte Lebensjahr vollendet haben, zahlen je Kalendertag den sich nach § 61 Satz 2 ergebenden Betrag an die Einrichtung. Die Zahlung ist an die Krankenkasse weiterzuleiten.

(7) Medizinisch notwendige stationäre Vorsorgemaßnahmen für versicherte Kinder, die das 14. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, sollen in der Regel für vier bis sechs Wochen erbracht werden.

(8) (weggefallen)

(9) (weggefallen)

(1) Das Gericht hat im Urteil zu entscheiden, ob und in welchem Umfang die Beteiligten einander Kosten zu erstatten haben. Ist ein Mahnverfahren vorausgegangen (§ 182a), entscheidet das Gericht auch, welcher Beteiligte die Gerichtskosten zu tragen hat. Das Gericht entscheidet auf Antrag durch Beschluß, wenn das Verfahren anders beendet wird.

(2) Kosten sind die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen der Beteiligten.

(3) Die gesetzliche Vergütung eines Rechtsanwalts oder Rechtsbeistands ist stets erstattungsfähig.

(4) Nicht erstattungsfähig sind die Aufwendungen der in § 184 Abs. 1 genannten Gebührenpflichtigen.