Oberlandesgericht Nürnberg Beschluss, 21. Aug. 2018 - 13 W 1095/18

Gericht
Tenor
1. Die sofortige Beschwerde der Beklagten gegen den Beschluss des Landgerichts Nürnberg-Fürth vom 23. April 2018, Az.: 17 O 3920/13, wird zurückgewiesen.
2. Die Beklagte trägt die Kosten der Beschwerde.
3. Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.
Gründe
I.
(1) Die Beklagte hat dem Sachverständigen im Ablehnungsantrag vom 19. Dezember 2017 (vgl. a.a.O., S. 2 unter 2. und S. 10 unter 19, Bl. 565, 573 d.A.) vorgeworfen, er habe sich „quasi als Aufsichtsorgan“ über das Gericht aufgespielt, als „übergeordnete Instanz“ die Rechtsmeinung des Gerichts bestätigt und sich „zum Richter“ aufgespielt. Es handelt sich hierbei um eine über eine sachliche begründete Kritik am Inhalt des Gutachtens hinausgehende persönliche Vorhaltung, die der Sachverständige aus seiner Sicht als provozierend auffassen konnte. Die Reaktion des Sachverständigen, es handle sich um eine „polemischen Bemerkung“ mag dessen Verärgerung hierüber ausdrücken. Es wäre sicherlich wünschenswert gewesen, dass der Sachverständige, der stets neutral und sachlich auf Nachfragen und Kritik reagieren sollte, auf eine solche Bemerkung verzichtet hätte. Eine unangemessene Überreaktion des Sachverständigen kann angesichts der an ihm geübten schweren Kritik darin jedoch (noch) nicht gesehen werden.
(2) Die Beklagte rügt weiter, dass der Sachverständige auf Seite 6 seiner Stellungnahme vom 19. Dezember 2017 zu Nr. 14 und 15 des ersten Ablehnungsgesuchs ausgeführt habe, die Vorhaltung des Beklagtenvertreters sei zudem „abstrakt und sachlich inhaltslos und völlig unkorrekt“. Die Beklagte zitiert den Sachverständigen schon nicht vollständig zutreffend. Tatsächlich hat der Sachverständige die Ausführung der Beklagten als „völlig unkonkret“ bezeichnet (vgl. Stellungnahme, a.a.O., S. 6, Bl. 568 d.A.), was wesentlich vortrags- und sachbezogener ist, als wenn der Sachverständige das Vorbringen der Beklagten als „völlig unkorrekt“ bezeichnet hätte. Diese sowie die weiteren Wertungen des Sachverständigen bewegen sich noch im Rahmen adäquater Reaktion auf die gegen ihn erhobenen Vorwürfe. Der Sachverständige ... hätte überdies ein etwaiges Misstrauen der Beklagten dadurch wieder ausgeräumt (vgl. hierzu OLG Frankfurt, Beschluss vom 17. November 2016, BeckRS 2016, 20685), dass er in seiner weiteren Stellungnahme vom 5. Februar 2018 (Bl. 618 d.A.) nachvollziehbar klargestellt hat, dass sich das Wort „unkonkret“ darauf bezogen habe, dass der Beklagtenvertreter in seinem ersten Befangenheitsantrag nicht konkret ausgeführt habe, was seiner Ansicht nach anders oder mehr geschuldet gewesen sei, er sei allgemein geblieben.
(3) Die angegriffene Äußerung des Sachverständigen auf Seite 7 seiner Stellungnahme vom 19. Dezember 2017 zu Nr. 20 des (ersten) Ablehnungsantrags, die Einlassung des Beklagtenvertreters erscheine „befremdlich“ und gebe Anlass zur Vermutung, dass dieser den kritisierten Abschnitt 4.1.3 nicht gelesen oder verstanden habe, ist die Reaktion darauf, dass die Beklagte dem Sachverständigen vorgeworfen hat, er habe „ungefragt“ die Auslegung einer Rechtsnorm vorgenommen. Zwar sollte der Sachverständige auf Kritik und Kommentare stets neutral und sachlich reagieren, auch wenn dies nicht immer leicht sein mag. Obwohl die beanstandete Reaktion in unnötiger Weise polemisch und ironisch ist, beinhaltet sie keine sprachliche Entgleisung, welche die Besorgnis der Befangenheit begründen würde. Überdies hat der Sachverständige seine Äußerung in der weiteren Stellungnahme vom 5. Februar 2018 abgeschwächt und erwidert, er habe sich möglicherweise auch missverständlich ausgedrückt, so dass es auch nicht „verstanden“ worden sei (vgl. Stellungnahme, a.a.O., S. 3, Bl. 618 d.A.). Hierdurch hätte er ein unterstelltes Misstrauen der Beklagten aufgrund seiner vorherigen Äußerungen wieder ausgeräumt.
(4) Soweit der Sachverständige auf Seite 9 seiner Stellungnahme zu Nrn. 25 ff. des Ablehnungsgesuchs ausführt hat, das könne eigentlich nur „mutwillig missverstanden“ werden und dass die Einlassung des Beklagtenvertreters, es sei nicht Sache des Sachverständigen eine entsprechende Rechtsbewertung vorzunehmen, als „Stimmungsmache“ gegen das Gutachten anmute, ist sicherlich eine ebenfalls überflüssige und scharfe Reaktion auf die gegen den Sachverständigen erhobenen Vorwürfe. Sie kann aber (noch) nicht als herabwürdigend angesehen werden.
(5) Soweit die Beklagte weitere Äußerungen des Sachverständigen gegen ihren Prozessbevollmächtigten, wie „Der Beklagtenvertreter möge dazu Abschnitt 3.1.5 des Gutachtens lesen.“, „Gemeint ist mit Umfang - was aus dem Sinnzusammenhang leicht erkennbar ist (...)“ oder „Zudem hätte der Verordnungsgeber - wie dem Beklagtenvertreter bekannt und nachvollziehbar sein wird (...)“ beanstandet, mögen diese als despektierlich gegenüber dem Beklagtenvertreter angesehen werden, sie beinhalten aber ebenfalls keine sprachliche Entgleisung.
II.

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(1) Ein Sachverständiger kann aus denselben Gründen, die zur Ablehnung eines Richters berechtigen, abgelehnt werden. Ein Ablehnungsgrund kann jedoch nicht daraus entnommen werden, dass der Sachverständige als Zeuge vernommen worden ist.
(2) Der Ablehnungsantrag ist bei dem Gericht oder Richter, von dem der Sachverständige ernannt ist, vor seiner Vernehmung zu stellen, spätestens jedoch binnen zwei Wochen nach Verkündung oder Zustellung des Beschlusses über die Ernennung. Zu einem späteren Zeitpunkt ist die Ablehnung nur zulässig, wenn der Antragsteller glaubhaft macht, dass er ohne sein Verschulden verhindert war, den Ablehnungsgrund früher geltend zu machen. Der Antrag kann vor der Geschäftsstelle zu Protokoll erklärt werden.
(3) Der Ablehnungsgrund ist glaubhaft zu machen; zur Versicherung an Eides statt darf die Partei nicht zugelassen werden.
(4) Die Entscheidung ergeht von dem im zweiten Absatz bezeichneten Gericht oder Richter durch Beschluss.
(5) Gegen den Beschluss, durch den die Ablehnung für begründet erklärt wird, findet kein Rechtsmittel, gegen den Beschluss, durch den sie für unbegründet erklärt wird, findet sofortige Beschwerde statt.
(1) Ein Richter kann sowohl in den Fällen, in denen er von der Ausübung des Richteramts kraft Gesetzes ausgeschlossen ist, als auch wegen Besorgnis der Befangenheit abgelehnt werden.
(2) Wegen Besorgnis der Befangenheit findet die Ablehnung statt, wenn ein Grund vorliegt, der geeignet ist, Misstrauen gegen die Unparteilichkeit eines Richters zu rechtfertigen.
(3) Das Ablehnungsrecht steht in jedem Fall beiden Parteien zu.
(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat.
(2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vorbringens obsiegt, das sie in einem früheren Rechtszug geltend zu machen imstande war.
(3) (weggefallen)