Oberlandesgericht München Endurteil, 04. Nov. 2016 - 10 U 2408/16

Gericht
Tenor
1. Auf die Berufung der Beklagten vom 01.06.2016 wird das Endurteil des LG München I
I.
Die Beklagten werden verurteilt, samtverbindlich an den Kläger weitere 1.863,54 € nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 03.06.2014 sowie weitere vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten in Höhe von 157,80 € nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 03.06.2014 zu bezahlen. Der Beklagte zu 1) wird darüber hinaus verurteilt, an den Kläger Zinsen aus 2.021,34 € in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz für die Zeit vom 01.06.2014 bis zum 02.06.2014 zu bezahlen.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
II.
Von den Kosten des Rechtsstreits (erster Instanz) tragen der Kläger 82% und die Beklagten samtverbindlich 18%.
2. Im Übrigen wird die Berufung zurückgewiesen.
3. Die Kosten des Berufungsverfahrens werden gegeneinander aufgehoben.
4. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
5. Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
a) Zur Haftung dem Grunde nach:
Soweit im Ersturteil festgestellt wird, dem Beklagten zu 1) sei, anders als dem Kläger, eine Überschreitung der angesichts der Witterungsverhältnisse angemessenen Geschwindigkeit zur Last zu legen, woraus, bei im Übrigen gleichwertigen Haftungsbeiträgen, eine überwiegende Haftung der Beklagten folge, nämlich von 2/3 zu 1/3, ist dies nicht zu beanstanden.
- Dass dem Kläger bei fortbestehend hypothetischer Nutzungsmöglichkeit die Nutzung des Pkw entzogen worden ist und dass ein Tagessatz von 75,00 € als Nutzungsausfallentschädigung angemessen ist, ist von den Beklagten nicht substantiiert bestritten worden.
- Weiterhin ist es zwar zutreffend, dass der Kläger kein Ersatzfahrzeug angeschafft hat, sondern seine Ehefrau. Da aber keine Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass dieser neue Wagen nicht auch dem Kläger zur Verfügung gestanden hätte, lässt dies keinen Rückschluss auf einen fehlenden Nutzungswillen des Klägers zu.
- Was schließlich den ersatzfähigen Nutzungsausfallzeitraum betrifft, kommt es hier mangels Reparatur nicht auf die vom Sachverständigen angegebene Reparaturdauer an. Maßgeblich ist vielmehr zunächst das Datum des Erwerbs des neuen Wagens, d. h. der 21.03.2014. Zu beachten ist jedoch, dass dieser Wagen unstreitig erst am 31.03.2014 zugelassen wurde und somit erst ab diesem Zeitpunkt einer Nutzung im öffentlichen Straßenverkehr zugänglich war. Zwischen dem Tag des Unfalls (12.03.2014) und dem Tag der Zulassung (31.03.2014) liegen mehr als die geforderten 14 Tage Nutzungsausfallentschädigung, nämlich 20 Tage.
- Zwar muss auch die dem Kläger obliegende Schadensminderungspflicht berücksichtigt werden. Diesbezüglich gilt hier jedoch Folgendes: Eigentlich hätte der Kläger zunächst erst die Fertigstellung des Schadengutachtens (hier erst am 03.04.2014) abwarten und sodann in eine Überlegungsphase eintreten können, ob er den Wagen reparieren lässt (die Reparaturkosten lagen noch unter dem Wiederbeschaffungswert) oder einen Ersatzwagen anschafft. Anschließend wäre ihm ein Zeitraum von ca. 14 Tagen für die Ersatzbeschaffung zuzubilligen gewesen. All dies hätte insgesamt deutlich länger gedauert als die hier geforderten 14 Tage Nutzungsausfallentschädigung. Weiterhin ist zu berücksichtigen, dass es sich bei dem Tag des Erwerbs (21.03.2014) um einen Freitag handelte, eine Zulassung noch am selben Tag nicht zu erwarten war, dann das Wochenende folgte und eine Zulassung frühestens erst wieder am Montag, 24.03.2014, möglich gewesen wäre. Zwischen dem 12.03.2014 und dem 24.03.2014 liegen 13 Tage. Es ist nicht zu beanstanden, wenn der Kläger in einer solchen Situation eine Nutzungsausfallentschädigung zwar nicht für nur 13 Tage, aber auch nicht für 20 Tage, sondern für 14 Tage fordert und damit bereits dem Gedanken seiner Schadensminderungspflicht hinreichend Rechnung trägt.
- Zunächst ist es nicht beanstanden und wird auch von den (insoweit auch gar nicht beschwerten) Beklagten nicht gerügt, dass das Erstgericht nicht die vom Kläger geforderten fiktiven Netto-Reparaturkosten in Ansatz gebracht hat, nachdem die Brutto-Reparaturkosten (11.045,14 €) höher gewesen wären als der Wiederbeschaffungsaufwand (Brutto-Wiederbeschaffungswert von 27.950,00 € abzüglich Brutto-Restwert von 18.380,00 € ergibt 9.570,00 €) und eine mindestens sechsmonatige Weiternutzung des Wagens nicht vorlag.
- Allerdings hat das Erstgericht sodann den zu ersetzenden Wiederbeschaffungsaufwand, wie von den Beklagten zu recht gerügt, falsch berechnet:
- Entgegen der Auffassung des Klägers hat das Erstgericht zwar gem. § 249 II 2 BGB zu Recht nur den Netto-Wiederbeschaffungswert angesetzt, weil nicht der Kläger, sondern seine Ehefrau die Ersatzbeschaffung getätigt hat und dem Kläger mithin insoweit keine Kosten entstanden sind (vgl. auch BGH, Urteil vom 01.03.2015, Az.: VI ZR 91/04, NJW 2005, 2220). Soweit der Kläger auf S. 3 des Schriftsatzes seiner Verfahrensbevollmächtigten vom 01.09.2016 (= Bl. 159 d. A.) vorträgt, diese Entscheidung des BGH betreffe einen anderen Sachverhalt, weil der ihr zugrunde liegende Sachverhalt so ausgestaltet gewesen sei, dass dort überhaupt kein Ersatzfahrzeug angeschafft worden sei, irrt er: Sehr wohl war auch dort ein Ersatzwagen erworben worden, allerdings - anders als hier - vom Geschädigten selbst (und nicht etwa seiner Ehefrau). Soweit wiederum das Erstgericht den Netto-Wiederbeschaffungswert mit 23.487,30 € beziffert hat (vgl. S. 8 des Ersturteils = Bl. 109 d. A.) und nicht richtigerweise, wie auf S. 3 der Klageerwiderung (= Bl. 14 d. A.) vorgetragen und vom Kläger nicht bestritten, mit 23.487,39 €, handelt es sich um einen bloßen Schreibfehler.
- Das Erstgericht hätte nun aber nicht den Netto-Restwert, sondern den Brutto-Restwert vom Wiederbeschaffungswert abziehen müssen, d. h. nicht nur 15.445,38 €, sondern 18.380,00 €, weil der Netto-Restwert nur dann in die Schadensberechnung einzustellen ist, wenn bei einer Veräußerung Umsatzsteuer entrichtet werden muss, was bei dem Kläger als Privatperson nicht der Fall ist (vgl. auch das Urteil des Thüringer Oberlandesgerichts
- Abschleppkosten:
715,43 € x 2/3 = 476,95 €
476,95 € - 357,72 € = 119,23 €
- Sachverständigenkosten:
1.133,48 € x 2/3 = 755,65 €
755,65 € - 566,74 € = 188,91 €
- Unkostenpauschale:
25,00 € x 2/3 = 16,67 €
16,67 € - 12,50 € = 4,17 €
- Nutzungsausfallentschädigung:
1.050,00 € x 2/3 = 700,00 €
- Sachschaden (Wiederbeschaffungsaufwand):
5.107,39 € x 2/3 = 3.404,93 €
3.404,93 € - 2.553,70 € = 851,23 €
Gemessen am Streitwert des nach der erfolgten einseitigen Teilerledigungserklärung noch verbliebenen Leistungsantrages (statt ursprünglich 13.960,54 € noch 10.469,88 €) obsiegt der Kläger (mit zugesprochen 1.863,54 €) zu ca. 18%.
Wie bereits vom Senat mit der o.g. Verfügung vom 22.08.2016 ausgeführt (vgl. Bl. 145 f. d. A.), hat es das Erstgericht versäumt, über den in der einseitigen Teilerledigungserklärung liegenden Feststellungsantrag zu entscheiden, während es der Kläger sodann versäumt hat, gem. § 321 I, II ZPO eine entsprechende Ergänzung des Ersturteils zu beantragen. Dies hat zur Folge, dass der Feststellungsantrag nicht Gegenstand des Berufungsverfahrens ist (vgl. auch Vollkommer in Zöller, ZPO, 31. Aufl., § 321, Rdnr. 8; sowie Heßler in Zöller, a. a. O., § 528, Rdnr. 12) und entsprechend auch nicht bei der Kostenentscheidung (zugunsten des Klägers) berücksichtigt werden kann.
Gemessen am Berufungsstreitwert (3.819,95 €) erwies sich die Berufung als ungefähr zur Hälfte erfolgreich, was es gem. § 92 I ZPO rechtfertigt, die Kosten gegeneinander aufzuheben.

moreResultsText
Annotations
(1) An Omnibussen des Linienverkehrs, an Straßenbahnen und an gekennzeichneten Schulbussen, die an Haltestellen (Zeichen 224) halten, darf, auch im Gegenverkehr, nur vorsichtig vorbeigefahren werden.
(2) Wenn Fahrgäste ein- oder aussteigen, darf rechts nur mit Schrittgeschwindigkeit und nur in einem solchen Abstand vorbeigefahren werden, dass eine Gefährdung von Fahrgästen ausgeschlossen ist. Sie dürfen auch nicht behindert werden. Wenn nötig, muss, wer ein Fahrzeug führt, warten.
(3) Omnibusse des Linienverkehrs und gekennzeichnete Schulbusse, die sich einer Haltestelle (Zeichen 224) nähern und Warnblinklicht eingeschaltet haben, dürfen nicht überholt werden.
(4) An Omnibussen des Linienverkehrs und an gekennzeichneten Schulbussen, die an Haltestellen (Zeichen 224) halten und Warnblinklicht eingeschaltet haben, darf nur mit Schrittgeschwindigkeit und nur in einem solchen Abstand vorbeigefahren werden, dass eine Gefährdung von Fahrgästen ausgeschlossen ist. Die Schrittgeschwindigkeit gilt auch für den Gegenverkehr auf derselben Fahrbahn. Die Fahrgäste dürfen auch nicht behindert werden. Wenn nötig, muss, wer ein Fahrzeug führt, warten.
(5) Omnibussen des Linienverkehrs und Schulbussen ist das Abfahren von gekennzeichneten Haltestellen zu ermöglichen. Wenn nötig, müssen andere Fahrzeuge warten.
(6) Personen, die öffentliche Verkehrsmittel benutzen wollen, müssen sie auf den Gehwegen, den Seitenstreifen oder einer Haltestelleninsel, sonst am Rand der Fahrbahn erwarten.
Der Prüfung und Entscheidung des Berufungsgerichts unterliegen nur die Berufungsanträge. Das Urteil des ersten Rechtszuges darf nur insoweit abgeändert werden, als eine Abänderung beantragt ist.
(1) Andere als die in den §§ 422 bis 424 bezeichneten Tatsachen wirken, soweit sich nicht aus dem Schuldverhältnis ein anderes ergibt, nur für und gegen den Gesamtschuldner, in dessen Person sie eintreten.
(2) Dies gilt insbesondere von der Kündigung, dem Verzug, dem Verschulden, von der Unmöglichkeit der Leistung in der Person eines Gesamtschuldners, von der Verjährung, deren Neubeginn, Hemmung und Ablaufhemmung, von der Vereinigung der Forderung mit der Schuld und von dem rechtskräftigen Urteil.
Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:
- 1.
Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen; - 2.
Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a; - 3.
Urteile, durch die gemäß § 341 der Einspruch als unzulässig verworfen wird; - 4.
Urteile, die im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen werden; - 5.
Urteile, die ein Vorbehaltsurteil, das im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen wurde, für vorbehaltlos erklären; - 6.
Urteile, durch die Arreste oder einstweilige Verfügungen abgelehnt oder aufgehoben werden; - 7.
Urteile in Streitigkeiten zwischen dem Vermieter und dem Mieter oder Untermieter von Wohnräumen oder anderen Räumen oder zwischen dem Mieter und dem Untermieter solcher Räume wegen Überlassung, Benutzung oder Räumung, wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie wegen Zurückhaltung der von dem Mieter oder dem Untermieter in die Mieträume eingebrachten Sachen; - 8.
Urteile, die die Verpflichtung aussprechen, Unterhalt, Renten wegen Entziehung einer Unterhaltsforderung oder Renten wegen einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit zu entrichten, soweit sich die Verpflichtung auf die Zeit nach der Klageerhebung und auf das ihr vorausgehende letzte Vierteljahr bezieht; - 9.
Urteile nach §§ 861, 862 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf Wiedereinräumung des Besitzes oder auf Beseitigung oder Unterlassung einer Besitzstörung; - 10.
Berufungsurteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten. Wird die Berufung durch Urteil oder Beschluss gemäß § 522 Absatz 2 zurückgewiesen, ist auszusprechen, dass das angefochtene Urteil ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist; - 11.
andere Urteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten, wenn der Gegenstand der Verurteilung in der Hauptsache 1.250 Euro nicht übersteigt oder wenn nur die Entscheidung über die Kosten vollstreckbar ist und eine Vollstreckung im Wert von nicht mehr als 1.500 Euro ermöglicht.