Oberlandesgericht München Beschluss, 28. Mai 2019 - 7 W 598/19

published on 28/05/2019 00:00
Oberlandesgericht München Beschluss, 28. Mai 2019 - 7 W 598/19
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Landgericht München I, 5 HK O 495/19 (2), 11/03/2019

Gericht

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Tenor

Die Beschwerde der Staatskasse gegen den Beschluss des Landgerichts München I vom 11.3.2019 (Az.: 5 HK O 495/19 (2)) wird zurückgewiesen.

Gründe

I. Streitgegenständlich in erster Instanz war ein Beschluss der Hauptversammlung der Beklagten. Hiergegen richteten sich insgesamt drei Beschlussmängelklagen, die jeweils von einzelnen Gruppen der Kläger erhoben worden waren. Das Landgericht hat in allen drei Verfahren den Streitwert zum Zwecke der Vorschussanforderung durch Beschlüsse vom 18.1.2019 jeweils vorläufig auf 500.000,- € festgesetzt. Mit Beschlüssen vom 4.2.2019 hat das Landgericht die beiden anderen Verfahren zum vorliegenden Verfahren verbunden. Dieses Verfahren erledigte sich durch Klagerücknahmen seitens aller Kläger auf der Basis von außergerichtlichen Vergleichen. In diesen Vergleichen gingen die Parteien von einem Streitwert des vorliegenden Verfahrens von 3 Mio. € aus. Durch den angegriffenen Beschluss hat das Landgericht den Streitwert auf 3 Mio. € festgesetzt.

Hiergegen richtet sich die zulässige, insbesondere form- und fristgerecht eingelegte Beschwerde der Vertreterin der Staatskasse, mit der sie begehrt, den Streitwert für die Zeit bis zur Verbindung getrennt für die drei Ausgangsverfahren auf je 500.000,- €, für die Zeit zwischen Verbindung und Abschluss der außergerichtlichen Vergleiche für das verbundene Verfahren auf 1,5 Mio. € und für die Zeit ab Abschluss der Vergleiche auf 3 Mio. € festzusetzen. Das Landgericht hat der Beschwerde mit Beschluss vom 13.5.2019 nicht abgeholfen.

II. Die Beschwerde ist nicht begründet.

1. Die Kriterien für die Festsetzung des Streitwerts bei aktienrechtlichen Beschlussmängelklagen ergeben sich aus § 247 AktG. Keines dieser Kriterien stellt darauf ab, ob sich bei dem festgesetzten Streitwert Rückerstattungsansprüche gegen die Staatskasse ergeben. Daraus folgt auch (wie schon aus allgemeinen Kriterien), dass die Festsetzung eines vorläufigen Streitwerts zum Zwecke der Einforderung eines Gebührenvorschusses nach § 63 Abs. 1 GKG das Gericht bei der (am Ende der Instanz zu erfolgen habenden) Festsetzung des (endgültigen) Streitwerts nach § 63 Abs. 2 GKG nicht bindet.

Zu Recht hat daher das Landgericht den Streitwert für das Verfahren insgesamt nach den Verhältnissen am Schluss der Instanz, also unter Berücksichtigung der Verfahrensverbindungen festgesetzt. Dabei hat es seine Ermessensentscheidung, den „Deckelbetrag“ von 500.000,- € zu überschreiten, mit nachvollziehbaren Kriterien begründet, so dass hiergegen nichts zu erinnern ist. Dass diese Entscheidung im Ergebnis den Vorstellungen der Parteien in den außergerichtlichen Vergleichen folgt, ist insoweit in der Beschwerdeinstanz irrelevant, da das Landgericht hierauf bei seiner Ermessensausübung nicht abgestellt hat; jedenfalls aber kann hieraus kein Argument gegen den festgesetzten Streitwert hergeleitet werden.

2. Der Senat folgt nicht der Auffassung der Beschwerde, dass für jedes der zunächst noch unverbundenen Verfahren getrennte Streitwerte für die Zeit bis zur Verbindung festzusetzen sind. Richtig ist zwar, dass die einzelnen Verfahren bis zur Verbindung rechtlich selbständig waren und die in diesen Verfahren bis zur Verbindung entstandenen Gebühren daher bestehen bleiben (BGH, Beschluss vom 14.5.2013, II ZB 12/12, Rz. 13; OLG Koblenz, Beschluss vom 22.4.2005, 14 W 232/05, Rz.8). Dies hat jedoch nicht zur Folge, dass insoweit getrennte Streitwerte festzusetzen wären; vielmehr berechnen sich die endgültigen Verfahrensgebühren (und damit auch eventuelle Erstattungsansprüche der einzelnen Kläger bzw. Klägergruppen) auf der Basis des endgültig festgesetzten Streitwerts (OLG Koblenz, a.a.O. Rz. 9). Dass die Verfahren nach § 246 Abs. 3 AktG zwingend zu verbinden waren, rechtfertigt keine andere Beurteilung (OLG Koblenz, a.a.O., Rz. 10). Das bedeutet im konkreten Fall, dass die Verfahrensgebühr für jede der später verbundenen Klagen mit Einreichung der jeweiligen Klageschrift aus einem Streitwert von 3 Mio. € entstanden ist (zur Berechnung vgl. OLG Koblenz, a.a.O.); diesbezüglich bedarf es nicht einer gesonderten und gestaffelten Streitwertfestsetzung.

III. Eine Kostenentscheidung und eine Entscheidung über die Zulassung der Rechtsbeschwerde sind nicht veranlasst (§§ 68 Abs. 3, Abs. 1 S. 5, 66 Abs. 3 GKG).

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(1) Sind Gebühren, die sich nach dem Streitwert richten, mit der Einreichung der Klage-, Antrags-, Einspruchs- oder Rechtsmittelschrift oder mit der Abgabe der entsprechenden Erklärung zu Protokoll fällig, setzt das Gericht sogleich den Wert ohne Anh

(1) Gegen den Beschluss, durch den der Wert für die Gerichtsgebühren festgesetzt worden ist (§ 63 Absatz 2), findet die Beschwerde statt, wenn der Wert des Beschwerdegegenstands 200 Euro übersteigt. Die Beschwerde findet auch statt, wenn sie das Geri

(1) Die Klage muß innerhalb eines Monats nach der Beschlußfassung erhoben werden. (2) Die Klage ist gegen die Gesellschaft zu richten. Die Gesellschaft wird durch Vorstand und Aufsichtsrat vertreten. Klagt der Vorstand oder ein Vorstandsmitglied,

(1) Den Streitwert bestimmt das Prozeßgericht unter Berücksichtigung aller Umstände des einzelnen Falles, insbesondere der Bedeutung der Sache für die Parteien, nach billigem Ermessen. Er darf jedoch ein Zehntel des Grundkapitals oder, wenn dieses Ze

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(1) Den Streitwert bestimmt das Prozeßgericht unter Berücksichtigung aller Umstände des einzelnen Falles, insbesondere der Bedeutung der Sache für die Parteien, nach billigem Ermessen. Er darf jedoch ein Zehntel des Grundkapitals oder, wenn dieses Zehntel mehr als 500.000 Euro beträgt, 500.000 Euro nur insoweit übersteigen, als die Bedeutung der Sache für den Kläger höher zu bewerten ist.

(2) Macht eine Partei glaubhaft, daß die Belastung mit den Prozeßkosten nach dem gemäß Absatz 1 bestimmten Streitwert ihre wirtschaftliche Lage erheblich gefährden würde, so kann das Prozeßgericht auf ihren Antrag anordnen, daß ihre Verpflichtung zur Zahlung von Gerichtskosten sich nach einem ihrer Wirtschaftslage angepaßten Teil des Streitwerts bemißt. Die Anordnung hat zur Folge, daß die begünstigte Partei die Gebühren ihres Rechtsanwalts ebenfalls nur nach diesem Teil des Streitwerts zu entrichten hat. Soweit ihr Kosten des Rechtsstreits auferlegt werden oder soweit sie diese übernimmt, hat sie die von dem Gegner entrichteten Gerichtsgebühren und die Gebühren seines Rechtsanwalts nur nach dem Teil des Streitwerts zu erstatten. Soweit die außergerichtlichen Kosten dem Gegner auferlegt oder von ihm übernommen werden, kann der Rechtsanwalt der begünstigten Partei seine Gebühren von dem Gegner nach dem für diesen geltenden Streitwert beitreiben.

(3) Der Antrag nach Absatz 2 kann vor der Geschäftsstelle des Prozeßgerichts zur Niederschrift erklärt werden. Er ist vor der Verhandlung zur Hauptsache anzubringen. Später ist er nur zulässig, wenn der angenommene oder festgesetzte Streitwert durch das Prozeßgericht heraufgesetzt wird. Vor der Entscheidung über den Antrag ist der Gegner zu hören.

(1) Sind Gebühren, die sich nach dem Streitwert richten, mit der Einreichung der Klage-, Antrags-, Einspruchs- oder Rechtsmittelschrift oder mit der Abgabe der entsprechenden Erklärung zu Protokoll fällig, setzt das Gericht sogleich den Wert ohne Anhörung der Parteien durch Beschluss vorläufig fest, wenn Gegenstand des Verfahrens nicht eine bestimmte Geldsumme in Euro ist oder gesetzlich kein fester Wert bestimmt ist. Einwendungen gegen die Höhe des festgesetzten Werts können nur im Verfahren über die Beschwerde gegen den Beschluss, durch den die Tätigkeit des Gerichts aufgrund dieses Gesetzes von der vorherigen Zahlung von Kosten abhängig gemacht wird, geltend gemacht werden. Die Sätze 1 und 2 gelten nicht in Verfahren vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit.

(2) Soweit eine Entscheidung nach § 62 Satz 1 nicht ergeht oder nicht bindet, setzt das Prozessgericht den Wert für die zu erhebenden Gebühren durch Beschluss fest, sobald eine Entscheidung über den gesamten Streitgegenstand ergeht oder sich das Verfahren anderweitig erledigt. In Verfahren vor den Gerichten für Arbeitssachen oder der Finanzgerichtsbarkeit gilt dies nur dann, wenn ein Beteiligter oder die Staatskasse die Festsetzung beantragt oder das Gericht sie für angemessen hält.

(3) Die Festsetzung kann von Amts wegen geändert werden

1.
von dem Gericht, das den Wert festgesetzt hat, und
2.
von dem Rechtsmittelgericht, wenn das Verfahren wegen der Hauptsache oder wegen der Entscheidung über den Streitwert, den Kostenansatz oder die Kostenfestsetzung in der Rechtsmittelinstanz schwebt.
Die Änderung ist nur innerhalb von sechs Monaten zulässig, nachdem die Entscheidung in der Hauptsache Rechtskraft erlangt oder das Verfahren sich anderweitig erledigt hat.

(1) Die Klage muß innerhalb eines Monats nach der Beschlußfassung erhoben werden.

(2) Die Klage ist gegen die Gesellschaft zu richten. Die Gesellschaft wird durch Vorstand und Aufsichtsrat vertreten. Klagt der Vorstand oder ein Vorstandsmitglied, wird die Gesellschaft durch den Aufsichtsrat, klagt ein Aufsichtsratsmitglied, wird sie durch den Vorstand vertreten.

(3) Zuständig für die Klage ist ausschließlich das Landgericht, in dessen Bezirk die Gesellschaft ihren Sitz hat. Ist bei dem Landgericht eine Kammer für Handelssachen gebildet, so entscheidet diese an Stelle der Zivilkammer. § 148 Abs. 2 Satz 3 und 4 gilt entsprechend. Die mündliche Verhandlung findet nicht vor Ablauf der Monatsfrist des Absatzes 1 statt. Die Gesellschaft kann unmittelbar nach Ablauf der Monatsfrist des Absatzes 1 eine eingereichte Klage bereits vor Zustellung einsehen und sich von der Geschäftsstelle Auszüge und Abschriften erteilen lassen. Mehrere Anfechtungsprozesse sind zur gleichzeitigen Verhandlung und Entscheidung zu verbinden.

(4) Der Vorstand hat die Erhebung der Klage unverzüglich in den Gesellschaftsblättern bekanntzumachen. Ein Aktionär kann sich als Nebenintervenient nur innerhalb eines Monats nach der Bekanntmachung an der Klage beteiligen.

(1) Gegen den Beschluss, durch den der Wert für die Gerichtsgebühren festgesetzt worden ist (§ 63 Absatz 2), findet die Beschwerde statt, wenn der Wert des Beschwerdegegenstands 200 Euro übersteigt. Die Beschwerde findet auch statt, wenn sie das Gericht, das die angefochtene Entscheidung erlassen hat, wegen der grundsätzlichen Bedeutung der zur Entscheidung stehenden Frage in dem Beschluss zulässt. Die Beschwerde ist nur zulässig, wenn sie innerhalb der in § 63 Absatz 3 Satz 2 bestimmten Frist eingelegt wird; ist der Streitwert später als einen Monat vor Ablauf dieser Frist festgesetzt worden, kann sie noch innerhalb eines Monats nach Zustellung oder formloser Mitteilung des Festsetzungsbeschlusses eingelegt werden. Im Fall der formlosen Mitteilung gilt der Beschluss mit dem dritten Tage nach Aufgabe zur Post als bekannt gemacht. § 66 Absatz 3, 4, 5 Satz 1, 2 und 5 sowie Absatz 6 ist entsprechend anzuwenden. Die weitere Beschwerde ist innerhalb eines Monats nach Zustellung der Entscheidung des Beschwerdegerichts einzulegen.

(2) War der Beschwerdeführer ohne sein Verschulden verhindert, die Frist einzuhalten, ist ihm auf Antrag von dem Gericht, das über die Beschwerde zu entscheiden hat, Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren, wenn er die Beschwerde binnen zwei Wochen nach der Beseitigung des Hindernisses einlegt und die Tatsachen, welche die Wiedereinsetzung begründen, glaubhaft macht. Ein Fehlen des Verschuldens wird vermutet, wenn eine Rechtsbehelfsbelehrung unterblieben oder fehlerhaft ist. Nach Ablauf eines Jahres, von dem Ende der versäumten Frist an gerechnet, kann die Wiedereinsetzung nicht mehr beantragt werden. Gegen die Ablehnung der Wiedereinsetzung findet die Beschwerde statt. Sie ist nur zulässig, wenn sie innerhalb von zwei Wochen eingelegt wird. Die Frist beginnt mit der Zustellung der Entscheidung. § 66 Absatz 3 Satz 1 bis 3, Absatz 5 Satz 1, 2 und 5 sowie Absatz 6 ist entsprechend anzuwenden.

(3) Die Verfahren sind gebührenfrei. Kosten werden nicht erstattet.