Oberlandesgericht München Beschluss, 10. Apr. 2019 - 34 Wx 39/19

bei uns veröffentlicht am10.04.2019

Gericht

Oberlandesgericht München

Tenor

I. Auf die Beschwerde der Beteiligten zu 1 und 2 wird die mit Beschluss bezeichnete Äußerung des Grundbuchamts vom 24. Oktober 2018 aufgehoben. Im übrigen wird die Beschwerde der Beteiligten zu 1 und 2 vom 13.11.2018 verworfen.

II. Von der Erhebung von Kosten für das Beschwerdeverfahren wird abgesehen.

Gründe

I.

Die Beteiligte zu 3 war als Eigentümerin von Grundbesitz im Grundbuch eingetragen. Diesen hatte sie mit Teilungserklärung nach § 8 WEG vom 28.5.2013 in Wohnungs- und Teileigentumseinheiten aufgeteilt.

Nach Veräußerung zumindest einiger Wohnungs- oder Teileigentumseinheiten, in denen der Beteiligten zu 3 jeweils Vollmachten zur Änderung der Teilungserklärung gegeben wurde, errichtete die Beteiligte zu 3 am 8.6.2016 und 18.7.2016 Nachträge zur Teilungserklärung, die dem Grundbuchamt am 26.2.2018 mit dem Hinweis zur Eintragung vorgelegt wurden, dass die Beteiligten zu 1 und 2 die Vollmacht widerrufen hätten, dieser Widerruf aber als nicht wirksam angesehen werde, da die Vollmachten unwiderruflich seien.

Mit fristsetzender Zwischenverfügung gab das Grundbuchamt der Beteiligten zu 3 am 26.4.2018 auf, Zustimmungen der Beteiligten zu 1 und 2 zur Änderung der Teilungserklärung beizubringen.

Am 24.10.2018 hat das Grundbuchamt ein mit Beschluss bezeichnetes Schreiben versandt, wonach der Widerruf der Vollmacht der Beteiligten zu 1 und 2 zurückgewiesen werde. Das Schreiben war mit einer Rechtsmittelbelehrung versehen.

Dagegen wenden sich die Beteiligten zu 1 und 2 mit der Beschwerde vom 13.11.2018, der das Grundbuchamt nicht abgeholfen hat.

Der Senat hat darauf hingewiesen, dass das Schreiben des Grundbuchamts vom 24.10.2018 keine Entscheidung im Sinne von § 71 Abs. 1 GBO darstellt.

II.

1. Nach § 71 Abs. 1 GBO ist die Beschwerde nur gegen Entscheidungen des Grundbuchamts statthaft. Eine solche liegt in der Äußerung vom 24.10.2018 nicht vor.

Für die Einordnung als Entscheidung spielt es keine Rolle, ob sie vom Grundbuchamt als „Beschluss“ oder „Verfügung“ bezeichnet ist; für die Anfechtbarkeit kommt es allein auf den Inhalt der Entscheidung an (OLG Celle FGPrax 2018, 145). Nach § 71 GBO sind grundsätzlich nur Sachentscheidungen anfechtbar. Wesentliches Kriterium einer solchen Sachentscheidung des Grundbuchamts ist deren Verbindlichkeit (OLG Köln FGPrax 2011, 172). Unter den Begriff Sachentscheidungen fallen daher endgültige Entscheidungen, die einen Antrag oder ein Amtsverfahren sachlich erledigen und bekannt gemacht sind oder jedenfalls Außenwirkung entfalten (OLG Hamm OLGZ 1975, 150; Meikel/Schmidt-Räntsch GBO 11. Aufl. Rn. 18; Hügel/Kramer GBO 3. Aufl. § 71 Rn. 66). Handelt es sich hingegen um die Mitteilung einer Rechtsauffassung des Grundbuchamts, liegt keine beschwerdefähige Entscheidung nach § 71 GBO vor, auch wenn sie zur Begründung einer beabsichtigten Entscheidung erfolgt (OLG Celle FGPrax 2018, 145; BGH FGPrax 2014, 2).

Eine Entscheidung im Sinne des § 71 GBO liegt nicht vor. In dem Schreiben, dass der Widerruf der Vollmacht zurückgewiesen werde, ist nur die Äußerung einer Rechtsmeinung zu sehen. Diese Äußerung mag eine Vorfrage der beantragten Entscheidung betreffen, stellt jedoch keine eigene Sachentscheidung dar, da damit der gestellte Antrag in der Sache nicht verbeschieden wird. Auch entfaltet die Äußerung einer Rechtsmeinung des Grundbuchamts keine Außenwirkung.

Soweit die Äußerung vom Grundbuchamt als Zwischenentscheid über eine Rechtsfrage gedacht war, wird darauf hingewiesen, dass ein solcher von der GBO nicht vorgesehen ist. Nach allgemeiner Ansicht ist ein Vorbescheid in Grundbuchsachen nicht zulässig und unterliegt nicht der Beschwerde (OLG Karlsruhe Rpfleger 1993, 192; BayObLGZ 1994, 199; Hügel/Kramer § 71 Rn. 78).

Die Beschwerde ist daher als unzulässig zu verwerfen.

2. Der Senat hebt das als Beschluss bezeichnete Schreiben vom 24.10.2018 jedoch zur Klarstellung auf, da dieses aus den dargestellten Gründen nicht als Entscheidung im Sinne von § 71 GBO ergehen kann.

3. Eine Prüfung der Meinungsäußerung des Grundbuchamts in rechtlicher Hinsicht durch den Senat ist nicht veranlasst.

4. Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 81 Abs. 1 Satz 2 FamFG, da die Kosten der Beschwerde durch eine unzutreffende Rechtsmittelbelehrungdes Grundbuchamts veranlasst wurden.

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Referenzen - Gesetze

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Gesetz über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit - FamFG | § 81 Grundsatz der Kostenpflicht


(1) Das Gericht kann die Kosten des Verfahrens nach billigem Ermessen den Beteiligten ganz oder zum Teil auferlegen. Es kann auch anordnen, dass von der Erhebung der Kosten abzusehen ist. In Familiensachen ist stets über die Kosten zu entscheiden.

Grundbuchordnung - GBO | § 71


(1) Gegen die Entscheidungen des Grundbuchamts findet das Rechtsmittel der Beschwerde statt. (2) Die Beschwerde gegen eine Eintragung ist unzulässig. Im Wege der Beschwerde kann jedoch verlangt werden, daß das Grundbuchamt angewiesen wird, nach § 53

Wohnungseigentumsgesetz - WoEigG | § 8 Teilung durch den Eigentümer


(1) Der Eigentümer eines Grundstücks kann durch Erklärung gegenüber dem Grundbuchamt das Eigentum an dem Grundstück in Miteigentumsanteile in der Weise teilen, dass mit jedem Anteil Sondereigentum verbunden ist. (2) Im Fall des Absatzes 1 gelten

Referenzen

(1) Der Eigentümer eines Grundstücks kann durch Erklärung gegenüber dem Grundbuchamt das Eigentum an dem Grundstück in Miteigentumsanteile in der Weise teilen, dass mit jedem Anteil Sondereigentum verbunden ist.

(2) Im Fall des Absatzes 1 gelten § 3 Absatz 1 Satz 2, Absatz 2 und 3, § 4 Absatz 2 Satz 2 sowie die §§ 5 bis 7 entsprechend.

(3) Wer einen Anspruch auf Übertragung von Wohnungseigentum gegen den teilenden Eigentümer hat, der durch Vormerkung im Grundbuch gesichert ist, gilt gegenüber der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer und den anderen Wohnungseigentümern anstelle des teilenden Eigentümers als Wohnungseigentümer, sobald ihm der Besitz an den zum Sondereigentum gehörenden Räumen übergeben wurde.

(1) Gegen die Entscheidungen des Grundbuchamts findet das Rechtsmittel der Beschwerde statt.

(2) Die Beschwerde gegen eine Eintragung ist unzulässig. Im Wege der Beschwerde kann jedoch verlangt werden, daß das Grundbuchamt angewiesen wird, nach § 53 einen Widerspruch einzutragen oder eine Löschung vorzunehmen.

(1) Das Gericht kann die Kosten des Verfahrens nach billigem Ermessen den Beteiligten ganz oder zum Teil auferlegen. Es kann auch anordnen, dass von der Erhebung der Kosten abzusehen ist. In Familiensachen ist stets über die Kosten zu entscheiden.

(2) Das Gericht soll die Kosten des Verfahrens ganz oder teilweise einem Beteiligten auferlegen, wenn

1.
der Beteiligte durch grobes Verschulden Anlass für das Verfahren gegeben hat;
2.
der Antrag des Beteiligten von vornherein keine Aussicht auf Erfolg hatte und der Beteiligte dies erkennen musste;
3.
der Beteiligte zu einer wesentlichen Tatsache schuldhaft unwahre Angaben gemacht hat;
4.
der Beteiligte durch schuldhaftes Verletzen seiner Mitwirkungspflichten das Verfahren erheblich verzögert hat;
5.
der Beteiligte einer richterlichen Anordnung zur Teilnahme an einem kostenfreien Informationsgespräch über Mediation oder über eine sonstige Möglichkeit der außergerichtlichen Konfliktbeilegung nach § 156 Absatz 1 Satz 3 oder einer richterlichen Anordnung zur Teilnahme an einer Beratung nach § 156 Absatz 1 Satz 4 nicht nachgekommen ist, sofern der Beteiligte dies nicht genügend entschuldigt hat.

(3) Einem minderjährigen Beteiligten können Kosten in Kindschaftssachen, die seine Person betreffen, nicht auferlegt werden.

(4) Einem Dritten können Kosten des Verfahrens nur auferlegt werden, soweit die Tätigkeit des Gerichts durch ihn veranlasst wurde und ihn ein grobes Verschulden trifft.

(5) Bundesrechtliche Vorschriften, die die Kostenpflicht abweichend regeln, bleiben unberührt.