Oberlandesgericht München Beschluss, 12. Jan. 2015 - 31 Wx 448/14

published on 12/01/2015 00:00
Oberlandesgericht München Beschluss, 12. Jan. 2015 - 31 Wx 448/14
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Amtsgericht München, 722 UR III 150/14, 10/10/2014

Gericht

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Tenor

I.

Der Beschluss des Amtsgerichts München vom 10.10.2014 wird aufgehoben.

II.

Der Antrag des Beteiligten vom 03.06.2014 wird zurückgewiesen.

Gründe

I. Der Beteiligte ist Siebenbürger deutscher Volkszugehörigkeit. Er war rumänischer Staatsbürger und wurde am 13.03.2014 unter dem Namen „Szl...“ eingebürgert. Am 23.05.2014 bestimmte er gemäß Art. 47 Abs. 1 EGBGB, § 43 PStG den Namen „So...“ zu seinem Familiennamen. Das Standesamt wies ihn am 15.04.2014 darauf hin, dass eine Angleichung des Namens in „So...“ nicht möglich sei. Als Grundlage für die Angleichung gelte der zuletzt geführte Name „Szl...“. Es sei unerheblich, ob der Name aufgrund geschichtlicher Entwicklungen durch ausländische Behörden geändert worden sei. Die deutschsprachige Form eines Familiennamens bedeute nicht die Übersetzung des Namens, sondern lediglich eine phonetische Angleichung. Eventuell bestünde die Möglichkeit der behördlichen Namensänderung. Der Betroffene verwies darauf, dass sich sein Name auf einen polnischen Ursprung zurückführen lasse, Ausgangsform des Namens sei der polnische Familienname „Sla...“. Dies sei der Berufsname für Vogelhändler oder für eine nachtaktive bzw. sangesfreudige oder geschwätzige Person mit einer wohlklingenden Stimme. Im Mittelalter seien deutsche Namen ins Polnische übertragen worden, dabei sei sein Familienname mit „Sto...“ eingetragen worden, der Buchstabe „t“ gäbe es nur in der polnischen Sprache und habe eine bestimmte phonetische Aussprache. Er werde ähnlich wie im Englischen das „w“ gelesen. „Sto...“ werde somit „Sol...“ gelesen. Das sei die phonetische Aussprache des Namens. Das Standesamt lehnte es mit Schreiben vom 28.05.2014 ab, die Namensangleichungserklärung als wirksam entgegen zu nehmen.

Mit am 04.06.2014 eingegangenem Schreiben vom 03.06.2014 stellte der Beteiligte beim Amtsgericht Antrag auf Anweisung des Standesbeamten zu der von ihm abgelehnten Amtshandlung und verwies zur Begründung darauf, dass die phonetische Aussprache seines Namens „Sol...“ laute. Das Amtsgericht wies den Standesbeamten mit Beschluss vom 10.10.2014 an, die Namensangleichungserklärung des Betroffenen als wirksam entgegen zu nehmen. Die phonetische Namensangleichung setze nicht zwingend voraus, dass die Reihenfolge der Buchstabenlaute beibehalten werden müsse, wenn auf diese Weise die Integration erleichternde Namensform nicht herbeizuführen sei. Es sei auch zu berücksichtigen, dass der Betroffene ausweislich des Bescheids des Bundesverwaltungsamts vom 31.7.2003 die Voraussetzungen deutscher Volkszugehörigkeit gemäß § 6 Abs.2 BVFG erfülle. Er müsse sich also nicht gegen seinen Willen an phonetischen Angleichungsmöglichkeiten festhalten lassen, die im Ergebnis auf eine slawische Herkunft des Namens hindeuten würden. Dies treffe aber auf sämtliche Namensvorschläge des Standesbeamten zu. Der Beteiligte dürfe auch nicht auf die kostenpflichtige Möglichkeit einer behördlichen Namensänderung verwiesen werden. Der vom Betroffenen gewählte Familienname bewege sich im Rahmen einer die Integration erleichternden phonetischen Angleichung.

Dagegen richtet sich die Beschwerde der Standesamtsaufsicht.

Der Betroffene gehöre nicht zum erklärungsberechtigten Personenkreis der Vertriebenen und Aussiedler. Es sei anerkannt, dass im Rahmen der Angleichungserklärung auf der Grundlage von Art. 47 EGBGB nur auf Laute und diakritische Zeichen, die dem Deutschen unbekannt seien, verzichtet werden könne. Es könnten nur vereinfachende phonetische Anpassungen und Abkürzungen vorgenommen werden. Der ausländische Name müsse also im Kern bestehen bleiben. Die phonetische Angleichung sei unter Beibehaltung der Reihenfolge der Buchstabenlaute ohne weiteres möglich. Dagegen deute der gewählte Name „Sol...“ auf eine Auswechselung des Familiennamens hin, da beispielsweise in Wikipedia auf den skandinavischen Vornamen „Sol...“ weitergeleitet werde. Die Einhaltung der Reihenfolge der Buchstabenlaute, die den Familiennamen im Kern prägten, könne

nicht völlig in das Belieben des Beteiligten gestellt werden.

Der Senat hat den Beteiligten darauf hingewiesen, dass er damit rechnen müsse, dass der Beschluss des Amtsgerichts aufgehoben werde.

II. Die Beschwerde hat Erfolg, weil die Namensangleichungserklärung des Beteiligten nicht als wirksam entgegengenommen werden kann. Denn sie bewegt sich nicht im Rahmen des durch Art. 47 Abs. 1 Nr. 5 EGBGB vorgegebenen Rahmens.

Durch die sog. Eindeutschungserklärung nach Art. 47 Abs.1 S. 1 Nr. 5 EGBGB kann derjenige, der durch die Einbürgerung das deutsche Recht als Personalstatut erworben hat, seine Namensführung an die inländischen Verhältnisse anpassen. Diese Möglichkeit zur Änderung der Namensführung soll die Integration des Neubürgers erleichtern (vgl. Senat, Beschluss vom 13.05.2009, 31 Wx 7/09, FG Prax 2009, 169). Bereits aus dem Gesetzeswortlaut ergibt sich, dass beim Fehlen einer deutschen Entsprechung für den Vornamen ein neuer Name gewählt werden kann, während diese Möglichkeit beim Familiennamen nicht besteht. Daraus ergibt sich, dass eine Namensänderung hinsichtlich des Familiennamens ausscheidet, wenn eine deutsche Form des Namens nicht existiert.

1. Das ist vorliegend der Fall, wenn auch nach einer Internetsuchanfrage am 20.11.2014 sowohl der Name „Slo...“ als auch der Name „Sol...“ im deutschsprachigen Raum geführt werden. Wie der Beteiligte selbst vorbringt, ist der Name auf das polnische Wort für „Nachtigall“ zurückzuführen. Es kommt also nur eine Anpassung durch die Wahl der deutschen phonetischen Schreibweise des ausländischen Namens oder durch Unterdrückung von im Deutschen unbekannten diakritischen Zeichen in Betracht (vgl. etwa Hepting/Hausmann, Staudinger, Neubearbeitung 2013, Rn. 82 zu Art.47 EGBGB). Insoweit herrscht unter den Beteiligten Einigkeit, dass die ersten beiden Buchstaben „Sz“ des in Rumänien geführten Namens durch den Buchstaben „S“ ersetzt werden. Dagegen ergibt sich daraus, dass es unter anderem im Polnischen das Sonderzeichen „t“ gibt, nicht, dass die Reihenfolge der Buchstaben des Nachnamens des Beteiligten geändert werden könnte. Nach den vorliegenden Urkunden ist der Nachname des Beteiligten mit „l“, nicht aber mit „t“ geschrieben. Auch die von ihm vorgelegten namenskundlichen Erklärungen basieren darauf, dass der polnische Familienname zu Beginn „Sl“ lautete. Im Übrigen ist Grundlage der Namensangleichung der zuletzt im Ausland geführte Name, nicht aber dessen historischer Hintergrund. Insofern kommt es auf die vom Beschwerdeführer zuletzt in den Raum gestellte Behauptung nicht an, man habe willkürlich seinen Namen von „Slo...“ ins Rumänische mit „Szl...“ übersetzt. Ebenso scheidet eine phonetische Angleichung des Nachnamens aus, weil der Beteiligte auch nach dem Hinweis des Senats vom 21.11.2014 nicht geltend macht, dass sein Nachname im Rumänischen als „Sol...“ ausgesprochen wird.

2. Aus dem vom Amtsgericht angeführten Status des Beteiligten als deutscher Volkszugehöriger im Sinne von § 6 Abs.2 BVFG ergibt sich nichts. Denn dieser würde ihm neben der wortgleichen Angleichungsmöglichkeit des Art. 47 Abs. 1 S. 1 Nr. 5 EGBGB nach § 94 Abs. 1 Nr. 3 BVFG lediglich die Möglichkeit eröffnen, seinen Familiennamen in einer deutschen Übersetzung anzunehmen (§ 94 Abs. 1 Nr. 5 BVFG). Der Beteiligte strebt aber nicht die deutsche Übersetzung seines Nachnamens, sondern neben der Angleichung an den deutschen Buchstaben „S“ eine Umstellung der Reihenfolge der nachfolgenden Buchstaben an. Allerdings bietet die Namensangleichungserklärung nach Art. 47 Abs. 1 Nr. 5 EGBGB nicht die Möglichkeit einer willkürlichen Namensangleichung, sondern diese muss die deutschsprachige Form des vorherigen ausländischen Familiennamens sein. Im vorliegenden Namensangleichungsverfahren bedeutet dies, dass der Beteiligte nur die Wahl zwischen den vom Standesamt aufgezeigten Möglichkeiten der Schreibung seines Namens hat, die sämtlich

1. auf der Beibehaltung der Reihenfolge der Buchstaben des Nachnamens basieren.

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(1) Deutscher Volkszugehöriger im Sinne dieses Gesetzes ist, wer sich in seiner Heimat zum deutschen Volkstum bekannt hat, sofern dieses Bekenntnis durch bestimmte Merkmale wie Abstammung, Sprache, Erziehung, Kultur bestätigt wird. (2) Wer nach dem

(1) Vertriebene und Spätaussiedler, deren Ehegatten und Abkömmlinge, die Deutsche im Sinne des Artikels 116 Abs. 1 des Grundgesetzes sind, können durch Erklärung gegenüber dem Bundesverwaltungsamt im Verteilungsverfahren oder dem Standesamt 1. Bestan

(1) Die Erklärungen über die Namenswahl nach Artikel 48 des Einführungsgesetzes zum Bürgerlichen Gesetzbuche oder über die Angleichung von Familiennamen und Vornamen nach Artikel 47 des Einführungsgesetzes zum Bürgerlichen Gesetzbuche oder nach § 94

Annotations

(1) Die Erklärungen über die Namenswahl nach Artikel 48 des Einführungsgesetzes zum Bürgerlichen Gesetzbuche oder über die Angleichung von Familiennamen und Vornamen nach Artikel 47 des Einführungsgesetzes zum Bürgerlichen Gesetzbuche oder nach § 94 des Bundesvertriebenengesetzes können auch von den Standesbeamten beglaubigt oder beurkundet werden.

(2) Zur Entgegennahme der Erklärungen ist das Standesamt zuständig, das das Geburtenregister für die Person, deren Name geändert oder bestimmt werden soll, führt. Wird die Erklärung im Zusammenhang mit einer Erklärung zur Namensführung von Ehegatten oder Lebenspartnern abgegeben, so ist das Standesamt zuständig, das die Eheschließung oder die Begründung der Lebenspartnerschaft zu beurkunden hat oder das Eheregister oder das Lebenspartnerschaftsregister führt; dieses Standesamt ist außerdem zuständig, wenn die Erklärung nicht im Zusammenhang mit einer Erklärung zur Namensführung von Ehegatten oder Lebenspartnern abgegeben und kein Geburtseintrag im Inland geführt wird. Ergibt sich danach keine Zuständigkeit, so ist das Standesamt zuständig, in dessen Zuständigkeitsbereich der Erklärende seinen Wohnsitz hat oder zuletzt hatte oder seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat. Ergibt sich auch danach keine Zuständigkeit, so ist das Standesamt I in Berlin zuständig. Das Standesamt I in Berlin führt ein Verzeichnis der nach den Sätzen 3 und 4 entgegengenommenen Erklärungen.

(1) Deutscher Volkszugehöriger im Sinne dieses Gesetzes ist, wer sich in seiner Heimat zum deutschen Volkstum bekannt hat, sofern dieses Bekenntnis durch bestimmte Merkmale wie Abstammung, Sprache, Erziehung, Kultur bestätigt wird.

(2) Wer nach dem 31. Dezember 1923 geboren worden ist, ist deutscher Volkszugehöriger, wenn er von einem deutschen Staatsangehörigen oder deutschen Volkszugehörigen abstammt und sich bis zum Verlassen der Aussiedlungsgebiete durch eine entsprechende Nationalitätenerklärung oder auf andere Weise zum deutschen Volkstum bekannt oder nach dem Recht des Herkunftsstaates zur deutschen Nationalität gehört hat. Das Bekenntnis auf andere Weise kann insbesondere durch den Nachweis ausreichender deutscher Sprachkenntnisse entsprechend dem Niveau B 1 des Gemeinsamen Europäischen Referenzrahmens für Sprachen oder durch den Nachweis familiär vermittelter Deutschkenntnisse erbracht werden. Das Bekenntnis zum deutschen Volkstum muss bestätigt werden durch den Nachweis der Fähigkeit, zum Zeitpunkt der verwaltungsbehördlichen Entscheidung über den Aufnahmeantrag, in Fällen des § 27 Absatz 1 Satz 2 im Zeitpunkt der Begründung des ständigen Aufenthalts im Geltungsbereich dieses Gesetzes, zumindest ein einfaches Gespräch auf Deutsch führen zu können, es sei denn, der Aufnahmebewerber kann diese Fähigkeit wegen einer körperlichen, geistigen oder seelischen Krankheit oder wegen einer Behinderung im Sinne des § 2 Absatz 1 Satz 1 des Neunten Buches Sozialgesetzbuch nicht besitzen. Ein Bekenntnis zum deutschen Volkstum wird unterstellt, wenn es unterblieben ist, weil es mit Gefahr für Leib und Leben oder schwerwiegenden beruflichen oder wirtschaftlichen Nachteilen verbunden war, jedoch auf Grund der Gesamtumstände der Wille unzweifelhaft ist, der deutschen Volksgruppe und keiner anderen anzugehören.

(1) Vertriebene und Spätaussiedler, deren Ehegatten und Abkömmlinge, die Deutsche im Sinne des Artikels 116 Abs. 1 des Grundgesetzes sind, können durch Erklärung gegenüber dem Bundesverwaltungsamt im Verteilungsverfahren oder dem Standesamt

1.
Bestandteile des Namens ablegen, die das deutsche Recht nicht vorsieht,
2.
die ursprüngliche Form eines nach dem Geschlecht oder dem Verwandtschaftsverhältnis abgewandelten Namens annehmen,
3.
eine deutschsprachige Form ihres Vor- oder Familiennamens annehmen; gibt es eine solche Form des Vornamens nicht, so können sie neue Vornamen annehmen,
4.
im Falle der Führung eines gemeinsamen Familiennamens durch Ehegatten einen Ehenamen nach § 1355 Abs. 1 des Bürgerlichen Gesetzbuchs bestimmen und eine Erklärung nach § 1355 Abs. 4 des Bürgerlichen Gesetzbuchs abgeben,
5.
den Familiennamen in einer deutschen Übersetzung annehmen, sofern die Übersetzung einen im deutschen Sprachraum in Betracht kommenden Familiennamen ergibt.
Wird in den Fällen der Nummern 3 bis 5 der Familienname als Ehename geführt, so kann die Erklärung während des Bestehens der Ehe nur von beiden Ehegatten abgegeben werden. Auf den Geburtsnamen eines Abkömmlings, welcher das fünfte Lebensjahr vollendet hat, erstreckt sich die Namensänderung nur dann, wenn er sich der Namensänderung durch Erklärung gegenüber dem Bundesverwaltungsamt im Verteilungsverfahren oder dem Standesamt anschließt. Ein in der Geschäftsfähigkeit beschränktes Kind, welches das 14. Lebensjahr vollendet hat, kann die Erklärung nur selbst abgeben; es bedarf hierzu der Zustimmung seines gesetzlichen Vertreters.

(2) Die Erklärungen nach Absatz 1 müssen öffentlich beglaubigt oder beurkundet werden, wenn sie nicht bei der Eheschließung gegenüber einem deutschen Standesamt abgegeben werden. Im Verteilungsverfahren kann auch das Bundesverwaltungsamt die Erklärungen öffentlich beglaubigen oder beurkunden. Gebühren und Auslagen werden nicht erhoben.