Oberlandesgericht München Beschluss, 05. Jan. 2017 - 28 W 2124/16

05.01.2017

Tenor

1. Die sofortige Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des Landgerichts Ingolstadt vom 28.10.2016, Az. 51 OH 1356/13 Bau, wird zurückgewiesen.

2. Die Antragstellerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

3. Der Streitwert des Beschwerdeverfahrens wird auf EUR 1.000,00 festgesetzt.

Gründe

I.

In dem von der Antragstellerin mit Schriftsatz vom 21.08.2013 (Bl. 1/8 d.A.) eingeleiteten selbständigen Beweisverfahren erließ das Landgericht Ingolstadt am 22.11.2013 antragsgemäß einen Beweisbeschluss (Bl. 37/40 d.A.), mit dem die Einholung eines schriftlichen Sachverständigengutachtens zu den seitens der Antragstellerin behaupteten Mängeln an dem von der Antragsgegnerin als Generalunternehmerin erbauten Stadion für . angeordnet wurde.

Mit Schriftsatz vom 22.08.2016 (Bl. 210/213 d.A.) beantragte die Antragstellerin, den Beweisbeschluss vom 22.11.2013 auf weitere, im Schriftsatz vom 22.08.2016 aufgeführte Mängel auszudehnen. U.a. führte die Antragstellerin unter Punkt I. 2. des Schriftsatzes vom 22.08.2016 aus, es liege folgender Mangel vor: „Das Dach des Hauptgebäudes weist Undichtigkeiten auf.“

Mit Beschluss vom 28.10.2016 (Bl. 270/273 d.A.) wies das Landgericht den Antrag der Antragstellerin auf Erweiterung des Beweisbeschlusses vom 22.11.2013 lediglich hinsichtlich der Beweisbehauptung in Ziffer I.2. ab und gab ihm im Übrigen statt. Zur Begründung der teilweisen Abweisung führte das Landgericht aus, die Beweisbehauptung unter Ziffer I.2. sei unsubstantiiert, ihr nachzugehen, käme einem Ausforschungsbeweis gleich.

Mit Schriftsatz vom 23.11.2016 (Bl. 283/284 d.A.) legte die Antragstellerin gegen den Beschluss vom 28.10.2016 sofortige Beschwerde ein, soweit mit diesem der Antrag gemäß Ziffer I. 2. des Schriftsatzes vom 22.08.2016 abgewiesen worden war. Es liege eine hinreichend substantiierte Tatsachenbehauptung vor, das äußere Erscheinungsbild des Mangels sei dargestellt, mehr sei nach der Rechtssprechung des Bundesgerichtshofes nicht erforderlich.

Mit Schriftsatz vom 9.12.2016 (Bl. 295/296 d.A.) wandte sich die Antragsgegnerseite gegen eine Abhilfe durch das Landgericht. Es handele sich um einen Ausforschungsbeweis, da der Antrag der Antragstellerin darauf abziele, durch die Beweisaufnahme beweiserhebliche Tatsachen erst zu erfahren. Sie habe keine Anhaltspunkte vorgetragen, an welchen Stellen genau oder in welchem Umfang Undichtigkeiten des Dachs vorliegen.

Mit Beschluss vom 12.12.2016 (Bl. 297/300 d.A.) half das Landgericht Ingolstadt der Beschwerde nicht ab.

II.

Die sofortige Beschwerde ist zulässig, jedoch in der Sache nicht begründet.

1. Die sofortige Beschwerde ist zulässig, insbesondere ist sie gemäß §§ 567 Abs. 1 N. 2, 490 Abs. 1, 128 Abs. 4 ZPO statthaft (vgl. dazu z.B. Thomas/Putzo, ZPO, 37. Aufl., § 490 Rn 3) und wurde gemäß § 569 Abs. 1, Abs. 2 ZPO fristgerecht eingelegt.

2. Die sofortige Beschwerde ist jedoch nicht begründet.

Das Landgericht hat zu Recht den Antrag auf Erweiterung des Beweisbeschlusses vom 22.11.2013 im Hinblick auf die Beweisbehauptung unter Ziffer I.2. abgewiesen.

Die Annahme des Landgericht, die Beweisbehauptung, das Dach des Hauptgebäudes weise Undichtigkeiten auf, ziele letztlich auf eine bloße Ausforschung ab, ist rechtlich nicht zu beanstanden.

a) Auch im selbständigen Beweisverfahren gelten die Grundsätze der ZPO über die Beweisaufnahme. Es ist also eine substantiierte Mangelbehauptung aufzustellen. Hierfür ist nach der Symptom-Rechtssprechung des BGH die Beschreibung des äußeren Erscheinungsbildes notwendig, aber auch ausreichend. Es genügt demnach, dass die Tatsachen geschildert werden, wie sie sich dem Betrachter als bautechnischem Laien darstellen. Diese Tatsachen müssen aber auch als Minimum angegeben werden (Kniffka/Koeble, Kompendium des Baurechts, 4. Aufl., 2. Teil Rn 89 ff).

b) Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze erweist sich die von der Antragstellerin unter Ziffer I.2. aufgestellte Mängelbehauptung, das Dach des Hauptgebäudes weise Undichtigkeiten auf, als im Ergebnis nicht ausreichend substantiiert.

Nach der ständigen Rechtssprechung des BGH kann der Besteller (Auftraggeber) den Fehler, der der Werkleistung insgesamt anhaftet und der die aufgetretenen Mangelerscheinungen verursacht hat, zum Gegenstand des betreffenden vertraglichen oder prozessualen Verfahrens (Mängelbeseitigungsverlangen, Beweissicherungsverfahren, Vorschußklage usw.) machen. Voraussetzung ist aber, dass er die zu Tage getretenen Erscheinungen hinreichend genau beschreibt (BGH, Urteil vom 06.10.1988 - VII ZR 227/87, NJW-RR 1989, 148: „Da der Besteller (Auftraggeber) lediglich die Schadstellen und aufgetretenen Schäden hinreichend genau beschreiben kann und muß […]; ebenso BGH, Urteil vom 09.10.1986 -VII ZR 184/85-, NJW 1987, 381: In dem Mängelbeseitigungsverlangen ist „der Beklagten [… ] deutlich mitgeteilt worden, dass und wo das Dach undicht war […]. Mehr konnte von den Klägern damals nicht erwartet werden.“; auch BGH, Urteil vom 26.02.1987 - VII ZR 64/86, NJW-RR 1987, 798: „Wenn [… ] eine Stelle angeben wird, an der Wasser in einer Wohnung auftritt, so ist dies [… ] ein Hinweis auf festgestellte Mangelschäden…“).

An einer solchen hinreichend genauen Beschreibung der Mangelerscheinungen fehlt es vorliegend jedoch völlig. Allein die pauschale Behauptung, das Dach des Hauptgebäudes weise Undichtigkeiten auf, reicht hierfür nicht aus. Erforderlich wäre zumindest gewesen, die Schadstellen und aufgetretenen Schäden zu nennen und zu beschreiben.

c) Der Antrag, über die streitgegenständliche Behauptung Beweis zu erheben, stellt somit im Ergebnis einen Beweisermittlungsantrag dar, der dem unzulässigen Ausforschungsbeweis dient.

Das Landgericht hat den Antrag diesbezüglich mithin zu Recht abgewiesen.

III.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.

Mangels anderer Anhaltspunkte war der Streitwert des Beschwerdeverfahrens gemäß § 3 ZPO auf EUR 1.000,00 festzusetzen.

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Zivilprozessordnung - ZPO | § 97 Rechtsmittelkosten


(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat. (2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vo

Zivilprozessordnung - ZPO | § 3 Wertfestsetzung nach freiem Ermessen


Der Wert wird von dem Gericht nach freiem Ermessen festgesetzt; es kann eine beantragte Beweisaufnahme sowie von Amts wegen die Einnahme des Augenscheins und die Begutachtung durch Sachverständige anordnen.

Referenzen

(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat.

(2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vorbringens obsiegt, das sie in einem früheren Rechtszug geltend zu machen imstande war.

(3) (weggefallen)

Der Wert wird von dem Gericht nach freiem Ermessen festgesetzt; es kann eine beantragte Beweisaufnahme sowie von Amts wegen die Einnahme des Augenscheins und die Begutachtung durch Sachverständige anordnen.