Oberlandesgericht München Beschluss, 13. Jan. 2016 - 2 Ws 1280/15 KL - 2 Ws 1282/15 KL

13.01.2016

Tenor

I.

Der Ablehnungsantrag des Antragstellers F. L. jun. gegen den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht ... sowie die Richter am Oberlandesgericht ... und ... wird als unzulässig verworfen.

II.

Der Antrag des Antragstellers F. L. jun. vom 02.12.2015 auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für ein Klageerzwingungsverfahren gegen den Beschwerdebescheid der Generalstaatsanwaltschaft München vom 20.11.2015, Gz. 34 Zs 3324/15, wird abgelehnt.

Gründe

Gründe:

I. Mit Verfügung vom 22.10.2015 lehnte die Staatsanwaltschaft München I die Einleitung eines Ermittlungsverfahrens gegen Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht N. sowie die Richter am Oberlandesgericht H. und D. wegen Rechtsbeugung entsprechend der Anzeige des Anzeigeerstatters vom 17.10.2015 ab. Der hiergegen gerichteten Beschwerde des Anzeigeerstatters vom 30.10.2015 gab die Generalstaatsanwaltschaft München mit Bescheid vom 20.11.2015 keine Folge.

Mit Schreiben vom 02.12.2015, bei Gericht eingegangen am 04.12.2015, beantragte der Antragsteller gegen diesen Bescheid Prozesskostenhilfe für das beabsichtigte Klageerzwingungsverfahren und wiederholte zur Begründung nochmals den gesamten Vortrag, der von ihm bereits im Rahmen der Anzeigeerstattung vorgebracht worden war, den er ergänzend erläuterte. Gleichzeitig lehnte er verschiedene Richter, u. a. VRiOLG Dr. R. sowie RiOLG F. und Ri'inOLG T. wegen Besorgnis der Befangenheit ab, soweit sie an der Entscheidung über den Prozesskostenhilfeantrag beteiligt seien. Insoweit trug er zur Begründung vor, dass er gegen diese Richter bereits Strafanzeigen erstattet habe und daher bis zum gerichtlichen Beweis des Gegenteils hinsichtlich dieser Richter die Besorgnis der Befangenheit bestehe. Hinsichtlich der Einzelheiten seines Vorbringens wird auf das Schreiben vom 02.12.2015 Bezug genommen.

Die Generalstaatsanwaltschaft beantragte mit Aktenvorlage, den Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe abzulehnen, da der Antrag auf gerichtliche Entscheidung nach § 172 StPO keine hinreichende Aussicht auf Erfolg biete.

II. 1. Der Befangenheitsantrag des Antragstellers gegen Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Dr. R. sowie die Richter am Oberlandesgericht F. und T. ist unzulässig.

Obwohl der Antragsteller in seinem Schreiben vom 02.12.2015 weitere Vorsitzende Richter und Richter am Oberlandesgericht namentlich als befangen bezeichnete, war lediglich hinsichtlich der vorgenannten Richter über seinen Befangenheitsantrag zu entscheiden. Denn der Antragsteller machte deutlich, dass er die zahlreichen von ihm namentlich genannten Richter nur für den Fall wegen Besorgnis der Befangenheit ablehnen wolle, dass sie zur Entscheidung über seinen hier gegenständlichen Prozesskostenhilfeantrag berufen seien. Da dies aufgrund des Geschäftsverteilungsplans des Oberlandesgerichts München nur auf die Mitglieder des 2. Strafsenats und aufgrund der senatsinternen Geschäftsverteilung dort wiederum nur für die vorgenannten Richter Dr. R., F. und T. zutrifft, wurden nur diese von ihm wegen Besorgnis der Befangenheit abgelehnt.

Auch gegen diese vorliegend zur Entscheidung berufenen Richter ist der Befangenheitsantrag gem. § 26 a Abs. 1 Nr. 2 StPO unzulässig, da sich aus dem Vorbringen des Antragstellers kein Grund für die Ablehnung ergibt. Zwar gibt der Antragsteller insoweit an, er habe gegen diese Richter Strafanzeigen wegen Rechtsbeugung erstattet. Eine weitere Begründung erfolgt jedoch nicht. Nach den Vorgaben der Rechtsprechung reicht dieses Vorbringen zur Begründung eines Befangenheitsantrags nicht aus. Denn dem Fehlen der Begründung eines Ablehnungsantrags steht der Fall gleich, dass die Begründung zur Rechtfertigung eines Ablehnungsgesuchs völlig ungeeignet ist. Zur Bejahung dieses Umstands sind nach höchstrichterlicher Rechtsprechung strenge Prüfungsmaßstäbe anzulegen. Sobald eine Prüfung und Abwägung des konkreten Einzelfalls, d. h. des behaupteten Verhaltens des Richters, erforderlich wird, aus dem sich die Besorgnis der Befangenheit ergeben soll, kann die Ablehnung des Befangenheitsantrags nicht mehr auf die Vorschrift des § 26 a Abs. 1 Nr. 2 StPO gestützt werden.

Selbst unter Anwendung dieses strengen Maßstabs liegen die Voraussetzungen des § 26 a Abs. 1 Nr. 2 StPO hier aber vor. Denn der Antragsteller bringt in seinem Ablehnungsgesuch lediglich vor, dass er gegen die erkennenden Richter bereits Anzeigen wegen Rechtsbeugung erstattet habe. Weder wird von ihm vorgetragen, welchen Erfolg diese Strafanzeigen bislang zeitigten (gerichtsbekannt waren seine Anzeigen bisher sämtlich erfolglos), noch führt er aus, welche Reaktionen die abgelehnten Richter in der Folgezeit, d. h. jeweils nach Erstattung seiner Strafanzeigen, ihm gegenüber gezeigt haben sollen, die befürchten ließen, dass diese Richter ihm bzw. seinem Anliegen gegenüber befangen seien.

Allein die Tatsache, dass ein Antragsteller in einem anderen Verfahren Richter wegen angeblicher Rechtsbeugung anzeigt, reicht für sich genommen jedenfalls nicht zur Begründung der Besorgnis der Befangenheit aus. Anderenfalls läge es nämlich allein in der Hand eines Verfahrensbeteiligten, einen ihm missliebigen Richter aus dem Verfahren zu drängen, oder - wie vorliegend - durch reflexartige Anzeige jedes Richters, der nicht im Sinne des Antragstellers entscheidet, ein ganzes Gericht für befangen erklären zu können.

Soweit sich aus dem Kontext des Vorbringens des Antragstellers darüber hinaus schließen lässt, dass er mit früheren Entscheidungen dieser Richter auch inhaltlich nicht einverstanden war bzw. ist, lässt sich auch hieraus keine hinreichende Begründung für deren zulässige Ablehnung ablesen. Insoweit ist auch in diesem Verfahren abermals darauf zu verweisen, dass die Unzufriedenheit eines Verfahrensbeteiligten mit dem Inhalt gegenständlicher oder früherer Entscheidungen eines Richters keinen Grund für die Besorgnis der Befangenheit darstellen kann.

Da das Vorbringen des Antragstellers somit gem. § 26 a Abs. 1 Nr. 2 StPO nicht als Grund für die Ablehnung ausreicht, war der Befangenheitsantrag des Antragstellers hinsichtlich der hier zur Entscheidung berufenen Richter, VRiOLG Dr. ..., RiOLG F. und Ri'inOLG T., unzulässig, so dass diese gem. § 26 a Abs. 2 Satz 1 StPO selbst zur Entscheidung über den Ablehnungsantrag berufen waren.

2. Die Voraussetzungen für die Bewilligung von Prozesskostenhilfe im hier gegenständlichen Verfahren liegen nicht vor.

Für die Bewilligung von Prozesskostenhilfe im Klageerzwingungsverfahren gelten nach § 172 Abs. 3 Satz 3 Halbsatz 2 StPO dieselben Vorschriften wie im Zivilprozess. Nach dem somit anzuwendenden § 114 Abs. 1 Satz 1 ZPO muss die beabsichtigte Rechtsverfolgung hinreichende Aussicht auf Erfolg bieten und darf nicht mutwillig erscheinen. Derartige hinreichende Erfolgsaussichten bietet der in Aussicht gestellte Klageerzwingungsantrag nicht. Anhaltspunkte dafür, dass sich Vorsitzender Richter am Oberlandesgericht N. sowie die Richter am Oberlandesgericht H. und D. mit Erlass des Beschlusses vom 09.10.2015 aufgrund dessen Inhalts oder seiner Begründung einer vorsätzlichen Rechtsbeugung schuldig gemacht haben sollten, ergeben sich aus keinem denkbaren Gesichtspunkt.

Soweit der Antragsteller vorbringt, es handle sich bei dieser Entscheidung um ein Komplott im Rahmen eines widerrechtlichen Netzwerks, die angezeigten Richter hätten ihre Entscheidung mit anderen Richtern am Oberlandesgericht abgesprochen, hätten gegen das Willkürverbot, das Grundgesetz und gegen den Richtereid verstoßen, entbehrt dieses Vorbringen ersichtlich jeder Grundlage. Der Antragsteller ist offensichtlich auch in diesem Verfahren mit dem Inhalt der auf seinen Antrag ergangenen Entscheidung nicht einverstanden, wie sich bereits aus seiner auch aus zahlreichen weiteren Anträgen bekannten Argumentationsstruktur ergibt (wörtliches Zitat zahlreicher Sätze aus den gerichtlichen Entscheidungsbegründungen mit jeweils anschließender Behauptung, diese Begründung sei „vorsätzlich willkürlich“, stelle „Machtmissbrauch“ dar und die Richter hätten durch ihre Entscheidung „gegen den Richtereid nach § 38 und 39 DRiG“ verstoßen). Dieses völlig haltlose Vorbringen begründet aber auch durch kontinuierliche Wiederholung keinen hinreichenden Anfangsverdacht für das Vorliegen von Rechtsbeugung. Der Straftatbestand der Rechtsbeugung wäre nur erfüllt, wenn sich die Richter mit ihrer Entscheidung bewusst und in schwerwiegender Weise von Recht und Gesetz entfernt hätten. Nur der vorsätzliche Rechtsbruch als elementarer Verstoß gegen die Rechtspflege ist nach dieser Vorschrift unter Strafe gestellt. Der Straftatbestand der Rechtsbeugung ist ausdrücklich nicht als eine Art zusätzliches Rechtsmittel gegen richterliche Entscheidungen ausgestaltet, mit denen der Betroffene nicht einverstanden ist. Selbst wenn eine Entscheidung also inhaltlich falsch wäre - wofür es vorliegend keinerlei Anhaltspunkte gibt, worüber aber auch ausdrücklich nicht zu entscheiden ist - ließe sich daraus noch kein Anfangsverdacht für eine bewusste Beugung des Rechts ableiten. Noch weniger ergeben sich Anhaltspunkte für das vom Antragsteller ersichtlich ins Blaue hinein behauptete „Komplott“ der von ihm angezeigten Richter mit ihren Richterkollegen am Oberlandesgericht.

Nachdem mithin nicht der geringste Anfangsverdacht für das Vorliegen einer Straftat besteht, bietet das beabsichtigte Klageerzwingungsverfahren keine hinreichende Aussicht auf Erfolg. Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe war daher auch in diesem Verfahren abzulehnen.

Eine Kostenentscheidung ist nicht veranlasst.

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Zivilprozessordnung - ZPO | § 114 Voraussetzungen


(1) Eine Partei, die nach ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, erhält auf Antrag Prozesskostenhilfe, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Re

Strafprozeßordnung - StPO | § 172 Beschwerde des Verletzten; Klageerzwingungsverfahren


(1) Ist der Antragsteller zugleich der Verletzte, so steht ihm gegen den Bescheid nach § 171 binnen zwei Wochen nach der Bekanntmachung die Beschwerde an den vorgesetzten Beamten der Staatsanwaltschaft zu. Durch die Einlegung der Beschwerde bei der S

Referenzen

(1) Ist der Antragsteller zugleich der Verletzte, so steht ihm gegen den Bescheid nach § 171 binnen zwei Wochen nach der Bekanntmachung die Beschwerde an den vorgesetzten Beamten der Staatsanwaltschaft zu. Durch die Einlegung der Beschwerde bei der Staatsanwaltschaft wird die Frist gewahrt. Sie läuft nicht, wenn die Belehrung nach § 171 Satz 2 unterblieben ist.

(2) Gegen den ablehnenden Bescheid des vorgesetzten Beamten der Staatsanwaltschaft kann der Antragsteller binnen einem Monat nach der Bekanntmachung gerichtliche Entscheidung beantragen. Hierüber und über die dafür vorgesehene Form ist er zu belehren; die Frist läuft nicht, wenn die Belehrung unterblieben ist. Der Antrag ist nicht zulässig, wenn das Verfahren ausschließlich eine Straftat zum Gegenstand hat, die vom Verletzten im Wege der Privatklage verfolgt werden kann, oder wenn die Staatsanwaltschaft nach § 153 Abs. 1, § 153a Abs. 1 Satz 1, 7 oder § 153b Abs. 1 von der Verfolgung der Tat abgesehen hat; dasselbe gilt in den Fällen der §§ 153c bis 154 Abs. 1 sowie der §§ 154b und 154c.

(3) Der Antrag auf gerichtliche Entscheidung muß die Tatsachen, welche die Erhebung der öffentlichen Klage begründen sollen, und die Beweismittel angeben. Er muß von einem Rechtsanwalt unterzeichnet sein; für die Prozeßkostenhilfe gelten dieselben Vorschriften wie in bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten. Der Antrag ist bei dem für die Entscheidung zuständigen Gericht einzureichen.

(4) Zur Entscheidung über den Antrag ist das Oberlandesgericht zuständig. Die §§ 120 und 120b des Gerichtsverfassungsgesetzes sind sinngemäß anzuwenden.

(1) Eine Partei, die nach ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, erhält auf Antrag Prozesskostenhilfe, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint. Für die grenzüberschreitende Prozesskostenhilfe innerhalb der Europäischen Union gelten ergänzend die §§ 1076 bis 1078.

(2) Mutwillig ist die Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung, wenn eine Partei, die keine Prozesskostenhilfe beansprucht, bei verständiger Würdigung aller Umstände von der Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung absehen würde, obwohl eine hinreichende Aussicht auf Erfolg besteht.