Oberlandesgericht München Beschluss, 20. Okt. 2014 - 12 UF 1383/14
Gericht
Gründe
I.
Die Antragsgegnerin wendet sich mit ihrer Beschwerde dagegen, dass das Amtsgericht München mit Beschluss vom 26.8.2014 auf den Antrag des Antragstellers hin das Berufungsurteil des Berufungsgerichts Brüssel vom 4.6.2014 anerkannt und diese Entscheidung für vollstreckbar erklärt hat.
1. Die Beteiligten sind die nicht miteinander verheirateten Eltern der gemeinsamen Kinder M., geboren am 09.07.2006, Th. geboren am 09.07.2006 und M., geboren am 19.05.2009. Die Eltern der Kinder lebten von 2005 bis Oktober 2010 in Belgien zusammen. Nach ihrer Trennung heiratete die Antragsgegnerin am 11.6.2011 einen deutschen Staatsangehörigen. Da sie beabsichtigte, zu diesem nach Deutschland zu ziehen, stellte sie beim zuständigen belgischen Jugendgericht Brüssel am 3.4.2012 einen Antrag mit dem wesentlichen Ziel, den Hauptaufenthaltsort der Kinder bei ihr zu bestimmen. Das Jugendgericht Brüssel folgte diesem Antrag mit Urteil vom 28.6.2013 nach Einholung eines klinisch-psychologischen Gutachtens zweier Sachverständiger (Anlage B-ASt 5). Weder die Sachverständigen noch das Gericht hatten die Kinder angehört. Die Sachverständigen hatten auf eine persönliche Anhörung der Kinder wegen ihres Alters und der mit der Anhörung einhergehenden Belastung verzichtet. Sie kamen nach eingehender Exploration der Eltern und Befragung Dritter, wie Schule der Kinder und von einigen Familienangehörigen zu dem Ergebnis, dass gegen den Aufenthalt der Kinder bei dem einen oder anderen Elternteil keine Bedenken bestehen, die Kinder aber in jedem Fall den einen oder anderen Elternteil vermissen werden.
2. Nach Erlass des Urteils des Jugendgerichts Brüssel siedelten die Kinder nach Bad W./Oberbayern zum Beginn des Schuljahres 2013 zur Mutter und deren Ehemann um und gehen hier zur Schule bzw. besuchen den Kindergarten.
3. Auf die Berufung des Antragstellers vom 2.8.2013 hin hat das Berufungsgericht Brüssel mit Urteil vom 4.6.2014 - soweit es hier von Bedeutung ist - das Urteil des Jugendgerichts Brüssel vom 28.6.2013 abgeändert und bestimmt, dass der Hauptaufenthaltsort der Kinder ab 1.7.2014 beim Antragsteller in Belgien liegt. Seiner Entscheidung legte das Gericht das erstinstanzliche Urteil, das erholte Sachverständigengutachten und die Anhörung der beteiligten Eltern zugrunde. Die Kinder wurden durch das Gericht nicht angehört. Vorbringen der Antragsgegnerin wurde teilweise wegen Verspätung präkludiert, insbesondere wurden nicht berücksichtigt ein Bericht einer Verhaltensbeobachtung von Maxime vom 3.3.2014, ein ergo-therapeutischer Bericht über M. vom 24.2.2014, eine E-Mail der Schule über M. vom 28.2.2014, eine Kopie eines Schreibens der Schule vom 28.2.2014, ein Schreiben der Schule vom 11.3.2014 in Bezug auf Th. ein Augenarztattest vom 11.3.2014 und ein Bericht der Kita über M. vom 10.3.2014, die die Antragsgegnerin mit einem Antrag auf Wiederaufnahme der geschlossenen mündlichen Verhandlung vom 19.3.2014 vorgelegt hatte; weitere Beweismittel der beteiligten Eltern wurden aus der Verhandlung wegen Verspätung ausgeschlossen. Das Gericht kam - auch gestützt auf das vom Erstgericht erholte Gutachten und einem Bericht über Schul- und Verhaltensprobleme des Kindes M. vom 24.1.2014 (vorliegende Anlage B-ASt 3) - zu dem Ergebnis, dass es im Interesse des Kindeswohls besser sei, wenn die Kinder zum Antragsteller in ihr vertrautes Umfeld nach Belgien zurückkehren würden.
4. Die Antragsgegnerin hat ihrerseits beim Amtsgericht Miesbach im Wege der einstweiligen Anordnung eine Abänderung des Berufungsurteils des Berufungsgerichts Brüssel vom 4.6.2014 beantragt und zugleich einen Hauptsacheantrag gestellt, mit dem Ziel, ihr das Aufenthaltsbestimmungsrecht für die Kinder zu übertragen. Das Amtsgericht Miesbach hat am 25.6.2014 der Antragsgegnerin ohne Anhörung des Antragstellers im Wege der einstweiligen Anordnung das Aufenthaltsbestimmungsrecht übertragen. Mit Beschluss vom 2.7.2014 wurde das Umgangsrecht des Antragstellers ergänzend geregelt. Nach Antrag des Antragstellers auf Durchführung einer mündlichen Verhandlung und nach Anhörung der Beteiligten und der Kinder hat das Amtsgericht Miesbach - mit Beschluss vom 2.9.2014 auch in Abänderung des Berufungsurteils des Berufungsgerichts Brüssel vom 4.6.2014 und der eigenen Beschlüsse vom 25.6.2014 und 2.7.2014 der Antragsgegnerin u. a. vorläufig das Aufenthaltsbestimmungsrecht für die betroffenen Kinder übertragen. Das Amtsgericht hielt das Urteil des Berufungsgerichts Brüssel vom 4.6.2014 nicht für anerkennungsfähig; aber selbst wenn es anerkennungsfähig wäre, so würde ein Abänderungsgrund gem. § 1696 BGB vorliegen, der zumindest im Verfahren der einstweiligen Anordnung die Abänderung der belgischen Entscheidung rechtfertigen würde.
5. Auf Antrag des Antragstellers hat das Amtsgericht München mit Beschluss vom 26.8.2014 die Anerkennung des Berufungsurteils des Berufungsgerichts Brüssel vom 4.6.2014 ausgesprochen und die Entscheidung für vollstreckbar erklärt. Es hielt die Voraussetzungen für eine Anerkennung und Vollstreckbarerklärung für gegeben. Die Anerkennung scheitere nicht an der fehlenden Anhörung der Kinder durch das belgische Gericht. Nach belgischem Recht bestehe eine Anhörungspflicht erst für Kinder ab dem 12. Lebensjahr. Die fehlende Anhörung der Kinder stelle auch keinen Verstoß gegen wesentliche Verfahrensgrundsätze des deutschen Rechts dar, da auch nach deutschem Recht eine Anhörung von Kindern unter Kindeswohlgesichtspunkten ausnahmsweise unterbleiben könne, wenn die Anhörung die Kinder besonders belasten würde und ein zusätzlicher Erkenntnisgewinn aus der Kindesanhörung nicht zu erzielen sei. Diese Voraussetzungen hätten im belgischen Verfahren vorgelegen. Das vom Jugendgericht eingeholte Gutachten setze sich mit der aufgeworfenen Trennungsproblematik ausführlich auseinander. Das belgische Gericht habe sich dieser Beurteilung im Rahmen der Ermessensausübung angeschlossen. Dem deutschen Gericht sei es im Rahmen des Anerkennungsverfahrens verwehrt, diese Ermessensentscheidung zu überprüfen. Auch die Entscheidung des EuGH vom 22.10.2010, Az. C-491-10 stehe einer weiteren Überprüfung entgegen; danach müsse allein das erkennende Gericht die Zweckmäßigkeit einer Kindesanhörung beurteilen. Ferner lägen die Voraussetzungen für eine Vollstreckbarerklärung des Beschlusses vor. In der Beschwerdebelehrung wurde darauf hingewiesen, dass die Beschwerde beim Amtsgericht München einzulegen ist.
6. Gegen diesen ihr am 1.9.2014 zugestellten Beschluss hat die Antragsgegnerin am selben Tag beim Amtsgericht München Beschwerde eingelegt, die beim Oberlandesgericht München am 3.9.2014 einging.
Sie meint, schon der Beschluss des Amtsgerichts Miesbach vom 25.6.2014 stehe der Anerkennung des belgischen Berufungsurteils entgegen. Ferner habe das belgische Gericht von der Anhörung der Kinder abgesehen und damit gegen wesentliche Verfahrensgrundsätze verstoßen. Auch sei die Antragsgegnerin im Berufungsverfahren nicht gehört worden. Die Kinder lebten nahezu ein Jahr bei der Mutter in Deutschland und hätten sich hier eingewöhnt.
Die Antragsgegnerin beantragt:
I.
Der Beschluss des Amtsgerichts München vom 26.8.2014 wird aufgehoben.
II.
Der Antrag des Antragstellers, die Entscheidung des Appelationshofs Brüssel vom 4.6.2014, Az. 2013/JR/147 wird aufgehoben.
III.
Die Vollstreckbarerklärung der Entscheidung des Berufungsgerichtshofs Brüssel vom 4.6.2014, Az. 2013/JR/147 wird aufgehoben.
Der Antragsteller beantragt:
I.
Die Beschwerde der Antragsgegnerin gegen den Beschluss des Amtsgerichts München vom 26.8.2014 wird zurückgewiesen.
II.
Gem. § 27 IntFamRVG wird die sofortige Wirksamkeit des Beschlusses angeordnet.
III.
Die Herausgabe der Kinder wird gem. § 33 IntFamRVG angeordnet.
IV.
Der Titel ist gem. § 20 IntFamRVG mit der Vollstreckungsklausel zu versehen.
Der Antragsteller meint, die einstweilige Anordnung des Amtsgerichts Miesbach stehe der Anerkennung nicht entgegen. Das Amtsgericht Miesbach sei für den Erlass einer einstweiligen Anordnung gem. § 13 III IntFamRVG nicht örtlich zuständig. Auch sei unklar, ob das Amtsgericht Miesbach seine Zuständigkeit auf Art. 8 EuEheVO oder auf Art. 20 EuEheVO gestützt habe. Zudem trete die einstweilige Anordnung bei Wirksamwerden einer anderen Regelung gem. § 56 FamFG außer Kraft. Bei der Entscheidung des Amtsgerichts München vom 26.8.2014 handele es sich um eine anderweitige Entscheidung. Zudem deckten sich die Regelungsgegenstände in beiden Verfahren nicht. Auch sei die Anerkennungsfähigkeit der Brüsseler Entscheidung keine Vorfrage i. S. v. Art. 21 IV EuEheVO.
Ein Anerkennungshindernis nach Art. 23 lit. b EuEheVO wegen fehlender Kindesanhörung bestehe nicht. Dem Gericht seien wesentliche Unterlagen vorgelegen, insbesondere der Bericht der Jugend- und Kinderpsychotherapeutin Dr. W. über M. vom 24.1.2014. Auch weitere Berichte hätten dem Gericht vorgelegen. Aus dem Bericht von Dr. W. vom 24.1.2014 folge, dass diese mit dem Kind Maxime sieben Gespräche geführt hat. Das Gericht müsse das Kind nicht stets persönlich anhören, auch die Anhörung durch eine dritte Person genüge.
Selbst aber, wenn man davon ausginge, dass die Kinder nicht angehört worden seien, stehe dies der Anerkennung nicht entgegen. Das belgische Recht schreibe eine Anhörung von Kindern unter 12 Jahren nicht vor. Das belgische Gericht habe ein Sachverständigengutachten eingeholt. In dem Gutachten sei ausgeführt worden, warum die Kinder nicht anzuhören sind. Das deutsche Gericht müsse die Ermessensentscheidung des belgischen Gerichts hinnehmen und dürfe sie nicht überprüfen. Es liege auch kein Verstoß gegen wesentliche Grundsätze des deutschen Verfahrensrechts vor, da auch ein deutsches Gericht nach § 159 II, III FamFG von einer Anhörung der Kinder hätte absehen können. Auch die Rechtsprechung des BVerfG gehe nicht davon aus, dass Kinder in jedem Falle angehört werden müssten.
Es treffe nicht zu, dass die Antragsgegnerin im belgischen Verfahren nicht angehört worden sei. Sie sei zumindest im Termin vom 20.2.2014 anwesend gewesen. Schließlich hätten sich die Kinder in Deutschland nicht eingewöhnt, es ginge ihnen schlechter als zuvor.
Wegen der Einzelheiten zum Vorbringen der Beteiligten wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.
II.
1. Bei dem vorliegenden Verfahren handelt es sich zum einen um ein selbstständiges Anerkennungsverfahren nach Art. 21 III EuEheVO, zum anderen um eine Entscheidung im Rahmen der Vollstreckbarerklärung nach Art. 28 EuEheVO, auch wenn das Amtsgericht bisher noch nicht ausdrücklich angeordnet hat, dass das belgische Urteil mit der Vollstreckungsklausel gem. § 20 IntFamRVG zu versehen ist. Auf das selbstständige Anerkennungsverfahren finden gem. § 32 IntFamRVG die Vorschriften über das Verfahren der Vollstreckbarerklärung entsprechende Anwendung.
2. Die Beschwerde der Antragsgegnerin ist gem. § 24 I S. 1 IntFamRVG statthaft. Sie ist formgerecht eingelegt worden. Zwar bestimmt § 24 I S. 2 IntFamRVG, dass die Beschwerde beim Oberlandesgericht einzulegen ist, die Zulässigkeit der Beschwerde wird gem. § 24 II IntFamRVG aber durch die Einlegung der Beschwerde beim Amtsgericht nicht berührt. Die Beschwerde wurde auch fristgerecht gem. § 24 III Nr. 1 IntFamRVG eingelegt.
3. Die Beschwerde ist begründet, so dass der angefochtene Beschluss aufzuheben und die Anträge des Antragstellers abzuweisen sind.
a. Die Antragsgegnerin beruft sich zu Recht auf ein bestehendes Anerkennungshindernis gem. Art. 23 lit b) EuEheVO. Dieses Anerkennungshindernis steht auch der Vollstreckbarerklärung des belgischen Urteils gem. Art. 31 II EuEheVO entgegen, unabhängig von der Frage, ob das Urteil in Bezug auf die Bestimmung des Hauptwohnsitzes der Kinder beim Vater einen vollstreckungsfähigen Inhalt hat.
aa. Art. 23 lit b) EuEheVO enthält eine spezielle Konkretisierung des verfahrensrechtlichen ordre public (Althammer/Weller, Brüssel IIa, Rom III, 1. Aufl., 2014, Art. 23 Brüssel IIa Rn. 3). Danach muss dem Kind die Möglichkeit zur Anhörung gegeben werden.
Der Wortlaut und der Erwägungsgrund Nr. 19 der EuEheVO stellen klar, dass sich die Anforderungen an die Anhörung des Kindes grundsätzlich nach dem Recht des Anerkennungsstaates richten (Althammer/Weller, a. a. O., Rn. 3). Maßstab für die Anhörung des Kindes im deutschen Recht ist § 159 FamFG (Althammer/Weller, a. a. O. Rn. 3; Thomas/Putzo/Hüßtege, ZPO, 35. Aufl., Art. 23 EuEheVO Rn. 2; Hausmann, IntEuSchR, 1. Aufl. 2013, J Rn. 84). Hinzu tritt die Rechtsprechung des BVerfG (FamRZ 2007, 105/107; FamRZ 2010, 1622), das ausgeführt hat, dass grundsätzlich Kinder ab dem 3. Lebensjahr anzuhören sind, um den tatsächlichen Willen des Kindes zu ermitteln; zwar habe dieser bei einem Kleinkind eher geringes Gewicht in Bezug auf eine etwaige Selbstbestimmung bei wem das Kind leben wolle und Umgang haben möchte, jedoch könne ein etwaiger dahingehend vom Kind ausdrücklich oder indirekt geäußerter Wunsch Ausdruck von Bindungen sein, die für die Entscheidung von Bedeutung sind.
bb. Den Anforderungen, die § 159 FamFG und das BVerfG an die Kindesanhörung stellen, genügt das belgische Verfahren in keiner Weise. Weder das belgische Gericht erster Instanz, noch das Berufungsgericht haben das Kind persönlich angehört noch durch Dritte anhören lassen. Die beiden Sachverständigen haben ausdrücklich ausgeführt, dass sie die Kinder im Hinblick auf ihr Alter und die mit der Anhörung eintretende Belastung nicht anhören. Das Berufungsgericht hat sich auf das Sachverständigengutachten gestützt und festgestellt, dass die Antragsgegnerin mit ihrem Umzug nach Deutschland nicht im Interesse der Kinder gehandelt habe. Ferner führt das Berufungsgericht Brüssel aus, aus einem vorgelegten Bericht vom 24.1.2014 (hierbei handelt es sich wohl um den Bericht der Jugendlichenpsychotherapeutin Dr. W., die vom Antragsteller mit der Anlage B-ASt 3 vorgelegt wurde) gehe hervor, dass M. sehr viele Probleme in der Schule habe und Verhaltensprobleme zeige; in Bezug auf Th. wird nur ausgeführt, dass dieser in Belgien in der dortigen Schule gefördert wurde und nach einem Bericht vom 3.6.2013 das Erlernen einer dritten Sprache nicht für sinnvoll gehalten werde; hinsichtlich des Kindes M. habe der Antragsteller nicht bestritten, dass das Kind sich in Deutschland an das Leben angepasst habe. Weitere Erkenntnisquellen hat das Berufungsgericht Brüssel nicht genutzt. Feststellungen zum Kindeswillen hat das belgische Gericht nicht getroffen. Soweit der Antragsteller in seiner Beschwerdeerwiderung ausführt, das belgische Gericht habe die Kinder angehört, indem es die auf S. 4 der Beschwerdeerwiderung genannten Berichte berücksichtigt hat, trifft dies mit Ausnahme des Berichts vom 24.1.2014 nicht zu. Das belgische Gericht hat diese Berichte ausweislich der Urteilsgründe (S. 8 ff der deutschen Übersetzung) als verspätet zurückgewiesen und nicht berücksichtigt, da sie nach Schluss der mündlichen Verhandlung vom 20.2.2014 vorgelegt worden sind.Ob die Untersuchung durch Dr. W. eine Anhörung durch das Gericht ersetzen kann, kann dahin gestellt bleiben. Das Gutachten befasst sich nur mit den Verhaltensauffälligkeiten des Kindes M.. Zu den Wünschen und Bindungen des Kindes wurde dieses offensichtlich nicht befragt. Die beiden anderen Kinder wurden gar nicht befragt. Auch das belgische Gericht zieht aus dem Bericht von Dr. W. vom 24.1.2014 nur den Schluss, dass das Kind Schulprobleme hat und eine Verhaltensstörung aufweist.
cc. Die von § 159 FamFG verlangte Kindesanhörung dient dazu, dass sich das Gericht von dem betroffenen Kind einen Eindruck verschaffen kann. Ferner ist dem Kind die Möglichkeit zu geben, seinen Willen zu äußern. Die Willensäußerung des Kindes gewinnt dabei mit zunehmenden Alter an Bedeutung. Die Kindesanhörung sorgt dafür, dass das Kind auch verfahrensrechtlich nicht Objekt einer Entscheidung, sondern als Grundrechtsträger wahrgenommen wird und seine Grundrechte zum Ausdruck bringen kann (Hennemann NZFam 2014, 871). Auch wenn § 159 I FamFG die Anhörung von Kindern erst ab dem 14. Lebensjahr vorschreibt, sind jüngere Kinder gem. § 159 II FamFG anzuhören, wenn es auf die Neigung, Bindung oder den Willen des Kindes ankommt. Da Kinder ab 3 Jahren in der Lage sind, sich sprachlich zu äußern und mit ihnen unbekannten Dritten Kontakt aufzunehmen, sind auch sie ab diesem Alter in Kindschaftsverfahren grundsätzlich anzuhören.
Hiergegen haben die belgischen Gerichte aus deutscher Sicht verstoßen. Gerade das Berufungsgericht hätte, weil es von der erstinstanzlichen Entscheidung abgewichen ist, durch eine Anhörung überprüfen müssen, welche Wünsche die Kinder haben, wie stark aus ihrer Sicht die Bindung zum Antragsteller ist und wie sie den Umzug nach Deutschland verkraftet haben. Das belgische Gericht hat über die Kinder geurteilt, ohne ihre eigenen Empfindungen wahrzunehmen. Aus deutscher Sicht liegt daher ein schwerwiegender Verfahrensverstoß gegen § 159 FamFG vor, der im Rahmen der ordre-public-Prüfung zu berücksichtigen ist und zu einem Anerkennungshindernis führt.
dd. Dem steht die Entscheidung des EuGH vom 22.10.2010, Az. C 491/10 (FamRZ 2011, 355 m. Anm. Schulz S. 359) nicht entgegen. Der EuGH befasst sich in dieser Entscheidung mit der Frage, ob das Gericht des Vollstreckungsstaates berechtigt ist, eine Bescheinigung nach Art. 42 I, II EuEheVO nicht zu beachten, wenn ersichtlich ist, dass vor Erlass einer Entscheidung auf Rückgabe eines i. S. v. Art. 11 EuEheVO entführten Kindes eine Kindesanhörung nicht stattgefunden hat, obwohl das Ursprungsgericht eine solche bestätigt.
Diese Entscheidung hat eine wesentlich andere Bedeutung als der Antragsteller ihr beimessen möchte. Der EuGH stellt zunächst fest (Rn. 53), dass mit Art. 42 II Unterabs. 1 EuEheVO kein anderer Zweck verfolgt wird als der, dem Gericht des Ursprungsmitgliedstaats den erforderlichen Mindestinhalt der Entscheidung zu erläutern, auf deren Grundlage die Bescheinigung nach Art. 42 I EuEheVO ausgestellt wird. Diese Auslegung werde dadurch bestätigt, dass die in den Art. 23 und 31 EuEheVO vorgesehenen Gründe, die das Gericht des Vollstreckungsmitgliedstaats berechtigen, eine Entscheidung über die elterliche Verantwortung nicht anzuerkennen oder nicht für vollstreckbar zu erklären, und zu denen ein offensichtlicher Widerspruch zur öffentlichen Ordnung dieses Mitgliedstaats sowie die Verletzung wesentlicher verfahrensrechtlicher Grundsätze des Mitgliedstaats zählen, nach denen das Kind die Möglichkeit gehabt haben muss, gehört zu werden, nicht als Gründe in Art. 42 EuEheVO übernommen wurden, die eine solche Weigerung des Gerichts des Vollstreckungsmitgliedstaats im Rahmen der Verfahren in Kapitel III Abschnitt 4 der Verordnung rechtfertigen können (Rn. 57). Daraus folgt, dass der Maßstab für die Anerkennung einer Entscheidung und ein ordre-public-Verstoß nach Art. 23 lit b EuEheVO ein anderer sind als nach Art. 42 EuEheVO.
ee. Für die Anwendung von Art. 23 lit b) EuEheVO kommt es somit allein darauf an, ob aus deutscher verfahrensrechtlicher Sicht die Kindesanhörung von so großer Bedeutung ist, dass bei einer unterlassenen Anhörung ein Anerkennungs- und Vollstreckungshindernis besteht. Dies ist vorliegend zu bejahen. Die Kinder waren im Zeitpunkt der belgischen Entscheidung fast 8 bzw. 5 Jahre alt. Auch dem deutschen Gesetzgeber ist es bewusst, dass die Anhörung des Kindes in diesem Alter für dieses eine große Belastung darstellt. Gleichwohl hat er sich dazu entschlossen, von der Anhörung des Kindes nur abzusehen, wenn dies aus schwerwiegenden Gründen geboten ist, § 159 III S. 1 FamFG, gleich welches Alter das Kind hat. Nur in besonders schwerwiegenden Fällen kann bei massiven psychischen Beeinträchtigungen für das Kind auf die Anhörung verzichtet werden (BGH NJW-RR 1986, 1130; Hennemann NZFam 2014, 871/874). Selbst der Wunsch der Eltern, von einer an sich gebotenen Kindesanhörung abzusehen, ist unbeachtlich (BGH NJW 2011, 2360).Anhaltspunkte dafür, dass aus deutscher Sicht von einer Kindesanhörung abgesehen werden durfte, bestehen nicht. Zwar wohnen die Kinder weit vom Gericht entfernt, sie hätten aber durch den internationalen Sozialdienst angehört werden können, wenn schon das Gericht die Anhörung selbst nicht durchführen will.
b. Der Anerkennung des belgischen Berufungsurteils steht auch der Beschluss des Amtsgerichts Miesbach vom 2.9.2014 gem. Art. 23 lit. e EuEheVO entgegen.
aa. Der Beschluss des Amtsgerichts Miesbach ist zu berücksichtigen, weil das vorliegende Beschwerdeverfahren eine Tatsacheninstanz, in der auch neue Tatsachen, die bei Erlass der angefochtenen Entscheidung noch nicht bekannt waren, zu berücksichtigen sind.
bb. Der Beschluss vom 2.9.2014 ist mit Bekanntgabe an die Beteiligten wirksam geworden (§ 40 I FamFG) und ist zeitlich nach der belgischen Entscheidung erlassen worden.
(11) Der Umstand, dass der Beschluss vom 2.9.2014 vom Antragsteller mit der Beschwerde angefochten worden ist, steht der Wirksamkeit nicht entgegen, da die Vollziehung des Beschlusses nicht gem. § 64 III FamFG ausgesetzt worden ist.
(22) Der Umstand, dass das Amtsgericht Miesbach für die Entscheidung gem. § 13 III S. 1 IntFamRVG unzuständig war, berührt die Wirksamkeit des Beschlusses nicht; hierauf kann nicht einmal die Beschwerde gestützt werden (§ 65 IV FamFG).
(33) Das Amtsgericht Miesbach hat seine internationale Zuständigkeit zu Recht auf Art. 8 EuEheVO gestützt, da die Kinder im Amtsgerichtbezirk Miesbach ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben; eine Ausnahme nach Art. 8 II i. V. m. Art. 9, 10 und 12 EuEheVO liegt nicht vor, da es weder um die Abänderung einer Umgangsentscheidung i. S. v. Art. 9 EuEheVO ging, noch sind die Kinder i. S. v. Art. 10 EuEheVO widerrechtlich nach Deutschland verbracht worden, da das belgische Jugendgericht der Antragsgegnerin das Aufenthaltsbestimmungsrecht übertragen hatte, noch liegt eine Gerichtsstandsvereinbarung i. S. v. Art. 12 EuEheVO vor.
(44) Der Umstand, dass das Amtsgericht Miesbach im Ausgangsbeschluss vom 25.6.2014 auch Art. 20 EuEheVO zitiert hat, stellt keinen Fehler dar. Das Amtsgericht hat seine Zuständigkeit auf den gewöhnlichen Aufenthalt der Kinder in Deutschland gestützt. Die Zuständigkeit für die Hauptsache und damit auch für die einstweilige Anordnung war damit auch beim Amtsgericht Miesbach begründet. Auf Art. 20 EuEheVO kam es nicht mehr an. Auf Art. 20 EuEheVO hat das Amtsgericht seine Zuständigkeit auch gerade nicht gestützt, sondern diese Vorschrift nur zitiert, um zu dokumentieren, dass es die einstweilige Anordnung als Hauptsachegericht erlässt und nicht bloß als Gericht, bei dem ein Fürsorgebedürfnis entsteht.
(55) Das Amtsgericht Miesbach war an die Entscheidung des belgischen Gerichts nicht gebunden. Zwar wird eine Entscheidung aus einem anderen Mitgliedstaat der EuEheVO gem Art. 21 I EuEheVO ipso iure anerkannt. Aber das Amtsgericht Miesbach konnte gem. Art. 21 IV EuEheVO selbstständig inzident über die Anerkennungsfähigkeit der belgischen Entscheidung nach Art. 23 EuEheVO entscheiden, da für die Frage, ob die beantragte Entscheidung über das Aufenthaltsbestimmungsrecht auf Art. 15 KSÜ i. V. m. § 1696 BGB oder auf Art. 15 KSÜ i. V. m. § 1671 BGB zu stützen ist, vorweg zu klären ist, ob die belgische Entscheidung anerkennungsfähig ist. Insoweit liegt hier eine Vorfrage vor, die von § 1696 BGB aufgeworfen wird, denn auch der Bestand eines anderen Sorgerechtsverhältnisses ist eine vorab zu klärende Frage, die für die weitere Entscheidung von Bedeutung ist.
(66) Das Amtsgericht Miesbach war auch nicht durch den Beschluss des Amtsgerichts München vom 26.8.2014 daran gehindert, die Anerkennungsfähigkeit der belgischen Entscheidung zu prüfen, da dieser Beschluss im Zeitpunkt der Entscheidung vom 2.9.2014 mangels Rechtskraft noch nicht wirksam war. Eine Aussetzung dieses Verfahrens bis zur Entscheidung über die Beschwerde scheidet jedoch aus wegen des bestehenden Anerkennungshindernisses nach Art. 23 lit. b EuEheVO (vgl. oben 3a).
cc. Der Beschluss vom 2.9.2014 ist mit der belgischen Entscheidung unvereinbar, da dieser das Aufenthaltsbestimmungsrecht der Antragsgegnerin überträgt, wohingegen nach der belgischen Entscheidung der Aufenthalt der Kinder beim Antragsteller besteht. Nach zutreffender Auffassung (vgl. Rauscher Europäisches Zivilprozessrecht, 2. Aufl., Art. 23 Brüssel IIa-VO Rn. 14 m . w. N. in FN 41; BK-BGB/Andrae, BGB, 2. Aufl., Anh. I zum III Abschnitt Art. 23 EuEheVO Rn. 7) ist Art. 23 lit. e EuEheVO gerade auf widersprechende Sorgerechtsentscheidungen anzuwenden und nicht bloß auf widersprechende Statutsentscheidungen und beruht darauf, dass Entscheidungen über die elterliche Verantwortung abänderbar sind und im Regelfall die jüngere Entscheidung die frühere berücksichtigt sowie auf veränderte Umstände reagiert. Wegen der sich aus Art. 8 EuEheVO ergebenden Zuständigkeit und der Notwendigkeit in Sorgerechtsangelegenheiten stets im Interesse des Kindeswohls wegen veränderte Umstände unter Umständen eine Abänderung der ausländischen Entscheidung vornehmen zu müssen, gilt der Posterioritätsgrundsatz gerade auch vorliegend, so dass, solange die einstweilige Anordnung vom 2.9.2014 besteht, diese der Anerkennungsfähigkeit der belgischen Entscheidung vom 4.6.2014 entgegensteht.
4. Da die belgische Entscheidung wegen der bestehenden Anerkennungshindernisse nicht mit der Vollstreckungsklausel zu versehen ist (vgl. Art.31 II EuEheVO), besteht auch keine Veranlassung für Anordnungen nach §§ 27 II, 33 I IntFamRVG.
5. Die Kostenentscheidung beruht auf § 14 Nr. 1 IntFamRVG i. V. m. § 81 I S. 1 FamFG. Es entspricht billigem Ermessen, dem Antragsteller die Kosten des Verfahrens aufzuerlegen, weil er mit seinen Anträgen vollständig unterlegen ist.
6. Eine Entscheidung über die Zulassung der Rechtsbeschwerde ist im Hinblick auf § 28 IntFamRVG nicht verlasst.
7. Ein Verfahrenswert ist im Hinblick auf den Festwert gem. Nr. 1720 KV-FamGKG nicht notwendig. Die Voraussetzungen für die Festsetzung eines Gegenstandswerts nach § 33 I, II RVG liegen noch nicht vor.
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(1) Eine Entscheidung zum Sorge- oder Umgangsrecht oder ein gerichtlich gebilligter Vergleich ist zu ändern, wenn dies aus triftigen, das Wohl des Kindes nachhaltig berührenden Gründen angezeigt ist. Entscheidungen nach § 1626a Absatz 2 können gemäß § 1671 Absatz 1 geändert werden; § 1671 Absatz 4 gilt entsprechend. § 1678 Absatz 2, § 1680 Absatz 2 sowie § 1681 Absatz 1 und 2 bleiben unberührt.
(2) Eine Maßnahme nach den §§ 1666 bis 1667 oder einer anderen Vorschrift des Bürgerlichen Gesetzbuchs, die nur ergriffen werden darf, wenn dies zur Abwendung einer Kindeswohlgefährdung oder zum Wohl des Kindes erforderlich ist (kindesschutzrechtliche Maßnahme), ist aufzuheben, wenn eine Gefahr für das Wohl des Kindes nicht mehr besteht oder die Erforderlichkeit der Maßnahme entfallen ist.
(3) Eine Anordnung nach § 1632 Absatz 4 ist auf Antrag der Eltern aufzuheben, wenn die Wegnahme des Kindes von der Pflegeperson das Kindeswohl nicht gefährdet.
(1) Der Beschluss des Oberlandesgerichts nach § 26 wird erst mit seiner Rechtskraft wirksam. Hierauf ist in dem Beschluss hinzuweisen.
(2) Das Oberlandesgericht kann in Verbindung mit der Entscheidung über die Beschwerde die sofortige Wirksamkeit eines Beschlusses anordnen.
(1) Umfasst ein vollstreckungsfähiger Titel im Anwendungsbereich des Haager Kinderschutzübereinkommens oder des Europäischen Sorgerechtsübereinkommens nach dem Recht des Staates, in dem er geschaffen wurde, das Recht auf Herausgabe des Kindes, so kann das Familiengericht die Herausgabeanordnung in der Vollstreckungsklausel oder in einer nach § 44 getroffenen Anordnung klarstellend aufnehmen.
(2) Liegt im Anwendungsbereich des Europäischen Sorgerechtsübereinkommens ein vollstreckungsfähiger Titel auf Herausgabe des Kindes nicht vor, so stellt das Gericht nach § 32 fest, dass die Sorgerechtsentscheidung oder die von der zuständigen Behörde genehmigte Sorgerechtsvereinbarung aus dem anderen Vertragsstaat anzuerkennen ist, und ordnet zur Wiederherstellung des Sorgeverhältnisses auf Antrag an, dass die verpflichtete Person das Kind herauszugeben hat.
(1) Ist die Zwangsvollstreckung aus dem Titel zuzulassen, so beschließt das Gericht, dass der Titel mit der Vollstreckungsklausel zu versehen ist. In dem Beschluss ist die zu vollstreckende Verpflichtung in deutscher Sprache wiederzugeben. Zur Begründung des Beschlusses genügt in der Regel die Bezugnahme auf den auszuführenden Anerkennungs- und Vollstreckungsvertrag sowie auf die von der antragstellenden Person vorgelegten Urkunden.
(2) Auf die Kosten des Verfahrens ist § 81 des Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit entsprechend anzuwenden.
(3) Ist der Antrag nicht zulässig oder nicht begründet, so lehnt ihn das Gericht durch mit Gründen versehenen Beschluss ab. Für die Kosten gilt Absatz 2.
(1) Die einstweilige Anordnung tritt, sofern nicht das Gericht einen früheren Zeitpunkt bestimmt hat, bei Wirksamwerden einer anderweitigen Regelung außer Kraft. Ist dies eine Endentscheidung in einer Familienstreitsache, ist deren Rechtskraft maßgebend, soweit nicht die Wirksamkeit zu einem späteren Zeitpunkt eintritt.
(2) Die einstweilige Anordnung tritt in Verfahren, die nur auf Antrag eingeleitet werden, auch dann außer Kraft, wenn
- 1.
der Antrag in der Hauptsache zurückgenommen wird, - 2.
der Antrag in der Hauptsache rechtskräftig abgewiesen ist, - 3.
die Hauptsache übereinstimmend für erledigt erklärt wird oder - 4.
die Erledigung der Hauptsache anderweitig eingetreten ist.
(3) Auf Antrag hat das Gericht, das in der einstweiligen Anordnungssache im ersten Rechtszug zuletzt entschieden hat, die in den Absätzen 1 und 2 genannte Wirkung durch Beschluss auszusprechen. Gegen den Beschluss findet die Beschwerde statt.
(1) Ist die Zwangsvollstreckung aus dem Titel zuzulassen, so beschließt das Gericht, dass der Titel mit der Vollstreckungsklausel zu versehen ist. In dem Beschluss ist die zu vollstreckende Verpflichtung in deutscher Sprache wiederzugeben. Zur Begründung des Beschlusses genügt in der Regel die Bezugnahme auf den auszuführenden Anerkennungs- und Vollstreckungsvertrag sowie auf die von der antragstellenden Person vorgelegten Urkunden.
(2) Auf die Kosten des Verfahrens ist § 81 des Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit entsprechend anzuwenden.
(3) Ist der Antrag nicht zulässig oder nicht begründet, so lehnt ihn das Gericht durch mit Gründen versehenen Beschluss ab. Für die Kosten gilt Absatz 2.
Auf das Verfahren über einen gesonderten Feststellungsantrag nach Artikel 24 des Haager Kinderschutzübereinkommens oder nach dem Europäischen Sorgerechtsübereinkommen, einen Titel aus einem anderen Staat anzuerkennen oder nicht anzuerkennen, sind die Unterabschnitte 1 bis 3 entsprechend anzuwenden. § 18 Satz 1 ist nicht anzuwenden, wenn die antragstellende Person die Feststellung begehrt, dass ein Titel aus einem anderen Staat nicht anzuerkennen ist. § 18 Satz 3 ist in diesem Falle mit der Maßgabe anzuwenden, dass die mündliche Erörterung auch mit weiteren Beteiligten stattfinden kann.
(1) Das Gericht hat das Kind persönlich anzuhören und sich einen persönlichen Eindruck von dem Kind zu verschaffen.
(2) Von der persönlichen Anhörung und der Verschaffung eines persönlichen Eindrucks nach Absatz 1 kann das Gericht nur absehen, wenn
- 1.
ein schwerwiegender Grund dafür vorliegt, - 2.
das Kind offensichtlich nicht in der Lage ist, seine Neigungen und seinen Willen kundzutun, - 3.
die Neigungen, Bindungen und der Wille des Kindes für die Entscheidung nicht von Bedeutung sind und eine persönliche Anhörung auch nicht aus anderen Gründen angezeigt ist oder - 4.
das Verfahren ausschließlich das Vermögen des Kindes betrifft und eine persönliche Anhörung nach der Art der Angelegenheit nicht angezeigt ist.
(3) Sieht das Gericht davon ab, das Kind persönlich anzuhören oder sich einen persönlichen Eindruck von dem Kind zu verschaffen, ist dies in der Endentscheidung zu begründen. Unterbleibt eine Anhörung oder die Verschaffung eines persönlichen Eindrucks allein wegen Gefahr im Verzug, ist sie unverzüglich nachzuholen.
(4) Das Kind soll über den Gegenstand, Ablauf und möglichen Ausgang des Verfahrens in einer geeigneten und seinem Alter entsprechenden Weise informiert werden, soweit nicht Nachteile für seine Entwicklung, Erziehung oder Gesundheit zu befürchten sind. Ihm ist Gelegenheit zur Äußerung zu geben. Hat das Gericht dem Kind nach § 158 einen Verfahrensbeistand bestellt, soll die persönliche Anhörung und die Verschaffung eines persönlichen Eindrucks in dessen Anwesenheit stattfinden. Im Übrigen steht die Gestaltung der persönlichen Anhörung im Ermessen des Gerichts.
(1) Eine Entscheidung zum Sorge- oder Umgangsrecht oder ein gerichtlich gebilligter Vergleich ist zu ändern, wenn dies aus triftigen, das Wohl des Kindes nachhaltig berührenden Gründen angezeigt ist. Entscheidungen nach § 1626a Absatz 2 können gemäß § 1671 Absatz 1 geändert werden; § 1671 Absatz 4 gilt entsprechend. § 1678 Absatz 2, § 1680 Absatz 2 sowie § 1681 Absatz 1 und 2 bleiben unberührt.
(2) Eine Maßnahme nach den §§ 1666 bis 1667 oder einer anderen Vorschrift des Bürgerlichen Gesetzbuchs, die nur ergriffen werden darf, wenn dies zur Abwendung einer Kindeswohlgefährdung oder zum Wohl des Kindes erforderlich ist (kindesschutzrechtliche Maßnahme), ist aufzuheben, wenn eine Gefahr für das Wohl des Kindes nicht mehr besteht oder die Erforderlichkeit der Maßnahme entfallen ist.
(3) Eine Anordnung nach § 1632 Absatz 4 ist auf Antrag der Eltern aufzuheben, wenn die Wegnahme des Kindes von der Pflegeperson das Kindeswohl nicht gefährdet.
(1) Leben Eltern nicht nur vorübergehend getrennt und steht ihnen die elterliche Sorge gemeinsam zu, so kann jeder Elternteil beantragen, dass ihm das Familiengericht die elterliche Sorge oder einen Teil der elterlichen Sorge allein überträgt. Dem Antrag ist stattzugeben, soweit
- 1.
der andere Elternteil zustimmt, es sei denn, das Kind hat das 14. Lebensjahr vollendet und widerspricht der Übertragung, oder - 2.
zu erwarten ist, dass die Aufhebung der gemeinsamen Sorge und die Übertragung auf den Antragsteller dem Wohl des Kindes am besten entspricht.
(2) Leben Eltern nicht nur vorübergehend getrennt und steht die elterliche Sorge nach § 1626a Absatz 3 der Mutter zu, so kann der Vater beantragen, dass ihm das Familiengericht die elterliche Sorge oder einen Teil der elterlichen Sorge allein überträgt. Dem Antrag ist stattzugeben, soweit
- 1.
die Mutter zustimmt, es sei denn, die Übertragung widerspricht dem Wohl des Kindes oder das Kind hat das 14. Lebensjahr vollendet und widerspricht der Übertragung, oder - 2.
eine gemeinsame Sorge nicht in Betracht kommt und zu erwarten ist, dass die Übertragung auf den Vater dem Wohl des Kindes am besten entspricht.
(3) Ruht die elterliche Sorge der Mutter nach § 1751 Absatz 1 Satz 1, so gilt der Antrag des Vaters auf Übertragung der gemeinsamen elterlichen Sorge nach § 1626a Absatz 2 als Antrag nach Absatz 2. Dem Antrag ist stattzugeben, soweit die Übertragung der elterlichen Sorge auf den Vater dem Wohl des Kindes nicht widerspricht.
(4) Den Anträgen nach den Absätzen 1 und 2 ist nicht stattzugeben, soweit die elterliche Sorge auf Grund anderer Vorschriften abweichend geregelt werden muss.
(1) Eine Entscheidung zum Sorge- oder Umgangsrecht oder ein gerichtlich gebilligter Vergleich ist zu ändern, wenn dies aus triftigen, das Wohl des Kindes nachhaltig berührenden Gründen angezeigt ist. Entscheidungen nach § 1626a Absatz 2 können gemäß § 1671 Absatz 1 geändert werden; § 1671 Absatz 4 gilt entsprechend. § 1678 Absatz 2, § 1680 Absatz 2 sowie § 1681 Absatz 1 und 2 bleiben unberührt.
(2) Eine Maßnahme nach den §§ 1666 bis 1667 oder einer anderen Vorschrift des Bürgerlichen Gesetzbuchs, die nur ergriffen werden darf, wenn dies zur Abwendung einer Kindeswohlgefährdung oder zum Wohl des Kindes erforderlich ist (kindesschutzrechtliche Maßnahme), ist aufzuheben, wenn eine Gefahr für das Wohl des Kindes nicht mehr besteht oder die Erforderlichkeit der Maßnahme entfallen ist.
(3) Eine Anordnung nach § 1632 Absatz 4 ist auf Antrag der Eltern aufzuheben, wenn die Wegnahme des Kindes von der Pflegeperson das Kindeswohl nicht gefährdet.
Soweit nicht anders bestimmt, entscheidet das Familiengericht
- 1.
über eine in den §§ 10 und 12 bezeichnete Ehesache nach den hierfür geltenden Vorschriften des Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit, - 2.
über die übrigen in den §§ 10, 11, 12 und 47 bezeichneten Angelegenheiten nach den für Kindschaftssachen geltenden Vorschriften des Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit.
Gegen den Beschluss des Oberlandesgerichts findet die Rechtsbeschwerde zum Bundesgerichtshof nach Maßgabe des § 574 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2 der Zivilprozessordnung statt.