Oberlandesgericht Bamberg Beschluss, 03. Juli 2019 - 4 W 46/19

bei uns veröffentlicht am03.07.2019
vorgehend
Landgericht Bayreuth, 21 O 651/18, 07.05.2019

Gericht

Oberlandesgericht Bamberg

Tenor

1. Auf die sofortige Beschwerde der Beklagten wird der Beschluss des Landgerichts Bayreuth vom 07.05.2019, Az. 21 O 651/18, abgeändert:

Der Streitwert für die erste Instanz wird auf 20.782,37 € festgesetzt.

Gründe

I.

Die Parteien haben in erster Instanz um Schadensersatzansprüche des Klägers nach dem Kauf eines mit einem Dieselmotor der Baureihe X. ausgestatteten Gebrauchtwagens gestritten.

Der Kläger hat beantragt, die Beklagte zur Zahlung des Kaufpreises in Höhe von 25.576,00 € nebst Zinsen Zug um Zug gegen Übereignung und Herausgabe des PKW sowie Zahlung eines Nutzungsersatzes, dessen Höhe in das Ermessen des Gerichts gestellt werde, der aber maximal 4.793,63 € betragen solle, zu verurteilen.

Mit Schriftsatz vom 06.05.2019 hat der Kläger die Klage noch vor Beginn der mündlichen Verhandlung zurückgenommen.

Das Landgericht Bayreuth hat mit Beschluss vom 07.05.2019 den Streitwert auf 25.576,00 € festgesetzt (Bl. 244 d.A.).

Hiergegen hat die Beklagte mit Schriftsatz vom 17.05.2019 Beschwerde eingelegt und beantragt, den Streitwert auf 20.782,37 € festzusetzen (Bl. 261 - 263 d.A.). Die im Klageantrag eingeräumte Verpflichtung zur Zahlung eines Nutzungsersatzes wirke sich streitwertmindernd aus, weil es um gleichartige Ansprüche gehe, die saldiert werden könnten.

Der Kläger wendet sich gegen die Beschwerde. Er sieht den Nutzungsersatzanspruch als unselbständigen Annex zum Rückgabe- und Rückübereignungsanspruch des PKW an.

Das Landgericht hat der Beschwerde nicht abgeholfen. Es bestehe kein überzeugender Grund, zwar die Höhe des Nutzungsersatzes in Abzug zu bringen, den Wert des Fahrzeugs als weitere Zug um Zug - Leistung aber nicht (Beschluss vom 17.06.2019, Bl. 270, 271 d.A.).

II.

Die gemäß § 68 Abs. 1 S. 1, § 63 Abs. 3 S. 2 GKG zulässige Beschwerde ist begründet und führt zur Abänderung des festgesetzten Streitwerts.

Der Streitwert wird bestimmt durch den Streitgegenstand, der durch Klageantrag und Klagebegründung festgelegt wird. Maßgeblich ist demnach das Interesse des Klägers.

Zwar ist es richtig, dass bei einer Zug um Zug - Verurteilung der Wert der Gegenleistung nach herrschender Meinung grundsätzlich außer Betracht bleibt (Wendtland in BeckOK BGB, 01.03.2019, § 3, Rn. 36; Zöller-Herget ZPO, 32. Aufl., § 3, Rn. 16 „Zug-um-Zug-Leistung“; Hüßtege in Thomas/Putzo, ZPO, 39. Aufl., § 3, Rn. 186). Demzufolge ist bei beantragter Zug um ZugLeistung auch dann, wenn das Verfahren ohne ein Urteil beendet wird, bei der Bemessung des Streitwerts grundsätzlich allein von der im Klageantrag geforderten Leistung auszugehen.

Dies gilt jedoch dann nicht, wenn es sich bei Zahlungsklagen um eine gleichartige Gegenleistung handelt, die im Wege der Vorteilsausgleichung von Amts wegen zu berücksichtigen ist. Denn in diesem Fall geschieht die Berücksichtigung des Vorteils durch einfachen Abzug. Es liegt keine Aufrechnung vor und es bedarf auch keiner Einrede oder Gestaltungserklärung des Schädigers, damit die Vorteilsausgleichung stattfinden kann. Vielmehr wird durch die Vornahme des Abzugs der geschuldete Schadensersatzbetrag erst endgültig festgelegt (Schiemann in Staudinger, BGB, 2017, § 249, Rn. 142). Es besteht daher in diesen Fällen kein Bedürfnis einer Zug um Zug - Verurteilung, um die Interessen des Schädigers zu wahren. Das erkennende Gericht ist vielmehr, sollte nach einem Hinweis nicht ohnehin eine Antragskorrektur erfolgen, trotz beantragter Zug um Zug - Verurteilung gehalten, den Abzug unmittelbar vorzunehmen.

Ließe man den Wert der vom Kläger selbst in Ansatz gebrachten Nutzungsentschädigung hingegen unberücksichtigt, hätte dies zur Folge, dass das Kostenrisiko hinsichtlich der Höhe der Nutzungsentschädigung vom wirtschaftlichen Interesse des Klägers entkoppelt wäre und einseitig dem Beklagten aufgebürdet würde. Wenn etwa bei einer auf Zahlung eines Schadensbetrages von 20.000,00 € gerichteten Klage der Wert der Nutzungsentschädigung vom Gericht nicht wie vom Kläger behauptet mit 5.000,00 €, sondern mit 10.000,00 € bemessen wird, der Kläger also tatsächlich nur 10.000,00 € erhält, hätte der Beklagte - folgt man der Auffassung des Erstgerichts - trotzdem 100% der Kosten aus einem Streitwert von 20.000,00 € zu tragen.

Dem steht die Auffassung des OLG Stuttgart (Beschluss vom 27.06.2013, 7 W 34/13) nicht entgegen, wonach auch bei einer Zug um Zug - Verurteilung, die auf einer Vorteilsausgleichung beruht, die Gegenleistung den Streitwert nicht beeinflusst. Denn in dem dort zu entscheidenden Fall ging es um die vom Geschädigten als Gegenleistung zu erbringende Übertragung von Rechten aus Versicherungsverträgen, also nicht um eine gleichartige Gegenleistung.

Nachdem der Kläger im vorliegenden Fall bereits im Antrag und in der Klagebegründung deutlich gemacht hat, dass er von einer von ihm zu leistenden Nutzungsentschädigung in Höhe von 4.793,63 € ausgeht (S. 72 der Klageschrift), ist dieser Wert bei der Bemessung des Streitwerts in Abzug zu bringen.

III.

Eine Kostenentscheidung ist nicht veranlasst. Das Verfahren ist gebührenfrei; Auslagen werden nicht erstattet, § 68 Abs. 3 GKG.

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Gerichtskostengesetz - GKG 2004 | § 63 Wertfestsetzung für die Gerichtsgebühren


(1) Sind Gebühren, die sich nach dem Streitwert richten, mit der Einreichung der Klage-, Antrags-, Einspruchs- oder Rechtsmittelschrift oder mit der Abgabe der entsprechenden Erklärung zu Protokoll fällig, setzt das Gericht sogleich den Wert ohne Anh

Gerichtskostengesetz - GKG 2004 | § 68 Beschwerde gegen die Festsetzung des Streitwerts


(1) Gegen den Beschluss, durch den der Wert für die Gerichtsgebühren festgesetzt worden ist (§ 63 Absatz 2), findet die Beschwerde statt, wenn der Wert des Beschwerdegegenstands 200 Euro übersteigt. Die Beschwerde findet auch statt, wenn sie das Geri

Referenzen

(1) Gegen den Beschluss, durch den der Wert für die Gerichtsgebühren festgesetzt worden ist (§ 63 Absatz 2), findet die Beschwerde statt, wenn der Wert des Beschwerdegegenstands 200 Euro übersteigt. Die Beschwerde findet auch statt, wenn sie das Gericht, das die angefochtene Entscheidung erlassen hat, wegen der grundsätzlichen Bedeutung der zur Entscheidung stehenden Frage in dem Beschluss zulässt. Die Beschwerde ist nur zulässig, wenn sie innerhalb der in § 63 Absatz 3 Satz 2 bestimmten Frist eingelegt wird; ist der Streitwert später als einen Monat vor Ablauf dieser Frist festgesetzt worden, kann sie noch innerhalb eines Monats nach Zustellung oder formloser Mitteilung des Festsetzungsbeschlusses eingelegt werden. Im Fall der formlosen Mitteilung gilt der Beschluss mit dem dritten Tage nach Aufgabe zur Post als bekannt gemacht. § 66 Absatz 3, 4, 5 Satz 1, 2 und 5 sowie Absatz 6 ist entsprechend anzuwenden. Die weitere Beschwerde ist innerhalb eines Monats nach Zustellung der Entscheidung des Beschwerdegerichts einzulegen.

(2) War der Beschwerdeführer ohne sein Verschulden verhindert, die Frist einzuhalten, ist ihm auf Antrag von dem Gericht, das über die Beschwerde zu entscheiden hat, Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren, wenn er die Beschwerde binnen zwei Wochen nach der Beseitigung des Hindernisses einlegt und die Tatsachen, welche die Wiedereinsetzung begründen, glaubhaft macht. Ein Fehlen des Verschuldens wird vermutet, wenn eine Rechtsbehelfsbelehrung unterblieben oder fehlerhaft ist. Nach Ablauf eines Jahres, von dem Ende der versäumten Frist an gerechnet, kann die Wiedereinsetzung nicht mehr beantragt werden. Gegen die Ablehnung der Wiedereinsetzung findet die Beschwerde statt. Sie ist nur zulässig, wenn sie innerhalb von zwei Wochen eingelegt wird. Die Frist beginnt mit der Zustellung der Entscheidung. § 66 Absatz 3 Satz 1 bis 3, Absatz 5 Satz 1, 2 und 5 sowie Absatz 6 ist entsprechend anzuwenden.

(3) Die Verfahren sind gebührenfrei. Kosten werden nicht erstattet.

(1) Sind Gebühren, die sich nach dem Streitwert richten, mit der Einreichung der Klage-, Antrags-, Einspruchs- oder Rechtsmittelschrift oder mit der Abgabe der entsprechenden Erklärung zu Protokoll fällig, setzt das Gericht sogleich den Wert ohne Anhörung der Parteien durch Beschluss vorläufig fest, wenn Gegenstand des Verfahrens nicht eine bestimmte Geldsumme in Euro ist oder gesetzlich kein fester Wert bestimmt ist. Einwendungen gegen die Höhe des festgesetzten Werts können nur im Verfahren über die Beschwerde gegen den Beschluss, durch den die Tätigkeit des Gerichts aufgrund dieses Gesetzes von der vorherigen Zahlung von Kosten abhängig gemacht wird, geltend gemacht werden. Die Sätze 1 und 2 gelten nicht in Verfahren vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit.

(2) Soweit eine Entscheidung nach § 62 Satz 1 nicht ergeht oder nicht bindet, setzt das Prozessgericht den Wert für die zu erhebenden Gebühren durch Beschluss fest, sobald eine Entscheidung über den gesamten Streitgegenstand ergeht oder sich das Verfahren anderweitig erledigt. In Verfahren vor den Gerichten für Arbeitssachen oder der Finanzgerichtsbarkeit gilt dies nur dann, wenn ein Beteiligter oder die Staatskasse die Festsetzung beantragt oder das Gericht sie für angemessen hält.

(3) Die Festsetzung kann von Amts wegen geändert werden

1.
von dem Gericht, das den Wert festgesetzt hat, und
2.
von dem Rechtsmittelgericht, wenn das Verfahren wegen der Hauptsache oder wegen der Entscheidung über den Streitwert, den Kostenansatz oder die Kostenfestsetzung in der Rechtsmittelinstanz schwebt.
Die Änderung ist nur innerhalb von sechs Monaten zulässig, nachdem die Entscheidung in der Hauptsache Rechtskraft erlangt oder das Verfahren sich anderweitig erledigt hat.

(1) Gegen den Beschluss, durch den der Wert für die Gerichtsgebühren festgesetzt worden ist (§ 63 Absatz 2), findet die Beschwerde statt, wenn der Wert des Beschwerdegegenstands 200 Euro übersteigt. Die Beschwerde findet auch statt, wenn sie das Gericht, das die angefochtene Entscheidung erlassen hat, wegen der grundsätzlichen Bedeutung der zur Entscheidung stehenden Frage in dem Beschluss zulässt. Die Beschwerde ist nur zulässig, wenn sie innerhalb der in § 63 Absatz 3 Satz 2 bestimmten Frist eingelegt wird; ist der Streitwert später als einen Monat vor Ablauf dieser Frist festgesetzt worden, kann sie noch innerhalb eines Monats nach Zustellung oder formloser Mitteilung des Festsetzungsbeschlusses eingelegt werden. Im Fall der formlosen Mitteilung gilt der Beschluss mit dem dritten Tage nach Aufgabe zur Post als bekannt gemacht. § 66 Absatz 3, 4, 5 Satz 1, 2 und 5 sowie Absatz 6 ist entsprechend anzuwenden. Die weitere Beschwerde ist innerhalb eines Monats nach Zustellung der Entscheidung des Beschwerdegerichts einzulegen.

(2) War der Beschwerdeführer ohne sein Verschulden verhindert, die Frist einzuhalten, ist ihm auf Antrag von dem Gericht, das über die Beschwerde zu entscheiden hat, Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren, wenn er die Beschwerde binnen zwei Wochen nach der Beseitigung des Hindernisses einlegt und die Tatsachen, welche die Wiedereinsetzung begründen, glaubhaft macht. Ein Fehlen des Verschuldens wird vermutet, wenn eine Rechtsbehelfsbelehrung unterblieben oder fehlerhaft ist. Nach Ablauf eines Jahres, von dem Ende der versäumten Frist an gerechnet, kann die Wiedereinsetzung nicht mehr beantragt werden. Gegen die Ablehnung der Wiedereinsetzung findet die Beschwerde statt. Sie ist nur zulässig, wenn sie innerhalb von zwei Wochen eingelegt wird. Die Frist beginnt mit der Zustellung der Entscheidung. § 66 Absatz 3 Satz 1 bis 3, Absatz 5 Satz 1, 2 und 5 sowie Absatz 6 ist entsprechend anzuwenden.

(3) Die Verfahren sind gebührenfrei. Kosten werden nicht erstattet.