Landgericht Regensburg Endurteil, 12. Mai 2015 - 2 S 221/14
vorgehend
Tenor
1. Die Berufung der Klägerin gegen das Endurteil des Amtsgerichts Cham
2. Die Klägerin hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.
3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Das in Ziffer 1 genannte Endurteil des AG Cham
4. Die Revision wird nicht zugelassen.
Beschluss
Der Streitwert wird für das Berufungsverfahren auf 1.410,00 € festgesetzt.
Gründe
I.
Zur Darstellung des Tatbestandes wird auf die angefochtene Entscheidung Bezug genommen, § 540 I ZPO.
In der Berufungsverhandlung vom
Hinsichtlich des Ergebnisses der Berufungsverhandlung wird auf die Sitzungsniederschrift vom
II.
Die nach §§ 511 ff. ZPO zulässige Berufung der Klägerin hat in der Sache keinen Erfolg.
Zu Recht hat das Amtsgericht Cham der Schadensabrechnung für das klägerische Fahrzeug einen Restwert in Höhe von 1.830,00 Euro zugrunde gelegt. Der vom Sachverständigen der Klägerin ermittelte Restwert in Höhe von nur 420,00 Euro kann im vorliegender Fall keine Anwendung finden. Denn die Klägerin hat auch nach Auffassung des Berufungsgerichts gegen die ihr obliegende Schadensminderungspflicht verstoßen.
Im Einzelnen ergibt sich dies aus Folgendem:
1. Zwar ist die unfallgeschädigte Klägerin Herrin des Regulierungsverfahrens. Dieser Grundsatz wird auch vom Berufungsgericht in keinster Weise in Frage gestellt Grundsätzlich darf deshalb der unfallgeschädigte Pkw-Eigentümer sein Fahrzeug zu dem Restwert verkaufen, den ein vom Geschädigten beauftragter Sachverständiger ermittelt hat. Insoweit kann auf die vom Erstgericht umfangreich zitierte Rechtsprechung Bezug genommen werden.
Jeder Geschädigte kann aber nach § 249 II Satz 1 BGB nur den zur Schadensbehebung erforderlichen Geldbetrag verlangen. Der Geschädigte unterliegt dem Gebot der Wirtschaftlichkeit und der Schadensminderungspflicht. Ein Verstoß gegen diese Pflicht kommt dann in Betracht, wenn der Geschädigte mühelos einen höheren als den vom Sachverständigen genannten Restwert zu erzielen vermag oder wenn der Schädiger ihm eine ohne weiteres zugängliche günstigere Verwertungsmöglichkeit nachweist (vgl. BGHZ 143, 189, 194).
Insbesondere ist der Geschädigte verpflichtet, dem Unfallgegner bzw. dessen Haftpflichtversicherung die Überprüfung der angesetzten Werte zu ermöglichen, die der Schadensersatzforderung zugrunde gelegt werden. Der Ersatzpflichtige muss überprüfen können, ob ein wirtschaftlicher Totalschaden oder ein sogenannter Reparaturschaden vorliegt. Insoweit wird auf ein Urteil des OLG Frankfurt am Main
2. Im vorliegenden Fall stellen sich die entscheidungsrelevanten Daten wie folgt dar:
Der streitgegenständliche Unfall ereignete sich am Sonntag,
3. Unter Berücksichtigung der obigen grundsätzlichen Ausführungen und der konkreten Falldaten ergibt sich für den vorliegenden Rechtsstreit Folgendes:
Die Klägerin hat der Haftpflichtversicherung der Unfallgegnerin nicht die Möglichkeit eingeräumt, den im Raum stehenden Schadensersatzanspruch zu überprüfen. Vielmehr wurde, diese Möglichkeit vereitelt. Denn der Unfall-Pkw war von der Klägerin bereits verkauft worden, bevor die beklagte Haftpflichtversicherung überhaupt kontaktiert wurde. Auch die Möglichkeit, ein besseres Restwertangebot zu unterbreiten, wurde gezielt verhindert.
Das Restwertangebot von Seiten der Beklagten zu 2) wurde jedoch bereits am
Der Klägerin wäre im Hinblick auf die ihr obliegende Schadensminderungspflicht zumindest zuzumuten gewesen, sich mit dem angegebenen Fahrzeugaufkäufer in Verbindung zu setzen. Diese Möglichkeit hat jedoch die Klägerin selbst vereitelt, intern sie bereits am 25.11.2013 ihr Fahrzeug verkauft hat.
Klarstellend wird darauf hingewiesen, dass es im vorliegenden Rechtsstreit nicht darum geht ob stets eine Entscheidung der gegnerischen Versicherung bezüglich eines Restwertangebotes abzuwarten ist und wie viel Zeit hierfür der Geschädigte der Gegenseite einräumen muss.
Der Geschädigte darf jedoch nicht - wie es hier geschehen ist - Bemühungen um eine Schadensminderung vereiteln. Hierdurch verstößt der Geschädigte - hier die Klägerin - gegen die ihr obliegende Schadensminderungspflicht. Im konkreten Fall wäre der Schaden um 1.410,00 Euro gemindert worden, wenn nicht die Klägerin durch ihre voreilige Vorgehensweise diese Möglichkeit treuwidrig zunichte gemacht hätte.
III.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 I ZPO.
IV.
Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit stützt sich auf § 708 Nr. 10 ZPO.
V.
Entgegen dem Antrag des Klägervertreters war die Revision nicht zuzulassen. Denn die Voraussetzungen des § 543 ZPO liegen nicht vor. Weder hat die vorliegende Rechtssache grundsätzliche Bedeutung noch ist zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichte erforderlich. Grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache läge nur dann vor, wenn eine für den vorliegenden Rechtsstreit entscheidungserhebliche Rechtsfrage bisher höchstrichterlich nicht geklärt wäre. Davon kann jedoch im vorliegenden Prozess keine Rede sein. Vielmehr handelt es sich um eine Einzelfallentscheidung, der die konkreten Daten des Regulierungsablaufes, die den vorliegenden Fall prägen, zugrunde gelegt werden. Deshalb gibt der hier zu entscheidende Einzelfall auch keine Veranlassung dafür, Leitsätze für die Auslegung von Bestimmungen des materiellen oder formellen Rechts aufzustellen (Fortbildung des Rechts). Eine Divergenz des vorliegenden Urteils mit der obergerichtlichen Rechtsprechung ist nicht erkennbar. Auch zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung ist deshalb eine Entscheidung des Revisionsgerichts nicht erforderlich.
gez. H., JHSekr’in, Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle
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