Landgericht München I Endurteil, 22. Feb. 2019 - 37 O 18232/18

published on 22/02/2019 00:00
Landgericht München I Endurteil, 22. Feb. 2019 - 37 O 18232/18
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Gericht

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Tenor

1. Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung wird zurückgewiesen.

2. Die Verfügungsklägerinnen haben die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

Tatbestand

Mit Antrag vom 20.12.2018, eingegangen bei Gericht am 21.12.2018, begehren die Verfügungsklägerinnen von den Verfügungsbeklagten, die Vermittlung des Zugangs über das Internet zu bestimmten ilmen bzw. Serien durch die Einrichtung einer sogenannten DNS-Sperre zu verhindern und zwar im Hinblick auf die Internetdienste ... und ...

Die Verfügungsklägerin zu 1) betreibt ein Pay-TV-Angebot in Deutschland. Die Kunden der Verfügungsklägerin zu 1) können nicht nur auf das lineare Fernsehprogramm zugreifen, die Verfügungsklägerin zu 1) bietet auch eine Video-On-Demand („VOD“)-Nutzung an, über die die Inhalte zu individuellen Zeiten abgerufen werden können. Die Verfügungsklägerinnen zu 2) bis 6) sind große USamerikanische Filmproduzenten und Filmevermarkter. Sie gehören zu den sogenannten Hollywood-Studios.

Die Verfügungsbeklagte zu 1) eröffnet den Verkehrskreisen die Möglichkeit, über DSL-Internetzugänge das Internet zu nutzen. Die Verfügungsbeklagte zu 2) ist ein mit der Verfügungsbeklagten zu 1) verbundenes Unternehmen. Die Verfügungsbeklagte zu 1) betreibt 208 DNS-Server, die technisch die Umstellung der Domainnamen in die Ziffernfolge der IP-Adressen bewerkstelligen. Die Firma - bezieht ihre DSL-Vorleistungen bei der Verfügungsbeklagten zu 1) über den nebst verschiedener Änderungs-/Zusatzvereinbarungen. Gegenstand des ist die Bereitstellung und Überlassung von Access-Teilleistungen sowie die damit verbundene Datenübertragung vom Endkunden in das Internet. Produktspezifisch sind die DNS-Server der Verfügungsbeklagten zu 1) von den - Endkunden, die auf Basis der Vorleistung angeschlossen werden, nutzbar.

Die Verfügungsklägerinnen haben die Verfügungsbeklagten mit Anwaltsschreiben vom 14.12.2018 dazu aufgefordert, geeignete Maßnahmen zu ergreifen, um zu verhindern, dass die Verfügungsbeklagten ihren Kunden über das Internet Zugang zu den streitgegenständlichen Werken vermitteln. Es wurde eine Frist bis 18.12.2018 gesetzt (Anlage AST 31). Die Verfügungsbeklagten weigerten sich mit Anwaltsschreiben vom 18.12.2018 der Aufforderung der Verfügungsklägerinnen nachzukommen (Anlage AST 33).

Die Verfügungsklägerinnen behaupten, die Verfügungsklägerin zu 1) sei Inhaberin aller relevanten Rechte an der Serie ... Sie sei Co-Produzentin dieser Serie. Die Serie habe am 23.11.2018 auf dem Pay-TV-Sender der Verfügungsklägerin zu 1) Weltpremiere gehabt. Ausgestrahlt worden sei zunächst eine Doppelfolge, die übrigen sechs Folgen seien ebenfalls als Doppelfolgen am 30.11.2018, 07.12.2018 und 14.12.2018 ausgestrahlt worden. Zum Zeitpunkt des Beginns der Erstausstrahlung der ersten Folge (23.11.2018, 20.15 Uhr) seien in der Mediathek der Verfügungsklägerin zu 1) bereits alle acht Folgen On-Demand abrufbar gewesen. Die Serie - sei für die Verfügungsklägerin zu 1) in der Fernseh- und Video-On-Demand (VOD)-Auswertung sehr erfolgreich. Die linear ausgestrahlte Sendung der einzelnen Doppelfolgen der Serie hätten rund 1,44 Millionen Zuschauer verfolgt. Bis 20.12.2018 seien die acht Folgen der Serie in der VOD-Mediathek der Verfügungsklägerin zu 1) 2,8 Millionen mal abgerufen worden. Es handele sich für die Verfügungsklägerin zu 1) um die nach Zuschauern erfolgreichste Eigenproduktion.

Die Verfügungsklägerinnen behaupten weiter, die Verfügungsklägerin zu 2) sei Inhaberin aller relevanten Rechte an dem Animationsfilm (Originaltitel: ... ). In den USA sei der Film bereits am 21.11.2018 in die Kinos gekommen, in Deutschland habe die Kinopremiere am 24.01.2019 stattgefunden. Der Film sei in den USA äußerst erfolgreich und habe sich auf Platz 1 der US Kino-Charts befunden.

Die Verfügungsklägerinnen behaupten, die Verfügungsklägerin zu 3) sei Inhaberin aller relevanten Rechte an der Serie ... Der Auftakt der dritten Staffel sei in den USA am 02.12.2018 auf Epix ausgestrahlt worden. In Deutschland erscheine die Serie auch in synchronisierter Fassung per Video-On-Demand, wobei seit dem 05.12.2018 wöchentlich eine neue Episode abrufbar sei.

Die Verfügungsklägerinnen behaupten weiter, die Verfügungsklägerin zu 4) sei Inhaberin aller relevanten Rechte an dem Film . Dieser Film sei am 06.11.2018 in die Kinos in Großbritannien, am 16.11.2018 in die USamerikanischen Kinos und am 06.12.2018 in die deutschen Kinos gekommen.

Die Verfügungsklägerinnen behaupten, die Verfügungsklägerin zu 5) sei Inhaberin aller relevanten Rechte an dem Film (Originaltitel: ...). Der Film sei am 12.10.2018 in den US-amerikanischen und am 08.11.2018 in den deutschen Kinos gestartet.

Die Verfügungsklägerinnen behaupten zudem, die Verfügungsklägerin zu 6) sei Inhaberin aller... relevanten Rechte an dem Film . Der Film sei am 15.11.2018 in den deutschen und am 16.11.2018 in den USamerikanischen Kinos angelaufen. Der Film habe auf Platz 1 der deutschen Kino-Charts gestanden und sei mit über 3,5 Millionen Kinobesuchern der erfolgreichste Film des Jahres 2018 in Deutschland.

Die Verfügungsklägerinnen verfügten für die streitgegenständlichen Filme und Serien u. a. für Deutschland über die ausschließlichen Rechte der öffentlichen Zugänglichmachung gemäß § 19a UrhG, einschließlich des ausschließlichen Rechts für Deutschland zum kostenlosen Abruf per Stream und Download sowie der dazugehörigen Vervielfältigungsrechte für Stream und Download an den jeweiligen Werken.

Die Verfügungsklägerinnen behaupten, bereits am 25.11.2018 sei - mit allen acht Folgen illegal im Internet über den Internetdienst - unentgeltlich abrufbar gewesen. Auch die übrigen Werke der Verfügungsklägerinnen zu 2) bis 6) seien seit kurzem auf ... verfügbar. ... sei ein Internetdienst, dessen Geschäftsmodell das illegale Zugänglichmachen von audiovisuellen Inhalten sei. Ein Verantwortlicher von - sei bereits Ende 2015 rechtskräftig zu einer Haftstrafe von mehreren Jahren verurteilt worden. ... gehöre zu den 150 populärsten Websites in Deutschland.

Die Verfügungsklägerinnen behaupten, schon wenige Stunden nach ihrer Premiere auf dem On-Demand-Portal der Verfügungsklägerin zu 1) seien die ersten beiden Folgen der Serie ... auf dem Internetdienst verfügbar gewesen. Kurze Zeit später seien alle acht Folgen der Serie auf abrufbar gewesen. Auch die Serie - sei nach der Veröffentlichung am 2.12.2018 auf verfügbar gewesen. sei ebenfalls ein auf Deutschland ausgerichteter Internetdienst mit illegalem Geschäftsmodell. Es sei öffentlich bekannt, dass kein Rechtsinhaber dem Dienst die dafür notwendigen Rechte gewähre, insbesondere nicht die Verfügungsklägerinnen. Der Internetdienst werde völlig anonym betrieben. Ein Strafverfahren der Staatsanwaltschaft Chemnitz sei mit Verfügung vom 06.02.2018 eingestellt worden, weil kein Täter ermittelbar gewesen sei (Anlage AST 17). gehöre zu den 100 populärsten Websites in Deutschland. Am 11.01.2019 habe ... öffentlich deaktiviert, zugleich hätte der Dienst angekündigt, ... wieder zu aktivieren,,,sollte sich an der Situation zeitnah nichts ändern“ (vgl. Anlage AST 39).

Die Verfügungsklägerinnen behaupten, die ersten Folgen von - seien schon wenige Stunden nach der öffentlichen Zugänglichmachung durch die Verfügungsklägerin zu 1) am 23.11.2018 über den Internetdienst verfügbar gewesen. Auch die Serie ... sei nach der Veröffentlichung am 2.12.2018 auf verfügbar gewesen. Schließlich gehöre 11.01.2019 habe betreibe ebenfalls ein illegales Geschäftsmodell. zu den 150 populärsten Websites in Deutschland. Am 11.01.2019 habe ... öffentlich deaktiviert, zugleich hätte der Dienst angekündigt, ... wieder zu aktivieren,,,sollte sich an der Situation zeitnah nichts ändern.“ (Anlage AST 39).

Die Verfügungsklägerinnen behaupten, für alle drei Internetdienste habe eine Analyse ergeben, dass mit einer Wahrscheinlichkeit von 99% zwischen 94,84% und 100% der dortigen Inhalte illegal seien. Die Wahrscheinlichkeit, dass weniger als 90% illegal seien, liege nur bei 0,0002391% (Anlage AST 21).

Die Verfügungsklägerinnen behaupten, ein Vorgehen gegen die Betreiber, Hast-Provider und Sharehoster der drei Internetdienste sei nicht erfolgversprechend. Sämtliche hier streitgegenständlichen Internetdienste hätten kein Impressum. Ermittlungen der FDS (File Defense Service UG) im Hinblick auf die Betreiber der drei Internetdienste seien erfolglos gewesen (Anlage AST 24). Auch die Motion Picture Alliance (MPA) habe nicht herausfinden können, wer jeweils Betreiber der drei Internetdienste sei (Anlage AST 25). Abmahnungen gegenüber den unbekannten Betreibern unter den vorgesehenen Kontaktmöglichkeiten seien sämtlich erfolglos geblieben (Anlage AST 14).

Die Verfügungsklägerinnen behaupten, die Werke könnten auch über Internetzugänge der Verfügungsbeklagten abgerufen werden. Auch über einen über die ... vermittelten Internetzugang der Verfügungsbeklagten zu 1) seien die Verletzungen der streitgegenständlichen Werke möglich. Alle streitgegenständlichen Spielfilme und Serien könnten über den Internetdienst - gestreamt werden. Darüber hinaus könnten sämtliche streitgegenständlichen Serien, mit Ausnahme von - - am 16.01.2019 über die Internetdienste und gestreamt werden (Anlage AST 47).

Die Verfügungsklägerinnen behaupten, der zweitgrößte Mitbewerber der Verfügungsbeklagten in Deutschland, ... habe auf Aufforderung der Verfügungsklägerinnen, im Hinblick auf die Internetdienste und eine DNS-Sperre am 18.12.2018 implementiert. Die freiwillig verhängte DNS-Sperre durch - habe bereits zu einer signifikanten Reduzierung der Nutzer von Eine vorläufige Messung der Zugriffszahlen auf ergebe einen relevanten Abfall der Zugriffe im Bereich von ca. 15%. Bei einem Marktanteil von ... von ca. 20% befolgten also offenbar 70% der ... Kunden die Sperre.

Die Verfügungsklägerinnen sind der Ansicht, ihr Antrag sei dringlich. Die Verfügungsklägerinnen hätten erst seit dem 21.11.2018 (oder später) Kenntnis davon, dass die Werke auf den 1nternetdiensten ... und ... illegal öffentlich zugänglich gemacht würden. Der Erlass einer einstweiligen Verfügung sei zur Abwendung wesentlicher Nachteile für die Verfügungsklägerinnen notwendig. Ihnen könne nicht zugemutet werden, die laufende Verletzung ihrer absoluten Rechte hinzunehmen, der Verletzerin eine Verfestigung des Störungszustandes zu ermöglichen und darauf verwiesen zu werden, lediglich Sekundäransprüche in Gestalt von Schadensersatzansprüchen zu realisieren. Effektiven Rechtsschutz könnten die Verfügungsklägerinnen lediglich im einstweiligen Verfügungsverfahren erlangen. Ein Hauptsacheverfahren würde bis weit in das Jahr 2019 hinein andauern, ohne dass ein gerichtlicher Titel für die Verfügungsklägerinnen vorliegen würde. Es wäre unzumutbar, die Verfügungsklägerinnen in der wichtigsten Phase der wirtschaftlichen Auswertung ihrer Werke auf ein langwieriges Hauptsacheverfahren zu verweisen. Sekundäransprüche in Gestalt von Schadensersatzansprüchen ließen sich gegenüber den Betreibern von und nicht realisieren, da deren Betreiber nicht ermittelbar seien. Auch schieden Sekundäransprüche gegenüber den Verfügungsbeklagten aus. Die Dringlichkeit sei werksbezogen auszulegen. Im Urheberrecht seien Rechtsstreitigkeiten, die verschiedene Werke beträfen, nicht kerngleich, weil sie sich auf andere Schutzrechte bezögen.

Die Verfügungsklägerinnen sind der Auffassung, die Tatbestandsvoraussetzungen des§ 7 Abs. 4 TMG analog lägen vor. Insbesondere hätten die Verfügungsklägerinnen keine andere Möglichkeit, die Rechtsverletzung zu verhindern. Aus europasowie verfassungsrechtlichen Vorgaben seien hieran keine zu hohen Anforderungen zu stellen. Die Sperrung sei nicht unzumutbar oder unverhältnismäßig. Es wäre jedenfalls unzumutbar, die Verfügungsklägerinnen in der wichtigsten Auswertungsphase ihrer Werke auf ein zeitaufwendiges vorheriges Vorgehen gegen nicht identifizierbare, oder im Ausland ansässige Rechtsverletzer oder deren Dienstleister zu verweisen.

Die Verfügungsklägerinnen beantragten zunächst, die Verfügungsbeklagten zu verpflichten, gegenüber ihren Kunden die Vermittlung des Zugangs über das Internet zu den Filmen der Verfügungsklägerin zu 1) (Serie - - acht Folgen), der Verfügungsbeklagten zu 2) (Film ... , der Verfügungsklägerin zu 3) (Serie ... 1), der Verfügungsklägerin zu 4) (Film, der Verfügungsklägerin zu ... 5) (Film) und der Verfügungsklägerin zu 6) (Film ... ) durch Einrichtung einer DNS-Sperre zu verhindern, soweit eines oder mehrere dieser Werke über die gegenwärtig ... oder ... genannten Internetdienste abrufbar sind.

Hilfsweise beantragten die Verfügungsklägerinnen zunächst, den Verfügungsbeklagten - für jeden Fall der Zuwiderhandlung, bei Meidung eines Ordnungsgeldes von bis zu 250.000,- € - zu verbieten, ihren Kunden über das Internet Zugang zu den genannten Filmen und Serien zu gewähren, soweit eines oder mehrere dieser Werke über die gegenwärtig ... oder ... genannten Internetdienste abrufbar sind.

In der mündlichen Verhandlung vom 18.01.2019 beantragten die Verfügungsklägerinnen sodann, die Verfügungsbeklagten zu verpflichten, gegenüber ihren Kunden und/oder sonstigen Nutzern ihrer Internetzugänge und DNS-Server, die Vermittlung des Zugangs über das Internet zu den streitgegenständlichen Filmen und Serien durch Einrichtung einer DNS-Sperre zu verhindern und zwar im Hinblick auf die gegenwärtig ... und ... genannten Internetdienste, die unter den im einzelnen aufgeführten Domains erreichbar sind.

Hilfsweise beantragten die Verfügungsklägerinnen, den Verfügungsbeklagten - für jeden Fall der Zuwiderhandlung, bei Meidung eines Ordnungsgeldes von bis zu 250.000,- € - zu verbieten, ihren Kunden und/oder sonstigen Nutzern ihrer Internetzugänge und DNS-Server, über das Internet Zugang zu den streitgegenständlichen Filmen und Serien zu gewähren, und zwar im Hinblick auf die gegenwärtig und ... genannten Internetdienste, die unter den im einzelnen aufgeführten Domains erreichbar sind.

Sodann nahmen die Verfügungsklägerinnen den Antrag hinsichtlich der Verfügungsbeklagten zu [2) ] zurück. Weiter nahmen sie den Hilfsantrag insgesamt zurück.

Die Verfügungskläger beantragen zuletzt,

Die Verfügungsbeklagte zu 1) wird verpflichtet, gegenüber ihren Kunden und/oder sonstigen Nutzern ihrer Internetzugänge und DNS-Server die Vermittlung des Zugangs über das Internet zu den folgenden Filmen

1. ...;

2. ...;

3. ...;

4. ...;

5. ...;

6. ...;

(nachfolgend:,,WERKE“ genannt) durch Einrichtung einer DNS-Sperre zu verhindern, und zwar

a) im Hinblick auf den gegenwärtig - genannten Internetdienst, der unter den folgenden Domains erreichbar ist:

...

bezogen auf die Werke 1. bis 6.,

und/oder

b) im Hinblick auf den gegenwärtig ... genannten Internetdienst, der unter der Domain erreichbar ist,

bezogen auf die Werke 1. und 3.

und/oder

c) im Hinblick auf den gegenwärtig ... genannten Internetdienst, der unter den folgenden Domains erreichbar ist:

...

bezogen auf die Werke 1. und 3.

Hilfsweise:

Die Verfügungsbeklagte zu 1) wird verpflichtet, gegenüber ihren Kunden die Vermittlung des Zugangs über das Internet zu den folgenden Filmen

1. ...;

2. ...;

3. ...;

4. ...;

5. ...;

6. ...;

(nachfolgend:,,WERKE“ genannt) durch Einrichtung einer DNS-Sperre zu verhindern, soweit

a) eines oder mehrere dieser Werke über den gegenwärtig - genannten Internetdienst abrufbar sind, wie dies unter den folgenden Domains geschieht:

...

und/oder

b) die WERKE 1. und/oder 3. über den gegenwärtig ... genannten Internetdienst abrufbar sind, wie dies unter der folgenden Domain geschieht:

...

und/oder

c) die WERKE 1. und/oder 3. über den gegenwärtig ... genannten Internetdienst abrufbar sind, wie dies unter den folgenden Domains geschieht:

...

wie aus Anlage AST 1 für die einzelnen WERKE ersichtlich.

Verfügungsbeklagte zu 1) beantragt,

Zurückweisung der Anträge.

Die Verfügungsbeklagte zu 2) stimmt der Antragsrücknahme hinsichtlich der Verfügungsbeklagten zu 2) zu und stellt insoweit Kostenantrag.

Die Verfügungsbeklagten erheben hinsichtlich der Verfügungsklägerinnen zu 2) bis 6) die Einrede der Prozesskostensicherheit. § 110 ZPO sei auch im Eilverfahren anwendbar.

Die Verfügungsbeklagten sind der Auffassung, es fehle an der Dringlichkeit. Bereits das Unterlassen der Inanspruchnahme des Anbieters - mit einem Marktanteil von 15% bei Breitbandanschlüssen sei unter Dringlichkeitsaspekten schädlich, weil die Verfügungsklägerinnen damit bewusst in Kauf nähmen, dass die von ihnen vorgebrachten Rechtsverletzungen im Internet weiterhin begangen werden könnten. Dies könne auch mit der Inanspruchnahme der Verfügungsbeklagten zu 1) als nur noch „mittelbarem Access-Provider“ nicht geheilt werden, denn die Verfügungsklägerinnen gingen in diesem Fall nicht gegen denjenigen vor, der tatsächlich den Verbrauchern den Zugang zum Internet bereitstelle.

Im Rahmen des § 12 Abs. 2 UWG sei anerkannt, dass die Dringlichkeitsvermutung als widerlegt anzusehen sei, wenn ein Antragsteller zu einem dringlichkeitsschädlichen Zeitpunkt von einer auch nur „kerngleichen“ Handlung Kenntnis gehabt hätte, ohne dagegen rechtzeitig im Eilverfahren vorzugehen. Auch die Kenntnis von einer auch nur im Kern gleichartigen Handlung zu derjenigen, die später im Eilverfahren angegriffen werde, sei anerkanntermaßen dringlichkeitsschädlich. Die Verfügungsklägerinnen begehrten hier, dass der Zugang zu bestimmten Zielen im Internet gesperrt werden solle. Im Erfolgsfalle führe dies dazu, dass alle Inhalte der jeweiligen Ziele für die Nutzer eines Internetzugangs der Verfügungsbeklagten zu 1) nicht mehr in gleicher Weise wie zuvor erreichbar wären. Dies wirke sich auch auf den Verfügungsgrund aus. Wenn die Verfügungsklägerinnen in Bezug auf die streitgegenständlichen Internetdienste schon in der Vergangenheit Kenntnis von dort vorhandenen Rechtsverletzungen gehabt hätten, ohne dagegen in der gebotenen Eile vorgegangen zu sein, könne allein die Präsentation einer „neuen“ Verletzung keine neue Dringlichkeit begründen. Eine „werkspezifische“ Betrachtung dürfe nicht zugrunde gelegt werden. Es gehe den Verfügungsklägerinnen nicht darum, dass ein bestimmtes Werk auf einem bestimmten Internetportal beseitigt werden solle, was den Verbleib anderer Werke des jeweiligen Verfügungsklägers auf der gleichen Internetseite immer noch zulasse. Im „urheberrechtlichen Normalfall“ ergehe die gerichtliche Entscheidung nur in Bezug auf ein konkretes Werk, ohne darüber hinausgehende Folgen. Der Anspruch auf Sperrmaßnahmen in Bezug auf ein bestimmtes Portal führe dagegen dazu, dass auch andere Rechtsverletzungen, bezüglich derer sich ein Antragsteller höchst zögerlich oder gänzlich desinteressiert gezeigt habe, mit gesperrt würden. Es dürfe nicht sein, dass ein Antragsteller, der monate- oder gar jahrelang Verletzungen seiner absoluten Rechte im Internet hingenommen habe, wegen einer „neuen“ Rechtsverletzung eine einstweilige Verfügung beanspruchen könne, durch die er faktisch durch die ausgesprochene umfassende Sperre des jeweiligen Portals einen Schutz vor Rechtsverletzungen selbst in Bezug auf diejenigen Werke erhalte, um deren Verteidigung er sich in der Vergangenheit gar nicht bemüht habe.

Den Verfügungsklägerinnen seien schon seit vielen Jahren, jedenfalls aber seit einer dringlichkeitsschädlichen Zeit, die streitgegenständlichen Internetdienste bekannt. Es könne nicht darauf ankommen, welche individuellen Werke betroffen sein sollen, denn insoweit liege eine - jedenfalls im Kern - gleichartige Sachverhaltskonstellation zu derjenigen vor, die in der Vergangenheit bestanden hätte.

Wären schon in der Vergangenheit entsprechende Maßnahmen ergriffen worden, wäre auch der „spätere“ Zugriff auf die nunmehr von den Verfügungsklägerinnen angeführten Werke auf den streitgegenständlichen Portalen nicht möglich bzw. gleichermaßen eingeschränkt.

Darüber hinaus lägen die besonderen Voraussetzungen für den Erlass einer Leistungsverfügung nicht vor. Dies sei erforderlich, da § 7 Abs. 4 TMG einen Antrag auf Leistung zum Gegenstand habe. Es bestehe weder eine dringende Not- bzw. Zwangslage, noch sei eine Existenzgefährdung bei den Verfügungsklägerinnen zu befürchten. Dabei sei auch zu berücksichtigen, dass die Verfügungsklägerinnen lediglich einen Streitwert von 250.000,- € ansetzen, was das wirtschaftliche Interesse der einzelnen Verfügungsklägerinnen an der Rechtedurchsetzung - im Hinblick auf die einzelnen Werke - als eher gering erscheinen lasse.

Darüber hinaus sei auch kein Verfügungsanspruch gegeben. Die Notifizierung am 14.12.2018 sei nicht ausreichend. Die darin gesetzte Frist von nicht einmal drei Werktagen sei per se unzureichend. Auch inhaltlich genüge die Notifizierung nicht den Anforderungen. Darüber hinaus leiste die Verfügungsbeklagte zu 1) keinen willentlichen und adäquat kausalen Tatbeitrag, wenn Rechtsverletzungen im Internet begangen würden. Die Vermittlung des Zugangs zum Internet sei für sich genommen rechtlich neutral.

Außerdem erfordere der Subsidiaritätsgrundsatz die Inanspruchnahme der Firma - . Hätten die Verfügungsklägerinnen auch die Firma - in Anspruch genommen, dann hätten sie für alle Endverbraucher, die - egal, über welchen DNS-Server - von der Firma - den Zugang zum Internet vermittelt bekommen, eine Sperre erreichen können. § 7 Abs. 4 TMG analog sei nicht anwendbar. Hilfsweise würden die Anforderungen des Bundesgerichtshofs in seiner Entscheidung „Access-Provider'' nicht erfüllt. Die begehrte DNS-Sperre sei kein taugliches Mittel, da sie die Rechtsverletzung nicht beseitige und darüber hinaus leicht zu umgehen sei.

Das Gericht hat Beweis erhoben zu der Behauptung der Verfügungsklägerin zu 1), der Titel „...“ habe für die Verfügungsklägerin zu 1) eine herausragende wirtschaftliche Bedeutung, auch im Vergleich zu früheren Inhalten, die die Verfügungsklägerin zu 1) ausgewertet habe, durch uneidliche Vernehmung des präsenten Zeugen . Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf die Sitzungsniederschrift vom 18.01.2019 Bezug genommen. Zur Ergänzung des Tatbestands wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen, sowie auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 18.01.2019 Bezug genommen.

Gründe

I.

Eine Sicherheitsleistung gemäß § 11O Abs. 1 ZPO war nicht anzuordnen. Die Kammer schließt sich hier der Auffassung an, wonach - unabhängig von der Frage, ob über den Antrag auf Erlass der einstweiligen Verfügung mündlich verhandelt worden ist - für die Anwendung des § 11O Abs. 1 ZPO im einstweiligen Verfügungsverfahren im Hinblick auf dessen Charakter als Eilverfahren und dem Gebot des effektiven Rechtsschutzes kein Raum ist (Nagel/Gottwald, in: Nagel/Gottwald, Internationales Zivilprozessrecht, 7. Aufl. 2013, § 5 Ausländer als Verfahrensbeteiligte, Rn. 81; OLG München NJOZ 2012, 2119, 2121). Im Übrigen ist hier zu berücksichtigen, dass mit der Verfügungsklägerin zu 1) ein inländischer Kostenschuldner zur Verfügung steht.

II.

Der zulässige Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung war zurückzuweisen. Die Verfügungsklägerinnen haben den für den Erlass einer einstweiligen Verfügung notwendigen Verfügungsgrund nicht glaubhaft gemacht. Es fehlt an der Dringlichkeit.

1. Ein Verhalten des Verfügungsklägers, dem zu entnehmen ist, dass er die Angelegenheit selbst nicht als dringend ansieht, kann der Annahme der Dringlichkeit entgegenstehen (vgl. OLG München, Urt. v. 14.7.2016 - 29 U 953/16, GRUR-RR 2017, 89, 94 m.w.N.). Nach ständiger Rechtsprechung der für die Gebiete des gewerblichen Rechtsschutzes und des Urheberrechts zuständigen Senate des Oberlandesgerichts München kann nicht mehr von Dringlichkeit ausgegangen werden, wenn ein Verfügungskläger länger als einen Monat ab Erlangung der Kenntnis von der Verletzungshandlung und der Person des Verletzers zuwartet, bevor er den Erlass einer einstweiligen Verfügung beantragt (OLG München, a.a.O. m.w.N.).

2. Dies ist hier der Fall: Die Verfügungsklägerinnen haben durch ihr Verhalten zum Ausdruck gebrach,t dass sie die Angelegenheit nicht als dringlich erachten:

a) Den Verfügungsklägerinnen waren - von ihnen nicht bestritten - die streitgegenständlichen Internetdienste ... und ... bereits länger als ein Monat vor dem Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung am 20.12.2018 bekannt. Wie gerichtsbekann,t wurden und werden insbesondere die Vorgänge um den Internetdienst - sowie die strafrechtlichen Ermittlungen gegen die mutmaßlichen Betreiber seit mehreren Jahren durch intensive Medienberichterstattung begleitet. Der Internetdienst ... wurde laut Wikipediaeintrag vom 15.2.2019 am 19.1.2015, der Internetdienst ... am 1.12.2009 gestartet.

b) Den Verfügungsklägerinnen war darüber hinaus bereits seit der Entscheidung des Bundesgerichtshofs in der Sache „Störerhaftung des Acess-Providers“ vom 26.11.2015 (1 ZR 174/14) bekannt, dass ein Vorgehen gegen Access-Provider im Grundsatz möglich ist. Der Umstand, dass dieses Urteil die Störerhaftung betraf und dass seit der Entscheidung „Dead Island“ des Bundesgerichtshofs (Urt. vom 26.07.2018- 1 ZR 64/17) mittlerweile möglicherweise ein Vorgehen gemäß§ 7 Abs. 4 TMG analog notwendig ist, ändert an der grundsätzlich seit der Entscheidung „Störerhaftungdes Acess-Providers“ bekannten Möglichkeit der Inanspruchnahme der Access-Provider nichts.

c) Es ist entgegen der Auffassung der Verfügungsklägerinnen unerheblich, dass sie - wie von ihnen behauptet - erst seit dem 21.11.2018 (oder später) (und damit innerhalb der Dringlichkeitsfrist) Kenntnis davon hatten, dass die in Rede stehenden Werke auf den streitgegenständlichen Internetdiensten öffentlich zugänglich gemacht worden sind.

aa) Der Wortlaut des § 7 Abs. 4 TMG, der nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs in der Sache „Dead Island“ analog auf den Betreiber drahtgebundener Internetzugänge Anwendung findet, mag zwar dafür sprechen, die Dringlichkeit werkbezogen auszulegen. So nennt etwa das Gesetz als Ziel der Sperrung,,,um die Wiederholung der Rechtsverletzung zu verhindern“. Damit ist eine konkrete Rechtsverletzung gemeint. Die Besonderheiten des von den Verfügungsklägerinnen begehrten Sperranspruchs gemäß § 7 Abs. 4 TMG analog rechtfertigen es aber, in vorliegendem Zusammenhang die Dringlichkeit nicht werksbezogen auszulegen:

bb) Die Entscheidung des Bundesgerichtshofs „Dead Island“ (BGH GRUR 2018, 1044) legt eine nicht werksbezogene Auslegung im Rahmen der Dringlichkeit nahe:

So führt der Bundesgerichtshof für gewerbliche Betreiber von WLAN aus, es reiche für die Begründung einer Verhaltenspflicht aus, wenn der Betreiber zuvor darauf hingewiesen worden sei, dass sein Anschluss (überhaupt) für rechtsverletzende Handlungen dieser Art (hier: Rechtsverletzungen im Wege des Filesharing) genutzt worden sei. Der Annahme einer Störerhaftung stehe nicht entgegen, dass das im Hinweis benannte Werk nicht mit dem von der erneuten Rechtsverletzung betroffenen Werk identiscli sei. Die dem Anschlussinhaber zur Verfügung stehende Maßnahme des Passwortschutzes sei inhaltlich und technisch nicht auf ein bestimmtes Schutzrecht ausgerichtet, sondern diene generell der Abschreckung von Nutzern, die den Zugang missbräuchlich nutzen möchten. Insofern bestehe - anders als im Fall des Hast-Providers, der bei Annahme einer Verhaltenspflicht auf bestimmte Schutzrechte bezogene zukünftige Verletzungen verhindern und deshalb eingestellte Informationen daraufhin untersuchen müsse - keine Veranlassung, die Verhaltenspflicht des Zugangsvermittlers in Fällen der vorliegenden Art schutzrechtsbezogen auszugestalten (BGH GRUR 2018, 1044, 1047).

Für den Fall der gewerblichen Bereitstellung eines drahtgebundenen Internetzugangs führt der Bundesgerichtshof aus, die Annahme einer Verhaltenspflicht sei jedenfalls deshalb gerechtfertigt, weil der dortige Beklagte bereits wegen im Jahr 2011 über seinen Internetanschluss begangener Urheberrechtsverletzungen mittels Filesharing abgemahnt worden sei. Die bestehende technische Möglichkeit, die Nutzung von Filesharing-Software über das Tor-Netzwerk zu sperren, sei keine schutzrechtsbezogene Maßnahme, sondern diene der Vorbeugung gegen jegliche Urheberrechtsverletzung durch Filesharing. Deshalb löse - ebenso wie im Falle der gewerblichen WLAN-Bereitstellung - bereits der an den Betreiber gerichtete Hinweis, über den von ihm bereitgestellten drahtgebundenen Internetzugang seien Urheberrechtsverletzungen durch Filesharing begangen worden, eine entsprechende Verhaltenspflicht aus (BGH GRUR 2018, 1044, 1047).

Löst nach diesen Grundsätzen bereits der Hinweis auf irgendeine gleichartige vorangegangene Urheberrechtsverletzung die Annahme einer Verhaltenspflicht auf Seiten des Anschlussinhabers aus, so muss sich dies gleichsam spiegelbildlich auch auf die Anforderungen im Rahmen der Dringlichkeit beim Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung durch den Rechteinhaber auswirken. Auch die Verfügungsklägerinnen begehren mit der DNS-Sperre keine schutzrechtsbezogene Maßnahme. Sie dient - da der Zugang zu den streitgegenständlichen Internetdiensten insgesamt gesperrt werden soll - vielmehr der Vorbeugung gegen jegliche Urheberrechtsverletzung auf den streitgegenständlichen Portalen. Es wäre letztlich eine nicht gerechtfertigte Privilegierung der Rechteinhaber, wenn die Verhaltenspflicht des Zugangsvermittlers nicht schutzrechtsbezogen, die Dringlichkeit im Rahmen des einstweiligen Verfügungsverfahrens aber gleichzeitig werk- und damit schutzrechtsbezogen zu beurteilen wäre. Eine solche Betrachtung führte letztlich dazu, dass die Verhaltenspflicht - unabhängig vom konkreten Werk - bereits bei jeglicher gleichartigen Urheberrechtsverletzung greifen würde, den Rechteinhabern - obwohl ihnen die Möglichkeit bereits bei vorangegangenen Rechtsverstößen offengestanden hätte - bei jedem neu erschienenen Werk wieder die Dringlichkeit offenstünde.

cc) Auch wertende Gesichtspunkte sprechen dafür, im vorliegenden Zusammenhang die Dringlichkeit nicht werksbezogen auszulegen:

Hätte der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung Erfolg, würde der Zugang zu den streitgegenständlichen Internetdiensten insgesamt - also nicht nur für die im Antrag genannten Werke - gesperrt. Die Verfügungsbeklagte zu 1) weist zu Recht darauf hin, dass auf diese Weise auch der Zugang zu Werken der Verfügungsklägerinnen gesperrt würde, wegen deren Rechtsverletzung die Verfügungsklägerinnen bislang nicht bzw. nur zögerlich vorgegangen sind. Dass andere Werke der Verfügungsklägerinnen bislang nicht auf den streitgegenständlichen Internetdiensten verfügbar gewesen wären, tragen die Verfügungsklägerinnen nicht vor. Dies wäre auch wirklichkeitsfern. Für die von der Verfügungsklägerin zu 1) eo-produzierten Serie ... hat die Vernehmung des Zeugen - sogar explizit ergeben, dass die Folgen dieser Serie schon im November 2017 auf Streaming-Portalen, und zwar auch auf 1111, verfügbar waren.

Des Weiteren ist zu berücksichtigen, dass - worauf die Verfügungsbeklagte zu 1) ebenfalls zutreffend verweist - in dem Fall, in dem Verfügungsklägerinnen bereits eine vorangegangene Rechtsverletzung eines anderen Werkes der Verfügungsklägerinnen zum Anlass genommen hätten, erfolgreich eine DNS-Sperre im Hinblick auf die streitgegenständlichen Internetdienste zu erreichen, es zu den jetzt streitgegenständlichen Rechtsverletzungen gar nicht mehr gekommen wäre.

dd) Der den Parteien im Nachgang zu der mündlichen Verhandlung zur Verfügung gestellte Beschluss des Oberlandesgerichts München vom 28.9.2018 (29 W 1489/18) steht der nicht werksbezogenenen Auslegung der Dringlichkeit im konkreten Fall nicht entgegen. Gleiches gilt für die von den Verfügungsklägerinnen zitierten Entscheidungen des Oberlandesgerichts Hamburg (ZUM 2009, 575 = BeckRS 2009, 21838) und des Landgerichts Hamburg (ZUM 2009, 582). Die Sachverhalte sind jeweils mit dem vorliegenden nicht vergleichbar. Die Gerichte hatten in den zitierten Fällen jeweils das direkte Vorgehen der Rechteinhaber gegenüber einem Diensteanbieter in Bezug auf konkrete Werke zu beurteilen. Es ging den dortigen Antragstellern darum, den Antragsgegnern zu untersagen, bestimmte Werke öffentlich zugänglich zu machen und /oder zugänglich machen zu lassen. Im vorliegenden Fall gehen die Verfügungsklägerinnen gerade nicht gegen die Diensteanbieter vor, sondern gegen den Acess-Provider und begehren mit der Errichtung einer DNS-Sperre keine schutzrechtsbezogene Maßnahme. Dies rechtfertigt es - wie ausgeführt - anders als in den zitierten Fällen die Dringlichkeit nicht schutzrechtsbezogen auszulegen.

Zudem spricht folgende Passage des genannten Beschlusses des Oberlandesgerichts München dafür, die Dringlichkeit im vorliegenden Fall zu verneinen:,,Nur wenn die Antragstellerin mit einer solchen einstweiligen Verfügung auch ein Verbot der Verletzung der nunmehr streitgegenständlichen Musikwerke hätte erlangen können, könnte daraus, dass sie einen solchen Titel nicht erwirkt hat, darauf geschlossen werden, dass es ihr mit einem Verbot der entsprechenden Handlungen nicht eilig sei.“ (OLG München, Bes. vom 28.9.2018, 29 W 1489/18, S. 7). Die Verfügungsklägerinnen hätten bereits mit einer vorher erwirkten DNS-Sperre erwirken können, dass der Zugang auch zu den nunmehr streitgegenständlichen Werken gesperrt wäre. Ihr Zuwarten erweist sich daher als dringlichkeitsschädlich.

ee) Da im vorliegenden Fall die Dringlichkeit nicht werksbezogen auszulegen ist, ist es unerheblich, dass - entgegen der Auffassung der Verfügungsbeklagten zu 1) - das Einstellen der hier in Rede stehenden Werke in die streitgegenständlichen Internetdienste keine kerngleichen Verstöße im Vergleich zu dem vorangegangenen Einstellen anderer Werke der Verfügungsklägerinnen darstellen. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs beschränkt sich die Kerntheorie im Rahmen der Reichweite eines gerichtlich ausgesprochenen Unterlassungsgebots nämlich darauf, ein im „Kern“ feststehendes und bei dessen sachgerechter Auslegung auch eine abweichende Handlung bereits umfassendes Verbot auf Letztere anzuwenden. Das rechtlich Charakteristische der konkreten Verletzungsform, das für die Bestimmung des Kerns der verbotenen Handlung maßgeblich sei, sei daher auf das beschränkt, was bereits Prüfungsgegenstand im Erkenntnisverfahren gewesen sei. Da jedes Schutzrecht einen eigenen Streitgegenstand darstelle, könne sich das rechtlich Charakteristische der konkreten Verletzungsform nicht über die konkreten Schutzrechte hinaus erstrecken, die Gegenstand eines Erkenntnisverfahrens waren. Eine Ausnahme davon sei auch dann nicht gerechtfertigt, wenn es sich um gleichartige Schutzrechte desselben Rechtsinhabers handele (BGHGRUR 2014, 706, 707 Rz. 13 m.w.N.).

3. Für ein Wiederaufleben der Dringlichkeitist nichts ersichtlich: Die Verfügungsklägerinnen zu 2) - 6) haben insoweit bereits nichts vorgetragen und nichts glaubhaft gemacht, wonach sich die geltend gemachten Werke bzw. die Rechtsverletzungen hieran quantitativ und/oder qualitativ in erheblichem Umfang von vorangegangenen Rechtsverletzungen von Werken der Verfügungsklägerinnen zu 2) - 6) auf den streitgegenständlichenInternetdiensten unterscheiden würden.

Soweit die Verfügungsklägerin zu 6) vorträgt, bei dem Film „PhantastischeTierwesen: Grindelwalds Verbrechen“ handele es sich um den erfolgreichsten Kinofilm, der 2018 in die deutschen Kinos gekommen ist, vermag dies nicht ein Wiederaufleben der Dringlichkeit zu begründen: Wie ausgeführ,t ist die Möglichkeit, gegen Access-Provider vorzugehen seit der Entscheidung des Bundesgerichtshofs in der Sache „Störerhaftung des Access-Providers“ bekannt. Dass in den Jahren 2016 und 2017 nicht ähnliche Blockbuster der Verfügungsklägerin zu 6) erschienen wären, die nicht gleichfalls auf dem Internetdienst - abrufbar gewesen wären, trägt die Verfügungsklägerin zu 6) nicht vor.

Die Verfügungsklägerin zu 1) hat zwar in der mündlichen Verhandlung vorgetragen, bei ihr habe es eine Änderung der unternehmerischen Strategie gegeben. Man habe entschieden, nunmehr hochwertige, künstlerisch wertvolle Eigenproduktionen zu machen. Die erste Produktion dieser Art sei die Serie - Vorher habe es solche Produktionen in der Qualität und mit dem Kosteneinsatz nicht gegeben. Diese Behauptung hat sich allerdings im Rahmen der Vernehmung des Zeugen - nicht bestätigt. Unabhängig davon, dass der Zeuge viele Angaben lediglich als interessierter Mitarbeiter und vom Hörensagen getätigt hat und dem Beweiswert der Aussage daher ohnehin von vorneherein kein großes Gewicht zukommt, hat der Zeuge ausgeführt, dass die Verfügungsklägerinzu 1) bereits vor der Serie - mit der 1111 ge meinsam die Serie ... eo-produziert habe. Die Kosten hätten sich auf 40 Millionen EURO für 16 Folgen belaufen. Auch wenn - wie vom Zeugen angegeben - die Kosten für 8 Folgen - bei 26,5 Millionen lagen und man berücksichtigt, dass es sich bei der Serie ... um eine Co-Produktion mit der ... gehandelt habe, vermag dies nicht die von der Verfügungsklägerin zu 1) behauptete Änderung der unternehmerischen Strategie zu begründen, die möglicherweise Auswirkungen auf ein etwaiges Wiederaufleben der Dringlichkeit gehabt hätte.

III.

Die Kostenentscheidung beruht auf§§ 91 Abs. 1 Satz 1, 269 Abs. 3 Satz 2 ZPO.

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(1) Die unterliegende Partei hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, insbesondere die dem Gegner erwachsenen Kosten zu erstatten, soweit sie zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig waren. Die Kostenerstattung um

(1) Zur Sicherung der in diesem Gesetz bezeichneten Ansprüche auf Unterlassung können einstweilige Verfügungen auch ohne die Darlegung und Glaubhaftmachung der in den §§ 935 und 940 der Zivilprozessordnung bezeichneten Voraussetzungen erlassen werden

Das Recht der öffentlichen Zugänglichmachung ist das Recht, das Werk drahtgebunden oder drahtlos der Öffentlichkeit in einer Weise zugänglich zu machen, dass es Mitgliedern der Öffentlichkeit von Orten und zu Zeiten ihrer Wahl zugänglich ist.
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published on 14/07/2016 00:00

Tenor 1. Auf die Berufung der Antragsgegnerin wird das Urteil des Landgerichts München I vom 5. Februar 2016 in seinen Ziffern III. und IV. dahin abgeändert, dass es lautet wie folgt: III. Die Beklagte wird verurteilt, es bei Mei
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Das Recht der öffentlichen Zugänglichmachung ist das Recht, das Werk drahtgebunden oder drahtlos der Öffentlichkeit in einer Weise zugänglich zu machen, dass es Mitgliedern der Öffentlichkeit von Orten und zu Zeiten ihrer Wahl zugänglich ist.

(1) Diensteanbieter sind für eigene Informationen, die sie zur Nutzung bereithalten, nach den allgemeinen Gesetzen verantwortlich.

(2) Diensteanbieter im Sinne der §§ 8 bis 10 sind nicht verpflichtet, die von ihnen übermittelten oder gespeicherten Informationen zu überwachen oder nach Umständen zu forschen, die auf eine rechtswidrige Tätigkeit hinweisen.

(3) Verpflichtungen zur Entfernung von Informationen oder zur Sperrung der Nutzung von Informationen nach den allgemeinen Gesetzen aufgrund von gerichtlichen oder behördlichen Anordnungen bleiben auch im Falle der Nichtverantwortlichkeit des Diensteanbieters nach den §§ 8 bis 10 unberührt. Das Fernmeldegeheimnis nach § 3 des Telekommunikation-Telemedien-Datenschutz-Gesetzes ist zu wahren.

(4) Wurde ein Telemediendienst von einem Nutzer in Anspruch genommen, um das Recht am geistigen Eigentum eines anderen zu verletzen und besteht für den Inhaber dieses Rechts keine andere Möglichkeit, der Verletzung seines Rechts abzuhelfen, so kann der Inhaber des Rechts von dem betroffenen Diensteanbieter nach § 8 Absatz 3 die Sperrung der Nutzung von Informationen verlangen, um die Wiederholung der Rechtsverletzung zu verhindern. Die Sperrung muss zumutbar und verhältnismäßig sein. Ein Anspruch gegen den Diensteanbieter auf Erstattung der vor- und außergerichtlichen Kosten für die Geltendmachung und Durchsetzung des Anspruchs nach Satz 1 besteht außer in den Fällen des § 8 Absatz 1 Satz 3 nicht.

(1) Kläger, die ihren gewöhnlichen Aufenthalt nicht in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union oder einem Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum haben, leisten auf Verlangen des Beklagten wegen der Prozesskosten Sicherheit.

(2) Diese Verpflichtung tritt nicht ein:

1.
wenn auf Grund völkerrechtlicher Verträge keine Sicherheit verlangt werden kann;
2.
wenn die Entscheidung über die Erstattung der Prozesskosten an den Beklagten auf Grund völkerrechtlicher Verträge vollstreckt würde;
3.
wenn der Kläger im Inland ein zur Deckung der Prozesskosten hinreichendes Grundvermögen oder dinglich gesicherte Forderungen besitzt;
4.
bei Widerklagen;
5.
bei Klagen, die auf Grund einer öffentlichen Aufforderung erhoben werden.

(1) Zur Sicherung der in diesem Gesetz bezeichneten Ansprüche auf Unterlassung können einstweilige Verfügungen auch ohne die Darlegung und Glaubhaftmachung der in den §§ 935 und 940 der Zivilprozessordnung bezeichneten Voraussetzungen erlassen werden.

(2) Ist auf Grund dieses Gesetzes Klage auf Unterlassung erhoben worden, so kann das Gericht der obsiegenden Partei die Befugnis zusprechen, das Urteil auf Kosten der unterliegenden Partei öffentlich bekannt zu machen, wenn sie ein berechtigtes Interesse dartut. Art und Umfang der Bekanntmachung werden im Urteil bestimmt. Die Befugnis erlischt, wenn von ihr nicht innerhalb von drei Monaten nach Eintritt der Rechtskraft Gebrauch gemacht worden ist. Der Ausspruch nach Satz 1 ist nicht vorläufig vollstreckbar.

(3) Macht eine Partei in Rechtsstreitigkeiten, in denen durch Klage ein Anspruch aus einem der in diesem Gesetz geregelten Rechtsverhältnisse geltend gemacht wird, glaubhaft, dass die Belastung mit den Prozesskosten nach dem vollen Streitwert ihre wirtschaftliche Lage erheblich gefährden würde, so kann das Gericht auf ihren Antrag anordnen, dass die Verpflichtung dieser Partei zur Zahlung von Gerichtskosten sich nach einem ihrer Wirtschaftslage angepassten Teil des Streitwerts bemisst. Die Anordnung hat zur Folge, dass

1.
die begünstigte Partei die Gebühren ihres Rechtsanwalts ebenfalls nur nach diesem Teil des Streitwerts zu entrichten hat,
2.
die begünstigte Partei, soweit ihr Kosten des Rechtsstreits auferlegt werden oder soweit sie diese übernimmt, die von dem Gegner entrichteten Gerichtsgebühren und die Gebühren seines Rechtsanwalts nur nach dem Teil des Streitwerts zu erstatten hat und
3.
der Rechtsanwalt der begünstigten Partei, soweit die außergerichtlichen Kosten dem Gegner auferlegt oder von ihm übernommen werden, seine Gebühren von dem Gegner nach dem für diesen geltenden Streitwert beitreiben kann.

(4) Der Antrag nach Absatz 3 kann vor der Geschäftsstelle des Gerichts zur Niederschrift erklärt werden. Er ist vor der Verhandlung zur Hauptsache anzubringen. Danach ist er nur zulässig, wenn der angenommene oder festgesetzte Streitwert später durch das Gericht heraufgesetzt wird. Vor der Entscheidung über den Antrag ist der Gegner zu hören.

(1) Diensteanbieter sind für eigene Informationen, die sie zur Nutzung bereithalten, nach den allgemeinen Gesetzen verantwortlich.

(2) Diensteanbieter im Sinne der §§ 8 bis 10 sind nicht verpflichtet, die von ihnen übermittelten oder gespeicherten Informationen zu überwachen oder nach Umständen zu forschen, die auf eine rechtswidrige Tätigkeit hinweisen.

(3) Verpflichtungen zur Entfernung von Informationen oder zur Sperrung der Nutzung von Informationen nach den allgemeinen Gesetzen aufgrund von gerichtlichen oder behördlichen Anordnungen bleiben auch im Falle der Nichtverantwortlichkeit des Diensteanbieters nach den §§ 8 bis 10 unberührt. Das Fernmeldegeheimnis nach § 3 des Telekommunikation-Telemedien-Datenschutz-Gesetzes ist zu wahren.

(4) Wurde ein Telemediendienst von einem Nutzer in Anspruch genommen, um das Recht am geistigen Eigentum eines anderen zu verletzen und besteht für den Inhaber dieses Rechts keine andere Möglichkeit, der Verletzung seines Rechts abzuhelfen, so kann der Inhaber des Rechts von dem betroffenen Diensteanbieter nach § 8 Absatz 3 die Sperrung der Nutzung von Informationen verlangen, um die Wiederholung der Rechtsverletzung zu verhindern. Die Sperrung muss zumutbar und verhältnismäßig sein. Ein Anspruch gegen den Diensteanbieter auf Erstattung der vor- und außergerichtlichen Kosten für die Geltendmachung und Durchsetzung des Anspruchs nach Satz 1 besteht außer in den Fällen des § 8 Absatz 1 Satz 3 nicht.

(1) Die unterliegende Partei hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, insbesondere die dem Gegner erwachsenen Kosten zu erstatten, soweit sie zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig waren. Die Kostenerstattung umfasst auch die Entschädigung des Gegners für die durch notwendige Reisen oder durch die notwendige Wahrnehmung von Terminen entstandene Zeitversäumnis; die für die Entschädigung von Zeugen geltenden Vorschriften sind entsprechend anzuwenden.

(2) Die gesetzlichen Gebühren und Auslagen des Rechtsanwalts der obsiegenden Partei sind in allen Prozessen zu erstatten, Reisekosten eines Rechtsanwalts, der nicht in dem Bezirk des Prozessgerichts niedergelassen ist und am Ort des Prozessgerichts auch nicht wohnt, jedoch nur insoweit, als die Zuziehung zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig war. Die Kosten mehrerer Rechtsanwälte sind nur insoweit zu erstatten, als sie die Kosten eines Rechtsanwalts nicht übersteigen oder als in der Person des Rechtsanwalts ein Wechsel eintreten musste. In eigener Sache sind dem Rechtsanwalt die Gebühren und Auslagen zu erstatten, die er als Gebühren und Auslagen eines bevollmächtigten Rechtsanwalts erstattet verlangen könnte.

(3) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne der Absätze 1, 2 gehören auch die Gebühren, die durch ein Güteverfahren vor einer durch die Landesjustizverwaltung eingerichteten oder anerkannten Gütestelle entstanden sind; dies gilt nicht, wenn zwischen der Beendigung des Güteverfahrens und der Klageerhebung mehr als ein Jahr verstrichen ist.

(4) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne von Absatz 1 gehören auch Kosten, die die obsiegende Partei der unterlegenen Partei im Verlaufe des Rechtsstreits gezahlt hat.

(5) Wurde in einem Rechtsstreit über einen Anspruch nach Absatz 1 Satz 1 entschieden, so ist die Verjährung des Anspruchs gehemmt, bis die Entscheidung rechtskräftig geworden ist oder der Rechtsstreit auf andere Weise beendet wird.