Landgericht München I Endurteil, 26. Juni 2015 - 25 O 17678/14

bei uns veröffentlicht am26.06.2015
nachgehend
Oberlandesgericht München, 25 U 2870/15, 08.09.2015

Gericht

Landgericht München I

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Klägerin hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

3. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrags vorläufig vollstreckbar.

4. Der Streitwert wird auf 12.520,00 € festgesetzt.

Tatbestand

Die Klägerin begehrt von der Beklagten die Rückzahlung von € 4.653,86 nebst Zinsen sowie die Feststellung, dass der Krankenversicherungsvertrag der Parteien unverändert fortbesteht und nicht durch nachträglich erhobene Risikozuschläge wegen Hämorrhoiden und Folgen sowie Pityriasis versicolor seit Versicherungsbeginn geändert wurde.

Der Klägerin stellte am 18.09.2012 einen Antrag auf Abschluss einer privaten Krankenversicherung, den die Beklagte durch Übersendung des Versicherungsscheines (Anlage K 2) zum 01.01.2013 annahm. In dem Antrag auf Abschluss der Versicherung (Anlage K 1) beantwortete die Klägerin die Fragen zum Gesundheitszustand überwiegend mit „nein“. Die Frage A nach Untersuchungen und Behandlungen in den letzten drei Jahren beantwortete die Klägerin mit „ja“ und gab ergänzend an: „Entbindung/Kaiserschnitt, 1/2012, ohne Folgen, alles ausgeheilt“. Wegen der Einzelheiten wird auf die Anlage K 1 Bezug genommen. In dem Antrag war vor den Fragen ein fettgedruckter Hinweis auf mögliche Folgen einer Verletzung der vorvertraglichen Anzeigepflicht mit einem Verweis auf weitere Ausführungen unter Ziffer 13. der Erklärungen des Antragstellers. In Ziffer 13. der Erklärungen des Antragstellers und der zu versichernden Person findet sich eine ausführliche Belehrung die eingerahmt ist. Insoweit wird auf die Anlage K 1 und den Blanko-Farbausdruck des Antrags Anlage ... 2 Bezug genommen.

Am 29.06.2012 wurde die Klägerin von ... wegen Hämorrhoiden behandelt, sie wurde wegen Pityriasis versicolor untersucht und ihr wurden ein besonderes Haarwaschmittel sowie ein Präparat zum Einreiben verordnet.

Mit Schreiben vom 14.05.2014 machte die Beklagten wegen einer ärztlichen Behandlung von Pityriasis versicolor rückwirkend zum Vertragsbeginn einen Risikozuschlag von € 143,62 monatlich geltend, nachdem sie am 24.04.2014 von der Untersuchung am 29.06.2012 Kenntnis erlangt hatte. Mit weiterem Schreiben vom 26.06.2015 erhob die Beklagte wegen der Behandlung der Hämorrhoiden einen weiteren Risikozuschlag von € 71,82. Von dieser Behandlung erlangte die Beklagte am 23.05.2014 Kenntnis. Bis zum 30.09.2014 zahlte die Klägerin daher € 4.653,86 an die Beklagte.

Die Klägerin behauptet, sie habe in dem Antrag auch eine Vorsorgeuntersuchung ohne negativen Befund angegeben, was der Wahrheit entspreche. Die Klägerin ist der Auffassung, dass die von der Beklagten erteilte Belehrung im Hinblick auf die Folgen der Verletzung der vorvertraglichen Anzeigepflicht nicht ausreichend sei. Sie sei weder ausreichend drucktechnisch hervorgehoben noch inhaltlich ausreichend, da der Hinweis fehle, dass auch verspätete Angaben zur Leistungsfreiheit des Versicherers führen können und weil Leistungsfreiheit schon bei grob fahrlässiger Obliegenheitsverletzung eintreten könne. Ein Hinweis auf die Gefahr eines rückwirkenden Verlustes des Versicherungsschutzes fehle.

Die Klägerin trägt vor, sie sei vor 20 Jahren an Pityriasis versicolor erkrankt gewesen, diese Erkrankung sei geheilt, sie unterziehe sich insoweit lediglich regelmäßig einer Vorsorgeuntersuchung, um eine Neuerkrankung zu vermeiden. Sie habe daher diese Erkrankung gar nicht angeben müssen. Die Behandlung wegen Hämorrhoiden sei einmalig gewesen. Hinsichtlich beider Diagnosen fehle es an der Gefahrerheblichkeit.

Die Beklagte sei daher nicht berechtigt, die Risikozuschläge zu erheben.

Die Klägerin beantragt:

I. Die Beklagte wird verurteilt, an die Beklagte einen Betrag in Höhe von 4.653,86 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz hieraus seit Rechtshängigkeit zu bezahlen.

II. Es wird festgestellt, dass der Versicherungsvertrag zwischen den Streitparteien zur Krankenversicherung mit der Versicherungsnummer ... unverändert fortbesteht und nicht durch nachträglich erhobene Risikozuschläge der Beklagten wegen Hämorrhoiden und Folgen beziehungsweise wegen Pityriasis versicolor seit Versicherungsbeginn geändert wurde.

Die Beklagte beantragt

Klageabweisung

Die Beklagte trägt vor, dass nach ihren Annahme- und Risikoprüfungsgrundsätzen der Antrag der Klägerin bei Angabe der Erkrankungen nur unter Erhebung eines Zuschlages von 30% angenommen worden wäre, dabei seien die Umstände des Einzelfalles bereits berücksichtigt. Die Klägerin habe die Frage nach Behandlungen und Untersuchungen nicht wahrheitsgemäß beantwortet, ihr Verschulden für Vorsatz und grobe Fahrlässigkeit werde vermutet.

Die Beklagte ist der Auffassung, dass die Belehrung in dem Antragsformular sowohl ausreichend drucktechnisch hervorgehoben sei als auch inhaltlich zutreffend und ausreichend.

Zur Ergänzung des Tatbestandes wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze samt Anlagen sowie auf die Protokolle der mündlichen Verhandlungen Bezug genommen. Es wurde Beweis erhoben durch Vernehmung des Zeugen .... Insoweit wird auf den Beweisbeschluss vom 06.03.2015 (Bl. 43/44) und das Protokoll vom 20.05.2014 (Bl. 49/54) Bezug genommen. Der neue Sachvortrag in den nicht nachgelassenen Schriftsätzen vom 03.06.2015 und 17.06.2015 wurde bei der Entscheidung nicht berücksichtigt.

Gründe

Die zulässige Klage ist unbegründet, da die Beklagte von dem Versicherungsvertrag der Parteien zu Recht gemäß §§ 19 I, IV, 21 I VVG Risikozuschläge erhoben hat.

I.

Das Gericht ist aufgrund des vorgelegten Antrags (Anlage K 1) überzeugt, dass die Klägerin die im Antragsformular enthaltene Gesundheitsfrage nach Behandlungen und Untersuchungen in den letzten drei Jahren (A.) vorsätzlich falsch beantwortet hat, in dem sie zwar die Entbindung angegeben hat, nicht aber die Untersuchung und Behandlung vom 29.06.2012.

1. Hinsichtlich der Hämorrhoiden ergibt sich dies bereits aus dem unstreitigen Vortrag der Parteien. Die Klägerin wurde am 29.06.2012 von ... wegen Hämorrhoiden behandelt, sie wurden verödet. Da diese Behandlung nur 3 Monate vor der Antragstellung erfolgte, und das von der Klägerin behauptete Vergessen somit nicht nachvollziehbar ist, ist das Gericht überzeugt, dass die Angabe vorsätzlich nicht erfolgte.

2. Soweit die Klägerin die Untersuchung wegen Pityriasis versicolor nicht angegeben hat, ist diese Angabe falsch. Die Klägerin hat entgegen ihrem Vortrag auch nicht angegeben, dass sie sich einer Vorsorgeuntersuchung ohne negativen Befund unterzogen hätte. Ausweislich des als Anlage K 1 vorgelegten Antrags bezieht sich von den Eintragungen auf Seite 4 des Antrags bei „Angaben zum Gesundheitszustand“ unmittelbar über der Schlusserklärung nur die obere Eintragung (Person 1, A+B, Entbindung/Kaiserschnitt...) auf die Klägerin, die darunter (Person 2, A, U-Untersuchungen, alle ohne neg. Befund...) auf den Sohn der Klägerin. Ausweislich der im Termin vom 20.05.2015 übergebenen und mit den Parteien diskutierten Rechnung über die Behandlungen vom 29.06.2015 wurde der Klägerin nicht nur etwas verschrieben, es wurde auch die Haut untersucht, ein Abstrich erstellt und ein Nativpräparat Pilze erstellt und Pilzkulturen angelegt. Damit wurde die Klägerin untersucht und auch behandelt, so dass die auch dies hätte angeben müssen.

II.

Die von der Klägerin unvollständig und damit falsch beantwortete Frage war auch gefahrerheblich. Gefahrerheblich sind die Umstände, bei deren Kenntnis der Versicherer den Vertrag gar nicht oder jedenfalls mit dem später vereinbarten Inhalt nicht abgeschlossen (sondern Prämienzuschläge oder Leistungsausschlüsse vereinbart) hätte. Dazu zählen alle objektiven und subjektiven Umstände, die für die Risikobeurteilung von Bedeutung sein können. Die Bewertung der anzeigepflichtigen Umstände ist allein Sache des Versicherers, es kommt deswegen nicht auf die Beurteilung aus der Sicht selbst eines verständigen Versicherungsnehmers an; in Textform gestellte Fragen sind deswegen wahrheitsgemäß und vollständig zu beantworten, damit deren Prüfung und Bewertung vom Versicherer vorgenommen werden kann (Langheid in Römer/Langheid, VVG. 3. Auflage, § 19 VVG, Rz. 27, BGH VersR 2000, 1486).

Damit hätte die Klägerin sowohl die Verödung der Hämorrhoiden als auch die Untersuchung wegen der Hautpilzerkrankung angegeben müssen.

III.

Das Gericht ist aufgrund der Angaben des Zeugen ... überzeugt, dass die Beklagte den Vertrag mit der Klägerin bei zutreffender Angabe der Behandlungen und Untersuchungen vom 29.06.2012 nur mit den später erhobenen Risikozuschlägen abgeschlossen hätte.

Der Zeuge hat angegeben, die Angabe einer Behandlung wegen Hämorrhoiden kurz vor Antragstellung einen Risikozuschlag ausgelöst hätte. Bei den Hämorrhoiden werde eingeteilt in ersten, zweiten und dritten Grad, wobei der erste Grad der geringste Grad sei. Dieser löse für einen Zeitraum von 36 Monaten einen Zuschlag von 30% aus. Auch bei einer Verödung mit gutem Erfolg sei der Zuschlag zu erheben, es seien dann diese 36 Monate abzuwarten, da es bei den Hämorrhoiden eine Rezidivgefahr gebe. Es stehe ihm nicht zu, keinen Zuschlag zu erheben, er könne allenfalls die Höhe des Zuschlags variieren, was vorliegend auch geschehen sei.

Bei der Pilzerkrankung Pityriasis versicolor werde nach den Risikogrundsätzen ein Risikozuschlag für den Zeitraum von zunächst 24 Monaten erhoben. Maßgeblich sei dabei, was konkret vor Abschluss des Krankenversicherungsvertrages erfolgt sei. Wenn es eine behandlungs- und nicht mehr kontrollbedürftige Zeit von 24 Monaten gebe, könne dieser Zuschlag möglicherweise fallen gelassen werden. Auch die Kontrolle sei eine Behandlung in diesem Sinne.

Maßgeblich sei für den Risikoprüfer, dass offensichtlich aus Sicht der Klägerin eine gewisse Kontrollbedürftigkeit vorhanden gewesen sei und sie deshalb zum Arzt gegangen sei und sich entsprechende Produkte habe verschreiben lassen. Entscheidend sei, dass Kosten durch solche Kontrolluntersuchungen entstünden. Wenn ein Arzt sage, das ist ausgeheilt, der Patient muss nicht mehr kommen, das muss ich mir nicht mehr anschauen, dann sei auch aus Sicht des Versicherers nicht mehr mit weiteren Kosten zu rechnen, so dass dann ein Risikozuschlag nicht zu erheben sei. Er denke, wenn eine Kontrolle und ein Verschreiben von Pflegeprodukten in zeitlichem Zusammenhang mit dem Antrag erfolgt sei, sei das Erheben eines Risikozuschlags durchaus veranlasst. Es komme darauf an, ob der behandelnde Arzt ganz klar sagen kann, das ist damit abgeschlossen, eine weitere Behandlungsbedürftigkeit gibt es nicht. Dass dies das Ergebnis der Untersuchung vom 29.06.2012 gewesen ist, trägt die Klägerin aber gerade nicht vor. Sie trägt vielmehr vor, dass sie trotz einer seit 1995 ausgeheilten Erkrankung sich routinemäßigen Vorsorgeuntersuchungen unterziehe.

Die Angaben des Zeugen ... waren schlüssig und glaubhaft, der Zeuge war auch glaubwürdig. Er war erkennbar bemüht die gestellten Objektiv und wahrheitsgemäß zu beantworten und zeigte trotz seiner Bindung an die Beklagte keine Anzeichen dafür, für diese günstig auszusagen.

IV.

Die in den Raum gestellte Vernehmung des Zeugen ... konnte unterbleiben, da der Vortrag, für den er benannt wurde, zugunsten der Klägerin als zutreffend unterstellt werden konnte. Maßgeblich ist, dass die Klägerin sich routinemäßig Vorsorgeuntersuchungen unterzieht und sich prophylaktisch Medikamente verschreiben lässt. Dass dies in Zukunft unterbleiben soll als Ergebnis der Untersuchungen vom 29.06.2012 dazu wurde der Zeuge ... nicht benannt. Da in dem Schriftsatz der Klägerin vom 03.06.2015 entsprechendes weder vorgetragen noch unter Beweis gestellt wurde, musste nicht wieder in die mündliche Verhandlung eingetreten werden.

V.

Die Belehrung im Versicherungsantrag (Anlage K 1, ... 2) genügt den Anforderungen des § 19 V VVG. Der Hinweis ist umfassend und vollständig und erfasst alle Konsequenzen. Er ist auch gesondert und ausreichend hervorgehoben.

1. Eine „gesonderte Mitteilung“ im Sinne von § 19 V VVG erfordert kein Extrablatt, sondern eine von den allgemeinen Vertragsunterlagen getrennte Form des Hinweises. Die Belehrung wird ihrer Warnfunktion vielmehr gerade dann gerecht, wenn sie dem Versicherungsnehmer im unmittelbaren zeitlichen und räumlichen Zusammenhang mit den an ihn gerichteten Fragen zur Kenntnis gebracht wird (BGH, Urteil vom 9.1.2013 IV ZR 197/11 Rz. 16 bis 20); sie muss allerdings drucktechnisch als auch hinsichtlich der Platzierung so ausgestaltet sein, dass sie sich deutlich vom übrigen Text abhebt und vom Versicherungsnehmer nicht übersehen werden kann (BGH a. a. O. Rz. 22 bis 25). Diesen Anforderungen genügt die Belehrung der Beklagten. Denn sie hat die „Mitteilung nach § 19 Abs. 5 VVG über die Folgen der Verletzung der gesetzlichen Anzeigepflicht“ in Ziffer 13 der „Erklärungen des Antragstellers und der zu versichernden Personen“ eingerahmt, so dass sie sich vom übrigen Text abhebt. Dem Übersehen des Hinweises in dem zweiseitigen, den Unterschriften nachfolgenden Text des Antragsformulars hat sie dadurch entgegengewirkt, dass sie sowohl den Gesundheitsfragen als auch den Schlusserklärungen und Unterschriften jeweils Kurzhinweise auf diese nachfolgende ausführliche Belehrung voran gestellt hat. Diese Hinweise sind fett gedruckt und befinden sich unterhalb der blauen Balken mit den Überschriften „Angaben zum Gesundheitszustand“ und „Schlusserklärungen und Unterschriften“, wie aus dem von der Beklagten als Anlage ... eingereichten Blankoformular ergibt (KG Berlin, Beschluss vom 23. Mai 2014 - 6 U 210/13 -, Rn. 5, juris). Die Belehrung ist damit ausreichend drucktechnisch hervorgehoben.

2. Auch inhaltlich ist die Belehrung nicht zu beanstanden. Schon in der Kurzbelehrung vor den Gesundheitsfragen wird dem Versicherungsnehmer deutlich vor Augen geführt, welche Bedeutung die vollständige und wahrheitsgemäße Information des Versicherers für den Bestand des Versicherungsvertrages hat, indem es dort heißt: „Die Gesundheitsfragen sind nach bestem Wissen sorgfältig, vollständig und richtig zu beantworten. Eine Verletzung Ihrer vorvertraglichen Anzeigpflicht kann den Versicherer zum Rücktritt oder zur Kündigung berechtigen oder zu einer Vertragsanpassung führen“, und weiter: „Bitte beachten Sie hierzu die Ausführungen zur Bedeutung der vorvertraglichen Anzeigepflicht gemäß § 19 Abs. 5 VVG unter Ziffer 13. der Erklärungen des Antragstellers und der zu versichernden Personen“. In dem Hinweis vor den Schlusserklärungen und Unterschriften wird der Antragsteller zudem dazu aufgefordert, u. a. die Mitteilung nach § 19 Abs. 5 VVG über die Folgen einer Verletzung der gesetzlichen Anzeigepflicht in Ziffer 13 zu lesen. In Ziffer 13 stellt die Beklagte ausführlich die Rechtsfolgen der Verletzung der vorvertraglichen Anzeigepflicht dar. Damit sind alle Voraussetzungen einer ordnungsgemäßen Belehrung gegeben (KG Berlin, Beschluss vom 23. Mai 2014 - 6 U 210/13 -, Rn. 6, juris):

3. Dass Leistungsfreiheit auch dann eintreten kann, wenn die Anzeigepflicht grob fahrlässig verletzt wird, ist der Belehrung unter 13.1 zu entnehmen. Dasselbe gilt für den von der Klägerin angesprochenen Kausalitätsgegenbeweis. Ziffer 13.1 lautet:

Rücktritt und Wegfall des Versicherungsschutzes - Verletzen Sie die vorvertragliche Anzeigepflicht, können wir vom Vertrag zurücktreten. Dies gilt nicht, wenn Sie nachweisen, dass weder Vorsatz noch grobe Fahrlässigkeit vorliegt. Bei grob fahrlässiger Verletzung der Anzeigepflicht haben wir kein Rücktrittsrecht, wenn wir den Vertrag auch bei Kenntnis der nicht angezeigten Umstände, wenn auch zu anderen Bedingungen, geschlossen hätten. Sofern Versicherungsschutz nach dem Basistarif besteht, kann nur bei einer vorsätzlichen Verletzung der Anzeigepflicht vom Vertrag zurückgetreten werden.

Im Fall des Rücktritts besteht kein Versicherungsschutz. Erklären wir den Rücktritt nach Eintritt des Versicherungsfalls, bleiben wir dennoch zur Leistung verpflichtet, wenn Sie nachweisen, dass der nicht oder nicht richtig angegebene Umstand

- weder für den Eintritt oder die Feststellung des Versicherungsfalls

- noch für die Feststellung oder den Umfang seiner Leistungspflicht

ursächlich war. Die Leistungspflicht entfällt jedoch, wenn Sie die Anzeigepflicht arglistig verletzt haben. Bei einem Rücktritt steht uns der Teil des Beitrags zu, welcher der bis zum Wirksamwerden der Rücktrittserklärung abgelaufenen Vertragszeit entspricht.

Damit wird hinreichend klar, dass auch die grob fahrlässige Verletzung der Anzeigepflicht den Versicherer zum Rücktritt berechtigen kann und damit zur Leistungsfreiheit führt. Auch dass der Versicherte bei einem eingetretenem Versicherungsfall weiter einen Anspruch auf die Leistung hat, wenn er nachweist, dass der nicht richtig angegeben Umstand weder für den Eintritt noch die Feststellung des Versicherungsfalles und seines Umfangs hatte, ist in der Belehrung enthalten.

4. Der Wirksamkeit der Belehrung steht nicht entgegen, dass bei der Darstellung der Rechtsfolgen zur Vertragsanpassung unter der Unterziffer 3) nicht ausdrücklich der Hinweis enthalten ist, dass kein Versicherungsschutz für einen bereits eingetretenen Versicherungsfall besteht, wenn durch Vertragsanpassung rückwirkend ein Risikoausschluss Vertragsbestandteil wird, der ein Risiko betrifft, das sich in dem eingetretenen Versicherungsfall realisiert hat. Denn diese Konsequenz ergibt sich auch für einen durchschnittlichen Versicherungsnehmer aus dem erteilten Hinweis auf die Möglichkeit der rückwirkenden Anpassung und der Möglichkeit des Ausschlusses der Gefahrabsicherung für einen nicht angezeigten Umstand. Ein gesonderter Hinweis ist auch nicht im Hinblick darauf erforderlich, dass bei der Darstellung des Rücktritts unter Ziffer 1) der Hinweis auf den Wegfall des Versicherungsschutzes ausdrücklich gegeben wird. Dadurch wird dem Versicherungsnehmer nicht suggeriert, dass bei der Vertragsanpassung der Versicherungsschutz auch nicht teilweise entfallen kann, obwohl darüber belehrt wird, dass rückwirkend die Gefahrabsicherung für den nicht angezeigten Umstand entfallen kann. Bei der Erfüllung der Warnfunktion der Belehrung kommt es vielmehr entscheidend darauf an, dass dem Versicherungsnehmer im Grundsatz die negativen Folgen für seinen Versicherungsschutz im Falle von unwahren oder unvollständigen Angaben deutlich gemacht werden (KG Berlin, Beschluss vom 23. Mai 2014 - 6 U 210/13 -, Rn. 7, juris). Dies ist hier der Fall

5. Soweit die Klägerin moniert, dass in der Belehrung der Hinweis fehle, dass auch verspätet Angaben zur Leistungsfreiheit des Versicherers führen können, ist dies nicht nachvollziehbar, da es vorliegend um die Verletzung vorvertraglichen Anzeigepflichten und ihre Folgen geht. Die von der Klägerin zitierte Entscheidung des OLG Düsseldorf hat aber Pflichten nach Eintritt des Versicherungsfalls (betreffend eine Haftpflichtversicherung) zum Gegenstand.

VI.

Das Recht der Beklagten zur Vertragsanpassung ist auch nicht nach § 19 III VVG ausgeschlossen, weil die Klägerin weder vorsätzlich noch grob fahrlässig gehandelt hat. Darlegungs- und beweisbelastet dafür, dass sie weder vorsätzlich noch grob fahrlässig gehandelt hat, ist die Klägerin. Sie hat insoweit nur vorgetragen, sie habe die Behandlung wegen der Hämorrhoiden vergessen. Dies ist nicht ausreichend, um die Vermutung zu widerlegen.

Die Frist des § 21 I 1 VVG ist eingehalten, da die Beklagte Kenntnis von den unzutreffenden Angaben mit Zugang der Schreiben von 16.04.2014 und 23.05.2014 erhielt.

Damit ist die Klage abzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit hat ihre Grundlage in § 709 ZPO.

Der Streitwert entspricht der bezifferten Klageforderung.

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Zivilprozessordnung - ZPO | § 91 Grundsatz und Umfang der Kostenpflicht


(1) Die unterliegende Partei hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, insbesondere die dem Gegner erwachsenen Kosten zu erstatten, soweit sie zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig waren. Die Kostenerstattung um

Zivilprozessordnung - ZPO | § 709 Vorläufige Vollstreckbarkeit gegen Sicherheitsleistung


Andere Urteile sind gegen eine der Höhe nach zu bestimmende Sicherheit für vorläufig vollstreckbar zu erklären. Soweit wegen einer Geldforderung zu vollstrecken ist, genügt es, wenn die Höhe der Sicherheitsleistung in einem bestimmten Verhältnis zur

Gesetz über den Versicherungsvertrag


Versicherungsvertragsgesetz - VVG

Versicherungsvertragsgesetz - VVG 2008 | § 19 Anzeigepflicht


(1) Der Versicherungsnehmer hat bis zur Abgabe seiner Vertragserklärung die ihm bekannten Gefahrumstände, die für den Entschluss des Versicherers, den Vertrag mit dem vereinbarten Inhalt zu schließen, erheblich sind und nach denen der Versicherer in

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Bundesgerichtshof Urteil, 09. Jan. 2013 - IV ZR 197/11

bei uns veröffentlicht am 09.01.2013

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL IV ZR 197/11 Verkündet am: 9. Januar 2013 Heinekamp Justizhauptsekretär als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: ja BGHR: ja VVG § 28

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(1) Der Versicherungsnehmer hat bis zur Abgabe seiner Vertragserklärung die ihm bekannten Gefahrumstände, die für den Entschluss des Versicherers, den Vertrag mit dem vereinbarten Inhalt zu schließen, erheblich sind und nach denen der Versicherer in Textform gefragt hat, dem Versicherer anzuzeigen. Stellt der Versicherer nach der Vertragserklärung des Versicherungsnehmers, aber vor Vertragsannahme Fragen im Sinn des Satzes 1, ist der Versicherungsnehmer auch insoweit zur Anzeige verpflichtet.

(2) Verletzt der Versicherungsnehmer seine Anzeigepflicht nach Absatz 1, kann der Versicherer vom Vertrag zurücktreten.

(3) Das Rücktrittsrecht des Versicherers ist ausgeschlossen, wenn der Versicherungsnehmer die Anzeigepflicht weder vorsätzlich noch grob fahrlässig verletzt hat. In diesem Fall hat der Versicherer das Recht, den Vertrag unter Einhaltung einer Frist von einem Monat zu kündigen.

(4) Das Rücktrittsrecht des Versicherers wegen grob fahrlässiger Verletzung der Anzeigepflicht und sein Kündigungsrecht nach Absatz 3 Satz 2 sind ausgeschlossen, wenn er den Vertrag auch bei Kenntnis der nicht angezeigten Umstände, wenn auch zu anderen Bedingungen, geschlossen hätte. Die anderen Bedingungen werden auf Verlangen des Versicherers rückwirkend, bei einer vom Versicherungsnehmer nicht zu vertretenden Pflichtverletzung ab der laufenden Versicherungsperiode Vertragsbestandteil.

(5) Dem Versicherer stehen die Rechte nach den Absätzen 2 bis 4 nur zu, wenn er den Versicherungsnehmer durch gesonderte Mitteilung in Textform auf die Folgen einer Anzeigepflichtverletzung hingewiesen hat. Die Rechte sind ausgeschlossen, wenn der Versicherer den nicht angezeigten Gefahrumstand oder die Unrichtigkeit der Anzeige kannte.

(6) Erhöht sich im Fall des Absatzes 4 Satz 2 durch eine Vertragsänderung die Prämie um mehr als 10 Prozent oder schließt der Versicherer die Gefahrabsicherung für den nicht angezeigten Umstand aus, kann der Versicherungsnehmer den Vertrag innerhalb eines Monats nach Zugang der Mitteilung des Versicherers ohne Einhaltung einer Frist kündigen. Der Versicherer hat den Versicherungsnehmer in der Mitteilung auf dieses Recht hinzuweisen.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
IV ZR 197/11 Verkündet am:
9. Januar 2013
Heinekamp
Justizhauptsekretär
als Urkundsbeamter
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: ja
BGHR: ja
1. Dem Erfordernis einer gesonderten Mitteilung in Textform i.S. von § 28 Abs. 4
VVG genügt es, wenn der Versicherer die Belehrung des Versicherungsnehmers
in einen Schadenmeldungsfragebogen oder ein sonstiges Schreiben
aufnimmt, in welchem dem Versicherungsnehmer Fragen zur Aufklärung des
Versicherungsfalls gestellt werden.
2. In diesen Fällen muss sich die Belehrung durch ihre Platzierung und drucktechnische
Gestaltung vom übrigen Text derart abheben, dass sie für den
Versicherungsnehmer nicht zu übersehen ist.
BGH, Urteil vom 9. Januar 2013 - IV ZR 197/11 - OLG Bremen
LG Bremen
Der IV. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat durch die Vorsitzende
Richterin Mayen, die Richter Wendt, Felsch, Lehmann und die Richterin
Dr. Brockmöller auf die mündliche Verhandlung vom9. Januar 2013

für Recht erkannt:
Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des 3. Zivilsenats des Hanseatischen Oberlandesgerichts in Bremen vom 10. Oktober 2011 aufgehoben.
Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung , auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

1
Der Kläger begehrt Versicherungsleistungen aus einer bei der Beklagten gehaltenen Firmenschutzversicherung, welche auch den Schutz vor Einbruchsdiebstahl umfasst, ferner die Erstattung vorgerichtlicher Rechtsverfolgungskosten. Nach seiner Behauptung wurde in der Nacht vom 28. auf den 29. Mai 2009 in die Räume seines Fliesenlegerbetriebes eingebrochen und eine Reihe von Werkzeugen und Maschinen entwendet , deren Wert der Kläger auf jedenfalls 31.000 € beziffert. Im Zuge von Verhandlungen mit dem Regulierungsbeauftragten der Beklagten unterzeichnete der Kläger ein ihm unterbreitetes Formular, welches mit "Vergleich und Abfindungserklärung" überschrieben war. Darin heißt es unter anderem: "Mit Bewilligung einer Vergütung von 31.000 € erkläre ich mich hinsichtlich aller Entschädigungsansprüche, die ich anläßlich meines Versicherungsfalles vom 29.05.09 (…) er- hebe, für abgefunden. (…) An diesen Vergleichsvorschlag halte ich mich nur dann gebunden , wenn die oben genannte Gesellschaft innerhalb von 20 Tagen nach Erhalt dieser Erklärung ihre Annahme durch Zahlung erklärt."
2
Zu einer Zahlung des genannten Betrages kam es nicht. Stattdessen forderte die Beklagte den Kläger mit Schreiben vom 3. September 2009 auf, zahlreiche weitere Fragen zur Sachverhaltsaufklärung zu beantworten. Der Text des zweiseitigen Schreibens lautet am Ende: "Abschließend erteilen wir Ihnen folgende Belehrung: (Mitteilungen über die Folgen bei Verletzung von Auskunftsund Aufklärungsobliegenheiten nach dem Versicherungsfall

)

Aufgrund der vertraglichen Vereinbarungen haben Sie uns nach Eintritt des Versicherungsfalles alle Angaben zu machen , die der Aufklärung des Tatbestandes dienlich sind (sogenannte Aufklärungsobliegenheit) oder zur Feststellung des Versicherungsfalls bzw. des Umfanges unserer Leistungspflicht erforderlich sind (sogenannte Auskunftsobliegenheit

).

Verletzen Sie arglistig oder vorsätzlich die Obliegenheit zur Auskunft oder zur Aufklärung, werden wir von der Verpflichtung zur Leistung frei. Verstoßen Sie hingegen grob fahrlässig gegen eine dieser Obliegenheiten, können wir unsere Leistung im Verhältnis zur Schwere Ihres Verschuldens kürzen. Die Kürzung wird
unterbleiben, wenn Sie nachweisen, dass die Obliegenheit nicht grob fahrlässig verletzt wurde. Trotz Verletzung Ihrer Obliegenheit zur Auskunft oder Aufklärung bleiben wir jedoch insoweit zur Leistung verpflichtet , als Sie nachweisen, dass die vorsätzliche oder grob fahrlässige Obliegenheitsverletzung weder für die Feststellung des Versicherungsfalls noch für die Feststellung oder den Umfang unserer Leistungspflicht ursächlich war."
3
Dieser Text unterscheidet sich nicht von dem sonstigen Schriftbild des Schreibens, lediglich das einleitende Wort "Belehrung" ist fett, der nachfolgende in Klammern stehende Zusatz kursiv gedruckt.
4
Die Beklagte macht geltend, der Kläger habe vorsätzlich die in dem Schreiben gestellten Fragen - und ebenso weitere Fragen aus nachfolgenden zwei Schreiben - nicht ausreichend, teilweise auch unzutreffend beantwortet. Sie hält sich schon deshalb für leistungsfrei, bestreitet aber auch das Vorliegen eines Versicherungsfalls mit Nichtwissen und zieht dabei insbesondere das Vorhandensein der vom Kläger als gestohlen gemeldeten Geräte am Versicherungsort und deren angegebenen Wert in Zweifel.
5
Der Kläger meint, die Beklagte sei bereits infolge eines wirksam abgeschlossenen Vergleichs zur Leistung verpflichtet; auf Leistungsfreiheit wegen einer Obliegenheitsverletzung könne sie sich unter anderem deshalb nicht berufen, weil ihre Belehrung nicht den gesetzlichen Anforderungen entsprochen habe.
6
Die Klage ist in den Vorinstanzen erfolglos geblieben. Mit der Revision verfolgt der Kläger sein Klagebegehren weiter.


Entscheidungsgründe:


7
Das Rechtsmittel führt zur Aufhebung des Berufungsurteils und Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.
8
I. Dieses hat ausgeführt:
9
Ein Vergleich über die Versicherungsleistung sei nicht zustande gekommen.
10
Auf den Versicherungsvertrag könne der Kläger sein Begehren ebenfalls nicht mit Erfolg stützen, weil die Beklagte infolge der vorsätzlichen Verletzung seiner Auskunftsobliegenheit leistungsfrei sei. Dabei sei zugrunde zu legen, dass der Kläger die Frage nach einer Abgabe der eidesstattlichen Versicherung und dem Vorliegen von Vollstreckungstiteln nicht bzw. nicht zutreffend beantwortet habe. Der Tatbestand des landgerichtlichen Urteils stelle bindend fest, der Kläger habe unstreitig zum fraglichen Zeitpunkt die eidesstattliche Versicherung abgegeben gehabt und ein vollstreckbarer Titel gegen ihn habe vorgelegen. Dem Bestreiten dieser Umstände in zweiter Instanz stehe § 314 ZPO entgegen, nachdem ein Tatbestandberichtigungsantrag des Klägers erfolglos geblieben sei. Als neues Vorbringen könne dieses Bestreiten nicht zugelassen werden, da die Voraussetzungen des § 531 ZPO nicht vorlägen. Angesichts der im Schriftverkehr der Parteien wiederholten Hinweise der Beklagten auf die Folgen unzureichender Auskünfte sei davon auszugehen, dass der Kläger zumindest mit bedingtem Vorsatz gehandelt habe. Einen Kausalitätsgegenbeweis nach § 28 Abs. 3 Satz 1 VVG habe er nicht geführt.
11
Die im Schreiben vom 3. September 2009 enthaltene Belehrung über die Rechtsfolgen einer Verletzung der Auskunfts- oder Aufklärungsobliegenheit genüge den Anforderungen des § 28 Abs. 4 VVG. Für eine "gesonderte Mitteilung" reiche ein drucktechnisch hervorgehobener Absatz am Ende eines Fragebogens aus. Die drucktechnische Hervorhebung der Belehrung erscheine noch ausreichend.
12
II. Das hält rechtlicher Nachprüfung in einem wesentlichen Punkt nicht stand.
13
1. Offen bleiben kann, ob der Kläger seine Auskunfts- oder Aufklärungsobliegenheit verletzt hat. Es kann deshalb auch dahinstehen, ob das Berufungsgericht nach § 314 ZPO an die Feststellung des Landgerichts gebunden war, der Kläger habe unstreitig früher einmal die eidesstattliche Versicherung abgegeben und es liege ein vollstreckbarer Titel gegen ihn vor.
14
2. Vollständige oder teilweise Leistungsfreiheit der Beklagten nach § 28 Abs. 2 VVG kann schon deshalb nicht eintreten, weil die dem Kläger erteilte Belehrung über diese Rechtsfolgen den Anforderungen des § 28 Abs. 4 VVG nicht genügt.
15
a) Allerdings trifft die Annahme des Berufungsgerichts zu, dass eine schriftliche Belehrung des Versicherungsnehmers auf einem Schadenmeldungsfragebogen oder - wie hier - in einem individuellen Schrei- ben des Versicherers, in welchem dem Versicherungsnehmer Fragen zur Aufklärung eines behaupteten Versicherungsfalls gestellt werden, das Erfordernis einer "gesonderten Mitteilung in Textform" i.S. des § 28 Abs. 4 VVG erfüllt.
16
aa) Der Wortlaut des vom Versicherungsvertragsgesetz jeweils mit Blick auf Belehrungs- oder Hinweispflichten des Versicherers aufgestellten Formerfordernisses (vgl. neben § 28 Abs. 4 auch die §§ 19 Abs. 5, 37 Abs. 2 Satz 2, 51 Abs. 1, 52 Abs. 1 Satz 2 VVG) macht für sich genommen nicht hinreichend deutlich, ob "gesondert" eine absolute Trennung der Mitteilung von jeglichen anderen Texten oder lediglich von bestimmten Dokumenten fordert. Auch die Gesetzgebungsmaterialien geben darüber keinen Aufschluss (vgl. dazu Leverenz, VersR 2008, 709, 710). Dort wird nur für die gesonderte schriftliche Informations-Verzichtserklärung des Versicherungsnehmers nach § 7 Abs. 1 Satz 3 VVG erläutert , deren Zweck, formularmäßige Verzichte zu vermeiden, erfordere eine ausdrückliche Erklärung in einem "gesonderten" Schriftstück (BTDrucks. 16/3945 S. 60). Teilweise wird deshalb in der Literatur angenommen , es sei auch nach § 28 Abs. 4 VVG stets eine absolute Trennung in der Weise geboten, dass die Belehrung nur mittels einer eigens verfassten Urkunde, die als "Extrablatt" neben der Belehrung keine weiteren Informationen enthalten dürfe, wirksam erfolgen könne (Funck, VersR 2008, 163, 166; Neuhaus, r+s 2008, 45, 52 - zu § 19 Abs. 5 Satz 1 VVG; Präve, VersR 2007, 1046; Reusch, VersR 2007, 1313, 1319 f. - zu § 19 Abs. 5 Satz 1 VVG; Rolfs in Bruck/Möller, VVG 9. Aufl. § 19 Rn. 115 m.w.N.; Schwintowski in Schwintowski/Brömmelmeyer, VVG 2. Aufl. § 28 Rn. 114).

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bb) Dem ist nicht zuzustimmen. Die herrschende Meinung in Literatur und Rechtsprechung nimmt stattdessen zutreffend an, die von § 28 Abs. 4 VVG geforderte Belehrung könne zusammen mit schriftlichen Fragen des Versicherers innerhalb eines Dokuments erteilt werden (Grote /Schneider, BB 2007, 2689; Heiss in Bruck/Möller, VVG 9. Aufl.; § 28 Rn. 177; Knappmann in Beckmann/Matusche-Beckmann, Versicherungsrechts -Handbuch, 2. Aufl. § 14 Rn. 8; Leverenz, VersR 2008, 709, 710; Marlow/Spuhl, Das Neue Versicherungsrecht kompakt, 4. Aufl. S. 89; Marlow, VersR 2010, 468; Pohlmann in Looschelders/Pohlmann, VVG 2. Aufl. § 28 Rn. 130; Prölss in Prölss/Martin, VVG 28. Aufl. § 28 Rn. 154; Schimikowski in HK-VVG, 2. Aufl. zu § 19 Rn. 42; Schimikowski , r+s 2009, 353, 356; Wandt in MünchKomm, VVG § 28 Rn. 340; OLG Karlsruhe VersR 2010, 1448, 1449; LG Nürnberg-Fürth r+s 2010, 412, 415; LG Dortmund VersR 2010, 465, 466 - zu § 19 Abs. 5 VVG). Das folgt aus dem Gesetzeszweck. Danach ist eine gesonderte Mitteilung in Textform im Sinne des § 28 Abs. 4 VVG als eine anlassbezogene , lediglich von den allgemeinen Vertragsunterlagen, insbesondere dem Versicherungsschein aber auch den Versicherungsbedingungen und dem Produktinformationsblatt, getrennte Form des Hinweises zu verstehen.
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(1) Die nach § 28 Abs. 4 VVG gebotene Belehrung über die im Falle der Verletzung einer Auskunfts- oder Aufklärungsobliegenheit drohenden Rechtsfolgen soll dem Versicherungsnehmer vor der Beantwortung entsprechender Fragen des Versicherers eindringlich vor Augen führen, welche Bedeutung die vollständige, rechtzeitige und wahrheitsgemäße Information des Versicherers für dessen Leistungsverpflichtung hat. Der Versicherungsnehmer soll damit zu einer ordnungsgemäßen Erfüllung seiner Auskunfts- oder Aufklärungsobliegenheiten angehalten, aus Grün- den der Fairness zugleich aber auch vor den ihm anderenfalls drohenden Rechtsnachteilen gewarnt werden (vgl. dazu auch Rixecker in Römer /Langheid, VVG 3. Aufl. § 28 Rn. 104). Aus dieser Zielsetzung ergibt sich die Notwendigkeit, erst dann zu belehren, wenn von dem Versicherungsnehmer Angaben zu einem konkreten Versicherungsfall erwartet werden. Erst zu diesem Zeitpunkt ist es zweckmäßig, dass ihm die Belehrung vor Augen steht (vgl. zum ähnlichen Regelungszweck des § 19 Abs. 5 Satz 1 VVG auch BT-Drucks. 16/3945 S. 65, 66). Das wäre nicht gewährleistet, wenn die Belehrung bereits vorsorglich für künftige Versicherungsfälle im Versichersicherungsschein, den Versicherungsbedingungen , sonstigen Vertragsunterlagen oder Vertragsinformationen im Sinne des § 7 VVG wirksam erteilt werden könnte. Diese Belehrung muss von den letztgenannten Dokumenten getrennt und erst dann erfolgen , wenn die Erfüllung eines Aufklärungs- oder Auskunftsverlangens des Versicherers ansteht.
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(2) Diesem Zweck der Belehrung kann einerseits mittels eines - vom Wortlaut des § 28 Abs. 4 VVG jedenfalls auch gedeckten - eigens für die Belehrung erstellten Dokuments ("Extrablattes") Rechnung getragen werden; andererseits lässt es sich mit dem Gesetzeszweck ebenso vereinbaren, die anlassbezogene Belehrung auf einem Schadenmeldungsfragebogen oder in einem Schreiben zu erteilen, in welchem der Versicherer Fragen zur Aufklärung eines Versicherungsfalles stellt. Ein Schutzbedürfnis des Versicherungsnehmers, die Belehrung nicht im Kontext mit solchen Fragen zu erhalten, ist nicht erkennbar. Denn sie wird ihrer vom Gesetz bezweckten Warnfunktion gerade dann gerecht, wenn sie dem Versicherungsnehmer im unmittelbaren zeitlichen und auch räumlichen Zusammenhang mit den an ihn gerichteten Fragen zur Kenntnis gebracht wird.

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(3) Diese am Geschehenszweck orientierte Auslegung des Begriffs der "gesonderten Mitteilung in Textform" im Sinne des § 28 Abs. 4 VVG steht nicht im Widerspruch dazu, dass die in § 7 Abs. 1 Satz 3 VVG vorausgesetzte "gesonderte schriftliche Erklärung" des Versicherungsnehmers (über einen Verzicht auf Vertragsinformationen) eine von sonstigen Erklärungen getrennte Urkunde verlangt. Die Gefahr vorschneller, weil formularmäßig vorbereiteter Verzichtserklärungen von Versicherungsnehmern , welcher § 7 Abs. 1 Satz 3 VVG entgegenwirken will (vgl. dazu BT-Drucks. 16/3945 S. 60), besteht im Falle der von § 28 Abs. 4 VVG geforderten Belehrung, bei der es sich um eine einseitige, nicht unmittelbar auf die Begründung von Rechten oder Pflichten gerichtete Informationserklärung des Versicherers handelt, nicht (vgl. Leverenz, VersR 2008, 709, 710). Vielmehr kann es gemessen an ihrer Warnfunktion durchaus sinnvoll sein, wenn sie in demjenigen Formular enthalten ist, dessen unvollständige oder unrichtige Beantwortung für den Versicherungsnehmer Gefahren bergen kann.
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b) Die im Schreiben vom 3. September 2009 enthaltene Belehrung ist aber zu beanstanden, weil ihre drucktechnische Gestaltung nicht den Anforderungen genügt, die an eine Belehrung nach § 28 Abs. 4 VVG zu stellen sind.
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aa) Mit dem Belehrungserfordernis hat der Gesetzgeber in § 28 Abs. 4 VVG ein wesentliches Element der vom Senat zu § 6 Abs. 3 VVG a.F. allein für Fälle vorsätzlicher, folgenloser Obliegenheitsverletzungen entwickelten Relevanzrechtsprechung (vgl. unter anderem Senatsurteile vom 16. Januar 1970 - IV ZR 645/68, BGHZ 53, 160, 164; vom 24. Juni 1981 - IVa ZR 133/80, VersR 1982, 182 m.w.N.; vgl. im Übrigen zur Ent- wicklung der Relevanzrechtsprechung: Römer in Römer/Langheid, VVG 2. Aufl. § 6 Rn. 51-55; Prölss in Prölss/Martin, VVG 27. Aufl. § 6 Rn. 101) übernommen (vgl. BT-Drucks. 16/3945 S. 69). Die Beschränkung der Belehrungspflicht auf vorsätzliche, folgenlose Obliegenheiten ist dabei entfallen, weil letztere infolge des in § 28 Abs. 3 Satz 1 VVG erweiterten Kausalitätserfordernisses ohnehin keine Leistungskürzung mehr zur Folge haben. Die Belehrungspflicht betrifft nunmehr alle nach Eintritt des Versicherungsfalles bestehenden Auskunfts- und Aufklärungsobliegenheiten.
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bb) Bereits in der Relevanzrechtsprechung war allgemein anerkannt , dass die Belehrung sowohl drucktechnisch als auch hinsichtlich ihrer Platzierung so ausgestaltet werden musste, dass sie für den Versicherungsnehmer nicht zu übersehen war (Römer aaO Rn. 64; BGH, Urteil vom 8. Mai 1967 - II ZR 17/65, BGHZ 48, 7, 9), sich insbesondere vom übrigen Text desselben Dokuments durch eine andersartige drucktechnische Gestaltung (OLG Köln VersR 2009, 251, 252; OLG Nürnberg ZfSch 1995, 338) abhob.
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cc) Es gibt keinen Anhaltspunkt dafür, dass der Gesetzgeber diese Anforderungen bei Übernahme des Belehrungserfordernisses in das neue Versicherungsvertragsgesetz abschwächen wollte. Vielmehr weisen die Gesetzesmaterialien - insbesondere auch zu dem ähnlichen Belehrungserfordernis des § 19 Abs. 5 VVG - aus, dass die Formerfordernisse der Belehrung mit dem Gebot einer gesonderten Mitteilung im Laufe des Gesetzgebungsverfahrens verschärft werden sollten (vgl. dazu Leverenz, VersR 2008, 709, 710). Zwar mag sich die von der Rechtsprechung für jegliche Belehrung des Versicherers geforderte (vgl. insoweit Senatsurteil vom 28. Januar 2004 - IV ZR 58/03, VersR 2004, 497 unter 3 d zu § 5a Abs. 2 Satz 1 VVG a.F.) besondere Platzierung und/oder drucktechnische Hervorhebung der Belehrung gegenüber begleitendem Text ausnahmsweise dann erübrigen, wenn eigens für die Belehrung ein gesondertes Dokument erstellt wird. Lässt man jedoch die Aufnahme des Belehrungstextes in ein Fragebogenformular oder ein anderes - Fragen des Versicherers enthaltendes - Schreiben zu, ist im Gegenzuge weiterhin zu fordern, dass die Belehrung drucktechnisch so gestaltet sein muss, dass sie sich deutlich vom übrigen Text abhebt und vom Versicherungsnehmer nicht übersehen werden kann (vgl. OLG Karlsruhe VersR 2010, 1448, 1449; LG Dortmund, Urteil vom 10. März 2011 - 2 O 105/10, juris Rn. 20; VersR 2010, 465, 467 jeweils zu § 19 Abs. 5 VVG; Wandt in MünchKomm-VVG § 28 Rn. 340; vgl. zu § 37 Abs. 2 Satz 2 VVG: OLG Naumburg VersR 2012, 973, 974).
25
dd) Dem genügt die hier in Rede stehende Belehrung nicht. Ihr Text hebt sich weder in Schriftart oder -größe noch in Bezug auf Fett-, Kursiv- oder Normaldruck, Zeilenabstand, Zeilen- oder Absatzeinzüge oder Schriftfarbe ausreichend vom übrigen Text des Schreibens vom 3. September 2009 ab. Andere graphische Mittel zur Hervorhebung von Text, wie Balken, Kästen, Pfeile oder eine besondere Hintergrundfärbung werden ebenfalls nicht eingesetzt. Allein das fett gedruckte Wort "Belehrung" und die Kursivstellung des nachfolgenden Klammerzusatzes "(Mitteilungen über die Folgen bei Verletzung von Auskunfts- und Aufklärungsobliegenheiten nach dem Versicherungsfall)", die beide im Fließtext integriert und nicht nach Art einer Überschrift hervorgehoben sind, reichen nicht aus, um die Aufmerksamkeit des Lesers in besonderem Maße auf den nachfolgenden, normal gedruckten Belehrungstext zu lenken, der sich über vier Absätze erstreckt, ohne dass aufgrund deren äußerer Gestaltung erkennbar wäre, dass es sich insoweit um eine vom sonsti- gen Inhalt des Schreibens gesondert erteilte rechtliche Information handelt.
26
Es kommt hinzu, dass die Fristsetzung zur Beantwortung der Fragen bis zum "30.09.2009" unmittelbar über dem Wort "Belehrung" ebenfalls fett gedruckt und zudem zentriert gesetzt ist, so dass sie die Aufmerksamkeit des Lesers in besonderer Weise auf sich zieht und von der Bedeutung des nachfolgenden Textes ablenkt.
27
Auch der abschließende nahtlose Übergang von der Belehrung zur Grußformel lässt die rechtliche Bedeutung des Belehrungstextes nicht hinreichend erkennen.
28
III. Die Sache bedarf neuer Verhandlung und Entscheidung, weil nunmehr geprüft werden muss, ob ein Versicherungsfall vorliegt und in welchem Umfang der Kläger gegebenenfalls Schäden erlitten hat.
29
Anders als der Kläger meint, ist seiner Klage nicht bereits aufgrund eines zwischen den Parteien abgeschlossenen Vergleichs stattzugeben. Die darauf zielenden Revisionsrügen erschöpfen sich in dem revisionsrechtlich unbehelflichen Versuch, die tatrichterliche Auslegung des Formulars "Vergleich und Abfindungserklärung" sowie die Beweiswürdigung des Berufungsgerichts zur Frage, ob ein Vergleich mündlich abgeschlos- sen worden ist, durch eigene, vermeintlich bessere Erwägungen zu ersetzen. Von einer weiteren Begründung wird insoweit nach § 564 ZPO abgesehen.

Mayen Wendt Felsch
Lehmann Dr. Brockmöller

Vorinstanzen:
LG Bremen, Entscheidung vom 31.03.2011- 6 O 2019/09 -
OLG Bremen, Entscheidung vom 10.10.2011- 3 U 13/11 -

(1) Der Versicherungsnehmer hat bis zur Abgabe seiner Vertragserklärung die ihm bekannten Gefahrumstände, die für den Entschluss des Versicherers, den Vertrag mit dem vereinbarten Inhalt zu schließen, erheblich sind und nach denen der Versicherer in Textform gefragt hat, dem Versicherer anzuzeigen. Stellt der Versicherer nach der Vertragserklärung des Versicherungsnehmers, aber vor Vertragsannahme Fragen im Sinn des Satzes 1, ist der Versicherungsnehmer auch insoweit zur Anzeige verpflichtet.

(2) Verletzt der Versicherungsnehmer seine Anzeigepflicht nach Absatz 1, kann der Versicherer vom Vertrag zurücktreten.

(3) Das Rücktrittsrecht des Versicherers ist ausgeschlossen, wenn der Versicherungsnehmer die Anzeigepflicht weder vorsätzlich noch grob fahrlässig verletzt hat. In diesem Fall hat der Versicherer das Recht, den Vertrag unter Einhaltung einer Frist von einem Monat zu kündigen.

(4) Das Rücktrittsrecht des Versicherers wegen grob fahrlässiger Verletzung der Anzeigepflicht und sein Kündigungsrecht nach Absatz 3 Satz 2 sind ausgeschlossen, wenn er den Vertrag auch bei Kenntnis der nicht angezeigten Umstände, wenn auch zu anderen Bedingungen, geschlossen hätte. Die anderen Bedingungen werden auf Verlangen des Versicherers rückwirkend, bei einer vom Versicherungsnehmer nicht zu vertretenden Pflichtverletzung ab der laufenden Versicherungsperiode Vertragsbestandteil.

(5) Dem Versicherer stehen die Rechte nach den Absätzen 2 bis 4 nur zu, wenn er den Versicherungsnehmer durch gesonderte Mitteilung in Textform auf die Folgen einer Anzeigepflichtverletzung hingewiesen hat. Die Rechte sind ausgeschlossen, wenn der Versicherer den nicht angezeigten Gefahrumstand oder die Unrichtigkeit der Anzeige kannte.

(6) Erhöht sich im Fall des Absatzes 4 Satz 2 durch eine Vertragsänderung die Prämie um mehr als 10 Prozent oder schließt der Versicherer die Gefahrabsicherung für den nicht angezeigten Umstand aus, kann der Versicherungsnehmer den Vertrag innerhalb eines Monats nach Zugang der Mitteilung des Versicherers ohne Einhaltung einer Frist kündigen. Der Versicherer hat den Versicherungsnehmer in der Mitteilung auf dieses Recht hinzuweisen.

(1) Die unterliegende Partei hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, insbesondere die dem Gegner erwachsenen Kosten zu erstatten, soweit sie zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig waren. Die Kostenerstattung umfasst auch die Entschädigung des Gegners für die durch notwendige Reisen oder durch die notwendige Wahrnehmung von Terminen entstandene Zeitversäumnis; die für die Entschädigung von Zeugen geltenden Vorschriften sind entsprechend anzuwenden.

(2) Die gesetzlichen Gebühren und Auslagen des Rechtsanwalts der obsiegenden Partei sind in allen Prozessen zu erstatten, Reisekosten eines Rechtsanwalts, der nicht in dem Bezirk des Prozessgerichts niedergelassen ist und am Ort des Prozessgerichts auch nicht wohnt, jedoch nur insoweit, als die Zuziehung zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig war. Die Kosten mehrerer Rechtsanwälte sind nur insoweit zu erstatten, als sie die Kosten eines Rechtsanwalts nicht übersteigen oder als in der Person des Rechtsanwalts ein Wechsel eintreten musste. In eigener Sache sind dem Rechtsanwalt die Gebühren und Auslagen zu erstatten, die er als Gebühren und Auslagen eines bevollmächtigten Rechtsanwalts erstattet verlangen könnte.

(3) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne der Absätze 1, 2 gehören auch die Gebühren, die durch ein Güteverfahren vor einer durch die Landesjustizverwaltung eingerichteten oder anerkannten Gütestelle entstanden sind; dies gilt nicht, wenn zwischen der Beendigung des Güteverfahrens und der Klageerhebung mehr als ein Jahr verstrichen ist.

(4) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne von Absatz 1 gehören auch Kosten, die die obsiegende Partei der unterlegenen Partei im Verlaufe des Rechtsstreits gezahlt hat.

(5) Wurde in einem Rechtsstreit über einen Anspruch nach Absatz 1 Satz 1 entschieden, so ist die Verjährung des Anspruchs gehemmt, bis die Entscheidung rechtskräftig geworden ist oder der Rechtsstreit auf andere Weise beendet wird.

Andere Urteile sind gegen eine der Höhe nach zu bestimmende Sicherheit für vorläufig vollstreckbar zu erklären. Soweit wegen einer Geldforderung zu vollstrecken ist, genügt es, wenn die Höhe der Sicherheitsleistung in einem bestimmten Verhältnis zur Höhe des jeweils zu vollstreckenden Betrages angegeben wird. Handelt es sich um ein Urteil, das ein Versäumnisurteil aufrechterhält, so ist auszusprechen, dass die Vollstreckung aus dem Versäumnisurteil nur gegen Leistung der Sicherheit fortgesetzt werden darf.