Landgericht Mosbach Beschluss, 01. Aug. 2003 - 1 Qs 61/03

bei uns veröffentlicht am01.08.2003

Tenor

1. Der Antrag des Verurteilten, ihm Rechtsanwalt W. als Pflichtverteidiger für das sofortige Beschwerdeverfahren beizuordnen, wird zurückgewiesen.

2. Die Beschwerde des Verurteilten gegen Ziffer 1 des Beschlusses des Amtsgerichts Mosbach vom 07.07.2003 und die sofortige Beschwerde gegen Ziffer 2 des genannten Beschlusses werden kostenpflichtig verworfen.

Gründe

 
I.
Der Beschwerdeführer wurde durch Strafbefehl rechtskräftig wegen eines wiederholten Verstoßes gegen eine Aufenthaltsbeschränkung nach §§ 56, 85 Nr. 2 AsylVerfG verurteilt. Er hatte sich für einen Tag außerhalb des ihm zugewiesenen Aufenthaltsbereiches aufgehalten. Mit seinem Wiederaufnahmeantrag trägt er vor, dass das Amtsgericht bei seiner Verurteilung nicht gewusst habe, dass der damalige Angeklagte, ein nigerianischer Staatsangehöriger, noch nie einen Reisepass besessen habe. Wer aber „Passlos“ sei, dürfe seinen Aufenthaltsbereich vorübergehend verlassen. Die Passlosigkeit des Angeklagten sei dem Amtsgericht nicht bekannt gewesen. Hätte es hiervon gewusst, so hätte es den Angeklagten nicht verurteilt. Nachdem das Amtsgericht den Antrag auf Beiordnung als Pflichtverteidiger abgelehnt und den Wiederaufnahmeantrag als unzulässig verworfen hat, wehrt sich der Verurteilte hiergegen im Beschwerdeverfahren.
II.
Die Anträge des Verteidigers im Schriftsatz vom 21.07.2003 bleiben erfolglos, weil der Wideraufnahmeantrag offensichtlich mutwillig und aussichtslos ist.
Zutreffend wird zwar durch den Verteidiger darauf hingewiesen, dass „Passlosigkeit“ ein dauerndes Abschiebehindernis darstellt.
Der Zustand der „Passlosigkeit“ liegt aber nicht immer dann vor, wenn der Ausländer keinen Reisepass besitzt. „Passlosigkeit“ ist nur dann gegeben, wenn der Ausländer „auf Dauer“ nicht in der Lage ist, seiner an sich gegebenen Ausreiseverpflichtung nachzukommen. Hierbei kommt es nicht darauf an, ob der Ausländer die „Passlosigkeit“ vor seiner Ausreiseverpflichtung selbst verschuldet hat. Entscheidend ist nur, dass es dem zur Ausreise verpflichteten Ausländer aus tatsächlichen Gründen unmöglich ist, dieser Verpflichtung nachzukommen, sei es, dass seine Heimatbehörden überhaupt keine Einreisedokumente ausstellen, sei es, dass es ihm selbst unmöglich ist, ein Einreisedokument zu erhalten.
Hieraus ergibt sich aber auch, dass von „Passlosigkeit“ dann nicht gesprochen werden kann, wenn der Ausländer zwar keinen Reisepass besitzt, ihm die Besorgung eines zur Einreise in sein Heimatland berechtigendes Dokuments jedoch möglich wäre. Umgekehrt steht der Besitz eines Reisepasses nicht zwingend einem passlosen Zustand entgegen, da dieser z.B. von einer Regierung ausgestellt worden sein kann, die von den jetzigen Machthabern des Staates nicht anerkannt wird und der daher nicht als Einreisedokument verwendet werden kann.
Anhaltspunkte dafür, dass es hier dem Verurteilten als nigerianischem Staatsangehörigen nicht möglich gewesen sein sollte, sich einen nigerianischen Reisepass zu besorgen, lassen sich dem Vorbringen des Verurteilten im Wiederaufnahmeverfahren nicht entnehmen. Der Wiederaufnahmeantrag hat daher von vorneherein keine Aussicht auf Erfolg. Für offensichtlich aussichtlose Wiederaufnahmeanträge scheidet aber die Beiordnung eines Verteidigers aus. Die Verurteilung durch das Amtsgericht erfolgte zu Recht.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 473 Abs. 1 StPO.

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Strafprozeßordnung - StPO | § 473 Kosten bei zurückgenommenem oder erfolglosem Rechtsmittel; Kosten der Wiedereinsetzung


(1) Die Kosten eines zurückgenommenen oder erfolglos eingelegten Rechtsmittels treffen den, der es eingelegt hat. Hat der Beschuldigte das Rechtsmittel erfolglos eingelegt oder zurückgenommen, so sind ihm die dadurch dem Nebenkläger oder dem zum Ansc

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(1) Die Kosten eines zurückgenommenen oder erfolglos eingelegten Rechtsmittels treffen den, der es eingelegt hat. Hat der Beschuldigte das Rechtsmittel erfolglos eingelegt oder zurückgenommen, so sind ihm die dadurch dem Nebenkläger oder dem zum Anschluß als Nebenkläger Berechtigten in Wahrnehmung seiner Befugnisse nach § 406h erwachsenen notwendigen Auslagen aufzuerlegen. Hat im Falle des Satzes 1 allein der Nebenkläger ein Rechtsmittel eingelegt oder durchgeführt, so sind ihm die dadurch erwachsenen notwendigen Auslagen des Beschuldigten aufzuerlegen. Für die Kosten des Rechtsmittels und die notwendigen Auslagen der Beteiligten gilt § 472a Abs. 2 entsprechend, wenn eine zulässig erhobene sofortige Beschwerde nach § 406a Abs. 1 Satz 1 durch eine den Rechtszug abschließende Entscheidung unzulässig geworden ist.

(2) Hat im Falle des Absatzes 1 die Staatsanwaltschaft das Rechtsmittel zuungunsten des Beschuldigten oder eines Nebenbeteiligten (§ 424 Absatz 1, §§ 439, 444 Abs. 1 Satz 1) eingelegt, so sind die ihm erwachsenen notwendigen Auslagen der Staatskasse aufzuerlegen. Dasselbe gilt, wenn das von der Staatsanwaltschaft zugunsten des Beschuldigten oder eines Nebenbeteiligten eingelegte Rechtsmittel Erfolg hat.

(3) Hat der Beschuldigte oder ein anderer Beteiligter das Rechtsmittel auf bestimmte Beschwerdepunkte beschränkt und hat ein solches Rechtsmittel Erfolg, so sind die notwendigen Auslagen des Beteiligten der Staatskasse aufzuerlegen.

(4) Hat das Rechtsmittel teilweise Erfolg, so hat das Gericht die Gebühr zu ermäßigen und die entstandenen Auslagen teilweise oder auch ganz der Staatskasse aufzuerlegen, soweit es unbillig wäre, die Beteiligten damit zu belasten. Dies gilt entsprechend für die notwendigen Auslagen der Beteiligten.

(5) Ein Rechtsmittel gilt als erfolglos, soweit eine Anordnung nach § 69 Abs. 1 oder § 69b Abs. 1 des Strafgesetzbuches nur deshalb nicht aufrechterhalten wird, weil ihre Voraussetzungen wegen der Dauer einer vorläufigen Entziehung der Fahrerlaubnis (§ 111a Abs. 1) oder einer Verwahrung, Sicherstellung oder Beschlagnahme des Führerscheins (§ 69a Abs. 6 des Strafgesetzbuches) nicht mehr vorliegen.

(6) Die Absätze 1 bis 4 gelten entsprechend für die Kosten und die notwendigen Auslagen, die durch einen Antrag

1.
auf Wiederaufnahme des durch ein rechtskräftiges Urteil abgeschlossenen Verfahrens oder
2.
auf ein Nachverfahren (§ 433)
verursacht worden sind.

(7) Die Kosten der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand fallen dem Antragsteller zur Last, soweit sie nicht durch einen unbegründeten Widerspruch des Gegners entstanden sind.