Landgericht Landshut Beschluss, 24. Okt. 2016 - 33 T 1670/16
vorgehend
Tenor
1. Auf die sofortige Beschwerde des Schuldners wird der Beschluss des Amtsgerichts Landshut
2. Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 1.500,00 € festgesetzt
Gründe
I.
Mit Antrag vom 27.04.2016 hat der Beschwerdeführer Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens nach § 305 InsO gestellt, auf den Antrag nebst Anlagen wird Bezug genommen.
Mit Beschluss vom 02.06.2016 hat das Amtsgericht Landshut - Insolvenzgericht den Antrag des Schuldners auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das eigene Vermögen als unzulässig zurückgewiesen, auf den Beschluss wird Bezug genommen.
Mit Schriftsatz vom 20.06.2016 hat der Schuldner durch seinen Bevollmächtigten sofortige Beschwerde erhoben, auf den Schriftsatz nebst Anlage wird Bezug genommen.
Mit Beschluss vom 27.06.2016 hat das Amtsgericht Landshut der sofortigen Beschwerde nicht abgeholfen und sie dem Landgericht Landshut zur Entscheidung vorgelegt.
Mit Schriftsatz vom 04.07.2016 hat der Bevollmächtigte des Beschwerdeführers nochmals Stellung genommen.
II.
Mit dem folgenden kann sich eine Abweichung von der bisherigen Rechtsprechung des Landgerichts Landshut ergeben. Die bestehende Rechtsprechung wird, soweit diese im Widerspruch zum Nachfolgenden steht, ausdrücklich aufgegeben.
Die sofortige Beschwerde ist zulässig und führt in der Sache zur Aufhebung des Beschlusses.
Dem Wortlaut des § 305 I Nr. 1 InsO nach muss die Bescheinigung von einer geeigneten Person oder Stelle auf der Grundlage persönlicher Beratung und eingehender Prüfung der Einkommens- und Vermögensverhältnisse des Schuldners ausgestellt sein.
Eine persönliche Beratung im Sinne des § 305 I InsO liegt somit dann nicht vor, wenn die Beratung nicht durch die die Bescheinigung erstellende Person durchgeführt worden ist (vgl. LG Potsdam, NZI 2015, 901).
Die beratende Person muss die außergerichtliche Beratung in eigener Person erbringen. Eine Delegation der Beratungspflicht von den geeigneten Personen auf nicht anerkannte Stellen ist ausgeschlossen (vgl. LG Köln, NZI 2016, 171). Erforderlich ist, dass zumindest einmal mit dem Schuldner persönlich durch die bescheinigende Person die Vermögens- und Verschuldenssituation des Schuldners besprochen worden ist. Soweit ein Unmittelbarkeitserfordernis gesehen wird (AG Kaiserslautern, VuR 2016, 197, ebd.), findet dies keine Deckung im Gesetz. Der Zivilgesetzgeber kennt strengere Formulierungen des persönlichen Kontakts als den in § 305 Abs. 1 Nr. 1 InsO, wie etwa in § 312b Abs. 1 Nr. 3 BGB. Dem Gesetzgeber wäre es damit frei gestanden, die persönliche Beratung in § 305 Abs. 1 Nr. 1 InsO strenger oder enger zu formulieren, als es tatsächlich erfolgt ist.
Nach dem Wortlaut des § 305 I Nr. 1 InsO muss die Bescheinigung auf der Grundlage persönlicher Beratung und eingehender Prüfung erteilt worden sein. Intention des Gesetzgebers war hier, zur Entlastung der Insolvenzgerichte eine persönliche und individuelle Beratung zu kodifzieren, die sich von einer einfachen Begleitung der Antragstellung unterscheiden soll. Die Insolvenzgerichte sollen dadurch entlastet werden, dass die Überprüfungspflicht auf die formelle Richtigkeit der Bescheinigung beschränkt wird und eine inhaltliche Prüfung des Gegenstandes der Bescheinigung, ob es ernsthafte Einigungsbemühungen gibt und diese gescheitert sind, ausgeschlossen ist. Diese Entlastung des Insolvenzgerichts von dieser Prüfung ist aber nur gerechtfertigt, wenn einerseits die Bescheinigung von einer geeigneten Person oder Stelle ausgestellt wird und andererseits der Bescheinigung eine Analyse der Finanz- und Vermögenssituation vorausgeht, die nach dem gesetzgeberischen Willen durch den Bescheinigenden persönlich zu erbringen ist (vgl. LG Köln, NZI 2016, 171).
Damit ist eine von einer befähigten Stelle ausgestellte Bescheinigung grundsätzlich nicht zu überprüfen. Eine Ausnahme soll jedoch dann gelten, wenn sich der Verdacht einer Bescheinigung aufdrängt, die nicht der Intention des § 305 Abs. 1 Nr. 1 InsO entspricht (für viele LG Potsdam
Dies ist grundsätzlich nicht der Fall, wenn lediglich eine Ortsferne durch die bescheinigende Person vorliegt.
Die generelle Ablehnung des Vorliegens einer persönlichen Beratung, wenn diese unter Zuhilfenahme von Mitteln der Fernkommunikation erfolgt und kein persönliches Treffen unter Beisein beider Personen erfolgt ist, findet keine Deckung im Gesetz. Dass dies im Einzelfall erforderlich ist, ist hingegen nicht ausgeschlossen und erfordert eine weitergehende Darstellung der Gründe.
Wenngleich auch weiterhin der sogenannte „Stempelanwalt“ ausgeschlossen sein soll (LG Köln, NZI 2016, 171 f.), gilt ein solcher Ausschluss gerade nicht, wenn der Anwalt, wie hier, nach anwaltlicher Versicherung, die Beratungsleistungen tatsächlich erbringt.
Weitere Punkte wurden seitens des Amtsgerichts nicht aufgeführt, im Übrigen hat der Aussteller der Bescheinigung auch umfangreich dazu vorgetragen, dass er mehrfach mit dem Insolvenzantragsteller über Fernkommunikationsmittel kommuniziert habe, des Weiteren hat er auch einen 6-seitigen Fragebogen mit Datumsstempel des 14.09.2015 vorgelegt, aus welchem hervorgeht, dass sich der Aussteller so mit der tatsächlichen Lage des Antragstellers beschäftigt hat, wie dies in einem persönlichen Gespräch aus Sicht der Kammer nicht anders hätte erfolgen können. Diese Voraussetzung sind in künftigen Verfahren entsprechend zu erfragen, soweit sie nicht sowieso durch den Antragsteller mitgeteilt werden.
Damit war im vorliegenden Fall sichergestellt, dass der Zweck der persönlichen Beratung i. S. v. § 305 Abs. 1 Nr. 1 InsO eingehalten worden ist.
III.
Eine Entscheidung über die Kosten hatte wegen der Zurückverweisung zu unterbleiben (BeckOK ZPO/Jaspersen/Wache ZPO § 97 Rn. 23).
IV.
Die Wertfestsetzung ergibt sich aus § 3 ZPO.
ra.de-Urteilsbesprechung zu Landgericht Landshut Beschluss, 24. Okt. 2016 - 33 T 1670/16
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Referenzen - Gesetze
(1) Mit dem schriftlich einzureichenden Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens oder unverzüglich nach diesem Antrag hat der Schuldner vorzulegen:
- 1.
eine Bescheinigung, die von einer geeigneten Person oder Stelle auf der Grundlage persönlicher Beratung und eingehender Prüfung der Einkommens- und Vermögensverhältnisse des Schuldners ausgestellt ist und aus der sich ergibt, daß eine außergerichtliche Einigung mit den Gläubigern über die Schuldenbereinigung auf der Grundlage eines Plans innerhalb der letzten sechs Monate vor dem Eröffnungsantrag erfolglos versucht worden ist; der Plan ist beizufügen und die wesentlichen Gründe für sein Scheitern sind darzulegen; die Länder können bestimmen, welche Personen oder Stellen als geeignet anzusehen sind; - 2.
den Antrag auf Erteilung von Restschuldbefreiung (§ 287) oder die Erklärung, daß Restschuldbefreiung nicht beantragt werden soll; - 3.
ein Verzeichnis des vorhandenen Vermögens und des Einkommens (Vermögensverzeichnis), eine Zusammenfassung des wesentlichen Inhalts dieses Verzeichnisses (Vermögensübersicht), ein Verzeichnis der Gläubiger und ein Verzeichnis der gegen ihn gerichteten Forderungen; den Verzeichnissen und der Vermögensübersicht ist die Erklärung beizufügen, dass die enthaltenen Angaben richtig und vollständig sind; - 4.
einen Schuldenbereinigungsplan; dieser kann alle Regelungen enthalten, die unter Berücksichtigung der Gläubigerinteressen sowie der Vermögens-, Einkommens- und Familienverhältnisse des Schuldners geeignet sind, zu einer angemessenen Schuldenbereinigung zu führen; in den Plan ist aufzunehmen, ob und inwieweit Bürgschaften, Pfandrechte und andere Sicherheiten der Gläubiger vom Plan berührt werden sollen.
(2) In dem Verzeichnis der Forderungen nach Absatz 1 Nr. 3 kann auch auf beigefügte Forderungsaufstellungen der Gläubiger Bezug genommen werden. Auf Aufforderung des Schuldners sind die Gläubiger verpflichtet, auf ihre Kosten dem Schuldner zur Vorbereitung des Forderungsverzeichnisses eine schriftliche Aufstellung ihrer gegen diesen gerichteten Forderungen zu erteilen; insbesondere haben sie ihm die Höhe ihrer Forderungen und deren Aufgliederung in Hauptforderung, Zinsen und Kosten anzugeben. Die Aufforderung des Schuldners muß einen Hinweis auf einen bereits bei Gericht eingereichten oder in naher Zukunft beabsichtigten Antrag auf Eröffnung eines Insolvenzverfahrens enthalten.
(3) Hat der Schuldner die amtlichen Formulare nach Absatz 5 nicht vollständig ausgefüllt abgegeben, fordert ihn das Insolvenzgericht auf, das Fehlende unverzüglich zu ergänzen. Kommt der Schuldner dieser Aufforderung nicht binnen eines Monats nach, so gilt sein Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens als zurückgenommen. Im Falle des § 306 Abs. 3 Satz 3 beträgt die Frist drei Monate.
(4) Der Schuldner kann sich vor dem Insolvenzgericht von einer geeigneten Person oder einem Angehörigen einer als geeignet anerkannten Stelle im Sinne des Absatzes 1 Nr. 1 vertreten lassen. Für die Vertretung des Gläubigers gilt § 174 Abs. 1 Satz 3 entsprechend.
(5) Das Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz wird ermächtigt, durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates zur Vereinfachung des Verbraucherinsolvenzverfahrens für die Beteiligten Formulare für die nach Absatz 1 Nummer 1 bis 4 vorzulegenden Bescheinigungen, Anträge und Verzeichnisse einzuführen. Soweit nach Satz 1 Formulare eingeführt sind, muß sich der Schuldner ihrer bedienen. Für Verfahren bei Gerichten, die die Verfahren maschinell bearbeiten, und für Verfahren bei Gerichten, die die Verfahren nicht maschinell bearbeiten, können unterschiedliche Formulare eingeführt werden.
(1) Außerhalb von Geschäftsräumen geschlossene Verträge sind Verträge,
- 1.
die bei gleichzeitiger körperlicher Anwesenheit des Verbrauchers und des Unternehmers an einem Ort geschlossen werden, der kein Geschäftsraum des Unternehmers ist, - 2.
für die der Verbraucher unter den in Nummer 1 genannten Umständen ein Angebot abgegeben hat, - 3.
die in den Geschäftsräumen des Unternehmers oder durch Fernkommunikationsmittel geschlossen werden, bei denen der Verbraucher jedoch unmittelbar zuvor außerhalb der Geschäftsräume des Unternehmers bei gleichzeitiger körperlicher Anwesenheit des Verbrauchers und des Unternehmers persönlich und individuell angesprochen wurde, oder - 4.
die auf einem Ausflug geschlossen werden, der von dem Unternehmer oder mit seiner Hilfe organisiert wurde, um beim Verbraucher für den Verkauf von Waren oder die Erbringung von Dienstleistungen zu werben und mit ihm entsprechende Verträge abzuschließen.
(2) Geschäftsräume im Sinne des Absatzes 1 sind unbewegliche Gewerberäume, in denen der Unternehmer seine Tätigkeit dauerhaft ausübt, und bewegliche Gewerberäume, in denen der Unternehmer seine Tätigkeit für gewöhnlich ausübt. Gewerberäume, in denen die Person, die im Namen oder Auftrag des Unternehmers handelt, ihre Tätigkeit dauerhaft oder für gewöhnlich ausübt, stehen Räumen des Unternehmers gleich.
(1) Mit dem schriftlich einzureichenden Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens oder unverzüglich nach diesem Antrag hat der Schuldner vorzulegen:
- 1.
eine Bescheinigung, die von einer geeigneten Person oder Stelle auf der Grundlage persönlicher Beratung und eingehender Prüfung der Einkommens- und Vermögensverhältnisse des Schuldners ausgestellt ist und aus der sich ergibt, daß eine außergerichtliche Einigung mit den Gläubigern über die Schuldenbereinigung auf der Grundlage eines Plans innerhalb der letzten sechs Monate vor dem Eröffnungsantrag erfolglos versucht worden ist; der Plan ist beizufügen und die wesentlichen Gründe für sein Scheitern sind darzulegen; die Länder können bestimmen, welche Personen oder Stellen als geeignet anzusehen sind; - 2.
den Antrag auf Erteilung von Restschuldbefreiung (§ 287) oder die Erklärung, daß Restschuldbefreiung nicht beantragt werden soll; - 3.
ein Verzeichnis des vorhandenen Vermögens und des Einkommens (Vermögensverzeichnis), eine Zusammenfassung des wesentlichen Inhalts dieses Verzeichnisses (Vermögensübersicht), ein Verzeichnis der Gläubiger und ein Verzeichnis der gegen ihn gerichteten Forderungen; den Verzeichnissen und der Vermögensübersicht ist die Erklärung beizufügen, dass die enthaltenen Angaben richtig und vollständig sind; - 4.
einen Schuldenbereinigungsplan; dieser kann alle Regelungen enthalten, die unter Berücksichtigung der Gläubigerinteressen sowie der Vermögens-, Einkommens- und Familienverhältnisse des Schuldners geeignet sind, zu einer angemessenen Schuldenbereinigung zu führen; in den Plan ist aufzunehmen, ob und inwieweit Bürgschaften, Pfandrechte und andere Sicherheiten der Gläubiger vom Plan berührt werden sollen.
(2) In dem Verzeichnis der Forderungen nach Absatz 1 Nr. 3 kann auch auf beigefügte Forderungsaufstellungen der Gläubiger Bezug genommen werden. Auf Aufforderung des Schuldners sind die Gläubiger verpflichtet, auf ihre Kosten dem Schuldner zur Vorbereitung des Forderungsverzeichnisses eine schriftliche Aufstellung ihrer gegen diesen gerichteten Forderungen zu erteilen; insbesondere haben sie ihm die Höhe ihrer Forderungen und deren Aufgliederung in Hauptforderung, Zinsen und Kosten anzugeben. Die Aufforderung des Schuldners muß einen Hinweis auf einen bereits bei Gericht eingereichten oder in naher Zukunft beabsichtigten Antrag auf Eröffnung eines Insolvenzverfahrens enthalten.
(3) Hat der Schuldner die amtlichen Formulare nach Absatz 5 nicht vollständig ausgefüllt abgegeben, fordert ihn das Insolvenzgericht auf, das Fehlende unverzüglich zu ergänzen. Kommt der Schuldner dieser Aufforderung nicht binnen eines Monats nach, so gilt sein Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens als zurückgenommen. Im Falle des § 306 Abs. 3 Satz 3 beträgt die Frist drei Monate.
(4) Der Schuldner kann sich vor dem Insolvenzgericht von einer geeigneten Person oder einem Angehörigen einer als geeignet anerkannten Stelle im Sinne des Absatzes 1 Nr. 1 vertreten lassen. Für die Vertretung des Gläubigers gilt § 174 Abs. 1 Satz 3 entsprechend.
(5) Das Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz wird ermächtigt, durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates zur Vereinfachung des Verbraucherinsolvenzverfahrens für die Beteiligten Formulare für die nach Absatz 1 Nummer 1 bis 4 vorzulegenden Bescheinigungen, Anträge und Verzeichnisse einzuführen. Soweit nach Satz 1 Formulare eingeführt sind, muß sich der Schuldner ihrer bedienen. Für Verfahren bei Gerichten, die die Verfahren maschinell bearbeiten, und für Verfahren bei Gerichten, die die Verfahren nicht maschinell bearbeiten, können unterschiedliche Formulare eingeführt werden.
(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat.
(2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vorbringens obsiegt, das sie in einem früheren Rechtszug geltend zu machen imstande war.
(3) (weggefallen)
Der Wert wird von dem Gericht nach freiem Ermessen festgesetzt; es kann eine beantragte Beweisaufnahme sowie von Amts wegen die Einnahme des Augenscheins und die Begutachtung durch Sachverständige anordnen.