Landgericht Bamberg Urteil, 04. März 2016 - 1 HK O 37/15

04.03.2016

Gericht

Landgericht Bamberg

Tenor

I.

Der Verfügungsbeklagten wird bei Vermeidung eines vom Gericht für jede Fall der künftigen Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis 250.000,- Euro, ersatzweise Ordnungshaft, oder einer Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, untersagt, im geschäftlichen Verkehr zu werben

1.

für eine „Bioresonanz-Therapie (BRT)“:

1.1.

„Mit dem Bicom Gerät lassen sich die belastenden Substanzen anhand ihrer Frequenz identifizieren. Krankhafte Schwingungen werden gelöscht, dadurch wird die körpereigene Regulation und Selbstheilung unterstützt“,

1.2.

„Die empfangenen elektromagnetischen Signale werden ins Gerät geleitet, analysiert, krankhafte Signale umgewandelt, harmonisiert und an den Körper geleitet“,

1.3.

„Die Einsatzbereiche der BRT sind breit gefächert: ...“

1.3.1.

„... Allergien“,

1.3.2.

„... Schmerzen (Migräne)“,

1.3.3.

„... chron. Erkrankungen (Borreliose, MS, etc.)“,

1.3.4.

„... Atemwegserkrankungen“,

1.3.5.

„... Magen-Darmerkrankungen“,

1.3.6.

„... Rheuma“,

1.3.7.

„... Raucherentwöhnung“,

1.3.8.

„... Gewichtsreduktion“.

1.4.

„Bei der Raucherentwöhnung werden während der Therapie Nikotin und andere Schadstoffe ausgeleitet“,

1.5.

„Zur Gewichtsreduktion ...

Dem Körper wird der Heißhunger auf diese Lebensmittel genommen. Steigerung des Stoffwechsels, der Schilddrüse, der Hormone, der Leberentgiftung etc. über Ohrakupunkturpunkte. Dadurch Steigerung des Grundumsatzes“,

1.6.

„Allergietherapie“

und/oder

„Beseitigung Ihrer Belastungen“

und/oder

„versteckte Ursachen von Beschwerden finden“,

2.

für eine Behandlung mittels des bioenergetischen Diagnose- und Therapiesystems

„ETAScan“:

2.1.

„Die Stärke von ETAScan liegt im Bereich der Früherkennung und Prävention. Befindlichkeitsstörungen können differenziert werden. ETAScan zeigt Störungen bereits in ihrem Anfangsstadium präzise auf, so dass Therapien schon sehr früh begonnen werden können, bevor es zu organischen Veränderungen kommt“,

2.2.

„Belastungen können getestet werden, wie beispielsweise Elektrosmog“

und/oder

„Schwermetalle“

und/oder

„Amalgam“

und/oder

„Pestizide“

und/oder

„Bakterien“

und/oder

„Viren“

und/oder

„Parasiten“

und/oder

„Adenovirus“,

2.3.

„Des weiteren dient ETAScan zur Verträglichkeitstestung von Medikamenten“

und/oder

„Lebensmitteln“

und/oder

„Homöopathika“

und/oder

„Nahrungsergänzungsmitteln“,

3.

für eine sogenannte „Sanguinum Kur“ zum Abnehmen:

3.1.

„Homöopathisches Stoffwechselprogramm zur Gewichtsreduktion und Entschlackung mit hervorragenden Ergebnissen“

3.2.

„Kein Jojo-Effekt“,

3.3.

„Die Sanguinum Kur führt zu gesundem Abnehmen“,

3.4.

„ausreichende Nährstoffversorgung“,

3.5.

„homöopatische Stoffwechselsteigerung,

3.6.

„Der Stoffwechsel bleibt in Schwung“,

3.7.

„Muskelmasse bleibt erhalten“,

3.8.

„der Blutzuckerspiegel bleibt konstant“,

3.9.

„Heißhungerattacken unterbleiben“,

3.10.

„die Entgiftung wird angeregt“,

3.11.

„Daher bietet die Kur gerade auch für Menschen mit verlangsamtem Stoffwechsel Hilfe nach Raucherentwöhnung“

und/oder

„bei Hormonumstellung nach einer Schwangerschaft oder in der Menopause“

und/oder

„durch Medikamente z. B. Antidepressiva, Blutdruckmittel“

und/oder

„nach diversen Diäten“,

3.12.

„In der Zeit nach der Gewichtsreduktion, der sogenannten Nachkur, schleicht man die Homöopathika aus, der Ernährungsplan wird erweitert, der Körper bleibt weiterhin auf einem hohen Stoffwechselniveau, der Jojo-Effekt bleibt aus“,

4.

mit dem Video „Dr. med. Monika S. über die Sanguinum-Stoffwechselkur“ (siehe unter: https://youtu.be/...)

insbesondere mit den Aussagen:

4.1.

„... er (der Patient) optimiert seine Ernährung insofern, als es zu einer langfristigen, andauernden Gewichtsreduktion und Stoffwechselaktivierung kommt“,

4.2.

„... außerdem fehlen hier diese leidigen Begleiterscheinungen im Rahmen einer Diät wie Leistungsschwäche, Kopfschmerzen usw.“,

4.3.

„Wir haben durch die Sanguinum-Injektionen eine sanfte Aktivierung der Entgiftungsorgane. Damit werden die im Fettgewebe gespeicherten Schadstoffe ausgeschieden und belasten den Körper nicht mehr“,

4.4.

„Zusammenfassend haben wir eine physiologische Gewichtsreduktion“

und/oder

„wir haben eine homöopathisch unterstützte Entgiftung“

und/oder

„Stoffwechselsteigerung“

„und ... die perfekte Abnehmstrategie“;

jeweils sofern dies geschieht, wie in Anlage A 4 wiedergegeben.

II.

Die Verfügungsbeklagte hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.

Beschluss:

Der Streitwert wird festgesetzt auf 30.000,- Euro.

Tatbestand

Die Parteien streiten um wettbewerbsrechtliche Unterlassungsansprüche.

Der Kläger ist ein Verein, zu dessen satzungsmäßigen Aufgaben die Wahrung der gewerblichen Interessen seiner Mitglieder gehört; zu diesen Mitgliedern gehören neben den Ärztekammern Hamburg und Schleswig-Holstein diverse Heilpraktiker, Apothekenverbände, Unternehmen der Heilmittelbranche sowie Lebensmittelfilialbetriebe, die auch Arzneimittel vertreiben sowie Versandapotheken (zu den Einzelheiten die Mitgliederliste Anlage A 1).

Die Beklagte ist niedergelassene Ärztin und hat auf ihrer Website mit dem URL www.gesundmituns.de mit den inkriminierten Behauptungen geworben /A 4/.

Dazu im Einzelnen:

Die Bioresonanztherapie ist eine Außenseitermethode mit okkulten Versatzstücken, aber ohne jeden nach medizinischen Erkenntnissen nachvollziehbaren Ansatz für eine Wirkungsweise /A 12 bis A 17/.

Der ETAScan beruht auf einem so abwegigen angeblichen Wirkungsprinzip (Aufnahme von Schallwellen über einen Kopfhörer, auf diese Weise Ermittlung der Frequenzen von Organen /A 18/), dass ernstzunehme Wissenschaftler bislang noch nicht einmal auf die Idee kamen, die Wirksamkeit überhaupt zu untersuchen.

Die Sanguinumkur behauptet eine homöopathisch induzierte Erhöhung der Stoffwechselaktivität und setzt sich aus einer Nahrungsumstellung und aus Injektionen mit einem homöopathischen Mittel zusammen. Die Aussagen der Beklagten beinhalten ein sicheres Erfolgsversprechen; ein etwaiger Erfolg beruht nicht auf der Verabreichung homoöpathischer Spritzen, sondern auf der Einhaltung einer strikten kalorienreduzierten Diät.

Ein Abmahnschreiben vom 23.10.2015 /A5/ließ die Beklagte nach wechselseitiger Korrespondenz /A6 bis A10/am 13.11.2015 beantworten und bot eine auf den Internetauftritt eingeschränkte Unterlassungserklärung an /A11/; die Unterlassungserklärung enthielt noch weitere Einschränkungen.

Der Kläger trägt vor,

er habe vom Inhalt der Website am 21.10.2015 Kenntnis erlangt /A3/. Die mehr als 200 Webpräsenzen, die sich über www.sanguinum.com erschließen, habe er nicht einzeln durchforstet. Die Einschränkung der Unterlassungserklärung auf den Internetauftritt beseitige nicht die Wiederholungsgefahr. Wettbewerbsverstöße in Österreich müsse und könne der Kläger nicht verfolgen.

Die Beklagte treibe im geschäftlichen Verkehr mit gesundheitsbezogenen Wirkungsaussagen Werbung, die wissenschaftlich ungesichert sind, ihr obliege die Darlegungs- und Beweislast dafür, dass diese Angaben zutreffend und richtig seien. Eine Einschätzung der Wirksamkeit und Geeignetheit der jeweiligen Methode durch die medizinische Wissenschaft liege nicht vor, die überwiegende Mehrheit der Wissenschaftler beurteile die Erfolgsaussichten als ausgeschlossen oder jedenfalls gering.

Dazu im Einzelnen:

Bioresonanztherapie: Die Werbung sei irreführend (§ 4 Abs. MPG, § 3 Abs. 2 Nr. 1 HWG), denn es werde Medizinprodukten eine Leistung bzw. eine therapeutische Wirkung beigelegt, die sie nicht haben.

ETAScan: Es handle sich um eine entweder abergläubische oder aber betrügerische Methode.

Sanguinumkur: Das Erfolgsversprechen, könne die Beklagte nicht in jedem Falle und nicht gegenüber jedermann garantieren. Die Werbung der Beklagten sei irreführend (§ 3 HWG); sie beinhalte eine unzulässige Werbung für registrierte homöopathische Mittel mit der Angabe von Anwendungsgebieten (§ 5 HWG).

Der Kläger beantragt, im Wege einstweiliger Verfügung zu entscheiden:

Der Verfügungsbeklagten wird bei Vermeidung eines vom Gericht für jede Fall der künftigen Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis 250.000,- Euro, ersatzweise Ordnungshaft, oder einer Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, untersagt, im geschäftlichen Verkehr zu werben

1.

für eine „Bioresonanz-Therapie (BRT)“:

1.1.

„Mit dem Bicom Gerät lassen sich die belastenden Substanzen anhand ihrer Frequenz identifizieren. Krankhafte Schwingungen werden gelöscht, dadurch wird die körpereigene Regulation und Selbstheilung unterstützt“,

1.2.

„Die empfangenen elektromagnetischen Signale werden ins Gerät geleitet, analysiert, krankhafte Signale umgewandelt, harmonisiert und an den Körper geleitet“,

1.3.

„Die Einsatzbereiche der BRT sind breit gefächert: ...“

1.3.1.

„... Allergien“,

1.3.2.

„... Schmerzen (Migräne)“,

1.3.3.

„... chron. Erkrankungen (Borreliose, MS, etc.)“,

1.3.4.

„... Atemwegserkrankungen“,

1.3.5.

„... Magen-Darmerkrankungen“,

1.3.6.

„... Rheuma“,

1.3.7.

„... Raucherentwöhnung“,

1.3.8.

„... Gewichtsreduktion“.

1.4.

„Bei der Raucherentwöhnung werden während der Therapie Nikotin und andere Schadstoffe ausgeleitet“,

1.5.

„Zur Gewichtsreduktion ...

Dem Körper wird der Heißhunger auf diese Lebensmittel genommen. Steigerung des Stoffwechsels, der Schilddrüse, der Hormone, der Leberentgiftung etc. über Ohrakupunkturpunkte. Dadurch Steigerung des Grundumsatzes“,

1.6.

„Allergietherapie“

und/oder

„Beseitigung Ihrer Belastungen“

und/oder

„versteckte Ursachen von Beschwerden finden“,

2.

für eine Behandlung mittels des bioenergetischen Diagnose- und Therapiesystems

„ETAScan“:

2.1.

„Die Stärke von ETAScan liegt im Bereich der Früherkennung und Prävention. Befindlichkeitsstörungen können differenziert werden. ETAScan zeigt Störungen bereits in ihrem Anfangsstadium präzise auf, so dass Therapien schon sehr früh begonnen werden können, bevor es zu organischen Veränderungen kommt“,

2.2.

„Belastungen können getestet werden, wie beispielsweise Elektrosmog“

und/oder

„Schwermetalle“

und/oder

„Amalgam“

und/oder

„Pestizide“

und/oder

„Bakterien“

und/oder

„Viren“

und/oder

„Parasiten“

und/oder

„Adenovirus“,

2.3.

„Des weiteren dient ETAScan zur Verträglichkeitstestung von Medikamenten“

und/oder

„Lebensmitteln“

und/oder

„Homöopathika“

und/oder

„Nahrungsergänzungsmitteln“,

3.

für eine sogenannte „Sanguinum Kur“ zum Abnehmen:

3.1.

„Homöopathisches Stoffwechselprogramm zur Gewichtsreduktion und Entschlackung mit hervorragenden Ergebnissen“

3.2.

„Kein Jojo-Effekt“,

3.3.

„Die Sanguinum Kur führt zu gesundem Abnehmen“,

3.4.

„ausreichende Nährstoffversorgung“,

3.5.

„homöopatische Stoffwechselsteigerung,

3.6.

„Der Stoffwechsel bleibt in Schwung“,

3.7.

„Muskelmasse bleibt erhalten“,

3.8.

„der Blutzuckerspiegel bleibt konstant“,

3.9.

„Heißhungerattacken unterbleiben“,

3.10.

„die Entgiftung wird angeregt“,

3.11.

„Daher bietet die Kur gerade auch für Menschen mit verlangsamtem Stoffwechsel Hilfe nach Raucherentwöhnung“

und/oder

„bei Hormonumstellung nach einer Schwangerschaft oder in der Menopause“

und/oder

„durch Medikamente z. B. Antidepressiva, Blutdruckmittel“

und/oder

„nach diversen Diäten“,

3.12.

„In der Zeit nach der Gewichtsreduktion, der sogenannten Nachkur, schleicht man die Homöopathika aus, der Ernährungsplan wird erweitert, der Körper bleibt weiterhin auf einem hohen Stoffwechselniveau, der Jojo-Effekt bleibt aus“,

4.

mit dem Video „Dr. med. Monika S. über die Sanguinum-Stoffwechselkur“ (siehe unter: https://youtu.be/XhXya9GWNgw)

insbesondere mit den Aussagen:

4.1.

„... er (der Patient) optimiert seine Ernährung insofern, als es zu einer langfristigen, andauernden Gewichtsreduktion und Stoffwechselaktivierung kommt“,

4.2.

„... außerdem fehlen hier diese leidigen Begleiterscheinungen im Rahmen einer Diät wie Leistungsschwäche, Kopfschmerzen usw.“,

4.3.

„Wir haben durch die Sanguinum-Injektionen eine sanfte Aktivierung der Entgiftungsorgane. Damit werden die im Fettgewebe gespeicherten Schadstoffe ausgeschieden und belasten den Körper nicht mehr“,

4.4.

„Zusammenfassend haben wir eine physiologische Gewichtsreduktion“

und/oder

„wir haben eine homöopathisch unterstützte Entgiftung“

und/oder

„Stoffwechselsteigerung“

„und ... die perfekte Abnehmstrategie“

jeweils sofern dies geschieht, wie in Anlage A 4 wiedergegeben.

Die Beklagte beantragt,

den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung zurückzuweisen.

Sie wendet ein, sie unterhalte eine kleine Hausarztpraxis in Würzburg, die beanstandete Internetwerbung habe sie bereits im Oktober 2015 von der Webseite entfernt.

Der Kläger sei aktivlegitimiert, er vertrete keine Ärzte und Heilpraktiker im Einzugsbereich der Praxis der Beklagten, jedenfalls nicht in Ober-, Unter- oder Mittelfranken. Zu den Mitgliedern gehörten aber ihrerseits Anbieter der Bioresonanztherapie /E1 bis E6/. Ein konkretes Wettbewerbsverhältnis zu Apotheken, Herstellern oder Händlern bestehe nicht. Die Internetpräsenz der Beklagten tangiere keine Ärzte in Norddeutschland. Gegen eigene Mitglieder, die für die Sanguinumkur mit vergleichbaren Aussagen, wie die der Beklagten, werben, gehe der Kläger gar nicht vor.

Die Beklagte habe auch eine ausreichende Unterlassungserklärung angeboten, insbesondere sei diese nicht auf das Medium Internet beschränkt, ein aufklärender Hinweis gehe auch weiter als ein einfacher Hinweis.

Ein Verfügungsgrund liege ebenfalls nicht vor: Der Kläger habe bereits im ersten Kalenderhalbjahr 2015 mehrere andere Parteien wegen der Werbung mit der Sanguinumkur wettbewerbsrechtlich verfolgt und bereits damals über die Website www.sanguinum.com auch von der Werbung der Beklagten Kenntnis erlangt.

Das Gericht hat über den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung mündlich verhandelt und keinen Beweis erhoben. Wegen der weiteren Einzelheiten wird Bezug genommen auf den Akteninhalt, insbesondere die Schriftsätze der Parteien und ihre Anlagen sowie die Angaben der Parteien ausweislich des Terminsprotokolls.

Gründe

Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung ist nach §§ 835, 840 ZPO zulässig und begründet.

Zum Verfügungsanspruch ist zunächst unstrittig, dass die Werbung der Beklagten, so wie in Anlage A 4 dokumentiert, irreführend ist, indem für Verfahren ohne wissenschaftlichen Wirkungsbeleg (Bioresonanztherapie, ETAScan) ohne jede Einschränkung geworben wird und in dem für ein homoöpathisches Verfahren mit der Angabe eines bestimmten Anwendungsgebiets und einem sicheren Erfolgversprechen geworben wird.

Der Kläger ist auch nach § 8 Abs. 3 Ziff. 2 UWG aktivlegitimiert. Insbesondere besteht ein konkretes Wettbewerbsverhältnis zwischen der Beklagten und Mitgliedern des Klägers, insbesondere den vertretenen Apotheken, Unternehmen der Heilmittelbranche und Lebensmittelfilialbetrieben, die auch Arzneimittel vertreiben. Daran ändert es nichts, dass die Beklagte ausschließlich Dienstleistungen anbietet, es kann ohne weiteres ein konkretes Wettbewerbsverhältnis zwischen Waren oder Dienstleistungen bestehen, wobei darauf abzustellen ist, dass Kunden zwischen Dienstleistungen der Beklagten und Waren der klägerischen Mitglieder auswählen könnten (vgl. BGH GRUR 2000, 438). Dies ist der Fall, da zu allen von der Beklagten aufgeführten Wirkungsaussagen von Allergien und Atemwegserkrankungen über Gewichtsreduktion bis zu Raucherentwöhnung und Schmerzen von Mitgliedern des Klägers Präparate angeboten werden, deren Absatz dadurch betroffen werden kann, dass sich Kunden statt der Präparate für die Dienstleistungen der Beklagten entscheiden.

Aufgrund des Umstands, dass die Beklagte im Internet geworben hat, beeinflusst sie den Markt im Bereich des gesamten Bundesgebiets, ein Ausnahmefall (vgl. OLG Celle GRUR-RR 2012, 477) liegt schon deshalb nicht vor, weil jedenfalls auch die von dem Kläger vertretenen Versandapotheken örtlich im Raum Würzburg ebenfalls wirtschaftliche Interessen verfolgen.

Auch kann sich die Beklagte nicht auf einen Mißbrauch der klägerischen Verbandsstellung berufen deshalb, weil der Kläger eines seiner Mitgliedsunternehmen, das in gleicher Weise wie die Beklagte unzulässig im Internet wirbt, bislang deswegen nicht verfolgt hat: Es handelt sich um ein Unternehmen in Österreich, der Kläger hat nachvollziehbar dargelegt (und durch Rechtsprechungsnachweise gestützt), dass er davon mangels Erfolgsaussicht abgesehen hat. Ein Mißbrauch kann aber nur dann vorliegen, wenn ein Verband grundsätzlich nur gegen außenstehende, nicht aber gegen eigene Mitglieder vorgeht im Sinne eines planmäßigen Duldens (BGH GRUR 1997, 681); ein Nichtverfolgen in einem sachlich begründbaren Einzelfall reicht dafür nicht aus.

Die Beklagte hat die zur Rechtfertigung des Unterlassungsanspruchs notwendige Wiederholungsgefahr auch nicht durch das Angebot einer textuell veränderten Unterlassungserklärung ausgeräumt: Die Unterlassungserklärung war lediglich auf das Medium Internet beschränkt und schloss andere überregionale Werbemöglichkeiten nicht aus. Dass die Beklagte solche tatsächlich nicht betrieb und auch nicht zur betreiben beabsichtigte, ist aus der angebotenen Unterlassungserklärung zum Zeitpunkt der Unterbreitung an den Kläger nicht erkennbar gewesen. Auf die Frage, ob die weiter vorhandenen Einschränkungen der Unterlassungserklärung der Beseitigung der Wiederholungsgefahr entgegenstehen, kommt es dann schon nicht mehr an.

Auch ein Verfügungsgrund ist gegeben. Er wird nach § 12 Abs. 2 UWG vermutet. Der von Beklagtenseite hier angeführte Sachverhalt ist nicht geeignet, die Vermutung zu entkräften. Aus dem Umstand, dass dem Kläger bereits im ersten Kalenderhalbjahr 2015 bei der Überprüfung der Website www.sanguinum.com bekannt geworden ist, dass die Beklagte für die Sanguinumtherapie mit einer Internetpräsenz warb, kann dafür nicht genügen. Allein aus dem Vorhandensein einer Internetpräsenz ist ja noch nicht ableitbar, dass auf dieser tatsächlich wettbewerbswidrig geworben wird. Der Kläger war also gehalten, von einem Link der Seite www.sanguinum.com aus die Internetpräsenz der Beklagten (und ca. 200 andere) aufzurufen und zu überprüfen, um den Verstoß der Beklagten bzw. weiterer Mitbewerber festzustellen. Es waren also zusätzliche Ermittlungen nötig, um ausgehend von der Kenntnis der Erwähnung der Beklagten auf der Seite www.sanguinum.com einen tatsächlichen Wettbewerbsverstoß der Beklagten festzustellen, so dass die für das erste Kalenderhalbjahr 2015 unstreitige Kenntnis - der Präsenz sanguinum.com und der Erwähnung der Beklagten dort - seitens des Klägers nicht ausreicht, um die Vermutung zu Fall zu bringen; es ist vielmehr davon auszugehen, dass der Kläger - wie durch eidesstattliche Versicherung glaubhaft gemacht - die Webpräsenz der Beklagten erst am 21.10.2015 tatsächlich aufgerufen und überprüft hat.

Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 3 ZPO. Nach den von der Beklagten mitgeteilten Patienten und Umsatzzahlen ist eine Herabsetzung des Streitwerts nicht veranlasst.

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Referenzen - Gesetze

Landgericht Bamberg Urteil, 04. März 2016 - 1 HK O 37/15 zitiert 9 §§.

Zivilprozessordnung - ZPO | § 3 Wertfestsetzung nach freiem Ermessen


Der Wert wird von dem Gericht nach freiem Ermessen festgesetzt; es kann eine beantragte Beweisaufnahme sowie von Amts wegen die Einnahme des Augenscheins und die Begutachtung durch Sachverständige anordnen.

Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb - UWG 2004 | § 12 Einstweiliger Rechtsschutz; Veröffentlichungsbefugnis; Streitwertminderung


(1) Zur Sicherung der in diesem Gesetz bezeichneten Ansprüche auf Unterlassung können einstweilige Verfügungen auch ohne die Darlegung und Glaubhaftmachung der in den §§ 935 und 940 der Zivilprozessordnung bezeichneten Voraussetzungen erlassen werden

Gesetz über Medizinprodukte


Medizinproduktegesetz - MPG

Zivilprozessordnung - ZPO | § 835 Überweisung einer Geldforderung


(1) Die gepfändete Geldforderung ist dem Gläubiger nach seiner Wahl zur Einziehung oder an Zahlungs statt zum Nennwert zu überweisen. (2) Im letzteren Fall geht die Forderung auf den Gläubiger mit der Wirkung über, dass er, soweit die Forderung b

Zivilprozessordnung - ZPO | § 840 Erklärungspflicht des Drittschuldners


(1) Auf Verlangen des Gläubigers hat der Drittschuldner binnen zwei Wochen, von der Zustellung des Pfändungsbeschlusses an gerechnet, dem Gläubiger zu erklären:1.ob und inwieweit er die Forderung als begründet anerkenne und Zahlung zu leisten bereit

Heilmittelwerbegesetz - HeilMWerbG | § 3


Unzulässig ist eine irreführende Werbung. Eine Irreführung liegt insbesondere dann vor, 1. wenn Arzneimitteln, Verfahren, Behandlungen, Gegenständen oder anderen Mitteln eine therapeutische Wirksamkeit oder Wirkungen beigelegt werden, die sie nicht h

Heilmittelwerbegesetz - HeilMWerbG | § 5


Für homöopathische Arzneimittel, die nach dem Arzneimittelgesetz registriert oder von der Registrierung freigestellt sind, darf mit der Angabe von Anwendungsgebieten nicht geworben werden.

Referenzen

Unzulässig ist eine irreführende Werbung. Eine Irreführung liegt insbesondere dann vor,

1.
wenn Arzneimitteln, Verfahren, Behandlungen, Gegenständen oder anderen Mitteln eine therapeutische Wirksamkeit oder Wirkungen beigelegt werden, die sie nicht haben,
2.
wenn fälschlich der Eindruck erweckt wird, daß
a)
ein Erfolg mit Sicherheit erwartet werden kann,
b)
bei bestimmungsgemäßem oder längerem Gebrauch keine schädlichen Wirkungen eintreten,
c)
die Werbung nicht zu Zwecken des Wettbewerbs veranstaltet wird,
3.
wenn unwahre oder zur Täuschung geeignete Angaben
a)
über die Zusammensetzung oder Beschaffenheit von Arzneimitteln, Gegenständen oder anderen Mitteln oder über die Art und Weise der Verfahren oder Behandlungen oder
b)
über die Person, Vorbildung, Befähigung oder Erfolge des Herstellers, Erfinders oder der für sie tätigen oder tätig gewesenen Personen
gemacht werden.

Für homöopathische Arzneimittel, die nach dem Arzneimittelgesetz registriert oder von der Registrierung freigestellt sind, darf mit der Angabe von Anwendungsgebieten nicht geworben werden.

(1) Die gepfändete Geldforderung ist dem Gläubiger nach seiner Wahl zur Einziehung oder an Zahlungs statt zum Nennwert zu überweisen.

(2) Im letzteren Fall geht die Forderung auf den Gläubiger mit der Wirkung über, dass er, soweit die Forderung besteht, wegen seiner Forderung an den Schuldner als befriedigt anzusehen ist.

(3) Die Vorschriften des § 829 Abs. 2, 3 sind auf die Überweisung entsprechend anzuwenden. Wird ein bei einem Kreditinstitut gepfändetes Guthaben eines Schuldners, der eine natürliche Person ist, dem Gläubiger überwiesen, so darf erst einen Monat nach der Zustellung des Überweisungsbeschlusses an den Drittschuldner aus dem Guthaben an den Gläubiger geleistet oder der Betrag hinterlegt werden; ist künftiges Guthaben gepfändet worden, ordnet das Vollstreckungsgericht auf Antrag zusätzlich an, dass erst einen Monat nach der Gutschrift von eingehenden Zahlungen an den Gläubiger geleistet oder der Betrag hinterlegt werden darf.

(4) Wenn nicht wiederkehrend zahlbare Vergütungen eines Schuldners, der eine natürliche Person ist, für persönlich geleistete Arbeiten oder Dienste oder sonstige Einkünfte, die kein Arbeitseinkommen sind, dem Gläubiger überwiesen werden, so darf der Drittschuldner erst einen Monat nach der Zustellung des Überweisungsbeschlusses an den Gläubiger leisten oder den Betrag hinterlegen.

(1) Auf Verlangen des Gläubigers hat der Drittschuldner binnen zwei Wochen, von der Zustellung des Pfändungsbeschlusses an gerechnet, dem Gläubiger zu erklären:

1.
ob und inwieweit er die Forderung als begründet anerkenne und Zahlung zu leisten bereit sei;
2.
ob und welche Ansprüche andere Personen an die Forderung machen;
3.
ob und wegen welcher Ansprüche die Forderung bereits für andere Gläubiger gepfändet sei;
4.
ob innerhalb der letzten zwölf Monate im Hinblick auf das Konto, dessen Guthaben gepfändet worden ist, nach § 907 die Unpfändbarkeit des Guthabens festgesetzt worden ist, und
5.
ob es sich bei dem Konto, dessen Guthaben gepfändet worden ist, um ein Pfändungsschutzkonto im Sinne des § 850k oder ein Gemeinschaftskonto im Sinne des § 850l handelt; bei einem Gemeinschaftskonto ist zugleich anzugeben, ob der Schuldner nur gemeinsam mit einer oder mehreren anderen Personen verfügungsbefugt ist.

(2) Die Aufforderung zur Abgabe dieser Erklärungen muss in die Zustellungsurkunde aufgenommen werden; bei Zustellungen nach § 193a muss die Aufforderung als elektronisches Dokument zusammen mit dem Pfändungsbeschluss übermittelt werden. Der Drittschuldner haftet dem Gläubiger für den aus der Nichterfüllung seiner Verpflichtung entstehenden Schaden.

(3) Die Erklärungen des Drittschuldners können innerhalb der in Absatz 1 bestimmten Frist auch gegenüber dem Gerichtsvollzieher abgegeben werden. Werden die Erklärungen bei einer Zustellung des Pfändungsbeschlusses nach § 193 abgegeben, so sind sie in die Zustellungsurkunde aufzunehmen und von dem Drittschuldner zu unterschreiben.

(1) Zur Sicherung der in diesem Gesetz bezeichneten Ansprüche auf Unterlassung können einstweilige Verfügungen auch ohne die Darlegung und Glaubhaftmachung der in den §§ 935 und 940 der Zivilprozessordnung bezeichneten Voraussetzungen erlassen werden.

(2) Ist auf Grund dieses Gesetzes Klage auf Unterlassung erhoben worden, so kann das Gericht der obsiegenden Partei die Befugnis zusprechen, das Urteil auf Kosten der unterliegenden Partei öffentlich bekannt zu machen, wenn sie ein berechtigtes Interesse dartut. Art und Umfang der Bekanntmachung werden im Urteil bestimmt. Die Befugnis erlischt, wenn von ihr nicht innerhalb von drei Monaten nach Eintritt der Rechtskraft Gebrauch gemacht worden ist. Der Ausspruch nach Satz 1 ist nicht vorläufig vollstreckbar.

(3) Macht eine Partei in Rechtsstreitigkeiten, in denen durch Klage ein Anspruch aus einem der in diesem Gesetz geregelten Rechtsverhältnisse geltend gemacht wird, glaubhaft, dass die Belastung mit den Prozesskosten nach dem vollen Streitwert ihre wirtschaftliche Lage erheblich gefährden würde, so kann das Gericht auf ihren Antrag anordnen, dass die Verpflichtung dieser Partei zur Zahlung von Gerichtskosten sich nach einem ihrer Wirtschaftslage angepassten Teil des Streitwerts bemisst. Die Anordnung hat zur Folge, dass

1.
die begünstigte Partei die Gebühren ihres Rechtsanwalts ebenfalls nur nach diesem Teil des Streitwerts zu entrichten hat,
2.
die begünstigte Partei, soweit ihr Kosten des Rechtsstreits auferlegt werden oder soweit sie diese übernimmt, die von dem Gegner entrichteten Gerichtsgebühren und die Gebühren seines Rechtsanwalts nur nach dem Teil des Streitwerts zu erstatten hat und
3.
der Rechtsanwalt der begünstigten Partei, soweit die außergerichtlichen Kosten dem Gegner auferlegt oder von ihm übernommen werden, seine Gebühren von dem Gegner nach dem für diesen geltenden Streitwert beitreiben kann.

(4) Der Antrag nach Absatz 3 kann vor der Geschäftsstelle des Gerichts zur Niederschrift erklärt werden. Er ist vor der Verhandlung zur Hauptsache anzubringen. Danach ist er nur zulässig, wenn der angenommene oder festgesetzte Streitwert später durch das Gericht heraufgesetzt wird. Vor der Entscheidung über den Antrag ist der Gegner zu hören.

Der Wert wird von dem Gericht nach freiem Ermessen festgesetzt; es kann eine beantragte Beweisaufnahme sowie von Amts wegen die Einnahme des Augenscheins und die Begutachtung durch Sachverständige anordnen.