vorgehend
Amtsgericht Schwandorf, 405 XVII 330/14, 20.10.2014

Gericht

Landgericht Amberg

Tenor

1. Die sofortige Beschwerde des Bezirksrevisors gegen den Beschluss des Amtsgerichts Schwandorf vom 20.10.2014, Az. 405 XVII 330/14, wird zurückgewiesen.

2. Die weitere Beschwerde wird zugelassen.

Gründe

I.

Das Amtsgericht Schwandorf beauftragte den Gutachter … mit Beschluss vom 29.07.2014 mit der Erstellung eines Gutachtens zu den medizinischen Voraussetzungen der Anordnung einer Betreuung. Der Sachverständige erstattete sein Gutachten schriftlich unter dem 04.08.2014 und rechnete mit Rechnung vom gleichen Tage seine Tätigkeit mit 763,44 Euro ab. Wegen der einzelnen Positionen wird auf die Rechnung vom 04.08.2014 verwiesen.

Mit Stellungnahme vom 19.08.2014 beantragte der Bezirksrevisor die gerichtliche Festsetzung der Sachverständigenentschädigung gemäß § 4 Abs. 1 JVEG.

Mit Beschluss vom 20.10.2014 setzte das Amtsgericht Schwandorf die zu erstattenden Kosten wie vom Sachverständigen beantragt fest. Es begründete seinen Beschluss damit, dass der Sachverständige ein ausführliches Gutachten vorgelegt habe, dem der geltend gemachte Zeitaufwand entspreche. Der Beschluss vom 20.10.2014 wurde dem Bezirksrevisor am 22.10.2014 zugestellt; mit Schriftsatz vom 30.10.2014, eingegangen beim Amtsgericht Schwandorf am 05.11.2014, legte der Bezirksrevisor Beschwerde ein mit der Begründung, dass zwar nicht angezweifelt werde, dass der Sachverständige die abgerechneten Stunden auch tatsächlich für die Erstellung des Gutachtens aufgewendet hat, jedoch fraglich sei, ob die Ausführlichkeit des Gutachtens für den beabsichtigten Zweck auch erforderlich war. Für vergleichbare Gutachten, die von den Amtsgerichten Amberg und Schwandorf eingeholt würden, würden durchschnittlich nur zwei bis vier Stunden abgerechnet.

Mit Beschluss vom 18.11.2014 half das Amtsgericht Schwandorf der Beschwerde nicht ab und legte die Sache dem Landgericht Amberg zur Entscheidung vor.

Die Kammer holte ein Gutachten zur Frage ein, welche Zeit erforderlich ist, die ein Sachverständiger mit durchschnittlicher Befähigung und Erfahrung bei sachgemäßer Auftragserledigung mit durchschnittlicher Arbeitsintensität benötigt, um die dem Sachverständigen … gestellte Frage, ob beim Betroffenen die medizinischen Voraussetzungen der Anordnung einer Betreuung vorliegen, vollständig und sachgerecht zu beantworten.

Wegen des Ergebnisses wird auf das Gutachten des Sachverständigen … verwiesen.

II.

Die zulässige Beschwerde hat in der Sache keinen Erfolg.

Zur Vermeidung von Wiederholungen wird auf die zutreffenden Gründe im angegriffenen Beschluss sowie im Nichtabhilfebeschluss vom 18.11.2014 verwiesen.

Auch die Kammer ist der Ansicht, dass sich der vom Sachverständigen angesetzte Zeitbedarf im Rahmen des Erforderlichen gemäß § 8 Abs. 2 S. 1 JVEG bewegt.

1. Der von der Kammer beauftragte Sachverständige … hat nachvollziehbar dargestellt, dass für Aktenstudium, Einsichtnahme in die Krankenunterlagen, Fremdanamnesen, Erhebung der Anamnese und die psychiatrische Untersuchung insgesamt 3 bis 3,5 Stunden angemessen sind. Für Ausarbeitung, Diktat und Korrektur des Gutachtens hält er 3 Stunden für angemessen.

Dies ist für das Gericht auch nachvollziehbar.

a) Der Sachverständige hat den Betroffenen persönlich im BKH aufgesucht, eine soziale Anamnese und einen psychischen Befund erhoben. Fremdanamnesen hat der Sachverständige beim Pflegepersonal und beim Sohn des Betroffenen erhoben. Der hierfür sowie für das Studium der Krankenunterlagen und der Gerichtsakte angesetzte Zeitbedarf von drei Stunden scheint dem Gericht durchaus plausibel zu sein.

b) Für die Ausarbeitung, Diktat und Korrektur des Gutachtens hält der Sachverständige einen Zeitbedarf von 3 Stunden für angemessen. Dabei ist es nicht zu beanstanden, wenn zunächst eine Orientierung an der Seitenzahl erfolgt, wenn das hieraus resultierende Ergebnis letztendlich auf seine Plausibilität hin überprüft wird. Vorliegend erscheint bei Art und Umfang des vorgelegten Gutachtens eine Arbeitszeit von drei Stunden für Ausarbeitung, Diktat und Korrektur angemessen. Hierbei ist insbesondere zu berücksichtigen, dass das Gutachten aus verschiedenen Teilen aufgebaut ist, wobei der Gutachter den Inhalt der Akte sowie den Inhalt der Krankenunterlagen aufbereiten, seine eigenen Erkenntnisse darstellen und schließlich sämtliche Grundlagen seiner Wertung zuführen musste.

c) Der vom Sachverständigen … angesetzte Zeitbedarf von 3 bis 3,5 Stunden für Aktenstudium, Einsichtnahme in die Krankenunterlagen, Fremdanamnesen, Anamnese und psychiatrische Untersuchung und von 3 Stunden für Auswertung, Diktat und Korrektur scheint also nachvollziehbar. 40 Minuten sind dem Sachverständigen … an Fahrtzeit entstanden, so dass zunächst ein erforderlicher Bedarf von 6 Stunden 40 Minuten bis 7 Stunden 10 Minuten anzusetzen ist.

Der Sachverständige … hat vorliegend 7 Stunden und 40 Minuten abgerechnet. Auch dieser Zeitbedarf bewegt sich im Rahmen des Erforderlichen im Sinne des § 8 Abs. 2 S. 1 JVEG. Zu beachten ist hier einerseits, dass es sich bei dem Begriff der erforderlichen Zeit um einen unbestimmten und ausfüllungsbedürftigen Rechtsbegriff handelt, zum anderen, dass es sich bei der Fertigung eines Gutachtens um eine geistige Leistung handelt, deren Erforderlichkeit sich nicht minutengenau berechnen lässt. Dem abrechnenden Sachverständigen ist deswegen eine gewisse Toleranz zuzubilligen (so auch LSG Bayern, Beschluss vom 24.04.2014, Az: L 15 SF 368/13, unter Berufung auf die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts). Selbst wenn man von dem vom Sachverständigen … angenommenen Mindestbedarf von 6,5 Stunden nebst 40 Minuten Fahrtzeit ausgeht, bewegt sich der Sachverständige leseanu mit seiner Abrechnung in einem Toleranzbereich von 15%.

2. Soweit der Bezirksrevisor in Zweifel zieht, ob die Ausführlichkeit des Gutachtens für die Klärung der Frage, ob für den Betroffenen eine Betreuung angeordnet werden muss, auch erforderlich war, ist dies zu bejahen. Gerade die erstmalige Errichtung einer Betreuung stellt einen schwerwiegenden Grundrechtseingriff dar; ihre Voraussetzungen sind deswegen umfassend zu überprüfen. Hierbei ist das Gericht darauf angewiesen, dass eine fundierte medizinische Einschätzung zur der Fragestellung erfolgt. Die Frage, ob der Betroffene noch in der Lage ist, seinen Willen frei zu bilden, ist von zentraler Bedeutung und für das Gericht nicht ohne fachmedizinische Beratung zu entscheiden. Dass sich der beauftragte Sachverständige hiermit nur oberflächlich beschäftigt, kann nicht wünschenswert sein.

Hierbei ist auch zu beachten, dass es das den Sachverständigen beauftragende Gericht selbst in gewissen Grenzen in der Hand hat, je nach Bedarf auf ein ausführliches Gutachten oder aber ein Kurzgutachten hinzuwirken. Hier ist nochmals hervorzuheben, dass die Errichtung einer Betreuung einen schwerwiegenden Eingriff darstellt und die Voraussetzungen umfassend geprüft werden müssen.

Soweit der Bezirksrevisor beanstandet, dass im Gutachten des Sachverständigen … auf 7 von 15 Seiten der Inhalt der Betreuungsakte und die medizinische Vorgeschichte wiedergegeben werden, ist auch dies dem Sachverständigen zuzugestehen. Dies ist für ein ausführliches Gutachten sinnvoll, da so ohne weiteres nachvollzogen werden kann, von welchen Grundlagen der Sachverständige bei seiner Beurteilung ausgegangen ist. Es könnte schließlich sein, dass etwa wesentliche Teile der Krankengeschichte oder des Akteninhalts übersehen werden und der Sachverständige diese nicht in seine Bewertung mit einfließen lässt. Durch die vorangestellte Feststellung des Sachverständigen, von welchen Grundlagen er ausgegangen ist, kann dies leicht überprüft werden.

III.

Das Verfahren ist gebührenfrei. Kosten werden nicht erstattet (§ 4 Abs. 8 JVEG).

IV.

Die weitere Beschwerde wird zugelassen, da die Sache grundsätzliche Bedeutung und die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts erfordert.

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Landgericht Amberg Beschluss, 25. Juni 2015 - 32 T 1063/14 zitiert 2 §§.

Justizvergütungs- und -entschädigungsgesetz - JVEG | § 4 Gerichtliche Festsetzung und Beschwerde


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Justizvergütungs- und -entschädigungsgesetz - JVEG | § 8 Grundsatz der Vergütung


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Bayerisches Landessozialgericht Beschluss, 24. Apr. 2014 - L 15 SF 368/13

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Gründe I. Der Antragsteller und Beschwerdeführer begehrt eine höhere Vergütung für ein von ihm erstattetes Gutachten nach dem Justizvergütungs- und -entschädigungsgesetz (JVEG). Streitig ist im Wesentlichen der zu vergütende Zeit
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Oberlandesgericht Nürnberg Beschluss, 04. März 2016 - 8 Wx 1657/15

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Gründe Oberlandesgericht Nürnberg Az.: 8 Wx 1657/15 Beschluss vom 4. März 2016 Vorangehend: Landgericht Amberg, Beschluss vom 25. Juni 2015, Az.: 32 T 1063/14 405 XVII 330/14 AG Schwandorf Leitsätze: In Sa

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(1) Die Festsetzung der Vergütung, der Entschädigung oder des Vorschusses erfolgt durch gerichtlichen Beschluss, wenn der Berechtigte oder die Staatskasse die gerichtliche Festsetzung beantragt oder das Gericht sie für angemessen hält. Eine Festsetzung der Vergütung ist in der Regel insbesondere dann als angemessen anzusehen, wenn ein Wegfall oder eine Beschränkung des Vergütungsanspruchs nach § 8a Absatz 1 oder 2 Satz 1 in Betracht kommt. Zuständig ist

1.
das Gericht, von dem der Berechtigte herangezogen worden ist, bei dem er als ehrenamtlicher Richter mitgewirkt hat oder bei dem der Ausschuss im Sinne des § 1 Abs. 4 gebildet ist;
2.
das Gericht, bei dem die Staatsanwaltschaft besteht, wenn die Heranziehung durch die Staatsanwaltschaft oder in deren Auftrag oder mit deren vorheriger Billigung durch die Polizei oder eine andere Strafverfolgungsbehörde erfolgt ist, nach Erhebung der öffentlichen Klage jedoch das für die Durchführung des Verfahrens zuständige Gericht;
3.
das Landgericht, bei dem die Staatsanwaltschaft besteht, die für das Ermittlungsverfahren zuständig wäre, wenn die Heranziehung in den Fällen des § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 durch die Finanzbehörde oder in deren Auftrag oder mit deren vorheriger Billigung durch die Polizei oder eine andere Strafverfolgungsbehörde erfolgt ist, nach Erhebung der öffentlichen Klage jedoch das für die Durchführung des Verfahrens zuständige Gericht;
4.
das Amtsgericht, in dessen Bezirk der Gerichtsvollzieher seinen Amtssitz hat, wenn die Heranziehung durch den Gerichtsvollzieher erfolgt ist, abweichend davon im Verfahren der Zwangsvollstreckung das Vollstreckungsgericht.

(2) Ist die Heranziehung durch die Verwaltungsbehörde im Bußgeldverfahren erfolgt, werden die zu gewährende Vergütung oder Entschädigung und der Vorschuss durch gerichtlichen Beschluss festgesetzt, wenn der Berechtigte gerichtliche Entscheidung gegen die Festsetzung durch die Verwaltungsbehörde beantragt. Für das Verfahren gilt § 62 des Gesetzes über Ordnungswidrigkeiten.

(3) Gegen den Beschluss nach Absatz 1 können der Berechtige und die Staatskasse Beschwerde einlegen, wenn der Wert des Beschwerdegegenstands 200 Euro übersteigt oder wenn sie das Gericht, das die angefochtene Entscheidung erlassen hat, wegen der grundsätzlichen Bedeutung der zur Entscheidung stehenden Frage in dem Beschluss zulässt.

(4) Soweit das Gericht die Beschwerde für zulässig und begründet hält, hat es ihr abzuhelfen; im Übrigen ist die Beschwerde unverzüglich dem Beschwerdegericht vorzulegen. Beschwerdegericht ist das nächsthöhere Gericht. Eine Beschwerde an einen obersten Gerichtshof des Bundes findet nicht statt. Das Beschwerdegericht ist an die Zulassung der Beschwerde gebunden; die Nichtzulassung ist unanfechtbar.

(5) Die weitere Beschwerde ist nur zulässig, wenn das Landgericht als Beschwerdegericht entschieden und sie wegen der grundsätzlichen Bedeutung der zur Entscheidung stehenden Frage in dem Beschluss zugelassen hat. Sie kann nur darauf gestützt werden, dass die Entscheidung auf einer Verletzung des Rechts beruht; die §§ 546 und 547 der Zivilprozessordnung gelten entsprechend. Über die weitere Beschwerde entscheidet das Oberlandesgericht. Absatz 4 Satz 1 und 4 gilt entsprechend.

(6) Anträge und Erklärungen können ohne Mitwirkung eines Bevollmächtigten schriftlich eingereicht oder zu Protokoll der Geschäftsstelle abgegeben werden; § 129a der Zivilprozessordnung gilt entsprechend. Für die Bevollmächtigung gelten die Regelungen der für das zugrunde liegende Verfahren geltenden Verfahrensordnung entsprechend. Die Beschwerde ist bei dem Gericht einzulegen, dessen Entscheidung angefochten wird.

(7) Das Gericht entscheidet über den Antrag durch eines seiner Mitglieder als Einzelrichter; dies gilt auch für die Beschwerde, wenn die angefochtene Entscheidung von einem Einzelrichter oder einem Rechtspfleger erlassen wurde. Der Einzelrichter überträgt das Verfahren der Kammer oder dem Senat, wenn die Sache besondere Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art aufweist oder die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat. Das Gericht entscheidet jedoch immer ohne Mitwirkung ehrenamtlicher Richter. Auf eine erfolgte oder unterlassene Übertragung kann ein Rechtsmittel nicht gestützt werden.

(8) Die Verfahren sind gebührenfrei. Kosten werden nicht erstattet.

(9) Die Beschlüsse nach den Absätzen 1, 2, 4 und 5 wirken nicht zu Lasten des Kostenschuldners.

(1) Sachverständige, Dolmetscher und Übersetzer erhalten als Vergütung

1.
ein Honorar für ihre Leistungen (§§ 9 bis 11),
2.
Fahrtkostenersatz (§ 5),
3.
Entschädigung für Aufwand (§ 6) sowie
4.
Ersatz für sonstige und für besondere Aufwendungen (§§ 7 und 12).

(2) Soweit das Honorar nach Stundensätzen zu bemessen ist, wird es für jede Stunde der erforderlichen Zeit einschließlich notwendiger Reise- und Wartezeiten gewährt. Die letzte bereits begonnene Stunde wird voll gerechnet, wenn sie zu mehr als 30 Minuten für die Erbringung der Leistung erforderlich war; anderenfalls beträgt das Honorar die Hälfte des sich für eine volle Stunde ergebenden Betrags.

(3) Soweit vergütungspflichtige Leistungen oder Aufwendungen auf die gleichzeitige Erledigung mehrerer Angelegenheiten entfallen, ist die Vergütung nach der Anzahl der Angelegenheiten aufzuteilen.

(4) Den Sachverständigen, Dolmetschern und Übersetzern, die ihren gewöhnlichen Aufenthalt im Ausland haben, kann unter Berücksichtigung ihrer persönlichen Verhältnisse, insbesondere ihres regelmäßigen Erwerbseinkommens, nach billigem Ermessen eine höhere als die in Absatz 1 bestimmte Vergütung gewährt werden.

Gründe

I.

Der Antragsteller und Beschwerdeführer begehrt eine höhere Vergütung für ein von ihm erstattetes Gutachten nach dem Justizvergütungs- und -entschädigungsgesetz (JVEG). Streitig ist im Wesentlichen der zu vergütende Zeitaufwand.

In dem am Sozialgericht Würzburg (SG) unter dem Aktenzeichen S 10 VJ 2/12 geführten Verfahren nach dem Infektionsschutzgesetz erstellte der Beschwerdeführer im Auftrag des Gerichts (Auftragsdatum: 23.05.2013) unter dem Datum vom 31.08.2013 ein internistisch-epidemiologisches Gutachten nach Aktenlage. Ihm wurden Akten mit insgesamt 510 Seiten übersandt.

Das Gutachten umfasst 171/2 Seiten. Ab Seite 14 Mitte bis Seite 15 unten ist eine „zusammenfassende Beurteilung“ enthalten, anschließend bis Seite 18 Mitte die Beantwortung der Beweisfragen unter Wiedergabe der Beweisfragen.

Der Beschwerdeführer stellte für sein Gutachten am 31.08.2013 eine Rechnung in Höhe von 1.699,50 EUR. Zum Zeitaufwand gab er darin Folgendes an: Aktenstudium 5 Stunden, vorbereitende Arbeiten zur Erstellung des Gutachtens 3 Stunden, Ausarbeitung des Gutachtens 6 Stunden, insgesamt 14 Stunden. Er legte die Honorargruppe M 3 mit einem Stundensatz von 100,- EUR zugrunde. Die Umsatzsteuer ist angesetzt. Im Rechnungsbetrag enthalten sind zudem Versandkosten/technischer Aufwand in Höhe von 20,- EUR und Schreibauslagen von 13,50 EUR.

Die Kostenbeamtin des SG bewilligte mit Schreiben vom 04.09.2013 lediglich 1.212,02 EUR. Den Angaben des Beschwerdeführers zum Zeitaufwand wurde mit Ausnahme der Angabe zum Aktenstudium nicht gefolgt; insgesamt wurde nur ein Zeitaufwand von 11,5 Stunden anerkannt. Der Stundensatz nach der Honorargruppe M 3 wurde mit 85,- EUR angesetzt.

Gegen die Rechnungskürzung hat sich der Beschwerdeführer mit Schreiben vom 16.09.2013 gewandt und die Kürzung seiner Rechnung bezüglich des Zeitaufwands beanstandet. Angesichts der Schwierigkeit der Beurteilung sei eine Kürzung nicht korrekt; tatsächlich sei die Erstellung noch wesentlich zeitaufwändiger gewesen. Die Kürzung der Stundensatzhöhe hat er als zutreffend anerkannt; die Übergangsregelung in § 24 JVEG sei ihm unbekannt gewesen.

Mit Beschluss vom 04.11.2013 hat der Kostenrichter des SG die Vergütung für das Gutachten wie schon die Kostenbeamtin auf 1.212,02 EUR festgesetzt. Der vom Beschwerdeführer angegebene Zeitaufwand - so das SG - erscheine mit Blick auf Vita und Berufsleben des Beschwerdeführers zweifelhaft.

Am 13.11.2013 hat der Beschwerdeführer Beschwerde zum Bayer. Landessozialgericht (LSG) erhoben. Er betrachtet die vorgenommene Kürzung als Missachtung einer qualifizierten Bewertung. Es könne nicht sein, dass einem Sachverständigen umso mehr Zeitaufwand zuzugestehen sei, umso weniger Ahnung er habe. Wenn das SG seine Zeitangaben anzweifle, frage er sich, ob ihm damit unwahre Angaben unterstellt werden sollten.

Mit Schreiben vom 03.04.2014 hat der Senat dem Beschwerdeführer das Vergütungssystem erläutert. Wenn die Zeitangaben eines Gutachters bei der Abrechnung nicht übernommen würden, bedeute dies nicht, dass dem Sachverständigen falsche Angaben zur aufgewendeten Zeit unerstellt würden. Denn für die Abrechnung sei es nicht entscheidend, wie lange der Gutacher tatsächlich für die Anfertigung des Gutachtens gebraucht habe. Vielmehr müsse der objektiv erforderliche Zeitaufwand ermittelt werden, d. h. der Zeitaufwand, den ein „durchschnittlicher“ Sachverständiger benötigt hätte.

Der Senat hat die erstinstanzlichen Streit- und Kostenakten beigezogen.

II.

Die gemäß § 4 Abs. 3 JVEG zulässige Beschwerde ist zu einem Großteil begründet.

Die Vergütung des Beschwerdeführers für sein Gutachten vom 31.08.2013 ist gemäß § 4 Abs. 1 JVEG auf 1.455,97 EUR festzusetzen. Die vom SG vorgenommene Rechnungskürzung ist nur zulässig gewesen, soweit die Stundensatzhöhe (85,- EUR statt 100,- EUR) betroffen ist.

1. Anzuwendende Fassung des JVEG

Zur Anwendung kommen im vorliegenden Fall auch nach Erlass des Zweiten Gesetzes zur Modernisierung des Kostenrechts (2. Kostenrechtsmodernisierungsgesetz - 2. KostRMoG) vom 23.07.2013 (BGBl. I S. 2586, 2681 ff.) gemäß der Übergangsvorschrift des § 24 JVEG die Regelungen des JVEG in der bis zum 31.07.2013 geltenden Fassung. Denn der Gutachtensauftrag ist vor dem gemäß Art. 55 2. KostRMoG am 01.08.2013 erfolgten Inkrafttreten des 2. KostRMoG erteilt worden.

2. Prüfungsumfang im Beschwerdeverfahren

Im Rahmen der Beschwerdeentscheidung sind vom Beschwerdegericht alle für die Bemessung der Vergütung maßgeblichen Umstände zu überprüfen, unabhängig davon, ob sie der Beschwerdeführer aufgegriffen hat oder nicht (ständige Rspr. des Senats, vgl. z. B. Beschluss des Senats vom 17.12.2013, Az.: L 15 SF 275/13; LSG Thüringen, Beschluss vom 05.03.2012, Az.: L 6 SF 1854/11 B - m. w. N.). Das Beschwerdegericht ist eine neue Tatsacheninstanz, die in vollem Umfang anstelle des Erstgerichts zu entscheiden hat (ständige Rspr. des Senats, vgl. z. B. Beschluss vom 08.10.2013, Az.: L 15 SF 157/12 B; Meyer/Höver/Bach/Oberlack, JVEG, 26. Aufl. 2014, § 4, Rdnr. 18; Hartmann, Kostengesetze, 44. Aufl. 2014, § 4 JVEG, Rdnr. 28).

3. Vergütung für Zeitaufwand

Der Vergütung ist die vom Beschwerdeführer angegebene Zeit von insgesamt 14 Stunden zugrunde zu legen; sie entspricht der objektiv erforderlichen Zeit im Rahmen der Toleranzgrenze. Damit ergibt sich bei einem Stundensatz von 85,- EUR eine Vergütung für Zeitaufwand in Höhe von 1.190,- EUR. Die vom SG angesetzte Zeit von (nur) 11,5 Stunden hält einer Nachprüfung nicht stand.

3.1. Allgemeine Vorgaben

Gemäß § 8 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2 i. V. m. § 9 Abs. 1 JVEG erhält der Sachverständige neben dem Ersatz von Fahrtkosten und Entschädigung für sonstigen Aufwand (§ 8 Abs. 1 Nr. 2 bis 4 JVEG) für seine Leistung ein Honorar, das nach Stundensätzen zu bemessen ist. Die Höhe des Stundensatzes variiert je nach der Zugehörigkeit des Gutachtens zu einer bestimmten Honorargruppe (§ 9 Abs. 1 JVEG i. V. m. Anlage 1 zu § 9 Abs. 1). Das Honorar wird gemäß § 8 Abs. 2 JVEG für jede Stunde der erforderlichen Zeit gewährt, wobei die letzte bereits begonnene Stunde voll gerechnet wird, wenn sie zu mehr als 30 Minuten für die Erbringung der Leistung erforderlich war; andernfalls beträgt das Honorar die Hälfte des sich für eine volle Stunde ergebenden Betrags.

Die erforderliche Zeit im Sinn des § 8 Abs. 2 JVEG ist nach einem abstrakten und objektiven Maßstab zu ermitteln, der sich an dem erforderlichen Zeitaufwand eines Sachverständigen mit durchschnittlicher Befähigung und Erfahrung bei sachgemäßer Auftragserledigung mit durchschnittlicher Arbeitsintensität orientiert (vgl. Bundesverfassungsgericht - BVerfG -, Beschluss vom 26.07.2007, Az.: 1 BvR 55/07; Bundesgerichtshof - BGH -, Beschlüsse vom 04.06.1987, Az.: X ZR 27/86, vom 16.12.2003, Az.: X ZR 206/98, und vom 07.01.2006, Az.: X ZR 65/03; ständige Rechtsprechung des Senats, vgl. z. B. Beschlüsse vom 14.05.2012, Az.: L 15 SF 276/10 B E, und vom 18.05.2012, Az.: L 15 SF 104/11). Angemessen zu berücksichtigten sind dabei der Umfang des dem Sachverständigen unterbreiteten Streitstoffs, der Grad der Schwierigkeit der zu beantwortenden Fragen unter Berücksichtigung der gutachterlichen Sachkunde auf dem betreffenden Gebiet, der Umfang des Gutachtens und die Bedeutung der Streitsache (ständige Rechtsprechung des BGH, vgl. z. B. Beschlüsse vom 04.06.1987, Az.: X ZR 27/86, und vom 16.12.2003, Az.: X ZR 206/98, aber auch sozialgerichtliche Rechtsprechung, vgl. z. B. Beschlüsse des Senats vom 14.05.2012, Az.: L 15 SF 276/10 B E, und vom 18.05.2012, Az.: L 15 SF 104/11; Thüringer LSG, Beschluss vom 05.03.2012, Az.: L 6 SF 1854/11). Eine Schätzung des tatsächlichen Zeitaufwands als Grundlage für das nach Stundensätzen zu bemessende Honorar ist der gesetzlichen Regelung fremd (vgl. BVerfG, a. a. O.). Zu betonen ist, dass es de lege lata auf den objektiv erforderlichen Zeitaufwand im individuellen Fall ankommt.

Bei der Ermittlung des objektiv erforderlichen Zeitaufwands hat der Senat in Anbetracht der Ermangelung einer besseren Abrechnungsweise folgendes Vorgehen empfohlen (vgl. Beschluss vom 14.05.2012, Az.: L 15 SF 276/10 B E):

- Kontrollberechnung: Ausgehend vom Umfang des Akteninhalts und des Gutachtensumfangs sowie der angegebenen Untersuchungszeit, wenn sich diese im üblichen Rahmen bewegt, wird anhand von Erfahrungswerten ermittelt, welchen Zeitaufwand ein durchschnittlicher Sachverständiger für die Erstellung des Gutachtens insgesamt benötigt hätte und welche Vergütung sich dabei ergeben würde.

- Abgleich von Ergebnis der Kontrollberechnung und tatsächlichem Rechnungsbetrag: * Ist der tatsächliche Rechnungsbetrag niedriger oder genauso hoch wie das Ergebnis der Kontrollberechnung, wird wegen des Antragsprinzips der Rechnungsbetrag vergütet. * Ist der tatsächliche Rechnungsbetrag höher, wird der Vergütung das Ergebnis der Kontrollberechnung zugrunde gelegt, wenn im Einzelfall keine überzeugende Begründung für den höheren Zeitaufwand gegeben werden kann.

Mit Blick auf die vom Senat zurückgestellten verfassungsrechtlichen Bedenken (vgl. Beschluss vom 14.05.2012, Az.: L 15 SF 276/10 B E) und den Umstand, dass letztlich in vielen Fällen der als objektiv erforderlich ermittelte Zeitaufwand kaum exakt und bis ins letzte Detail überzeugend begründet werden kann, hat der Senat empfohlen, bei der Überlegung, ob der vom Sachverständigen angegebene Zeitaufwand zu kürzen ist, Augenmaß zu bewahren und mit Zurückhaltung vorzugehen (vgl. Beschlüsse vom 14.05.2012, Az.: L 15 SF 276/10 B E, und vom 18.05.2012, Az.: L 15 SF 104/11).

In diesem Zusammenhang ist auch das vom Senat im Beschluss vom 18.05.2012, Az.: L 15 SF 104/11, erkannte und u. a. mit Blick auf die Rechtsprechung des BVerfG begründete Bedürfnis zu sehen, die in der Rechnungsstellung eines Sachverständigen enthaltenen Zeitangaben zu akzeptieren, wenn sich diese in einem gewissen Toleranzbereich gegenüber dem Ergebnis der Kontrollberechnung bewegen. In Übereinstimmung mit dem Thüringer LSG (ständige Rspr. des Thüringer LSG, vgl. z. B. Beschlüsse vom 13.08.2013, Az.: L 6 SF 266/13 E, und vom 05.03.2014, Az.: L 6 SF 78/14 E) hat sich der Senat im Beschluss vom 18.05.2012 für eine Toleranzgrenze in Höhe von 15 v. H. entschieden.

Erst wenn die vom Sachverständigen angegebene Zeit insgesamt den sich aus der Kontrollberechnung ergebenden Zeitaufwand um mehr als 15 v. H. überschreitet, ohne dass sich dieser erhöhte Zeitaufwand im konkreten Einzelfall überzeugend begründen lässt, ist der Vergütung der Zeitaufwand, wie er sich aus der Kontrollberechnung - d. h. ohne einen Aufschlag in Höhe von 15 v. H. - ergibt, zugrunde zu legen.

Bei der Ermittlung des Zeitaufwands, den ein durchschnittlicher Sachverständiger für die Erstellung des Gutachtens benötigt hätte, im Rahmen der Kontrollberechnung geht der Senat in ständiger Rechtsprechung (vgl. z. B. Beschluss vom 18.05.2012, Az.: L 15 SF 104/11) von folgenden Erfahrungswerten aus, wie sie in der Mitteilung des Präsidenten des Bayer. LSG vom 25.05.2007, Az.: GenA 537/07, festgehalten sind:

- Für das Aktenstudium werden 100 Blatt/Stunde einschließlich der Fertigung von Notizen und Exzerpten gerechnet bei mindestens 25% medizinisch gutachtensrelevantem Inhalt. In allen anderen Fällen dagegen erscheinen 150 bis 200 Blatt/Stunde angemessen. Die Seitenzahl ist, sofern die Akten nicht durchnummeriert sind, annähernd zu bestimmen.

- Für die Abfassung einer Seite der Beurteilung und Beantwortung der gestellten Beweisfragen wird eine Stunde zugrunde gelegt, wobei jeweils für eine ganze Seite von 1.800 Anschlägen (30 Zeilen x 60 Anschläge nach DIN 1422) (= Standardseite) ausgegangen wird.

- Für Diktat und Durchsicht wird eine Stunde für je sechs Seiten angenommen, wobei auch hier jeweils eine Standardseite mit 1.800 Anschlägen zugrunde gelegt wird.

3.2. Kontrollberechnung im vorliegenden Fall

3.2.1. Zeitaufwand für Aktenstudium

Ausgehend von einem Akteninhalt von insgesamt rund 510 Seiten sind für das Aktenstudium objektiv erforderliche 5,10 Stunden anzusetzen.

3.2.2. Zeitaufwand für Abfassung der Beurteilung und Beantwortung der Beweisfragen

Es ist von einem objektiv erforderlichen Zeitaufwand von 4,62 Stunden auszugehen.

3.2.2.1. Seiten der Beurteilung und Beantwortung der gestellten Beweisfragen

Der Teil der Beurteilung und Beantwortung der Beweisfragen beinhaltet die wesentliche geistige Leistung des Sachverständigen und stellt den Kernbereich des Gutachtens dar. Die in einem Gutachten enthaltenen Überschriften geben einen ersten Anhaltspunkt dafür, was diesem Kernbereich zuzurechnen ist (vgl. Beschlüsse des Senats vom 14.05.2012, Az.: L 15 SF 276/10 B E, und vom 18.05.2012, Az.: L 15 SF 104/11), sind aber nicht bindend. Es ist sowohl möglich, dass sich unter dieser Überschrift Ausführungen finden, die nicht zur Beurteilung zu rechnen sind, als auch immer wieder der Fall, dass sich unter anderen Überschriften Passagen finden lassen, die zur Beurteilung gehören. Bei der Ermittlung dessen, was dem Kernbereich des Gutachtens zuzurechnen ist, dürfen die Anforderungen an die Kostensachbearbeitung nicht überspannt werden (vgl. Beschluss des Senats vom 14.05.2012, Az.: L 15 SF 276/10 B E). Im Ergebnis bedeutet dies einerseits, dass bei der Bemessung der für die Beurteilung erforderlichen Zeit nur Ausführungen im Gutachten, die ausgehend von der vom Sachverständigen gewählten Überschrift dem Bereich der Beurteilung und Beantwortung der Beweisfragen zuzurechnen sind, unberücksichtigt bleiben, wenn die falsche Platzierung im Gutachten auf der Hand liegt oder es offenkundig ist, dass die Ausführungen im Bereich der Beurteilung und Beantwortung der Beweisfragen verzichtbar sind, weil sie für die Verständlichkeit des Gutachtens ohne Bedeutung sind, und andererseits, dass Ausführungen, die nicht unter der Überschrift der Beurteilung und Beantwortung der Beweisfragen enthalten sind, nur dann bei der Ermittlung des objektiv erforderlichen Zeitaufwands dem Kernbereich zuzurechnen sind, wenn es offenkundig ist, dass dieses Passagen inhaltlich der Beurteilung und Beantwortung der Beweisfragen zuzuordnen sind (ausführlicher dazu vgl. Beschluss des Senats vom 17.12.2013, Az.: L 15 SF 275/13, dort Ziff. 5.2.3.1. - m. w. N.). Zu weit gehende Prüfpflichten für die Kostensachbearbeiter und Kostenrichter sind in diesem Zusammenhang unrealistisch und auch nicht rechtlich geboten (Leitgedanke der Rechtsprechung des Senats, vgl. z. B. Beschlüsse vom 14.05.2012, Az.: L 15 SF 276/10 B E, vom 18.05.2012, Az.: L 15 SF 104/11, vom 22.06.2012, Az.: L 15 SF 136/11, vom 30.07.2012, Az.: L 15 SF 439/11, vom 08.04.2013, Az.: L 15 SF 305/10, vom 08.10.2013, Az.: L 15 SF 157/12 B, vom 04.12.2013, Az.: L 15 SF 226/11, und vom 17.12.2013, Az.: L 15 SF 275/13).

Jedenfalls zur Beurteilung zu rechnen ist die (einmalige) Aufzählung der Diagnosen (vgl. Beschlüsse des Senats vom 08.01.2007 unter dem Az. L 4 KR 42/05 ZVW.Ko, und vom 17.12.2013, Az.: L 15 SF 275/13). Auch die (einmalige) Wiedergabe der Beweisfragen ist bei der Ermittlung des Zeitaufwands für die Beurteilung und Beantwortung der Beweisfragen zu berücksichtigen (vgl. Beschluss des Senats vom 14.05.2012, Az.: L 15 SF 276/10 B E; BGH, Beschluss vom 04.06.1987, Az.: X ZR 27/86).

Im hier zu beurteilenden Gutachten beginnt der Teil der Beurteilung und Beantwortung der gestellten Beweisfragen auf Seite 14 etwas unterhalb der Mitte mit der Überschrift „Zusammenfassende Beurteilung“ und endet auf Seite 18 Mitte. Nicht zu berücksichtigen sind die auf Seite 15 eingefügten „Schrifttumsangaben“.

Weitere, offenkundig der Beurteilung zuzurechnende Passagen sind im Gutachten nicht enthalten. Insbesondere sind die unter Ziff. 3.4 („Diskussion ... nach Impfung“) erfolgten Ausführungen nicht Teil der Beurteilung, da die dort gemachten Ausführungen nur eine Wiederholung von fremden Wertungen zur Diskussion des Impfschadens darstellen, ohne dass dazu der Beschwerdeführer an dieser Stelle eigene Wertungen angebracht hätte.

Damit sind insgesamt etwas mehr als 31/2 Seiten für die Beurteilung und Beantwortung der Beweisfragen zu berücksichtigen.

3.2.2.2. Umrechnung auf Standardseiten

In einem nächsten Schritt ist der konkrete Seitenumfang im zu vergütenden Gutachten auf den Seitenumfang umzurechnen, wie er sich bei der vom Senat zugrunde gelegten Standardseite (1.800 Anschläge pro Seite) ergibt.

Der Senat hat - wegen des überschaubaren Aufwands - bei allen Seiten der Beurteilung und Beantwortung der Beweisfragen durch Abzählen der Anschläge jeweils bei einer durchschnittlichen Zeile und Multiplikation mit der Zahl der beschriebenen Zeilen eine Anschlagszahl von insgesamt 8.310 Anschlägen ermittelt. Damit ergeben sich - 4,61, kaufmännisch gerundet gemäß DIN 1333 auf 2 Dezimalstellen - 4,62 Standardseiten für den Kernbereich des Gutachtens, die einem objektiv erforderlichen Zeitaufwand von 4,62 Stunden entsprechen.

Warum das SG hier zu einem geringeren Zeitaufwand gekommen ist, ist nicht klar ersichtlich. Möglicherweise hat es die Wiedergabe der Beweisfragen nicht oder das teilweise kleinere Schriftbild bei der Beantwortung der Beweisfragen nicht ausreichend berücksichtigt oder bei der Ermittlung der Anschläge übersehen, dass dabei auch Leerzeichen zählen.

3.2.3. Zeitaufwand für Diktat und Durchsicht

Es ist ein objektiv erforderlicher Zeitaufwand von (zumindest) 2,52 Stunden anzusetzen.

Der Senat legt hier die vom SG angenommene Anschlagszahl von 27.250 Anschlägen, die - kaufmännisch gerundet auf 2 Dezimalstellen - 15,14 Standardseiten ergeben und damit - kaufmännisch gerundet auf 2 Dezimalstellen - 2,52 Stunden objektiv erforderlichem Zeitaufwand entsprechen, zugrunde, ohne dies genauer nachzuprüfen, obwohl Einiges dafür spricht, dass sich auch hier bei genauer Nachprüfung ein größerer Umfang ergeben würde, als er vom SG ermittelt worden ist. Denn entscheidungserheblich ist dies nicht, weil - wie sich im Folgenden zeigt - bei der Vergütung ohnehin von den Zeitangaben des Beschwerdeführers auszugehen ist.

3.2.4. Zeitaufwand im Rahmen der Kontrollberechnung insgesamt

Für den objektiv erforderlichen Zeitaufwand ergeben sich insgesamt 12,24 Stunden, gemäß § 8 Abs. 2 Satz 2 JVEG gerundet (vgl. Beschluss des Senats vom 18.05.2012, Az.: L 15 SF 104/11) also 12,50 Stunden.

3.2.5. Vergütungsfähiger Zeitaufwand bei Berücksichtigung der Toleranzgrenze

Bei Berücksichtigung der 15%igen Toleranzgrenze hätte der Beschwerdeführer damit bis - kaufmännisch gerundet auf 2 Dezimalstellen - 14,38 Stunden in Rechnung stellen können, ohne dass seine Zeitangaben und damit die Rechnung unter Zeitgesichtspunkten gekürzt hätten werden dürfen.

3.2.6. Abgleich des sich aus der Kontrollberechnung ergebenden Zeitaufwands mit den Zeitangaben des Beschwerdeführers

Der vom Beschwerdeführer angesetzte Zeitaufwand von 14 Stunden hält sich in dem nach der Kontrollberechnung bei Berücksichtigung der Toleranzgrenze zulässigen Zeitrahmen und ist damit der Vergütung zugrunde zu legen.

3.3. Honorargruppe

Das Gutachten ist nach der Honorargruppe M 3 mit einem Stundensatz von 85,- EUR zu vergüten.

Das zugrunde liegende Gutachten ist in einem impfschadensrechtlichen Rechtsstreit erstellt worden. Derartige Gutachten sind typischerweise mit schwierigen Kausalitätsfragen verbunden und mit differentialdiagnostischen Problemen behaftet und daher regelmäßig nach der Honorargruppe M 3 zu vergüten (vgl. Anlage 1 zu § 9 Abs. 1 JVEG); dies gilt auch für das Gutachten des Beschwerdeführers. Der Stundensatz beträgt 85,- EUR.

Ein Stundensatz von 100,- EUR für die Honorargruppe M 3 ist nicht anzusetzen, da die mit dem 2. KostRMoG erfolgte Anhebung der Stundensätze gemäß der Übergangsvorschrift des § 24 JVEG erst für Gutachtensaufträge gilt, die nach dem gemäß Art. 55 2. KostRMoG am 01.08.2013 erfolgten Inkrafttreten des 2. KostRMoG erteilt worden sind.

3.4. Zwischenergebnis: Honorar für Zeitaufwand

Es sind 14 Stunden zu je 85,- EUR und damit insgesamt 1.190,- EUR für Zeitaufwand anzusetzen.

4. Schreibgebühren

§ 12 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 JVEG gibt einen Aufwendungsersatz für Schreibgebühren in Höhe von 0,75 EUR je angefangene 1.000 Anschläge vor. Dem Beschwerdeführer sind antragsgemäß Schreibauslagen in Höhe von 13,50 EUR zu erstatten.

5. Versandkosten:

Die Versandkosten sind im vorliegenden Fall gemäß § 12 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 JVEG antragsgemäß mit 20,- EUR anzusetzen.

6. Umsatzsteuer

Gemäß § 12 Absatz 1 Satz 2 Nr. 4 JVEG ist dem Sachverständigen die auf die Vergütung entfallende Umsatzsteuer gesondert zu ersetzen. Dies ist bei einem Betrag von 1.223,50 EUR eine Umsatzsteuer in Höhe von 232,47 EUR.

7. Ergebnis

Aus den in den Ziff. 3 bis 6 ermittelten Beträgen errechnet sich eine Vergütung von insgesamt 1.455,97 EUR.

Der Beschwerdeführer hat daher mit seiner Beschwerde nur insofern keinen Erfolg, als nicht der von ihm in der Rechnung vom 31.08.2013 zunächst angesetzte Stundensatz berücksichtigt worden ist; dies beanstandet der Beschwerdeführer aber nicht weiter, wie bereits seinem Schreiben vom 16.09.2013 zu entnehmen ist.

Das Bayer. LSG hat gemäß § 4 Abs. 7 Satz 1 JVEG als Einzelrichter zu entscheiden gehabt.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 4 Abs. 4 Satz 3 JVEG).

Das Verfahren ist gebührenfrei; Kosten werden nicht erstattet (§ 4 Abs. 8 JVEG).

(1) Die Festsetzung der Vergütung, der Entschädigung oder des Vorschusses erfolgt durch gerichtlichen Beschluss, wenn der Berechtigte oder die Staatskasse die gerichtliche Festsetzung beantragt oder das Gericht sie für angemessen hält. Eine Festsetzung der Vergütung ist in der Regel insbesondere dann als angemessen anzusehen, wenn ein Wegfall oder eine Beschränkung des Vergütungsanspruchs nach § 8a Absatz 1 oder 2 Satz 1 in Betracht kommt. Zuständig ist

1.
das Gericht, von dem der Berechtigte herangezogen worden ist, bei dem er als ehrenamtlicher Richter mitgewirkt hat oder bei dem der Ausschuss im Sinne des § 1 Abs. 4 gebildet ist;
2.
das Gericht, bei dem die Staatsanwaltschaft besteht, wenn die Heranziehung durch die Staatsanwaltschaft oder in deren Auftrag oder mit deren vorheriger Billigung durch die Polizei oder eine andere Strafverfolgungsbehörde erfolgt ist, nach Erhebung der öffentlichen Klage jedoch das für die Durchführung des Verfahrens zuständige Gericht;
3.
das Landgericht, bei dem die Staatsanwaltschaft besteht, die für das Ermittlungsverfahren zuständig wäre, wenn die Heranziehung in den Fällen des § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 durch die Finanzbehörde oder in deren Auftrag oder mit deren vorheriger Billigung durch die Polizei oder eine andere Strafverfolgungsbehörde erfolgt ist, nach Erhebung der öffentlichen Klage jedoch das für die Durchführung des Verfahrens zuständige Gericht;
4.
das Amtsgericht, in dessen Bezirk der Gerichtsvollzieher seinen Amtssitz hat, wenn die Heranziehung durch den Gerichtsvollzieher erfolgt ist, abweichend davon im Verfahren der Zwangsvollstreckung das Vollstreckungsgericht.

(2) Ist die Heranziehung durch die Verwaltungsbehörde im Bußgeldverfahren erfolgt, werden die zu gewährende Vergütung oder Entschädigung und der Vorschuss durch gerichtlichen Beschluss festgesetzt, wenn der Berechtigte gerichtliche Entscheidung gegen die Festsetzung durch die Verwaltungsbehörde beantragt. Für das Verfahren gilt § 62 des Gesetzes über Ordnungswidrigkeiten.

(3) Gegen den Beschluss nach Absatz 1 können der Berechtige und die Staatskasse Beschwerde einlegen, wenn der Wert des Beschwerdegegenstands 200 Euro übersteigt oder wenn sie das Gericht, das die angefochtene Entscheidung erlassen hat, wegen der grundsätzlichen Bedeutung der zur Entscheidung stehenden Frage in dem Beschluss zulässt.

(4) Soweit das Gericht die Beschwerde für zulässig und begründet hält, hat es ihr abzuhelfen; im Übrigen ist die Beschwerde unverzüglich dem Beschwerdegericht vorzulegen. Beschwerdegericht ist das nächsthöhere Gericht. Eine Beschwerde an einen obersten Gerichtshof des Bundes findet nicht statt. Das Beschwerdegericht ist an die Zulassung der Beschwerde gebunden; die Nichtzulassung ist unanfechtbar.

(5) Die weitere Beschwerde ist nur zulässig, wenn das Landgericht als Beschwerdegericht entschieden und sie wegen der grundsätzlichen Bedeutung der zur Entscheidung stehenden Frage in dem Beschluss zugelassen hat. Sie kann nur darauf gestützt werden, dass die Entscheidung auf einer Verletzung des Rechts beruht; die §§ 546 und 547 der Zivilprozessordnung gelten entsprechend. Über die weitere Beschwerde entscheidet das Oberlandesgericht. Absatz 4 Satz 1 und 4 gilt entsprechend.

(6) Anträge und Erklärungen können ohne Mitwirkung eines Bevollmächtigten schriftlich eingereicht oder zu Protokoll der Geschäftsstelle abgegeben werden; § 129a der Zivilprozessordnung gilt entsprechend. Für die Bevollmächtigung gelten die Regelungen der für das zugrunde liegende Verfahren geltenden Verfahrensordnung entsprechend. Die Beschwerde ist bei dem Gericht einzulegen, dessen Entscheidung angefochten wird.

(7) Das Gericht entscheidet über den Antrag durch eines seiner Mitglieder als Einzelrichter; dies gilt auch für die Beschwerde, wenn die angefochtene Entscheidung von einem Einzelrichter oder einem Rechtspfleger erlassen wurde. Der Einzelrichter überträgt das Verfahren der Kammer oder dem Senat, wenn die Sache besondere Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art aufweist oder die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat. Das Gericht entscheidet jedoch immer ohne Mitwirkung ehrenamtlicher Richter. Auf eine erfolgte oder unterlassene Übertragung kann ein Rechtsmittel nicht gestützt werden.

(8) Die Verfahren sind gebührenfrei. Kosten werden nicht erstattet.

(9) Die Beschlüsse nach den Absätzen 1, 2, 4 und 5 wirken nicht zu Lasten des Kostenschuldners.