Landesarbeitsgericht Mecklenburg-Vorpommern Urteil, 12. Dez. 2018 - 3 Sa 101/18

bei uns veröffentlicht am12.12.2018

Tenor

I. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Rostock vom 29.05.2018 -3 Ca 788/17- wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.

II. Die Revision gegen diese Entscheidung wird nicht zugelassen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten um die Verpflichtung der Beklagten, die klagende Partei rückwirkend ab dem 01.01.2017 nach der (neuen) Entgeltgruppe (künftig EG) 11 TVöD-VKA und für die Zeit vom 01.01.2016 bis zum 31.12.2016 nach der (alten) EG 11 TVöD-VKA zu vergüten.

2

Kraft beiderseitiger Tarifbindung findet auf das Arbeitsverhältnis das Tarifwerk des TVöD-VKA Anwendung. Die Parteien ringen seit 2015 um die zutreffende Eingruppierung. In der am 02.07.2015 von der Beklagten und am 04.05.2016 von der klagenden Partei unterzeichneten Stellenbeschreibung heißt es wie folgt:

3

Tätigkeitsbeschreibung

4

lfd.
Nr.

Verzichnis der Tätigkeiten
(was wird wie und warum getan?,
Verweis auf die rechtlichen Grundlagen)

Aufgaben laut
Geschäfts-
verteilungsplan

Anteils-
verhältnis
in %
(Zeitanteile)

1       

Bearbeiten von komplexen und schwierigen EU-Vergaben nach VO/A und VOF

Beraten der Bedarfsstelle unter Berücksichtigung der Rechtsgrundlagen

Erstellen der Vergabeunterlagen unter Einhaltung der Fristen

Leiten/Begleiten des Vergabeprozesses bis zur Vertragserstellung

Behandeln von Vergabenachprüfverfahren vor der Vergabekammer und Beschwerden vor dem zuständigen Gericht.

        

40    

2       

Öffentlichen Ausschreibungen für Liefer- und Dienstleistungsaufträge gem. VOL/A rechtskonform durchführen

- Prüfung von Leistungsbeschreibungen auf Vergleichbarkeit und Plausibilität

- Erstellung der Vergabeunterlagen
- Formalrechtliche und ggf. inhaltliche Prüfung von Angeboten
- Bearbeiten der Anträge der Bewerber zur Vergabe
- Vorbereitung der Auftragserteilung

Beraten der Bedarfsstellen zu Vergabeverfahren und Erarbeiten von Lösungsvorschlägen

Marktanalysen durchführen

10.71.01
Zentrale Vergabestelle
und Förmliche
Vergabeverfahren
nach VOl

10.80
Sonstige
Dienstleistungen

10    

3       

Vorlagen zur Entscheidung der. Gremien der Bürgerschaft für die Vergabeverfahren fertigen
- Vorlagenerstellung
- Vorstellung in den Ausschüssen.
- Umsetzung der Beschlüsse

10.71.01

25    

4       

Alle Beschaffungen mit geringen Wertgrenzen nach Wertgrenzenerlass MV und VOL/A (Zulässigkeit zur Freihändigen Vergabe) zur Gewährleistung der Arbeitsfähigkeit der Verwaltung durchführen (AGA II 1/13 Anlage 1), Durchführung von Vergaben freiberuflicher Leistungen bis zum Schwellenwert.

Unterschriftsreife Verpflichtungserklärungen für alle Beschaffungen fertigen und ggf. Vertragsmanagement

10.72.01
Beschaffung
der verschiedenen
Bedarfe

20    

5       

Bearbeiten von Vertragskündigungen, Mängelanzeigen, Garantiereparaturen und Ersatzlieferungen

Sachliche Prüfung von Lieferungen

Sachliche Erstprüfung bei Dienstleistungen

Operative Einkäufe Direktkauf gem. VOL/A

10.72.01

05    

5

Die/Der Stelleninhaber/in ist unterstellt:

OKZ 10 13 000 001

        

Der/Dem Stelleninhaber/in sind unterstellt:

OKZ -

Die/Der Stelleninhaber/in wird vertreten von:

OKZ 10 13 000 006

        

Die/Der Stelleninhaber/in vertritt:

OKZ 10 13 000 006, 1013000001

6

Zur Wahrnehmung des Aufgabengebietes sind erforderlich:

7

Ausbildungsvoraussetzungen

Fachhochschulabschluss als Verwaltungsfachwirt/in oder Diplom-Verwaltungswirt/in bzw. die Laufbahnbefähigung für die Laufbahngruppe 2, 1. Einstiegsamt, Fachrichtung Allgemeiner Dienst oder vergleichbare Kenntnisse und Erfahrungen, die mit dem Abschluss eines A II-Lehrganges erworben wurden bzw. gleichwertige Fähigkeiten und Erfahrungen, die der vorbeschriebenen Ausbildung entsprechen

Gesetzeskenntnisse, Fachkenntnisse und Spezialkenntnisse

KV M-V, öffentliches Haushalts- und Vertragsrecht, BGB, ArbStättV, Vergabegesetz M-V, tiefgreifende Kenntnisse über alle einschlägigen vergaberechtlichen Vorschriften, Verwaltungskenntnisse, Hauptsatzung, AGA II,
betriebswirtschaftliche Kenntnisse
Erfahrungen im Umgang mit Datenbanken

Arbeitsmittel und Anwendungsverfahren
(z. B. Maschinen, technische Anlagen, Bürokommunikationsmittel etc. und HKR, KSD usw.)

allgemeine Bürotechnik, MS Office, KSD (Allris)

Befugnisse, Vollmachten und Zugriffsrechte
(z. B. Siegelbefugnis, Internet, Unterschriftsvollmachten, Anordnungsbefugnis einschließlich Höhe usw.)

Vergabeentscheidungen und Abgabe von Verpflichtungserklärungen innerhalb der festgelegten Wertgrenzen

Zeichnung sachlich und rechnerisch richtig

Internet

Sonstige Erklärungen über Art und Umfang der Tätigkeiten (Besondere Anforderungen)

analytisches Denken, gutes Zahlenverständnis, Teamfähigkeit
Unterstützung der Gemeindewahlbehörde bei der Vor- und Nachbereitung sowie Durchführung von Wahlen und Abstimmungen. Dies umfasst nicht die ehrenamtliche Tätigkeit in Wahlvorständen.

8

In der Zeit vom 01.01.2016 bis zum 31.12.2016 hat die Beklagte – bei der eine paritätische Eingruppierungskommission nicht besteht – die klagende Partei nach der - alten – EG 10 TVöD-VKA (ausgehend von der Vergütungsgruppe IV. a Fallgruppe 1b BAT-O mit Überführung nach der EG 10) und ab dem 01.01.2017 nach der – neuen – EG 10 TVöD-VKA vergütete. Hintergrund dieser Eingruppierungsentscheidung ist die übereinstimmende Auffassung der Parteien, der Aufgabeninhalt in Ziffer 1 der Tätigkeitsbeschreibung sei von „besonderer Schwierigkeit und Bedeutung“ sowohl im Sinne der neuen als auch der alten EG 10 (in Verbindung mit der gleichlautenden Vergütungsgruppe IV a Fallgruppe 1b BRT-O). Im Hinblick auf Ziffer 3 der Tätigkeitsbeschreibung tragen die Parteien übereinstimmend vor, die zu Ziffer 1, 2 und 4 der Tätigkeitsbeschreibung festgehaltenen Tätigkeitsinhalte münden in die Tätigkeitsinhalte zu Ziffer 3 der Stellenbeschreibung ein. Bei der Vorlagenerstellung im Sinne der Ziffer 3 der Tätigkeitsbeschreibung handele es sich um eine Zusammenfassung des Ausschreibungsvorganges nebst Darstellung der Bieter und eines Vorschlages zur Zuschlagserteilung. Die erarbeitete Vorlage werde nicht direkt den Entscheidungsträgern vorgelegt, sondern es werde der Weg der Hierarchieebenen eingehalten, was bedeute, dass die/der jeweilige Vorgesetzte gegenzuzeichnen habe. Die klagende Partei nehme die Vorstellung der erarbeiteten Vorlagen in den Ausschüssen selbst war. Die konkrete Umsetzung der Beschlüsse erfolge in der Weise, dass die Umstände zur konkreten Vergabe nach Zustimmung der Entscheidungsträger detailliert vorbereitet und den Unterschriftsbefugten zur Unterschrift vorgelegt würden.

9

Mit ihrer am 22.06.2017 bei dem Arbeitsgericht eingegangenen Klage begehrt die klagende Partei die Feststellung, dass die Beklagte verpflichtet sei, die Klägerin für die Zeit ab dem 01.01.2016 gem. der Entgeltgruppe 11 des TVöD-VKA zu vergüten.

10

Mit Urteil vom 29.05.2018 – der Beklagten zugestellt am 04.06.2018 – hat das Arbeitsgericht der Klage stattgegeben und im wesentlichen ausgeführt, die klagende Partei habe schlüssig durch Auflistung der entsprechenden Zeitanteile dargelegt, dass die Tätigkeitsinhalte zu Ziffer 1 der Tätigkeitsbeschreibung mindestens die Hälfte der Arbeitszeit ausmache. Dem sei die Beklagte nicht substantiiert entgegengetreten. Da die Arbeitsinhalte zu Ziffer 1 der Tätigkeitsbeschreibung zwischen den Parteien unstreitig von „besonderer Schwierigkeit und Bedeutung“ im Sinne der Entgeltgruppe 10 sei, seien auch die Voraussetzungen der Entgeltgruppe 11 erfüllt.

11

Gegen diese Entscheidung richtet sich die am 02.07.2018 bei dem Landesarbeitsgericht eingegangene Berufung der Beklagten nebst der am 06.08.2018 (Montag) eingegangenen Berufungsbegründung.

12

Die Beklagte hält an ihren erstinstanzlichen Ausführungen fest. Die von der klagenden Partei ohne Beteiligung der Beklagten selbstgefertigten Arbeitsplatzaufzeichnungen nebst Festlegung der entsprechenden Zeitanteile seien für die Beklagte nicht nachvollziehbar und mithin zu bestreiten. Die zu Ziffer 1 der Tätigkeitsbeschreibung festgehaltenen Arbeitsinhalte seien mit einem Zeitanteil von 40 % zutreffend wiedergegeben. Das Arbeitsgericht habe den im Übrigen widersprüchlichen Sachvortrag der klagenden Parteien nicht als unstreitig unterstellen dürfen. Die klagende Partei sei ihrer Darlegungs- und Beweispflicht auch deshalb nicht nachgekommen, weil das Tätigkeitsmerkmal „abgeschlossene Hochschulausbildung“ nicht hinreichend dargelegt worden sei. Anlässlich der Entscheidung der 4. Kammer des Landesarbeitsgerichts Mecklenburg-Vorpommern vom 10.11.2016 – 4 Sa 64/16 – seien zutreffend die Grundsätze nebst Definition für die Erfüllung des Heraushebungsmerkmals in der EG 10 festgehalten worden. Dies sei eine Rechtsfrage und deshalb müsse diese Rechtsfrage im Rahmen der Prüfung der Voraussetzungen im Detail vorgenommen werden.

13

Die Beklagte beantragt,

14

das Urteil des Arbeitsgerichts Rostock vom 29.05.2018 – 3 Ca 788/17 – abzuändern und die Klage abzuweisen.

15

Die klagende Partei beantragt,

16

die Berufung zurückzuweisen.

17

Die klagende Partei ist der Rechtsauffassung, die Berufung sei bereits auf der Grundlage des eigenen Sachvortrages der Beklagten unbegründet. Die Beklagte sei – insoweit unstreitig – auf der Grundlage einer eigenen Eingruppierungsprüfung zu dem Ergebnis gelangt, dass Aufgabengebiet zu Ziffer 1 der Tätigkeitsbeschreibung sei von „besonderer Schwierigkeit und Bedeutung“ im Sinne der EG 10 TVöD-VKA. Zudem sei zu berücksichtigen, dass Ziffer 3 der Tätigkeitsbeschreibung keinen eigenen Arbeitsvorgang darstelle, sondern gemeinsam mit Ziffer 1 der Tätigkeitsbeschreibung einen einheitlichen Arbeitsvorgang bilde. Mithin führe die klagende Partei mit mindestens 50 % der Arbeitszeit eine Arbeitsaufgabe aus, die von „besonderer Schwierigkeit und Bedeutung“ sei und somit der EG 11 TVöD-VKA unterfalle. Der Einwand der Beklagten, dass Tätigkeitsmerkmal der „abgeschlossenen Hochschulausbildung“ sei nicht hinreichend dargelegt, könne angesichts der erfolgreich abgeschlossenen ersten und zweiten Prüfung für Angestellte im kommunalen Verwaltungsdienst nicht nachvollzogen werden.

18

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

19

Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Rostock vom 29.05.2018 ist zwar zulässig, jedoch nicht begründet. Die klagende Partei hat gegen die Beklagte für die Zeit vom 01.01.2016 bis zum 31.12.2016 einen Anspruch auf Vergütung nach der EG 11 TVöD-VKA (alt). Zudem besteht ein Anspruch der klagenden Partei auf Vergütung nach der EG 11 TVöD-VKA (neu) gegen die Beklagte ab dem 01.01.2017.

I.

20

Die Klage ist als sogenannte Eingruppierungsfeststellungsklage im öffentlichen Dienst (LAG MV vom 13.09.2017 – 3 Sa 31/17 - ; juris Rn 24) zulässig.

II.

21

Die Klage ist auch begründet. Nach dem unstreitigen Vortrag der Parteien findet auf das Arbeitsverhältnis das Tarifwerk des TVöD-VKA nebst Entgeltordnung Anwendung. Die klagende Partei hat gegen die Beklagte bereits auf der Grundlage des unstreitigen Sachvortrages einen Anspruch auf Zahlung einer Vergütung nach der EG 11 TVöD-VKA. Dies gilt sowohl für den Zeitraum ab dem 01.01.2017 (1.), als auch für die Zeit vom 01.01.2016 bis zum 31.12.2016 (2.).

22

1. Die Beklagte ist verpflichtet, die klagende Partei für die Zeit ab dem 01.01.2017 nach der EG 11 TVöD-VKA zu vergüten.

23

Gem. § 12 Abs. 1 TVöD-AT-VKA richtet sich die Eingruppierung der/des Beschäftigten nach den Tätigkeitsmerkmalen der Anlage 1 – Entgeltordnung (VKA). Die/der Beschäftigte erhält Entgelt nach der Entgeltgruppe, in die sie/er eingruppiert ist.

24

Gem. 12 Abs. 2 TVöD-AT-VKA ist die/der Beschäftigte in der Entgeltgruppe eingruppiert, deren Tätigkeitsmerkmale die gesamte von ihr/ihm nicht nur vorübergehend auszuübende Tätigkeit entspricht. Die gesamte auszuübende Tätigkeit entspricht dem Tätigkeitsmerkmalen einer Entgeltgruppe, wenn zeitlich mindestens zur Hälfte Arbeitsvorgänge anfallen, die für sich genommen die Anforderungen eines Tätigkeitsmerkmals oder mehrerer Tätigkeitsmerkmale dieser Entgeltgruppe erfüllen.

25

Danach ist zunächst festzustellen, welche Arbeitsvorgänge im konkreten Fall zu berücksichtigen sind. In einem zweiten Schritt ist zu prüfen, welche Tätigkeitsmerkmale die einzelnen Arbeitsvorgänge erfüllen (BAG vom 28.02.2018 – 4 AZR 816/16 -, juris Rn 22, 23; LAG MV vom 20.03.2018 – 5 Sa 53/17 -; juris Rn 119).

26

Für die Bestimmung eines Arbeitsvorganges ist das Arbeitsergebnis maßgebend. Bei der Zuordnung zu einem Arbeitsvorgang können wiederkehrende und gleichartige Tätigkeiten zusammengefasst werden. Dabei kann die gesamte vertraglich geschuldete Tätigkeit ggf. auch einen einzigen Arbeitsvorgang ausmachen. Einzeltätigkeiten können aber dann nicht zusammengefasst werden, wenn die verschiedenen Arbeitsschritte von vornherein auseinandergehalten und organisatorisch voneinander getrennt sind. Dafür reicht die theoretische Möglichkeit nicht aus, einzelne Arbeitsschritte oder Einzelaufgaben verwaltungstechnisch isoliert auf andere Beschäftigte übertragen zu können, solange sie nach der tatsächlichen Arbeitsorganisation des Arbeitsgebers als einheitliche Arbeitsaufgabe einer Person real übertragen sind. Tatsächlich getrennt sind Arbeitsschritte nicht, wenn sich erst im Laufe der Bearbeitung herausstellt, welchen tariflich erheblichen Schwierigkeitsgrad der einzelne Fall aufweist. Zur Tätigkeit rechnen dabei auch die Zusammenhangstätigkeiten. Das sind solche, die aufgrund ihres engen Zusammenhangs mit bestimmten Aufgaben einer Person bei der tariflichen Bewertung zwecks Vermeidung tarifwidriger „Atomisierung“ der Arbeitseinheiten nicht abgetrennt werden dürfen, sondern diesen zuzurechnen sind. Die tarifliche Wertigkeit der verschiedenen Einzeltätigkeiten oder Arbeitsschritte sind in diesem Zusammenhang außer Betracht zu lassen. Erst nachdem der Arbeitsvorgang bestimmt ist, ist dieser anhand des in Anspruch genommenen Tätigkeitsmerkmals zu bewerten. Etwas anderes gilt auch dann nicht, wenn die Tarifvertragsparteien verschiedene Beispiele für schwierige Tätigkeiten ausgeführt haben. Damit haben sie die Bewertung von Einzeltätigkeiten festgelegt, nicht aber die Bestimmung von Arbeitsvorgängen vorgegeben, die gerade nicht nach der Wertigkeit der Einzeltätigkeiten, sondern vielmehr ohne Rücksicht auf diese vorzunehmen ist (BAG v. 28.02.2018, a.a.O., Rn 24, 25). Es kommt für die tarifliche Bewertung nicht darauf an, ob und inwieweit Einzeltätigkeiten verwaltungstechnisch verschiedenen Beschäftigten zugewiesen werden können solange sie im Zusammenhang als eine einheitliche Arbeitsaufgabe tatsächlich einer Person übertragen sind.

27

Vorstehende Definition entspricht dabei den Vorgaben der Protokollerklärung zu § 12 Abs. 2 TVöD-AT-VKA, welche – soweit hier von Bedeutung – wie folgt lautet:

28

Arbeitsvorgänge sind Arbeitsleistungen (einschließlich Zusammenhangsarbeiten), die, bezogen auf den Aufgabenkreis der/des Beschäftigten, zu einem bei natürlicher Betrachtung abgrenzbaren Arbeitsergebnis führen (z.B. unterschriftsreife Bearbeitung eines Aktenvorganges, eines Widerspruchs oder eines Antrages, Erstellung eines EKG, Fertigung einer Bauzeichnung, Konstruktion einer Brücke oder eines Brückenteil, Bearbeitung eines Antrages auf eine Sozialleistung, Betreuung einer Person oder Personengruppe, Durchführung einer Unterhaltungs- oder Instandsetzungsarbeit). Jeder einzelne Arbeitsvorgang ist als solcher zu bewerten und darf dabei hinsichtlich der Anforderungen zeitlich nicht aufgespalten werden.

29

Unter Berücksichtigung der vorgenannten Voraussetzungen ergibt sich im Hinblick auf die in den Ziffern 1 und 3 der Tätigkeitsbeschreibung aufgeführten Arbeitsinhalte vorliegend bereits ein die Eingruppierung der klagenden Partei beherrschender Arbeitsvorgang, der mindestens die Hälfte der Arbeitszeit der klagenden Partei ausmacht. Entgegen der Auffassung der Beklagten können die Arbeitsinhalte zu Ziffer 3 der Tätigkeitsbeschreibung jedenfalls bezogen auf die Arbeitsaufgaben zu Ziffer 1 der Tätigkeitsbeschreibung nicht als selbstständiger Arbeitsvorgang im tariflichen Sinne angesehen werden. Zwischen den Parteien ist die Übertragung der Bearbeitung von komplexen und schwierigen EU-Vergabeverfahren auf die klagende Partei unstreitig. Die Aufgabenübertragung beinhaltet das gesamte Verfahren bis hin zu den Vergabenachprüfverfahren vor der Vergabekammer und Beschwerden vor dem zuständigen Gericht. Vom Arbeitsergebnis her gesehen ist die Vorlage zur Entscheidung der Gremien der Bürgerschaft für ein solches Vergabeverfahren inklusive der Vorlagenerstellung, der Vorstellung in den Ausschüssen und der Umsetzung der Beschlüsse lediglich ein tarifrechtlich unselbstständiger Zwischenschritt bis zur Beendigung des Vergabeverfahrens insgesamt inklusive der Durchführung des gerichtlichen Beschwerdeverfahrens bis zur Rechtskraft, so dass zur Überzeugung des erkennenden Gerichts die Vorlage zur Entscheidung der Gremien der Bürgerschaft für die Vergabeverfahren keinem selbstständigen Arbeitsergebnis im tariflichen Sinne dient, sondern vielmehr Bestandteil des Arbeitsergebnisses Vorbereitung, Durchführung und Abschluss von EU-Vergabeverfahren ist. Selbst wenn zu Gunsten der Beklagten unterstellt wird, dass es sich bei den Arbeitsinhalten zu Ziffer 2 und zu Ziffer 4 der Tätigkeitsbeschreibung um selbstständige Arbeitsvorgänge im tariflichen Sinne handelt, die ebenfalls in die Arbeitsaufgaben zu Ziffer 3 der Tätigkeitsbeschreibung einfließen, so ergibt sich daraus kein anderes Ergebnis. Denn die Arbeitsinhalte zu Ziffer 1 der Tätigkeitsbeschreibung belaufen sich selbst nach dem Vortrag der Beklagten auf 40 %, während der Zeitanteil im Hinblick auf die Ziffern 2 und 4 der Tätigkeitsbeschreibung nach den Angaben der Beklagten lediglich 30 % der Gesamttätigkeit ausmachen. Daraus resultiert im Ergebnis lediglich, dass das mit 25 % Zeitanteil ausgewiesene Aufgabengebiert zu Ziffer 3 der Tätigkeitsbeschreibung sich mit mehr als der Hälfte auf die Aufgabenerledigung bezüglich Ziffer 1 der Tätigkeitsbeschreibung bezieht. Im Ergebnis ergibt sich mithin zur Überzeugung der Kammer ein Arbeitsvorgang Vorbereitung, Durchführung und Abschluss von EU-Vergabeverfahren inklusive Vorlagen zur Entscheidung der Gremien der Bürgerschaft für die Vergabeverfahren, der im konkreten Fall mehr als 50 % der Arbeitszeit der klagenden Partei ausmacht. Dieser Arbeitsvorgang ist für die Eingruppierung der klagenden Partei ausschlaggebend. Ob sich daneben noch weitere Arbeitsvorgänge ergeben, kann als entscheidungsunerheblich dahin stehen.

30

Vorliegend kommen für die Eingruppierung der klagenden Partei ab dem 01.01.2017 folgende Tarifbestimmungen in Betracht:

31

- Entgeltgruppe 9 b

32

Beschäftigte mit abgeschlossener Hochschulbildung und entsprechender Tätigkeit sowie sonstige Beschäftigte, die aufgrund gleichwertiger Fähigkeiten und ihrer Erfahrungen entsprechende Tätigkeiten ausüben.

33

- Entgeltgruppe 9 c

34

Beschäftigte, deren Tätigkeit sich dadurch aus der Entgeltgruppe 9 b heraushebt, dass sie besonders verantwortungsvoll ist.

35

- Entgeltgruppe 10

36

Beschäftigte, deren Tätigkeit sich mindestens zu einem Drittel durch besondere Schwierigkeit und Bedeutung aus der Entgeltgruppe 9 c heraushebt.

37

- Entgeltgruppe 11

38

Beschäftigte, deren Tätigkeit sich durch besondere Schwierigkeit und Bedeutung aus der Entgeltgruppe 9 c heraushebt.

39

a) Die klagende Partei verfügt über eine abgeschlossene Hochschulausbildung im Sinne der Entgeltgruppe 9 b TVöD-VKA. Es ist zwischen den Parteien unstreitig, dass die klagende Partei die sogenannte erste und zweite Prüfung für Angestellte im kommunalen Verwaltungsdienst erfolgreich abgeschlossen hat. Dieser Ausbildungsgang steht einer Hochschulausbildung im Sinne der Vorbemerkung Nr. 5 zur Anlage 1 zum TVöD-VKA gleich. Mit der Übertragung der EU-Vergabeverfahren übt die klagende Partei auch Tätigkeiten im Sinne der EG 9 b Fallgruppe 1 TVöD-VKA aus, was sich im Übrigen jedoch auch schon bereits aus der von der Beklagten selbst erstellten Tätigkeitsbeschreibung unter der Rubrik Ausbildungsbeschreibungen ergibt.

40

b) Unter Berücksichtigung des unstreitigen Vortrages der Parteien ist die ausgeübte Tätigkeit tariflich auch als „besonders verantwortungsvoll“ im Sinne der EG 9 c TVöD-VKA zu bewerten. Unter Verantwortung ist die Verpflichtung des Beschäftigten zu verstehen, dafür einstehen zu müssen, dass in dem übertragenen Dienst –oder Arbeitsbereich die dort – auch von anderen Bediensteten – zu erledigenden Aufgaben sachgerecht, pünktlich und vorschriftsmäßig ausgeführt werden; dabei kann Mitverantwortung ausreichen und die Unterstellung unter einen Vorgesetzten unschädlich sein. Die dem Beschäftigten übertragende Verantwortung muss beträchtlicher und gewichtiger sein als die Verantwortung, die im Allgemeinen einem Mitarbeiter der EG 9 b Fallgruppe 1 TVöD-VKA obliegt („Normalverantwortung“). Die Verantwortung kann sich auf andere Mitarbeiter oder dritte Personen, Sachen, Arbeitsabläufe, zu gewinnende wissenschaftliche Resultate und ähnliches beziehen (BAG, Urteil vom 21.01.2015 – 4 AZR 253/13 – juris Rn 26).

41

Der hier festgestellte Arbeitsvorgang Vorbereitung, Durchführung und Abschluss von EU-Vergabeverfahren ist nach übereinstimmender Ansicht der Parteien mit einer besonderen Verantwortung verbunden, die sich von der Normalverantwortung, die mit der EG 9 b Fallgruppe 1 TVöD-VKA abgegolten ist, deutlich abhebt. Die klagende Partei hat dafür einzustehen, dass die Vergabevorschriften beachtet werden und zwar hinsichtlich der ihr übertragenen komplexen und schwierigen EU-Vergabeverfahren. Die klagende Partei hat in diesem Zusammenhang die Entscheidungsvorschläge den Ausschüssen der Bürgerschaft zu erläutern und zu erklären.

42

c) Der der klagenden Partei für die Eingruppierung maßgeblich vorbeschriebene und übertragene Arbeitsvorgang erfüllt das tarifliche Merkmal der besonderen Schwierigkeit und Bedeutung im Sinne der Entgeltgruppe 10 TVöD-VKA.

43

Die tarifliche Anforderung der besonderen Schwierigkeit einer Tätigkeit bezieht sich auf die fachliche Qualifikation des Beschäftigten, also sein fachliches Können und seine fachliche Erfahrung. Es wird ein Wissen und Können verlangt, dass die Anforderungen der EG 9 c TVöD-VKA in gewichtiger Weise, d. h. beträchtlich, übersteigt. Die tarifliche Anforderung der Bedeutung knüpft an die bestehende Bedeutung des Aufgabenkreises an, d. h., an die Größe des Aufgabengebiets, die Tragweite der zu bearbeitenden Materie oder die Auswirkungen der Tätigkeit für den innerdienstlichen Bereich, die betroffenen Bürger oder die Allgemeinheit. Die Bedeutung muss – aufgrund ihres Gehalts als Heraushebungsmerkmal - zumindest zu einer deutlich wahrnehmbar gesteigerten Tätigkeitsanforderung gegenüber den voranstehenden Vergütungsgruppen führen (BAG vom 09.11.2015 – 4 AZR 11/13 – juris Rn 26 u. 27). Wenn – wie hier – der Arbeitgeber selbst die Tätigkeitsmerkmale als erfüllt ansieht, und – wie hier – die durch den Beschäftigten auszuübenden Tätigkeiten unstreitig sind, erfolgt durch das erkennende Gericht lediglich eine pauschale und summarische Prüfung der Ausgangsvergütungsgruppe (BAG vom 09.12.2015 – 4 AZR 11/13 – juris Rn 22).

44

Gemessen daran sind die tariflichen Voraussetzungen der EG 10 TVöD-VKA erfüllt. Bei der vorzunehmenden summarischen Prüfung ist im Hinblick auf die „besondere Schwierigkeit“ der Vortrag der Beklagten selbst in der mündlichen Verhandlung vom 12.12.2018 beachtlich. Danach ist ausschlaggebend für die Bewertung des Arbeitsvorganges der Umstand, dass die klagende Partei auch das Beschwerdeverfahren sowie das gerichtliche Verfahren im Hinblick auf die Vergabeentscheidung bis hin zum Oberlandesgericht entscheidend zu begleiten habe. Dieser Umstand hebt sich auch nach Auffassung der Kammer in ganz besonderer Weise nochmals aus dem Verantwortungsbereich eines Beschäftigten in der EG 9 c TVöD-VKA im Hinblick auf das fachliche Können und die notwendigen fachlichen Erfahrungen heraus. Bezüglich der tariflichen Anforderung der besonderen Bedeutung ist zu Gunsten der klagenden Partei zu berücksichtigen, das ihr die Bearbeitung der komplexen und schwierigen EU-Vergabeverfahren übertragen worden ist und zwar einschließlich der entscheidenden Mitwirkung in einem etwaigen gerichtlichen Beschwerdeverfahren. Dies stellt jedenfalls im Hinblick auf die Tragweite der zu bearbeitenden Materie aber auch im Hinblick auf die Auswirkungen der Tätigkeit für die Beklagte insgesamt eine deutlich wahrnehmbar gesteigerte Tätigkeitsanforderung an die klagende Partei gegenüber den Tätigkeiten der voranstehenden Vergütungsgruppen 9 b Fallgruppe 1 sowie 9 c TVöD-VKA dar.

45

d) Da der hier maßgebliche Arbeitsvorgang der klagenden Partei vorliegend mehr als die Hälfte der Arbeitszeit ausmacht, sind die Voraussetzungen der EG 11 TVöD-VKA ebenfalls erfüllt.

46

2. Aus den vorstehenden Erwägungen folgt, dass vorliegend ebenfalls die Voraussetzungen der – alten - EG 11 TVöD-VKA für die Zeit vom 01.01.2016 bis zum 31.12.2016 gegeben sind. Denn die Vorgaben der – neuen – EG 11 TVöD-VKA entsprechen denen der Vergütungsgruppe IV a, Fallgruppe 1 a BAT-O und der damit verbundenen Überführung nach der – alten – EG 11 TVöD-VKA.

47

3. Die Beklagte hat als unterlegene Partei die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

48

Gründe für die Zulassung der Revision sind nicht ersichtlich. Insbesondere befindet sich diese Entscheidung nicht im Widerspruch zu dem Urteil des Landesarbeitsgerichts vom 10.11.2016 – 4 Sa 64/16 -. Der dort entschiedene Fall ist mit der hier gegebenen Fallkonstellation nicht vergleichbar. Dieser Umstand folgt bereits aus der Tatsache, dass dort keine tatbestandlichen Feststellungen enthalten sind, welche konkreten Tätigkeiten im Rahmen übertragener EU-Vergabeverfahren ausgeführt worden sind.

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2. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten um die zutreffende Eingruppierung der seit 2012 zunächst im Einwohnermeldeamt bei der Beklagten beschäftigten Klägerin.

2

Die Klägerin hat ebenfalls bei der Beklagten erfolgreich die dreijährige Ausbildung zur Verwaltungsfachangestellten absolviert. Auf das Arbeitsverhältnis der Parteien finden die Regelungen des Tarifvertrages für den öffentlichen Dienst (TVöD) Kraft arbeitsvertraglicher in Bezugnahme Anwendung. Auf der Grundlage einer entsprechenden Umstrukturierungsmaßnahme der Beklagten ist die Klägerin seit Juli 2015 in einem sogenannten Bürgerservicecenter mit zunächst einer Bezahlung nach der Entgeltgruppe 5 tätig. Auf den Höhergruppierungsantrag der Klägerin vom 16.09.2015 erhält die Klägerin rückwirkend ab Juli 2015 eine Vergütung nach der Entgeltgruppe 6. Mit Schreiben vom 14.04.2016 und weiterführend mit der am 27.06.2016 bei dem Arbeitsgericht Schwerin eingegangenen Klage macht die Klägerin gegenüber der Beklagten im Rahmen eines Eingruppierungsfeststellungsantrages eine Entlohnung nach der Entgeltgruppe 8 geltend.

3

Mit Urteil vom 25.01.2017 hat das Arbeitsgericht die Eingruppierungsfeststellungsklage der Klägerin abgewiesen und im Wesentlichen ausgeführt, die Klägerin habe trotz dezidierter gerichtlicher Beauflagung zu dem tariflichen Heraushebungsmerkmal der „selbstständigen Leistung“ nicht substantiiert vorgetragen. Dies gelte sowohl in inhaltlicher, als auch in zeitlicher Hinsicht. Im Gegenteil habe die Beklagte unwidersprochen beispielsweise vorgetragen, der Klägerin obliege keine Ermessensentscheidung zur Einleitung oder Einstellung eines Ordnungswidrigkeitenverfahrens aus dem Arbeitsbereich Meldeangelegenheiten. Im Bereich des Passwesens – etwa bei der Identifikation des Bürgers – habe die Klägerin lediglich Normen umzusetzen. Ihr komme kein Entscheidungsspielraum im Sinne eines Ermessensspielraumes zu. Soweit die Klägerin unter Berufung auf den Gleichbehandlungsgrundsatz auf die Eingruppierung anderer Mitarbeiter abstelle, so führe dies ebenfalls nicht zum Erfolg der Klage. Die Beklagte habe im Einzelnen dargelegt, dass in Folge der Umstrukturierung und Neueinrichtung des Bürgerservicecenters verschiedene Dienstleistungen und auch verschiedene Mitarbeiter aus unterschiedlichen Bereichen in einem Bereich zusammengefasst arbeiten. Hierbei seien die Aufgaben neu verteilt worden. Sollte es in diesem Zusammenhang dazu gekommen sein, dass Kolleginnen der Klägerin, die ursprünglich mit höherwertigeren Tätigkeiten betraut gewesen seien, nunmehr mit Aufgaben auf der vergleichbaren Hierarchieebene der Klägerin betraut würden, so rechtfertige sich daraus kein Anspruch der Klägerin auf Gewährung einer Vergütung nach der von der Klägerin angestrebten Entgeltgruppe 8. Es seien unterschiedliche Sachverhalte gegeben, so dass der Gleichbehandlungsgrundsatz hier nicht greifen könne.

4

Gegen diese am 03.02.2017 zugestellte Entscheidung richtet sich die am 02.03.2017 eingegangene Berufung der Klägerin nebst der – nach entsprechender gerichtlicher Fristverlängerung – am 03.05.2017 eingegangenen Berufungsbegründung.

5

Die Klägerin hält an ihrer erstinstanzlichen Rechtsauffassung fest und begehrt mit der Berufung weiterhin die Feststellung, dass die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin ab dem 27.07.2015 Vergütung nach der Entgeltgruppe 8 TVöD/VKA zu zahlen.

6

Allerdings argumentiert die Klägerin nicht mehr auf der Grundlage der zur Klageschrift abgereichten Tätigkeitsbeschreibung. Vielmehr behauptet sie nunmehr unter Bezugnahme auf ein internes Schreiben ihres unmittelbaren Vorgesetzten vom 21.10.2016 (Bl. 137 d.A.), sie bearbeite zu 60 % Meldeangelegenheiten, zu 28 % Passangelegenheiten und zu 12 % Angelegenheiten des Bürgerbüros. Jedenfalls für den Arbeitsbereich Meldeangelegenheiten habe die Beklagte mit Schriftsatz vom 11.08.2016 (Bl. 34 d.A.) das Vorhandensein des Heraushebungsmerkmales selbstständige Leistungen unstreitig gestellt. Dies gelte ebenso für die Tätigkeitsmerkmale gründliche und vielseitige Fachkenntnisse. Zum quantitativen Umfang der selbstständigen Leistungen trage die Beklagte wider besseren Wissens vor, dass der Zeitanteil für die Bearbeitung für die Meldeangelegenheiten mit 30 % anzusetzen sei. Tatsächlich nehme die Bearbeitung von Meldeangelegenheiten ca. 60 % der Arbeitszeit der Klägerin in Anspruch. Die Beklagte trage unzutreffend vor, dass alle Mitarbeiterinnen im Bereich Frontoffice identische Aufgaben zu erledigen hätten. Lediglich der Klägerin und den weiteren Mitarbeiterinnen B. und E. seien Aufgaben nach der Stellenausschreibung übertragen worden. Den anderen ehemaligen Bürgerbüromitarbeiterinnen seien weder Aufgaben des Meldewesens, noch die Bearbeitung von Pass- und Personalausweisangelegenheiten übertragen worden. Deshalb habe der unmittelbare Vorgesetzte der Klägerin auch in seinem internen Schreiben vom 21.10.2016 zutreffend darauf hingewiesen, dass der Arbeitsvorgang Meldewesen ca. 60 % der Tätigkeiten der Klägerin ausmache. Bei der Bearbeitung der Meldeangelegenheiten insbesondere im Rahmen des § 21 BMG habe die Klägerin Tätigkeiten zu leisten, die unter das Heraushebungsmerkmal der selbstständigen Leistungen zu subsumieren seien. Zur Begründung führte die Klägerin wörtlich wie folgt aus:

7

„Die Frage, welches die vorwiegend genutzte Wohnung ist, wird von den Bürgern und dem Einwohnermeldeamt teilweise durchaus unterschiedlich beurteilt. Die ist jedoch von Bedeutung, weil sich hieran Rechtsfolgen knüpfen. So erhält die Hansestadt W. Zuweisungen aus Steuereinnahmen des Landes nach der Anzahl der Bewohner, die ihren Hauptwohnsitz in der Hansestadt W. angemeldet haben. Aber auch für den Antragsteller hat die Entscheidung darüber, wo er seinen Hauptwohnsitz hat, durchaus Folgen. Dies betrifft Sozialleistungen und bspw. Kindergeld. Die Klägerin hat daher sehr genau zu ermitteln, wo die vorwiegend benutzte Wohnung des Antragstellers gelegen ist. Grundsätzlich ist die vorwiegend genutzte Wohnung die Hauptwohnung. Dies richtet sich zunächst nach der zeitlichen Nutzung eines Kalenderjahres. So ist bei zwei Wohnungen die Wohnung Nebenwohnung, die weniger als die Hälfte des Jahres benutzt wird. Neben der Dauer des Aufenthaltes in der jeweiligen Wohnung können noch andere Kriterien zur Bestimmung von Haupt- oder Nebenwohnung herangezogen werden. Diese, als „Schwerpunkt der Lebensbeziehung“ bezeichneten Merkmale richten sich z.B. nach dem Familienstand, der Arbeitsstelle und den sonstigen Lebensbeziehungen, wie Mitgliedschaft in Vereinen, sonstige familiäre Bindung, etc. Alle diese Kriterien sind zu ermitteln, um ggf. eine Entscheidung zu der Frage, ob der Antragsteller seinen Hauptwohnsitz in der Hansestadt W. oder woanders hält, zu beantworten.

8

Besonders im Zusammenhang mit der Wohnsitznahme von Studenten in der Hansestadt W., ist die Frage oft streitbefangen.

9

Nach der allgemeinen Verwaltungsvorschrift zur Durchführung des Bundesmeldegesetzes (BMGVmV) gilt bis zur Entscheidung über die Bestimmung der Hauptwohnung als Hauptwohnung die von der meldepflichtigen Person als solche angegebene Wohnung. Die Bestimmung der Hauptwohnung kann aber nur im Einvernehmen mit den für die weitere Wohnung zuständigen Meldebehörden getroffen werden. Damit wird sichergestellt, dass die von der meldepflichtigen Person angegebene Hauptwohnung nur dann meldebehördlich geändert wird, wenn die beteiligten Meldebehörden nicht über Haupt- und Nebenwohnung einigen, entscheidet die gemeinsame Fachaufsichtsbehörde. Liegen die betreffenden Wohnung in verschiedenen Ländern, entscheiden die zuständigen obersten Landesbehörden, die von diesen oder nach Maßgabe des Landesrechts bestimmten Stelle im Einvernehmen.“

10

Diese Entscheidung der übergeordneten Behörden sei im Streitfalle einzuholen. Dazu seien die zuvor ermittelten Schwerpunkte der Lebensbeziehungen der meldepflichtigen Personen mitzuteilen. Das hier selbstständige Leistungen vorliegen, sei unstreitig.

11

Außerdem enthalte das Bundesmeldegesetz in § 54 auch Bußgeldvorschriften. Die Klägerin ermittle vollständig die Sachverhalte, die mit einem Bußgeld belegt seien. Diesen Sachverhalt übersende sie sodann unter Vorschlag der Höhe der Geldbuße der Bußgeldstelle in der Abteilung Verkehrsangelegenheiten, die sodann den Bußgeldbescheid erlasse. Auch dabei handele es sich um selbstständige Leistungen im Sinne der tariflichen Vorgaben. Auch die von der Klägerin auszuübende Tätigkeit der Registrierung von Einwohnern im eigenen Zuständigkeitsbereich nebst Identitätsfeststellung beinhalte selbstständige Leistungen nach den tariflichen Vorgaben. Zur Begründung führt die Klägerin wörtlich wie folgt aus:

12

„Die Auswirkungen der Flüchtlingskrise haben auch Einfluss auf Quantität und Qualität der Arbeitsbelastung des Bürgerservicecenters.

13

Asylbewerber, die vom Landkreis in der Gemeinschaftsunterkunft H. oder anderen Wohnheimen und Wohnungen auf dem Gebiet der Hansestadt W. untergebracht werden, haben sich bei der Einwohnermeldebehörde anzumelden. Diese Asylbewerber sind lediglich im Besitz einer vorläufigen Aufenthaltsgestattung oder einer Zuweisungsentscheidung gem. § 50 AsylVfG. Diese wird ihnen in der Erstaufnahmeeinrichtung in H. ausgehändigt und beruft zu 95 % der Fälle auf eigenen Angaben. Diese Angaben sind nicht geprüft worden und außerdem enthält die Aufenthaltsgestattung kein Lichtbild. In diesen Fällen gestaltet sich die Identitätsprüfung selbstverständlich schwierig. Eine Verwaltungsvorschrift, anhand welcher Kriterien die Identität geprüft werden kann, besteht nicht. Es wird versucht, anhand von Geburtsurkunden oder Eheschließungsurkunden oder anderer Dokumenten, soweit sie zur Verfügung stehen, eine Identitätsprüfung vorzunehmen. Oft sind diese Dokumente allerdings in einer den Sachbearbeiterinnen fremden Sprache abgefasst, sodass auf Übersetzungen zurückgegriffen werden muss. Sämtliche Identitätsmerkmale, wie Name, Vorname, Geburtsdatum und –ort, Religions- und Staatsangehörigkeit sowie Familienstand sind zu ermitteln. Dies ist auch deswegen von besonderer Bedeutung, da alle anderen Behörden auf diese Daten ggf. zurückgreifen. Nach der Anerkennung durch das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge erhalten die Asylberechtigten von der Ausländerbehörde des Landkreises eine Bescheinigung über ein Aufenthaltsrecht aus humanitären Gründen oder nach ca. drei Monaten einen elektronischen Aufenthaltstitel (eAT) Identitätskarte. Mit dieser erscheinen sie dann erneut bei dem Bürgerservicecenter, um sich ggf. umzumelden, weil sie eine Wohnung in der Hansestadt W. beziehen. Dieser Vorgang wird häufig begleitet von dem Wunsch der Asylberechtigten, die Angaben auf der Bescheinigung oder dem eAT zu korrigieren, weil sie nach deren Auffassung nicht den Fakten entspreche. Dies führt zu einer erneuten Prüfung, wie oben angegeben. Und in der Tat kommt es oft vor, dass die in der vorläufigen Gestattung vorgenommenen Eintragungen nicht mit den Eintragungen in der Identitätskarte übereinstimmen. Dies führt zu weiterem Ermittlungsaufwand. Auch hier handelt es sich um Aufgaben, die besondere Kenntnisse verlangen und selbstständig auszuführen sind.“

14

Auch im Bereich der Bearbeitung von Pass- und Personalausweisangelegenheiten seien selbstständige Leistungen zu erbringen. Identitätsfeststellungen seien nach dem Personalausweisgesetz oder dem Passgesetz auch erforderlich, wenn der Antragsteller keine Identitätskarte vorlegen könne. Auch seien in § 32 Personalausweisgesetz und § 25 Passgesetz Bußgeldvorschriften enthalten, die die Klägerin in gleicher Weise bearbeite, wie hinsichtlich des Vortrages zum Meldewesen beschrieben.

15

Der Anspruch der Klägerin beruhe auch auf einer Verletzung des Gleichbehandlungsgrundsatzes. Die Beklagte beschäftige Mitarbeiterinnen, die identische Arbeitsaufgaben zu erledigen hätten wie die Klägerin, die jedoch nach der Entgeltgruppe 8 TVöD vergütet würden. Diese Mitarbeiterinnen seien bereits in der Vergangenheit nach der Entgeltgruppe 8 vergütet worden. Es habe für die betroffenen Mitarbeiterinnen weder korrigierende Rückgruppierungen noch Zuweisung anderer Arbeitsaufgaben gegeben.

16

Die Klägerin beantragt,

17

unter Abänderung des am 25.01.2017 verkündeten und am 03.02.2017 zugestellten Urteils des Arbeitsgerichts Schwerin, Az.: 4 Ca 993/16, festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin ab dem 27.07.2015 Vergütung nach der Entgeltgruppe 8 TVöD zu zahlen.

18

Die Beklagte beantragt,

19

die Berufung zurückzuweisen.

20

Die Beklagte trägt vor, der Vortrag der Klägerin bestehe im Wesentlichen aus pauschalen Behauptungen die nicht geeignet seien, der ihr obliegenden Darlegungs- und Beweispflicht gerecht zu werden. Die Klägerin habe weder eine lückenlose und genaue Darstellung ihrer Einzelaufgaben in einer nachvollziehbaren Darlegung des auf die jeweiligen Einzelaufgaben entfallenden Zeitbedarfes dargelegt, noch habe sie schlüssig zum tariflichen Merkmal der selbstständigen Leistungen vorgetragen. Die Einschätzung des in der Sache nicht entscheidungsbefugten unmittelbaren Vorgesetzten der Klägerin könne die fehlende Schlüssigkeit des klägerischen Vortrages nicht ersetzen. Zum einen handele es sich auch bei dessen Ausführungen inhaltlich um eine nicht weiter substantiierte Vermutung. Zum anderen sei bereits mit Schriftsatz vom 11.08.2016 unwidersprochen vorgetragen worden – insoweit unstreitig – dass der Klägerin Aufgaben entsprechend der Stellenbeschreibung vom 14.03.2016 übertragen worden seien (Blatt 31, 32 d. A.).

21

Hinsichtlich der Argumentation der Klägerin mit dem Gleichbehandlungsgrundsatz sei darauf zu verweisen, dass die Planstellen des Frontoffices mit identischem Aufgabenzuschnitt auch in dieselbe Entgeltgruppe 6 eingruppiert – insoweit unstreitig – seien. Richtig sei, dass Mitarbeiterinnen trotz der einheitlichen Eingruppierung der Planstellen in die Entgeltgruppe 6 – aus ihrer bisherigen Eingruppierung heraus – nach der Entgeltgruppe 8 vergütet würden. Etwaige personalwirtschaftliche oder rechtliche Entscheidungen zur Anpassung der Entgeltgruppe stünden noch aus. Dennoch könne sich die Klägerin nicht darauf berufen, dass andere, vergleichbare Mitarbeiterinnen auf Grund des veränderten Aufgabenzuschnitts nunmehr zu Unrecht nach einer höheren Vergütungsgruppe vergütet würden.

22

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

23

Die zulässige Berufung der Klägerin ist nicht begründet. Bereits nach ihrem eigenen Vortrag ist weder in inhaltlicher, noch in zeitlicher Hinsicht die Erbringung von sogenannten selbstständigen Leistungen im Sinne der hier einschlägigen Entgeltordnung TVöD/VKA ersichtlich.

1.

24

Die Klage ist als sogenannte Eingruppierungsfeststellungsklage im öffentlichen Dienst zulässig (BAG vom 21.03.2012, juris Rdnr 18).

2.

25

Die Klage ist jedoch nicht begründet. Zwar finden nach dem unstreitigen Vortrag der Parteien auf der Grundlage einer entsprechenden arbeitsvertraglichen Inbezugnahme die Bestimmungen des Tarifvertrages für den öffentlichen Dienst für den Dienstleistungsbereich Verwaltung nebst Entgeltordnung auf das Arbeitsverhältnis Anwendung. Die Klägerin hat gegen die Beklagte bereits auf Grundlage ihres eigenen Vortrages gleichwohl keinen Anspruch auf Zahlung einer Vergütung nach der Entgeltgruppe 8 TVöD/VKA. Dies gilt sowohl für den Zeitraum ab dem 01.01.2017 (a), als auch für die Zeit vom 27.07.2015 bis zum 31.12.2016 (b).

a)

26

Die Klägerin verfügt über keinen Anspruch auf Vergütung nach der Entgeltgruppe 8 der ab dem 01.01.2017 geltenden Entgeltordnung/VKA.

27

Gemäß § 12 TVöD/VKA richtet sich die Eingruppierung nach den Tätigkeitsmerkmalen der Anlage 1 Entgeltordnung/VKA.

28

Die/der Beschäftigte ist danach in der Entgeltgruppe eingruppiert, deren Tätigkeitsmerkmalen die gesamte von ihr/ihm nicht nur vorübergehend auszuübende Tätigkeit entspricht. Die gesamte auszuübende Tätigkeit entspricht den Tätigkeitsmerkmalen einer Entgeltgruppe, wenn zeitlich mindestens zur Hälfte Arbeitsvorgänge anfallen, die für sich genommen die Anforderungen eines Tätigkeitsmerkmals oder mehrerer Tätigkeitsmerkmale dieser Entgeltgruppe erfüllen. Kann die Erfüllung einer Anforderung in der Regel erst bei der Betrachtung mehrerer Arbeitsvorgängen festgestellt werden, sind diese Arbeitsvorgänge für die Feststellung, ob diese Anforderung erfüllt ist, insoweit zusammen zu beurteilen (§ 12 Abs. 2 TVöD/VKA). Nach der Protokollerklärung zu § 12 Abs. 2 TVöD/VKA sind Arbeitsvorgänge die Arbeitsleistungen (einschließlich Zusammenhangsarbeiten), die, bezogen auf den Aufgabenkreis der/des Beschäftigten, zu einem bei natürlicher Betrachtung abgrenzbaren Arbeitsergebnis führen (z. B. Unterschriftsreife, Bearbeitung eines Aktenvorgangs, eines Widerspruchs oder eines Antrages, Erstellung eines EKG, Fertigung einer Bauzeichnung, Konstruktion einer Brücke oder eines Brückenteils, Bearbeitung eines Antrages auf Sozialleistung, Betreuung einer Person oder Personengruppe, Durchführung einer Unterhalts- oder Instandsetzungsarbeit). Jeder einzelne Arbeitsvorgang ist als solcher zu bewerten und darf dabei hinsichtlich der Anforderungen zeitlich nicht aufgespalten werden. Eine Anforderung im Sinne der Sätze 2 und 3 ist auch das in einem Tätigkeitsmerkmal geforderte Herausheben der Tätigkeit aus einer niedrigeren Entgeltgruppe.

29

Danach kommen für die Eingruppierung der Klägerin folgende Tarifbestimmungen in Betracht:

30

Entgeltgruppe 5 Ziffer 1:

31

Beschäftigte mit erfolgreich abgeschlossener Ausbildung in einem anerkannten Ausbildungsberuf mit einer Ausbildungsdauer von mindestens 3 Jahren und entsprechender Tätigkeit

32

Entgeltgruppe 6:

33

Beschäftigte der Entgeltgruppe 5, Fallgruppe 1, deren Tätigkeit gründliche und vielseitige Fachkenntnisse erfordert. (Die gründlichen und vielseitigen Fachkenntnisse brauchen sich nicht auf das gesamte Gebiet der Verwaltung – des Betriebes – bei der/die Beschäftigte tätig ist, zu beziehen. Der Aufgabenkreis der/des Beschäftigten muss aber so gestaltet sein, dass er nur beim Vorhandensein gründlicher und vielseitiger Fachkenntnisse ordnungsgemäß bearbeitet werden kann.)

34

Entgeltgruppe 7:

35

Beschäftigte der Entgeltgruppe 6, deren Tätigkeit mindestens zu 1/5 selbstständige Leistungen erfordert. (selbstständige Leistungen erfordern ein den vorausgesetzten Fachkenntnissen entsprechendes selbstständiges Erarbeiten eines Ergebnisses unter Entwicklung einer eigenen geistigen Initiative; eine leichte geistige Arbeit kann diese Anforderung nicht erfüllen).

36

Entgeltgruppe 8:

37

Beschäftigte der Entgeltgruppe 6, deren Tätigkeit mindestens zu 1/3 selbstständige Leistungen erfordert.

38

Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (BAG vom 21.03.2012 a. a. O., Rd.-Nr. 42 und 43 m. w. N.) erfordern selbstständige Leistungen im vorgenannten Sinn ein den vorausgesetzten Fachkenntnissen entsprechendes selbstständiges Erarbeiten eines Ergebnisses unter Entwicklung einer eigenen geistigen Initiative, wobei eine leichte geistige Arbeit diese Anforderungen nicht erfüllen kann. Danach darf das Merkmal selbstständige Leistungen nicht mit dem Begriff „Selbstständig Arbeiten“ verwechselt werden, worunter man eine Tätigkeit ohne direkte Aufsicht oder Leitung versteht. Eine selbstständige Leistung im Tarifsinn ist nur dann anzunehmen, wenn eine Gedankenarbeit erbracht wird, die im Rahmen der für die Entgeltgruppe vorausgesetzten Fachkenntnisse hinsichtlich des einzuschlagenden Weges, insbesondere hinsichtlich des zu findenden Ergebnisses, eine eigene Beurteilung und eine eigene Entschließung erfordert. Kennzeichnend für selbstständige Leistungen im tariflichen Sinn ist danach – ohne Bindung an verwaltungsrechtliche Fachbegriffe – ein wie auch immer gearteter Ermessens-, Gestaltungs- oder Beurteilungsspielraum bei der Erarbeitung eines Arbeitsergebnisses. Vom Beschäftigten werden Abwägungsprozesse verlangt, in deren Rahmen Anforderungen an dessen Überlegungsvermögen gestellt werden. Der Beschäftigte muss dabei unterschiedliche Informationen verknüpfen, untereinander abwägen und zu einer Entscheidung kommen. Eine entsprechende geistige Arbeit wird mithin dann zu bejahen sein, wenn der Beschäftigte sich bei der Arbeit Fragen muss, wie geht es weiter, worauf kommt es nun an und was muss als nächstes geschehen (BAG vom 10.12.1997, 4 AZR 221/96; Juris, Rd.-Nr. 87).

39

Dieser Umstand wiederum setzt voraus, dass zur Bejahung der selbstständigen Leistungen im tariflichen Sinn ein bestimmter Entscheidungsspielraum notwendig ist. Dort, wo das Arbeitsergebnis mehr oder weniger bis in alle Einzelheiten durch bindende Vorschriften vorgezeichnet, ist mit der Folge, dass für einen irgendwie gearteten Entscheidungsspielraum kein Raum bleibt, liegen keine selbstständige Leistungen im tariflichen Sinn vor. Kenntnisse über den Verfahrensablauf und Erfahrungswissen sind den Fachkenntnissen zuzurechnen und haben begrifflich keinen Bezug zu dem Heraushebungsmerkmal der selbstständigen Leistungen (BAG vom 14.08.1985, 4 AZR 21/84; Juris, Rd.-Nr. 43).

40

Die Darlegungs- und Beweislast für das Vorliegen der tatsächlichen Voraussetzungen einer Entgeltgruppe liegt bei der Arbeitnehmerin, die eine Vergütung nach einer bestimmten Vergütungsgruppe begehrt (ständige Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts; vgl. z. B. BAG vom 26.01.2005, 4 AZR 6/04; Juris, Rd.-Nr. 54 m. w. N.). Wenn sich die klagende Partei dabei auf das Vorliegen eines Heraushebungsmerkmals beruft, so kann von einem schlüssigen Vortrag nicht ausgegangen werden, wenn die klagende Partei sich auf eine Darstellung der eigenen Tätigkeit beschränkt. Aus der tatsächlich erbrachten Tätigkeit sind für sich allein genommen keine Rückschlüsse darauf möglich, ob sie sich gegenüber den Tätigkeitsmerkmalen in einer anderen Vergütungsgruppe heraushebt. Im Falle – wie hier – aufeinander aufbauender Vergütungsgruppen mit Herausstellungsmerkmalen ist ein wertender Vergleich mit den nicht herausgehobenen Tätigkeiten erforderlich. Aus diesem Grund hat die klagende Partei nicht nur die eigene Tätigkeit im einzelnen darzustellen. Sie muss darüber hinaus Tatsachen darlegen, die den erforderlichen wertenden Vergleich mit den nicht derart herausgehobenen Tätigkeiten ermöglichen.

41

Bereits aus dem eigenen Vortrag der Klägerin ergibt sich nicht, dass sich ihre Tätigkeit durch selbstständige Leistungen aus der Entgeltgruppe 6 heraushebt. Dabei kann zu Gunsten der Klägerin auf der Grundlage des unstreitigen Vortrages der Parteien davon ausgegangen werden, dass ihre Tätigkeit zu mehr als 50 % gründliche und vielseitige Fachkenntnisse im Sinne der Entgeltgruppe 6 erfordert. Jedoch ist nach dem Vortrag der Klägerin nicht ansatzweise ersichtlich, welche konkreten Arbeitstätigkeiten mit welchem zeitlichen Umfang im Bereich eines bestimmbaren Arbeitsvorganges das tarifliche Merkmal der selbstständigen Leistungen erfüllen sollen. Die Klägerin behauptet lediglich, die von ihr zu erbringenden Arbeitsleistungen seien dem Tarifmerkmal der selbstständigen Leistungen zuzuordnen. Jedoch beschreibt die Klägerin mit keinem Wort, in welcher Art und Weise sie welche konkreten Arbeitsanforderungen erledigt. Mithin ist es der Kammer nach den pauschalen Ausführungen der Klägerin bereits im ersten Schritt nicht möglich, die von der Klägerin tatsächlich zu erbringenden Arbeitsleistungen auf das Heraushebungsmerkmal der selbstständigen Leistungen hin zu prüfen. Deshalb wird erstinstanzlich diesbezüglich zutreffend wie folgt ausgeführt:

42

„Der Vortrag der Klägerin zur Selbstständigkeit erfüllt, unabhängig davon, dass keinerlei zeitliche Quantität hierzu angegeben ist, so dass eine Beurteilung, ob diese Tätigkeit 1/5 der Gesamttätigkeit erfasst, nicht möglich ist, selbst in den Bereichen, die nicht dem Einwohnermeldeamt zuzuordnen sind, nicht das Erfordernis der Selbstständigkeit. Wie die Beklagt zutreffend und unwidersprochen vorgetragen hat, obliegt beispielsweise die Ermessensentscheidung zur Einleitung oder Einstellung eines Ordnungswidrigkeitsverfahrens nicht der Klägerin. Auch im Bereich des Passwesens, etwa bei der Identifikation eines Bürgers, hat die Klägerin lediglich Normen umzusetzen. Ihr kommt kein Entscheidungsspielraum im Sinne eines Ermessensspielraums zu. Die Klägerin ist offenbar auch im Bürgerservicecentrum mit ähnlichen Arbeiten betraut, mit denen sie bereits im Einwohnermeldeamt betraut war. Dass diese eine selbstständige Tätigkeit und Befassung mit Aufgaben beinhalten, welche gründliche und vielseitige Fachkenntnisse erfordern, ist nicht dargelegt.“

43

Trotz des dezidierten Hinweis- und Auflagenbeschlusses in der ersten Instanz und den eben zitierten Ausführungen in der hier angefochtenen Entscheidung, belässt es die Klägerin auch in der Berufungsbegründung lediglich bei einer pauschalen Beschreibung ihrer Tätigkeit. An einer Beschreibung ihrer konkreten Tätigkeitsinhalte inklusive der notwendigen Darstellung der jeweiligen Arbeitsschritte fehlt es völlig.

44

Soweit sich die Klägerin darauf beruft, die Beklagte habe den Anfall von selbstständigen Leistungen mit einem Zeitanteil von 30 % im Arbeitsvorgang „Bearbeitung von Meldeangelegenheiten sowie Beratung“ unstreitig gestellt, so dass diesbezüglich vom Vorliegen selbstständiger Leistungen im tariflichen Sinn auszugehen sei, so trifft dies nach Auffassung der Kammer nicht zu. Denn auch insoweit fehlt es an einem weitergehenden – und notwendigen – Sachvortrag der Klägerin. Denn das Tätigkeitsmerkmal selbstständige Leistungen erfüllt – nur – dann den gesamten Arbeitsvorgang, wenn eben dieser Arbeitsvorgang selbstständige Leistungen in rechtserheblichem Ausmaß enthält. Dieser Umstand ist insbesondere dann zu bejahen, wenn ohne diese selbstständigen Leistungen in dem Arbeitsvorgang keine sinnvollen Arbeitsergebnisse erzielt werden könnten (BAG vom 22.03.1995 – 4 AZN 1105/94; Juris, Rd.-Nr. 6, LAG Niedersachsen vom 26.04.2004, 5 Sa 1682/03E; Juris, Rd.-Nr. 45).

45

Es ist kein Vortrag der Klägerin vorhanden, bei welchen konkreten Arbeitsleistungen bzw. Arbeitsschritten das Merkmal der selbstständigen Leistungen im tariflichen Sinne gegeben sein sollen. Allein deshalb sind dem erkennenden Gericht keine dahingehenden Rückschlüsse möglich, ob ohne diese (welche ?) Tätigkeiten der Klägerin ein verwertbares Arbeitsergebnis im Bereich eines bestimmten Arbeitsvorganges nicht erreicht werden kann.

46

Dieser mangelnde Sachvortrag geht zu Lasten der insoweit darlegungs- und beweispflichtigen Klägerin.

b)

47

Da die Klägerin – wie bereits unter Punkt 2. a) festgestellt – die Ausübung selbständiger Leistungen im Sinne des TVöD/VKA bereits nicht substantiiert dargelegt hat, kommt auch für die Zeit vom 27.07.2015 bis zum 31.12.2016 nach dem bis dahin geltenden Übergangsrecht zur Eingruppierung nach § 17 TVÜ-VKA ein Anspruch der Klägerin auf Vergütung nach der Entgeltgruppe 8 TVöD/VKA nicht in Betracht.

3.

48

Soweit die Klägerin sich zur Begründung des von ihr geltend gemachten Anspruches auf eine Verletzung des arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatzes beruft, so kann dem nach Auffassung der Kammer ebenfalls nicht gefolgt werden. Auch diesbezüglich fehlt es an einem hinreichend konkreten Sachvortrag der auch insoweit darlegungs- und beweispflichtigen Klägerin. Dies hat das Arbeitsgericht mit zutreffender Begründung rechtsfehlerfrei entschieden und insoweit ausgeführt:

49

„Soweit die Klägerin schließlich auf die Eingruppierung anderer Mitarbeiter abstellt, ist dies rechtlich ohne Belang. Die Klägerin hat keinen Anspruch darauf, mit den von ihr in Bezug genommenen Angestellten, die im Übrigen auch nicht näher benannt werden, gleichbehandelt zu werden. Der arbeitsrechtliche Gleichbehandlungsgrundsatz verbietet zwar sowohl die sachfremde Schlechterstellung einzelner Arbeitnehmer gegenüber anderen Arbeitnehmern in vergleichbarer Lage, als auch die sachfremde Differenzierung zwischen Arbeitnehmern einer bestimmten Ordnung. Sachfremd ist eine Differenzierung aber nur dann, wenn es für die unterschiedliche Behandlung keine billigenswerten Gründe gibt, wenn die Regelung also für eine am Gleichheitsgedanken orientierte Betrachtungsweise als Willkür anzusehen ist.

50

51

Die Beklagtenseite hat im Einzelnen dargelegt, dass in Folge der Umstrukturierung und Neueinrichtung des Bürgerservicecenters verschiedene Leistungen und auch verschiedene Mitarbeiter aus unterschiedlichen Bereichen in einem Bereich zusammengefasst arbeiten. Hierbei wurden die Aufgaben komplett neu verteilt. Hierbei mag es auch dazu gekommen sein, dass höher vergütete Mitarbeiter auf vermeintlich selber Hierarchieebene wie die Klägerin mit ähnlichen Aufgaben betraut wurden. Vorliegend hat die Klägerin aber bereits in tatsächlicher Hinsicht nicht dargelegt, dass und aus welchen Gründen sie mit den Angestellten in vergleichbarer Hierarchieebene, die höher vergütet werden, vergleichbar ist. Zudem sind keine Anhaltspunkte dafür ersichtlich, dass die Beklagte diese Angestellten etwa willentlich eine überobligatorische Vergütung gewährt und nicht nur die tariflichen Vergütungsbestimmungen, sei es auch unter zeitweiliger Zuweisung von Arbeitsaufgaben, welche eine derartige Vergütungsgruppe rechtfertigen, erfolgt.“

52

Die Kammer macht sich die vorstehende Begründung zu Eigen, zumal die Klägerin in der Berufungsinstanz diesbezüglich keine neuen entscheidungserheblichen Tatsachen vorgetragen hat.

4.

53

Die Klägerin hat als unterlegene Partei die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen (§ 97 Abs. 1 ZPO).

5.

54

Gründe für die Zulassung der Revision im Sinne des § 72 Abs. 2 ArbGG sind nicht ersichtlich.

Tenor

1. Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des Sächsischen Landesarbeitsgerichts vom 2. November 2016 - 3 Sa 213/16 - insoweit teilweise aufgehoben, als das Landesarbeitsgericht festgestellt hat, dass die Beklagte verpflichtet ist, die Klägerin vom 1. Mai bis zum 31. Dezember 2014 nach der Entgeltgruppe 9a TV EntgO Bund zu vergüten und die sich insoweit ergebenden Differenzbeträge ab dem auf den jeweiligen Fälligkeitstag folgenden Tag mit fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz zu verzinsen. Im Übrigen wird die Revision der Beklagten zurückgewiesen.

2. Im Umfang der Aufhebung wird die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Leipzig vom 24. März 2016 - 5 Ca 4247/15 - zurückgewiesen.

3. Von den Kosten der ersten und zweiten Instanz hat die Klägerin 1/5 und die Beklagte 4/5 zu tragen. Von den Kosten der Revision hat die Klägerin 1/3 und die Beklagte 2/3 zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über die zutreffende Eingruppierung der Klägerin.

2

Die Klägerin ist auf der Basis des schriftlichen Arbeitsvertrags vom 2. September 2002 bei der Beklagten als Geschäftsstellenverwalterin und Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle am Bundesverwaltungsgericht beschäftigt. Nach dessen § 2 bestimmt sich

        

„Das Arbeitsverhältnis … nach dem Bundesangestelltentarifvertrag-Ost (BAT-O) und den diesen ergänzenden, ändernden oder ersetzenden Tarifverträgen in der für den Arbeitgeber geltenden Fassung. Außerdem finden die für den Arbeitgeber jeweils geltenden sonstigen Tarifverträge Anwendung. Ausgenommen ist der Beihilfe-Tarifvertrag vom 15. Juni 1959 i. d. F. des Ergänzungstarifvertrages vom 26. Mai 1964.“

3

Die Geschäftsstelle des Bundesverwaltungsgerichts gliedert sich in sechs Arbeitsgruppen, die jeweils von einer Beamtin oder einem Beamten des gehobenen Dienstes geleitet werden. Die Aufgaben der Geschäftsstelle sind in der Geschäftsstellenordnung für das Bundesverwaltungsgericht (GStO-BVerwG) festgelegt, in der es ua. heißt:

        

§ 5   

        

Geschäfte des mittleren Dienstes

        

…       

        

3.    

Die Beschäftigten des mittleren Dienstes haben insbesondere folgende Aufgaben zu erledigen:

                 

a)    

Urkundsbeamte/r Geschäftsstellenverwalter/in

                          

●       

Führung der Register, Verzeichnisse usw. nach Maßgabe dieser Geschäftsstellenordnung und aufgrund von Entscheidungen über die Geschäftsverteilung in den einzelnen Senaten

                          

●       

Erfassung und Pflege von Verfahrensdaten gemäß GO§A-Anwenderhandbuch, Verwaltung des Schriftguts, Aktenführung einschließlich Aktenrücksendung, Überwachung des Aktenumlaufs und Fristenkontrolle

                          

●       

Erledigung des Schreibwerks

                          

●       

Schreiben von Entscheidungen und Gutachten einschließlich des Lesens

                          

●       

Protokollführung einschließlich der Übersendung von Protokollabschriften

                          

●       

Rücksendung der Prozessakten und Beiakten nach Beendigung des Rechtsmittelverfahrens

                          

●       

Zustellungs- und Verkündungsvermerke auf Urteilen

                          

●       

Vermerk der Übergabe des Urteils an die Geschäftsstelle

                          

●       

Vermerk eines Berichtigungsbeschlusses auf der Urschrift der Entscheidung und/bzw. den Ausfertigungen

                          

●       

Gewährung und Überwachung der Akteneinsicht

                          

●       

Erteilung von Auszügen und Abschriften aus den Gerichts- und Beiakten

                          

●       

Erteilung von Notfristzeugnissen

                          

●       

Bearbeitung von Aktenanforderungen im Wege der Amtshilfe

                          

●       

Beglaubigung von Abschriften

                          

●       

Erstellung der Senatsstatistiken über den Stand der Verfahren und besonderer statistischer Aufstellungen für den jeweiligen Senat

                          

●       

Mitwirkung im Sinne der Kostenverfügung

                          

●       

Anonymisierung von Entscheidungen gemäß Anlage 2 der Dienstanweisung über die Erstellung von Schriftgut beim Bundesverwaltungsgericht für den Versand

                 

b)    

Kostenbeamte/r

                          

…“    

4

Bis zum 30. September 2005 erhielt die Klägerin eine Vergütung nach der VergGr. VIb der Anlage 1a zum BAT-O. Nach Inkrafttreten des Tarifvertrags für den öffentlichen Dienst (TVöD) und des Tarifvertrags zur Überleitung der Beschäftigten des Bundes in den TVöD und zur Regelung des Übergangsrechts (TVÜ-Bund) am 1. Oktober 2005 wurde sie in die Entgeltgruppe 6 TVöD/Bund mit einer individuellen Zwischenstufe zwischen den Stufen 5 und 6 übergeleitet. Seit dem 1. Oktober 2007 erhält sie eine Vergütung nach der Entgeltgruppe 6 Stufe 6 TVöD/Bund.

5

Mit Schreiben vom 26. November 2014 wandte sich die Klägerin an die Beklagte und bat unter Hinweis auf die Protokollerklärung zu Teil III Nr. 20 des Tarifvertrags über die Entgeltordnung des Bundes (TV EntgO Bund) um die Überprüfung ihrer Eingruppierung.

6

Mit einem weiteren Schreiben vom 24. Juni 2015 nahm die Klägerin auf ihren Antrag vom 26. November 2014 Bezug und führte aus, sie

        

„… weise zunächst zur Klarstellung darauf hin, dass es sich um einen Antrag auf Höhergruppierung gemäß § 26 Abs. 1 TVÜ-Bund handelt.“

7

Mit Schreiben ihrer Prozessbevollmächtigten vom 30. Juni 2015, das der Beklagten am folgenden Tag zugegangen ist, machte die Klägerin eine Eingruppierung in der Entgeltgruppe 9a Teil III Nr. 20 der Anlage 1 zum TV EntgO Bund geltend.

8

Im Juli 2015 wies die Beklagte das Begehren der Klägerin zurück und übersandte ihr aus Anlass der Tarifvertragsänderung eine Tätigkeitsdarstellung und -bewertung vom 14. Juli 2015 „mit Wirkung vom 01.01.2014“. Diese lautet auszugsweise:

        

„4.5. 

Der Arbeitsplatzinhaber hat folgende Zeichnungs- und Feststellungsbefugnisse

                 

Wahrnehmung der Aufgaben eines Urkundsbeamten der Geschäftsstelle gemäß § 153 Abs. 5 GVG

                 

Führung des Protokolls bei mündlichen Verhandlungen und anderen Terminen

                 

Aufgaben einer Kostenbeamtin/eines Kostenbeamten

        

5.    

Beschreibung der Tätigkeiten, die eine Bildung von Arbeitsvorgängen und deren tarifliche Bewertung ermöglicht, einschließlich der dazu benötigten Fachkenntnisse

        

I.    

Tätigkeiten

                 

Fortlaufend nummerieren: 5.1., 5.2. u.s.w.

Zeitanteil

                 

5.1 a)

Verteilung der neu eingegangen Verfahren entsprechend dem Geschäftsverteilungsplan; Feststellung des zuständigen Richters gemäß senatsinternem Geschäftsverteilungsplan

3 %     

                 

5.1 b)

Prüfen der Rechtsmittelfristen sowie der Vertretungsbefugnis

7 %     

                 

5.2.   

Schriftgutverwaltung, wie Stammdaten- und Verfahrensdatenerfassung und -pflege, Zuordnung eingehender Schriftsätze zu den Verfahren einschließlich Umlaufverwaltung

18 %   

                 

5.3.   

Aktenführung (unter Beachtung der getrennten Aktenführung) der Prozess-, Senats-, Sach- und Handakten sowie Sonderhefte in Papierform und elektronischer Form einschl. Überwachung von Akteneinsicht

7 %     

                 

5.4.   

Aktenrücksendung nach Abschluss des Verfahrens an die Vorinstanzen, bei erstinstanzlichen Verfahren an die Behörde

3 %     

                 

5.5.   

Fertigung des Schreibwerks, wie Abarbeiten von Verfügungen sowie Schreiben, Korrigieren und Formatieren von Gutachten und Entscheidungen einschließlich Lesen

30 %   

                 

5.6.   

Beglaubigung von gerichtlichen Schreiben, Erteilen von Bescheinigungen, wie Rechtskraftbescheinigungen, Notfristzeugnisse, Verkündungsvermerke sowie Bescheinigung des Eingangs von Senatsentscheidungen in der Geschäfts-stelle

5 %     

                 

5.7.   

Führen der Eingangsregister und weiterer Verzeichnisse

2 %     

                 

5.8.   

Bearbeitung von Sachstandsanfragen und Auskunftsersuchen, insbesondere von Verfahrensbeteiligten

1 %     

                 

5.9.   

Aufgaben des Kostenbeamten

12 %   

                 

5.10. 

Vorbereitung von mündlichen Verhandlungen und anderen Terminen, wie Beratungstermine, Erörterungstermine einschl. Erstellen der Sitzungsaushänge

5 %     

                 

5.11. 

Protokollführung in mündlichen Verhandlungen und anderen Terminen

5 %     

                 

5.12. 

Kontrolle von sonstigen Fristen und Zustellnachweisen

2 %“   

9

Mit ihrer Klage hat die Klägerin die Auffassung vertreten, ihre Tätigkeit stelle einen einheitlichen Arbeitsvorgang dar. Die ihr übertragenen Aufgaben seien organisatorisch nicht voneinander getrennt. Dieser Arbeitsvorgang enthalte mit der Prüfung der Rechtsmittelfristen, dem Führen der Eingangsregister, der Durchführung von Beglaubigungen und der Bearbeitung von Sachstandsanfragen sowie der Protokollführung und ihrer Tätigkeit als Kostenbeamtin in rechtserheblichem Ausmaß schwierige Tätigkeiten im Sinne der Entgeltgruppe 9a, hilfsweise der Entgeltgruppe 8 Teil III Nr. 20 der Anlage 1 zum TV EntgO Bund.

10

Die Klägerin hat zuletzt beantragt

        

1.    

festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, sie ab dem 1. Mai 2014 nach der Entgeltgruppe 9a TV EntgO Bund zu vergüten und die sich insoweit ergebenden Differenzbeträge für die Monate ab Mai 2014 ab dem auf den jeweiligen Fälligkeitstag folgenden Tag mit fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz zu verzinsen;

        

2.    

hilfsweise festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, sie ab dem 1. Mai 2014 nach der Entgeltgruppe 8 TV EntgO Bund zu vergüten und die sich insoweit ergebenden Differenzbeträge für die Monate seit Mai 2014 ab dem auf den jeweiligen Fälligkeitszeitpunkt folgenden Tag mit fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz zu verzinsen.

11

Die Beklagte hat zur Begründung ihres Klageabweisungsantrags die Auffassung vertreten, die Klägerin erfülle weder ein Tätigkeitsmerkmal der Entgeltgruppe 9a noch der Entgeltgruppe 8 TV EntgO Bund. Sie sei zutreffend in der Entgeltgruppe 6 TV EntgO Bund eingruppiert. Die ihr übertragene Tätigkeit untergliedere sich in sieben Arbeitsvorgänge. Die Beglaubigungen und die Auskunftserteilung seien nicht Bestandteil der Aktenführung und deshalb gesondert zu bewerten; für die Durchführung von Beglaubigungen werde die Akte nur als Arbeitsmittel benötigt. Auch bei der Beantwortung von Sachstandsanfragen handele es sich um eine vom Führen und Verwalten der Gerichtsakten zu trennende Serviceleistung, bei der die Akte lediglich als Erkenntnismittel genutzt werde. Die eigentliche Prüfung der Form- und Fristerfordernisse bei neu eingehenden Verfahren obliege nicht der Klägerin, sondern den Beamten des gehobenen Dienstes. Der Klägerin kämen insoweit nur unterstützende Aufgaben zu. Lediglich die Arbeitsvorgänge Kostensachen mit 12 %, Protokollführung mit 10 %, Eingangszuteilung mit 3 %, Beglaubigungen mit 5 % und Auskunftserteilung mit 1 %, also insgesamt nur 31 % der Gesamttätigkeit, seien schwierig im Sinne des tariflichen Tätigkeitsmerkmals.

12

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Auf die Berufung der Klägerin hat das Landesarbeitsgericht das Urteil des Arbeitsgerichts aufgehoben und der Klage stattgegeben. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision begehrt die Beklagte die Wiederherstellung des erstinstanzlichen Urteils.

Entscheidungsgründe

13

Die Revision der Beklagten ist teilweise begründet. Der Klägerin steht lediglich für die Zeit ab dem 1. Januar 2015 ein Anspruch auf Vergütung nach der Entgeltgruppe 9a TV EntgO Bund zu. Einen weiter gehenden Vergütungsanspruch für die Zeit vom 1. Mai bis 31. Dezember 2014 hat das Landesarbeitsgericht zu Unrecht bejaht. Ein möglicher Entgeltanspruch für diesen Zeitraum ist wegen der nicht rechtzeitigen Geltendmachung nach § 37 TVöD verfallen. Das führt insoweit zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur Zurückweisung der Berufung der Klägerin (§ 563 Abs. 3 ZPO). Der Hilfsantrag fällt nicht mehr zur Entscheidung an.

14

I. Die als allgemein übliche Eingruppierungsfeststellungsklage auch im Hinblick auf die Verzinsungspflicht (BAG 23. September 2009 - 4 AZR 308/08 - Rn. 10 mwN) zulässige (st. Rspr., sh. nur BAG 22. Februar 2017 - 4 AZR 514/16 - Rn. 13 mwN) Klage ist entgegen der Auffassung der Revision für die Zeit ab dem 1. Januar 2015 begründet. Die Klägerin hat einen Anspruch auf Vergütung nach der Entgeltgruppe 9a TV EntgO Bund.

15

1. Zu Recht ist das Landesarbeitsgericht zunächst davon ausgegangen, dass auf das Arbeitsverhältnis der Parteien aufgrund der arbeitsvertraglichen Bezugnahme der BAT-O sowie der diesen mit Wirkung ab dem 1. Oktober 2005 ersetzende TVöD für den Bereich des Bundes iVm. dem TVÜ-Bund Anwendung finden.

16

2. Entgegen der Auffassung des Landesarbeitsgerichts richtet sich die Eingruppierung der Klägerin allerdings nicht nach § 12 Abs. 1 Satz 1 TVöD/Bund sowie den Tätigkeitsmerkmalen des TV EntgO Bund, sondern nach § 22 BAT-O und den in diesem geregelten Tätigkeitsmerkmalen. Die Anwendung der Tätigkeitsmerkmale des TV EntgO Bund durch das Landesarbeitsgericht beruht auf einem unzutreffenden Verständnis von § 26 Abs. 1 TVÜ-Bund.

17

a) Gemäß § 24 TVÜ-Bund gelten im Grundsatz für die in den TVöD übergeleiteten Beschäftigten, deren Arbeitsverhältnis zum Bund über den 31. Dezember 2013 hinaus fortbesteht und die am 1. Januar 2014 unter den Geltungsbereich des TVöD fallen, ab dem 1. Januar 2014 für Eingruppierungen die §§ 12 und 13 TVöD/Bund. Nach § 25 Abs. 1 TVÜ-Bund erfolgt die Überleitung dieser Beschäftigten unter Beibehaltung der bisherigen Entgeltgruppe für die Dauer der unverändert auszuübenden Tätigkeit. Nach der Protokollerklärung zu § 25 Abs. 1 TVÜ-Bund gilt die vorläufige Zuordnung zu der Entgeltgruppe des TVöD nach der Anlage 2 oder 4 TVÜ-Bund in der bis zum 31. Dezember 2013 geltenden Fassung als Eingruppierung. Eine Überprüfung und Neufeststellung der Eingruppierungen findet aufgrund der Überleitung in den TV EntgO Bund nicht statt. Danach verbleibt es bei unveränderter Tätigkeit grundsätzlich auch nach dem 1. Januar 2014 bei der einmal anlässlich der Überleitung vom BAT-O in den TVöD erfolgten Eingruppierung.

18

b) Nach § 26 Abs. 1 TVÜ-Bund sind die Beschäftigten auf deren Antrag, der nach Satz 2 der Vorschrift bis zum 30. Juni 2015 gestellt werden konnte, in der Entgeltgruppe eingruppiert, die nach § 12 TVöD/Bund zutreffend ist, wenn sich nach dem TV EntgO Bund eine höhere Entgeltgruppe ergibt. Ein solcher Fall ist hier nicht gegeben.

19

aa) Die Tarifvertragsparteien haben die Vergütung der übergeleiteten Beschäftigten im Grundsatz in der Weise geregelt, dass - bei unveränderter Tätigkeit - die vorläufige Eingruppierung ab 1. Januar 2014 als „richtige“ Eingruppierung gilt. Hierdurch sollten eine „Eingruppierungswelle“ vermieden und die öffentlichen Arbeitgeber entlastet werden (vgl. Effertz TVöD Jahrbuch Bund 2017 IV.01 S. 843 zu 2.1; Breier/Dassau/Kiefer/Lang/Langenbrinck TVöD Stand 1/2018 B 218 B 2.2 § 26 TVÜ-Bund Erl. 1 Rn. 1, 3; Litschen in Adam/Bauer/Bettenhausen/ua. Tarifrecht der Beschäftigten im öffentlichen Dienst Stand Dezember 2015 Teil II § 26 TVÜ-Bund B I Rn. 3; zur vergleichbaren Regelung des § 29a TVÜ-Länder sh. Augustin ZTR 2012, 484). Für die Dauer der unverändert auszuübenden Tätigkeit gilt ein Bestandsschutz für die bisherige Entgeltgruppe. Liegt keine „unverändert auszuübende Tätigkeit“ vor, entfällt dieser. Da aber durch den am 1. Januar 2014 in Kraft getretenen TV EntgO Bund im Vergleich zur früheren Tariflage vielfach höhere Eingruppierungen tariflich vereinbart worden sind, eröffnet § 26 TVÜ-Bund den Beschäftigten den Zugang zum neuen Entgeltsystem dann, wenn sie bei Zugrundelegung der Tätigkeitsmerkmale des - neuen - TV EntgO Bund eine Vergütung nach einer höheren Entgeltgruppe verlangen können. Umgekehrt kann sich allerdings im Einzelfall - beispielsweise durch Anrechnung des Höhergruppierungsgewinns auf einen möglicherweise nach § 12 TVÜ-Bund zustehenden Strukturausgleich oder aufgrund des geringeren Bemessungssatzes der Jahressonderzahlung nach § 20 Abs. 2, Abs. 3 TVöD/Bund bei Höhergruppierungen aus der Entgeltgruppe 8 in die Entgeltgruppe 9a oder 9b oder aus der Entgeltgruppe 12 in die Entgeltgruppe 13 - trotz einer höheren Eingruppierung ein finanzieller Nachteil ergeben(sh. auch Rundschreiben des BMI vom 24. März 2014 idF der 6. Ergänzung vom 27. Januar 2017 - D 5 - 31003/2#4 - Teil E Ziff. 1.4.4). Deshalb räumt § 26 Abs. 1 TVÜ-Bund den betroffenen Beschäftigten durch das tarifliche Antragserfordernis ein Wahlrecht zwischen einer Vergütung nach der bisherigen und der neuen Entgeltordnung ein(Litschen aaO). Die Korrektur einer schon nach der bisherigen Vergütungsordnung erfolgten fehlerhaften Eingruppierung war dagegen nicht Ziel von § 26 TVÜ-Bund.

20

bb) Im Streitfall ergibt sich nach den Tätigkeitsmerkmalen des TV EntgO Bund keine höhere Entgeltgruppe. Die Klägerin macht lediglich geltend, ihre Tätigkeit enthalte nicht, wie von der Beklagten angenommen, nur zu mindestens einem Fünftel, sondern zu mindestens der Hälfte schwierige Tätigkeiten. Übt die Klägerin zu mindestens einem Fünftel schwierige Tätigkeiten aus, war sie nach der Vergütungsordnung des BAT-O in der VergGr. VIb der Anlage 1a zum BAT-O eingruppiert und nach der Anlage 2 zum TVÜ-Bund in die Entgeltgruppe 6 überzuleiten. Übt die Klägerin zu mindestens der Hälfte der ihr übertragenen Tätigkeiten schwierige Tätigkeiten aus, war sie - nach unstreitiger dreijähriger Bewährung - in der VergGr. Vb der Anlage 1a zum BAT-O eingruppiert und nach der Anlage 2 zum TVÜ-Bund in der bis zum 31. Dezember 2013 geltenden Fassung in die Entgeltgruppe 9 sowie gemäß § 27 Abs. 3 TVÜ-Bund iVm. Satz 1 Buchst. a Anhang zu § 16 TVöD/Bund in der bis zum 31. Dezember 2013 geltenden Fassung in die Entgeltgruppe 9a überzuleiten. Danach führt die Überleitung bei - aus Sicht der Klägerin - zutreffender Eingruppierung in die Vergütungsordnung des BAT-O ebenso wie auch die Eingruppierung nach dem TV EntgO Bund zu einer Vergütung nach der Entgeltgruppe 9a TV EntgO Bund. Es verbleibt deshalb bei der Anwendung der bislang für die Eingruppierung maßgebenden Tarifregelungen des BAT-O.

21

3. Die Klägerin war in Anwendung von § 22 BAT-O in die VergGr. Vb Fallgr. 1 Teil II Abschnitt T Unterabschnitt I der Anlage 1a zum BAT-O eingruppiert und entsprechend in die Entgeltgruppe 9a TV EntgO Bund überzuleiten.

22

a) Gemäß § 22 Abs. 2 Satz 1 und Satz 2 BAT-O ist die Klägerin in der Vergütungsgruppe eingruppiert, deren Tätigkeitsmerkmale die gesamte von ihr nicht nur vorübergehend auszuübende Tätigkeit entspricht. Die gesamte auszuübende Tätigkeit entspricht den Tätigkeitsmerkmalen einer Vergütungsgruppe, wenn zeitlich mindestens zur Hälfte Arbeitsvorgänge anfallen, die für sich genommen die Anforderungen eines Tätigkeitsmerkmals oder mehrerer Tätigkeitsmerkmale dieser Vergütungsgruppe erfüllen.

23

aa) Hiernach ist Bezugsobjekt der tariflichen Bewertung der Arbeitsvorgang.

24

(1) Für die Bestimmung eines Arbeitsvorgangs ist das Arbeitsergebnis maßgebend (st. Rspr., etwa BAG 21. August 2013 - 4 AZR 933/11 - Rn. 13 mwN, BAGE 146, 22; 15. September 2004 - 4 AZR 396/03 - zu I 1 d aa der Gründe, BAGE 112, 39). Bei der Zuordnung zu einem Arbeitsvorgang können wiederkehrende und gleichartige Tätigkeiten zusammengefasst werden. Dabei kann die gesamte vertraglich geschuldete Tätigkeit einen einzigen Arbeitsvorgang ausmachen. Einzeltätigkeiten können jedoch dann nicht zusammengefasst werden, wenn die verschiedenen Arbeitsschritte von vorneherein auseinandergehalten und organisatorisch voneinander getrennt sind. Dafür reicht die theoretische Möglichkeit nicht aus, einzelne Arbeitsschritte oder Einzelaufgaben verwaltungstechnisch isoliert auf andere Beschäftigte übertragen zu können, solange sie nach der tatsächlichen Arbeitsorganisation des Arbeitgebers als einheitliche Arbeitsaufgabe einer Person real übertragen sind. Tatsächlich getrennt sind Arbeitsschritte nicht, wenn sich erst im Laufe der Bearbeitung herausstellt, welchen tariflich erheblichen Schwierigkeitsgrad der einzelne Fall aufweist (st. Rspr., zB BAG 22. Februar 2017 - 4 AZR 514/16 - Rn. 34; 21. August 2013 - 4 AZR 933/11 - Rn. 14, aaO; grdl. 23. September 2009 - 4 AZR 308/08 - Rn. 20 mwN). Zur Tätigkeit rechnen dabei auch die Zusammenhangstätigkeiten. Das sind solche, die aufgrund ihres engen Zusammenhangs mit bestimmten Aufgaben einer/s Beschäftigten bei der tariflichen Bewertung zwecks Vermeidung tarifwidriger „Atomisierung“ der Arbeitseinheiten nicht abgetrennt werden dürfen, sondern diesen zuzurechnen sind (vgl. BAG 10. Dezember 2014 - 4 AZR 773/12 - Rn. 19; 22. September 2010 - 4 AZR 149/09  - Rn. 17 mwN).

25

(2) Die tarifliche Wertigkeit der verschiedenen Einzeltätigkeiten oder Arbeitsschritte bleibt bei der Bestimmung der Arbeitsvorgänge außer Betracht. Erst nachdem der Arbeitsvorgang bestimmt ist, ist dieser anhand des in Anspruch genommenen Tätigkeitsmerkmals zu bewerten (BAG 18. März 2015 - 4 AZR 59/13 - Rn. 17, BAGE 151, 150; 6. Juli 2011 - 4 AZR 568/09 - Rn. 58). Etwas anderes gilt auch dann nicht, wenn die Tarifvertragsparteien verschiedene Beispiele für schwierige Tätigkeiten angeführt haben. Damit haben sie die Bewertung von Einzeltätigkeiten festgelegt, nicht aber die Bestimmung von Arbeitsvorgängen vorgegeben, die gerade nicht nach der Wertigkeit der Einzeltätigkeiten, sondern vielmehr ohne Rücksicht auf diese vorzunehmen ist. Soweit der Senat in früheren Entscheidungen (BAG 31. Oktober 1990 - 4 AZR 260/90 -; 14. August 1985 - 4 AZR 21/84 - BAGE 49, 250) ausgeführt hat, die gewöhnlichen Aufgaben eines Geschäftsstellenverwalters und die „schwierigen Tätigkeiten“ im Tarifsinne seien verschiedenen Arbeitsvorgängen zuzuordnen, beruht dies auf der Annahme, tatsächlich trennbare tariflich verschieden zu bewertende Tätigkeiten könnten nicht zu einem Arbeitsvorgang zusammengefasst werden. An dieser Rechtsprechung hat der Senat in seiner nunmehr ständigen Rechtsprechung nicht mehr festgehalten (sh. nur BAG 22. Februar 2017 - 4 AZR 514/16 - Rn. 34; 21. August 2013 - 4 AZR 933/11 - Rn. 14, BAGE 146, 22). Es kommt für die tarifliche Bewertung nicht darauf an, ob und inwieweit Einzelaufgaben verwaltungstechnisch verschiedenen Beschäftigten zugewiesen werden könnten, solange sie im Zusammenhang als eine einheitliche Arbeitsaufgabe tatsächlich einer Person übertragen sind (grdl. BAG 23. September 2009 - 4 AZR 308/08 - Rn. 20 mwN).

26

(3) Der Begriff des Arbeitsvorgangs unterliegt als feststehender, abstrakter und den Parteien vorgegebener Rechtsbegriff in vollem Umfang der Überprüfung durch das Revisionsgericht, das bei Vorliegen der erforderlichen Tatsachenfeststellungen die Arbeitsvorgänge auch selbst bestimmen kann (BAG 18. Februar 1998 - 4 AZR 552/96 - Rn. 34).

27

bb) In Anwendung dieser Grundsätze ist bei natürlicher Betrachtungsweise ein abgrenzbares Arbeitsergebnis (vgl. Protokollnotiz Nr. 1 zu § 22 Abs. 2 BAT-O) die Betreuung der Aktenvorgänge in der Senatsgeschäftsstelle vom Eingang bis zum Abschluss des Verfahrens. Zu ihm gehören sämtliche mit der Aktenführung und -betreuung im Zusammenhang stehende Tätigkeiten einschließlich der Durchführung von Beglaubigungen und der Bearbeitung von Sachstandsanfragen sowie - darüber hinaus - der Fertigung des Schreibwerks und der Verteilung der Neueingänge. Diese Einzelaufgaben und -tätigkeiten sind als einheitlicher Arbeitsvorgang zu bewerten.

28

(1) Das Landesarbeitsgericht hat zunächst zutreffend die Aktenführung im engeren Sinne (Ziff. 5.3. der Tätigkeitsbeschreibung = 7 %), die Aktenrücksendung (Ziff. 5.4. = 3 %), die Schriftgutverwaltung (Ziff. 5.2. = 18 %), das Führen der Eingangsregister (Ziff. 5.7. = 2 %), die Tätigkeiten im Zusammenhang mit der Prüfung von Rechtsmittelfristen und Vertretungsbefugnissen (Ziff. 5.1b = 7 %) und die Kontrolle von sonstigen Fristen (Ziff. 5.12. = 2 %) sowie die Durchführung von Beglaubigungen und die Bearbeitung von Sachstandsanfragen (Ziff. 5.6. = 5 % und Ziff. 5.8. = 1 %) einem einheitlichen Arbeitsvorgang zugeordnet.

29

(a) Der Senat hat in der Vergangenheit angenommen, in aller Regel sei die Tätigkeit eines gerichtlichen Geschäftsstellenverwalters ein Arbeitsvorgang, weil alle seine Aufgaben im Sinne einer vorgegebenen, einheitlichen Funktion einem Arbeitsergebnis dienen, das in der Verwaltung der Geschäftsstelle mit allen dazugehörigen Aufgaben besteht (zB BAG 14. August 1985 - 4 AZR 21/84 - BAGE 49, 250). Zu diesen gehören - bei einheitlicher Übertragung - auch die Durchführung von Beglaubigungen und die Bearbeitung von Sachstandsanfragen.

30

(aa) Auch im Streitfall sind der Klägerin diese Tätigkeiten aus Gründen der Praktikabilität (vgl. dazu BAG 14. September 1994 - 4 AZR 787/93 -) im Zusammenhang mit der ihr obliegenden Aktenführung einheitlich und alleinverantwortlich im Sinne einer sinnvollen Verwaltungsübung übertragen worden. Das wird auch durch § 5 der GStO-BVerwG bestätigt. Die Vorschrift differenziert nicht zwischen verschiedenen Aufgaben im Zusammenhang mit der Aktenführung, sondern vielmehr nur zwischen den Aufgaben der Urkundsbeamtin und Geschäftsstellenverwalterin auf der einen und denen der Kostenbeamtin auf der anderen Seite.

31

(bb) Die Durchführung von Beglaubigungen und die Bearbeitung von Sachstandsanfragen stehen zudem in einem inneren Zusammenhang mit der Betreuung des Aktenvorgangs in der Geschäftsstelle, weil die Klägerin die Akte durch die sonstigen ihr übertragenen Arbeitsschritte kennt und sie bei der Beglaubigung heranzieht.

32

(b) Entgegen der Auffassung der Beklagten kommt es nicht darauf an, ob die Durchführung von Beglaubigungen und die Bearbeitung von Sachstandsanfragen von der Aktenführung als solcher trennbar wären. Die Bestimmung des Arbeitsvorgangs erfolgt gemäß § 22 BAT-O „bezogen auf den Aufgabenkreis des Angestellten“ und damit abhängig von der diesem konkret übertragenen Tätigkeit. Entscheidend ist danach im Streitfall, dass sie der Klägerin im Interesse einer zügigen Bearbeitung einheitlich übertragen sind. Unerheblich ist, dass es theoretisch möglich wäre, durch organisatorische Maßnahmen einen Arbeitsvorgang aufzuteilen und die Bearbeitung dieser Teile auf verschiedene Mitarbeiter zu übertragen (vgl. nur BAG 22. Februar 2017 - 4 AZR 514/16 - Rn. 34 mwN; 2. Dezember 1992 - 4 AZR 140/92 -). Dies ist im Falle der Klägerin tatsächlich gerade nicht erfolgt.

33

(2) Dieselben Erwägungen gelten für die Aufgabe der Fertigung des Schreibwerks, die der Klägerin ebenso im Zusammenhang mit der Betreuung der Aktenvorgänge - einheitlich - übertragen worden ist.

34

(3) Schließlich ist diesem Arbeitsvorgang die Verteilung der Neueingänge zuzuordnen. Sie ist bei der gebotenen natürlichen Betrachtungsweise nicht auf ein anderes Arbeitsergebnis gerichtet, sondern vielmehr auch Teil der Betreuung der Aktenvorgänge in der Senatsgeschäftsstelle (zur Neuanlage von Akten durch einen Kriminalaktenverwalter vgl. auch BAG 15. November 1995 - 4 AZR 557/94 - zu II 2 c der Gründe).

35

cc) Der so bestimmte Arbeitsvorgang macht 78 % der der Klägerin übertragenen Gesamttätigkeit aus. Ob darüber hinaus die weiteren Teiltätigkeiten der Protokollführung und die Wahrnehmung der Aufgaben der Kostenbeamtin diesem Arbeitsvorgang zuzuordnen sind, kann dahinstehen, da die der Klägerin übertragene Tätigkeit bei jedem insoweit denkbaren Zuschnitt das Tätigkeitsmerkmal der „schwierigen Tätigkeit“ im Tarifsinne erfüllt.

36

b) Die Bewertung des maßgeblichen Arbeitsvorgangs ergibt, dass die Klägerin überwiegend Tätigkeiten ausübt, die das Tarifmerkmal der VergGr. Vb Fallgr. 1 Teil II Abschnitt T Unterabschnitt I der Anlage 1a zum BAT-O erfüllen.

37

aa) Die vorliegend maßgebenden Tätigkeitsmerkmale lauten:

        

I.    

Angestellte bei Gerichten und Staatsanwaltschaften

        
        

Vergütungsgruppe V b

        
        

1.    

Angestellte als Geschäftsstellenverwalter bei Gerichten oder Staatsanwaltschaften, deren Tätigkeit sich dadurch aus der Vergütungsgruppe VI b Fallgruppe 1 heraushebt, dass sie schwierig ist,

        
                          

nach dreijähriger Bewährung in Vergütungsgruppe V c Fallgruppe 1.

        
                 

(Hierzu Protokollnotizen Nrn. 1 und 2)

        
        

…       

                 
        

Vergütungsgruppe V c

        
        

1.    

Angestellte als Geschäftsstellenverwalter bei Gerichten oder Staatsanwaltschaften, deren Tätigkeit sich dadurch aus der Vergütungsgruppe VI b Fallgruppe 1 heraushebt, dass sie schwierig ist.

        
                 

(Hierzu Protokollnotizen Nrn. 1 und 2)

        
        

…       

                 
        

Vergütungsgruppe VI b

        
        

1.    

Angestellte als Geschäftsstellenverwalter bei Gerichten oder Staatsanwaltschaften, deren Tätigkeit sich dadurch aus der Vergütungsgruppe VII Fallgruppe 1 heraushebt, dass sie mindestens zu einem Fünftel schwierig ist. (Das Tätigkeitsmerkmal ist auch erfüllt, wenn die schwierigen Tätigkeiten zusammen mit der selbständigen Fertigung von Inhaltsprotokollen in Strafsachen mindestens 35 vom Hundert der Gesamttätigkeit ausmachen.) - Fußnote 1 -

        
                 

(Hierzu Protokollnotizen Nrn. 1 und 2)

        
        

…       

                 
                                   
        

Vergütungsgruppe VII

        
        

1.    

Angestellte als Geschäftsstellenverwalter bei Gerichten oder Staatsanwaltschaften.*

                 

(Hierzu Protokollnotiz Nr. 1)

        

…       

        

Protokollnotizen:

        

1.    

Geschäftsstellenverwalter sind Angestellte, die Schriftgut verwalten und mindestens zu einem Drittel ihrer Gesamttätigkeit die sonstigen, in den Geschäftsordnungen für die Gerichte und Staatsanwaltschaften für ihr Arbeitsgebiet dem mittleren Dienst zugewiesenen Tätigkeiten wahrnehmen.

        

…       

        
        

2.    

Schwierige Tätigkeiten im Sinne dieses Tätigkeitsmerkmals sind zum Beispiel:

                 

a)    

die Anordnung von Zustellungen, die Ladung von Amts wegen und die Vermittlung von Zustellungen im Parteibetrieb, die Heranziehung und die Ladung der ehrenamtlichen Richter, die Besorgung der öffentlichen Zustellung und Ladung,

                 

b)    

die Erteilung von Rechtskraft- und Notfristzeugnissen sowie die Erteilung von Vollstreckungsklauseln, die Vollstreckbarkeitsbescheinigung in Strafsachen,

                 

…       

        
                 

e)    

die Aufgaben des Kostenbeamten, die Aufgaben der Geschäftsstelle bei der Bewilligung von Prozesskostenhilfe mit Zahlungsbestimmung, die Festsetzung und Anweisung der den Zeugen, Sachverständigen und ehrenamtlichen Richtern sowie den Beteiligten zu gewährenden Entschädigungen (einschl. etwaiger Vorschüsse),

                 

…       

        
                 

g)    

die unterschriftsreife Vorbereitung von Beschlüssen und Verfügungen sowie Anordnungen für Richter, Staatsanwälte und Rechtspfleger, die Vorprüfung von Klagen und Anschuldigungsschriften, Anträgen sowie Rechtsmitteln und Rechtsbehelfen in Gerichtsverfahren (Spruchkörperzuständigkeit, Ermittlung des Berichterstatters, Fristwahrung, Beweisangebote in patentgerichtlichen Verfahren u.ä.), die Überprüfung fristgebundener Gebührenzahlungen in patentgerichtlichen Verfahren,

                 

h)    

die Beantwortung von Sachstandsanfragen und Auskunftsersuchen formeller Art sowie die Überwachung von Akteneinsichten in patentgerichtlichen Verfahren.

                 

Schwierige Tätigkeiten im Sinne dieses Tätigkeitsmerkmals sind auch die Aufgaben als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle beim Bundesverfassungsgericht, bei den obersten Gerichtshöfen des Bundes und bei dem Generalbundesanwalt beim Bundesgerichtshof.

        

…“    

        
38

bb) Das Merkmal der schwierigen Tätigkeiten, das in den Protokollnotizen der maßgebenden Vergütungsgruppen konkretisiert ist, ist im Umfang von mindestens der Hälfte erfüllt, wenn Arbeitsvorgänge, die mindestens die Hälfte der gesamten Arbeitszeit der Klägerin in Anspruch nehmen, schwierige Tätigkeiten enthalten. Dabei ist es nicht erforderlich, dass die für die Höherwertigkeit maßgebenden Einzeltätigkeiten innerhalb des Arbeitsvorgangs zeitlich überwiegend anfallen (BAG 17. Mai 2017 - 4 AZR 798/14 - Rn. 27 mwN). Vielmehr genügt es, dass die Anforderungen in rechtlich nicht ganz unerheblichem Ausmaß anfallen und ohne sie ein sinnvoll verwertbares Arbeitsergebnis nicht erzielt würde (BAG 17. April 2013 - 4 AZR 915/11 - Rn. 40; vgl. dazu 20. Oktober 1993 - 4 AZR 45/93  -).

39

cc) Gemessen daran übt die Klägerin mindestens zur Hälfte der ihr übertragenen Tätigkeit schwierige Tätigkeiten im Sinne der VergGr. Vb Fallgr. 1 Teil II Abschnitt T Unterabschnitt I der Anlage 1a zum BAT-O aus.

40

(1) Im Rahmen der Betreuung der Aktenvorgänge in der Senatsgeschäftsstelle fallen schwierige Tätigkeiten in rechtlich erheblichem Umfang an.

41

(a) Die Bearbeitung von Sachstandsanfragen mit Auskunftsersuchen sind nach der Protokollnotiz Nr. 2 Buchst. h Teil II Abschnitt T Unterabschnitt I der Anlage 1a zum BAT-O, die Beglaubigung von gerichtlichen Schreiben und Erteilung von Bescheinigungen wie Rechtskraftzeugnisse ua. sind gemäß der Protokollnotiz Nr. 2 Buchst. b Teil II Abschnitt T Unterabschnitt I der Anlage 1a zum BAT-O schwierige Tätigkeiten im Sinne des Tarifmerkmals. Auch sind die Verteilung der neu eingegangenen Verfahren entsprechend dem Geschäftsverteilungsplan und die Feststellung des zuständigen Richters gemäß der Protokollnotiz Nr. 2 Buchst. g Teil II Abschnitt T Unterabschnitt I der Anlage 1a zum BAT-O schwierig im Sinne des Tätigkeitsmerkmals. Der Anteil dieser Tätigkeiten an der von der Klägerin auszuübenden Gesamttätigkeit beträgt damit insgesamt 9 Prozentpunkte. Das macht bezogen auf den Arbeitsvorgang einen Anteil von 11,54 % (9 % von 78 %) aus.

42

(b) Damit erreicht der Anteil der schwierigen Tätigkeiten innerhalb dieses Arbeitsvorgangs ein rechtserhebliches Ausmaß. Dabei kann dahinstehen, ob dieses überhaupt quantitativ bestimmt werden kann. Jedenfalls sind die schwierigen Tätigkeiten im Streitfall nicht von nur untergeordneter Bedeutung. Das Landesarbeitsgericht hat insoweit - bezogen auf den von ihm bestimmten Arbeitsvorgang „Aktenführung“ - in revisionsrechtlich nicht zu beanstandender Weise angenommen, ohne die Arbeitsschritte der Durchführung von Beglaubigungen und der Bearbeitung von Sachstandsanfragen könne ein sinnvolles Arbeitsergebnis nicht erzielt werden (vgl. dazu BAG 20. Oktober 1993 - 4 AZR 45/93 - zu III 3 b bb der Gründe).

43

(2) Offenbleiben kann deshalb, welche Tätigkeiten die Klägerin im Zusammenhang mit der Kontrolle von Rechtsmittelfristen und der Führung des Eingangsregisters auszuüben hat, was zwischen den Parteien streitig ist. Insoweit kann vielmehr zugunsten der Beklagten unterstellt werden, dass diese der Klägerin übertragenen Tätigkeiten nicht schwierig im tariflichen Sinne sind.

44

(3) Auch bedarf es keiner Entscheidung darüber, ob die Aufgaben der Klägerin als Kostenbeamtin, die das Landesarbeitsgericht zu Recht gemäß der Protokollnotiz Nr. 2 Buchst. e Teil II Abschnitt T Unterabschnitt I der Anlage 1a zum BAT-O als schwierige Tätigkeit bewertet hat, sowie der Protokollführung in mündlichen Verhandlungen, die als solche dem Urkundsbeamten der Geschäftsstelle obliegen (§ 105 VwGO iVm. § 159 Abs. 1 Satz 2 ZPO) und deshalb gemäß der Protokollnotiz Nr. 2 Abs. 2 Teil II Abschnitt T Unterabschnitt I der Anlage 1a zum BAT-O ebenfalls eine schwierige Tätigkeit im Tarifsinne ist, im Rahmen eines einheitlichen großen Arbeitsvorgangs oder als gesonderte Arbeitsvorgänge zu berücksichtigen sind. Bei jedem insoweit denkbaren Zuschnitt erfüllen Arbeitsvorgänge im Umfang von mehr als der Hälfte der Gesamtarbeitszeit die Anforderungen des Tätigkeitsmerkmals.

45

dd) Da die Klägerin sich schließlich in der Zeit vom 1. September 2002 bis zum 31. August 2005 (und damit bereits vor Inkrafttreten des TVöD) in ihrer nach der VergGr. Vc Fallgr. 1 der Anlage 1a zum BAT-O zu bewertenden Tätigkeit bewährt hat, erfüllt sie auch die geforderte dreijährige Bewährung des Tätigkeitsmerkmals der VergGr. Vb BAT-O. Von einer solchen Bewährung gehen die Parteien übereinstimmend aus. Die Beklagte hat dies in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat noch einmal ausdrücklich bestätigt.

46

4. Mit ihrem der Beklagten - unstreitig - am folgenden Tag zugegangenen Geltendmachungsschreiben vom 30. Juni 2015 hat die Klägerin die Ausschlussfrist des § 37 Abs. 1 TVöD hinsichtlich der Ansprüche ab dem Monat Januar 2015 gewahrt. Dagegen hat die Beklagte auch zu keinem Zeitpunkt Einwendungen erhoben.

47

II. Hinsichtlich der sich aus der Eingruppierungsfeststellungsklage für das Jahr 2014 ergebenden Zahlungsansprüche ist die Klage unbegründet. Insoweit sind die Ansprüche verfallen, weil die Klägerin die Ausschlussfrist des § 37 Abs. 1 TVöD nicht gewahrt hat.

48

1. Das Landesarbeitsgericht ist rechtsfehlerhaft davon ausgegangen, für die von der Klägerin im Wege der Feststellungsklage geltend gemachten Ansprüche fände die Ausschlussfrist des § 26 Abs. 1 TVÜ-Bund Anwendung. Das trifft jedoch schon deshalb nicht zu, weil die Voraussetzungen der Norm nicht gegeben sind. Daher kann dahinstehen, ob die Vorschrift - wie das Landesarbeitsgericht meint - generell eine Spezialregelung gegenüber der Ausschlussfrist des § 37 Abs. 1 TVöD darstellt(so wohl auch Breier/Dassau/Kiefer/Lang/Langenbrinck TVöD Stand 1/2018 B 218 B 2.2 § 26 TVÜ-Bund Erl. 2 Rn. 6; Litschen in Adam/Bauer/Bettenhausen/ua. Tarifrecht der Beschäftigten im öffentlichen Dienst Stand Dezember 2015 Teil II § 26 TVÜ-Bund B I Rn. 4; Clemens/Scheuring/Steingen/Wiese TVöD Stand Januar 2018 Teil IV/3 Rn. 372), oder ob sich diese lediglich auf den Wechsel in das neue tarifliche Entgeltsystem bezieht und es hinsichtlich der sich aus der Ausübung des Antragsrechts folgenden Zahlungsansprüche bei der allgemeinen Ausschlussfrist des § 37 Abs. 1 TVöD verbleibt(so für § 29a Abs. 4 Satz 1 TVÜ-Länder BeckOK TV-L/Dannenberg Stand 1. Januar 2013 TVÜ-Länder § 29a Rn. 38; Augustin ZTR 2012, 484) und wann diese ggf. fällig werden.

49

2. Nach § 37 Abs. 1 TVöD verfallen Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis, wenn sie nicht innerhalb einer Ausschlussfrist von sechs Monaten nach Fälligkeit vom Angestellten schriftlich geltend gemacht werden, soweit tarifvertraglich nichts anderes bestimmt ist. Nach § 37 Abs. 1 Satz 2 TVöD reicht für denselben Sachverhalt die einmalige Geltendmachung des Anspruchs auch für später fällig werdende Leistungen aus.

50

a) Tarifliche Ausschlussfristen dienen der Rechtssicherheit und Rechtsklarheit. Der Anspruchsgegner soll sich auf die nach Auffassung des Anspruchstellers noch offene Forderung rechtzeitig einstellen, Beweise sichern und ggf. Rücklagen bilden können. Er soll vor der Verfolgung von Ansprüchen, mit deren Geltendmachung er nicht rechnet und nicht rechnen muss, geschützt werden (BAG 22. September 2016 - 6 AZR 432/15 - Rn. 13).

51

b) Ausgehend von diesem Zweck ist die Ausschlussfrist nur gewahrt, wenn der Anspruchsteller unmissverständlich zum Ausdruck bringt, dass er Inhaber einer nach Grund und Höhe spezifizierten Forderung ist und auf der Erfüllung dieser Forderung besteht (BAG 15. Dezember 2016 - 6 AZR 578/15 - Rn. 26). Das ist dann nicht der Fall, wenn der Arbeitnehmer lediglich „um Prüfung“ bittet, ob die Voraussetzungen eines näher bezeichneten Anspruchs vorliegen, weil er damit nicht zum Ausdruck bringt, den Arbeitgeber auch unabhängig vom Ergebnis der Prüfung auf Zahlung von Vergütung nach einer bestimmten Entgeltgruppe in Anspruch nehmen zu wollen (vgl. zu § 70 BAT BAG 10. Dezember 1997 - 4 AZR 228/96 - zu II 6 der Gründe).

52

3. Gemessen an diesen Maßstäben hat die Klägerin die Ansprüche für das Jahr 2014 nicht fristwahrend geltend gemacht.

53

a) Mit Schreiben vom 26. November 2014 hat sie lediglich um Überprüfung ihrer Eingruppierung in die Entgeltgruppe 6 gebeten und die Protokollerklärung Nr. 1 Buchst. e zu Teil III Nr. 20 der Anlage 1 zum TV EntgO Bund zitiert. Abgesehen davon, dass sie nicht zum Ausdruck gebracht hat, die Beklagte auch unabhängig vom Ergebnis der Prüfung auf Zahlung von Vergütung in Anspruch nehmen zu wollen, ist dem Schreiben auch nicht zu entnehmen, welche Entgeltgruppe die Klägerin für sich in Anspruch nehmen wollte. Sie hat weder ausdrücklich die begehrte Entgeltgruppe genannt noch hat sie durch die zitierte Protokollerklärung zum Ausdruck gebracht, nach welcher Entgeltgruppe sie meint, vergütet werden zu müssen. Auf die Protokollerklärung Nr. 1 wird sowohl in der Entgeltgruppe 6 als auch in der Entgeltgruppe 8 als auch in der Entgeltgruppe 9a TV EntgO Bund verwiesen. Der entscheidende Unterschied zwischen den Entgeltgruppen ist der Umfang der schwierigen Tätigkeiten.

54

b) Das Geltendmachungsschreiben vom 30. Juni 2015, welches der Beklagten erst am 1. Juli 2015 zugegangen ist, vermochte die Ausschlussfrist für Ansprüche betreffend die Monate Mai bis Dezember 2014 nicht zu wahren. Diese wurden gemäß § 24 Abs. 1 Satz 2 TVöD jeweils am Monatsletzten fällig, mithin für Dezember 2014 am 31. Dezember 2014. Der für die schriftliche Geltendmachung vorgesehene Sechs-Monats-Zeitraum endete folglich mit Ablauf des 30. Juni 2015 ( § 187 Abs. 1 iVm. § 188 Abs. 2 BGB ).

55

III. Die Kosten waren gemäß § 92 Abs. 1 ZPO zwischen den Parteien entsprechend ihrem Obsiegen und Unterliegen verhältnismäßig zu teilen. Die weiter gehende Kostentragungspflicht der Klägerin in der Revisionsinstanz beruht auf §§ 565, 516 Abs. 3 Satz 1 ZPO, da sie ihre - klageerweiternde - Anschlussrevision zurückgenommen hat.

        

    Eylert    

        

    Klose     

        

    Rinck     

        

        

        

    Edda Redeker    

        

    Bredendiek     

                 

Tenor

1. Das Versäumnisurteil des Landesarbeitsgerichts Mecklenburg-Vorpommern vom 12.12.2017 zum Aktenzeichen 5 Sa 53/17 wird aufrechterhalten.

2. Die Klägerin hat die weiteren Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

3. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über die zutreffende Eingruppierung einer Bußgeldsachbearbeiterin nach dem Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst in der für die Vereinigung der kommunalen Arbeitgeber geltenden Fassung (TVöD-V).

2

Die 1960 geborene Klägerin schloss 1979 ihre Ausbildung zur Verkäuferin ab und arbeitete zunächst in der Verwaltung eines Einzelhandelsbetriebs. Zum 01.07.1988 nahm sie eine Beschäftigung bei dem Rat des Kreises A-Stadt auf. Gemäß Arbeitsvertrag vom 01.07.1991 mit dem Kreis A-Stadt bestimmt sich das Arbeitsverhältnis nach dem BAT-O und den diesen ergänzenden, ändernden oder ersetzenden Tarifverträgen.

3

Im Jahr 1996 übernahm die Klägerin die Leitung eines Asylheimes. Mit dem Änderungsvertrag vom 19.08.1996 wurde sie von der Vergütungsgruppe VII BAT-O in die Vergütungsgruppe V c BAT-O höhergruppiert.

4

Zum 01.06.2004 wechselte sie als Sachbearbeiterin in die Bußgeldstelle. Der aus diesem Anlass geschlossene Änderungsvertrag vom 25.03.2004 sieht eine Herabgruppierung in die Vergütungsgruppe VI b BAT-O vor. Nach Inkrafttreten des TVöD-V wurde die Klägerin der Entgeltgruppe 6 zugeordnet.

5

Im September 2011 ging das Arbeitsverhältnis im Zuge der Landkreisneuordnung kraft Gesetzes auf den Beklagten über.

6

Mit Schreiben vom 06.11.2014 forderte die Klägerin den Beklagten auf, sie zum 09.09.2014 in die Vergütungsgruppe V c Fallgruppe 1 b BAT-O höherzugruppieren.

7

Unter dem 09.03.2016 fertigte der Beklagte eine neue Stellenbeschreibung für die Klägerin, gültig ab 14.03.2016, in der es heißt:

8

"…

9

Gesetzes- u.
Fachkenntnisse

8.    

Zur Wahrnehmung des Aufgabengebietes sind folgende Gesetzeskenntnisse,
Fach- und Spezialkenntnisse erforderlich:

Ordnungswidrigkeitenrecht, StPO, StGB, StVG, StVO, StVZO, Ordnungsrecht, Verwaltungs- und Vollstreckungsrecht, PC-Kenntnisse

…       

…       

…       

Erforderliche
Qualifikationen

10.     

Facharbeiterausbildung und abgeschlossener Angestelltenlehrgang I oder Verwaltungsfachangestellte/r oder vergleichbar

Wünschenswerte
Fachkenntnisse,
Fähigkeiten,
Erfahrungen

11.     

Termingebundenheit, Durchsetzungsvermögen, Verhandlungsgeschick

10

11

Lfd.
Nr.

Verzeichnis der Tätigkeiten
Die Tätigkeiten sind in Nummernfolge kurzgefasst aufzuführen und hierbei nach sachlichen Gruppen zu ordnen. Die Aufzählung der Tätigkeiten soll erschöpfend sein.

Anteilsverh.

in %

1.    

Bearbeitung von Verkehrsordnungswidrigkeiten des Landkreises und der Polizei (Bußgelder)
• Entscheidung über Bußgeldverfahren bzw. Einstellung
• Fahrzeugführerermittlung
• Passfotoanforderung
• Aufenthaltsermittlung
• Abgleich der Eintragungen im Register des Kraftfahrzeugbundesamtes in Flensburg
• Akteneinsicht
• Umwandlung von Fahrverbot in ein erhöhtes Bußgeld
• Entscheidung von Einsprüchen
• Entscheidung von Antrag auf Anordnung und Vollstreckung der Erzwingungshaft
• Entscheidung von Wiedereinsetzungsanträgen und Kostenfestsetzungsanträgen

100     

12

…“

13

Die Klägerin bearbeitet überwiegend Verkehrsordnungswidrigkeiten aufgrund von Geschwindigkeitsüberschreitungen. Daneben ist sie zu einem geringeren Anteil mit Verkehrsordnungswidrigkeiten wegen Unfällen, mangelhafter Bereifung des Fahrzeugs, Überschreitung der Frist zur Hauptuntersuchung, Überladung etc. befasst. Die Klägerin verwendet eine Fachsoftware, die verschiedene Aufgaben automatisiert bearbeitet, insbesondere Halteranfragen beim Kraftfahrt-Bundesamt oder der örtlichen KFZ-Zulassungsstelle, Fahrerermittlung, Anhörungen zu OWI-Anzeigen, Anhörungen mit Verwarngeldangebot, Abgabe an die Staatsanwaltschaft, Bußgeldbescheid, Abwicklung von Zahlungseingängen, Zahlungserleichterungen und Mahnungen, Vollstreckungen, Mitteilungen an das Kraftfahrt-Bundesamt, Abgänge/Einstellungen, Tagesabschluss. Das System verwaltet die Termine und erstellt den Schriftverkehr. Der Sachbearbeiter wird vom Programm aufgefordert, die notwendigen Eintragungen vorzunehmen. Das Programm enthält einen Entscheidungsschlüssel mit einem dreistelligen Zahlencode, z. B. Kraftfahrt-Bundesamt-Halterauskunft, Gewährung Wiedereinsetzung, Zeugenanhörung, Foto an Betroffenen, Einstellung, Akteneinsicht usw. Der Tatbestandskatalog mit den jeweiligen Geldbußen ist ebenfalls im Programm hinterlegt.

14

Mit Schreiben vom 12.04.2016 lehnte der Beklagte die beantragte Höhergruppierung ab. Die Klägerin machte daraufhin ihre Forderung nochmals mit Anwaltsschreiben vom 19.05.2016 geltend und verwies auf die zu erbringenden selbstständigen Leistungen im tariflichen Sinne. Nach erneuter Ablehnung durch den Beklagten mit Schreiben vom 25.05.2016 hat sie ihre Forderung mit der am 26.08.2016 beim Arbeitsgericht eingegangenen Klage gerichtlich weiterverfolgt.

15

Zum 13.01.2017 übertrug der Beklagte ihr vorübergehend die Aufgaben der erkrankten Fachgebietsleiterin. Diese Stelle ist der Entgeltgruppe 10 TVöD-V zugeordnet. Nach der Stellenbeschreibung vom 09.03.2016 nimmt die Fachgebietsleitung 40 % der Arbeitszeit in Anspruch, die Sachbearbeitung von komplizierten Sachverhalten die übrigen 60 %. Während der Vertretung erhielt die Klägerin eine Zulage. Die Vertretung endete am 05.11.2017.

16

Die Klägerin hat erstinstanzlich die Ansicht vertreten, sie sei nach der Entgeltgruppe 9, jedenfalls nach der Entgeltgruppe 8 TVöD-V zu vergüten. Der Beklagte sei in der Stellenbeschreibung zu Recht von einem einheitlichen Arbeitsvorgang ausgegangen. Dieser Arbeitsvorgang erfordere nicht nur gründliche und vielseitige Fachkenntnisse, sondern auch selbstständige Leistungen im tariflichen Sinne. Nach § 47 Abs. 1 OWiG liege es im pflichtgemäßen Ermessen der Ordnungsbehörde, ob sie die Ordnungswidrigkeit verfolge oder einstelle. Dabei habe sie zwischen dem Legalitätsprinzip, dem Verhältnismäßigkeitsprinzip, dem Prinzip der Rechtssicherheit, dem Gleichbehandlungsgebot und weiteren verfassungsrechtlich verankerten Prinzipien staatlichen Handels sowie den Interessen des Bürgers abzuwägen. Nach § 4 Abs. 4 BKatV könne die Behörde ausnahmsweise von der Anordnung eines Fahrverbotes absehen und solle im Gegenzug das Bußgeld angemessen erhöhen. Auch hier habe die Behörde einen Beurteilungsspielraum. Bei der Bearbeitung von Einsprüchen (§ 69 OWiG) müsse die Behörde die vorgebrachten Argumente abwägen und im Rahmen ihres Ermessens darüber entscheiden, ob der Bescheid zurückgenommen oder aufrechterhalten werde. Gleiches gelte für Anträge auf Anordnung und Vollstreckung der Erzwingungshaft sowie für die Entscheidung über Wiedereinsetzungsanträge. Die Sachverhaltsermittlung eröffne Beurteilungsspielräume, weil die jeweiligen Beweismittel und deren Tragfähigkeit zu würdigen seien.

17

Beispielhaft seien folgende Tätigkeiten aus dem Zeitraum November/Dezember 2016 genannt:

18
Einspielen von Polizeidaten in das entsprechende Programm und ausdrucken,
19
Sortieren nach Bußgeld und Verwarngeld,
20
Führerscheinanforderung,
21
Einwohnermeldeamtsanfragen, Anforderung Lichtbild,
22
Telefonate mit Bürgern und Rechtsanwälten,
23
Aufenthaltsermittlung,
24
Schreiben an die Polizeiinspektion hinsichtlich Anforderung von Beweismitteln,
25
Bearbeitung von Einsprüchen, Begründung der Ablehnung schreiben, drucken, unterschreiben,
26
Erfassung von Daten nach Eingang des Führerscheins,
27
Liste von Verfahrenseinstellungen bearbeiten,
28
Schreiben an Rechtsanwalt fertigen,
29
Anhörungen verfügen und nach Rücklauf bearbeiten,
30
Akteneinsicht für Rechtsanwalt, Aktenübersendung
31
Aktenversand an Gericht,
32
Gespräch wegen Ausfüllen von Zeugenfragebogen,
33
Erlass von Bußgeldbescheiden/Einstellung des Verfahrens,
34
Mahnung,
35
Besprechung mit Fachgruppenleiter,
36
Rücksprache mit Außendienstmitarbeiter,
37
Umwandlung des Fahrverbots prüfen,
38
Schreiben an Staatsanwaltschaft, Gespräche mit Staatsanwaltschaft,
39
Rücknahme Erzwingungshaft nach Zahlung Geldbuße,
40
Telefonate mit Kasse zur Klärung eingegangener Gelder,
41
Rechtskraft eingeben usw.
42

Die Klägerin hat erstinstanzlich beantragt

43

festzustellen, dass der Beklagte verpflichtet ist, an die Klägerin ab dem 20.05.2016 Entgelt aus der Entgeltgruppe 9, hilfsweise Entgeltgruppe 8 TVöD-V zu zahlen und die monatlichen Bruttodifferenzbeträge zwischen dem Entgelt aus der Entgeltgruppe 6 und dem Entgelt aus der Entgeltgruppe 9, hilfsweise aus der Entgeltgruppe 8 TVöD-V ab Rechtshängigkeit bezüglich der bis dahin fällig gewesenen Differenzbeträge und dann ab jeweiliger Fälligkeit mit fünf Prozentpunkten über den Basiszinssatz zu verzinsen.

44

Der Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Er hat die Ansicht vertreten, die Klägerin benötige zwar gründliche und vielseitige Fachkenntnisse, erbringe aber keine selbstständigen Leistungen im tariflichen Sinne. Die rechtlichen Ausführungen zum pflichtgemäßen Ermessen im Bußgeldverfahren seien zwar zutreffend. Die der Klägerin zugewiesenen Aufgaben seien jedoch durch ein stark standardisiertes Verfahren und umfassende Vorgaben geprägt, insbesondere durch Erlasse, Dienstanweisungen, Merkblätter, Formulare etc. Dort sei im Einzelnen verbindlich geregelt, wie in bestimmten Fällen, beispielsweise beim Absehen von Fahrverboten, vorzugehen sei. Die Fachsoftware gebe Entscheidungsschlüssel vor. Für eigenständige Abwägungsprozesse hinsichtlich des einzuschlagenden Weges bleibe beim Sachbearbeiter letztlich kein Raum mehr. Nach den eigenen Zeitangaben der Klägerin benötige sie für den Erlass eines Bußgeldbescheides im Regelfall nur etwa zwei Minuten. Schon dieser Umstand spreche gegen eine schwierige geistige Arbeit.

45

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen und zur Begründung angeführt, dass die Klägerin auf ihrem Arbeitsplatz zwar gründliche und vielseitige Fachkenntnisse benötige. Selbstständige Leistungen im tariflichen Sinne erbringe sie jedoch nicht. Das gelte unabhängig vom Zuschnitt der Arbeitsvorgänge. Angesichts der sich ständig wiederholenden, weitgehend durch Verwaltungsvorschriften und die Fachsoftware vorgegebenen Abläufe verbleibe kein Raum für eine eigene geistige Initiative. Mit den stichwortartig aufgelisteten Einzeltätigkeiten genüge die Klägerin ihrer Darlegungslast nicht. Die Angaben seien nicht ausreichend konkret und aussagekräftig, um daraus Rückschlüsse auf selbstständige Leistungen ziehen zu können.

46

Gegen dieses Urteil wendet sich die Klägerin mit ihrer form- und fristgerecht eingelegten Berufung. Das Arbeitsgericht sei zu Unrecht davon ausgegangen, dass die Klägerin keine selbstständigen Leistungen erbringe. Die Klägerin habe in jedem Einzelfall per se die strafrechtliche Relevanz und eine mögliche Abgabe an die Staatsanwaltschaft zu bedenken. Sie müsse in jedem Einzelfall unter Einbeziehung aller maßgeblichen Gesichtspunkte abwägen, ob das Handeln verfolgt oder das Verfahren eingestellt werde. Ausnahmefälle seien vom Normalfall abzugrenzen. Würde die Klägerin das ihr zustehende Ermessen nicht nutzen, wären die Entscheidungen schon allein deshalb fehlerhaft. Das Arbeitsgericht habe die beispielhaft aufgezählten Tätigkeiten nicht gewürdigt. In anderen Städten und Landkreisen in Mecklenburg-Vorpommern seien die Stellen der Bußgeldsachbearbeiter höher ausgewiesen.

47

Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung der Klägerin mit Versäumnisurteil vom 12.12.2017 zurückgewiesen. Hiergegen hat die Klägerin fristgerecht Einspruch eingelegt und zu dessen Begründung verschiedene Fallbeispiele dargestellt, die ihrer Auffassung nach selbstständige Leistungen beinhalten:

48

In einem Bußgeldverfahren wegen eines Geschwindigkeitsverstoßes habe der Halter des Fahrzeuges angegeben, dass eine andere Person gefahren sei. Die genannte Person habe jedoch aufgrund ihres Alters nicht zu dem vorliegenden Bildmaterial gepasst. Daraufhin habe die Klägerin Lichtbilder beim Einwohnermeldeamt angefordert und anhand dieser Bilder festgestellt, dass der Halter gefahren sei. In der Ermittlung des Täters auf eigene Initiative der Klägerin liege eine selbstständige Leistung.

49

In einem anderen Fall habe die Klägerin im Anschluss an einen Lichtbildabgleich mit dem Fahrzeughalter telefoniert und daraufhin eine Führerscheinkopie des angeblichen Fahrers erhalten. Die Klägerin habe weiterermittelt und festgestellt, dass der Führerschein als verloren gemeldet, aber nie neu erteilt worden sei, weil zuvor die Fahrerlaubnis entzogen worden sei. Daraufhin habe die Klägerin die Akte an die Staatsanwaltschaft abgegeben. Die Bewertung der festgestellten Tatsachen im Hinblick auf einen hinreichenden Anfangsverdacht sei eine selbstständige Leistung.

50

In einem dritten Fall habe sie sich mit dem Einwand des Betroffenen auseinandersetzen müssen, dass er von den Beamten vor Ort eine andere Auskunft zur mit dem Lasergerät gemessenen Geschwindigkeit erhalten habe. Die Klägerin habe deshalb das Messprotokoll, den Eichschein, die Anhalteliste und alle weiteren Daten geprüft und dabei keine Unstimmigkeiten festgestellt. Das habe sie dann dem Betroffenen ergänzend zum Bußgeldbescheid mitgeteilt.

51

In einem Einspruchsverfahren habe sich ein Rechtsanwalt gemeldet und die Qualität des Beweisfotos bemängelt sowie zahlreiche Fragen zum Messvorgang gestellt. Diese Fragen habe die Klägerin individuell beantwortet und dabei ermittelt, recherchiert, gewertet und abgewogen. Das seien wiederum selbstständige Leistungen.

52

Die Klägerin führt des Weiteren die Beantwortung eines Antrags auf Übernahme der Rechtsanwaltskosten in einem eingestellten Verfahren an, bearbeitet zwischen Februar und August 2017. Sie habe die Kostenübernahme abgelehnt, weil im Bußgeldverfahren Auslagen erst nach Erlass eines Bußgeldbescheides zu erstatten seien. Bei der Prüfung von Kostenrechnungen müsse sie nicht nur die Regelungen kennen, sondern müsse sie auch verstanden haben, um sie rechtmäßig anwenden zu können. Dieses Verständnis und dessen Anwendung seien selbstständige Leistungen.

53

Bevor sie einen Antrag auf Anordnung oder Vollstreckung der Erzwingungshaft stelle, müsse sie die Freiheitsinteressen des Betroffenen mit dem öffentlichen Interesse an der Beitreibung der Geldbuße abwägen und dabei alle sich aus der Akte ergebenden Tatsachen in Betracht ziehen, also Hinweise auf das soziale Umfeld, die Beschäftigung des Betroffenen, die Vorgeschichte und alle weiteren zu wertenden Gesichtspunkte. All das erfordere eine eigene Wertung und Beurteilung durch die Klägerin.

54

Bußgeldverfahren habe sie durchschnittlich zu 70 % ihrer Arbeitszeit zu bearbeiten, Einsprüche zu 20 % und Anträge auf Anordnung und Vollstreckung der Erzwingungshaft zu 10 %.

55

Die Klägerin beantragt,

56

das Versäumnisurteil des Landesarbeitsgerichts Mecklenburg-Vorpommern vom 12.12.2017 - 5 Sa 53/17 - aufzuheben,

57

das Urteil des Arbeitsgerichts Stralsund vom 27.02.2017 - 1 Ca 220/16 - abzuändern, und

58

festzustellen, dass der Beklagte verpflichtet ist, an die Klägerin ab dem 20.05.2016 Entgelt aus der Entgeltgruppe 9, hilfsweise Entgeltgruppe 8 TVöD-V zu zahlen und die monatlichen Bruttodifferenzbeträge zwischen dem Entgelt aus der Entgeltgruppe 6 und dem Entgelt aus der Entgeltgruppe 9, hilfsweise aus der Entgeltgruppe 8 TVöD-V ab Rechtshängigkeit bezüglich der bis dahin fällig gewesenen Differenzbeträge und dann ab jeweiliger Fälligkeit mit fünf Prozentpunkten über den Basiszinssatz zu verzinsen.

59

Der Beklagte beantragt,

60

das Versäumnisurteil des Landesarbeitsgerichts Mecklenburg-Vorpommern vom 12.12.2017 - 5 Sa 53/17 - aufrechtzuerhalten.

61

Er ist der Ansicht, das Arbeitsgericht habe zutreffend entschieden. Darüber hinaus sei zu bedenken, dass die Anforderungen an die gründlichen und vielseitigen Fachkenntnisse sowie die selbstständigen Leistungen mit der seit 01.01.2017 gültigen neuen Entgeltordnung gestiegen seien. Die Entgeltgruppe 5 Fallgruppe 1 TVöD-V fordere nunmehr eine erfolgreich abgeschlossene Ausbildung in einem anerkannten Ausbildungsberuf mit einer Ausbildungsdauer von mindestens drei Jahren und entsprechende Tätigkeiten. Die Tätigkeitsmerkmale der anderen Fallgruppen seien im Hinblick auf diesen neuen Wertmaßstab auszulegen und diesem anzugleichen. Verkehrsordnungswidrigkeiten könne auch ein Berufsanfänger bearbeiten. Die Aufgaben der Fachgebietsleiterin seien schon deshalb nicht mit denen der Klägerin vergleichbar, weil die Fachgebietsleiterin nicht nur für einen Teilbereich, sondern für alle Fachdienste zuständig sei.

62

Soweit die Klägerin nunmehr einzelne Beispielsfälle vortrage, gehe es zum Großteil um Tätigkeiten aus dem Zeitraum, als die Klägerin die Fachgebietsleiterin vertreten und deshalb höherwertige Aufgaben verrichtet habe. Unabhängig davon handele es sich nicht um Tätigkeit mit selbstständigen Leistungen im tariflichen Sinne. Die Klägerin habe die Schreiben entweder über den im Programm hinterlegten Entscheidungsschlüssel erstellt oder auf Musterschreiben zurückgegriffen, die die Fachgebietsleiterin erstellt habe. Ein einzelfallbezogenes Ermessen habe sie nicht ausgeübt.

63

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Schriftsätze der Parteien nebst Anlagen, die Sitzungsprotokolle sowie das angegriffene arbeitsgerichtliche Urteil verwiesen.

Entscheidungsgründe

64

Die Berufung der Klägerin ist zulässig, aber nicht begründet. Das Arbeitsgericht hat die Klage zu Recht und mit der zutreffenden Begründung abgewiesen. Das weitere Vorbringen der Klägerin im Berufungsverfahren rechtfertigt keine Abänderung der erstinstanzlichen Entscheidung.

65

Die Klägerin hat keinen Anspruch auf die Vergütung der Entgeltgruppe 9 oder der Entgeltgruppe 8 TVöD-V ab dem 20.05.2016. Aus dem Tarifrecht lässt sich ein solcher Anspruch nicht herleiten.

66

Auf das Arbeitsverhältnis der Parteien finden kraft arbeitsvertraglicher Bezugnahme der BAT-O und die diesen ergänzenden, ändernden oder ersetzenden Tarifverträge Anwendung. Einschlägig sind die für die Vereinigung der kommunalen Arbeitgeber (VKA) geltenden Tarifverträge. Der BAT-O ist zum 01.10.2005 durch den TVöD-V ersetzt worden (§ 2 Abs. 1 des Tarifvertrages zur Überleitung der Beschäftigten der kommunalen Arbeitgeber in den TVöD und zur Regelung des Übergangsrechts [TVÜ-VKA]).

67

Da die Parteien über die Eingruppierung ab dem 20.05.2016 streiten, ist von dem zu diesem Zeitpunkt maßgeblichen Tarifrecht auszugehen. Die ab 01.01.2017 gemäß Anlage 1 zu § 12 Abs. 1 TVöD-V geltenden Tätigkeitsmerkmale der Entgeltgruppe 9 a, Teil A, Abschnitt I, Ziffer 3 sind hier nicht von Bedeutung, da diese Entgeltgruppe nicht Gegenstand des Klageantrags ist.

68

Nach § 17 Abs. 1 Satz 1 TVÜ-VKA gilt § 22 BAT-O bis zum Inkrafttreten der Eingruppierungsvorschriften des TVöD (mit Entgeltordnung) über den 30.09.2005 hinaus fort. Bei Eingruppierungen zwischen dem 01.10.2005 und dem Inkrafttreten der neuen Entgeltordnung sind die Vergütungsgruppen gemäß § 17 Abs. 7 TVÜ-VKA in Verbindung mit der Anlage 3 wie folgt den Entgeltgruppen zuzuordnen:

69

"…

70

Anlage 3

71

Vorläufige Zuordnung der Vergütungs- und Lohngruppen zu den Entgeltgruppen für zwischen dem 01. Oktober 2005 und dem In-Kraft-Treten der neuen Entgeltordnung stattfindende Eingruppierungsvorgänge (VKA)

72

Entgelt-
gruppe

Vergütungsgruppe

Lohn-
gruppe

       

       

       

9       

IV b ohne Aufstieg nach IV a
V b mit Aufstieg nach IV b
V b ohne Aufstieg nach IV b (…)

       

8       

V c mit Aufstieg nach V b
V c ohne Aufstieg nach V b

       

7       

Keine 

       

6       

VI b mit Aufstieg nach V c
VI b ohne Aufstieg nach V c

       

5       

VII mit Aufstieg nach VI b
VII ohne Aufstieg nach VI b

       

       

       

       

73

…“

74

Der BAT-O (VKA) hat, soweit für den Rechtsstreit von Bedeutung, den folgenden Wortlaut:

75

"…

76

§ 22 Eingruppierung(1) Die Eingruppierung der Angestellten richtet sich nach den Tätigkeitsmerkmalen der Vergütungsordnung (Anlage 1 a und 1 b). Der Angestellte erhält Vergütung nach der Vergütungsgruppe, in der er eingruppiert ist.

77

(2) Der Angestellte ist in der Vergütungsgruppe eingruppiert, deren Tätigkeitsmerkmale die gesamte von ihm nicht nur vorübergehend auszuübende Tätigkeit entspricht.

78

Die gesamt auszuübende Tätigkeit entspricht den Tätigkeitsmerkmalen einer Vergütungsgruppe, wenn zeitlich mindestens zur Hälfte Arbeitsvorgänge anfallen, die für sich genommen die Anforderungen eines Tätigkeitsmerkmals oder mehrerer Tätigkeitsmerkmale dieser Vergütungsgruppe erfüllen. Kann die Erfüllung einer Anforderung in der Regel erst bei der Betrachtung mehrerer Arbeitsvorgänge festgestellt werden (z. B. vielseitige Fachkenntnisse), sind diese Arbeitsvorgänge für die Feststellung, ob diese Anforderung erfüllt ist, insoweit zusammen zu beurteilen.

79

Werden in einem Tätigkeitsmerkmal mehrere Anforderungen gestellt, gilt das in Unterabs. 2 Satz 1 bestimmte Maß, ebenfalls bezogen auf die gesamte auszuübende Tätigkeit, für jede Anforderung.

80

Ist in einem Tätigkeitsmerkmal ein von Unterabs. 2 oder 3 abweichendes Maß bestimmt, gilt dieses.

81

Ist in einem Tätigkeitsmerkmal als Anforderung eine Voraussetzung in der Person des Angestellten bestimmt, muss auch diese Anforderung erfüllt sein.

82

(3) Die Vergütungsgruppe des Angestellten ist im Arbeitsvertrag anzugeben.

83

Protokollnotizen zu Abs. 2

84

1. Arbeitsvorgänge sind Arbeitsleistungen (einschließlich Zusammenhangsarbeiten), die, bezogen auf den Aufgabenkreis des Angestellten, zu einem bei natürlicher Betrachtung abgrenzbaren Arbeitsergebnis führen (z. B. unterschriftsreife Bearbeitung eines Aktenvorgangs, Erstellung eines EKG, Fertigung einer Bauzeichnung, Eintragung in das Grundbuch, Konstruktion einer Brücke oder eines Brückenteils, Bearbeitung eines Antrags auf Wohngeld, Festsetzung einer Leistung nach dem Bundessozialhilfegesetz). Jeder einzelne Arbeitsvorgang ist als solcher zu bewerten und darf dabei hinsichtlich der Anforderungen zeitlich nicht aufgespalten werden.

85

2. Eine Anforderung im Sinne des Unterabs. 2 ist auch das in einem Tätigkeitsmerkmal geforderte Herausheben der Tätigkeit aus einer niedrigeren Vergütungsgruppe.

86

87

Anlage 1 a

88

89

Vergütungsgruppe V b

90

1. a) …

91

b) …

92

c) Angestellte im Büro-, Buchhalterei-, sonstigen Innendienst und im Außendienst, deren Tätigkeit gründliche und vielseitige Fachkenntnisse und selbstständige Leistungen erfordert,

93

nach dreijähriger Bewährung in Vergütungsgruppe V c Fallgruppe 1 b.

94

(Die gründlichen und vielseitigen Fachkenntnisse brauchen sich nicht auf das gesamte Gebiet der Verwaltung (des Betriebes), bei der der Angestellte beschäftigt ist, zu beziehen. Der Aufgabenkreis des Angestellten muss aber so gestaltet sein, dass er nur beim Vorhandensein gründlicher und vielseitiger Fachkenntnisse ordnungsgemäß bearbeitet werden kann. Selbstständige Leistungen erfordern ein den vorausgesetzten Fachkenntnissen entsprechendes selbstständiges Erarbeiten eines Ergebnisses unter Entwicklung einer eigenen geistigen Initiative; eine leichte geistige Arbeit kann diese Anforderungen nicht erfüllen.)

95

96

Vergütungsgruppe V c

97

1. a) Angestellte im Büro-, Buchhalterei-, sonstigen Innendienst und im Außendienst, deren Tätigkeit gründliche und vielseitige Fachkenntnisse und mindestens zu einem Drittel selbstständige Leistungen erfordert.

98

(Die gründlichen und vielseitigen Fachkenntnisse brauchen sich nicht auf das gesamte Gebiet der Verwaltung (des Betriebes), bei der der Angestellte beschäftigt ist, zu beziehen. Der Aufgabenkreis des Angestellten muss aber so gestaltet sein, dass er nur beim Vorhandensein gründlicher und vielseitiger Fachkenntnisse ordnungsgemäß bearbeitet werden kann. Selbstständige Leistungen erfordern ein den vorausgesetzten Fachkenntnissen entsprechendes selbstständiges Erarbeiten eines Ergebnisses unter Entwicklung einer eigenen geistigen Initiative; eine leichte geistige Arbeit kann diese Anforderungen nicht erfüllen.)

99

100

b) Angestellte im Büro-, Buchhalterei-, sonstigen Innendienst und im Außendienst, deren Tätigkeit gründliche und vielseitige Fachkenntnisse und selbstständige Leistungen erfordert.

101

(Die gründlichen und vielseitigen Fachkenntnisse brauchen sich nicht auf das gesamte Gebiet der Verwaltung (des Betriebes), bei der der Angestellte beschäftigt ist, zu beziehen. Der Aufgabenkreis des Angestellten muss aber so gestaltet sein, dass er nur beim Vorhandensein gründlicher und vielseitiger Fachkenntnisse ordnungsgemäß bearbeitet werden kann. Selbstständige Leistungen erfordern ein den vorausgesetzten Fachkenntnissen entsprechendes selbstständiges Erarbeiten eines Ergebnisses unter Entwicklung einer eigenen geistigen Initiative; eine leichte geistige Arbeit kann diese Anforderungen nicht erfüllen.)

102

103

Vergütungsgruppe VI b

104

1. a) Angestellte im Büro-, Buchhalterei-, sonstigen Innendienst und im Außendienst, deren Tätigkeit gründliche und vielseitige Fachkenntnisse und mindestens zu einem Fünftel selbstständige Leistungen, erfordert.

105

(Die gründlichen und vielseitigen Fachkenntnisse brauchen sich nicht auf das gesamte Gebiet der Verwaltung (des Betriebes), bei der der Angestellte beschäftigt ist, zu beziehen. Der Aufgabenkreis des Angestellten muss aber so gestaltet sein, dass er nur beim Vorhandensein gründlicher und vielseitiger Fachkenntnisse ordnungsgemäß bearbeitet werden kann. Selbstständige Leistungen erfordern ein den vorausgesetzten Fachkenntnissen entsprechendes selbstständiges Erarbeiten eines Ergebnisses unter Entwicklung einer eigenen geistigen Initiative; eine leichte geistige Arbeit kann diese Anforderungen nicht erfüllen.)

106

107

b) Angestellte im Büro-, Buchhalterei-, sonstigen Innendienst und im Außendienst, deren Tätigkeit gründliche und vielseitige Fachkenntnisse erfordert,

108

nach sechsjähriger Bewährung in Vergütungsgruppe VII Fallgruppe 1 b.

109

(Die gründlichen und vielseitigen Fachkenntnisse brauchen sich nicht auf das gesamte Gebiet der Verwaltung (des Betriebes), bei der der Angestellte beschäftigt ist, zu beziehen. Der Aufgabenkreis des Angestellten muss aber so gestaltet sein, dass er nur beim Vorhandensein gründlicher und vielseitiger Fachkenntnisse ordnungsgemäß bearbeitet werden kann.)

110

111

Vergütungsgruppe VII

112

1. a) Angestellte im Büro-, Buchhalterei-, sonstigen Innendienst und im Außendienst, deren Tätigkeit gründliche Fachkenntnisse erfordert.

113

(Erforderlich sind nähere Kenntnisse von Gesetzen, Verwaltungsvorschriften und Tarifbestimmungen usw. des Aufgabenkreises.)

114

115

b) Angestellte im Büro-, Buchhalterei-, sonstigen Innendienst und im Außendienst, deren Tätigkeit gründliche und vielseitige Fachkenntnisse erfordert.

116

(Die gründlichen und vielseitigen Fachkenntnisse brauchen sich nicht auf das gesamte Gebiet der Verwaltung (des Betriebes), bei der der Angestellte beschäftigt ist, zu beziehen. Der Aufgabenkreis des Angestellten muss aber so gestaltet sein, dass er nur beim Vorhandensein gründlicher und vielseitiger Fachkenntnisse ordnungsgemäß bearbeitet werden kann.)

117

118

…"

119

Nach § 22 Abs. 2 Unterabs. 2 BAT-O ist zunächst festzustellen, welche Arbeitsvorgänge anfallen. In einem zweiten Schritt ist zu prüfen, welche Tätigkeitsmerkmale die einzelnen Arbeitsvorgänge erfüllen.

120

1. Arbeitsvorgänge

121

Maßgebend für die Bestimmung eines Arbeitsvorgangs ist das Arbeitsergebnis. Die tarifliche Wertigkeit der verschiedenen Einzeltätigkeiten oder Arbeitsschritte bleibt dabei zunächst außer Betracht. Erst nachdem die Bestimmung des Arbeitsvorgangs erfolgt ist, ist dieser anhand des in Anspruch genommenen Tätigkeitsmerkmals zu bewerten (BAG, Urteil vom 22. Februar 2017 - 4 AZR 514/16 - Rn. 34, juris = ZTR 2017, 352; BAG, Urteil vom 16. März 2016 - 4 AZR 502/14 - Rn. 35, juris = NZA 2017, 131; BAG, Urteil vom 13. Mai 2015 - 4 AZR 355/13 - Rn. 16, juris = NZA-RR 2015, 644). Bei der Zuordnung zu einem Arbeitsvorgang können wiederkehrende und gleichartige Tätigkeiten zusammengefasst werden, nicht aber solche, die tariflich unterschiedlich zu bewerten sind. Dies gilt jedoch nur, wenn die unterschiedlich wertigen Arbeitsleistungen von vornherein voneinander zu trennen und tatsächlich getrennt sind. Die theoretische Möglichkeit, einzelne Arbeitsschritte oder Einzelaufgaben verwaltungstechnisch isoliert auf andere Angestellte übertragen zu können, reicht dagegen nicht aus. Tatsächlich getrennt sind Arbeitsschritte dann nicht, wenn sich erst im Laufe der Bearbeitung herausstellt, welchen tariflich erheblichen Schwierigkeitsgrad der einzelne Fall aufweist. Es ist möglich, dass die gesamte vertraglich geschuldete Tätigkeit nur einen einzigen Arbeitsvorgang bildet (BAG, Urteil vom 17. Mai 2017 - 4 AZR 798/14 - Rn. 16, juris = ZTR 2017, 593; BAG, Urteil vom 16. März 2016 - 4 AZR 502/14 - Rn. 36, juris = NZA 2017, 131; BAG, Urteil vom 13. Mai 2015 - 4 AZR 355/13 - Rn. 16, juris = NZA-RR 2015, 644).

122

Die Tätigkeit der Klägerin gemäß Stellenbeschreibung vom 09.03.2016 besteht aus drei Arbeitsvorgängen, und zwar die Entscheidung von Bußgeldverfahren, die Entscheidung über Einsprüche und schließlich die Beantragung der Erzwingungshaft.

123

Zu dem Arbeitsvorgang "Entscheidung von Bußgeldverfahren" gehört die Ermittlung des Fahrzeugführers einschließlich Anforderung eines Lichtbildes, die Prüfung von Eintragungen im Register des Kraftfahrt-Bundesamtes, die Gewährung von Akteneinsicht, ggf. die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand und schließlich die Festsetzung eines bestimmten Bußgeldes bzw. die Einstellung des Verfahrens einschließlich einer evtl. Entscheidung über Kosten. Erst wenn die Klägerin einen Bußgeldbescheid erlassen oder die Einstellung verfügt hat, liegt ein abgrenzbares Arbeitsergebnis vor, das mit den in der Protokollnotiz zu § 22 Abs. 2 BAT-O genannten Beispielen vergleichbar ist. Die vorhergehenden Tätigkeiten stellen nur einzelne Arbeitsschritte dar, die notwendig sind, um in den einzelnen Bußgeldverfahren zu einem Ergebnis gelangen zu können. Die Feststellung des Fahrers anhand eines Vergleichs der vorhandenen Bilder ist eine von mehreren Voraussetzungen für die Entscheidung des Bußgeldverfahrens. Damit ist der Vorgang aber noch nicht abgeschlossen. Um etwas abliefern zu können, was einer "unterschriftsreifen Bearbeitung eines Aktenvorgangs" oder einer "Bearbeitung eines Antrags auf Wohngeld" entspricht, sind weitere Arbeitsschritte erforderlich. Abgeschlossen ist der Vorgang erst mit dem Erlass eines Bußgeldbescheides bzw. der Einstellung des Verfahrens.

124

Der zweite Arbeitsvorgang, die "Entscheidung über Einsprüche", führt zu einem anderen Arbeitsergebnis als der Erlass von Bußgeldbescheiden bzw. die Einstellung des Verfahrens. Hierbei handelt es sich um einen eigenen, abgrenzbaren Verfahrensabschnitt, der sich zeitlich nicht mit dem vorangegangenen Bußgeldverfahren überschneidet. Zwar setzt das Zwischenverfahren den Erlass eines Bußgeldbescheides voraus und knüpft an den bisherigen Stand der Ermittlungen an. Daraus folgt aber nicht, dass Bußgeld- und Zwischenverfahren untrennbar miteinander verbunden sind. Nicht jedes verhängte Bußgeld mündet automatisch in einen Einspruch. Das Zwischenverfahren kann mit einer Verwerfung des Einspruchs enden, einer Zurücknahme des Bußgeldbescheides oder mit der Abgabe an die Staatsanwaltschaft. Das sind inhaltlich andere Entscheidungen als im vorangegangenen Bußgeldverfahren.

125

Von diesen beiden Arbeitsvorgängen lässt sich die "Beantragung der Erzwingungshaft" ohne weiteres abgrenzen. Es handelt sich wiederum um einen eigenständigen Verfahrensabschnitt, der zwar an einen vorangegangenen Bußgeldbescheid anknüpft, aber nur in Ausnahmefällen erforderlich ist und zunächst einen erfolglosen Vollstreckungsversuch des Bußgeldes voraussetzt. Die Klägerin entscheidet - anders als im Bußgeldverfahren - nicht selbst darüber, sondern kann nur einen Antrag stellen. Die Anordnung und Vollstreckung der Erzwingungshaft belastet den Betroffenen deutlich stärker als die Verhängung eines Bußgeldes. Zuständig hierfür ist deshalb das Gericht. Bei der Klägerin liegt ein Arbeitsergebnis vor, wenn sie den Antrag gestellt hat. Damit hat sie alles getan, was in ihre Zuständigkeit fällt. Dieser Antrag ist kein Zwischenschritt im Hinblick auf eine noch zu treffende Entscheidung, sondern eine auf Ausnahmefälle beschränkte letzte Maßnahme.

126

2. Bewertung der Arbeitsvorgänge

127

Da der Arbeitsvorgang "Entscheidung von Bußgeldverfahren" nach Angabe der Klägerin 70 % der Arbeitszeit ausfüllt, ist dieser für die Eingruppierung ausschlaggebend. Die beiden anderen Arbeitsvorgänge erreichen selbst im Falle einer Addition nicht den in der Vergütungsgruppe V c Fallgruppe 1 a (= Entgeltgruppe 8 TVöD-V) geforderten zeitlichen Mindestumfang von einem Drittel.

128

Der Arbeitsvorgang "Entscheidung von Bußgeldverfahren" setzt zwar gründliche und vielseitige Fachkenntnisse voraus, erfordert jedoch keine selbstständigen Leistungen. Er erfüllt nicht die Anforderungen der Vergütungsgruppe V b (Fallgruppe 1 c) bzw. der Vergütungsgruppe V c (Fallgruppe 1 b) BAT-O.

129

a) Gründliche Fachkenntnisse

130

Unter Berücksichtigung der Klammerdefinition zur Vergütungsgruppe VII Fallgruppe 1 a der Anlage 1a zum BAT-O setzen gründliche Fachkenntnisse nähere Kenntnisse von Gesetzen, Verwaltungsvorschriften und Tarifbestimmungen usw. des fraglichen Aufgabenkreises voraus. Die Fachkenntnisse müssen sich jedoch nicht notwendig auf Rechtsvorschriften beziehen, wie sich bereits aus dem Zusatz „usw.“ zu der Klammerdefinition ergibt. Es sind Fachkenntnisse von nicht ganz unerheblichem Ausmaß und nicht nur oberflächlicher Art zu verlangen. Das Tätigkeitsmerkmal erfordert erweiterte Fachkenntnisse sowohl in quantitativer als auch in qualitativer Hinsicht (BAG, Urteil vom 22. November 2017 - 4 AZR 629/16 - Rn. 28, juris; BAG, Urteil vom 21. März 2012 - 4 AZR 266/10 - Rn. 36, juris = ZTR 2012, 440).

131

Der Arbeitsvorgang “Entscheidung von Bußgeldverfahren“ erfordert nicht nur oberflächliche Kenntnisse der anzuwendenden Gesetze, hier laut Stellenbeschreibung OWiG, StPO, StGB, StVG, StVO, StVZO, Ordnungsrecht, Verwaltungs- und Vollstreckungsrecht. Hinzu kommen verschiedene Erlasse und Verwaltungsvorschriften. Nur dann ist die Klägerin in der Lage, die Vorgänge den richtigen Kategorien und Zahlenschlüsseln zuzuordnen. Über den bloßen Gesetzestext hinaus muss sie regelmäßig wissen, welche Rechtspraxis sich zu den einzelnen Begriffen herausgebildet hat. Zudem genügt es nicht, die verschiedenen Geschwindigkeitsmessverfahren nur grob zu kennen. Um die im Einzelfall auftretenden Fragen ordnungsgemäß und im Detail beantworten zu können, muss sie die technischen Abläufe erfasst haben und nachvollziehen können. Die Entscheidung über Kostenerstattungsanträge von Rechtsanwälten erfordert entsprechende Kenntnisse des RVG. Der Abgleich des Bildmaterials setzt ein praktisches Einschätzungsvermögen voraus.

132

b) Vielseitige Fachkenntnisse

133

Vielseitige Fachkenntnisse erfordern eine Erweiterung des Fachwissens seinem Umfang nach. Dies kann sich beispielsweise aufgrund der Menge der anzuwendenden Vorschriften und Bestimmungen oder der Verschiedenartigkeit der sich aus einem Fachgebiet stellenden Anforderungen ergeben (BAG, Urteil vom 05. Juli 2017 - 4 AZR 866/15 - Rn. 23, juris = ZTR 2018, 78). Denkbar ist zwar, dass sich der Wissensbereich nur auf ein einzelnes, abgegrenztes Teilgebiet beschränkt, in dem der Angestellte eingesetzt wird, jedoch reicht ein eng abgegrenztes Teilgebiet mit etwa nur routinemäßiger Bearbeitung nicht aus (BAG, Urteil vom 21. März 2012 - 4 AZR 266/10 - Rn. 36, juris = ZTR 2012, 440). Bei der Beurteilung dieses Tätigkeitsmerkmals sind gemäß § 22 Abs. 2 Unterabs. 2 BAT-O in der Regel auch die anderen Arbeitsvorgänge einzubeziehen.

134

Die Klägerin hat eine Vielzahl von Gesetzen, Verordnungen und sonstigen Rechtsvorschriften zu beachten. Bereits in der Stellenbeschreibung sind zahlreiche Gesetze aufgelistet, wobei diese Aufzählung nicht abschließend ist. Dabei genügt es nicht, nur einzelne Vorschriften aus den oben genannten Gesetzen und Verordnungen zu kennen. Die Tätigkeit der Klägerin ist nicht auf die Anwendung weniger einzelner Normen dieser Rechtsgrundlagen beschränkt. Wenn auch ein großer Teil ihre Aufgaben Routinetätigkeiten sind, insbesondere bei Geschwindigkeitsüberschreitungen, so sind dennoch zumindest gelegentlich verschiedene andere Ordnungswidrigkeiten zu bearbeiten, die die Klägerin ebenso beherrschen muss. Sie muss sowohl das materielle Recht als auch das Verfahrensrecht kennen. Des Weiteren wird von ihr verlangt, die Grenzen zur Strafbarkeit richtig bewerten zu können.

135

c) Selbstständige Leistungen

136

Eine selbstständige Leistung im Tarifsinne ist dann anzunehmen, wenn eine Gedankenarbeit erbracht wird, die im Rahmen der für die Vergütungsgruppe vorausgesetzten Fachkenntnisse hinsichtlich des einzuschlagenden Weges, insbesondere hinsichtlich des zu findenden Ergebnisses, eine eigene Beurteilung und eine eigene Entschließung erfordert. Das Merkmal „selbstständige Leistungen“ darf nicht mit dem Begriff „selbstständig arbeiten“ verwechselt werden, worunter eine Tätigkeit ohne direkte Aufsicht oder Leitung zu verstehen ist. Selbstständige Leistungen erfordern ein den vorausgesetzten Fachkenntnissen entsprechendes selbstständiges Erarbeiten eines Ergebnisses unter Entwicklung einer eigenen geistigen Initiative; eine leichte geistige Arbeit kann diese Anforderung nicht erfüllen. Kennzeichnend für selbstständige Leistungen im tariflichen Sinne ist - ohne Bindung an verwaltungsrechtliche Fachbegriffe - ein wie auch immer gearteter Ermessens-, Entscheidungs-, Gestaltungs- oder Beurteilungsspielraum bei der Erarbeitung eines Arbeitsergebnisses. Es werden Abwägungsprozesse verlangt, in deren Rahmen Anforderungen an das Überlegungsvermögen gestellt werden. Dabei müssen für eine Entscheidung unterschiedliche Informationen verknüpft und untereinander abgewogen werden. Dass diese Abwägungsprozesse bei entsprechender Routine durchaus schnell ablaufen können, steht nicht entgegen (BAG, Urteil vom 22. Februar 2017 - 4 AZR 514/16 - Rn. 19, juris = ZTR 2017, 352; BAG, Urteil vom 21. März 2012 - 4 AZR 266/10 - Rn. 42, juris = ZTR 2012, 440; LAG Mecklenburg-Vorpommern, Urteil vom 13. September 2017 - 3 Sa 31/17 - Rn. 38, juris = öAT 2017, 259; LAG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 05. April 2017 - 4 Sa 242/16 - Rn. 33, juris = AuA 2018, 97).

137

Dabei genügt es noch nicht, dass der Arbeitnehmer Vorschriften anzuwenden hat, die eine Ermessensausübung vorsehen oder wegen unbestimmter Rechtsbegriffe Beurteilungsspielräume eröffnen. Diese Ermessens- und Beurteilungsspielräume können durch Verwaltungsanweisungen und sonstige Vorgaben weitgehend beschränkt sein. Ein Abwägungsprozess entfällt regelmäßig, wenn die auftretenden Fallkonstellationen begrenzt sind und weitgehend schematisch abgearbeitet werden. Andererseits spricht es für einen Abwägungsprozess, der Anforderungen an das Überlegungsvermögen stellt, wenn sich der Arbeitnehmer mit individuellen Einwänden des Bürgers auseinandersetzen muss und nicht auf vorgefertigte Textbausteine und Begründungen zurückgreifen kann.

138

Die Darlegungs- und Beweislast für das Vorliegen der tatsächlichen Voraussetzungen einer Vergütungsgruppe liegt bei dem Arbeitnehmer, der diese Vergütung begehrt (BAG, Urteil vom 18. März 2015 - 4 AZR 702/12 - Rn. 35, juris = ZTR 2015, 393; BAG, Urteil vom 09. Dezember 2015 - 4 AZR 11/13 - Rn. 19, juris = öAT 2016, 168; LAG Mecklenburg-Vorpommern, Urteil vom 13. September 2017 - 3 Sa 31/17 - Rn. 40, juris = öAT 2017, 259).

139

Die Klägerin verfügt nicht über Ermessens- und Beurteilungsspielräume, die sie durch Abwägung verschiedener tatsächlicher Umstände und rechtlicher Gesichtspunkte eigenständig füllen muss. Zwar eröffnen die anzuwendenden Vorschriften durchaus Ermessens- und Beurteilungsspielräume für die Behörde. Das gilt insbesondere für § 47 OWiG, nach dem die Verfolgung von Ordnungswidrigkeiten im pflichtgemäßen Ermessen der Verfolgungsbehörde liegt. Die Klägerin hat jedoch nicht dargelegt, dass auch sie in der alltäglichen Praxis über solche Spielräume verfügt, die von ihr über die erforderlichen gründlichen und vielseitigen Fachkenntnisse hinaus eine eigenständige Einschätzung und Begründung ihres Vorgehens erfordern. Das ergibt sich weder aus den stichwortartig aufgelisteten Tätigkeiten noch aus den im Berufungsverfahren nachgereichten Fallbeispielen.

140

Das Einspielen der Polizeidaten, das Sortieren nach Buß- und Verwarngeld, die Anforderung des Führerscheins, die Anfrage beim Einwohnermeldeamt usw. sind Aufgaben, die standardisiert ablaufen und keinen Raum für eine Eigeninitiative lassen. Die Sachverhaltsermittlung besteht aus schriftlichen und/oder telefonischen Anfragen bei verschiedenen Stellen oder dem Betroffenen. Dabei geht es darum, alle vorhandenen Mittel und Wege für die Beschaffung von Beweismitteln auszuschöpfen. Das erfordert entsprechende Fachkenntnisse und Erfahrungen, nicht aber eine Abwägung verschiedener tatsächlicher und rechtlicher Gesichtspunkte unter Berücksichtigung von Sinn und Zweck der einschlägigen Vorschriften. Die Anforderung von Passbildern dient der Identitätsfeststellung. Genügt die Qualität des Fotos und stimmen die wesentlichen Merkmale auf den Bildern überein, kann es als Beweismittel herangezogen werden. Ein in die Tiefe gehender Abwägungsvorgang ist damit nicht verbunden. Es bedarf lediglich einer gewissen Erfahrung.

141

Die Bearbeitung des Bußgeldverfahrens richtet sich nach der Fachanwendung und den dort hinterlegten Textbausteinen. Der Fachgebietsleiterin ist die Entscheidung von komplizierten Sachverhalten übertragen. Zudem stellt die Fachgebietsleiterin Mustertexte bereit. Soweit die Klägerin im Jahr 2017 zur Vertretung der Fachgebietsleiterin eingesetzt war, handelt es sich nur um eine vorübergehend auszuübende Tätigkeit, die nach § 22 Abs. 2 Unterabs. 1 BAT-O für die Eingruppierung nicht maßgeblich ist. Die Klägerin hat nicht dargelegt, dass ihr trotz dieser organisatorischen Rahmenbedingungen Entscheidungsspielräume verbleiben, die weder mit Textbausteinen aus der Fachanwendung noch mit vorhandenen Musterschreiben zu bewältigen sind, sondern von ihr eine eigenständige Gedankenarbeit mit entsprechender Begründung verlangen. Ihrem Sachvortrag lässt sich nicht entnehmen, welche Entscheidungsmöglichkeiten ihr praktisch verbleiben und nach welchen von ihr entwickelten, gerade nicht vorgegebenen Kriterien sie diese ausfüllt.

142

Soweit sich die Klägerin auf die Eingruppierungspraxis in anderen Kommunen des Bundeslandes beruft, lässt sich daraus kein Anspruch herleiten, da der Gleichbehandlungsgrundsatz - unabhängig von einer Vergleichbarkeit der jeweils auszuübenden Tätigkeiten - nicht arbeitgeberübergreifend gilt.

143

Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO. Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor. Der Rechtsstreit wirft keine entscheidungserheblichen Rechtsfragen von grundsätzlicher Bedeutung auf.

Tenor

1. Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des Sächsischen Landesarbeitsgerichts vom 18. Januar 2013 - 3 Sa 247/12 - aufgehoben.

2. Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Arbeitsgerichts Leipzig vom 22. März 2012 - 7 Ca 2435/11 - abgeändert:

Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, die Klägerin ab dem 1. Oktober 2012 nach der Entgeltgruppe 9 Stufe 6 TVöD zu vergüten und die anfallenden monatlichen Bruttonachzahlungsbeträge zwischen der Entgeltgruppe 9 Stufe 5 TVöD und der Entgeltgruppe 9 Stufe 6 TVöD ab dem auf den Fälligkeitszeitpunkt folgenden Tag mit 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz zu verzinsen.

3. Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über die tarifgerechte Eingruppierung der Klägerin.

2

Die Beklagte beschäftigt in ihrem Sozialamt verteilt auf vier Außenstellen über 30 Sachbearbeiter/-innen mit Aufgaben der „Wirtschaftlichen Sozialhilfe“ nach dem SGB XII. Den Sachbearbeitern steht in der jeweiligen Außenstelle ein Außenstellenleiter vor. Die Außenstellenleiter unterstehen ihrerseits dem Leiter der Abteilung Wirtschaftliche Sozialhilfe und Migrantenhilfe.

3

Die Klägerin ist seit Juli 1994 bei der Beklagten angestellt. Kraft einzelvertraglicher Inbezugnahme fand auf ihr Arbeitsverhältnis bis zum 30. September 2005 der BAT-O in der für den Bereich der Vereinigung der Kommunalen Arbeitgeberverbände (VKA) jeweils geltenden Fassung Anwendung. Seit dem 1. Oktober 2005 bestimmt sich ihr Arbeitsverhältnis nach den Regelungen des Tarifvertrags für den öffentlichen Dienst (TVöD/VKA) vom 13. September 2005.

4

Die Klägerin übt seit Beginn ihres Arbeitsverhältnisses die Aufgaben einer Sachbearbeiterin „Wirtschaftliche Sozialhilfe“ aus. Sie besitzt eine Anordnungsbefugnis in Höhe von bis zu 1.500,00 Euro pro Einzelfall. Auf der Grundlage einer von der Beklagten erstellten Arbeitsplatzbeschreibung aus dem Jahre 2001 wurde sie nach der VergGr. Vb Fallgr. 1b BAT-O und nach Absolvierung der vorgesehenen Bewährung nach der VergGr. IVb Fallgr. 1b BAT-O vergütet.

5

Nach Inkrafttreten des TVöD/VKA wurde sie nach Maßgabe des Tarifvertrags zur Überleitung der Beschäftigten der kommunalen Arbeitgeber in den TVöD und zur Regelung des Übergangsrechts (TVÜ-VKA) in die Entgeltgr. 9 Stufe 5 TVöD/VKA übergeleitet.

6

Die Beklagte erstellte nach Inkrafttreten des SGB XII und mehrfachen Änderungen des SGB II - die ua. die „Herausnahme“ der erwerbsfähigen Arbeitslosen aus dem Bereich der Sozialhilfe betrafen - im Juli 2010 für die Zeit ab dem 1. Dezember 2008 für die bei ihr tätigen Sachbearbeiter/-innen „Wirtschaftliche Sozialhilfe“ eine neue Arbeitsplatzbeschreibung, die zu einer Bewertung der Stellen mit der VergGr. Vb Fallgr. 1a BAT-O führte. Die Arbeitsplatzbeschreibung, die der tatsächlichen Tätigkeit der Klägerin entspricht, lautet auszugsweise wie folgt:

        

„Lfd. Nr.

Tätigkeiten

zeitlicher Anteil in %

        

1       

Umfassende Beratung der Hilfesuchenden

10    

        

2       

Gewährung von Leistungen nach dem SGB XII

        
        

2.1     

Allgemeines

5       

                 

-       

Antragsannahme

        
                 

-       

Zuständigkeitsprüfung

        
                 

-       

Sachverhaltsermittlung unter Beachtung der Mitwirkungspflichten des Hilfesuchenden und Dritter

        
                 

-       

Entscheidungsfindung zur Vorprüfung

        
                          

●       

bekannt werden der Bedürftigkeit

        
                          

●       

Rückwirkende Sozialhilfegewährung; Übernahme von Schuldverpflichtungen

        
                          

●       

vorbeugende und nachgehende Hilfe

        
                          

●       

Erstattung der Aufwendungen von Nothelfern

        
                          

●       

Sozialhilfeleistungen für Nachforderungen des Vermieters

        
                          

●       

Selbsthilfemöglichkeiten

        
                          

●       

öffentlich-rechtliche Ansprüche

        
                          

●       

privatrechtliche Ansprüche

        
                          

●       

tatsächliche Hilfeleistung Dritter und vorrangig verpflichteter Träger

        
                          

●       

sachliche Voraussetzungen

        
                          

●       

Rechtslage

        
                          

●       

Bedarfsermittlung

        
                          

●       

Prüfung vorrangiger Leistungsträger

        
        

2.2     

Prüfung der Anspruchsvoraussetzungen für die Gewährung von Laufender Hilfe zum Lebensunterhalt (HLU)

5       

                          

●       

Ermittlung des notwendigen Lebensunterhaltes

        
                          

●       

Hilfe für einzelne für den Lebensunterhalt erforderliche Tätigkeiten

        
                          

●       

Übernahme von Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträgen

        
                          

●       

Alterssicherung

        
                          

●       

Bestattungskosten

        
                          

●       

HLU in Sonderfällen

        
                          

●       

Prüfung der Haushaltsgemeinschaft

        
                          

●       

HLU für Lebensgemeinschaften

        
                          

●       

ergänzende Darlehen

        
                          

●       

Darlehen bei vorübergehender Notlage

        
                          

●       

Bestimmung des Einkommens

        
                          

●       

Bestimmung des Vermögens

        
        

2.3     

Prüfung der Anspruchsvoraussetzungen für die Gewährung von Grundsicherungsleistungen (GSI)

18    

                          

●       

Ermittlung des allgemeinen Leistungsumfangs mit Übernahme von Kranken- und Pflegeversicherung

        
                          

●       

Hilfe in Sonderfällen

        
                          

●       

ergänzende Darlehen

        
                          

●       

Bestimmung des Vermögens unter Beachtung der Besonderheiten des Vermögenseinsatzes

        
                          

●       

Vorprüfung der Besonderheit bei Unterhaltsansprüchen

        
                          

●       

Feststellung der dauerhaften vollen Erwerbsminderung

        
                          

●       

Zusammenarbeit mit Rententrägern

        
        

2.4     

Prüfung der Anspruchsvoraussetzungen für die Gewährung von Hilfen in besonderen Lebenslagen (HbL)

29    

                          

a)    

Hilfe zur Gesundheit

        
                          

b)    

Hilfe bei Krankheit

        
                          

c)    

Hilfe zur Familienplanung

        
                          

d)    

Hilfe bei Schwangerschaft und Mutterschaft

        
                          

e)    

Hilfe bei Sterilisation

        
                          

f)    

Eingliederungshilfe vorbereitend

        
                          

g)    

Hilfe zur Pflege

        
                          

h)    

Hilfe zur Überwindung sozialer Schwierigkeiten

        
                          

i)    

Hilfe zur Weiterführung des Haushaltes

        
                          

j)    

Blindenhilfe

        
                          

k)    

Altenhilfe

        
        

2.5     

Darlehensweise Hilfegewährung

5       

        

2.6     

Erstattung von zu Unrecht geleisteter Sozialhilfe, Kürzung von Sozialhilfe, Aufrechnung, Prüfung von Sozialhilfemissbrauch (Datenabgleich)

3       

        

3       

Gewährung von freiwilligen Leistungen der Stadt ... (...-Pass); sondergesetzliche Regelungen

4       

        

4       

Abschließende Entscheidung einschließlich Berechnung, Bescheiderstellung und Zahlungsveranlassung im Rahmen der Feststellungsbefugnis, Rücknahme von Verwaltungsakten

10    

        

5       

Feststellung von Kostenträgern und Geltendmachung von Kostenerstattungsansprüchen

5       

        

6       

Kontrolle von statistischen Fehlerlisten; laufende statistische Erhebungen sowie die Datenerfassung

3       

        

7       

Erarbeitung von Stellungnahmen zu Widersprüchen

3“    

7

Die Beklagte teilte der Klägerin das Ergebnis der tariflichen Bewertung mit Schreiben vom 16. Juli 2010 mit. Hierin heißt es auszugsweise:

        

„… aufgrund von Aufgabenänderungen war es erforderlich, die Arbeitsplatzbeschreibung der Sachbearbeiter/-innen Wirtschaftliche Sozialhilfe zu überarbeiten und neu zu bewerten. Auf der Grundlage der vom Sozialamt mit Wirkung zum 1. Dezember 2008 erstellten Arbeitsplatzbeschreibung erfolgte die Bewertung im Ergebnis mit Vergütungsgruppe (VG) Vb Fallgruppe (FG) 1a Allgemeiner Tarifvertrag (ATV). …

        

Sie nehmen seit dem 13. Juli 1994 die Aufgaben einer Sachbearbeiterin Wirtschaftliche Sozialhilfe wahr. …

        

Bisher waren die Stellen der Sachbearbeiter/-innen Wirtschaftliche Sozialhilfe mit der VG Vb/IVb FG 1b/1a ATV (entspricht Entgeltgruppe 9 TVöD) bewertet. Da beide Vergütungsgruppen der Entgeltgruppe 9 TVöD zugeordnet werden, ergibt sich aus der Bewertungsänderung keine Veränderung der Entgeltgruppe und damit keine arbeitsvertragliche Änderung. Aus der Bewertungsänderung in VG Vb FG 1a ATV resultiert jedoch, dass gemäß § 16 Absatz 3 Satz 2 TVöD i. V. m. Punkt I. Absatz 3 Buchstabe b) Anhang zu § 16 in der Entgeltgruppe 9 TVöD maximal die Stufe 5 erreicht werden kann. Ein Stufenaufstieg in Stufe 6 ist daher auf der jetzigen Stelle nicht mehr möglich.

        

Es besteht jedoch die Möglichkeit, Sie in einem anderen Bereich auf einer Stelle mit der Bewertung Vb/IVb FG 1b/1b ATV weiter zu beschäftigen. Ein Stufenaufstieg in Stufe 6 der Entgeltgruppe 9 TVöD wäre damit weiterhin gegeben. Diese Möglichkeit besteht derzeit in der Arbeitsgemeinschaft (ARGE) Leipzig als Arbeitsvermittlerin oder Sachbearbeiterin Leistung.

        

Ich bitte um schriftliche Rückinformation bis zum 31. August 2010, ob Sie sich für eine Weiterbeschäftigung als Sachbearbeiterin Wirtschaftliche Sozialhilfe oder eine Weiterbeschäftigung auf einer Stelle in VG Vb/IVb ATV entschieden haben. …“

8

Die Klägerin entschied sich für die Fortsetzung ihrer bisherigen Tätigkeit. Die Beklagte sah deshalb von einer Umsetzung in die ARGE ab und erhielt dafür von der Klägerin die Zusage, sich nicht gegen die „Rückgruppierung“ als solche zu wehren. Die Parteien waren sich allerdings einig, dass die Klägerin die zutreffende Eingruppierung feststellen lassen könne.

9

Mit Schreiben vom 27. September 2010 machte die Klägerin dann - im Ergebnis erfolglos - geltend, ihre Tätigkeit als Sachbearbeiterin „Wirtschaftliche Sozialhilfe“ erfülle die Anforderungen des Tätigkeitsmerkmals der VergGr. IVb Fallgr. 1a BAT-O; sie sei deshalb der Entgeltgruppe 9 Stufe 6 TVöD/VKA zuzuordnen.

10

Mit ihrer Klage hat die Klägerin ihr Anliegen weiter verfolgt und die Auffassung vertreten, ihre Tätigkeit hebe sich aus der - von der Beklagten angenommenen - Bewertung nach der VergGr. Vb Fallgr. 1a BAT-O dadurch heraus, dass sie „besonders verantwortungsvoll“ im Tarifsinne sei. Sie werde regelmäßig von Amts wegen auch ohne Antrag der Betroffenen tätig. Ihre Klientel sei wesentlich hilfs- und schutzbedürftiger als die anderen Antragsteller/Leistungsempfänger des Bereichs „Wirtschaftliche Sozialhilfe“. Sie betreue - was unstreitig ist - ausschließlich ältere Bürger und jüngere Erwerbsunfähige, von denen viele obdachlos, drogen- oder alkoholabhängig und/oder an AIDS erkrankt seien.

11

Die Klägerin hat zuletzt beantragt,

        

festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, sie ab dem 1. Oktober 2012 nach der Entgeltgruppe 9 Stufe 6 TVöD zu vergüten und die anfallenden monatlichen Bruttonachzahlungsbeträge zwischen der Entgeltgruppe 9 Stufe 5 TVöD und der Entgeltgruppe 9 Stufe 6 TVöD ab dem auf den jeweiligen Fälligkeitszeitpunkt folgenden Tag mit fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz zu verzinsen.

12

Die Beklagte hat zur Begründung ihres Klageabweisungsantrags die Auffassung vertreten, die Tätigkeit der Klägerin sei nicht „besonders verantwortungsvoll“ im Tarifsinne.

13

Die Vorinstanzen haben die Klage abgewiesen. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin ihr Klageziel weiter.

Entscheidungsgründe

14

Die Revision der Klägerin ist begründet. Mit der vom Landesarbeitsgericht vertretenen Begründung konnte die Berufung der Klägerin gegen das klageabweisende Urteil des Arbeitsgerichts nicht zurückgewiesen werden. Die als Eingruppierungsfeststellungsklage ohne weiteres zulässige (vgl. dazu nur BAG 17. November 2010 - 4 AZR 188/09 - Rn. 15) Klage ist begründet.

15

I. Die Klägerin hat Anspruch auf ein Entgelt nach der Entgeltgruppe 9 Stufe 6 TVöD/VKA, der sie nach der Anlage 3 TVÜ-VKA vorläufig zuzuordnen ist. Ihre Tätigkeit erfüllt die Anforderungen des Tätigkeitsmerkmals der VerGr. IVb Fallgr. 1a BAT-O. Sie hebt sich dadurch aus einer nach VergGr. Vb Fallgr. 1a BAT-O bewerteten Tätigkeit heraus, dass sie „besonders verantwortungsvoll“ im Tarifsinne ist. Die Klägerin hatte am 1. Oktober 2012 fünf Jahre ununterbrochen Tätigkeiten der Entgeltgruppe 9 Stufe 5 TVöD/VKA ausgeübt.

16

1. Auf das Arbeitsverhältnis der Parteien finden kraft einzelvertraglicher Vereinbarung der BAT-O sowie die ihn ergänzenden, ändernden und ersetzenden Tarifverträge Anwendung. Damit richtet sich die Eingruppierung der Klägerin seit dem 1. Oktober 2005 nach dem Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst (TVöD), der ein den BAT bzw. BAT-O ersetzender Tarifvertrag ist (BAG 22. April 2009 - 4 ABR 14/08 - Rn. 21, BAGE 130, 286). Allerdings gelten in der für die Vereinigung der Kommunalen Arbeitgeberverbände geltenden Fassung die §§ 22, 23 BAT-O einschließlich der Vergütungsordnung bis zum Inkrafttreten entsprechender Regelungen des TVöD/VKA weiter(§ 17 Abs. 1 TVÜ-VKA). Für Eingruppierungen nach dem 1. Oktober 2005 werden die Vergütungsgruppen der Vergütungsordnung (Anlage 1a zum BAT-O) den Entgeltgruppen des TVöD zugeordnet (§ 17 Abs. 7 TVÜ-VKA iVm. Anlage 3). Für die jeweilige Stufenzuordnung gilt § 16 TVöD/VKA, der prinzipiell sechs Stufen vorsieht, für Abweichungen jedoch auf Sonderregelungen im Anhang zu § 16 TVöD/VKA verweist. In Abschn. I Abs. 1 Buchst. c dieses Anhangs ist ua. geregelt, dass bei Tätigkeiten entsprechend VergGr. Vb BAT-O (ohne Aufstieg nach IVb) die Stufe 5 in Entgeltgruppe 9 TVöD/VKA die Endstufe ist, also der im Normalfall mögliche weitere Aufstieg in die Stufe 6 der Entgeltgruppe 9 TVöD/VKA ausgeschlossen ist.

17

2. Die danach für die begehrte Eingruppierung und Einstufung der Klägerin in Betracht kommenden Tätigkeitsmerkmale der Anl. 1a zum BAT-O haben folgenden Wortlaut:

        

Vergütungsgruppe V b

        

1. a) Angestellte im Büro-, Buchhalterei-, sonstigen Innendienst und im Außendienst, deren Tätigkeit gründliche, umfassende Fachkenntnisse und selbständige Leistungen erfordert, (gründliche, umfassende Fachkenntnisse bedeuten gegenüber den in der Fallgruppe 1 b der Vergütungsgruppe VII und in den Fallgruppen 1 a der Vergütungsgruppen VI b und V c geforderten gründlichen und vielseitigen Fachkenntnissen eine Steigerung der Tiefe und der Breite nach).

        

…       

        

Vergütungsgruppe IV b

        

1. a) Angestellte im Büro-, Buchhalterei-, sonstigen Innendienst und im Außendienst, deren Tätigkeit sich dadurch aus der Vergütungsgruppe V b Fallgruppe 1 a heraushebt, das sie besonderes verantwortungsvoll ist.“

18

3. Unter Berücksichtigung dieser tariflichen Vorgaben durfte das Landesarbeitsgericht die Klage nicht abweisen. Die Begründung für die Annahme, die Tätigkeit der Klägerin erfülle die Anforderungen des Tätigkeitsmerkmals der VergGr. IVb Fallgr. 1a BAT-O nicht, ist rechtsfehlerhaft.

19

a) Maßgebende Tätigkeit für die tarifliche Bewertung ist der vom Landesarbeitsgericht angenommene Arbeitsvorgang „Gewährung von Leistungen nach dem SGB XII“, der den in der Arbeitsplatzbeschreibung unter 1, 2.1 bis 2.5 und 4 (mit Ausnahme der Rücknahme von Verwaltungsakten) genannten einzelnen Tätigkeiten entspricht und 82 vH der Arbeitszeit der Klägerin ausmacht. Hiergegen haben die Parteien auch keine Einwände erhoben.

20

b) Die Tätigkeitsmerkmale der genannten Fallgruppen bauen aufeinander auf. Bei Aufbaufallgruppen ist nach der ständigen Rechtsprechung des Senats (BAG 19. Mai 2010 - 4 AZR 912/08 -; 25. Februar 2009 - 4 AZR 20/08 - Rn. 28; 12. Mai 2004 -  4 AZR 371/03  - zu I 1 f aa der Gründe) zunächst zu prüfen, ob die Anforderungen der Ausgangsfallgruppe erfüllt werden. Anschließend ist zu klären, ob die qualifizierenden Merkmale der höheren Vergütungsgruppe vorliegen.

21

c) Die Tätigkeit der Klägerin erfüllt die Anforderungen der VergGr. Vb Fallgr. 1a BAT-O. Sie erfordert gründliche, umfassende Fachkenntnisse sowie selbständige Leistungen. Davon gehen beide Parteien übereinstimmend aus. Deshalb durfte sich das Landesarbeitsgericht auf eine pauschale, summarische Prüfung beschränken. Eine solche ist ausreichend, soweit - wie hier - die Tätigkeit der Angestellten zwischen den Parteien unstreitig ist und der Arbeitgeber selbst die Tätigkeitsmerkmale als erfüllt ansieht (BAG 12. Mai 2004 - 4 AZR 371/03 - zu I 1 f aa der Gründe; 9. Mai 2007 - 4 AZR 351/06 - Rn. 22). Das Landesarbeitsgericht hat rechtsfehlerfrei angenommen, die Anforderungen des Tätigkeitsmerkmals der VergGr. Vb Fallgr. 1a BAT-O seien erfüllt. Gegen diese Wertung wendet sich auch keine der Parteien.

22

d) Das Landesarbeitsgericht hat jedoch rechtsfehlerhaft das Vorliegen des Heraushebungsmerkmals der „besonderen Verantwortung“ iSd. Tätigkeitsmerkmals der VergGr. IVb Fallgr. 1a BAT-O verneint.

23

aa) Bei dem Heraushebungsmerkmal der „besonders verantwortungsvollen“ Tätigkeit handelt es sich um einen unbestimmten Rechtsbegriff. Die revisionsrechtliche Überprüfung des Berufungsurteils ist dabei grundsätzlich darauf beschränkt, ob das Landesarbeitsgericht von dem zutreffenden Rechtsbegriff ausgegangen ist, ob es diesen bei der Subsumtion beibehalten hat, ob ihm bei seiner Anwendung Verstöße gegen Denkgesetze oder allgemeine Erfahrungssätze unterlaufen sind und ob es alle entscheidungserheblichen Umstände berücksichtigt hat (st. Rspr., vgl. nur BAG 27. August 2008 - 4 AZR 470/07 - Rn. 20, mwN; 9. Mai 2007 - 4 AZR 351/06 - Rn. 25).

24

bb) Diesem eingeschränkten Prüfungsmaßstab hält das Berufungsurteil nicht stand.

25

(1) Das Landesarbeitsgericht hat seinen Erwägungen den zutreffenden tarifrechtlichen Begriff der besonders verantwortungsvollen Tätigkeit zugrunde gelegt, wovon auch die Revision ausgeht.

26

Nach der ständigen Rechtsprechung des Senats ist unter „Verantwortung“ iSd. zur Beurteilung stehenden Tarifmerkmals zunächst die Verpflichtung der Angestellten zu verstehen, dafür einstehen zu müssen, dass in dem ihr übertragenen Dienst- oder Arbeitsbereich die dort - auch von anderen Bediensteten - zu erledigenden Aufgaben sachgerecht, pünktlich und vorschriftsgemäß ausgeführt werden (grdl. BAG 29. Januar 1986 - 4 AZR 465/84 - BAGE 51, 59 ; vgl. auch 9. Mai 2007 - 4 AZR 351/06 - Rn. 26). Im Anschluss an diese Bestimmung des Begriffes der „Normalverantwortung“ hat der Senat beispielhaft eine Reihe von Kriterien entwickelt, die nach seiner Ansicht geeignet sein können, die tariflich geforderte herausgehobene besondere Verantwortung der Angestellten zu begründen. Je nach der Lage des Einzelfalles kann sie sich auf andere Mitarbeiter oder dritte Personen, Sachen, Arbeitsabläufe, zu gewinnende wissenschaftliche Resultate oder auf technische Zusammenhänge beziehen (BAG 21. Februar 2001 - 4 AZR 40/00 -; 24. Februar 1999 - 4 AZR 8/98 -). Soweit es um Entscheidungen über Leistungen an Dritte geht, kann die besondere Verantwortung darin liegen, dass sie auf die betroffenen Antragsteller Auswirkungen von erheblicher Tragweite haben (BAG 9. Mai 2007 - 4 AZR 351/06 - Rn. 29; 12. Mai 2004 - 4 AZR 371/03 - zu I 1 f bb (3) der Gründe).

27

(2) Das Landesarbeitsgericht hat diesen Begriff bei seiner Subsumtion jedoch nicht beibehalten, was die Revision zu Recht angreift.

28

(a) Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts spricht allein der Umstand, dass die Klägerin eigene Entscheidungen nur im Rahmen ihrer Anordnungsbefugnis in Höhe von 1.500,00 Euro treffen darf, nicht gegen eine besonders verantwortungsvolle Tätigkeit. Diese Annahme reduziert den tatsächlichen Entscheidungsspielraum der Klägerin und damit die möglichen Auswirkungen ihrer Entscheidungen. Zum einen ist die Anordnungsbefugnis bis zu einem Wert von 1.500,00 Euro nur bei positiven Bewilligungsentscheidungen begrenzt. Die Ablehnung eines Hilfegesuchs ist hiervon auch dann nicht erfasst, wenn sie sie im Falle einer Bewilligung zu einer Belastung von mehr als 1.500,00 Euro führen würde. Das haben die Parteien in der Revisionsverhandlung ausdrücklich bestätigt. Zum anderen würde die Möglichkeit einer besonderen Verantwortung durch die besonderen Auswirkungen der Tätigkeit auf die Lebensverhältnisse Dritter damit einer rein quantitativen Bemessung unterworfen. Danach könnten Sozialhilfeleistungen im Wert von weniger als 1.500,00 Euro nicht in tariflich relevanter Weise eine besondere Verantwortung durch die damit verbundenen Auswirkungen auf die Lebensverhältnisse Dritter begründen. Das ist in dieser Allgemeinheit schon deshalb unzutreffend, weil das Sozialhilfesystem sich auf die Gewährung von Mitteln zu einem menschenwürdigen Leben bezieht und insoweit keine in einem bestimmten Geldbetrag ausgedrückte Untergrenze einer besonderen Verantwortung kennt. Es entspricht auch nicht der bisherigen Senatsrechtsprechung. Zwar war in der vom Landesarbeitsgericht herangezogenen, das Vorliegen einer besonderen Verantwortung ablehnenden Entscheidung des Senats vom 9. Mai 2007 (- 4 AZR 351/06 -) die Anordnungsbefugnis auf 1.500,00 Euro beschränkt. Die ablehnende Senatsbegründung hatte sich aber nicht auf diese quantitative Begrenzung gestützt, sondern auf die - im Entscheidungsfall nicht hinreichende - „konkrete Tragweite der Entscheidungen für die betroffenen Antragsteller“ (BAG 9. Mai 2007 - 4 AZR 351/06 - Rn. 29).

29

(b) Sodann spricht das Landesarbeitsgericht mit dem Hinweis, die Leistungen seien allein nach den gesetzlichen Vorschriften zu bewilligen oder zu versagen, „egal, ob sich die Leistungsempfänger auf der untersten oder der obersten Sprosse der sozialen Leiter befinden“ und gegen die Entscheidungen sei immer ein Rechtsmittel gegeben, dem von der Klägerin dargelegten „besonderen Charakter ihres Klientels“ bei der Leistungserbringung nach dem SGB XII unzutreffender Weise jede mögliche Bedeutung für das Tarifmerkmal ab. Zwar ist die Gesetzmäßigkeit von Verwaltungsentscheidungen kein Kriterium für eine „besondere Verantwortung“ iS einer besonderen Tragweite für die hiervon Betroffenen; sie gilt gleichermaßen für alle Entscheidungen der Verwaltung. Die Möglichkeit von Rechtsbehelfen ist gesetzlich vorgesehen. Dies hindert aber nicht die tarifliche Berücksichtigung besonderer - typisierbarer - Tatsachen, die für eine faktisch fehlende Wahrnahme derartiger Möglichkeiten sprechen.

30

Hierauf stellt auch die Senatsrechtsprechung ab, nach der ein Angestellter, der „an Maßnahmen mit erheblichen Auswirkungen gegenüber … Dritten deshalb wesentlich beteiligt ist, weil sein Vorgesetzter zur Nachprüfung aller vom Angestellten bearbeiteten Vorgänge schon zeitlich nicht in der Lage und deshalb nicht dazu verpflichtet ist“ (BAG 15. Februar 2006 - 4 AZR 645/04 - Rn. 25 mwN).

31

(c) Es ist daher auch unzutreffend, wenn das Landesarbeitsgericht allgemein angenommen hat, das Maß der Verantwortung eines Verwaltungsangestellten richte sich nicht danach, „ob seine Entscheidungen korrigierbar oder unumkehrbar“ seien. Eine „besonders verantwortungsvolle“ Tätigkeit kann im Gegenteil auch deshalb vorliegen, weil die zu treffenden und getroffenen Entscheidungen - real - „nicht korrigierbar“ sind. Wenn weder Vorgesetzte die Entscheidung kontrollieren können noch gegen sie selbst ein zeitnaher, erfolgreicher Rechtsbehelf letztlich auch problemlösend ist, weil - wie hier von der Klägerin dargelegt - allein durch den bloßen Zeitablauf bei fehlerhafter Versagung einer Hilfe in besonderen Lebenslagen existenzielle Bedürfnisse nicht befriedigt werden können, ist eine solche Entscheidungssituation nicht grundsätzlich ungeeignet, eine „besondere Verantwortung“ im Tarifsinne zu begründen.

32

(d) Schließlich hat das Landesarbeitsgericht das weitere Argument der Klägerin, es gehe bei den von ihr zu bearbeitenden Vorgängen regelmäßig um elementare existenzielle Grundbedürfnisse von Menschen, zB den Erhalt von Nahrung und Obdach, als nicht geeignet angesehen, eine besondere Verantwortung zu begründen. Hilfen nach dem SGB XII stünden „gleichberechtigt“ nebeneinander, und jeder Hilfebedürftige habe daher einen Anspruch auf eine sachgerechte und zutreffende Bearbeitung seines Begehrens, „egal, ob er einen Treppenlift (benötige) oder das Essen für den nächsten Tag“. Diese berufungsgerichtliche Begründung stellt insoweit allein auf die Merkmale ab, nach denen die Klägerin ihre Entscheidungen trifft. Diese sind, wie das Landesarbeitsgericht zutreffend feststellt, gesetzlich geregelt. Sie stellen aber nicht das allein entscheidende Kriterium für die „besondere Verantwortung“ dar. Gerade das vom Landesarbeitsgericht angeführte Beispiel zeigt, dass die mögliche Tragweite der Entscheidungen des Sachbearbeiters für die Leistungsempfänger von unterschiedlicher Bedeutung sein kann, was aber nach der Rechtsprechung des Senats ein möglicher und wichtiger Aspekt für das Vorliegen des Tarifmerkmals ist. Allein der Umstand, dass die möglichen Folgen einer Entscheidung gesetzlich vorgesehen und die Verantwortung hierfür beim Gesetzgeber und nicht bei der Klägerin liegen - wie es das Landesarbeitsgericht angenommen hat - ist daher nicht erheblich.

33

4. Die Klage ist begründet. Die Tätigkeit der Klägerin ist „besonders verantwortungsvoll“ im Tarifsinne. Dies kann der Senat auf der Grundlage des unstreitigen Sachverhalts selbst entscheiden (§ 563 Abs. 3 ZPO).

34

a) Beruft sich eine Arbeitnehmerin auf die Erfüllung der Anforderungen eines Tätigkeitsmerkmals, das gegenüber einer niedrigeren Vergütungsgruppe ein Heraushebungsmerkmal fordert - wie hier bei der VergGr. IVb Fallgr. 1a gegenüber der VergGr. Vb Fallgr. 1a BAT-O -, muss sie in einem Eingruppierungsrechtstreit diejenigen Tatsachen darlegen, die diesen Vergleich ermöglichen (BAG 12. März 2004 - 4 AZR 371/03 - zu I 1 f bb (2) der Gründe; 16. Oktober 2002 - 4 AZR 579/01 - zu II 4 b dd (1) der Gründe). Dabei genügt es nach der ständigen Senatsrechtsprechung nicht, nur die eigene Tätigkeit darzustellen. Allein aus der Betrachtung der jeweiligen Tätigkeit der Arbeitnehmerin sind noch keine Rückschlüsse darauf möglich, ob das Heraushebungsmerkmal vorliegt. Der Tatsachenvortrag muss insgesamt erkennen lassen, warum sich eine bestimmte Tätigkeit aus der in der Ausgangsfallgruppe erfassten Grundtätigkeit heraushebt und einen wertenden Vergleich mit dieser nicht unter das Heraushebungsmerkmal fallenden Tätigkeit erlauben (st. Rspr., etwa BAG 25. Februar 2009 - 4 AZR 20/08 - Rn. 27; 27. August 2008 -  4 AZR 484/07  - Rn. 19, BAGE 127, 305; 11. Februar 2004 -  4 AZR 684/02  - zu I 3 c bb (1) der Gründe, BAGE 109, 321).

35

aa) Ein wertender Vergleich betreffend das tarifliche Heraushebungsmerkmal der „besonderen Verantwortung“ verlangt danach zunächst die Benennung einer Vergleichsgruppe von Arbeitnehmern, deren Tätigkeiten entsprechend der Ausgangsfallgruppe bewertet sind. Um vergleichbar zu sein, muss die Tätigkeit dieser Arbeitnehmer zumindest eine Reihe von gemeinsamen Merkmalen mit derjenigen aufweisen, die von der klagenden Arbeitnehmerin ausgeübt wird. Sodann ist darzulegen, dass die von den Arbeitnehmern der Vergleichsgruppe ausgeübten Tätigkeiten (mindestens) die Anforderungen der Tätigkeitsmerkmale der Ausgangsfallgruppe erfüllen. Hierfür können rechtskräftige Entscheidungen der Gerichte für Arbeitssachen, namentlich des Bundesarbeitsgerichts, als Indiz herangezogen werden, wenn in ihnen eine entsprechende tarifliche Bewertung dieser Tätigkeit vorgenommen wurde. Dabei ist jedoch von Bedeutung, dass eine arbeitsgerichtliche Entscheidung in einem Eingruppierungsrechtsstreit regelmäßig nicht zwingend verallgemeinerbare Aussagen über die dort beurteilte Tätigkeit im Allgemeinen enthält. So mag eine Klageabweisung ua. dem Umstand geschuldet sein, dass die klagende Partei es nicht vermocht hat, einen schlüssigen Klagevortrag zu erbringen.

36

bb) Sodann ist dieser Vergleichstätigkeit die dabei wahrzunehmende „Normalverantwortung“ zuzuordnen und ihr die gesteigerte Verantwortung der Tätigkeit der klagenden Arbeitnehmerin gegenüberzustellen. Verantwortung in diesem Sinne bedeutet nicht nur das Einstehen für die Richtigkeit und Sorgfalt der zu treffenden Entscheidung. Sie bezieht sich auch auf die konkrete Tragweite und die Folgen der Entscheidung, also ihre tatsächlichen oder mutmaßlichen Wirkungen, wenn sie einmal getroffen worden ist.

37

Liegen in einer solchen Form den jeweils in Betracht kommenden Tätigkeitsmerkmalen der Ausgangsfallgruppe und der Aufbaufallgruppe zumindest hinsichtlich der Ausgangsfallgruppe eine iwS „unstreitige“ Bewertung einer vergleichbaren Tätigkeit zugrunde, kann der - behauptete - Unterschied an die jeweils zu tragende Verantwortung, der „gewichtig, beträchtlich“ sein muss (BAG 9. Mai 2007 - 4 AZR 351/06 - Rn. 26 mwN), anhand der genannten Maßstäbe (vgl. oben I 3 c bb [1]) bewertet werden.

38

b) Auf der Grundlage der landesarbeitsgerichtlichen Feststellungen ist ein wertender Vergleich im Entscheidungsfall möglich. Er führt für die von der Klägerin auszuübende Tätigkeit zur Annahme der Wahrnehmung einer besonderen Verantwortung im Tarifsinne.

39

aa) Die von der Klägerin zum Vergleich herangezogene Gruppe der Wohngeldsachbearbeiter ist als Vergleichsgruppe allerdings nicht geeignet, weil die betreffenden Arbeitnehmer regelmäßig nicht nach der VergGr. Vb Fallgr. 1a BAT-O, sondern nach der VergGr. Vc Fallgr. 1a BAT-O vergütet werden. Die sich in dieser Tätigkeit stellende „Normalverantwortung“ kann bereits systematisch nicht Ausgangspunkt einer vergleichenden Betrachtung mit dem Heraushebungsmerkmal aus der - hier vorliegenden - Ausgangsfallgruppe nach VergGr. Vb Fallgr. 1a BAT-O sein.

40

Die Klägerin kann jedoch in Anknüpfung an den Vortrag der Beklagten auf die Sachbearbeiter „Wirtschaftliche Hilfe für ältere Bürger und Schwerbehinderte“ (vgl. hierzu BAG 21. Februar 2001 - 4 AZR 40/00 -) und die der „Eingliederungshilfe für behinderte Menschen“ als Beispiele für die allgemeine Sachbearbeitung in dem Bereich „Wirtschaftliche Sozialhilfe“ verweisen (vgl. hierzu BAG 9. Mai 2007 - 4 AZR 351/06 -). Sie hat - von der Beklagten unwidersprochen - zur „Normalverantwortung“ im Bereich der Sachbearbeitung in der „Wirtschaftlichen Sozialhilfe“ vorgetragen. Insoweit ist die Gruppe dieser Sachbearbeiter in der „Wirtschaftlichen Sozialhilfe“ ausreichend für einen Vergleich geeignet, weil sie - genauso wie die Klägerin - auch mit der Gewährung von Leistungen nach dem SGB XII betraut ist. Diese Vergleichsgruppe steht im Übrigen auch für die typischen Tätigkeiten von Sachbearbeitern in der Sozialhilfe.

41

bb) Aus der Gruppe der Sachbearbeiter „Wirtschaftliche Sozialhilfe“ im Allgemeinen hebt sich die Tätigkeit der Klägerin als „besonders verantwortungsvoll“ iSd. Tätigkeitsmerkmals der VergGr. IVb Fallgr. 1a BAT-O aus der VerGr. Vb Fallgr. 1a BAT-O heraus. Zwar muss sie die ihr obliegenden Entscheidungen genau so sorgfältig und gesetzeskonform treffen wie die anderen Sachbearbeiter in der allgemeinen Sachbearbeitung von Sozialhilfefällen. Auch haben in diesem Gesamtbereich alle Entscheidungen regelmäßig einen Bezug zur Menschenwürde der Sozialhilfeempfänger. Sämtliche Entscheidungen greifen - wenn auch in unterschiedlicher Intensität - in die Existenz der hiervon Betroffenen ein. Die Entscheidungen der Klägerin haben aber regelmäßig im Vergleich zur Gruppe der Sachbearbeiter in der Sozialhilfe aufgrund ihres besonderen Betreuungsklientels mit multiplen Problemen und daraus resultierenden komplexen Hilfemöglichkeiten und Ansprüchen eine erheblich größere, persönliche Tragweite, weshalb in der Gesamtschau der von der Klägerin dargelegten Tatsachen ihre Verantwortung damit in gewichtiger Weise gesteigert ist.

42

(1) Die Klägerin hat sich unwidersprochen darauf berufen, dass die hilfesuchenden älteren Bürger und jungen Erwerbsunfähigen, die sie zu betreuen hat, - vor allem seit der Regelung der Grundsicherung für Erwerbsfähige im SGB II - zu etwa 30 vH aus Klienten bestehen, die in einer besonders prekären Lebenssituation sind, wie Drogenabhängige, Obdachlose, AIDS-Erkrankte und Alkoholkranke. Die Gemeinsamkeit dieser Hilfesuchenden liegt in einer besonderen Schutzbedürftigkeit, die sich daraus ergibt, dass sie oft nicht über die notwendigsten - materiellen, aber auch psychischen - Ressourcen für ihre Lebensgestaltung verfügen. In diesen komplexen Hilfesituationen des besonderen Betreuungsklientels mit multiplen Problemen und daraus resultierenden Ansprüchen erwächst jedenfalls bei der Versagung möglicher Leistungen eine besondere Verantwortung der Klägerin als Sachbearbeiterin.

43

(2) Die Klägerin hat dargelegt, dass das Kenntnisnahmeprinzip nach § 18 SGB XII dazu führt, dass sich eine Sachbearbeiterin nicht, wie bei der „klassischen Sachbearbeitung“, typischerweise darauf beschränken kann und darf, einen vorliegenden Antrag und seine Begründung allein auf das Vorliegen der gesetzlichen Tatbestandsmerkmale eines Leistungsanspruchs zu überprüfen. Vielmehr muss sie - gerade bei Hilfesuchenden mit multiplen Hilfsbedürfnissen - aus deren Vorbringen mögliche Anknüpfungspunkte für eine von Amts wegen zu gewährende Hilfe erkennen, auch und gerade wenn die Hilfesuchenden die entsprechenden Tatsachen nicht als anspruchsbegründend identifizieren oder gar die konkreten möglichen Leistungen nicht kennen. Die Klägerin hat dies unwidersprochen an mehreren Beispielen erläutert, etwa für den Fall, dass ein älterer Hilfesuchender eine - ihm im Ergebnis nicht zustehende - Beihilfe zu einem geplanten Umzug beantragt, aus dem mit ihm aus diesem Anlass geführten Gespräch jedoch deutlich wird, dass er massive Gehbeschwerden hat und nicht mehr einkaufen kann, so dass für ihn andere Ansprüche nach dem SGB XII in Betracht kommen. In einem anderen der weiteren, von der Klägerin dargestellten und von der Beklagten nicht bestrittenen Beispielsfälle musste sie vor Ablauf des Leistungsgewährungszeitraums von sich aus Maßnahmen ergreifen, weil ihr bekannt geworden ist, dass eine pflegebedürftige Klientin aufgrund ihrer Bettlägerigkeit nicht mehr vorsprechen konnte.

44

Etwas anderes folgt entgegen der Auffassung der Beklagten nicht daraus, dass die Sachbearbeiterin entsprechende Informationen auch vom Allgemeinen Sozialdienst (ASD) erhält. Dies ändert nichts daran, dass die Klägerin ihre ständige erhöhte Aufmerksamkeit bereithalten muss, den Ausführungen der Hilfesuchenden Anhaltspunkte für eine von diesen nicht erkannten Hilfemöglichkeit zu entnehmen. Dies ist zwar auch der besonderen Schwierigkeit der Tätigkeit zuzurechnen und damit einem Merkmal, das mit der Eingruppierung in der VergGr. Vb Fallgr. 1a BAT-O bereits konsumiert ist. Gleichwohl ergibt sich hieraus auch eine gesteigerte Verantwortung, da die Auswirkungen einer fehlenden Aufmerksamkeit die Versagung einer die bloße Grundexistenz sichernden Hilfeleistung zur Folge haben kann, zumal es sich in der Regel um einen Fehler handeln dürfte, der an einer anderen Stelle kaum noch zum Ausdruck und damit zur Korrekturmöglichkeit kommt. Dabei ist zu berücksichtigen, dass die Antragsunabhängigkeit der Sozialhilfe dazu dienen soll, ihre Funktion zu erfüllen, die Menschenwürde zu sichern. Der Zugang zum Sozialhilfesystem soll niedrigschwellig möglich sein (Grube in Grube/Wahrendorf SGB XII 5. Aufl. § 18 Rn. 3). Für die reale Annäherung an dieses Ziel durch die konsequente Umsetzung des Kenntnisgrundsatzes nach § 18 SGB XII trägt die Klägerin jedenfalls bei der Klientel der Hilfesuchenden, für die sie zuständig ist, eine besondere Verantwortung.

45

(3) Diese besondere Verantwortung wird auch dadurch geprägt, dass eine Versagung der notwendigen Hilfe regelmäßig nicht rückgängig gemacht wird, wenn sie fehlerhaft war. Denn nach der Eigenart der Sozialhilfe als Hilfe in gegenwärtiger Not setzt eine positive Rechtsmittelentscheidung voraus, dass die Notlage, insbesondere der Hilfebedarf noch zur Zeit der letzten Entscheidung besteht (vgl. zB BVerwG 31. August 1995 - 5 C 9/94 - BVerwGE 99, 149). Geht es dabei, wie bei der besonderen Klientel der Klägerin häufig, in einer Art unmittelbarer Krisenintervention um den laufenden notwendigen Lebensunterhalt, kann er nicht nachträglich gewährt werden. Bei der - manchmal lebensnotwendigen - „Selbstbeschaffung“ vor Leistungsgewährung handelt der Hilfebedürftige auf eigene Gefahr. Hinzu kommt, dass die besonderen Klienten der Klägerin gegen ablehnende Entscheidungen nur sehr selten Rechtsbehelfe und -mittel ergreifen. Sie verfügen oftmals nicht über die Möglichkeiten, sich gegen eine Ablehnung ihres Gesuchs zu wehren. Die Klägerin hat überzeugend dargelegt, dass die Sachbearbeiterin zumeist die erste und letzte Instanz ist.

46

Dem kann nicht - wie das Landesarbeitsgericht meint - entgegengehalten werden, dass die Möglichkeit besteht, gegen jede Entscheidung ein Rechtsmittel einzulegen. Wie dargelegt kann es nach der Rechtsprechung des Senats für das Vorliegen einer besonderen Verantwortung auch auf die rein faktischen Wirkungen ankommen, die die Entscheidung einer Beschäftigten hat, ungeachtet der rechtlichen Anfechtungsmöglichkeiten, wenn diese aus bestimmten Gründen tatsächlich nicht wahrgenommen werden oder werden können. Dies gilt insbesondere, wenn es - wie bei einem großen Teil der Klientel der Klägerin - um die Sicherung der unmittelbaren Lebensgrundlagen geht.

47

(4) Aus der Gesamtschau der dargelegten Fakten, die für eine herausgehobene besondere Verantwortung im Sinne des Tätigkeitsmerkmals der VergGr. IVb Fallgr. 1a BAT-O herangezogen werden können, ergibt sich bezogen auf die besondere Arbeitssituation der Klägerin die Erfüllung der tariflichen Anforderung. Die Auswirkungen ihrer Maßnahmen und Entscheidungen, deren Eingriff in die existenziellen Lebensverhältnisse der betroffenen Hilfesuchenden, die in der Realität häufig auch eine faktische „Letztentscheidung“ ist, sind unter Berücksichtigung der sozialhilferechtlichen Grundsätze von einer Tragweite, dass die hierfür mit ihrer Tätigkeit verbundene Verantwortung deutlich und beträchtlich über diejenige hinausgeht, die mit einer Tätigkeit nach der VergGr. Vb Fallgr. 1a BAT-O in der allgemeinen Sozialhilfesachbearbeitung verbunden zu sein pflegt.

48

cc) Schließlich stellen sich diese Anforderungen innerhalb der Tätigkeit der Klägerin auch in rechtserheblichem Umfang.

49

(1) Für die Erfüllung der tariflichen Anforderungen ist es ausreichend, wenn besonders verantwortungsvolle Tätigkeiten innerhalb des Arbeitsvorgangs in rechtlich erheblichem Ausmaß vorliegen. Nicht erforderlich ist es, dass innerhalb eines Arbeitsvorgangs solche Tätigkeiten ihrerseits in dem von § 22 Abs. 2 Unterabs. 2 und Unterabs. 4 BAT-O bestimmten Maß anfallen. Voraussetzung ist, dass ohne sie ein sinnvoll verwertbares Arbeitsergebnis nicht erzielt werden könnte. Dabei kann die Erfüllung dieser Voraussetzung nicht davon abhängen, ob nach dem Ende der Arbeitseinheit festgestellt wird, dass bei dem Erzielen des Arbeitsergebnisses die höchste qualitative Anforderung in einem bestimmten zeitlichen Ausmaß auch tatsächlich abgerufen wurde. Entscheidend ist, dass zu Beginn der Tätigkeit die Fähigkeit, dieser qualitativen Anforderung gerecht zu werden, allgemein bereitgehalten werden muss, weil sie nach der arbeitsvertraglichen Aufgabenstellung jederzeit, wenn auch in einem nicht vorhersehbaren Umfang, eingesetzt werden muss. Dieser qualitativ bestimmte Maßstab folgt insbesondere daraus, dass die Tarifvertragsparteien des BAT-O den Arbeitsvorgang zur grundlegenden und universalen Bezugsgröße für die Eingruppierung gemacht haben (st. Rspr., zB BAG 21. März 2012 - 4 AZR 286/10 - Rn. 43 mwN; 25. Januar 2012 - 4 AZR 264/10 - Rn. 49, BAGE 140, 311).

50

(2) Diese Voraussetzungen liegen hier vor. Die Klägerin hat insofern unwidersprochen vorgetragen, dass die besonders schutzwürdigen Klienten unter den älteren Hilfesuchenden und jungen Erwerbsunfähigen, auf deren Situation sich ihre Entscheidungen in gewichtig gesteigerter Weise auswirken, bei 30 vH liegt und dass deren Betreuung und die sie betreffende Sachbearbeitung zudem zumindest die Hälfte ihrer Arbeitszeit ausmacht.

51

c) Die Klägerin ist innerhalb der Entgeltgruppe 9 TVöD/VKA der Entwicklungsstufe 6 zuzuordnen. Sie hat am 1. Oktober 2012 die nach § 16 Abs. 3 Satz 1 TVöD/VKA vorgesehenen fünf Jahre einer ununterbrochenen Tätigkeit nach der Entgeltgruppe 9 Stufe 5 TVöD/VKA absolviert. Hierüber streiten die Parteien auch nicht.

52

II. Die Kosten des Rechtsstreits hat die Beklagte zu tragen, weil sie unterlegen ist, § 91 Abs. 1 ZPO.

        

    Creutzfeldt    

        

    Treber    

        

    Rinck    

        

        

        

    Fritz    

        

    Steding    

                 

Tenor

1. Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts München vom 19. Oktober 2012 - 6 Sa 488/12 - wird zurückgewiesen.

2. Der Kläger hat die Kosten der Revision zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über die zutreffende Eingruppierung des Klägers.

2

Der Kläger ist seit Juni 1990 bei der Beklagten in der Außenstelle M des Bundesamtes für Güterverkehr (im Folgenden BAG) als Sachbearbeiter für Ordnungswidrigkeitenverfahren gegen Gebietsfremde beschäftigt. Auf das Arbeitsverhältnis der Parteien finden die Bestimmungen des Bundes-Angestelltentarifvertrags (BAT) bzw. nachfolgend des Tarifvertrags des öffentlichen Dienstes vom 13. September 2005 (TVöD) aufgrund vertraglicher Bezugnahme Anwendung. Der Kläger erhielt nach Überleitung aus der VergGr. Vb Fallgr. 1a BAT ein Entgelt nach der Entgeltgruppe 9 TVöD. Zum 1. Januar 2011 erfolgte ein Bewährungsaufstieg in die VergGr. IVb Fallgr. 1b BAT, der allerdings keine Änderung der Entgeltgruppe nach sich zog.

3

Der Kläger ist mit der Prüfung von Zuständigkeiten und Voraussetzungen, der Durchführung ergänzender Ermittlungen, der Bewertung von Sachverhalten bei Verstößen sowie der Durchführung von Anhörungen und anschließenden Entscheidungen des BAG in Ordnungswidrigkeitenverfahren gegen Gebietsfremde betraut. Seine Aufgabe umfasst die Feststellung und Bewertung sämtlicher Ordnungswidrigkeiten, insbesondere von bußgeldbewährten Verstößen gegen das Güterkraftverkehrsgesetz, das Berufskraftfahrerqualifikationsgesetz, das Fahrpersonalgesetz, das Straßenverkehrsgesetz und die Straßenverkehrsordnung, das Gesetz über die Beförderung gefährlicher Güter, das Gesetz zur Förderung der Kreislaufwirtschaft und Sicherung umweltverträglicher Beseitigung von Abfällen, das Abfallverbringungsgesetz, das Übereinkommen über sichere Container, das Personalbeförderungsgesetz, das Tierschutzrecht und die Lebensmitteltransportbehälterverordnung, die von Gebietsfremden aus 16 unterschiedlichen Herkunftsstaaten - größtenteils, aber nicht ausschließlich EU-Mitgliedstaaten - begangen werden. Die weit überwiegend zu bearbeitenden Verstöße betreffen das Fahrpersonalrecht, das Gefahrgutrecht, das Güterkraftverkehrsrecht und das Abfallrecht. Seine Tätigkeit umfasst die Abgabe von Verfahren an andere Verwaltungsbehörden im Falle der Unzuständigkeit des BAG, die Erteilung von Verwarnungen mit oder ohne Verwarnungsgeld, den Erlass von Bußgeldbescheiden, die Entscheidung über Zahlungserleichterungen oder die Niederschlagung von Forderungen sowie die Bearbeitung sonstiger Anfragen von Verkehrsbehörden, Betroffenen oder Dritten und die Abgabe von Verfahren an die Staatsanwaltschaft bei Verdacht einer Straftat.

4

Der Kläger bearbeitet die Ordnungswidrigkeiten zu 82 vH seiner Arbeitszeit, zu 15 vH behandelt er Einsprüche und erstellt Kostenfestsetzungsbescheide. In der restlichen Arbeitszeit (3 vH) betreut er schriftliche oder telefonische Anfragen Dritter.

5

Die im Juli 2009 vom Kläger beantragte Höhergruppierung in die Entgeltgruppe 10 TVöD lehnte die Beklagte ab.

6

Mit seiner Klage hat der Kläger sein Begehren weiterverfolgt und die Auffassung vertreten, dass seine Tätigkeit nach der VergGr. IVa Fallgr. 1a BAT zu bewerten sei. Seine Tätigkeit hebe sich nicht nur wegen seiner besonderen Verantwortung, sondern auch wegen der besonderen Schwierigkeit aus der VergGr. IVb Fallgr. 1a BAT heraus. Schon die Tatbestandsermittlung und -bewertung sei sehr komplex. Umfangreiche Softwarekenntnisse, etwa des komplizierten Programms „TachoScanControl 1.9“, seien bereits bei der Erfassung des Sachverhalts erforderlich. Nach der Datenübermittlung bedürfe es regelmäßig individueller Nachprüfungen, Sichtbarmachungen und Korrekturen der Daten sowie konkreter Nachfragen. Er benötige hierzu hinreichende Technikkenntnisse, etwa bezüglich der Besonderheiten der unterschiedlichen Fahrzeugtypen. Er müsse eine Vielzahl von Rechtsvorschriften, insbesondere internationale und bilaterale Abkommen, kennen und anwenden, da die Ordnungswidrigkeiten aus den verschiedenen Rechtsgebieten einen Auslandsbezug aufwiesen. Dies mache seine Aufgabe schwierig, selbst wenn die Ahndung nach deutschem Recht erfolge. Er müsse prüfen, ob dem betroffenen Ausländer ein individueller Schuldvorwurf gemacht werden könne und müsse bei der Bestimmung der Bußgeldhöhe die ausländischen Lebensverhältnisse beachten. Anders als ein kommunaler Sachbearbeiter für Ordnungswidrigkeiten arbeite er mit der Bundespolizei und den Polizeien anderer Bundesländer zusammen. Die Komplexität der von ihm zu bearbeitenden Materie zeige sich beispielhaft am Umfang des Tatbestandskatalogs zum Fahrpersonalgesetz, der allein 115 Seiten umfasse und durch die Fahrpersonalverordnung und europarechtliche Vorschriften ergänzt werde. Auch würden ständig die anzuwendenden Gesetze geändert, in den Jahren 2004 bis 2009 allein mehr als 42 Mal, was häufig mit technischen und fachspezifischen Änderungen und Weiterungen verbunden sei. Da er im Namen der Bundesrepublik Deutschland gegenüber Ausländern tätig werde, sei seine Tätigkeit für das Ansehen der Bundesrepublik Deutschland im Ausland von gesteigerter Bedeutung.

7

Der Kläger hat zuletzt beantragt

        

festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, ihm ab August 2009 Vergütung nach der Entgeltgruppe 10 und ab Februar 2011 nach der Entgeltgruppe 11 TVöD zu zahlen.

8

Die Beklagte hat zur Begründung ihres Klageabweisungsantrags ausgeführt, dass die Tätigkeit des Klägers nicht die Voraussetzungen der VergGr. IVa Fallgr. 1a BAT erfülle. Sie hebe sich nicht durch besondere Schwierigkeit und Bedeutung aus der Ausgangsvergütungsgruppe heraus. Die vom Kläger beschriebenen Umstände und Tätigkeiten würden bereits sämtlich in der VergGr. IVb Fallgr. 1a BAT berücksichtigt. Er müsse die anzuwendenden Gesetze und Vorschriften nicht umfassend beherrschen, es genüge die Kenntnis der bußgeldrelevanten Tatbestände der inländischen Normen und europäischen Verordnungen, da er die durch den Straßenkontrolldienst des BAG oder durch Berichte anderer Behörden ermittelten Sachverhalte nur unter die Rechtsvorschriften zu subsumieren und im Rahmen eines vorgegebenen Entscheidungsspielraums in einem IT-gestützten und reglementierten Verfahren Bußgelder festzulegen habe. Die eingesetzte Software erfordere nach einer ersten Einarbeitung keinen besonderen Sachverstand, sie vereinfache und strukturiere vielmehr das vom Kläger zu bearbeitende Massengeschäft. Er könne die Bescheide regelmäßig ohne Hinzuziehung weiterer Gesetzestexte oder rechtlicher Recherchen erstellen. Auch die Berücksichtigung der wirtschaftlichen Verhältnisse der jeweiligen Betroffenen in ihrem Heimatland erfolge grundsätzlich standardisiert durch dem Kläger vorgegebene Staatenabschläge für Fahrer aus bestimmten mittel- und osteuropäischen Staaten. Lediglich hinsichtlich der abgrenzbaren, im Rahmen der Gesamttätigkeit allerdings untergeordneten Teilaufgabe der Zustellung der Bescheide im Ausland sowie hinsichtlich bestimmter Registerabfragen habe er ausländisches Recht zu beachten.

9

Die Vorinstanzen haben die Klage abgewiesen. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision verfolgt der Kläger sein Begehren weiter.

Entscheidungsgründe

10

Die zulässige Revision des Klägers hat keinen Erfolg. Die Vorinstanzen haben die Klage zu Recht abgewiesen.

11

Die als Eingruppierungsfeststellungsklage ohne Weiteres zulässige (vgl. dazu BAG 13. Mai 2015 - 4 AZR 355/13 - Rn. 9) Klage ist unbegründet. Die Tätigkeit des Klägers erfüllt nicht die Anforderungen des Tätigkeitsmerkmals der VergGr. IVa Fallgr. 1a BAT. Nach der erfolgten Tarifsukzession zum 1. Oktober 2005 war der Kläger daher nicht gemäß § 4 Abs. 1 iVm. Anlage 2 zum Tarifvertrag zur Überleitung der Beschäftigten des Bundes in den TVöD und zur Regelung des Übergangsrechts vom 13. September 2005 (TVÜ-Bund) in der bis 31. Dezember 2013 geltenden Fassung in Entgeltgruppe 10 bzw. 11 TVöD überzuleiten. Somit bleibt es auch für den Zeitraum nach Inkrafttreten von §§ 24 ff. TVÜ-Bund sowie des Tarifvertrags über die Entgeltordnung des Bundes vom 5. September 2013 (TV EntgO Bund) zum 1. Januar 2014 bei der bisherigen Eingruppierung (§ 25 Abs. 1 TVÜ-Bund).

12

I. Auf das Arbeitsverhältnis der Parteien findet kraft arbeitsvertraglicher Inbezugnahme der BAT in der jeweiligen Fassung und nachfolgend - in der Zeit ab dem 1. Oktober 2005 - der ihn ablösende TVöD Anwendung. Für die Eingruppierung des Klägers ist trotz des zwischenzeitlichen Inkrafttretens von §§ 24 ff. TVÜ-Bund sowie des TV EntgO Bund zum 1. Januar 2014 weiterhin § 17 Abs. 1 Satz 1, § 4 Abs. 1 iVm. der Anlage 2 zum TVÜ-Bund in der bis zum 31. Dezember 2013 geltenden Fassung maßgebend. Der Kläger gehört zwar zu den „in den TVöD übergeleiteten Beschäftigten“ iSv. § 24 Satz 1 TVÜ-Bund, „deren Arbeitsverhältnis zum Bund über den 31. Dezember 2013 hinaus fortbesteht und die am 1. Januar 2014 unter den Geltungsbereich des TVöD fallen“. Für diese Beschäftigten gelten ab 1. Januar 2014 jedoch die §§ 12, 13 TVöD (Bund) als neue Eingruppierungsvorschriften nicht, wenn sich ihre Tätigkeit zwischenzeitlich nicht geändert hat. Dies ergibt sich aus § 25 Abs. 1 TVÜ-Bund iVm. der Protokollerklärung zu Absatz 1. Danach verbleibt es grundsätzlich auch nach dem 1. Januar 2014 bei der einmal anlässlich der Überleitung vom BAT in den TVöD erfolgten Eingruppierung. Die vorläufige Zuordnung zu der Entgeltgruppe des TVöD nach der Anlage 2 oder 4 TVÜ-Bund gilt gemäß der Protokollerklärung als Eingruppierung. Eine Überprüfung und Neufeststellung der Eingruppierungen findet aufgrund der Überleitung in den TV EntgO Bund danach nicht statt.

13

II. Der Kläger erfüllt nicht die Voraussetzungen für eine Vergütung nach der Entgeltgruppe 10 TVöD.

14

Der Kläger hat nicht dargelegt, dass seine gesamte auszuübende Tätigkeit iSd. § 22 Abs. 2 Unterabs. 2 Satz 1 und Unterabs. 4 BAT den von der VergGr. IVa BAT geforderten Anforderungen entspricht, indem die seine Gesamtarbeitszeit ausfüllenden Arbeitsvorgänge im tariflich geforderten zeitlichen Umfang von mindestens der Hälfte (Fallgruppe 1a) oder zu einem Drittel (Fallgruppe 1b) der Gesamtarbeitszeit die Anforderungen eines oder mehrerer der dort genannten Tätigkeitsmerkmale erfüllen. Diese Regelung der Anlage 1a zum BAT gilt nach § 17 Abs. 1 Satz 1 TVÜ-Bund in der bis zum 31. Dezember 2013 geltenden Fassung über den 30. September 2005 hinaus fort.

15

1. Bei der Prüfung ist von dem von der Senatsrechtsprechung entwickelten Begriff des Arbeitsvorgangs auszugehen. Dabei handelt es sich um eine unter Hinzurechnung der Zusammenhangstätigkeiten bei Berücksichtigung einer sinnvollen, vernünftigen Verwaltungsübung nach tatsächlichen Gesichtspunkten abgrenzbare und rechtlich selbständig zu bewertende Arbeitseinheit der zu einem bestimmten Arbeitsergebnis führenden Tätigkeit eines Angestellten (st. Rspr. zu Protokollnotiz Nr. 1 zu § 22 Abs. 2 BAT, zB BAG 21. März 2012 - 4 AZR 292/10 - Rn. 14). Maßgebend für die Bestimmung des Arbeitsvorgangs ist das Arbeitsergebnis (st. Rspr., zuletzt bspw. BAG 13. Mai 2015 - 4 AZR 355/13 - Rn. 15 mwN). Die tarifliche Wertigkeit der verschiedenen Einzeltätigkeiten oder Arbeitsschritte bleiben dabei zunächst außer Betracht. Erst nachdem die Bestimmung des Arbeitsvorgangs erfolgt ist, ist dieser anhand des in Anspruch genommenen Tätigkeitsmerkmals zu bewerten (BAG 13. Mai 2015 - 4 AZR 355/13 - Rn. 16; 18. März 2015 - 4 AZR 59/13 - Rn. 17). Bei der Zuordnung zu einem Arbeitsvorgang können wiederkehrende und gleichartige Leistungen zusammengefasst werden, wenn die verschiedenen Arbeitsschritte nicht von vornherein auseinandergehalten und organisatorisch voneinander getrennt sind. Dafür reicht die theoretische Möglichkeit nicht aus, solange sie nach der tatsächlichen Arbeitsorganisation des Arbeitgebers als einheitliche Arbeitsaufgabe einer Person auch übertragen sind. Tatsächlich getrennt sind Arbeitsschritte nicht, wenn sich erst im Lauf der Bearbeitung herausstellt, welchen tariflichen Schwierigkeitsgrad der einzelne Fall aufweist (BAG 13. Mai 2015 - 4 AZR 355/13 - Rn. 16 mwN; 21. August 2013 - 4 AZR 933/11 - Rn. 14, BAGE 146, 22). Bei der Zuordnung der Tätigkeiten des Arbeitnehmers hat das Tatsachengericht einen Beurteilungsspielraum (BAG 21. März 2012 - 4 AZR 292/10 - Rn. 14).

16

2. Danach ist die Bewertung des Landesarbeitsgerichts, bei der vom Kläger auszuübenden Tätigkeit handele es sich um zwei Arbeitsvorgänge, nämlich die Bearbeitung ordnungswidrigkeitsrechtlicher Kontrollberichte und Anzeigen sowie von Einsprüchen einerseits mit einem Anteil von 97 vH der Gesamtarbeitszeit und der Bearbeitung von schriftlichen und telefonischen Anfragen Dritter mit einem Zeitanteil von 3 vH der Gesamtarbeitszeit andererseits, revisionsrechtlich nicht zu beanstanden.

17

Das Landesarbeitsgericht hat die Behandlung etwaiger Einsprüche zu Recht nicht als einen von dem ursprünglichen Bußgeldverfahren getrennten, eigenständigen Arbeitsvorgang angesehen. Die Tätigkeit des Klägers dient insoweit insgesamt der Prüfung, ob eine Ordnungswidrigkeit eines Gebietsfremden gegeben und auf welche Weise sie ggf. zu ahnden ist. Arbeitsergebnis der Prüfung ist die Frage, ob eine Ordnungswidrigkeit vorliegt und ob bzw. wie diese verfahrensmäßig verfolgt wird. Die Tätigkeit ist dabei auf den Abschluss des Bußgeldverfahrens im Rahmen der Verwaltungszuständigkeit des BAG gerichtet. Abgeschlossen ist das Verfahren erst nach der Entscheidung über einen etwaigen Einspruch. Demnach ist es revisionsrechtlich nicht zu beanstanden, die Sachverhaltsermittlung und Entscheidung im Ausgangsverfahren bei eingelegtem Einspruch nach der Organisation der Beklagten nur als unselbständigen Zwischenschritt innerhalb eines Arbeitsvorgangs zu begreifen (vgl. BAG 15. Oktober 1986 - 4 AZR 548/85 -).

18

3. Für die tarifliche Bewertung der Tätigkeit des Klägers sind die nachstehenden Tätigkeitsmerkmale der Vergütungsordnung Teil I Allgemeiner Teil der Anlage 1a zum BAT maßgebend:

        

Vergütungsgruppe V b

        

1 a. Angestellte im Büro-, Buchhalterei-, sonstigen Innendienst und im Außendienst, deren Tätigkeit gründliche, umfassende Fachkenntnisse und selbständige Leistungen erfordert.

        

Vergütungsgruppe IV b

        

1 a. Angestellte im Büro-, Buchhalterei-, sonstigen Innendienst und im Außendienst, deren Tätigkeit sich dadurch aus der Vergütungsgruppe V b Fallgruppe 1 a heraushebt, dass sie besonders verantwortungsvoll ist. …

        

Vergütungsgruppe IV a

        

1 a. Angestellte im Büro-, Buchhalterei-, sonstigen Innendienst und im Außendienst, deren Tätigkeit sich durch besondere Schwierigkeit und Bedeutung aus der Vergütungsgruppe IV b Fallgruppe 1 a heraushebt.

        

1 b. Angestellte im Büro-, Buchhalterei-, sonstigen Innendienst und im Außendienst, deren Tätigkeit sich mindestens zu einem Drittel durch besondere Schwierigkeit und Bedeutung aus der Vergütungsgruppe IV b Fallgruppe 1 a heraushebt.“

19

4. Die Tätigkeitsmerkmale der genannten Fallgruppen bauen aufeinander auf. Bei Aufbaufallgruppen ist nach der ständigen Rechtsprechung des Senats zunächst zu prüfen, ob die Anforderungen der Ausgangsfallgruppe erfüllt werden. Anschließend ist zu klären, ob die qualifizierenden Merkmale der höheren Vergütungsgruppe vorliegen (zB BAG 19. Mai 2010 - 4 AZR 912/08 - Rn. 27 mwN). Danach muss ein Arbeitnehmer die allgemeinen Voraussetzungen der VergGr. Vb Fallgr. 1a BAT und die der darauf aufbauenden VergGr. IVb Fallgr. 1a BAT und IVa Fallgr. 1a oder 1b BAT erfüllen. Mit einer Eingruppierungsfeststellungsklage sind diejenigen Tatsachen vorzutragen und im Bestreitensfalle zu beweisen, aus denen der rechtliche Schluss möglich ist, die beanspruchten tariflichen Tätigkeitsmerkmale seien unter Einschluss der darin vorgesehenen Qualifizierungen im geforderten zeitlichen Umfang erfüllt. Für einen schlüssigen Vortrag genügt dabei eine genaue Darstellung der eigenen Tätigkeit nicht, wenn ein Heraushebungsmerkmal in Anspruch genommen wird. Allein aus der Betrachtung der jeweiligen Tätigkeit sind noch keine Rückschlüsse darauf möglich, ob sie sich gegenüber derjenigen eines Angestellten der VergGr. Vb Fallgr. 1a BAT oder der VergGr. IVb Fallgr. 1a BAT entsprechend den Qualifizierungsmerkmalen heraushebt und eine Eingruppierung in der VergGr. IVa Fallgr. 1a oder 1b BAT begründet. Diese Wertung erfordert vielmehr einen Vergleich mit den nicht herausgehobenen Tätigkeiten, also den „Normaltätigkeiten“ der Ausgangsfallgruppe, und setzt einen entsprechenden Tatsachenvortrag voraus. Die vorgetragenen Tatsachen müssen erkennen lassen, warum sich eine bestimmte Tätigkeit aus der in der Ausgangsfallgruppe erfassten Grundtätigkeit hervorhebt und einen wertenden Vergleich mit dieser nicht unter das Heraushebungsmerkmal fallenden Tätigkeit erlauben (st. Rspr., etwa BAG 25. Februar 2009 - 4 AZR 20/08 - Rn. 27 mwN).

20

5. Auf der Grundlage seines Vortrags erfüllt die Tätigkeit des Klägers nach diesen Maßstäben zwar die Anforderungen des Tätigkeitsmerkmals der Ausgangsvergütungsgruppe Vb Fallgr. 1a BAT und der darauf aufbauenden VergGr. IVb Fallgr. 1a BAT, nicht jedoch der Fallgruppe 1a oder 1b der VergGr. IVa BAT.

21

a) Die Tätigkeit des Klägers erfüllt die Anforderungen der Ausgangsvergütungsgruppe (VergGr. Vb Fallgr. 1a BAT). Sie erfordert gründliche, umfassende Fachkenntnisse sowie selbständige Leistungen. Darüber hinaus ist sie auch besonders verantwortungsvoll (VergGr. IVb Fallgr. 1a BAT).

22

Das Landesarbeitsgericht durfte sich auf eine pauschale, summarische Prüfung beschränken. Eine solche ist ausreichend, soweit - wie hier - die Tätigkeit des Angestellten zwischen den Parteien unstreitig ist und der Arbeitgeber selbst die Tätigkeitsmerkmale als erfüllt ansieht (zB BAG 9. Mai 2007 - 4 AZR 351/06 - Rn. 23 mwN). Das Landesarbeitsgericht hat rechtsfehlerfrei angenommen, die Anforderungen der Tätigkeitsmerkmale der VergGr. Vb Fallgr. 1a und IVb Fallgr. 1a BAT seien erfüllt. Gegen diese Wertung wendet sich auch keine der Parteien.

23

b) Der Kläger hat jedoch nicht dargetan, dass die von ihm auszuübende Tätigkeit sich hinsichtlich der Anforderungen durch besondere Schwierigkeit und Bedeutung aus der VergGr. IVb Fallgr. 1a BAT heraushebt. Es fehlt bereits an der Darlegung von Tatsachen, die den erforderlichen wertenden Vergleich ermöglichen. Hiervon ist das Landesarbeitsgericht rechtsfehlerfrei ausgegangen.

24

aa) Ein wertender Vergleich betreffend die tariflichen Heraushebungsmerkmale der „besondere[n] Schwierigkeit und Bedeutung“ verlangt zunächst die Benennung einer Vergleichsgruppe von Arbeitnehmern, deren Tätigkeiten entsprechend der Vergütungsgruppe IVb Fallgr. 1a BAT bewertet sind. Um vergleichbar zu sein, muss die Tätigkeit dieser Arbeitnehmer zumindest eine Reihe von gemeinsamen Merkmalen mit derjenigen aufweisen, die vom klagenden Arbeitnehmer ausgeübt wird. Sodann ist darzulegen, dass die von den Arbeitnehmern der Vergleichsgruppe ausgeübten Tätigkeiten (mindestens) die Anforderungen der Tätigkeitsmerkmale dieser Vergütungsgruppe erfüllen. Hierfür können rechtskräftige Entscheidungen der Gerichte für Arbeitssachen, namentlich des Bundesarbeitsgerichts, als Indiz herangezogen werden, wenn in ihnen eine entsprechende tarifliche Bewertung dieser Tätigkeit vorgenommen wurde. Dabei ist jedoch zu beachten, dass arbeitsgerichtliche Entscheidungen in Eingruppierungsrechtsstreitigkeiten regelmäßig nicht zwingend verallgemeinerungsfähige Aussagen über die dort beurteilte Tätigkeit im Allgemeinen enthalten. So mag beispielsweise eine Klageabweisung ua. dem Umstand geschuldet sein, dass die klagende Partei keinen schlüssigen Klagevortrag erbracht hat (vgl. BAG 21. Januar 2015 - 4 AZR 253/13 - Rn. 35).

25

bb) In einem zweiten Schritt ist dieser Vergleichstätigkeit die dabei wahrzunehmende „Normalschwierigkeit“ bzw. „Normalbedeutung“ zuzuordnen und ihr die besondere Schwierigkeit und Bedeutung der Tätigkeit des klagenden Arbeitnehmers gegenüberzustellen (vgl. BAG 21. Januar 2015 - 4 AZR 253/13 - Rn. 36).

26

(1) Die tarifliche Anforderung der besonderen Schwierigkeit einer Tätigkeit bezieht sich dabei auf die fachliche Qualifikation des Angestellten, also sein fachliches Können und seine fachliche Erfahrung. In der VergGr. IVa Fallgr. 1a BAT wird somit ein Wissen und Können verlangt, das die Anforderungen der VergGr. IVb Fallgr. 1a BAT in gewichtiger Weise, dh. beträchtlich, übersteigt (BAG 19. Mai 2010 - 4 AZR 912/08 - Rn. 37 mwN).

27

(2) Die weitere tarifliche Anforderung der Bedeutung knüpft an die bestehende Bedeutung des Aufgabenkreises an, dh. an die Größe des Aufgabengebiets, die Tragweite der zu bearbeitenden Materie oder die Auswirkungen der Tätigkeit für den innerdienstlichen Bereich, die betroffenen Bürger oder die Allgemeinheit. Die Bedeutung muss - aufgrund ihres Gehalts als Heraushebungsmerkmal - zumindest zu einer deutlich wahrnehmbar gesteigerten Tätigkeitsanforderung gegenüber den voranstehenden Vergütungsgruppen führen (BAG 21. März 2012 - 4 AZR 292/10 - Rn. 22 mwN).

28

cc) Erst wenn in dieser Form den jeweils in Betracht kommenden Tätigkeitsmerkmalen der zu vergleichenden Vergütungsgruppen zumindest hinsichtlich der Ausgangsvergütungsgruppe eine im weiteren Sinne „unstreitige“ Bewertung einer vergleichbaren Tätigkeit zugrunde liegt, kann der - behauptete - Unterschied der jeweiligen Schwierigkeit und Bedeutung anhand der genannten Maßstäbe bewertet werden (vgl. BAG 21. Januar 2015 - 4 AZR 253/13 - Rn. 37).

29

c) Ausgehend von diesem Maßstab genügt der Vortrag des Klägers nicht den Darlegungsanforderungen.

30

Der Kläger hat zwar - worauf er in der Revisionsbegründung zutreffend verweist - bereits erstinstanzlich auf das Urteil des Senats vom 15. Oktober 1986 (- 4 AZR 548/85 -) Bezug genommen und ausgeführt, der Senat habe dort hinsichtlich einer kommunalen Bußgeldsachbearbeiterin die Voraussetzungen der VergGr. IVb Fallgr. 1a BAT bejaht; ferner hat er zu seiner eigenen Tätigkeit vorgetragen. Dies reicht im Ergebnis jedoch für einen wertenden Vergleich nicht aus.

31

aa) Schon grundsätzlich reicht der bloße Verweis auf ein Urteil des Bundesarbeitsgerichts zur Darlegung einer Vergleichstätigkeit nicht aus, wenn zum konkreten Inhalt der Vergleichstätigkeit kein detaillierter Vortrag erbracht wird. Der Hinweis des Senats, rechtskräftige Entscheidungen des Bundesarbeitsgerichts könnten zumindest als Indiz für eine entsprechende tarifliche Bewertung dieser Tätigkeiten herangezogen werden, entbindet einen Kläger nicht von der konkreten Darstellung der Tätigkeit der Vergleichsgruppe. Diese Tätigkeit ist nach Inhalt, Art und Ausgestaltung der wesentliche Bezugspunkt des wertenden Vergleichs und daher im Einzelnen präzise darzustellen. Die herangezogene Tätigkeit eines „kommunalen Bußgeldsachbearbeiters“ hat der Kläger jedoch nicht konkret umschrieben. Er hat lediglich pauschal vorgetragen, dessen Tätigkeit sei mit seiner Tätigkeit im Wesentlichen gleich; dieser habe in einer Kommune zu ermitteln, ob eine Ordnungswidrigkeit vorliege und wie diese ggf. zu ahnden sei.

32

bb) Zu Recht hat das Landesarbeitsgericht deshalb angenommen, der Vortrag des Klägers lasse damit nicht erkennen, dass seine Tätigkeit von „besonderer Schwierigkeit und Bedeutung“ ist. Damit bewegt sich das Landesarbeitsgericht in dem ihm zustehenden Beurteilungsspielraum (vgl. dazu zB BAG 27. August 2008 - 4 AZR 470/07 - Rn. 20 mwN).

33

(1) Soweit der Kläger auf die Größe des Aufgabengebiets und die Vielzahl der dabei anzuwendenden Rechtsvorschriften hinweist und hieraus - sowie aus der häufigen Veränderung dieser Vorschriften - auf eine besondere Schwierigkeit der Tätigkeit schließt, fehlt es bezüglich der vom Kläger selbst herangezogenen Vergleichsgruppe der kommunalen Bußgeldsachbearbeiter an einer substantiierten Darlegung eines Vergleichs der jeweils anzuwendenden Rechtsvorschriften.

34

(a) Seine Behauptung, er habe neben den Regelungen, die nach der Entscheidung des Senats vom 15. Oktober 1986 von den kommunalen Bußgeldsachbearbeitern anzuwenden seien, weit darüber hinausgehende Aufgaben zu betreuen und „weitere … Vorschriften“ anzuwenden, ist offensichtlich unzutreffend. Die von der seinerzeitigen Klägerin ausgeführten Tätigkeiten waren ausweislich des Tatbestands des Senatsurteils vom 15. Oktober 1986:

        

„1)     

Verantwortliche Sachbearbeitung und selbständige Entscheidung nach dem/der:

                 

Gefahrgutgesetz i. V. m. Gefahrgut-VO, Güterkraftverkehrsgesetz, Personenbeförderungsgesetz i.V.m. BO Kraft, Fahrlehrergesetz, Bundesfernstraßen- und Landesstraßengesetz, Handwerksordnung/Gesetz zur Bekämpfung der Schwarzarbeit, Gewerbeordnung, Abfallbeseitigungsgesetz, Abgrabungsgesetz, Wasserhaushaltsgesetz, Wasserschutzgebiets-VO, Landesimmissionsschutzgesetz, Landschaftsschutzgesetz, Landesjagdgesetz, Landesfischereigesetz, Tierschutzgesetz, Viehseuchengesetz u.a.

        

2)    

Entgegennahme und Entscheidung über eingelegte Rechtsmittel (Einsprüche, Anträge auf gerichtliche Entscheidung), und ggf. Durchführung weiterer Ermittlungstätigkeit.

        

3)    

Entscheidung über Kostenerstattungsanträge …

                          
        

4)    

Entgegennahme von Ratenzahlungs- bzw. Stundungsanträgen und ggf. Einholung der für die Entscheidung erforderlichen Unterlagen (Überprüfung der wirtschaftlichen Verhältnisse); in Vertretung des Abteilungsleiters Entscheidung über Stundungs- bzw. Ratenzahlungsanträge.

        

5.    

Rechtliche Beratung von Betroffenen, Zeugen und sonstigen in Ordnungswidrigkeitenangelegenheiten vorsprechenden Personen sowie Beratung von Behörden über Rechts- und Sachfragen - formelles und materielles Recht.“

35

Die dabei in Ziff. 1 genannten Rechtsvorschriften hat der Kläger größtenteils nicht anzuwenden. Er hat nicht zusätzliche, sondern im Wesentlichen andere Rechtsvorschriften zu berücksichtigen.

36

(b) Aus seinen Ausführungen ist auch nicht zu erkennen, dass die von ihm anzuwendenden Gesetze in Anzahl oder Schwierigkeit die in Ziff. 1 der obigen Aufzählung genannten Gesetze und Verordnungen derart übersteigen, dass eine „besondere Schwierigkeit“ im Tarifsinne gegeben wäre. Es fehlt insoweit an jeglicher inhaltlichen Auseinandersetzung.

37

(c) Dies gilt auch für die behauptete umfangreiche Änderung dieser Vorschriften. Die Ausführungen des Klägers hierzu beschränken sich im Wesentlichen darauf, den Inhalt seiner Tätigkeit darzustellen und zu bewerten, ohne die dieser Abstrahierung und Wertung zugrunde liegenden Einzeltatsachen darzulegen und vorzutragen, aus welchen Gründen sich seine Tätigkeit aus der Grundtätigkeit und der Aufbaufallgruppe heraushebt. Dies ist unzureichend (vgl. BAG 19. Mai 2010 - 4 AZR 912/08 - Rn. 40).

38

(2) Soweit der Kläger darauf verweist, er müsse auch technische und spezielle EDV-Kenntnisse („TachoScanControl 1.9“) haben und die Verzahnung dieses Wissens mit seinen rechtlichen Kenntnissen begründe die besondere Schwierigkeit, fehlt es bereits an einer Darlegung, dass dies bei der Tätigkeit der Arbeitnehmer der Vergleichsgruppe nicht oder zumindest nicht in gleichem Umfang der Fall ist. Dabei ist angesichts der Vielzahl der von der kommunalen Bußgeldsachbearbeiterin im angeführten Urteil zu prüfenden Vorschriften, die einen technischen Bezug aufweisen (bspw. Güterkraftverkehrsgesetz, Personenbeförderungsgesetz iVm. BO Kraft, Bundesfernstraßen- und Landesstraßengesetz, Handwerksordnung, Gewerbeordnung, Abfallbeseitigungsgesetz, Abgrabungsgesetz, Wasserhaushaltsgesetz, Wasserschutzgebiets-VO, Landesimmissionsschutzgesetz, Landschaftsschutzgesetz, Landesjagdgesetz, Landesfischereigesetz, Tierschutzgesetz, Viehseuchengesetz), nicht auszuschließen, dass hierfür ebenfalls technische Kenntnisse in vergleichbarem Umfang erforderlich sind. Hierzu fehlt ein Vortrag des Klägers gänzlich.

39

(3) Hinsichtlich der Kenntnisse von „TachoScanControl 1.9“ kommt hinzu, dass das Landesarbeitsgericht im Rahmen seines Beurteilungsspielraums rechtsfehlerfrei angenommen hat, die Verwendung derartiger Software sei nicht nur in der öffentlichen Verwaltung üblich, sondern sie unterstütze und erleichtere - nach einer notwendigen Anlernphase - die Arbeit des Klägers, weshalb eine besondere Schwierigkeit damit gerade nicht begründet werden könne.

40

(4) Auch hinsichtlich des vom Kläger angeführten Auslandsbezugs erweist sich die Würdigung des Landesarbeitsgerichts als rechtsfehlerfrei.

41

(a) Zwar kann davon ausgegangen werden, dass ein kommunaler Bußgeldsachbearbeiter regelmäßig keinen Auslandsbezug bei der Bearbeitung von Bußgeldtatbeständen hat. Indes hat das Landesarbeitsgericht aber zutreffend darauf hingewiesen, dass die Ahndung von Ordnungswidrigkeiten durch den Kläger - selbst wenn außerhalb des Bundesgebiets begangene Taten verfolgt werden - ausschließlich nach deutschem Recht oder nach unmittelbar wirkenden europäischen Verordnungen erfolgt. Dass die Anwendung europäischer Verordnungen oder bilateraler Abkommen zwingend schwieriger ist als die Anwendung der zitierten Rechtsvorschriften durch einen kommunalen Bußgeldsachbearbeiter, hat der Kläger nicht dargelegt.

42

(b) Schließlich rechtfertigt die vom Kläger angeführte Berücksichtigung ausländischen Rechts im Rahmen der individuellen Schuld- und Folgenprüfung, keine andere Beurteilung der fehlenden besonderen Schwierigkeit. Nicht nur der Kläger, sondern auch ein kommunaler Bußgeldsachbearbeiter muss sich ggf. mit der Einwendung auseinandersetzen, die anzuwendende Ordnungswidrigkeitenvorschrift sei unbekannt und es liege ein unvermeidbarer Verbotsirrtum nach § 11 Abs. 2 OWiG vor(siehe zur Vermeidbarkeit von Verbotsirrtümern BeckOK OWiG/Valerius OWiG Stand 15. Oktober 2015 § 11 Rn. 37 ff.).

43

Hinsichtlich der Berücksichtigung der ausländischen Lebensverhältnisse bei der Festsetzung der Höhe des Bußgelds hat das Landesarbeitsgericht zutreffend darauf verwiesen, dass der Kläger die konkreten Lebens- und Einkommensverhältnisse im Heimatland des Gebietsfremden gerade nicht ermitteln muss, sondern er grundsätzlich lediglich die vorgegebenen pauschalierten Staatenabschläge anzuwenden hat.

44

(c) Dass und ggf. weshalb die Zustellungen im Ausland oder die auswärtigen Registerabfragen von besonderer Schwierigkeit im tariflichen Sinne sind, kann dem Vortrag des Klägers ebenfalls nicht entnommen werden.

45

(d) Besondere Sprachkenntnisse wegen des Auslandsbezugs muss der Kläger schon nach seinem eigenen Sachvortrag nicht vorhalten. Die Amtssprache ist deutsch (§ 23 Abs. 1 VwVfG). Dass es wegen der Zusammenarbeit mit Gebietsfremden, etwa bei telefonisch vorgetragenen Einwendungen eines nicht hinreichend der deutschen Sprache mächtigen Betroffenen, vermehrt zu Sprachschwierigkeiten kommen kann, rechtfertigt für sich nicht die Annahme einer „besonderen Schwierigkeit“. Dies gilt umso mehr als auch ein kommunaler Bußgeldsachbearbeiter mit im Inland lebenden und ggf. nicht hinreichend des Deutschen mächtigen Ausländern zu tun haben kann.

46

(5) Die vom Kläger zuletzt als Beleg für den Unterschied zum kommunalen Bußgeldsachbearbeiter angeführte Zusammenarbeit mit der Bundespolizei und den Polizeien unterschiedlicher Bundesländer begründet ebenfalls keine besondere Schwierigkeit der Tätigkeit. Seinem Vortrag ist nicht zu entnehmen, warum die Übermittlung von Kontrollberichten durch unterschiedliche Behörden zu einer gewichtig gesteigerten Schwierigkeit seiner Tätigkeit führen soll.

47

(6) Eine gesteigerte Bedeutung der Tätigkeit des Klägers hat das Landesarbeitsgericht ebenfalls rechtsfehlerfrei verneint.

48

(a) Ein wertender Vergleich ist auf der Basis seines Vortrags schon grundsätzlich nicht möglich. Er hat sich mit der Bedeutung der Tätigkeit der von ihm herangezogenen Vergleichsgruppe der kommunalen Bußgeldsachbearbeiter nicht hinreichend befasst, sondern lediglich die Bedeutung seiner eigenen Tätigkeit herausgestrichen.

49

(b) Soweit das Landesarbeitsgericht in diesem Zusammenhang ausgeführt hat, die Tragweite der Entscheidungen des Klägers sei für die Lebensverhältnisse der Gebietsfremden nicht größer als die bei Verhängung von Bußgeldern gegenüber Inländern, ist dies nicht zu beanstanden. Auch ein kommunaler Bußgeldsachbearbeiter hat es mit Tätern ganz unterschiedlicher Einkommens- und Lebensverhältnisse zu tun und muss dies bei der Entscheidung über die Höhe des Bußgelds berücksichtigen. Eine gesteigerte Bedeutung ist demnach nicht erkennbar.

50

(c) Zutreffend hat das Berufungsgericht ferner erkannt, dass auch die Entscheidungsbefugnis des Klägers über Zahlungserleichterungen die Annahme einer gesteigerten Bedeutung seiner Tätigkeit nicht rechtfertigt. Der Kläger hat bereits nicht vorgetragen, dass kommunale Bußgeldsachbearbeiter derartige Entscheidungen nicht treffen dürften. Im Gegenteil ergibt sich aus der vom Kläger herangezogenen Entscheidung des Senats vom 15. Oktober 1986, dass die dortige Sachbearbeiterin Entscheidungen über Ratenzahlungs- oder Stundungsanträge - wenn auch nur in Vertretung des Abteilungsleiters - eigenständig treffen durfte.

51

(d) Ohne Rechtsfehler ist das Landesarbeitsgericht schließlich davon ausgegangen, dass eine gesteigerte Bedeutung der Tätigkeit des Klägers nicht damit begründet werden könne, dass der Kläger die Bundesrepublik im Ausland gegenüber Gebietsfremden repräsentiere. Warum die Repräsentation staatlicher Gewalt gegenüber Bundesbürgern und hier lebenden Ausländern für das staatliche Ansehen unwichtiger oder weniger bedeutungsvoll sein soll, als die Repräsentation gegenüber Gebietsfremden, leuchtet nicht ohne Weiteres ein. Selbst wenn die Außendarstellung der Beklagten im Ausland zweifellos von großer Bedeutung ist, ist das Auftreten der Repräsentanten staatlicher Gewalt im Inland von keiner minderen Bedeutung für die Allgemeinheit.

52

III. Der Kläger hat die Kosten seiner erfolglosen Revision zu tragen (§ 97 Abs. 1 ZPO).

        

    Eylert    

        

    Rinck    

        

    Creutzfeldt    

        

        

        

    Pfeil    

        

    Bredendiek