Bundesgerichtshof Urteil, 20. Juni 2006 - XI ZR 224/05

published on 20/06/2006 00:00
Bundesgerichtshof Urteil, 20. Juni 2006 - XI ZR 224/05
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Landgericht Mosbach, 1 O 218/03, 19/10/2004
Oberlandesgericht Karlsruhe, 6 U 258/04, 27/07/2005

Gericht


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
XI ZR 224/05 Verkündet am:
20. Juni 2006
Herrwerth,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Der XI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche Verhandlung
vom 20. Juni 2006 durch den Vorsitzenden Richter Nobbe, die
Richter Dr. Müller, Dr. Joeres, die Richterin Mayen und den Richter
Prof. Dr. Schmitt

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des 6. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Karlsruhe vom 27. Juli 2005 aufgehoben.
Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung , auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


1
Die klagende Bank begehrt die Rückzahlung eines im August 2003 gekündigten Restdarlehens, während die Beklagte im Wege der Widerklage die bisherigen Zins- und Tilgungsleistungen zurückfordert. Dem liegt folgender Sachverhalt zugrunde:
2
Die Beklagte, eine jetzt 64 Jahre alte selbständige Ärztin, schloss am 23. Dezember/29. Januar 1997 mit der Klägerin einen Darlehensver- trag über 125.000 DM. Der effektive Jahreszins betrug 6,33%, die Tilgung 1% p.a., die Bearbeitungsgebühr 1.250 DM. Das in der Vertragsurkunde als "Wohnbaudarlehen" bezeichnete Darlehen ist durch eine bereits bestehende Briefgrundschuld an einem Hausgrundstück einer aus der Beklagten und ihren Kindern bestehenden Erbengemeinschaft gesichert. Der Darlehensvertrag, der keine Widerrufsbelehrung enthält, kam durch Vermittlung des damaligen Geschäftsführers der V. GmbH (nachfolgend: Vermittler) zustande, der im Auftrag der Beklagten mit Banken über die günstigsten Kreditkonditionen verhandeln sollte. Die Darlehensvaluta von 123.750 DM (125.000 DM - 1.250 DM Bearbeitungsgebühr) überwies die Klägerin im März 1997 auf ein Girokonto der Beklagten.
3
Diese finanzierte damit eine Einlage in eine "typisch stille Gesellschaft" zwischen ihr und der V. GmbH (nachfolgend: GmbH). Das von der GmbH in der Folgezeit beantragte Insolvenzverfahren wurde mangels Masse nicht eröffnet. Ausschüttungen hat die Beklagte als Gesellschafterin nicht erhalten.
4
Mit Schreiben vom 29. Juli 2002 ließ die Beklagte ihre Darlehensvertragserklärung nach dem Haustürwiderrufsgesetz widerrufen. Die Beklagte behauptet: Sie sei von dem Vermittler, der im Zusammenhang mit von ihm vertriebenen und von der Klägerin finanzierten Kapitalanlagen mit dieser langfristig in Geschäftskontakt gestanden und über deren Formulare verfügt habe, zum Abschluss des Kreditvertrages in einer der Klägerin zurechenbaren Haustürsituation bestimmt worden. Bei dem Darlehensvertrag und dem Vertrag über die stille Gesellschaft handele es sich um ein verbundenes Geschäft i.S. des § 9 VerbrKrG. Der Vermittler habe die von der Klägerin finanzierte Gesellschaftseinlage wahrheitswidrig als so sicher wie ein Sparbuch bezeichnet. Das müsse sich die Klägerin , der die desolate finanzielle Lage der GmbH bekannt gewesen sei, zurechnen lassen.
5
Landgericht Das hat der Klage auf Zahlung des offenen Darlehensbetrages von 60.597,93 € zuzüglich Zinsen stattgegeben und die Widerklage der Beklagten auf Rückzahlung in der Zeit von Mai 1997 bis Juli 2003 geleisteter Zins- und Tilgungsraten von 27.761,62 € nebst Zinsen abgewiesen. Die Berufung der Beklagten ist ohne Erfolg geblieben. Mit der - vom erkennenden Senat - zugelassenen Revision verfolgt sie ihren Klageabweisungs- und Widerklageantrag weiter.

Entscheidungsgründe:


6
Revision Die ist begründet; sie führt zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Oberlandesgericht.

I.


7
Das Berufungsgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung im Wesentlichen ausgeführt:
8
Klägerin Der stehe der geltend gemachte Anspruch auf Zahlung des Restdarlehens zu. Der Darlehensvertrag sei aufgrund des Widerrufs der Beklagten nicht in ein Rückabwicklungsverhältnis umgewandelt worden. Ein Widerrufsrecht habe jedenfalls deshalb nicht bestanden, weil die Klägerin sich eine etwaige Haustürsituation nicht zurechnen lassen müsse. Die Entscheidung dieser Frage richte sich nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs nach den zur Anfechtung wegen arglistiger Täuschung entwickelten Grundsätzen. Eine entsprechende Anwendung der in § 123 Abs. 2 BGB festgelegten Zuordnungsregeln setze voraus, dass die Klägerin das auf die angebliche Haustürsituation bezogene Verhalten des Vermittlers zum Zeitpunkt des Abschlusses des Darlehensvertrages gekannt habe oder habe kennen müssen. Von einer fahrlässigen Unkenntnis sei auszugehen, wenn der Erklärungsempfänger aufgrund bestimmter Verdachtsmomente verpflichtet gewesen sei, sich zu erkundigen, auf welchen Umständen die ihm übermittelte Willenserklärung beruhe. Eine derartige Pflicht habe auf Seiten der Klägerin nicht bestanden. Nach den zutreffenden Feststellungen des Landgerichts sei der Vermittler für sie nicht ständig aufgetreten und habe auch nicht für eines ihrer Darlehensprogramme geworben. Das Vorliegen einer Haustürsituation habe sich auch nicht geradezu aufgedrängt, zumal der Kredit in dem Darlehensvertrag ausdrücklich als "Wohnungsbaudarlehen" bezeichnet worden sei.
9
Ebenso scheide eine Anwendung der §§ 7 und 9 VerbrKrG aus. Gemäß § 3 Abs. 2 Nr. 2 VerbrKrG seien die Regeln über verbundene Geschäfte (§ 9 VerbrKrG) auf Realkredite von vornherein nicht anwendbar. Ein Realkredit im Sinne dieser Vorschrift liege auch dann vor, wenn er - wie hier - durch ein schon bestehendes Grundpfandrecht gesichert werde. Zudem lägen auch die Voraussetzungen des § 9 VerbrKrG nicht vor, weil der Vermittler und die Klägerin aus Sicht der Beklagten kein einheitlicher Vertragspartner gewesen seien.
10
Eine Schadensersatzhaftung der Klägerin wegen schuldhafter Verletzung einer vorvertraglichen Aufklärungs- und Hinweispflicht hinsichtlich der schon damals schlechten finanziellen Lage der GmbH bestehe nicht. Die Klägerin sei weder über ihre Rolle als Kreditgeberin hinausgegangen noch habe sie in Bezug auf spezifische Risiken der Anlageentscheidung gegenüber der Beklagten zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses einen konkreten Wissensvorsprung gehabt.

II.


11
Diese Ausführungen halten rechtlicher Nachprüfung nicht in allen Punkten stand.
12
1. Die Begründung des Berufungsgerichts, mit der es der Beklagten die unterstellte und infolgedessen in der Revisionsinstanz als gegeben anzusehende Haustürsituation nicht zugerechnet hat, ist rechtsfehlerhaft.
13
a) Allerdings hat der Bundesgerichtshof bisher in ständiger Rechtsprechung angenommen, dass ein Darlehensvertrag nicht schon dann nach dem Haustürwiderrufsgesetz wirksam widerrufen werden kann, wenn der Vermittler einer finanzierten Anlage den Abschluss des Kreditvertrages in einer Haustürsituation angebahnt hat. Vielmehr wurde der kreditgebenden Bank die Haustürsituation - in Übereinstimmung mit den Gesetzesmaterialien (BT-Drucks. 10/2876, S. 11) und der ganz herrschenden Ansicht in der Literatur (siehe z.B. MünchKommBGB/Ulmer, 4. Aufl. § 312 Rdn. 30 m.w.Nachw.) - außerhalb des Anwendungsbereichs des § 278 BGB nur dann zugerechnet, wenn die für die Zurechnung der arglistigen Täuschung gemäß § 123 Abs. 2 BGB notwendigen Voraussetzungen erfüllt sind. War der Verhandlungsführer als "Dritter" im Sinne dieser Vorschrift anzusehen, so war sein auf die Haustürsituation bezogenes Handeln der Bank daher nur dann im Wege eines Analogieschlusses zuzurechnen, wenn sie dieses bei Vertragsschluss kannte oder hätte erkennen müssen. Für eine fahrlässige Unkenntnis in diesem Sinne genügte, dass die Umstände des Falles die Bank veranlassen mussten, sich zu erkundigen, wie es zur Abgabe der auf Abschluss des Darlehensvertrages gerichteten Willenserklärung des Kreditsuchenden gekommen ist (siehe z.B. BGHZ 159, 280, 285 f.; Senatsurteile vom 12. November 2002 - XI ZR 3/01, WM 2003, 61, 63, vom 15. Juli 2003 - XI ZR 162/00, ZIP 2003, 1741, 1743, vom 20. Januar 2004 - XI ZR 460/02, WM 2004, 521, 523; BGH, Urteile vom 15. November 2004 - II ZR 375/02, WM 2005, 124, 125 und vom 30. Mai 2005 - II ZR 319/04, WM 2005, 1408, 1409).
14
Wie der erkennende Senat bereits in seinem erst nach der angefochtenen Entscheidung ergangenen Urteil vom 14. Februar 2006 (XI ZR 255/04, WM 2006, 674, 675; siehe ferner Senatsurteil vom 25. April 2006 - XI ZR 193/04, WM 2006, 1003, 1008, zur Veröffentlichung in BGHZ vorgesehen; ebenso schon BGH, Urteil vom 12. Dezember 2005 - II ZR 327/04, WM 2006, 220, 221 f.) dargelegt hat, hält er an dieser Rechtsprechung nicht weiter fest. Mit dem Haustürwiderrufsgesetz hat der deutsche Gesetzgeber die Richtlinie 85/577/EWG des Rates vom 20. Dezember 1985 betreffend den Verbraucherschutz im Falle von außerhalb von Geschäftsräumen geschlossenen Verträgen (ABl. L 372, S. 31 "Haustürgeschäfterichtlinie") in nationales Recht umgesetzt. Nach der bindenden Auslegung des europäischen Rechts durch den Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften in seinem erst nach der angefochtenen Entscheidung ergangenen Urteil vom 25. Oktober 2005 (Rs. C-229/04, WM 2005, 2086 ff. - Crailsheimer Volksbank) muss sich die kreditgebende Bank die Haustürsituation bereits dann zurechnen lassen , wenn sie bei Abschluss des Darlehensvertrages objektiv vorgelegen hat. Eine solche richtlinienkonforme Auslegung lässt das nationale Recht zu. Zwar wollte der Gesetzgeber (vgl. BT-Drucks. aaO) den durch die Haustürsituation in seiner Willensbildung beeinträchtigten Verbraucher grundsätzlich nicht weiter schützen als einen Vertragspartner, der durch eine arglistige Täuschung zum Vertragsschluss bewogen wurde. Diese Absicht hat aber im Wortlaut des § 1 HWiG keinen Niederschlag gefunden. Es handelt sich nicht einmal um eine Interpretation des Gesetzestextes , sondern um einen Diskussionsbeitrag zu einer Frage, die im Gesetz nicht beantwortet worden ist, sondern der Rechtsprechung und der Lehre überlassen bleiben sollte (siehe Senatsurteil vom 14. Februar 2006, aaO S. 675). An dieser geänderten Rechtsprechung hält der Senat auch unter Berücksichtigung der Ausführungen der Revisionserwiderung fest. Die Entscheidung des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften vom 25. Oktober 2005 (Rs. C-229/04, WM 2005, 2086, 2088 f.) betrifft nicht nur Sachverhalte, die nach nationalem deutschen Recht unter § 123 Abs. 1 BGB, sondern auch solche, die unter § 123 Abs. 2 BGB fallen. Der vorgenannten Entscheidung lag ein Fall zugrunde, in dem der Kreditvermittler im Vorlagebeschluss des Oberlandesgerichts Bremen (WM 2004, 1628, 1631 f.) im Verhältnis zur kreditgebenden Bank als Dritter i.S. des § 123 Abs. 2 BGB angesehen worden ist.
15
Zweifelhaft b) ist allerdings, ob der kreditgebenden Bank eine Haustürsituation auch dann nach rein objektiven Kriterien zuzurechnen ist, wenn der Vermittler das Kreditgeschäft ausschließlich im Auftrag des von ihm in einer Haustürsituation geworbenen Anlegers vermittelt hat. Die Frage bedarf hier indes keiner Entscheidung. Nach dem, wie die Revision zu Recht rügt, vom Berufungsgericht unberücksichtigt gelassenen Vorbringen der Beklagten lag hier ein solcher Fall nicht vor. Der Vermittler stand danach im Zusammenhang mit von ihm vertriebenen und von der Klägerin finanzierten Kapitalanlagen mit dieser langfristig in Geschäftskontakt und verfügte über deren Formulare.
16
Die 2. Ansicht des Berufungsgerichts, der Darlehensvertrag und die stille Beteiligung der Beklagten an der GmbH bildeten kein verbundenes Geschäft i.S. des § 9 VerbrKrG, ist - anders als die Revision meint - nicht zu beanstanden. § 9 VerbrKrG ist nach § 3 Abs. 2 Nr. 2 VerbrKrG nicht anwendbar, da es sich bei dem zwischen den Parteien geschlossenen Darlehensvertrag, wie das Berufungsgericht zutreffend ausgeführt hat, um einen Realkreditvertrag i.S. des § 3 Abs. 2 Nr. 2 VerbrkrG handelt.
17
Dem a) steht - anders als die Revision meint - nicht entgegen, dass die das Darlehen absichernde Grundschuld bereits vor Abgabe der Darlehensvertragserklärungen der Parteien bestellt worden war. Wie der erkennende Senat für Kreditverträge zur Finanzierung des Erwerbs von Immobilien bereits mehrfach (BGHZ 161, 15, 26 f. sowie Senatsurteile vom 9. November 2004 - XI ZR 315/03, WM 2005, 72, 74 und vom 18. Januar 2005 - XI ZR 201/03, WM 2005, 375, 376) und neuerdings auch für einen finanzierten Immobilienfondsbeitritt entschieden hat (Senatsurteile vom 25. April 2006 - XI ZR 29/05, WM 2006, 1008, 1010 f. zur Veröffentlichung in BGHZ vorgesehen, und XI ZR 219/04, WM 2006, 1060, 1065 f.), kommt es nach dem klaren Wortlaut des § 3 Abs. 2 Nr. 2 VerbrKrG nur darauf an, ob die Kreditgewährung nach dem Inhalt des Darlehensvertrages von der Sicherung durch ein Grundpfandrecht abhängig gemacht wurde. Ob der Kreditnehmer selbst Sicherungsgeber ist, ist nach allgemeiner Meinung (vgl. statt aller nur Staudinger/Kessal-Wulf, BGB, Neubearb. 2004, § 492 Rdn. 70) ohne Belang. Demnach liegt eine grundpfandrechtliche Absicherung des Kredits auch dann vor, wenn der Darlehensnehmer das Grundpfandrecht nicht selbst bestellt, sondern ein bereits bestehendes Grundpfandrecht (teilweise) übernimmt oder - wie hier - revalutiert. Überdies stellt der eindeutige Wortlaut der Vorschrift nicht auf die tatsächliche Bestellung des Grundpfandrechts, sondern auf die schuldrechtliche Verpflichtung dazu ab.
18
b) Dies gilt - entgegen der bisherigen Rechtsprechung des II. Zivilsenats des Bundesgerichtshofs (Urteile vom 14. Juni 2004, BGHZ 159, 294, 307 f. und II ZR 407/02, WM 2004, 1536, 1540 sowie vom 21. März 2005 - II ZR 411/02, WM 2005, 843, 844 f.) - gleichermaßen für die Kreditfinanzierung eines Immobilienfondsbeitritts (Senatsurteile vom 25. April 2006 - XI ZR 29/05, aaO S. 1011 und XI ZR 219/04, aaO S. 1066). Nach Wortlaut, Begründung und Zweck des § 3 Abs. 2 Nr. 2 VerbrKrG sind nicht nur die Person des Sicherungsgebers und der Zeitpunkt der Bestellung der Sicherheit ohne Belang, sondern auch, welchem Zweck der Kredit dienen soll.

19
Soweit der II. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs in den zitierten Entscheidungen eine andere Auffassung zur Anwendung des § 3 Abs. 2 Nr. 2 VerbrKrG auf ein durch ein bereits bestehendes Grundpfandrecht gesichertes Darlehen im Bereich finanzierter Beteiligungen an Immobilienfonds vertreten hat, hat er bereits vor den Senatsurteilen vom 25. April 2006 (XI ZR 29/05, WM 2006, 1008 ff. und XI ZR 219/04, WM 2006, 1060 ff.) auf Anfrage des erkennenden Senats mitgeteilt, dass er daran nicht festhält.

III.


20
Das Berufungsurteil stellt sich auch nicht aus anderen Gründen als richtig dar (§ 561 ZPO). Der Klägerin steht aus § 3 Abs. 1 und 3 HWiG kein Anspruch in Höhe des ausgeurteilten Betrages von 60.597,93 € zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz zu, so dass die Frage, ob die Beklagte durch mündliche Verhandlungen im Bereich ihrer Privatwohnung zur Abgabe ihrer Darlehensvertragserklärung vom 29. Januar 1997 bestimmt worden ist, d.h. eine Haustürsituation für den Darlehensvertrag kausal geworden ist, nicht offen bleiben kann. Zwar ist der Darlehensnehmer nach gefestigter Rechtsprechung des erkennenden Senats im Falle eines wirksamen Widerrufs des Darlehensvertrags verpflichtet, der kreditgebenden Bank den Nettokreditbetrag zuzüglich marktüblicher Zinsen zurückzuzahlen (BGHZ 152, 331, 336, 338; Senatsurteile vom 26. November 2002 - XI ZR 10/00, WM 2003, 64, 66, vom 15. Juli 2003 - XI ZR 162/00, ZIP 2003, 1741, 1744, vom 28. Oktober 2003 - XI ZR 263/02, WM 2003, 2410 und vom 18. November 2003 - XI ZR 322/01, WM 2004, 172, 176). Es besteht aber kein Anspruch auf die Bearbeitungsgebühr von hier 1.250 DM (BGHZ 152, 331, 338), die in dem ausgeurteilten Betrag berücksichtigt worden ist. Außerdem fehlen - von seinem Standpunkt aus konsequent - Feststellungen des Berufungsgerichts zur Höhe der marktüblichen Zinsen. Insbesondere steht nicht fest, dass diese dem vertraglich vereinbarten effektiven Jahreszins von 6,33% entsprechen. Auch zur marktüblichen Verzinsung der von der Beklagten erbrachten Zins- und Tilgungsleistungen fehlen Feststellungen. Der erkennende Senat ist daher nicht in der Lage, eine Forderung der Klägerin aus § 3 Abs. 1 und 3 HWiG zu beziffern.

IV.


21
Abgesehen davon ist der Rechtsstreit auch deshalb nicht zur Endendscheidung reif, weil der Beklagten Gelegenheit gegeben werden muss, zu einer Aufklärungspflichtverletzung unter dem Gesichtspunkt eines Wissensvorsprungs der Klägerin weiter vorzutragen. Zwar hat das Berufungsgericht einen Schadensersatzanspruch der Beklagten gegen die Klägerin unter diesem Gesichtspunkt auf der Grundlage der bisherigen Rechtsprechung des erkennenden Senats rechtsfehlerfrei verneint. Der Senat hat seine Rechtsprechung insoweit aber durch Urteil vom 25. April 2006 (XI ZR 6/04, Urteilsumdruck S. 30 f.) um eine Beweiserleichterung in Form einer widerleglichen Vermutung für die bislang vom Darlehensnehmer darzulegende und zu beweisende Kenntnis der Bank von der arglistigen Täuschung durch den Anlagevermittler ergänzt. Danach wird die Kenntnis der Bank von einer solchen Täuschung widerleg- lich vermutet, wenn der Anlagevertreiber, der von ihm beauftragte Vermittler und die finanzierende Bank in institutionalisierter Weise zusammenwirken , auch die Finanzierung der Kapitalanlage vom Vertreiber oder Vermittler angeboten wurde und die Unrichtigkeit der Angaben des Vertreibers oder des für ihn tätigen Vermittlers nach den Umständen des Falles evident ist, so dass sich aufdrängt, die Bank habe sich der Kenntnis der arglistigen Täuschung gerade zu verschlossen. Dieser modifizierten Rechtsprechung muss die Beklagte Rechnung tragen können.
22
angefochtene Das Urteil war danach aufzuheben (§ 562 Abs. 1 ZPO) und die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen.
Nobbe Müller Joeres
Mayen Richter am Bundesgerichtshof Prof. Dr. Schmitt ist wegen Urlaubs gehindert, seine Unterschrift beizufügen. Nobbe
Vorinstanzen:
LG Mosbach, Entscheidung vom 19.10.2004 - 1 O 218/03 -
OLG Karlsruhe, Entscheidung vom 27.07.2005 - 6 U 258/04 -
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6 Referenzen - Gesetze

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Lastenausgleichsgesetz - LAG

(1) Insoweit die Revision für begründet erachtet wird, ist das angefochtene Urteil aufzuheben. (2) Wird das Urteil wegen eines Mangels des Verfahrens aufgehoben, so ist zugleich das Verfahren insoweit aufzuheben, als es durch den Mangel betroffen

Ergibt die Begründung des Berufungsurteils zwar eine Rechtsverletzung, stellt die Entscheidung selbst aber aus anderen Gründen sich als richtig dar, so ist die Revision zurückzuweisen.
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published on 14/06/2004 00:00

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL II ZR 407/02 Verkündet am: 14. Juni 2004 Vondrasek Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein BGHR:
published on 28/10/2003 00:00

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL XI ZR 263/02 Verkündet am: 28. Oktober 2003 Weber, Justizhauptsekretärin als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein BGHR: ja.
published on 18/11/2003 00:00

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL XI ZR 322/01 Verkündet am: 18. November 2003 Herrwerth, Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Der XI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofe
published on 26/11/2002 00:00

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL XI ZR 10/00 Verkündet am: 26. November 2002 Weber, Justizhauptsekretärin als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein _________
{{Doctitle}} zitiert {{count_recursive}} Urteil(e) aus unserer Datenbank.
published on 24/04/2007 00:00

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL XI ZR 340/05 Verkündet am: 24. April 2007 Herrwerth, Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein BGHR: ja ______
published on 10/06/2008 00:00

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL XI ZR 348/07 Verkündet am: 10. Juni 2008 Herrwerth, Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein BGHR: ja HWiG
published on 19/09/2006 00:00

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL XI ZR 209/04 Verkündet am: 19. September 2006 Herrwerth, Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Der XI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofe
published on 19/09/2006 00:00

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL XI ZR 204/04 Verkündet am: 19. September 2006 Herrwerth, Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: ja BGHR:
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Annotations

(1) Wer zur Abgabe einer Willenserklärung durch arglistige Täuschung oder widerrechtlich durch Drohung bestimmt worden ist, kann die Erklärung anfechten.

(2) Hat ein Dritter die Täuschung verübt, so ist eine Erklärung, die einem anderen gegenüber abzugeben war, nur dann anfechtbar, wenn dieser die Täuschung kannte oder kennen musste. Soweit ein anderer als derjenige, welchem gegenüber die Erklärung abzugeben war, aus der Erklärung unmittelbar ein Recht erworben hat, ist die Erklärung ihm gegenüber anfechtbar, wenn er die Täuschung kannte oder kennen musste.

Der Schuldner hat ein Verschulden seines gesetzlichen Vertreters und der Personen, deren er sich zur Erfüllung seiner Verbindlichkeit bedient, in gleichem Umfang zu vertreten wie eigenes Verschulden. Die Vorschrift des § 276 Abs. 3 findet keine Anwendung.

(1) Wer zur Abgabe einer Willenserklärung durch arglistige Täuschung oder widerrechtlich durch Drohung bestimmt worden ist, kann die Erklärung anfechten.

(2) Hat ein Dritter die Täuschung verübt, so ist eine Erklärung, die einem anderen gegenüber abzugeben war, nur dann anfechtbar, wenn dieser die Täuschung kannte oder kennen musste. Soweit ein anderer als derjenige, welchem gegenüber die Erklärung abzugeben war, aus der Erklärung unmittelbar ein Recht erworben hat, ist die Erklärung ihm gegenüber anfechtbar, wenn er die Täuschung kannte oder kennen musste.

Ergibt die Begründung des Berufungsurteils zwar eine Rechtsverletzung, stellt die Entscheidung selbst aber aus anderen Gründen sich als richtig dar, so ist die Revision zurückzuweisen.

(1) Insoweit die Revision für begründet erachtet wird, ist das angefochtene Urteil aufzuheben.

(2) Wird das Urteil wegen eines Mangels des Verfahrens aufgehoben, so ist zugleich das Verfahren insoweit aufzuheben, als es durch den Mangel betroffen wird.