vorgehend
Landgericht Neubrandenburg, 5 O 455/99, 01.02.2001
Oberlandesgericht Rostock, 2 U 15/02, 19.05.2004

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
X ZR 89/04 Verkündet am:
18. September 2007
Wermes
Justizhauptsekretär
als Urkundsbeamter
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
VOB/A § 25 Nr. 1 Abs. 1 Buchst. b
Werden in den Ausschreibungsunterlagen Erklärungen zu den Leistungen, die der
Bieter durch Nachunternehmer erbringen lassen will, gefordert, so ist ein Angebot,
das diese Erklärungen nicht enthält, von der Wertung der Angebote nach § 25 Nr. 1
Abs. 1 Buchst. b VOB/A auszuschließen.
BGH, Urt. v. 18. September 2007 - X ZR 89/04 - OLG Rostock
LG Neubrandenburg
Der X. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 18. September 2007 durch die Richter Scharen, Keukenschrijver,
Prof. Dr. Meier-Beck, Asendorf und Gröning

für Recht erkannt:
Die Revision gegen das Urteil des 2. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Rostock vom 19. Mai 2004 wird auf Kosten des Klägers zurückgewiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


1
Die Beklagte schrieb 1997 den Neubau eines Alten- und Pflegeheims auf der Grundlage der VOB/A aus. Der klagende Insolvenzverwalter nimmt die Beklagte auf Ersatz des der Gemeinschuldnerin durch die anderweitige Erteilung des Zuschlags entgangenen Gewinns in Anspruch, weil die Gemeinschuldnerin bei der Erteilung des Zuschlags vergaberechtswidrig übergangen worden sei.
2
Die interessierten Unternehmen erhielten von der Beklagten das Angebotsformular "EMV (B) Ang". Dieses enthält eingangs eine Aufzählung von Anlagen, unter denen sich auch ein "Verzeichnis über Art und Umfang der von Nachunterneh- men auszuführenden Leistungen (vgl. Bewerbungsbedingungen Nr. 7)" befindet. Diese Anlage ist - im Unterschied zu anderen in der Aufzählung genannten Anlagen - von der Vergabestelle nicht durch ein Kreuz in dem dafür vorgesehenen Kästchen gekennzeichnet worden. Unter Nr. 6 des Angebotsformulars kann durch Ankreuzen seitens des Bieters erklärt werden, ob die Leistungen im eigenen Betrieb ausgeführt werden, ob die in der beigefügten Liste aufgeführten Leistungen an Nachunternehmer übertragen werden, obwohl der Betrieb des Bieters auf diese Leistungen eingerichtet ist, oder ob die in der beigefügten Liste aufgeführten Leistungen an Nachunternehmer übertragen werden, weil der Betrieb des Bieters auf diese Leistungen nicht eingerichtet ist. In den Bewerbungsbedingungen, die den interessierten Unternehmen mit den Ausschreibungsunterlagen ausgehändigt wurden, heißt es unter Nr. 7: "Nachunternehmer Beabsichtigt der Bieter, Teile der Leistung von Nachunternehmern ausführen zu lassen, muss er in seinem Angebot Art und Umfang der durch Nachunternehmer auszuführenden Leistungen angeben und die vorgesehenen Nachunternehmer benennen."
3
Die Gemeinschuldnerin hat in ihrem Angebot keines der Kästchen vor den Erklärungen unter Nr. 6 des Angebotsformulars angekreuzt. Eine Liste, in welcher die von Nachunternehmern auszuführenden Leistungen aufgeführt und die Nachunternehmer namentlich benannt werden, war dem Angebot nicht beigefügt. In einem späteren Gespräch erklärte die Gemeinschuldnerin, den Rohbau selbst ausführen und im Übrigen vorwiegend Subunternehmer aus der Region einschalten zu wollen. Den Zuschlag hat nicht die Gemeinschuldnerin erhalten, sondern die B. GmbH .
4
Das Landgericht hat die Klage dem Grunde nach für gerechtfertigt erachtet. Auf die Berufung der Beklagten hat das Berufungsgericht das Urteil des Landgerichts abgeändert und die Klage abgewiesen. Hiergegen richtet sich die vom Senat zugelassene Revision des Klägers, der die Beklagte entgegengetreten ist.

Entscheidungsgründe:


5
Die zulässige Revision bleibt ohne Erfolg.
6
I. Das Berufungsgericht hat das Schadensersatzbegehren des Klägers schon deshalb für unbegründet gehalten, weil das Angebot der jetzigen Gemeinschuldnerin nach § 25 Nr. 1 Abs. 1 b VOB/A von der Wertung der Angebote hätte ausgeschlossen werden müssen, nachdem die ausdrücklich geforderten Angaben über Art und Umfang der durch Nachunternehmer auszuführenden Leistungen nicht erfolgt seien. Bereits nach Nr. 6 des Angebotsformulars seien Angaben dazu zu machen gewesen, ob die Leistungen im eigenen Betrieb ausgeführt werden oder welche Leistungen Nachunternehmern übertragen werden sollten, obwohl oder weil der Betrieb auf diese Leistungen eingerichtet oder nicht eingerichtet sei. Des weiteren sei in den Bewerbungsbedingungen , die den Ausschreibungsunterlagen beilagen, ausdrücklich gefordert, dass der Bewerber, der beabsichtige, Teile der Leistung von Nachunternehmern ausführen zu lassen, in seinem Angebot Art und Umfang der durch Nachunternehmer auszuführenden Leistungen angeben und die vorgesehenen Nachunternehmer benennen müsse. Diesen eindeutigen Vorgaben habe das Angebot der Gemeinschuldnerin nicht entsprochen. Angaben zu Nachunternehmern habe diese überhaupt nicht gemacht. Wettbewerbsrelevant sei insofern nicht nur, dass Teile der Leistung nicht vom Bieter selbst erbracht werden sollten; entscheidend für die Auswahlentscheidung sei auch, welche Leistungen welcher Nachunternehmer erbringen solle und welche Leistungen der Bieter in welchem Umfang selbst ausführen wolle. Selbst wenn die B. GmbH zu Unrecht den Zuschlag erhalten habe, ergebe sich daraus ein Anspruch auf Schadensersatz mangels eigenen zuschlagsfähigen Angebots der Gemeinschuldnerin nicht.
7
II. Dagegen wendet sich die Revision ohne Erfolg.
8
1. Das Berufungsgericht ist zutreffend davon ausgegangen, dass eine Ersatzpflicht des öffentlichen Auftraggebers aus culpa in contrahendo (c.i.c.) nach der Rechtsprechung des Senats ihren Grund in der Verletzung des Vertrauens der Bieter oder Bewerber darauf hat, dass das Vergabeverfahren nach den einschlägigen Vorschriften des Vergaberechts abgewickelt wird (BGHZ 139, 280, 283; Sen.Urt. v. 26.10.1999 - X ZR 30/98, NJW 2000, 661; Sen.Urt. v. 1.8.2006 - X ZR 146/03, VergabeR 2007, 93). Dabei setzt der geltend gemachte, auf das positive Interesse gerichtete Schadensersatzanspruch voraus, dass das Vergabeverfahren an einem Vergabefehler leidet, der Zuschlag einem Dritten tatsächlich erteilt worden ist und der Schadensersatz begehrende Bieter den Zuschlag hätte erhalten müssen (BGHZ 139, 259, 272; Sen.Urt. v. 5.11.2002 - X ZR 232/00, VergabeR 2003, 163; Sen.Urt. v. 16.12.2003 - X ZR 282/02, VergabeR 2004, 480; Sen.Urt. v. 3.6.2004 - X ZR 30/03, VergabeR 2004, 813). An der zuletzt genannten Voraussetzung fehlt es, wenn das Angebot des Schadensersatz begehrenden Bieters zwingend von der Wertung der Angebote auszuschließen war (Sen.Urt. v. 8.9.1998 - X ZR 85/97, NJW 1998, 3634 unter II.; Sen.Urt. v. 7.6.2005 - X ZR 19/02, VergabeR 2005, 617).
9
2. Das Berufungsgericht ist weiter in Übereinstimmung mit der Rechtsprechung des Senats davon ausgegangen, dass der öffentliche Auftraggeber ein Angebot , das die in zumutbarer Weise vom Bieter "geforderten Erklärungen" (§ 21 Nr. 1 Abs. 1 VOB/A in der bis 2006 geltenden Fassung, § 21 Nr. 1 Abs. 2 Satz 5 VOB/A Ausgabe 2006) nicht enthält, zwingend von der Wertung der Angebote auszuschlie- ßen hat (§ 25 Nr. 1 Abs. 1 Buchst. b VOL/A), damit die gebotene Gleichbehandlung aller Bieter in einem transparenten Vergabeverfahren gewährleistet ist (BGHZ 154, 32, 45; BGHZ 159, 186, 192).
10
a) Entgegen der Auffassung der Revision sind unter "Erklärungen" nicht nur solche Angaben zu verstehen, die die ausgeschriebenen Leistungspositionen selbst betreffen. Wie der Senat bereits entschieden hat, gehören zu den "Erklärungen" auch sonstige Erklärungen wie Angaben nach den Formblättern EFB-Preis (Sen.Urt. v. 7.6.2005 - X ZR 19/02, VergabeR 2005, 617), die Vorlage von Mustern (Sen.Beschl. v. 26.9.2006 - X ZB 14/06 zu § 25 Nr. 1 Abs. 2 a VOL/A, BGHZ 169, 131), aber auch Angaben dazu, welche Leistungen der Bieter nicht selbst erbringen, sondern durch Nachunternehmer erbringen lassen will (Sen.Beschl. v. 16.3.2004 - X ZR 23/03, nicht im Druck veröffentlicht).
11
b) Die Revision kann auch mit ihrer Auffassung nicht durchdringen, die Ausschreibungsunterlagen seien hinsichtlich der Forderung nach Angabe der durch Nachunternehmer zu erbringenden Leistungen widersprüchlich, diese Angaben seien daher nicht gefordert gewesen.
12
Das Berufungsgericht hat aus Nr. 6 des den interessierten Unternehmen übermittelten Auftragsformulars hergeleitet, dass von den Bietern die verschiedenen in dieser Nummer aufgeführten Erklärungen gefordert werden, nämlich ob der Bieter die ausgeschriebenen Leistungen im eigenen Betrieb ausführt, ob er Leistungen durch Nachunternehmer ausführen lässt, obwohl sein Betrieb auf diese Leistungen eingerichtet ist, und ob er Leistungen durch Nachunternehmer ausführen lässt, weil sein Betrieb auf diese Leistungen nicht eingerichtet ist, wobei im zweiten und dritten Fall die durch Nachunternehmer zu erbringenden Leistungen "in der beigefügten Liste" aufzuführen sind. Das ist eine mögliche, wenn nicht sogar die naheliegende Auslegung dieses Teils des Auftragsformulars. Aus dem Umstand, dass nach den Fest- stellungen im Tatbestand des Berufungsurteils die Anlage "Verzeichnis über Art und Umfang der von Nachunternehmern auszuführenden Leistungen (vgl. Bewerbungsbedingungen Nr. 7)" nicht angekreuzt und die Anlage den Ausschreibungsunterlagen auch nicht beigefügt war, lässt sich allenfalls ableiten, dass dann, wenn die ausgeschriebenen Leistungen nicht im eigenen Betrieb des Bieters ausgeführt werden, die erste geforderte Erklärung also nicht abgegeben werden kann, entweder das "Verzeichnis über Art und Umfang der von Nachunternehmern auszuführenden Leistungen (vgl. Bewerbungsbedingungen Nr. 7)" anzufordern oder die in der zweiten und dritten Frage nach Nr. 6 des Angebotsformulars geforderte Liste über die von Nachunternehmern ausgeführten Leistungen vom Bieter selbst zu erstellen und dem Angebot beizufügen ist. Aus dem genannten Umstand ergibt sich daher weder ein Widerspruch in den Ausschreibungsunterlagen noch lässt sich aus ihm ableiten, die fraglichen Erklärungen seien nicht gefordert. Rügen, dass im Übrigen für das Verständnis und die Auslegung der Ausschreibungsunterlagen wesentlicher Streitstoff übergangen sei, werden von der Revision nicht erhoben.
13
3. Eine Nachholung der nach den Ausschreibungsunterlagen mit dem Angebot abzugebenden Erklärungen darüber, welche Leistungen der Bieter selbst ausführt und welche durch Nachunternehmer ausgeführt werden, in einem Aufklärungsgespräch nach § 24 VOB/A kam entgegen der Auffassung der Revision nicht in Betracht. Ein transparentes und die Bieter gleich behandelndes Vergabeverfahren ist nur zu erreichen, wenn lediglich in jeder Hinsicht vergleichbare Angebote gewertet werden. Dies erfordert beispielsweise, dass hinsichtlich jeder Position der Leistungsbeschreibung alle zur Kennzeichnung der insoweit angebotenen Leistung geeigneten Parameter bekannt sind, deren Angabe den Bieter nicht unzumutbar belastet und die ausweislich der Ausschreibungsunterlagen gefordert waren, so dass sie als Umstände ausgewiesen sind, die für die Vergabeentscheidung relevant sein sollen; der Ausschlusstatbestand ist nicht erst dann gegeben, wenn das betreffende Angebot wegen fehlender Angaben im Ergebnis nicht mit anderen Angeboten verglichen werden kann (BGHZ 154, 32, 45; 159, 186, 192). Deshalb ist die Berücksichtigung einer späteren Änderung oder Ausgestaltung der Gebote nach § 23 Nr. 1 VOB/A ausgeschlossen. Eine solche ist immer dann gegeben, wenn sich die nachträgliche Erklärung nicht lediglich auf die inhaltliche Klärung eines an sich festgelegten Gebotes beschränkt (vgl. § 24 VOB/A, vgl. Sen.Urt. v. 26.10.1999 - X ZR 30/98, NJW 2000, 661). An der notwendigen Festlegung fehlte es hier, weil offen geblieben ist, welche Leistungen angebotsgemäß durch Nachunternehmer auszuführen sind. Auch fehlende Angaben der hier fraglichen Art können mithin vom Bieter nicht nachgeholt werden (vgl. auch Kratzenberg in Ingenstau/Korbion, VOB, 16. Aufl., § 24 VOB/A Rdn. 7).
14
4. Da das Angebot der jetzigen Gemeinschuldnerin wegen der fehlenden Erklärungen zu den von Nachunternehmern zu erbringenden Leistungen zwingend von der Wertung auszuschließen war, hat das angefochtene Urteil schon aus diesem Grunde Bestand. Auf die Frage, ob das Angebot auch deshalb von der Wertung auszuschließen war, weil die Nachunternehmer mit dem Angebot nicht namentlich benannt worden sind, kommt es deshalb nicht an.
15
III. Die Revision ist danach mit der Kostenfolge aus § 97 ZPO zurückzuweisen.
Scharen Keukenschrijver Meier-Beck
Asendorf Gröning
Vorinstanzen:
LG Neubrandenburg, Entscheidung vom 01.02.2001 - 5 O 455/99 -
OLG Rostock, Entscheidung vom 19.05.2004 - 2 U 15/02 -

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BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
X ZR 146/03 Verkündet am:
1. August 2006
Potsch
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja

a) An einer echten Chance im Sinne von § 126 GWB fehlt es, wenn die Leistungsbeschreibung
fehlerhaft war und deshalb mangels Vergleichbarkeit die abgegebenen
Angebote nicht gewertet werden können.

b) Ist dem Bieter bekannt, dass die Leistungsbeschreibung fehlerhaft ist, und gibt er
gleichwohl ein Angebot ab, steht ihm wegen dieses Fehlers der Ausschreibung
ein Anspruch aus culpa in contrahendo auf Ersatz des Vertrauensschadens nicht
zu.
BGH, Urt. v. 1. August 2006 - X ZR 146/03 - Kammergericht
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Der X. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 1. August 2006 durch den Vorsitzenden Richter Dr. Melullis, den Richter
Keukenschrijver, die Richterinnen Ambrosius und Mühlens und den Richter
Dr. Kirchhoff

für Recht erkannt:
Die Revision gegen das am 14. August 2003 verkündete Urteil des 27. Zivilsenats des Kammergerichts wird auf Kosten der Klägerin zurückgewiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


1
Die Klägerin verlangt von der beklagten Bundesrepublik Deutschland Ersatz des Schadens, der ihr als Bieter durch die Teilnahme an einem Vergabeverfahren entstanden ist. Die Klägerin bietet Beratungs- und Dienstleistungen im Rahmen sozialpolitischer Maßnahmen an und ist vornehmlich für öffentliche Auftraggeber tätig.
2
Die Klägerin bewarb sich auf eine Ausschreibung der Beklagten vom 11. Mai 2000. Sie wurde von der Beklagten mit Schreiben vom 14. Juni 2000, dem ein Leistungskatalog beigefügt war, zur Abgabe eines Angebots aufgefordert. Mit Schreiben vom 20. Juni 2000 rügte die Klägerin, dass der Leistungskatalog nicht ausreichend spezifiziert sei. Die Beklagte nahm in ihrer Antwort den Standpunkt ein, eine weitere Spezifizierung sei für ein qualifiziertes Angebot nicht nötig. Die Klägerin gab am 26. Juli 2000 ein Angebot ab. Einer der beiden weiteren Bewerber erhielt den Zuschlag.
3
Am 14. Juni 2000 stellte die Klägerin den Antrag, ein Vergabeprüfverfahren durchzuführen. Dieses Verfahren endete mit einem Beschluss des Oberlandesgerichts Düsseldorf vom 14. Februar 2001, durch den festgestellt wurde, dass die Ausschreibung wegen Unvollständigkeit des Leistungskatalogs nicht den vergaberechtlichen Anforderungen genügt und die Klägerin in ihren Rechten verletzt habe.
4
Die Klägerin hat vorgetragen, sie habe eine echte Chance auf Erteilung des Zuschlags gehabt, und beziffert ihren Schaden auf rund 37.000,-- €. Dieser Schaden sei ihr durch die Tätigkeit und durch Reisen ihrer Mitarbeiter im Zusammenhang mit der Erstellung des Angebots entstanden. Sie hat beantragt, die Beklagte zur Zahlung von 37.071,95 € nebst Zinsen zu verurteilen.
5
Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Die Berufung der Klägerin ist ohne Erfolg geblieben. Mit der vom Senat zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin ihr Klageziel weiter. Die Beklagte tritt dem Rechtsmittel entgegen.

Entscheidungsgründe:


6
Die Revision ist nicht begründet.
7
I. Das Berufungsgericht hat einen Schadensersatzanspruch aus § 126 GWB verneint, weil dessen Voraussetzungen nicht erfüllt seien. Die Klägerin habe keine echte Chance im Sinne dieser Vorschrift gehabt. Eine Vergleichbarkeit der Angebote habe aufgrund der nur unvollständigen und den Bestimmtheitserfordernissen der §§ 8 und 16 Nr. 1 VOL/A nicht genügenden Ausschreibungsbedingungen nicht erreicht werden können. Das Oberlandesgericht Düsseldorf habe in seinem Beschluss vom 14. Februar 2001 ausgeführt, dass die Ausschreibungsunterlagen, die die Beklagte dem Vergabeverfahren zugrunde gelegt habe, insbesondere der Leistungskatalog, unvollständig und nicht hinreichend bestimmt gewesen seien. Es handele sich um eine so genannte funktionale Ausschreibung, die Beklagte habe jedoch nicht die Rahmenbedingungen und die wesentlichen Einzelheiten des zu vergebenden Auftrags festgelegt. Art und Umfang der erwarteten Leistungen seien nicht klar genug umschrieben gewesen. Es habe an der Vergabereife gefehlt, weil die Ausschreibung der Beklagten nicht als Grundlage für einen Zuschlag auf das wirtschaftlichste Angebot geeignet gewesen sei. Die Vergleichbarkeit der eingegangenen Angebote sei auf dieser Grundlage nicht gewährleistet gewesen. Es könne mangels Vergleichbarkeit der Angebote mithin nicht festgestellt werden , dass die Klägerin ohne den Vergaberechtsverstoß eine echte Chance gehabt hätte, den Zuschlag zu erhalten.
8
Einen Schadensersatzanspruch aus culpa in contrahendo hat das Berufungsgericht verneint, weil die Klägerin kein schutzwürdiges Interesse im Hin- blick auf die Vergabe des Auftrags gehabt habe. Ihr sei der Verstoß der Beklagten gegen die Vorschriften des öffentlichen Vergaberechts von Anfang an bekannt gewesen.
9
II. Dies hält rechtlicher Prüfung stand.
10
1. a) Voraussetzung eines Schadensersatzanspruchs nach § 126 GWB ist es, dass der Bieter ohne den behaupteten Vergaberechtsverstoß eine echte Chance gehabt hätte, den Zuschlag zu erhalten. § 126 GWB ist durch das Vergaberechtsänderungsgesetz mit Wirkung zum 1. Januar 1999 eingeführt worden. Die Vorschrift erweitert den Kreis der Anspruchsberechtigten. Dies sind alle am Vergabeverfahren beteiligten Bieter mit echter Chance und nicht nur derjenige Bieter, der bei ordnungsgemäß durchgeführter Ausschreibung den Zuschlag erhalten hätte (Immenga/Mestmäcker/Stockmann, GWB, 3. Aufl., § 126 Rdn. 2).
11
b) An einer echten Chance fehlt es jedoch, wenn die Leistungsbeschreibung fehlerhaft war und es deshalb an einer Vergleichbarkeit der abgegebenen Angebote und damit an einer Grundlage für die Beurteilung der echten Chance fehlt. Die fehlerhafte Leistungsbeschreibung stellt eine solche Grundlage dann nicht dar, weil auf die daraufhin abgegebenen Angebote von vornherein kein Zuschlag erteilt werden darf.
12
c) Zu der Frage, wer eine echte Chance im Sinne des § 126 GWB hat, besteht weitgehend Einigkeit, dass ein Bieter, der bei Geltung der VOB/A nicht in die engere Wahl nach § 25 Nr. 3 Abs. 3 VOB/A gekommen wäre, auch keine echte Chance auf die Erteilung des Zuschlags gehabt hat (Ingenstau/ Korbion/Müller-Wrede, VOB, 15. Aufl., § 126 GWB Rdn. 4; Immenga /Mestmäcker/Stockmann aaO; Byok/Jaeger/Gronstedt, Kommentar zum Vergaberecht , 2. Aufl., § 126 GWB Rdn. 1288). Die Ansicht von Prieß (in Ibsen, Öffentliches Auftragswesen im Umbruch, S. 81, 91), wonach jedes Angebot eine echte Chance hat, das alle formellen Voraussetzungen der Ausschreibung erfüllt , wird überwiegend als zu weit gehend angesehen. Statt dessen soll es darauf ankommen, ob ein Bieter zur Spitze der Bieterliste gehört hat (Hucko, Vergaberecht 1998, 16) oder ob die Entscheidung des öffentlichen Auftraggebers für oder gegen ein Gebot aufgrund des im Rahmen des § 25 Nr. 3 Abs. 3 VOB/A vorhandenen Ermessens beziehungsweise des dem öffentlichen Auftraggeber zustehenden Beurteilungsspielraums rückblickend nicht mehr gerichtlich nachprüfbar sei (Schnorbus, Baurecht 1999, 77 ff., 93; Ingenstau/ Korbion, aaO; Boesen, Vergaberecht, § 126 Rdn. 25; Immenga/ Mestmäcker/Stockmann, aaO, Rdn. 14; Byok/Jaeger/Gronstedt aaO, Rdn. 1294). Eine echte Chance soll demnach dann anzunehmen sein, wenn die Erteilung des Zuschlags an den Anspruchsteller innerhalb der Grenzen des Wertungsspielraums liegt, der dem Auftraggeber bei der Angebotsbewertung zusteht.
13
d) Voraussetzung ist jedoch stets, dass überhaupt ein Angebot vorliegt, das den Zuschlag hätte erhalten können. Daran fehlt es, wenn bereits die Wertungsmöglichkeit nicht besteht, weil eine nicht hinreichend spezifizierte und daher unklare Ausschreibung zu sachlich unterschiedlichen Geboten führt, zwischen denen eine Vergleichbarkeit nicht hergestellt werden kann. Nur über einen solchen Vergleich ist aber das Bestehen einer echten Chance festzustellen.
14
2. Das Berufungsgericht hat auch zu Recht einen Anspruch aus culpa in contrahendo verneint. Ein solcher Anspruch wäre zwar ergänzend zu der Spe- zialregelung des § 126 GWB grundsätzlich denkbar, seine Voraussetzungen liegen hier jedoch nicht vor.
15
Eine Ersatzpflicht des öffentlichen Auftraggebers aus culpa in contrahendo hat nach der Rechtsprechung des Senats ihren Grund in der Verletzung des Vertrauens der Bieter darauf, dass das Vergabeverfahren nach den einschlägigen Vorschriften des Vergaberechts, insbesondere unter Beachtung der Verdingungsordnungen abgewickelt wird (BGHZ 139, 281, 283 für eine Ausschreibung nach VOB/A).
16
Das Berufungsgericht hat festgestellt, dass die Klägerin mehrmals auf die Unzulänglichkeit der Verdingungsunterlagen hingewiesen worden sei und sodann das Vergabenachprüfverfahren eingeleitet habe. Dies zeige, dass die Klägerin seit der Übersendung des Leistungskatalogs erkannt habe, dass die Ausschreibung nicht den Anforderungen der §§ 8, 16 VOL/A entsprochen habe und dass die Abgabe eines mit den Angeboten anderer Bieter vergleichbaren Angebots nicht möglich gewesen sei. Dies ergebe sich auch aus dem eindeutigen Wortlaut der Schreiben der Klägerin vom 20. und 27. Juni 2000. Die Klägerin habe daher auf eigenes Risiko die Aufwendungen für die Erstellung des Angebots veranlasst, was einen Anspruch aus culpa in contrahendo ausschließe.
17
Voraussetzung eines Anspruchs aus culpa in contrahendo ist, dass der Bieter sein Angebot tatsächlich im Vertrauen darauf abgibt, dass die Vorschriften des Vergabeverfahrens eingehalten werden. An diesem Vertrauenstatbestand fehlt es, soweit dem Bieter bekannt ist, dass die Ausschreibung fehlerhaft ist. Er vertraut dann nicht berechtigterweise darauf, dass der mit der Erstellung des Angebots und der Teilnahme am Verfahren verbundene Aufwand nicht nutzlos ist. Erkennt der Bieter, dass die Leistung nicht ordnungsgemäß ausge- schrieben ist, so handelt er bei der Abgabe des Angebots nicht im Vertrauen darauf, dass das Vergabeverfahren insoweit nach den einschlägigen Vorschriften des Vergaberechts abgewickelt werden kann. Ein etwaiges Vertrauen darauf , dass gleichwohl sein Angebot Berücksichtigung finden könnte, ist jedenfalls nicht schutzwürdig.
18
III. Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 ZPO.
Melullis Keukenschrijver Ambrosius
Mühlens Kirchhoff
Vorinstanzen:
LG Berlin, Entscheidung vom 05.06.2002 - 23 O 209/01 -
KG Berlin, Entscheidung vom 14.08.2003 - 27 U 264/02 -

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
X ZR 232/00 Verkündet am:
5. November 2002
Potsch
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ : nein
BGHR : ja
VOB/A § 26 Nr. 1, BGB § 276 a.F. Fa
Bei Geltung der VOB/A ist der Ausschreibende auch dann, wenn kein Aufhebungsgrund
nach § 26 Nr. 1 besteht, nicht schlechthin gezwungen, einen der
Ausschreibung entsprechenden Auftrag zu erteilen.
BGH, Urt. v. 5. November 2002 - X ZR 232/00 - OLG Düsseldorf
LG Mönchengladbach
Der X. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 5. November 2002 durch den Vorsitzenden Richter Dr. Melullis, die
Richter Prof. Dr. Jestaedt und Scharen sowie die Richterin Mühlens und den
Richter Dr. Meier-Beck

für Recht erkannt:
Auf die Revision des Streithelfers des Beklagten wird das am 7. November 2000 verkündete Urteil des 23. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Düsseldorf aufgehoben.
Die Berufung der Klägerin gegen das am 15. Dezember 1999 verkündete Urteil der 3. Zivilkammer des Landgerichts Mönchengladbach wird zurückgewiesen.
Die Klägerin hat die Kosten der Rechtsmittel einschließlich der durch die Streithilfe entstandenen Kosten zu tragen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


Der Beklagte schrieb auf der Grundlage der VOB/A die Erd-, Maurer- und Betonarbeiten für die Errichtung eines Wohnheims öffentlich aus. Die Ausschreibung sah vor, daß das Gebäude mit einer Ziegelsteinverblendung zu ver-
sehen sei. Die Klägerin beteiligte sich an der Ausschreibung und gab das im Gesamtbetrag preisgünstigste Angebot (über 550 943,85 DM) ab.
Aufgrund der abgegebenen Angebote kam der Beklagte zu dem Schluß, daß bei Ausführung wie geplant und ausgeschrieben die zuvor erstellte Kostenschätzung um 30 % überschritten werde und bei einer solchen Überschreitung die vorgesehene teilweise Finanzierung des Bauvorhabens durch öffentliche Mittel nicht mehr möglich sei. Der Architekt des Beklagten, der diesem im Revisionsrechtszug als Streithelfer beigetreten ist, teilte der Klägerin deshalb mit, nach Einsichtnahme in die Angebote sei vom Landschaftsverband R. in Verbindung mit dem Beklagten die Entscheidung getroffen worden, entgegen der Ausschreibung keine Ziegelsteinverblendung zu wählen, sondern ein Wärmedämm -Verbundsystem anbringen zu lassen. Eine dies berücksichtigende Auswertung der vorliegenden Angebote habe ergeben, daß die Klägerin nicht mehr der günstigste Bieter sei. Ohne erneute Ausschreibung erhielt sodann ein anderer Bieter den Auftrag, das Bauwerk in der abgeänderten Form zu errichten.
Die Klägerin hat den ihr angeblich entgangenen Gewinn errechnet und diesen nebst der Gebühr für eine Besprechung mit ihrem Anwalt eingeklagt. Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Das von der Klägerin angerufene Oberlandesgericht hat dieses Urteil abgeändert und die Klage dem Grunde nach für gerechtfertigt erachtet. Gegen dieses Grundurteil wendet sich nunmehr der Streithelfer des Beklagten mit der Revision und dem Antrag,
unter Aufhebung des angefochtenen Urteils die Klage abzuweisen.
Die Klägerin ist diesem Begehren entgegengetreten.

Entscheidungsgründe:


Die zulässige Revision des Streithelfers des Beklagten hat in der Sache Erfolg.
1. Das Berufungsgericht hat ausgeführt, der Beklagte habe sich gegenüber den Unternehmen, die sich an seiner Ausschreibung beteiligt hätten, verpflichtet , die Regeln der VOB/A einzuhalten. Diese Feststellung, welche das Berufungsgericht aufgrund tatrichterlicher Würdigung von dem Beklagten abgegebener Erklärungen getroffen hat, ist aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden. Die Revision erhebt insoweit auch keine Rügen.
Rechtsfehlerfrei und ebenfalls unbeanstandet durch die Revision hat das Berufungsgericht ferner festgestellt, daß die Klägerin das nach § 25 Nr. 3 Abs. 3 VOB/A annehmbarste Angebot aller Bieter abgegeben hat.
2. Nach Meinung des Berufungsgerichts hätte dies zur Erteilung des Auftrags auf dieses Angebot hin führen müssen. Die Möglichkeit der Aufhebung der Ausschreibung, auf die sich der Beklagte zur Rechtfertigung seiner Vergabe eines Auftrags an einen anderen Bieter berufen habe, habe nämlich nicht bestanden.
Das bekämpft die Revision mit Erfolg.

a) Das Berufungsgericht hat nach seinen Feststellungen zur Geltung der VOB/A im Ausgangspunkt zutreffend geprüft, ob die Behauptungen des Beklagten einen Grund darlegen, die Ausschreibung nach § 26 Nr. 1 b oder c VOB/A aufzuheben. Der Vortrag des Beklagten geht dahin, die abgegebenen
Angebote hätten nicht nur (mindestens) 30 % über der Kostenschätzung des von ihm eingeschalteten Architekten, sondern auch deutlich über dem Höchstbetrag gelegen, der für die gewünschte und eingeplante Förderung der Baumaßnahme durch öffentliche Mittel einzuhalten gewesen sei. Zur Erlangung der öffentlichen Mittel habe deshalb eine preiswertere Bauausführung gewählt werden müssen, die der dann beauftragte Bieter am kostengünstigsten angeboten habe.
Das Berufungsgericht hat diese Darlegung nicht ausreichen lassen, weil die erstellte Kostenschätzung offensichtlich falsch gewesen sei. Selbst der von der Klägerin angebotene Preis habe deutlich über den geschätzten Kosten gelegen. Die Schätzung des Architekten, für dessen Verhalten der Beklagte entsprechend § 278 BGB einzustehen habe, sei unzuverlässig gewesen; nach dem eigenen Vortrag des Beklagten seien auf der Grundlage der Kubatur des Baukörpers lediglich Erfahrungswerte für einen Quadratmeter (richtig: Kubikmeter )-Preis und die Kosten der Betriebstechnik in Ansatz gebracht worden. Richtigerweise hätte vor der Ausschreibung eine genauere Kostenberechnung angestellt werden müssen, wie sie nach DIN 276 zu den Grundleistungen der Leistungsphase 3 gemäß § 15 Abs. 2 HOAI gehöre.
Das hält rechtlicher Überprüfung nicht stand.

b) Allerdings ist das Berufungsgericht zu Recht davon ausgegangen, daß die Unternehmen, die sich an einer Ausschreibung beteiligen, für die der Ausschreibende die Einhaltung der Regeln der VOB/A zugesagt hat, erwarten können , daß der Ausschreibende sich im Hinblick darauf bereits im Vorfeld der Ausschreibung entsprechend verhalten hat. (vgl. Sen.Urt. v. 12.6.2001 - X ZR 150/99, BB 2001, 1449 ff.). Der Bieter darf deshalb davon ausgehen, daß nur Leistungen ausgeschrieben sind, von denen der Ausschreibende bei
pflichtgemäßer Ermittlung ihrer voraussichtlichen Kosten annehmen kann, sie mit den hierfür zur Verfügung stehenden Mitteln auch bezahlen zu können. Bei dem gebotenen strengen Maßstab, der insoweit anzulegen ist (BGHZ 139, 259, 263), ist demgemäß eine Aufhebung der Ausschreibung regelmäßig dann nicht nach § 26 Nr. 1 b oder c VOB/A gerechtfertigt, wenn die fehlende Finanzierung bei einer mit der gebotenen Sorgfalt durchgeführten Ermittlung des Kostenbedarfs bereits vor der Ausschreibung dem Ausschreibenden hätte bekannt sein müssen (Sen.Urt. v. 8.9.1998 - X ZR 99/96, NJW 1998, 3640, 3641, insoweit nicht vollständig in BGHZ 139, 280 ff. abgedr.).

c) Das Berufungsgericht hat jedoch verkannt, daß Umstände, welche die Beantwortung der Frage der ausreichenden Finanzierung entscheidend beeinflussen , im vorhinein nicht feststehen; wie der Senat in der soeben genannten Entscheidung näher ausgeführt hat, muß sich der eine Ausschreibung ins Auge fassende Auftraggeber vielmehr aufgrund einer Prognose entscheiden, die aus nachträglicher Sicht unvollkommen sein kann. Es ist deshalb schon im Ansatz verfehlt, daß das Berufungsgericht der durchgeführten Kostenschätzung entgegengehalten hat, selbst das günstigste Bieterangebot habe deutlich über der Kostenschätzung gelegen, und schon aus dieser - erst nachträglich offenbar gewordenen - Differenz abgeleitet hat, die von dem Beklagten entsprechend § 278 BGB zu vertretende Kostenschätzung des Streithelfers sei offensichtlich falsch gewesen.

d) Zu Unrecht meint das Berufungsgericht ferner, daß nach der Rechtsprechung des Senats nur unter besonderen Voraussetzungen eine Kostenschätzung ausreiche. Eine Prognose ist notwendigerweise Schätzung. Eine genaue Kostenberechnung kann aus dem genannten Grund im vorhinein nicht erfolgen. Möglich ist nur eine zeitnahe Aufstellung, die alle bereits bei ihrer Ausarbeitung erkennbaren Daten in einer der Materie angemessenen und me-
thodisch vertretbaren Weise unter Berücksichtigung vorhersehbarer Kostenentwicklungen berücksichtigt (Senat, aaO).
Ob eine solche Kostenermittlung gegeben ist, ist daher eine Frage des Einzelfalls. Das verbietet, eine Regel etwa dahin aufzustellen, daß Berechnungen , die ein Auftraggeber von seinem Architekten verlangen kann, zu fordern seien. Wenn - wie der Beklagte geltend gemacht hat - entsprechende Erfahrungswerte existieren, kann es vielmehr durchaus ausreichen, die voraussichtlichen Kosten für die Errichtung eines Gebäudes auf der Grundlage seines Kubikmetervolumens zu errechnen und - pauschalierte - Beträge für Erschließung , Gerät, Außenanlagen und Baunebenkosten hinzuzusetzen. Daß eine solchermaßen beschaffene Kostenschätzung, wie sie der Streithelfer der Beklagten gemäß Anlage BB 1 (GA 163 ff.) vorgenommen hat, keine unter den gegebenen Umständen des Falls dem Beklagten mögliche und zumutbare, vertretbare Prognose der voraussichtlich aufzubringenden Kosten darstellte, wird mithin von den Feststellungen des Berufungsgerichts nicht getragen.
3. Einer weiteren tatrichterlichen Aufklärung bedarf es deshalb jedoch nicht. Die Klage ist nämlich unabhängig davon unbegründet, ob der Beklagte - wie schon jetzt ohne Beanstandung durch die Revisionserwiderung und ohne sonst ersichtlichen Rechtsfehler vom Berufungsgericht angenommen worden und damit der revisionsrechtlichen Überprüfung zu Grunde zu legen ist - zwar finanziell nicht in der Lage war, selbst den günstigsten Angebotspreis der Klägerin für die ausgeschriebene Leistung zu bezahlen, dem Beklagten aber gleichwohl kein zur Aufhebung der Ausschreibung nach § 26 Nr. 1 VOB/A berechtigender Grund zur Seite stand. Maßgeblich hierfür ist die Feststellung des Berufungsgerichts, daß der später tatsächlich ausgesprochene Auftrag nicht auf ein der Ausschreibung entsprechendes Angebot, sondern auf der Grundlage eines inhaltlich geänderten Angebots deutlich geringeren Kostenumfangs erteilt
worden ist. Diese Feststellung führt dazu, daß der mit der Klage geltend gemachte Anspruch der Klägerin, so gestellt zu werden, wie sie bei Erteilung des ausgeschriebenen Auftrags an sie gestanden hätte (sog. positives Interesse), nicht besteht.

a) In ständiger Rechtsprechung hat der Senat herausgearbeitet, daß trotz Geltung der VOB/A der Ausschreibende auch dann, wenn kein Aufhebungsgrund nach § 26 Nr. 1 VOB/A besteht, nicht gezwungen werden kann, einen der Ausschreibung entsprechenden Auftrag zu erteilen. Es kann viele Gründe geben, die - unabhängig davon, ob sie die Voraussetzungen des § 26 Nr. 1 VOB/A erfüllen - den Ausschreibenden hindern, eine einmal in die Wege geleitete Ausschreibung ordnungsgemäß mit der Erteilung des Zuschlags an einen Bieter zu beenden (Sen.Urt. v. 8.9.1998 - X ZR 99/96, NJW 1998, 3640, 3643). Hierzu kann sich ein Ausschreibender insbesondere dann veranlaßt sehen , wenn ein Zuschlag auf ein abgegebenes Angebot seine finanziellen Möglichkeiten übersteigt. Die Möglichkeit, bei einem sachlichen Grund eine Ausschreibung vorzeitig zu beenden, ist notwendige Folge davon, daß es ein Zweck des Vergaberechts ist, der öffentlichen Hand eine die Bindung der ihr anvertrauten Mittel und das Gebot sparsamer Wirtschaftsführung beachtende Beschaffung zu angemessenen Preisen zu ermöglichen und die Situation der öffentlichen Hand in dieser Hinsicht durch eine Erweiterung des Bewerberkreises und damit der Entscheidungsgrundlage zu verbessern. Damit wäre die Annahme , es müsse in jedem Fall eines eingeleiteten Vergabeverfahrens ein Zuschlag erteilt werden, schlechthin unvereinbar. Auch der Bieter, der im Rahmen einer geschehenen Ausschreibung das annehmbarste Angebot abgegeben hat, hat deshalb nicht von vornherein Anlaß, darauf zu vertrauen, daß ihm der ausgeschriebene Auftrag erteilt wird und er sein positives Interesse hieran realisieren kann. Regelmäßig kann vielmehr ein sachlich gerechtfertigter Vertrauenstatbestand , der zu einem Ersatz entgangenen Gewinns einschließenden An-
spruch führen kann, erst dann gegeben sein, wenn der ausgeschriebene Auftrag tatsächlich - wenn auch unter Verstoß gegen die VOB/A - erteilt wurde. Erst durch die Erteilung des Auftrags erweist es sich als berechtigt, auf die eine Realisierung von Gewinn einschließende Durchführung der ausgeschriebenen Maßnahme vertraut zu haben. Unterbleibt die Vergabe des Auftrags, kommt hingegen regelmäßig nur eine Entschädigung im Hinblick auf Vertrauen in Betracht , nicht im Ergebnis nutzlose Aufwendungen für die Erstellung des Angebots und die Teilnahme am Ausschreibungsverfahren tätigen zu müssen (BGHZ 139, 259 ff.). Ein derartiger auf das negative Interesse gerichteter Schadensersatzanspruch ist jedoch nicht Streitgegenstand der vorliegenden Klage.

b) Der vorliegende Sachverhalt gehört zu den Fällen, in denen der Ausschreibende jedenfalls einen sachlichen Grund geltend machen kann, die begonnene Ausschreibung nicht fortzusetzen, und es deshalb zu einer Erteilung des ausgeschriebenen Auftrags nicht kommt. Wie in den Fällen, in denen die Ausschreibung unberechtigterweise aufgehoben und der Auftraggeber erst nach einer erneuten Ausschreibung einen Auftrag erteilt (vgl. hierzu Sen.Urt. v. 8.9.1998 - X ZR 99/96, NJW 1998, 3640, 3644), könnte der nach dem Vorgesagten maßgebliche Rückschluß, daß der annehmbarste Bieter berechtigterweise darauf vertrauen durfte, den Auftrag zu erhalten, gleichwohl dann gezogen werden, wenn der später tatsächlich erteilte Auftrag bei wirtschaftlicher Betrachtungsweise das gleiche Vorhaben und den gleichen Auftragsgegenstand betrifft. Bestehen insoweit erhebliche Unterschiede, kommt ein solcher Schluß hingegen regelmäßig nicht in Betracht. Die Unterschiede stehen dann dafür, daß der ausgeschriebene Auftrag nicht zur Ausführung gelangt ist. Ein Anspruch , der den Ersatz entgangenen Gewinns einschließt, kann deshalb in diesen Fällen regelmäßig nur dann bestehen, wenn der sich übergangen fühlende Bieter auf Besonderheiten verweisen kann, die den Auftraggeber hätten veranlassen müssen, ihm - auch - den geänderten Auftrag zu erteilen.


c) Im vorliegenden Fall steht fest, daß der Auftrag, der von dem Beklagten dem Drittbieter dann ohne erneute Ausschreibung erteilt worden ist, nicht den gleichen Gegenstand betraf wie der ausgeschriebene Auftrag. Während die ausgeschriebenen Arbeiten der Herstellung eines Gebäudes in Verblendmauerwerk dienen sollten, beinhaltete der erteilte Auftrag die Erd-, Maurer- und Betonarbeiten für ein mit einem Wärmedämmputz versehenes Gebäude. Die Änderung betraf damit eine wesentliche technische Beschaffenheit des Gebäudes ebenso wie sein äußeres Erscheinungsbild. Sie bedeutete auch aus wirtschaftlicher Sicht eine grundlegende Abweichung. Das wird nicht zuletzt durch die von dem Beklagten erzielte Kosteneinsparung belegt. Da der Beklagte sich entschieden hatte, die Erd-, Maurer- und Betonarbeiten als Einheit von einem Bieter durchführen zu lassen, erweist es sich mithin als unberechtigt, wenn die Klägerin darauf vertraut haben sollte, gleichwohl als Folge ihres Angebots, das die Schaffung von Verblendmauerwerk vorsah, einen Auftrag für die Errichtung eines Gebäudes mit Wärmedämmputz zu erhalten. Besonderheiten, welche den Beklagten dennoch hätten veranlassen müssen, der Klägerin den eingeschränkten Auftrag zu erteilen, sind nicht festgestellt; Rügen sind insoweit nicht erhoben.
4. Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 91 Abs. 1, 97 Abs. 1, 101 Abs. 1 ZPO.
Melullis Jestaedt Scharen
Mühlens Meier-Beck

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
X ZR 282/02 Verkündet am:
16. Dezember 2003
Wermes
Justizhauptsekretär
als Urkundsbeamter
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
VOB/A § 26; VOL/A § 26; BGB § 276 Fc

a) Wird eine Ausschreibung aufgehoben, ohne daß einer der in § 26
VOB/A, § 26 VOL/A genannten Gründe vorliegt, so setzt der auf Ersatz auch
des entgangenen Gewinns gerichtete Schadensersatzanspruch aus culpa in
contrahendo nicht nur voraus, daß dem Bieter bei Fortsetzung des Verfahrens
der Zuschlag hätte erteilt werden müssen, weil er das annehmbarste
Angebot abgegeben hat; er setzt vielmehr darüber hinaus auch voraus, daß
der ausgeschriebene Auftrag tatsächlich erteilt worden ist.

b) Nimmt die öffentliche Hand von der Vergabe des ausgeschriebenen Auftrags
Abstand und bleibt sie bei der vor der Ausschreibung praktizierten Art
des Betriebs eines Gebäudes oder des zu seinem Betrieb erforderlichen Leistungsbezugs
, ohne daß dieser von der Ausschreibung miterfaßt worden ist,
liegt bei der gebotenen wirtschaftlichen Betrachtungsweise in der Fortsetzung
oder Wiederaufnahme der vor der Ausschreibung geübten Praxis keine
zum Ersatz des positiven Interesses verpflichtende Vergabe des ausgeschriebenen
Auftrags.
BGH, Urt. v. 16. Dezember 2003 - X ZR 282/02 - Kammergericht
LG Berlin
Der X. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 16. Dezember 2003 durch den Vorsitzenden Richter Dr. Melullis, den
Richter Keukenschrijver, die Richterin Mühlens und die Richter Dr. Meier-Beck
und Asendorf

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des 27. Zivilsenats des Kammergerichts vom 27. August 2002 aufgehoben.
Der Rechtsstreit wird zur erneuten Verhandlung und Entscheidung , auch über die Kosten der Revision, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


Die Klägerin begehrt von der beklagten Bundesrepublik Deutschland (nachfolgend Beklagte) Schadensersatz wegen der Aufhebung einer Ausschreibung und der nachfolgenden Auftragserteilung an einen mitbietenden Konkurrenten.
Die Klägerin betreibt unter anderem Anlagen zur dezentralen Energiegewinnung. Die Beklagte betreibt auf dem Grundstück S. in
B. ein Bundeswehrkrankenhaus, das zuvor zunächst von der Volkspolizei und danach als Lazarett des Ministeriums für Abrüstung und Verteidigung der vormaligen DDR genutzt wurde. Nachdem zunächst unklar war, ob das Grundstück der Bundesrepublik Deutschland oder dem Land B. vermögensrechtlich zuzuordnen war, hat die Oberfinanzdirektion B. am 3. April 1998 das Grundstück als Verwaltungsvermögen der Bundesrepublik Deutschland zugeordnet. Die Versorgung des Bundeswehrkrankenhauses mit Elektrizität und Wärme erfolgte durch die BE. . Die Versorgung des Krankenhauses mit Kälte wurde von der Beklagten in Eigenleistung erbracht.
Noch während der laufenden Auseinandersetzung um die vermögensrechtliche Zuordnung des Grundstücks ließ das Bundesministerium der Verteidigung durch das Bundesbauamt B. III die Errichtung einer Technikzentrale als Blockheizkraftwerk zur Versorgung des Krankenhauses mit Wärme, Strom und Kälte in einem nichtoffenen Verfahren parallel als Generalunternehmerleistung für den betriebsfertigen Bau einer Technikzentrale mit den genannten Leistungen (Bekanntmachung der Ausschreibung Teil A) und als Betreiberleistungen zur Lieferung der genannten Energie (Betreibermodell, Laufzeit 20 Jahre , Bekanntmachung der Ausschreibung Teil B) ausschreiben. Daneben waren andere Varianten sowie Nebenangebote - von den Parteien als "Teil C" der Ausschreibung bezeichnet - ausdrücklich zugelassen (Amtsblatt von Berlin Nr. 63, Seite 4972). Auf die Ausschreibung gab auch die BE. ein Nebenangebot ab, das die Versorgung mit Strom aus dem B. Mittelspannungsnetz , mit Fernwärme aus dem Netz B. -Mitte und mit Kälte aus drei Kälteaggregaten vorsah und die Kosten für die Errichtung der Energieversorgungsanlage mit 5 bis 10 Millionen DM angab. Nach Ablauf der Ausschreibungsfrist erklärte die BE. in einem Schreiben vom 15. Mai 1996 gegenüber der Wehrbereichsverwaltung , daß nicht wie in ihrem Angebot 5 bis 10 Millionen DM zu-
sätzlich zu den Energiepreisen für die Errichtung der Technikzentrale verlangt würden, sondern dieser Betrag in den Energiepreisen "mitkalkuliert" sei.
Die Auswertung der Angebote ergab, daß das Angebot der Klägerin in Teil B, Version 2, das wirtschaftlichste war, so daß die Vergabestelle der Wehrbereichsverwaltung vorschlug, der Klägerin auf dieses Angebot den Zuschlag zu erteilen. Die Einbeziehung des Schreibens der BE. vom 15. Mai 1996 lehnte die Vergabestelle ab, weil sie darin ein unzulässiges Nachverhandeln im Sinne von § 24 Nr. 2 VOL/A sah. Die Wehrbereichsverwaltung erteilte den Zuschlag nicht, sondern teilte der Klägerin mit Schreiben vom 11. September 1996 die Aufhebung der Ausschreibung mit.
Die Klägerin hat bei der Vergabeprüfstelle des Bundes die Überprüfung der Aufhebung der Ausschreibung beantragt. Die Vergabeprüfstelle hielt die Aufhebung der Ausschreibung für rechtmäßig. Auf Beschwerde der Klägerin hat der Vergabeüberwachungsausschuß des Bundes mit Beschluß vom 14. April 1997 - 1 VÜ 27/96 - festgestellt, daß die Entscheidung der Vergabeprüfstelle rechtswidrig war.
Am 9. Januar 1997 hat die Beklagte einen Vertrag zur Versorgung des Bundeswehrkrankenhauses mit Elektroenergie und Wärme mit der BE. abgeschlossen, der durch eine Vereinbarung vom 23. Januar 1998 ergänzt wurde. Am 17. September 1998 hat die Beklagte einen mit dem genannten Versorgungsvertrag im wesentlichen identischen Vertrag mit der BE. abgeschlossen. Die Versorgung des Krankenhauses mit Kälte führt die Beklage in Eigenleistung durch, wofür sie Elektroenergie von der BE. bezieht.
Die Klägerin hat geltend gemacht, die von der Beklagten nach Aufhebung der Ausschreibung mit der BE. geschlossenen Verträge entsprächen einer der Varianten der Ausschreibung. Deshalb stehe ihr - der Klägerin - Schadensersatz zu, der auch den Ersatz entgangenen Gewinns umfasse.
Das Landgericht hat den Klageanträgen im Umfang der eingetretenen Entscheidungsreife durch Teilurteil entsprochen. Die dagegen eingelegte Berufung der Beklagten hat das Berufungsgericht zurückgewiesen. Mit der zugelassenen Revision verfolgt die Beklagte ihren Antrag auf Klageabweisung weiter. Die Klägerin ist der Revision entgegengetreten.

Entscheidungsgründe:


Die zulässige Revision hat Erfolg. Sie führt zur Aufhebung des Berufungsurteils und Zurückverweisung der Sache zu erneuter Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an das Berufungsgericht.
I. 1. Das Berufungsgericht ist in Übereinstimmung mit der Rechtsprechung des Senats davon ausgegangen, daß mit der Ausschreibung und der Beteiligung des Bieters am Ausschreibungsverfahren ein vertragsähnliches Vertrauensverhältnis zustande kommt, das die Parteien zur gegenseitigen Rücksichtnahme verpflichtet und auf beiden Seiten Sorgfaltspflichten begründet , deren Verletzung Schadensersatzansprüche aus culpa in contrahendo auslösen kann (BGHZ 120, 281; Sen.Urt. v. 26.10.1999 - X ZR 30/98, NJW 2000, 661; Sen.Urt. v. 16.10.2001 - X ZR 100/99, ZfBR 2002, 184 m.w.N.). Diese Ersatzpflicht findet ihren Grund in der Verletzung des Vertrauens der Bieter darauf, daß das Vergabeverfahren nach den einschlägigen Vorschriften des
Vergaberechts abgewickelt wird und dementsprechend regelmäßig mit der Erteilung des Zuschlags an einen der Teilnehmer an dem Verfahren endet.
Das Berufungsgericht ist weiter in Übereinstimmung mit der Rechtsprechung des Senats davon ausgegangen, daß Schadensersatzansprüche des sich an einer Ausschreibung beteiligenden Bieters aus culpa in contrahendo auch dann in Betracht kommen, wenn die öffentliche Hand eine Ausschreibung aufhebt, ohne daß einer der in § 26 VOB/A oder § 26 VOL/A genannten Aufhebungsgründe vorliegt (BGHZ 139, 259, 261; 139, 280, 283). Nach dieser Rechtsprechung steht dem Bieter, der bei Fortsetzung des Verfahrens und Vergabe des Auftrags den Zuschlag erhalten hätte, grundsätzlich ein Anspruch auf Ersatz der mit der Teilnahme am Verfahren verbundenen Aufwendungen zu (Ersatz des negativen Interesses). Demgegenüber setzt der weitergehende Anspruch auf Ersatz auch des entgangenen Gewinns nicht nur voraus, daß dem Bieter bei Fortsetzung des Verfahrens der Zuschlag hätte erteilt werden müssen , weil er das annehmbarste Angebot abgegeben hat; er setzt darüber hinaus vielmehr auch voraus, daß der ausgeschriebene Auftrag tatsächlich erteilt worden ist (BGHZ 139, 259, 268; 139, 280, 284). Dieser Ausgangspunkt des Berufungsgerichts läßt einen Rechtsfehler nicht erkennen und wird von der Revision nicht in Zweifel gezogen.
2. Auch der weitere Ausgangspunkt des Berufungsgerichts, daß die Aufhebung der Ausschreibung rechtswidrig war, läßt einen Rechtsfehler nicht erkennen. Wie der Vergabeüberwachungsausschuß des Bundes mit Beschluß vom 14. April 1997 festgestellt hat, lag ein Aufhebungsgrund im Sinne der § 26 VOB/A, § 26 VOL/A nicht vor. Die Revision zieht dies nicht in Zweifel; auch insoweit tritt ein Rechtsfehler nicht zutage.
II. Demgegenüber sind die weiteren Erwägungen, mit denen das Beru- fungsgericht einen Anspruch der Klägerin gegen die Beklagte auf Ersatz des entgangenen Gewinns bejaht hat, nicht frei von Rechtsfehlern.
1. Das Berufungsgericht hat ausgeführt, der von der Beklagten mit der BE. nach Aufhebung der Ausschreibung abgeschlossene Versorgungsvertrag sei aus den Gründen des landgerichtlichen Urteils mit einer der ausgeschriebenen Varianten der Energieversorgung für das Bundeswehrkrankenhaus bei der gebotenen wirtschaftlichen Betrachtung identisch. Da die Klägerin im Rahmen des Ausschreibungsverfahrens das annehmbarste Angebot abgegeben habe, hätte sie den Zuschlag erhalten müssen. Der Klägerin stehe daher Anspruch auf Ersatz des positiven Interesses zu.
2. Das hält der revisionsrechtlichen Überprüfung nicht stand. Die Revision rügt zu Recht, daß die Feststellungen des Berufungsgerichts den von den Vorinstanzen gezogenen Schluß, die von der Beklagten nach der Aufhebung der Ausschreibung geschlossenen Versorgungsverträge beträfen bei der gebotenen wirtschaftlichen Betrachtungsweise den gleichen Auftragsgegenstand wie die ausgeschriebenen Leistungen, nicht tragen.

a) Dem Berufungsgericht ist im Ausgangspunkt darin beizupflichten, daß zur Beurteilung der Frage, ob die ausgeschriebenen Leistungen nach Aufhebung der Ausschreibung unter Verletzung vergaberechtlicher Vorschriften an einen anderen Auftragnehmer - sei es auf der Grundlage einer neuen Ausschreibung oder freihändig - vergeben worden sind, eine wirtschaftliche Betrachtungsweise geboten ist (Sen.Urt. v. 8.9.1998 - X ZR 99/96, NJW 1998, 3640 unter II, 2 der Gründe, insoweit in BGHZ 139, 280 nicht abgedruckt). Auf dieser Grundlage sind die ausgeschriebenen und die tatsächlich in Auftrag ge-
gebenen Leistungen zu vergleichen, nicht dagegen die vor der Ausschreibung bestehenden Verhältnisse mit denen, die sich durch die Auftragsvergabe ergeben. Denn der Bieter wird in dem Vertrauen geschützt, daß der ausgeschriebe- ne Auftrag nach den Regelungen des Vergaberechts vergeben wird. Nimmt die öffentliche Hand von der Vergabe des ausgeschriebenen Auftrags Abstand und bleibt sie bei der vor der Ausschreibung praktizierten Art des Betriebs eines Gebäudes oder des zu seinem Betrieb erforderlichen Leistungsbezugs, ohne daß dieser von der Ausschreibung miterfaßt worden ist, dann liegt bei der gebotenen wirtschaftlichen Betrachtungsweise in der bloßen Fortsetzung oder Wiederaufnahme der vor der Ausschreibung geübten Praxis keine zum Ersatz des positiven Interesses verpflichtende Vergabe der ausgeschriebenen Leistungen , sondern die - möglicherweise vergaberechtswidrige - Erteilung eines anderen als des ausgeschriebenen Auftrags. Wie der Senat bereits ausgesprochen hat, ist mit der Ausschreibung kein Kontrahierungszwang verbunden. Den Vorschriften der VOB kann in gleicher Weise wie den Vorschriften der VOL weder nach ihrem Wortlaut noch nach ihrem Regelungszusammenhang ein allgemeiner Anspruch auf Erteilung des Zuschlags in allen Fällen, in denen ein Aufhebungsgrund nach § 26 VOB/A, § 26 VOL/A nicht gegeben ist, entnommen werden (Sen.Urt. v. 8.9.1998 - X ZR 99/96, NJW 1998, 3640 unter II, 1 der Gründe). Die öffentliche Hand ist daher nicht gehalten, den Betrieb eines Gebäudes und/oder den Bezug der zu seinem Betrieb erforderlichen Leistungen in der bis zur Ausschreibung geübten Praxis einzustellen, um Schadensersatzansprüche auf das positive Interesse zu vermeiden, wenn und solange die bis zur Ausschreibung geübte Praxis nicht zum Gegenstand der Ausschreibung und der auf sie abzugebenden Gebote, zu denen auch Nebenangebote rechnen, gemacht worden ist.

b) Die Revision rügt zu Recht, daß das Berufungsurteil nach diesen Maßstäben keinen Bestand haben kann.
Das Berufungsgericht hat nicht festgestellt, daß Gegenstand der von der Beklagten mit der BE. nach Aufhebung der Ausschreibung geschlossenen Verträge die einheitliche Versorgung des Bundeswehrkrankenhauses mit elektrischer Energie, Fernwärme und Kälte ist. Es hat lediglich unter Bezugnahme auf die Ausführungen im Urteil des Landgerichts gemeint, der Vertragsgegenstand sei mit der Ausschreibung identisch, wobei das Landgericht davon ausgegangen ist, daß die Beklagte von der BE. lediglich mit Fernwärme und elektrischer Energie versorgt wird und der Bezug von Elektroenergie auch dazu dient, mit Hilfe der bereits vor der Ausschreibung vorhandenen Aggregate Kälte in Eigenleistung zu erzeugen. Dabei hat das Landgericht dem Umstand, daß die Beklagte das Krankenhaus mit Hilfe der vorhandenen Aggregate die Kälteversorgung in Eigenregie erbringt und es damit bei der vor der Ausschreibung geübten Praxis verblieben ist, ausdrücklich keine Bedeutung für die Entscheidung der Frage beigemessen, ob die nach Aufhebung der Ausschreibung mit der BE. geschlossenen Verträge den gleichen Auftrag betreffen wie die ausgeschriebenen Leistungen. Das Landgericht hat zwar zu der Frage Beweis erhoben, ob die von der Beklagten mit der BE. geschlossenen Verträge inhaltlich das gleiche Vorhaben und den gleichen Auftragsgegenstand betreffen wie die Ausschreibung; nach seinem Beweisbeschluß sollte der Sachverständige jedoch unberücksichtigt lassen, daß in der Ausschreibung die Belieferung des Krankenhauses auch mit Kälte vorgesehen ist, diese jedoch gegenwärtig von der Beklagten selbst erzeugt wird. Dem ist das Berufungsgericht gefolgt, indem es einerseits davon ausgegangen ist, daß Gegenstand der Ausschreibung die Versorgung des Bundeswehrkrankenhauses mit Wärme, Elektroenergie und Kälte gewesen sei, und dem ohne weiteres den Bezug von Wärme und
Elektroenergie von Dritten und die Erzeugung von Kälte mit Hilfe der vorhandenen Aggregate in Eigenleistung nach der bis zur Ausschreibung geübten Praxis der Beklagten gleichgestellt hat.
Damit fehlt dem vom Berufungsgericht gezogenen Schluß, der nach Aufhebung der Ausschreibung erteilte Auftrag entspreche auf der Grundlage einer wirtschaftlichen Betrachtungsweise dem ausgeschriebenen Auftrag, die tatsächliche Grundlage. Die Klägerin macht zwar zu Recht geltend, daß der Wortlaut der Bekanntmachung der Ausschreibung die Annahme nahelegen kann, daß der Abgabe von Nebenangeboten erheblicher Raum eingeräumt worden sei, so daß auch die Abgabe von Nebenangeboten von der Ausschreibung zugelassen worden sein könnte, die eine Fortsetzung der Energiebelieferung nach der bis zur Ausschreibung geübten Praxis zum Gegenstand haben. Solange jedoch nicht anhand der Ausschreibungsunterlagen festgestellt ist, welche Art von Nebenangeboten zugelassen war und daß auch Nebenangebote abgegeben werden konnten, die die Belieferung des Bundeswehrkrankenhauses nach Art und Umfang der bis zur Ausschreibung geübten Praxis zum Gegenstand haben, kann die Fortsetzung der bis zur Ausschreibung geübten Praxis des Leistungsbezugs nach Aufhebung der Ausschreibung nicht ohne weiteres als Erteilung eines bei wirtschaftlicher Betrachtung der Ausschreibung entsprechenden Auftrags gewertet werden.
Mangels der danach erforderlichen Feststellungen zum Gegenstand der ausgeschriebenen Leistung ist für das Revisionsverfahren das - bestrittene - Vorbringen der Beklagten zugrunde zu legen, daß Gegenstand der Ausschreibung auch bezüglich anderer Varianten und Nebenangebote (von den Parteien als "Teil C" der Ausschreibung bezeichnet) nicht die weitere Belieferung des Bundeswehrkrankenhauses mit Elektroenergie und Wärme nach der bis zur
Ausschreibung geübten Praxis war, sondern die einheitliche Belieferung mit Elektroenergie, Wärme und Kälte, wobei diese Leistungen zum Betrieb des Krankenhauses "gebrauchsfertig" an der Gebäudegrenze in das Verteilersystem der Liegenschaft einzuspeisen waren. Hatte die Ausschreibung einen solchen Inhalt, dann entspricht der nach der Aufhebung der Ausschreibung erteilte Auftrag nicht dem ausgeschriebenen Auftrag, so daß der Klägerin zwar Ansprüche auf Ersatz des negativen Interesses zustehen können, nicht jedoch Ansprüche auf Schadensersatz unter Einbeziehung des entgangenen Gewinns (positives Interesse).
III. Auf der Grundlage der bisherigen Feststellungen ist dem Senat eine abschließende Entscheidung nicht möglich. Der Rechtsstreit ist daher unter Aufhebung des angefochtenen Urteils an das Berufungsgericht zurückzuverweisen. Das Berufungsgericht wird anhand der Ausschreibungsunterlagen und gegebenenfalls ergänzendem Sachvortrag der Parteien die Frage zu prüfen haben, mit welchem Inhalt Nebenangebote nach den von den Parteien als "Teil C" der Ausschreibung bezeichneten Unterlagen der Ausschreibung zugelassen waren. Sollte sich ergeben, daß die Ausschreibung den von der Klägerin behaupteten Inhalt hatte und Nebenangebote zugelassen hat, die die Belieferung des Bundeswehrkrankenhauses auf der Grundlage der bis zur Ausschreibung geübten Praxis zum Gegenstand haben - Lieferung von Wärme und Energie ohne Lieferung von Kälte und ohne Errichtung oder Betrieb einer Technikzentrale - wird weiter zu prüfen sein, ob der Klägerin auch unter dieser Voraussetzung als günstigster Bieterin der Zuschlag hätte erteilt werden müssen. Sollte sich in dem erneuten Berufungsverfahren ergeben, daß der der BE. nach Aufhebung der Ausschreibung erteilte Auftrag bei der gebotenen wirtschaftlichen Betrachtung nicht den ausgeschriebenen Leistungen entsprochen hat, wird den Parteien Gelegenheit zu geben sein, zu dem hilfsweise geltend
gemachten Anspruch auf Ersatz des negativen Interesses ergänzend vorzutragen.
Melullis Keukenschrijver Mühlens
Meier-Beck Asendorf

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
X ZR 30/03 Verkündet am:
3. Juni 2004
Wermes
Justizhauptsekretär
als Urkundsbeamter
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Der X. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 3. Juni 2004 durch den Vorsitzenden Richter Dr. Melullis, den
Richter Scharen, die Richterinnen Ambrosius und Mühlens und den Richter
Dr. Meier-Beck

für Recht erkannt:
Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des 2. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Rostock vom 5. Februar 2003 wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.

Tatbestand:


Das klagende Unternehmen verlangt von der beklagten Stadt Ersatz entgangenen Gewinns, weil sie nicht den Zuschlag für die landwirtschaftliche Verwertung von Klärschlamm erhalten hat.
Die Beklagte schrieb die Verwertung des in ihrer Kläranlage anfallenden Klärschlamms im Jahre 1998 für den Zeitraum vom 1. Januar 1999 bis zum 31. Dezember 2003 europaweit im Offenen Verfahren nach der Verdingungsordnung für Leistungen Teil A (VOL/A) aus. Die Bewerbungsbedingungen be-
gannen mit dem Hinweis, daß der Auftraggeber nach der VOL/A verfahre. In der Ausschreibung hieß es, daß der Zuschlag gemäß § 25 Abs. 3 VOL/A auf das Angebot erteilt werde, das unter Berücksichtigung aller technischen, wirtschaftlichen und umweltverträglichen Gesichtspunkte sowie der Verwertungssicherheit als das annehmbarste erscheine. Ausweislich des Leistungsverzeichnisses war der Klärschlamm vom Auftragnehmer abzutransportieren, erforderlichenfalls zwischenzulagern und auf von ihm zu akquirierende landwirtschaftliche Nutzflächen aufzubringen. In den Vorbemerkungen zum Leistungsverzeichnis hieß es unter anderem: "Grundlage für die Klärschlammverwertung ist die Klärschlammverordnung ...". Der zu verwertende Klärschlamm wurde unter anderem wie folgt charakterisiert: "Der Klärschlamm kann gekalkt oder ungekalkt angeboten werden."
Die Klägerin bot die Entsorgung sowohl mit als auch ohne Zwischenlagerung zum Preis von 40,50 DM/t an. Ein weiterer Anbieter, die O. & V. GmbH, verlangte 41,00 DM/t bei Direktverwertung des Klärschlamms und 43,00 DM/t bei Zwischenlagerung. Nach Ablauf der Angebotsfrist erfragte die Beklagte bei den Bietern, in welchem Umfang die Bereitstellung gekalkten Klärschlamms gewünscht werde. Sie wies zugleich darauf hin, daß bei einer Kalkzugabe aus technischen Gründen ein Minimum von 20 % zugesetzt werden müsse. Die O. & V. GmbH gab an, während der gesamten Vertragslaufzeit nur 30 % der Abnahmemenge gekalkt zu benötigen. Die Klägerin antwortete der Beklagten mit Schreiben vom 26. Oktober 1998, daß sie in Kenntnis der derzeitigen Bodenwerte in den umliegenden Landkreisen ca. 70 % gekalkten Klärschlamm und 30 % ungekalkten Klärschlamm benötige. Obwohl aus ihrer Sicht eine Kalkzugabe von 5 - 6 % ausreichend sei, beziehe sie in ihre Planung
ein, daß es aus technischen Gründen in jedem Fall ca. 20 % sein müßten. Bei einer 20 %igen Kalkzugabe ändere sich der Bedarf an Klärschlamm im Jahre 2001 auf ca. 60 % gekalkten Klärschlamm und 40 % ungekalkten Klärschlamm.
Die Beklagte erteilte am 16. November 1998 der O. & V. GmbH den Zuschlag. Sie bewertete deren Angebot unter Berücksichtigung des höheren Angebotspreises einerseits und der niedrigeren Kalkungskosten andererseits als das wirtschaftlichere.
Auf Antrag der Klägerin stellte die Vergabeprüfstelle des Innenministeriums Mecklenburg-Vorpommern fest, daß die Vergabe rechtsfehlerhaft erfolgt sei. Die Klägerin meint, die Kalkungskosten hätten bei der Bewertung der Angebote keine Rolle spielen dürfen, weil sich dieses Kriterium nicht aus den Vergabeunterlagen ergeben habe. Bei Zugrundelegung des reinen Angebotspreises hätte sie als günstigste Bieterin den Zuschlag erhalten müssen. Sie verlangt deshalb Ersatz des ihr entgangenen Gewinns, den sie mit 675.000,-- DM beziffert.
Die Klage ist in den Vorinstanzen ohne Erfolg geblieben. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin ihre Klage weiter.

Entscheidungsgründe:


Die Revision hat keinen Erfolg.
I. Das Berufungsgericht hat seine Entscheidung wie folgt begründet: Die Beklagte habe bei der Erteilung des Zuschlages ihre vorvertraglichen Pflichten nicht verletzt. Das Angebot der O. & V. GmbH sei wegen deren geringeren Kalkungsbedarfs wirtschaftlicher gewesen als das der Klägerin, welches nicht nur zu höheren Kalkungskosten, sondern auch zu einer größeren Menge des zu entsorgenden Klärschlamms geführt und im Gesamtvergleich Mehrkosten von 132.021,80 DM verursacht hätte. Die Beklagte habe den Faktor "Kalkungskosten" auch berücksichtigen dürfen. Denn der mit der Materie vertraute Bieter habe den Ausschreibungsunterlagen entnehmen können und müssen, daß bei der betriebswirtschaftlichen Preis-Leistungs-Analyse der Angebote, die aufgrund des ausdrücklich genannten Zuschlagskriteriums der "Wirtschaftlichkeit" durchzuführen war, die Kalkungskosten eine Rolle spielen konnten. Dies sei für die auf Klärschlammentsorgung spezialisierten Bieter schon aus der ausdrücklich in Bezug genommenen Klärschlammverordnung erkennbar gewesen , weil nach dieser die Beklagte als "Produzent" des Klärschlamms für eine dem Kalkbedarf der Aufbringungsflächen entsprechende Aufkalkung des Klärschlamms rechtlich verantwortlich geblieben sei. Die Relevanz der Kalkungskosten habe sich überdies aus der Vorbemerkung zur Leistungsbeschreibung ergeben, daß Klärschlamm gekalkt oder ungekalkt angeboten werden könne und auf Wunsch des Auftragnehmers gekalkter Schlamm zusätzlich untersucht werde, wenn es das Verwertungsziel erforderlich mache. Ebensowenig habe die Beklagte gegen ihre Pflicht zur Leistungsbeschreibung nach § 8 Nr. 1 (1) VOL/A verstoßen, da die Zufügung von Kalk keine Leistung des Auftragnehmers , sondern eine Vorleistung der Beklagten gewesen sei. Auch das Transpa-
renzgebot sei nicht verletzt worden, weil wegen der explizit angesprochenen Möglichkeit der Kalkbeimengung für die Bieter offenkundig gewesen sei, daß die Beklagte je nach Qualität der Böden die erforderliche Kalkmenge zusetzen werde und ihr dadurch Betriebskosten entstehen mußten. Die Beklagte habe auch nicht gegen das Gebot zur Gleichbehandlung aller Bieter verstoßen. Denn sie habe alle Bieter nach der erforderlichen Kalkbeimengung gefragt. Die Bieter hätten durch ihre Antwort nicht etwa den angebotenen Preis nachträglich beeinflußt, sondern lediglich pflichtgemäß das Vertragsrisiko der Beklagten offengelegt.
II. Diese Ausführungen halten im Ergebnis der rechtlichen Nachprüfung stand. Ohne Rechtsfehler hat das Berufungsgericht entschieden, daß die Beklagte nicht gegen ihre Pflicht zur Leistungsbeschreibung verstoßen habe. Allerdings hätte die Beklagte ihre Kalkungskosten nicht als Vergabekriterium anwenden dürfen, weil die Ausschreibung insoweit unklar war. Eben wegen dieser Unklarheit durfte die Klägerin aber nicht auf ihr eigenes Verständnis vertrauen , so daß ihr im Ergebnis trotz des Vergabefehlers kein Schadensersatzanspruch zusteht.
1. Nach der ständigen Rechtsprechung des Senats kommt bei verfahrensfehlerhaft durchgeführten Ausschreibungen für den übergangenen erstrangigen Bieter ein Schadensersatzanspruch wegen Verschuldens bei den Vertragsverhandlungen in Betracht. Aufgrund der öffentlichen Ausschreibung besteht ein vorvertragliches Vertrauensverhältnis zwischen dem Auftraggeber und den Bietern, das bei einer Verletzung der Ausschreibungsregeln und -bedingungen einen Schadensersatzanspruch des übergangenen Bieters we-
gen Verschuldens bei den Vertragsverhandlungen begründen kann, wenn der Bieter in seinem berechtigten und schutzwürdigen Vertrauen enttäuscht worden ist, das Vergabeverfahren werde nach den maßgeblichen Bestimmungen abgewickelt (vgl. nur Sen.Urt. v. 06.02.2002 - X ZR 185/99, NJW 2002, 1952 unter I 1; v. 16.12.2003 - X ZR 282/02, unter I 1). Der Anspruch richtet sich grundsätzlich auf Ersatz des Vertrauensschadens (negatives Interesse), d.h. auf Erstattung der nutzlosen Aufwendungen für die Erstellung des Angebots, ausnahmsweise jedoch auf Ersatz des entgangenen Gewinns (positives Interesse ), falls der ausgeschriebene Auftrag tatsächlich erteilt wurde und bei ordnungsgemäßem Verfahrensablauf dem übergangenen Bieter hätte zugeschlagen werden müssen (Sen.Urt. v. 05.11.2002 - X ZR 232/00, BauR 2003, 240 unter III a).
Als Verfahrensfehler kommt hier nur ein Verstoß gegen die Bestimmungen der VOL/A in der damals geltenden Ausgabe 1997 (künftig: VOL/A) in Betracht. Die Beklagte wies in den Bewerbungsbedingungen ausdrücklich darauf hin, daß sie nach der VOL/A verfahre. Falls sie deren Bestimmungen entgegen ihrer Zusage nicht einhielt, verletzte sie also ihre vorvertraglichen Pflichten.
2. Zu Recht beanstandet die Revision eine Verletzung des Gebots, bei der Wertung der Angebote nach § 25 VOL/A nur solche Kriterien zu berücksichtigen , die in den Verdingungsunterlagen angegeben waren.

a) Dieses Gebot ergibt sich schon aus der wegen Überschreitung des EG-Schwellenwerts von 200.000 ECU gebotenen richtlinienkonformen Auslegung der VOL/A. Die Richtlinie 92/50/EWG des Rates über die Koordinierung
der Verfahren zur Vergabe öffentlicher Dienstleistungsaufträge vom 18. Juni 1992 will eine Gleichbehandlung aller Bewerber um öffentliche Aufträge und eine Vergabe allein nach sachlichen und willkürfreien Kriterien sicherstellen. Mit diesem Zweck ist die Berücksichtigung erst nachträglich gebildeter, aus der Ausschreibung selbst nicht hervorgehender Zuschlagskriterien unvereinbar. Könnte der Auftraggeber nachträglich den Kriterienkatalog beliebig ändern oder anders gewichten, wäre die nach dem Zweck der Regelung erforderliche Überprüfbarkeit seiner Vergabeentscheidung nach objektiven Kriterien nicht mehr gewährleistet. Es würden vielmehr nachträgliche Veränderungen im Anforderungsprofil ermöglicht, mit deren Hilfe der Auftraggeber einen dem Gebot der Chancengleichheit widersprechenden Einfluß auf die Vergabeentscheidung nehmen könnte, der mit Sinn und Zweck der europarechtlichen Vorgaben zum Vergaberecht unvereinbar wäre. Es ist deshalb unabdingbar, daß die Wertung der Angebote nur auf solche Kriterien gestützt wird, die vorher, d.h. bei der Aufforderung zur Angebotsabgabe, bekanntgemacht worden sind. Nur dann ist auch dem Gebot der Rechtsstaatlichkeit genügt, zu dem die Vorhersehbarkeit und Transparenz staatlichen Handelns gehören (Sen.Urt. v. 17.02.1999 - X ZR 101/97, NJW 2000, 137 unter II 2 c).

b) Die Bekanntmachung setzt voraus, daß der Auftraggeber den Bietern die Zuschlagskriterien hinreichend klar und deutlich vor Augen geführt hat. Der Auftraggeber darf zwar bei der Gestaltung seiner Ausschreibung genügenden Sachverstand der Bieter voraussetzen. Er muß die Ausschreibung und insbesondere die Vergabekriterien jedoch so klar formulieren, daß jedenfalls fachkundige Bieter keine Verständnisschwierigkeiten haben (Daub/Eberstein/ Zdzieblo, VOL/A, 5. Aufl., § 8 Rdn. 29). Auch ein mißverständlich formuliertes
Kriterium ist daher nicht hinreichend bekanntgemacht und darf deshalb bei der Wertung der Angebote nicht berücksichtigt werden.

c) Die demnach entscheidende Frage, ob das Kriterium der Kalkungskosten der Beklagten aus den ursprünglichen Verdingungsunterlagen klar genug erkennbar war, ist zu verneinen. Der gegenteilige Standpunkt des Berufungsgerichts , wonach es für die Bieter offensichtlich gewesen sei, daß die Kalkungskosten der Beklagten ein Vergabekriterium darstellen sollten, ist nicht frei von Rechtsfehlern.
(1) Dabei kann hier dahinstehen, ob ihm eine der revisionsgerichtlichen Überprüfung nur begrenzt unterliegende tatrichterliche Auslegung zugrunde liegt oder diese Auslegung der uneingeschränkten revisionsgerichtlichen Überprüfung unterworfen ist. Auch wenn es sich um eine ursprünglich dem Tatrichter vorbehaltene Auslegung handeln sollte, kann sie mit Blick auf den festzustellenden Rechtsfehler, der dem erkennenden Senat die eigene Auslegung eröffnet (st. Rspr. des BGH, vgl. nur Urt. v. 14.12.1990 - V ZR 223/89, NJW 1991, 1180 unter 2), keinen Bestand haben.
(2) Bei seiner Würdigung hat das Berufungsgericht den vorliegenden Sachverhalt nicht ausgeschöpft.
aa) Rechtlich bedenkenfrei hat das Berufungsgericht aus der Vorbemerkung zur Leistungsbeschreibung, in welcher die Beklagte den Klärschlamm gekalkt oder ungekalkt anbot, allerdings den Schluß gezogen, daß die mit der Materie vertrauten, auf Klärschlammentsorgung spezialisierten Bieter erkennen
konnten und mußten, daß die Beklagte in Befolgung der gesetzlichen Pflicht nach der Klärschlammverordnung (AbfKlärV v. 15.04.1992, BGBl. I 1992, 912) zur Aufkalkung bedürftiger Böden, die gleichermaßen zu beachten hat, wer Abwasserbehandlungsanlagen betreibt und Klärschlamm zum Aufbringen auf landwirtschaftlich genutzte Böden abgibt und wer Klärschlamm auf landwirtschaftlich genutzte Böden aufbringt (§§ 1 Abs. 1, 4 Abs. 9 AbfKlärV), je nach Bedarf und Wahl des Auftragnehmers Kalk zusetzen werde. Unbegründet ist die Rüge der Revision, das Berufungsgericht habe sich nicht mit dem Vortrag der Klägerin auseinandergesetzt, sie habe den Hinweis, der Klärschlamm könne gekalkt oder ungekalkt angeboten werden, dahin verstanden, daß die Beklagte den Kalk im eigenen Interesse, nämlich zwecks besserer Handhabung, mit Kalk versetzen wolle und sie, die Klägerin, den Kalk daher nehmen müsse, "wie es kommt". Da ein solches Mißverständnis der Klägerin dem vom Berufungsgericht zutreffend ermittelten objektiven Erklärungsinhalt widersprochen hätte, kommt es darauf nicht an. Ebenfalls keinen Erfolg hat die in diesem Zusammenhang erhobene weitere Rüge der Revision, das Berufungsgericht sei rechtswidrig davon ausgegangen, eine nach den einschlägigen gesetzlichen Bestimmungen erforderliche Kalkung habe zwingend durch Kalkzugaben zum Klärschlamm erfolgen müssen und sei daher von der Beklagten zu veranlassen gewesen. Es trifft zwar zu, daß der Kalk auch unmittelbar auf die Entsorgungsflächen aufgebracht werden kann und deshalb die Kalkung auch vom Abnehmer des Klärschlamms vorgenommen werden darf. Ein etwaiger diesbezüglicher Irrtum des Berufungsgerichts war für das Ergebnis seiner Auslegung jedoch nicht kausal. Für das Berufungsgericht war entscheidend, daß die Beklagte für eine ausreichende Kalkung der Aufbringungsflächen rechtlich ver-
antwortlich blieb. Ob neben der Beklagten auch die Klägerin verantwortlich war, spielte keine Rolle.
Auch die weitere Schlußfolgerung des Berufungsgerichts, für die Bieter sei gleichfalls offenkundig gewesen, daß der - Material und Arbeit erfordernde - Kalkzusatz die Betriebskosten der Beklagten vermehren und außerdem die Menge des zu entsorgenden Klärschlamms vergrößern und damit die von der Beklagten zu zahlende, nach einem Einheitspreis pro Tonne Klärschlamm zu errechnende Gesamtvergütung erhöhen werde, kann nach der Fachkunde der Bieter erwartet werden.
bb) Durchgreifenden rechtlichen Bedenken begegnet hingegen die Annahme des Berufungsgerichts - die es, wenn überhaupt, auch nur konkludent geäußert hat -, die Beklagte habe ferner hinreichend deutlich zum Ausdruck gebracht, daß ihre Kalkungskosten ein Vergabekriterium seien. Dem Berufungsgericht hat hierfür die von ihm zugrunde gelegte, für die Bieter ersichtliche Tatsache genügt, daß eine Kalkung die Kosten der Beklagten erhöhte.
Die vom Berufungsgericht aufgeworfene Grundsatzfrage, inwieweit offensichtliche Faktoren, die sich auf die Kosten des Auftraggebers auswirken, über die bloße Erwähnung des Wirtschaftlichkeitsfaktors hinaus als Zuschlagskriterium genannt werden müssen, stellt sich nicht. Das Berufungsgericht hat jedoch verkannt, daß eine ausreichende Deutlichkeit des Vergabekriteriums der Kalkungskosten allenfalls dann zugrunde gelegt werden kann, wenn die Bieter aufgrund dieses Wissens davon ausgehen müssen und insgesamt deshalb auch davon ausgehen, daß diese Kosten in die Bewertung des annehm-
barsten Gebots einfließen werden. Eine Klarheit in diesem Sinne schafft die hier vorliegende Ausschreibung nicht. Mit der Bedeutung dieser Kosten befassen sich die Ausschreibungsunterlagen nicht; sie stellen vielmehr die Auswahl zwischen gekalktem und ungekalktem Klärschlamm ohne jede Einschränkung in die Entscheidung des Abnehmers. Für den unbefangenen Leser verbleibt auch vor dem Hintergrund des vom Berufungsgericht angenommenen Wissenstandes der Bieter auf ihrer Seite die nach dem Wortlaut nicht fernliegende Möglichkeit, daß es dem Ausschreibenden auf diese Kosten nicht ankomme, etwa weil sie im konkreten Fall nicht ins Gewicht fallen oder durch anderweitige Vorteile wie eine kostengünstige Entsorgung von kalkhaltigem Material kompensiert werden. Daß es sich für die Beklagte bei diesen Kosten um einen Umstand von Bedeutung handeln kann, ist mit der nötigen Klarheit erst durch ihre der Ausschreibung nachfolgende Anfrage bei den in Aussicht genommenen Bietern hervorgetreten, in welchem Umfang sie die Lieferung von gekalktem Schlamm benötigten. Diese Anfrage konnte jedoch aufgrund des Zeitpunkts, zu dem sie erfolgt ist, die bis zum Ende der Ausschreibungsfrist bestehende und dort der Beurteilung zugrundeliegende Unklarheit nicht beseitigen. Der erkennende Senat hat bereits entschieden, daß es genügt, wenn zweifelsfrei zu erkennen war, daß bestimmte Kosten bei der Auftragserteilung eine Rolle spielen würden (Urt. v. 06.02.2002, aaO). So lag es hier aber gerade nicht. Weil die Frage nach dem Kalkungsbedarf fehlt, muß den Bewerbern auch die entgegengesetzte Verständnismöglichkeit eingeräumt werden, daß nämlich die Beklagte nicht nur die gewünschte Kalkung kostenlos vornehmen, sondern darüber hinaus darauf verzichten wolle, die individuellen Kalkungswünsche der Bewerber bei der Wirtschaftlichkeitsprüfung der Angebote in ihre Berechnung einzustellen. Die Bieter brauchten diese Möglichkeit nicht etwa wegen der
mutmaßlichen Höhe der Kalkungskosten und/oder der Pflicht der Beklagten zur Berücksichtigung ihrer sämtlichen Kosten bei der Wirtschaftlichkeitsprüfung auszuscheiden. Solche Überlegungen haushaltsrechtlicher Art oblagen vielmehr allein der Beklagten. Beide Verständnismöglichkeiten waren somit vertretbar. Dann aber war das Vergabekriterium der Kalkungskosten aus den Ausschreibungsunterlagen nicht klar genug ersichtlich.
Nach alledem hat die Beklagte mit der Berücksichtigung ihrer Kalkungskosten bei der Vergabeentscheidung gegen das öffentliche Vergaberecht (§ 25 VOL/A) verstoßen.
3. Trotz diesem Verstoß ist die Schadensersatzforderung der Klägerin nicht begründet.
Dies ergibt sich daraus, daß die Schadensersatzpflicht des Auftraggebers , die ihren Grund in der Verletzung des Vertrauens des Bieters darauf findet , daß das Vergabeverfahren nach den einschlägigen Vorschriften des Vergaberechts abgewickelt wird (Sen.Urt. v. 16.12.2003, aaO unter I 1), ein berechtigtes und schutzwürdiges Vertrauen voraussetzt (BGHZ 124, 64, 70; Sen.Urt. v. 12.06.2001 - X ZR 150/99, NJW 2001, 3698 unter 3; v. 16.04.2002 - X ZR 67/00, NJW 2002, 2558 unter 2 e; v. 28.10.2003 - X ZR 248/02, NZBau 2004, 166 unter 1 d). Die Schutzwürdigkeit des Vertrauens entfällt, wenn der Bieter bei der ihm im jeweiligen Fall zumutbaren Prüfung erkannt hat oder hätte erkennen müssen, daß der Auftraggeber von den für ihn geltenden Regeln abweicht (BGHZ aaO; Sen.Urt. v. 12.06.2001, aaO). Darüber hinaus verdient sein Vertrauen aber auch dann keinen Schutz, wenn sich ihm die ernsthafte Gefahr
eines Regelverstoßes des Auftraggebers aufdrängen muß, ohne daß die Abweichung schon sicher erscheint. Aus diesem Grund war im vorliegenden Fall das Vertrauen der Klägerin, die Beklagte werde ihre - ersichtlich anfallenden, aber nicht zum Vergabekriterium erklärten - Kalkungskosten bei der Wertung der Angebote außer acht lassen, nicht berechtigt. Dazu war die Ausschreibung in diesem Punkt unklar. Eben weil das Angebot der Beklagten, den Klärschlamm nach Wahl des Auftragnehmers zu kalken, mehrdeutig war, also verschiedene , auch entgegengesetzte Verständnismöglichkeiten eröffnete - was ein fachkundiger Bieter auch erkennen mußte -, hätte die Klägerin sich nicht ohne weiteres auf die ihr günstigere Auslegungsmöglichkeit verlassen dürfen, sondern damit rechnen müssen, daß die Beklagte ihre Kalkungskosten doch zum Wertungskriterium machen wolle.
Es braucht deshalb nicht entschieden zu werden, ob der Anspruch der Klägerin auf Ersatz ihres entgangenen Gewinns auch am Gesichtspunkt des sogenannten rechtmäßigen Alternativverhaltens scheitert.
4. Einen Anspruch auf Ersatz ihres negativen Interesses, d.h. ihrer nutzlosen Aufwendungen für die Teilnahme an der Ausschreibung, hat die Klägerin im vorliegenden Rechtsstreit nicht, auch nicht hilfsweise, geltend gemacht.
Melullis Scharen Ambrosius
Mühlens Meier-Beck

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
X ZR 19/02 Verkündet am:
7. Juni 2005
Groß
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk : ja
BGHZ : nein
BGHR : ja
BGB § 276 Fa; VOB/A § 25 Nr. 1 Abs. 1, § 21 Nr. 1 Abs. 1

a) Schadensersatzansprüche wegen Verletzung eines durch die Ausschreibung
begründeten vorvertraglichen schutzwürdigen Vertrauensverhältnisses
kommen nicht in Betracht, wenn das Angebot des Schadensersatz begehrenden
Bieters zwingend von der Wertung der Angebote auszuschließen
war.

b) Werden in den Ausschreibungsunterlagen Erklärungen nach den Formblättern
EFB-Preis 1a, 1b und 2 gefordert, dann sollen diese Erklärungen für die
Vergabeentscheidung relevant sein, so daß die Nichtabgabe dieser Erklärungen
mit dem Angebot zwingend zum Ausschluß von der Wertung nach
§ 25 Nr. 1 Abs. 1 Buchst. b VOB/A führt.
BGH, Urteil vom 7. Juni 2005 - X ZR 19/02 - OLG Düsseldorf
LG Wuppertal
Der X. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 10. Mai 2005 durch den Vorsitzenden Richter Dr. Melullis und
die Richter Scharen, Keukenschrijver, Asendorf und Dr. Kirchhoff

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Beklagten wird das am 8. Januar 2002 verkündete Urteil des 21. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Düsseldorf aufgehoben.
Die Berufung der Klägerin gegen das am 16. März 2001 verkündete Urteil der 5. Zivilkammer des Landgerichts Wuppertal wird zurückgewiesen. Auf die Anschlußberufung der Beklagten werden das Urteil der 5. Zivilkammer des Landgerichts Wuppertal teilweise abgeändert und die Klage auch im übrigen abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits hat die Klägerin zu tragen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


Die beklagte Stadt hat im beschränkten Verfahren die "Treppenanlage S. " ausgeschrieben. Fünf Bieter, darunter die Klägerin, wurden aufgefordert , ein Angebot abzugeben. Von diesen hat nur die Klägerin ein fristgerechtes Angebot zum Preis von 232.241,83 DM abgegeben, dem die nach den Ausschreibungsunterlagen geforderten Formblätter EFB-Preis 1a, 1b und 2 nicht beigefügt waren. Mit Schreiben vom 13. Oktober 1995 teilte die beklagte Stadt der Klägerin mit, daß die Ausschreibung aufgehoben werde, weil das Leistungsverzeichnis in einigen Hauptpositionen geändert werden solle. Später wurde der Klägerin in Gesprächen mitgeteilt, das von ihr abgegebene Angebot überschreite die veranschlagten Kosten bei weitem. Die Klägerin begehrte gleichwohl den Zuschlag und kündigte für den Fall der Zuschlagsverweigerung Schadensersatzansprüche an.
Anfang 1996 schrieb die beklagte Stadt das Bauvorhaben mit Modifizierungen erneut öffentlich aus. Wiederum beteiligte sich nur die Klägerin an der Ausschreibung, wobei ihrem Angebot erneut die Formblätter EFB-Preis nicht beigefügt waren. Die Angebotssumme belief sich auf 234.527,62 DM. Die beklagte Stadt hat auch diese Ausschreibung aufgehoben. Sie hat die Auffassung vertreten, die Klägerin habe zu unangemessen hohen Preisen geboten, und sich auf § 25 Nr. 3 Abs. 1 VOB/A berufen.
Die Treppenanlage wurde zunächst nicht gebaut. Im Jahre 1998 ließ die beklagte Stadt eine Stützmauer, die Teil der Ausschreibung war, in einer Weise errichten, die den Bau einer Treppe zu einem späteren Zeitpunkt ermöglicht. Ferner stellte die beklagte Stadt in der Folgezeit den zur geplanten Treppe führenden Weg her. In der mündlichen Verhandlung vor dem Senat hat die beklag-
te Stadt behauptet, der Klägerin inzwischen den Auftrag zur Errichtung der Treppe erteilt zu haben.
Die Klägerin hat ihren Aufwand für die Erstellung der jeweiligen Angebotsunterlagen auf 1.452,50 DM beziffert und geltend gemacht, ihr sei ein Schaden in Höhe von 113.290,63 DM entstanden, weil sie den Zuschlag auf die erste Ausschreibung nicht erhalten habe. Den Schaden aus der Aufhebung der zweiten Ausschreibung hat sie mit 110.771,34 DM beziffert. Schließlich hat sie ihr anteiliges Erfüllungsinteresse wegen Errichtung der Stützmauer mit 46.007,11 DM beziffert. Sie nimmt die beklagte Stadt auf Zahlung von Schadensersatz in Höhe von 114.743,13 DM in Anspruch, wobei sich dieser Betrag aus dem auf das positive Interesse gerichteten Schadensersatzbegehren wegen Aufhebung der zweiten Ausschreibung sowie aus dem auf das negative Interesse gerichteten Schadensersatzbegehren hinsichtlich der ersten Ausschreibung zusammensetzt; hilfsweise begehrt die Klägerin Ersatz des positiven Interesses hinsichtlich der ersten Ausschreibung.
Das Landgericht hat der Klage hinsichtlich des negativen Interesses stattgegeben, die beklagte Stadt zur Zahlung von 2.905,-- DM nebst Zinsen verurteilt und die weitergehende Klage abgewiesen. Auf die Berufung der Klägerin hat das Berufungsgericht den Anspruch der Klägerin auf Ersatz des positiven Interesses aufgrund der Aufhebung der zweiten Ausschreibung dem Grunde nach für gerechtfertigt erklärt, die Anschlußberufung der beklagten Stadt, mit der diese die Abweisung der Klage auch im übrigen erstrebt hat, zurückgewiesen und die Sache zur Verhandlung und Entscheidung über die Höhe des geltend gemachten Anspruchs an das Landgericht zurückverwiesen.
Hiergegen richtet sich die Revision der beklagten Stadt, die erstrebt, das Berufungsurteil aufzuheben und nach ihren Anträgen in der Berufungsinstanz zu entscheiden. Die Klägerin ist der Revision entgegengetreten.

Entscheidungsgründe:


Die zulässige Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung des Berufungsurteils , zur Zurückweisung der Berufung der Klägerin und auf die Anschlußberufung der beklagten Stadt zur Abweisung der Klage auch bezüglich des auf Ersatz des negativen Interesses gerichteten Schadensersatzbegehrens.
I. Das Berufungsgericht hat den mit der Klage geltend gemachten Anspruch auf Ersatz des positiven Interesses unter dem Gesichtspunkt der culpa in contrahendo dem Grunde nach für gerechtfertigt gehalten. Es hat in Übereinstimmung mit dem Landgericht die Aufhebung der beiden Ausschreibungen für rechtswidrig gehalten, weil ein Aufhebungsgrund im Sinne von § 26 VOB/A nicht vorgelegen habe. Die beklagte Stadt habe nicht dargelegt, daß es sich bei den Änderungen des Leistungsverzeichnisses um grundlegende Änderungen im Sinne von § 26 Abs. 1 Buchst. b VOB/A gehandelt habe. Die beklagte Stadt könne sich auch nicht darauf berufen, es seien nicht genügend Haushaltsmittel in den Haushaltsplan eingestellt gewesen, um die Maßnahme wie geplant und ausgeschrieben zu finanzieren. Das Unterlassen der Beifügung der Formblätter EFB-Preis habe die beklagte Stadt nicht berechtigt, die Angebote der Klägerin unberücksichtigt zu lassen. Die beklagte Stadt habe auch nicht dargetan, daß das Angebot der Klägerin unangemessen hoch gewesen sei (§ 25 Nr. 3 Abs. 1 VOB/A). Die vom Landgericht durchgeführte Beweisaufnahme habe derartiges
nicht ergeben und es bestehe keine Veranlassung zu weiterer Sachaufklärung. Ein auf das positive Interesse gerichteter Schadensersatzanspruch komme zwar nur in Betracht, wenn das zunächst ausgeschriebene Vorhaben später doch ausgeführt werde. Die ausgeschriebene Baumaßnahme sei jedoch teilweise durchgeführt worden. Allein durch die Aufspaltung der Baumaßnahme in mehrere Teilmaßnahmen könne sich die beklagte Stadt ihrer Schadensersatzpflicht nicht entziehen. Da die Klägerin einzige Bieterin gewesen sei, hätte ihr der Zuschlag erteilt werden müssen, so daß der Anspruch auf Schadensersatz in Höhe des positiven Interesses dem Grunde nach bestehe, wobei jedoch die von der Klägerin vorgenommene Kumulation von positivem und negativem Interesse nicht zugesprochen werden könne, weil die Kosten für die Erstellung des Angebots in die Preise einkalkuliert würden.
II. Die Revision greift das Berufungsurteil mit Erfolg an.
1. Allerdings ist das Berufungsgericht zutreffend davon ausgegangen, daß Fehler bei Ausschreibung und Zuschlag öffentlicher Aufträge eine Haftung des Auftraggebers gegenüber den Bietern auf Ersatz der diesen entstandenen Schäden auslösen können. Spätestens mit der Anforderung der Ausschreibungsunterlagen durch die Bieter wird zwischen diesen und dem Ausschreibenden ein vorvertragliches Vertrauensverhältnis begründet, aus dessen Verletzung durch nicht den Vergabevorschriften entsprechende Vergabe des Auftrags Schadensersatzansprüche aus culpa in contrahendo entstehen können, die regelmäßig auf den Ersatz des negativen Interesses gerichtet sind und unter besonderen Voraussetzungen auch auf den Ersatz des positiven Interesses gerichtet sein können (vgl. BGHZ 139, 259, 261; 139, 273, 275; 139, 280, 283; st. Rspr.).
2. Aufgrund der vom Berufungsgericht getroffenen Feststellungen steht fest, daß in den Ausschreibungsunterlagen gefordert worden ist, dem Angebot die Formblätter EFB-Preis 1a, 1b und 2 beizufügen, und daß die Klägerin ihren Angeboten die auf diesen Formblättern abzugebenden Erklärungen nicht beigefügt hat. Die Klägerin hat nach diesen Feststellungen bei Abgabe ihrer Angebote gegen § 21 Nr. 1 Abs. 1 VOB/A verstoßen. Das führt dazu, daß die Angebote der Klägerin nach § 25 Nr. 1 Abs. 1 Buchst. b VOB/A zwingend von der Wertung auszuschließen waren.

a) Schadensersatzansprüche wegen Verletzung eines durch die Ausschreibung begründeten vorvertraglichen schutzwürdigen Vertrauensverhältnisses kommen dann nicht in Betracht, wenn das Angebot des Schadensersatz begehrenden Bieters zwingend von der Wertung der Angebote auszuschließen war (Sen.Urt. v. 8.9.1998 - X ZR 85/97, NJW 1998, 3634 unter II.; Sen.Urt. v. 16.4.2002 - X ZR 67/00, NJW 2002, 2558 unter 2 e). Nach den getroffenen Feststellungen hält daher das Berufungsurteil jedenfalls aus diesem Grund der revisionsrechtlichen Prüfung nicht stand (§ 559 Abs. 2 ZPO in der bis zum 31.12.2001 geltenden Fassung, die auf den Streitfall anzuwenden ist, § 26 Nr. 7 EGZPO). Daß die Beklagte ihr Begehren, die Klage abzuweisen, nicht mehr ausdrücklich auf die sich hieraus ergebenden Rechtsfolgen gestützt hat, ist unschädlich (Sen.Urt. v. 16.4.2002 - X ZR 67/00, NJW 2002, 2558 unter 2 e).

b) § 25 Nr. 1 Abs. 1 Buchst. b VOB/A bestimmt, daß Angebote, die § 21 Nr. 1 Abs. 1 und 2 VOB/A nicht entsprechen, zwingend von der Wertung der Angebote auszuschließen sind (Sen.Urt. v. 8.9.1998 - X ZR 85/97, NJW 1998, 3634 unter II.). Nach § 21 Nr. 1 Abs. 1 VOB/A sollen die Angebote nur die Preise und die geforderten Erklärungen enthalten. Werden in den Ausschreibungsunterlagen geforderte Erklärungen nicht abgegeben, führt dies zwingend dazu,
daß ein solches Angebot gemäß § 25 Nr. 1 Abs. 1 Buchst. b VOB/A von der Wertung auszuschließen ist. Dem steht nicht entgegen, daß die die geforderte Erklärungen betreffende Bestimmung in § 21 Nr. 1 Abs. 1 VOB/A als Sollvorschrift formuliert ist. Der Ausschlußtatbestand ist nicht erst dann gegeben, wenn das betreffende Angebot wegen fehlender Erklärungen im Ergebnis nicht mit den anderen abgegebenen Angeboten verglichen werden kann. Denn ein transparentes, auf Gleichbehandlung aller Bieter beruhendes Vergabeverfahren ist nur zu erreichen, wenn lediglich in jeder sich aus den Verdingungsunterlagen ergebenden Hinsicht vergleichbare Angebote gewertet werden. Dies erfordert, daß hinsichtlich jeder Position der Leistungsbeschreibung alle zur Kennzeichnung der insoweit angebotenen Leistung geeigneten Parameter bekannt sind, deren Angabe den Bieter nicht unzumutbar belastet und ausweislich der Ausschreibungsunterlagen gefordert war, so daß sie als Umstände ausgewiesen sind, die für die Vergabeentscheidung relevant sein sollen (BGHZ 154, 32, 45).

c) In Anwendung dieser Grundsätze ist nach der Rechtsprechung des Senats das Angebot eines Bieters, der in den Ausschreibungsunterlagen geforderte Erklärungen nicht nur zum Hersteller oder zum Fabrikat eines zu liefernden Bauteils, sondern auch zum Typ eines anzubietenden Produkts nicht abgibt , von der Wertung auszuschließen (BGHZ 154, 32, 46). Gleiches gilt, wenn ein Bieter in seinem Angebot die von ihm tatsächlich für einzelne Leistungspositionen geforderten Einheitspreise auf verschiedene Einheitspreise anderer Leistungspositionen verteilt, denn er benennt nicht die von ihm nach den Ausschreibungsunterlagen geforderten Preise im Sinne von § 21 Nr. 1 Abs. 1 VOB/A (Sen.Beschl. v. 18.5.2004 - X ZB 7/04, NJW-RR 2004, 1570, zur Veröffentlichung in BGHZ vorgesehen).

d) Für Angebote, die in den Ausschreibungsunterlagen geforderte Erklärungen zu den Formblättern EFB-Preis 1a, 1b und 2 nicht enthalten, gilt nichts anderes. Werden in den Ausschreibungsunterlagen Erklärungen nach diesen Formblättern gefordert, dann sind diese Erklärungen als Umstände ausgewiesen , die für die Vergabeentscheidung relevant sein sollen, so daß die Nichtabgabe dieser Erklärungen mit dem Angebot zwingend zum Ausschluß nach § 25 Nr. 1 Abs. 1 Buchst. b VOB/A führt. Soweit die Auffassung vertreten wird, die Nichtabgabe der genannten Formblätter führe nicht zum Ausschluß des betreffenden Angebots von der Wertung (Ingenstau/Korbion/Katzenberg, VOB 15. Aufl., § 21 VOB/A Rdn. 65; Heiermann/Riedl/Rusam, Handkommentar zur VOB, 10. Aufl., § 25 VOB/A Rdn. 11), ist dies mit dem von § 25 Nr. 1 Abs. 1 Buchst. b, § 21 Nr. 1 Abs. 1 VOB angestrebten Zweck, ein transparentes und alle Bieter gleich behandelndes Vergabeverfahren zu gewährleisten, in dem ohne weiteres vergleichbare Angebote auf der Grundlage der Ausschreibungsunterlagen vorliegen, nicht zu vereinbaren.
3. Bei dieser Rechtslage kann auch die Verurteilung der beklagten Stadt zur Leistung von auf das negative Interesse gerichtetem Schadensersatz keinen Bestand haben. Das Berufungsurteil ist daher aufzuheben, die Berufung der Klägerin gegen das landgerichtliche Urteil zurückzuweisen und die Klage nach den Anträgen der Anschlußberufung der beklagten Stadt auch im übrigen abzuweisen, ohne daß es einer Entscheidung zu den weiteren zwischen den Parteien umstrittenen und vom Berufungsgericht erörterten Rechtsfragen bedarf.
III. Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 ZPO.
Melullis Scharen Keukenschrijver
Asendorf Kirchhoff

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
X ZR 23/03
vom
16. März 2004
in dem Rechtsstreit
Der X. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 16. März 2004 durch
den Vorsitzenden Richter Dr. Melullis und die Richter Prof. Dr. Jestaedt,
Scharen, Keukenschrijver und Asendorf

beschlossen:
Die Beschwerde der Klägerin gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des 15. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Dresden vom 11. Februar 2003 wird zurückgewiesen, weil die Rechtssache weder grundsätzliche Bedeutung hat noch die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts erfordert (§ 543 Abs. 2 Satz 1 ZPO). Von einer näheren Begründung wird gemäß § 544 Abs. 4 Satz 2, 2. Halbs. ZPO abgesehen.
Angesichts der in tatrichterlicher Würdigung der Ausschreibungsunterlagen getroffenen Feststellung des Berufungsgerichts, die Bieter hätten Art und Umfang der durch Nachunternehmer auszuführenden Leistungen und die Namen der vorgesehenen Nachunternehmer angeben müssen, war das Angebot der Klägerin jedenfalls deshalb gemäß § 25 Nr. 1 Abs. 1 b VOB/A i.V.m. § 21 Nr. 1 Abs. 1 Satz 3 VOB/A auszuschließen, weil die Klägerin nicht einmal angegeben hatte, welche Arbeiten sie durch Nachunternehmer ausführen lassen würde.
Die Klägerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens (§ 97 Abs. 1 ZPO).
Streitwert: 62.484,57 Melullis Jestaedt Scharen Keukenschrijver Asendorf

(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat.

(2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vorbringens obsiegt, das sie in einem früheren Rechtszug geltend zu machen imstande war.

(3) (weggefallen)