Bundesgerichtshof Urteil, 05. Juni 2018 - X ZR 80/16

bei uns veröffentlicht am05.06.2018
vorgehend
Bundespatentgericht, 5 Ni 41/13, 21.07.2016

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
X ZR 80/16 Verkündet am:
5. Juni 2018
Anderer
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in der Patentnichtigkeitssache
ECLI:DE:BGH:2018:050618UXZR80.16.0

Der X. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung vom 5. Juni 2018 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Meier-Beck, die Richter Gröning, Dr. Grabinski und Dr. Bacher, sowie die Richterin Dr. KoberDehm
für Recht erkannt:
Auf die Berufung wird das Urteil des 5. Senats (Nichtigkeitssenats) des Bundespatentgerichts vom 21. Juli 2016 abgeändert.
Die Klage wird abgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Rechtsstreits.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


1
Die Beklagte ist Inhaberin des mit Wirkung für die Bundesrepublik Deutschland erteilten europäischen Patents 1 782 979 (Streitpatents), das ein Fensterrollo für Kraftfahrzeuge betrifft und unter Inanspruchnahme einer Priorität vom 2. November 2005 am 27. Juli 2006 angemeldet wurde. Patentanspruch 1, auf den sich 21 weitere Ansprüche zurückbeziehen, lautet in der Verfahrenssprache: Fensterrollo (21) für Fenster (9, 10) an Kraftfahrzeugen (1), insbesondere Heckfensterrollo , wobei das Fenster (9, 10) eine Oberkante (8) aufweist, mit einer drehbar gelagerten Wickelwelle (22), mit einer Rollobahn (19), die mit einer Kante an der Wickelwelle (22) befestigt ist, die eine von der Wickelwelle (22) abliegende Kante aufweist und die durch einen Schlitz (14) hindurch ausziehbar ist, mit einer Auszugsschiene (23), die an der von der Wickelwelle (22) abliegenden Kante der Rollobahn (19) befestigt ist und aus einer Ruhestellung mit eingefahrener Rollobahn (19) längs eines Auszugsweges in eine Funktionsstellung zu bringen ist, in der die Rollobahn (19) vor dem Fenster (9, 10) des Kraftfahrzeugs (1) aufgespannt ist, mit einer Antriebseinrichtung (44, 53), die zumindest mit der Wickelwelle (22) gekuppelt ist, um die Wickelwelle (22) zumindest im Sinne des Aufwickelns der Rollobahn (19) auf die Wickelwelle (22) vorzuspannen , mit Führungsmitteln (18), die die Auszugsschiene (23) längs des Auszugswegs führen und die Auszugsschiene (23) um eine Achse schwenken, die parallel zu der Längsachse der Auszugsschiene (23) liegt, wobei sich die Auszugsschiene (23) in der Ruhestellung in einer Schwenkstellung und in der Funktionsstellung in einer zweiten Schwenkstellung befindet, die gegenüber der ersten Schwenkstellung gedreht ist, und mit einer Konturplatte (24), die an der Auszugsschiene (23) vorgesehen ist und von der ein Rand (25) konvex bombiert verläuft, derart, dass in der Funktionsstellung nahezu kein Lichtspalt mehr verbleibt.
2
Die Klägerin hat das Streitpatent im Umfang der Patentansprüche 1 bis 8 und 11 bis 22 wegen fehlender Patentfähigkeit angegriffen. Die Beklagte hat das Schutzrecht in der erteilten Fassung und hilfsweise in sechs geänderten Fassungen verteidigt.
3
Das Patentgericht hat das Streitpatent unter Abweisung der weitergehenden Klage für nichtig erklärt, soweit der Gegenstand des Schutzrechts über die mit Hilfsantrag 6 verteidigte Fassung der angegriffenen Patentansprüche hinausgeht. Dagegen wendet sich die Berufung der Beklagten, die weiterhin die vollständige Abweisung der Klage anstrebt und das Streitpatent hilfsweise in der Fassung der erstinstanzlichen Hilfsanträge 1 bis 4 verteidigt. Die Klägerin tritt dem Rechtsmittel entgegen.

Entscheidungsgründe:


4
Die zulässige Berufung führt zur vollständigen Abweisung der Klage.
5
I. Das Streitpatent betrifft ein Fensterrollo für Kraftfahrzeuge.
6
1. Nach den Ausführungen in der Streitpatentschrift waren im Stand der Technik Rollos bekannt, die an der Heckscheibe von Kraftfahrzeugen angebracht werden können, um die Erwärmung des Innenraums zu vermindern.
7
Als Beispiel wird das in der deutschen Offenlegungsschrift 102 48 591 (K32) offenbarte Heckfensterrollo angeführt. Dieses weise an der oberen Kante eine Auszugsschiene auf, die durch zwei in der C-Säule des Fahrzeugs ausgebildete Führungsschienen geführt werde. Der geradlinige Verlauf der Auszugsschiene ermögliche optimale Einbau- und Wickelverhältnisse. Wegen der Bombierung des Dachs und der gekrümmten Oberkante der Heckscheibe verbleibe im ausgefahrenen Zustand aber ein Lichtspalt zwischen der Auszugsschiene und der Oberkante der Scheibe.
8
Das Streitpatent betrifft vor diesem Hintergrund das technische Problem, ein Rollo zur Verfügung zu stellen, das günstige Einbau- und Wickelverhältnisse bietet, in ausgefahrenem Zustand aber keinen Lichtspalt an der Oberkante der Heckscheibe freilässt.
9
2. Zur Lösung dieses Problems schlägt das Streitpatent in der erteilten Fassung von Patentanspruch 1 ein Fensterrollo vor, dessen Merkmale sich wie folgt gliedern lassen (die Gliederung des Patentgerichts ist, soweit abweichend, in eckigen Klammern wiedergegeben): 1. Das Fensterrollo (21) [1] ist geeignet für Fenster (9, 10) an Kraftfahrzeugen (1), die eine Oberkante (8) aufweisen, insbesondere für Heckfenster [1a], und umfasst: 2. eine drehbar gelagerte [2a] Wickelwelle (22) [2]; 3. eine Rollobahn (19), die
a) mit einer Kante an der Wickelwelle (22) befestigt ist,
b) eine von der Wickelwelle (22) abliegende Kante aufweist und
c) durch einen Schlitz (14) hindurch ausziehbar ist; 4. eine Auszugsschiene (23), die
a) an der von der Wickelwelle (22) abliegenden Kante der Rollobahn (19) befestigt und
b) aus einer Ruhestellung mit eingefahrener Rollobahn (1, 9) längs eines Auszugsweges in eine Funktionsstellung zu bringen ist, in der die Rollobahn (19) vor dem Fenster (9, 10) des Kraftfahrzeugs (1) aufgespannt ist; 5. eine Antriebseinrichtung (44, 53) [5], die zumindest mit der Wickelwelle (22) gekuppelt ist, um diese zumindest im Sinne des Aufwickelns der Rollobahn (19) auf die Wickelwelle (22) vorzuspannen [5a]; 6. Führungsmittel (18), die
a) die Auszugsschiene (23) längs des Auszugswegs führen und
b) die Auszugsschiene (23) um eine Achse schwenken, die parallel zu der Längsachse der Auszugsschiene (23) liegt, wobei sich die Auszugsschiene (23) (1) in der Ruhestellung in einer Schwenkstellung (2) und in der Funktionsstellung in einer zweiten Schwenkstellung befindet, die gegenüber der ersten Schwenkstellung gedreht ist [6c]; 7. eine Konturplatte (24),
a) die an der Auszugsschiene (23) vorgesehen ist und
b) von der ein Rand (25) konvex bombiert verläuft, derart, dass in der Funktionsstellung nahezu kein Lichtspalt mehr verbleibt.
10
3. Zentrale Bedeutung kommt der in Merkmalsgruppe 7 definierten Konturplatte zu.
11
a) Diese Platte ist gemäß Merkmal 7 b an ihrem äußeren Rand so ausgeformt , dass sie den Spalt zwischen der Auszugsschiene und der Oberkante des Fensters abdeckt. Dies ermöglicht es, die Auszugsschiene geradlinig auszubilden , um die daraus resultierenden Vorteile nutzen zu können.
12
b) Um den Lichtspalt in der beschriebenen Weise abzudecken, muss sich die Konturplatte gemäß Merkmal 7 b in einer Funktionsstellung befinden. Dies ist die Stellung, die die Konturplatte einnimmt, wenn die Rollobahn vor dem Fenster des Kraftfahrzeugs vollständig aufgespannt ist.
13
Im Patentanspruch ist zwar nicht ausdrücklich festgelegt, dass der in den Merkmalen 4 b und 6 b (2) in Bezug auf die Auszugsschiene und in Merkmal 7 b im Zusammenhang mit der Konturplatte verwendete Begriff "Funktionsstellung" jeweils in gleichem Sinne zu verstehen ist. Für dieses Verständnis sprechen aber sowohl der Wortlaut der Merkmale 6 b (2) und 7 b als auch die damit übereinstimmende Beschreibung.
14
In den Merkmalen 6 b (2) und 7 b ist nur von "der Funktionsstellung" die Rede, ohne dass diese näher definiert wird. Dies spricht dafür, dass damit die in Merkmal 4 b definierte Stellung gemeint ist.
15
Dieses Verständnis deckt sich mit dem in der Beschreibung dargestellten Ausführungsbeispiel, dessen Anordnung in vollständig ausgefahrener Position in Figur 5 wie folgt dargestellt ist:
16
Danach wird die Auszugsschiene (23) (in Figur 5 nicht gekennzeichnet) beim Ausfahren aus der Ruhestellung in die oberste Stellung aufgrund des kurvenförmigen Verlaufs der Führungsbahnen (18) aus einer im Wesentlichen waagerechten in eine im Wesentlichen senkrechte Position verschwenkt. Die Konturplatte (24) führt die gleiche Schwenkbewegung aus (Abs. 49), weil sie an einer Flachseite des Mittelstücks (26) der Auszugsschiene befestigt ist (Abs. 32). Dadurch verläuft der bombierte Rand (25) der Konturplatte entlang der Oberkante des Heckfensters, so dass er den Spalt zwischen dieser und der Auszugsschiene verdeckt (Abs. 31).
17
c) Ob die Verbindung zwischen Konturplatte und Auszugsschiene nach der erteilten Fassung von Patentanspruch 1 drehfest ausgestaltet sein muss, kann dahingestellt bleiben. Für die Beurteilung der Patentfähigkeit kann zugunsten der Klägerin unterstellt werden, dass eine solche Ausgestaltung - obwohl sie in den Ausführungsbeispielen dargestellt und dort für die Funktion des Rollos von zentraler Bedeutung ist - nicht zwingend verwirklicht sein muss.
18
II. Das Patentgericht hat seine Entscheidung im Wesentlichen wie folgt begründet:
19
Der Gegenstand der erteilten Fassung von Patentanspruch 1 sei dem Fachmann, einem an einer Hochschule ausgebildeten Ingenieur der Fachrichtung Maschinenbau, durch K32 und die deutsche Offenlegungsschrift 101 35 273 (K39) nahegelegt. In K39 sei ein Blendenprofil zur Abdeckung des offenen Spalts zwischen einem Netz zur Abtrennung des Laderaums und dem Dachhimmel des Fahrzeugs offenbart, das die Merkmale 7 bis 7 b aufweise. Der Fachmann habe Anlass gehabt, ein solches Profil auch an einer Zugstabanordnung vorzusehen, wie sie in D32 offenbart sei. Hierbei werde er das Profil zwingend am Mittelstück der Zugstabanordnung ausbilden, weil eine Einbeziehung der seitlichen Führungselemente deren Teleskopierbarkeit unterbinden würde. Die flächige Ausbildung des Blendenprofils und die Randbedingung, dass dieses in der Funktionsstellung den Lichtspalt zu verschließen habe, führten den Fachmann ferner zwangsläufig dazu, die in K32 offenbarten Verbindungen zwischen der Zugstabanordnung (21) und den Führungselementen (22) sowie zwischen dem Halsteil (37) und dem Führungskörper (38) drehfest auszugestalten.
20
III. Diese Beurteilung hält der Überprüfung im Berufungsverfahren in einem entscheidenden Punkt nicht stand.
21
1. Entgegen der Auffassung des Patentgerichts ist der Gegenstand der erteilten Fassung von Patentanspruch 1 durch K32 und K39 nicht nahegelegt.
22
a) In der bereits in der Anmeldung des Streitpatents zitierten Entgegenhaltung K32 ist ein Fensterrollo mit den Merkmalen 1 bis 6 a offenbart.
23
aa) In K32 ist ein Fensterrollo für die Heckscheibe eines Kraftfahrzeugs offenbart, das in Figur 2 wie folgt dargestellt wird:
24
Nach der Beschreibung umfasst dieses Rollo eine unterhalb der Hutablage (11) drehbar gelagerte Wickelwelle (19) mit einem Federmotor (20) und eine Rollobahn (18), die mittels einer Zugstabanordnung (21) in zwei Führungsschienen (16) geführt wird.
25
Einzelheiten der Zugstabanordnung sind unter anderem in Figur 4 dargestellt :
26
Danach ist an jeder Seite der Zugstabanordnung (21) ein Führungselement (22) angebracht. Dieses ist teleskopartig ausgebildet, weil der Abstand zwischen den beiden Führungsschienen sich entlang des Auszugswegs verändert. Das Führungselement (22) weist an der Außenseite ein verjüngtes Halsteil (37) auf. Auf diesem "sitzt" ein zylindrischer Führungskörper (38), der innerhalb der Führungsnut (34) verschiebbar angeordnet ist (K32 Abs. 28).
27
bb) Damit sind, wie auch die Berufung nicht in Zweifel zieht, die Merkmale 1 bis 6 offenbart.
28
cc) Ebenfalls offenbart ist Merkmal 6 a.
29
Bei der in K32 offenbarten Vorrichtung führen die Führungsschienen (16) die Zugstabanordnung (21) mittels der Führungselemente (22) längs des Auszugswegs.
30
dd) Nicht offenbart ist die Merkmalsgruppe 6 b.
31
(1) Die Frage, ob die Zugstabanordnung (21) beim Ausfahren des Rollos parallel zu ihrer Längsachse verschwenkt wird, wird in K32 nicht ausdrücklich behandelt. Damit bleibt die Ausgestaltung, wie das Patentgericht zutreffend ausgeführt hat, insoweit dem Fachmann überlassen.
32
Die in der Beschreibung erwähnte und in Figur 4 dargestellte Zylinderform des Führungskörpers (38) hat, wie das Patentgericht ebenfalls zutreffend angenommen hat, allerdings zur Folge, dass die Ausrichtung dieses Elements dem jeweiligen Verlauf der Führungsschienen (16) folgt. Zu einer Schwenkbewegung der Zugstabanordnung (21) führt dies indes nur dann, wenn die Verbindung zwischen dem Führungskörper (38) und dem Halsteil (37) und die Verbindung zwischen dem Führungselement (22) und dem Mittelteil der Zugstabanordnung drehfest ausgeführt sind. Hierzu verhält sich die Beschreibung von K32 nicht.
33
Entgegen der Auffassung der Berufungserwiderung kann aus dem Umstand , dass in K32 nicht ausdrücklich eine drehbewegliche Verbindung offenbart ist, nicht gefolgert werden, dass sie drehfest ist. Der Umstand, dass in K32 weder die eine noch die andere Art der Verbindung offenbart ist, führt vielmehr dazu, dass die Wahl einer geeigneten Ausführungsform insoweit dem Fachmann überlassen bleibt.
34
(2) Entgegen der Auffassung der Parteien kann auch nicht davon ausgegangen werden, dass sich eine drehfeste oder drehbare Verbindung zwingend aus der Form der eingesetzten Bauteile ergibt.
35
(a) K32 legt allerdings nahe, das Führungselement (22) und das Halsteil (37) zylindrisch auszugestalten.
36
Zwar ist eine Zylinderform in K32 nur für den Führungskörper (38) ausdrücklich offenbart, nicht aber für das Führungselement (22) oder das Halsteil (37). Die Darstellung in Figur 4, die für beide Bauteile keine entlang der Längsachse verlaufenden Kanten erkennen lässt, und die Darstellung in den Figuren 5 bis 7, die das Führungselement (22) jeweils mit kreisförmigem Querschnitt zeigen, lassen es aber als naheliegend erscheinen, diese verhältnismäßig einfache Form zu wählen.
37
(b) Entgegen der Auffassung der Berufung kann daraus nicht eindeutig entnommen werden, dass die Verbindung zwischen dem Führungselement (22) und dem Mittelstück der Zugstabanordnung (21) drehbar sein muss.
38
Wenn das Führungselement (22) zylinderförmig ausgestaltet ist und gegenüber der Zugstabanordnung ein Spiel aufweist, um die teleskopartige Bewegung zu ermöglichen, ist allerdings zu erwarten, dass auch eine Drehbewegung möglich ist. Wie die Berufungserwiderung zu Recht geltend macht, schließt dies aber nicht aus, eine solche Bewegung durch zusätzliche Maßnahmen wie etwa eine Führungsnut zu verhindern.
39
(c) Andererseits ist ein zwingender Grund, eine Drehbewegung durch eine Führungsnut oder einen von der Kreisform abweichenden Querschnitt des Führungselements zu verhindern, ebenfalls nicht ersichtlich.
40
Entgegen der Auffassung der Berufungserwiderung ist eine drehbare Verbindung zwischen dem Führungskörper (38) und dem Halsteil (37) nicht deshalb ausgeschlossen, weil der Abstand zwischen den beiden Führungsschienen (16) in deren Verlauf variiert. Wenn das Halsteil (37) nur lose in den Führungskörper (38) eingesteckt ist, könnte diese Verbindung zwar gelöst wer- den, wenn sich der Abstand zwischen den Führungsschienen (16) vergrößert und die Breite der Zugstabanordnung (21) nicht angepasst wird. Diese Anpassung wird nach der Beschreibung von K32 aber durch die teleskopartige Ausgestaltung der Führungselemente (22) gewährleistet. Wenn diese von innen mit einem Federdruck beaufschlagt wird, bleibt die Position des Halsteils (37) relativ zum Führungskörper (38) unabhängig vom Abstand der Führungsschienen (16) unverändert.
41
Eine drehfeste Verbindung ist auch im Hinblick auf die Funktion der Zugstabanordnung nicht erforderlich. Die Zugstabanordnung (21) dient im Wesentlichen dazu, den oberen Rand des Rollos aufzunehmen und eine sichere Führung beim Ein- und Ausfahren zu gewährleisten. Welche Position die Anordnung oder einzelne Teile davon in Bezug auf die Längsachse einnehmen, ist hierfür nicht von Bedeutung.
42
(3) Vor diesem Hintergrund kann entgegen der Auffassung der Berufungserwiderung auch aus der Darstellung der Rollobahn in Figur 5 keine zuverlässige Schlussfolgerung gezogen werden.
43
Auch wenn der dort dargestellte Verlauf der Rollobahn nicht dem kürzesten Weg entspricht, kann hieraus nicht eindeutig und unmittelbar abgeleitet werden, dass das Führungselement drehfest gelagert ist. Der Verlauf der Rollobahn ist in dieser Figur nur schematisch dargestellt. Er steht auch nicht im Mittelpunkt der darauf bezogenen Ausführungen in der Beschreibung. Deshalb kann nicht mit der erforderlichen Sicherheit ausgeschlossen werden, dass es sich nur um eine zeichnerische Vereinfachung oder Ungenauigkeit handelt.
44
ee) Ebenfalls nicht offenbart ist Merkmalsgruppe 7.
45
Wie unter anderem aus Figur 2 ersichtlich ist, verläuft die Zugstabanordnung (21) zwischen den beiden Führungsschienen (16) im Wesentlichen gerad- linig. Die Oberkante der Heckscheibe weist demgegenüber eine deutliche Krümmung auf. Dadurch verbleibt auch in vollständig ausgezogenem Zustand ein Spalt, wie dies auch in der Streitpatentschrift ausgeführt wird.
46
b) In K39 ist ein ausziehbares Trennnetz mit dem Merkmal 2 sowie den Merkmalsgruppen 3, 4 und 7 offenbart.
47
aa) In K39 ist eine Schutzvorrichtung zur Abtrennung des Laderaums vom Fahrgastraum eines Kombi-Pkw offenbart.
48
Als Nachteil von im Stand der Technik bekannten Ausführungsformen wird angeführt, zwischen der Auszugsleiste und dem gewölbten Dachhimmel verbleibe ein Spalt, der zu Gefährdungen durch einfallendes Licht oder hindurchdringende Gegenstände führen könne.
49
Um diesen Spalt abzudecken, wird in K39 ein Trennnetz vorgeschlagen, dessen Ausgestaltung unter anderem in Figur 1 dargestellt ist:
50
Das Trennnetz (5) ist an seiner Unterseite in einem Kassettengehäuse (4) aufrollbar befestigt. Bei Bedarf kann es manuell nach oben gezogen und mit seiner Oberseite mittels Haken (10) (in Figur 1 nicht dargestellt) am Dachhimmel (7) befestigt werden, so dass es eine im Wesentlichen vertikal verlaufende Abtrennung zum Fahrgastraum bildet. Hierzu weist das Netz an der Oberseite eine im Wesentlichen geradlinig verlaufende Auszugsleiste (9) auf, an deren Oberseite sich ein Blendenprofil (6) anschließt. Dessen Randkontur (11) ist so geformt, dass der Spalt zwischen Auszugsleiste und Dachhimmel (7) in ausgefahrener Position verdeckt ist. Das Blendenprofil kann mit der Auszugsleiste lösbar oder unlösbar verbunden sein (Abs. 15).
51
bb) Damit sind Merkmal 2 sowie die Merkmalsgruppen 3, 4 und 7 offenbart.
52
cc) Nicht offenbart ist Merkmal 1, weil das Trennnetz seiner Funktion nach nicht sinnvoll an einem Fenster eingesetzt werden kann. In der Beschreibung von K39 wird zwar ausgeführt, die erfindungsgemäße Lösung betreffe auch Sonnenschutzvorrichtungen, die im Bereich von Fahrzeugscheiben aufspannbar seien (Abs. 4). Wie eine solche Sonnenschutzvorrichtung konkret aufgebaut sein soll, ist in K39 aber nicht dargestellt.
53
dd) Ebenfalls nicht offenbart ist Merkmal 5, weil das Netz manuell aus dem Kassettengehäuse herausgezogen wird, und die Merkmalsgruppe 6, weil das Netz seitlich nicht geführt wird.
54
c) Zutreffend ist das Patentgericht davon ausgegangen, dass der Fachmann Anlass hatte, den Lichtspalt, der bei dem in K32 offenbarten Fensterrollo verbleibt, mit einem Blendenprofil abzudecken, wie es in K39 offenbart ist.
55
Wie auch die Berufung nicht in Zweifel zieht, hatte der Fachmann Anlass, nach Lösungen zu suchen, um den Lichtspalt, der bei der in K32 offenbarten Ausgestaltung verbleibt, abzudecken, ohne die wesentlichen Vorteile dieser Konstruktion aufzugeben.
56
Für die Suche nach hierfür in Frage kommenden Lösungen lag es nahe, nicht nur Fensterrollos in Betracht zu ziehen, sondern auch andere Vorrichtungen aus dem Kraftfahrzeugbereich, die ähnlichen Zwecken dienen und einen vergleichbaren Aufbau aufweisen. Dies wird bestätigt durch die bereits erwähnten Ausführungen in der Beschreibung von K39 (Abs. 4), die Sonnenschutzvorrichtungen ausdrücklich mit einbeziehen, und auch durch die Offenlegungsschrift 100 64 513 (K5), in der ein Rollo offenbart wird, das nach den Ausführungen in der Beschreibung sowohl zum Abdecken eines Fensters als auch zur Abtrennung des Gepäckraums vom Fahrgastraum eingesetzt werden kann.
57
Vor diesem Hintergrund bot es sich insbesondere an, auf K39 zurückzugreifen , weil diese Entgegenhaltung das Problem des Lichtspalts zwischen einer im Wesentlichen geradlinig verlaufenden Auszugsleiste und einem gewölbten Dachhimmel ausdrücklich beschreibt und eine Lösung dafür vorschlägt.
58
d) Entgegen der Auffassung des Patentgerichts ergab sich aus K32 und K39 jedoch keine Veranlassung, zur Ergänzung des in K32 offenbarten Rollos um ein Blendenprofil mit der in K39 offenbarten Beschaffenheit die in K32 vorgesehenen Führungsmittel entsprechend der Merkmalsgruppe 6 b auszubilden.
59
aa) Eine diesbezügliche Anregung ergab sich nicht aus K39.
60
Wie bereits oben dargelegt wurde, umfasst die in K39 offenbarte Vorrichtung keine seitlichen Führungsmittel. Selbst wenn solche Führungsmittel vorhanden wären, bestünde kein Anlass, die Auszugsleiste beim Ausfahren parallel zu ihrer Längsachse zu verschwenken, weil das Netz im Wesentlichen vertikal nach oben gezogen wird und das Blendenprofil auch in eingefahrenem Zustand keine wesentliche Sichtbehinderung verursacht.
61
bb) Hinreichende Veranlassung, die Auszugsschiene parallel zu ihrer Längsachse zu verschwenken, ergab sich auch nicht daraus, dass die Führungsmittel bei der in K32 offenbarten Vorrichtung kurvenförmig verlaufen.
62
Wie bereits oben ausgeführt wurde, führt der kurvenförmige Verlauf der Führungsschienen (16) zwar dazu, dass sich die Ausrichtung des Führungskörpers (38) entsprechend diesem Verlauf ändert, der Führungskörper also parallel zur Längsachse der Auszugsschiene (23) verschwenkt wird. Dies hat aber nur dann eine Verschwenkung der Auszugsschiene zur Folge, wenn deren Bestandteile drehfest mit dem Führungskörper verbunden sind. Hierfür ergab sich aus K32 keine Anregung.
63
Wie bereits oben dargelegt wurde, überlässt K32 die Ausgestaltung insoweit zwar dem Fachmann. Dieser hatte bei der in K32 offenbarten Konstruktion aber aus den bereits genannten Gründen nicht ohne Weiteres Veranlassung , alle Verbindungen drehfest auszugestalten, weil dies keinen klaren Vorteil gegenüber einer nicht drehfesten Verbindung mit sich bringt.
64
cc) Entgegen der Auffassung des Patentgerichts ergab sich für den Fachmann auch dann keine Veranlassung, die Verbindung drehfest auszugestalten , wenn er das Rollo aus K32 mit dem Blendenprofil aus K39 kombinierte.
65
(1) Bei dieser Kombination kommt der Ausrichtung des Blendenprofils allerdings entscheidende Bedeutung zu.
66
Das Blendenprofil kann seine Funktion nur dann erfüllen, wenn seine Oberkante bei vollständig ausgefahrenem Rollo parallel zum Dachhimmel verläuft. Deshalb muss gewährleistet sein, dass das Profil in der Funktionsstellung diese Position einnimmt und beibehält.
67
Entsprechendes gilt für die Position der Zugstabanordung, die nach der Beschreibung von K39 vorzugsweise mit dem Blendenprofil verbunden oder sogar einstückig mit diesem ausgestaltet ist.
68
(2) Entgegen der Auffassung des Patentgerichts ist es aus Sicht des Fachmanns hierfür weder zwangsläufig geboten noch nahegelegt, die Verbindung zwischen der Zugstabanordnung und dem in der Führungsschiene verlaufenden Führungskörper drehfest auszugestalten.
69
Wie die Berufung zutreffend aufzeigt, kann eine drehstabile Position der Zugstabanordnung und dem daran befestigten Blendenprofil durch die Zugwirkung der Rollobahn erreicht werden. Wie in anderem Zusammenhang auch die Berufungserwiderung geltend macht, führt die Zugwirkung, die aufgrund der in Merkmal 5 vorgesehenen Vorspannung auf die Rollobahn einwirkt, bei einer drehbaren Lagerung der Zugstabanordnung dazu, dass sich diese in diejenige Position dreht, in der die Rollobahn die geringste Längenausdehnung hat. Folglich genügt es, das Blendenprofil so an der Zugstabanordnung zu befestigen, dass seine Oberkante in dieser Position parallel zum Dachhimmel verläuft.
70
Damit kann zwar nicht ohne weiteres erreicht werden, dass das Blendenprofil in eingefahrener Position waagrecht auf der Hutablage liegt. Weder aus K32 noch aus K39 ergab sich aber eine Anregung dafür, die in K39 offenbarte Lösung für die Abdeckung des Lichtspalts in ausgefahrenem Zustand um diese zusätzliche Funktion zu ergänzen. Der Fachmann konnte diese Zusatzfunktion zwar auf einfache Weise verwirklichen, indem er die Verbindung zwischen Führungskörper und Zugstabanordung drehfest ausgestaltete. Auch hierfür ergab sich aus K32 und K39 indes keine Anregung. Bei den dort offenbarten Vorrichtungen war die Schwenkposition der Zugstabanordnung nicht von Bedeutung.
71
Aus K32 ergab sich auch kein Hinweis darauf, dass aufgrund des kurvenförmigen Verlaufs der Führungsschienen bereits alle Voraussetzungen geschaffen waren, um ein Verschwenken zwischen einer waagrechten in eine senkrechte Position zu ermöglichen. Der kurvenförmige Verlauf der Führungsschienen dient bei der in K32 offenbarten Vorrichtung dazu, die Oberkante des Rollos auch in teilweise ausgefahrenem Zustand nahe an der Heckscheibe zu positionieren. Ohne diesbezüglichen Hinweis ergab sich für den Fachmann keine Anregung, diese Ausgestaltung zugleich für einen anderen Zweck zu nutzen.
72
2. Aus den übrigen Entgegenhaltungen ergibt sich keine weitergehende Anregung.
73
IV. Die Kostenentscheidung folgt aus § 121 Abs. 2 PatG und § 91 Abs. 1 ZPO.
Meier-Beck Gröning Grabinski
Bacher Kober-Dehm
Vorinstanz:
Bundespatentgericht, Entscheidung vom 21.07.2016 - 5 Ni 41/13 (EP) -

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Gesetz über den Lastenausgleich


Lastenausgleichsgesetz - LAG

Zivilprozessordnung - ZPO | § 91 Grundsatz und Umfang der Kostenpflicht


(1) Die unterliegende Partei hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, insbesondere die dem Gegner erwachsenen Kosten zu erstatten, soweit sie zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig waren. Die Kostenerstattung um

Patentgesetz - PatG | § 121


(1) In dem Verfahren vor dem Bundesgerichtshof gelten die Bestimmungen des § 144 über die Streitwertfestsetzung entsprechend. (2) In dem Urteil ist auch über die Kosten des Verfahrens zu entscheiden. Die Vorschriften der Zivilprozeßordnung über d

Referenzen

(1) In dem Verfahren vor dem Bundesgerichtshof gelten die Bestimmungen des § 144 über die Streitwertfestsetzung entsprechend.

(2) In dem Urteil ist auch über die Kosten des Verfahrens zu entscheiden. Die Vorschriften der Zivilprozeßordnung über die Prozeßkosten (§§ 91 bis 101) sind entsprechend anzuwenden, soweit nicht die Billigkeit eine andere Entscheidung erfordert; die Vorschriften der Zivilprozeßordnung über das Kostenfestsetzungsverfahren (§§ 103 bis 107) und die Zwangsvollstreckung aus Kostenfestsetzungsbeschlüssen (§§ 724 bis 802) sind entsprechend anzuwenden.

(1) Die unterliegende Partei hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, insbesondere die dem Gegner erwachsenen Kosten zu erstatten, soweit sie zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig waren. Die Kostenerstattung umfasst auch die Entschädigung des Gegners für die durch notwendige Reisen oder durch die notwendige Wahrnehmung von Terminen entstandene Zeitversäumnis; die für die Entschädigung von Zeugen geltenden Vorschriften sind entsprechend anzuwenden.

(2) Die gesetzlichen Gebühren und Auslagen des Rechtsanwalts der obsiegenden Partei sind in allen Prozessen zu erstatten, Reisekosten eines Rechtsanwalts, der nicht in dem Bezirk des Prozessgerichts niedergelassen ist und am Ort des Prozessgerichts auch nicht wohnt, jedoch nur insoweit, als die Zuziehung zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig war. Die Kosten mehrerer Rechtsanwälte sind nur insoweit zu erstatten, als sie die Kosten eines Rechtsanwalts nicht übersteigen oder als in der Person des Rechtsanwalts ein Wechsel eintreten musste. In eigener Sache sind dem Rechtsanwalt die Gebühren und Auslagen zu erstatten, die er als Gebühren und Auslagen eines bevollmächtigten Rechtsanwalts erstattet verlangen könnte.

(3) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne der Absätze 1, 2 gehören auch die Gebühren, die durch ein Güteverfahren vor einer durch die Landesjustizverwaltung eingerichteten oder anerkannten Gütestelle entstanden sind; dies gilt nicht, wenn zwischen der Beendigung des Güteverfahrens und der Klageerhebung mehr als ein Jahr verstrichen ist.

(4) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne von Absatz 1 gehören auch Kosten, die die obsiegende Partei der unterlegenen Partei im Verlaufe des Rechtsstreits gezahlt hat.

(5) Wurde in einem Rechtsstreit über einen Anspruch nach Absatz 1 Satz 1 entschieden, so ist die Verjährung des Anspruchs gehemmt, bis die Entscheidung rechtskräftig geworden ist oder der Rechtsstreit auf andere Weise beendet wird.