Bundesgerichtshof Urteil, 07. Mai 2019 - X ZR 51/17

07.05.2019
vorgehend
Bundespatentgericht, 1 Ni 10/15, 26.01.2017

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
X ZR 51/17 Verkündet am:
7. Mai 2019
Anderer
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in der Patentnichtigkeitssache
ECLI:DE:BGH:2019:070519UXZR51.17.0

Der X. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung vom 7. Mai 2019 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Meier-Beck, die Richter Gröning und Dr. Bacher sowie die Richterinnen Dr. Kober-Dehm und Dr. Marx

für Recht erkannt:
Auf die Berufung des Beklagten wird das Urteil des 1. Senats (Nichtigkeitssenats) des Bundespatentgerichts vom 26. Januar 2017 abgeändert. Die Klage wird insgesamt abgewiesen. Die Klägerin trägt die Kosten des Rechtsstreits.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


1
Der Beklagte ist Inhaber des mit Wirkung für die Bundesrepublik Deutschland erteilten europäischen Patents 2 072 877 (Streitpatents), das am 12. Dezember 2008 unter Inanspruchnahme einer deutschen Priorität vom 19. Dezember 2007 angemeldet wurde und eine Vorrichtung zum Verbinden von zwei Rohren mit unterschiedlichen Außendurchmessern betrifft. Das Streitpatent umfasst 19 Patentansprüche, von denen die Patentansprüche 1 und 14 einander nebengeordnet sind. Patentanspruch 1, dem die Patentansprüche 2 bis 13 sowie 17 bis 19 nachgeordnet sind, lautet in der Verfahrenssprache: "Vorrichtung zum Verbinden von zwei unterschiedliche Außendurchmesser aufweisenden Rohren (1, 2) mit einer die Stoßstelle zwischen den einander zugewandten Endbereichen der Rohre (1, 2) überspannenden Manschettenanordnung, die zumindest eine Fixiermanschette (8, 8a), auf der den beiden Rohren (1, 2) zugeordnete, umlaufende Spannschellen (12, 13) aufgenommen sind, und vorzugsweise eine von der Fixiermanschette (8, 8a) umfasste Dichtmanschette (3) aufweist, wobei jede Manschette der Manschettenanordnung an die unterschiedlichen Außendurchmesser der Rohre (1, 2) anpassbare, den beiden Rohren (1, 2) zugeordnete, zylindrische Anlagebereiche (5, 6; 10, 11) aufweist , die jeweils durch einen in eine entsprechend der Durchmesserabstufung konische Form bringbaren Mittelbereich (7, 9) verbunden sind, wobei die Anlagebereiche (5, 6) der dem Außenumfang der beiden Rohre (1, 2) benachbarten Manschette an beiden Rohren (1, 2) in direkte Anlage bringbar sind und die Anlagebereiche (10, 11) der Fixiermanschette (8, 8a) den Spannschellen (12, 13) zugeordnete, umlaufende Aufnahmekanäle enthalten, und wobei die Fixiermanschette (8) als in sich geschlossener umlaufender Ring ausgebildet ist, der für eine dreidimensionale Formänderung eingerichtet ist, wobei der die Fixiermanschette (8) bildende Ring als Federkorb ausgebildet ist, der beidseitig mit über seinen Umfang verteilten, dem Mittelbereich (9) und den seitlichen Anlagebereichen (10, 11) zugeordneten, auf der ganzen Länge der Fixiermanschette (8) ausreichend Raum für deren dreidimensionale Formänderung gebenden, in axialer Richtung verlaufenden Schlitzen (15, 15a, 16) versehen ist und wobei der Mittelbereich (9) der Fixiermanschette (8) durch seitliche Sollbiegebereiche und/oder Gelenke mit den seitlichen Anlagebereichen (10, 11) verbunden ist."
2
Die Klägerin hat geltend gemacht, der Gegenstand des Streitpatents sei nicht patentfähig und gehe über den Inhalt der ursprünglichen Anmeldeunterlagen hinaus. Zudem offenbare das Streitpatent die Erfindung nicht so deutlich und vollständig, dass ein Fachmann sie ausführen könne. Der Beklagte hat das Streitpatent in der erteilten Fassung und hilfsweise in acht geänderten Fassungen verteidigt.
3
Das Patentgericht hat das Streitpatent unter Abweisung der Klage im Übrigen für nichtig erklärt, soweit dessen Gegenstand über die mit dem erstinstanzlichen Hilfsantrag 1 verteidigte, aus dem Tenor des angefochtenen Urteils vom 26. Januar 2017 ersichtliche Fassung hinausgeht, nach der Patentanspruch 14 weiterhin in der erteilten Fassung gilt und Patentanspruch 1 weitere Merkmale, teilweise aus dem erteilten Patentanspruch 12, hinzugefügt sind.
4
Dagegen richtet sich die Berufung des Beklagten, der weiterhin die vollständige Abweisung der Klage erstrebt und das Streitpatent außer mit den erstinstanzlichen Hilfsanträgen mit zwei neuen Hilfsanträgen verteidigt. Die Klägerin tritt dem Rechtsmittel entgegen.

Entscheidungsgründe:


5
Die zulässige Berufung führt zur vollständigen Abweisung der Klage.
6
I. Das Streitpatent betrifft eine Vorrichtung zum Verbinden von zwei Rohren mit unterschiedlichen Außendurchmessern.
7
1. Nach den Ausführungen in der Streitpatentschrift müssen im Abwasser - und Sanitärbereich häufig Leitungen, insbesondere Rohre, miteinander verbunden werden, die, weil sie beispielsweise aus unterschiedlichen Materialien bestehen, unterschiedliche Wandstärken und damit unterschiedliche Außendurchmesser aufweisen. Bei den im Stand der Technik bekannten Verbin- dungsvorrichtungen werden - so erläutert die Streitpatentschrift - Ausgleichsringe verwendet, um die unterschiedlichen Durchmesser der beiden zu verbindenden Leitungen auszugleichen. Dies sei jedoch umständlich und unwirtschaftlich, da für unterschiedliche Durchmesserabstufungen unterschiedliche Ausgleichsringe bereitgehalten werden müssten. Da die Ausgleichsringe sich radial innerhalb der Dichtmanschette befänden, sei außerdem auch nicht auszuschließen, dass sie die Dichtheit der Verbindung beeinträchtigten. Vorrichtungen, die wie die in den US-amerikanischen Patentschriften 4 380 348 (D10), 5 039 137 (D9) und 4 491 350 (D6) oder in der britischen Patentschrift 1 118 209 (D15) und in der deutschen Patentschrift 1 211 045 (D3) beschriebenen Rohrverbindungen ohne Ausgleichsringe auskämen, seien nur für den Ausgleich kleinerer Unterschiede bei den Durchmessern der zu verbindenden Rohre geeignet. Seien hingegen größere Unterschiede im Durchmesser auszugleichen, führten derartige Rohrverbindungen zu unkontrollierten Verformungen.
8
Das Streitpatent betrifft vor diesem Hintergrund das technische Problem, eine sichere Vorrichtung für die Verbindung von zwei Rohren zur Verfügung zu stellen, deren Unterschiede im Außendurchmesser im Stand der Technik bisher nur mit Vorrichtungen unter Verwendung von Ausgleichsringen ausgeglichen werden konnten.
9
2. Zur Lösung dieses Problems schlägt das Streitpatent in den Patentansprüchen 1 und 14 zwei Vorrichtungen zum Verbinden von zwei Rohren mit unterschiedlichen Außendurchmessern vor.
10
Die Merkmale der Vorrichtung nach dem im Berufungsverfahren allein interessierenden Patentanspruch 1 lassen sich wie folgt gliedern (Gliederungspunkte des Patentgerichts in eckigen Klammern): 1. Die Vorrichtung dient zum Verbinden von zwei Rohren (1,
2) mit unterschiedlichen Außendurchmessern [M1] mittels einer die Stoßstelle zwischen den einander zugewandten Endbereiche der Rohre (1, 2) überspannenden Manschettenanordnung [M2 und M2.1]. 2. Die Manschettenanordnung weist auf 2.1 zumindest eine Fixiermanschette (8, 8a) [M2.2] und 2.2 vorzugsweise eine von der Fixiermanschette (8, 8a) umfasste Dichtmanschette (3) [M2.3]. 3. Jede Manschette der Manschettenanordnung weist zylindrische Anlagebereiche auf (5, 6; 10, 11) [M3], 3.1 die den beiden Rohren zugeordnet und an deren unterschiedliche Außendurchmesser anpassbar sind [M3], 3.2 von denen die Anlagebereiche (5, 6) der dem Außenumfang der beiden Rohre (1, 2) benachbarten Manschette an beiden Rohren (1, 2) in direkte Anlage bringbar sind [M3.2] und 3.3 von denen die Anlagebereiche (10, 11) der Fixiermanschette (8, 8a) den beiden Rohren (1, 2) zugeordnete, umlaufende Spannschellen (12, 13) aufnehmen und diesen zugeordnete, umlaufende Aufnahmekanäle enthalten [M2.2 und M3.3]. 4. Die zylindrischen Anlagebereiche sind durch einen Mittelbereich (7, 9) verbunden, der 4.1 in eine der Durchmesserabstufung entsprechende konische Form bringbar ist [M3.1] und 4.2 mit den Anlagebereichen (10, 11) der Fixiermanschette (8, 8a) durch seitliche Sollbiegebereiche oder Gelenke verbunden ist [1M4.3]. 5. Die Fixiermanschette (8) ist als ein in sich geschlossener, umlaufender Ring in Gestalt eines Federkorbs ausgebildet [1M4.1 und 1M4.2], der 5.1 für eine dreidimensionale Formänderung eingerichtet [1M4.1] und 5.2 mit Schlitzen (15, 15a, 16) versehen ist [1M4.2], die 5.2.1 beidseitig über den Umfang des Federkorbs verteilt sind [1M4.2.1], 5.2.2 in axialer Richtung verlaufen [1M4.2.4], 5.2.3 dem Mittelbereich (9) und den seitlichen Anlagebereichen (10, 11) zugeordnet sind [1M4.2.2] und 5.2.4 auf der ganzen Länge der Fixiermanschette (8) ausreichend Raum für deren dreidimensionale Formänderung geben [1M4.2.3]. 3. Zum Verständnis der erfindungsgemäßen Lehre von Patentan11 spruch 1 sind folgende Bemerkungen veranlasst:
12
a) Das Streitpatent betrifft eine Vorrichtung, die dazu dient, Rohre mit unterschiedlichen Außendurchmessern miteinander zu verbinden. Unterschiedliche Außendurchmesser können gegeben sein, wenn die zu verbindenden Rohre unterschiedliche Nenndurchmesser haben oder wenn Rohre mit demselben Nenndurchmesser Abweichungen hiervon etwa aufgrund von Fertigungstoleranzen aufweisen. Die Streitpatentschrift nennt als Ausgangspunkt die Notwendigkeit , im Abwasser- und Sanitärbereich Rohre mit unterschiedlichen Wandstärken verbinden zu müssen und erläutert, dass an den hierfür im Stand der Technik gebräuchlichen Vorrichtungen vor allem die Verwendung von Ausgleichsringen nachteilig sei und mit den bekannten Vorrichtungen ohne Ausgleichsringe allenfalls kleine Unterschiede in den Durchmessern der zu verbindenden Rohre, nicht aber große Unterschiede ausgeglichen werden könnten. Hieraus ergibt sich, dass Gegenstand des Streitpatents Vorrichtungen sind, die eine sichere und dichte Verbindung von Rohren mit einem unterschiedlichen Nennaußendurchmesser und damit einen Ausgleich auch bei beträchtlichen Unterschieden im Außendurchmesser und nicht lediglich nur bei durch Ferti- gungstoleranzen bedingten Abweichungen vom Nenndurchmesser ermöglichen.
13
b) Patentanspruch 1 erfasst zwei Varianten einer Vorrichtung zum Verbinden von zwei Rohren mit unterschiedlichen Außendurchmessern. Die vorgeschlagene Manschettenanordnung kann - in der in Patentanspruch 1 als vorzugswürdig genannten Ausführungsform - aus einer Fixiermanschette und einer gesonderten Dichtmanschette bestehen. Da die Dichtmanschette fakultativer Bestandteil der beanspruchten Manschettenanordnung ist, erfasst Patentanspruch 1 außerdem auch Ausführungsformen, die nur aus einer Fixiermanschette bestehen, deren Mittelbereich sich gegebenenfalls durch an den Rohren zur Anlage kommende Dichtungen abdichten lässt (Beschr. Abs. 17 Z. 4045 und Abs. 45).
14
c) Die Parteien streiten insbesondere um die Auslegung von Merkmal 3.3.1, dem für die erfindungsgemäße Lehre zentrale Bedeutung zukommt, wobei vor allem in Bezug auf das Verständnis des Begriffs der seitlichen Sollbiegebereiche und das Verhältnis dieser Sollbiegebereiche zu den zusätzlich oder alternativ vorgesehenen Gelenken unterschiedliche Auffassungen bestehen.
15
Gemäß Merkmal 4 sind die den beiden zu verbindenden Rohren jeweils zugeordneten Anlagebereiche der Fixiermanschette (Merkmal 3.1) über den Mittelbereich der Fixiermanschette miteinander verbunden. Als Bindeglieder sieht Merkmal 4.2 Sollbiegebereiche oder Gelenke vor. Nach der Streitpatentschrift können die Sollbiegebereiche durch geeignete Materialschwächungen am Übergang vom Anlagebereich zum Mittelbereich (an den "Knickkanten") erzielt werden, wobei als Beispiel für eine solche Materialschwächung Durchbrüche genannt werden (Beschr. Abs. 32, Abs. 36 a.E. und Abs. 44). Die Streit- patentschrift führt aus, dass anstelle der Sollbiegebereiche auch Gelenkverbindungen vorgesehen werden können (Beschr. Abs. 44). Danach sind Sollbiegebereiche und Gelenke gleichwertige Verbindungsmittel.
16
II. Das Patentgericht hat seine Entscheidung, soweit für das Berufungsverfahren von Interesse, im Wesentlichen wie folgt begründet:
17
Der Gegenstand von Patentanspruch 1 sei dem Fachmann, einem Techniker der Fachrichtung Maschinenbau mit mehrjähriger Erfahrung auf dem Gebiet der Konstruktion und Entwicklung von Muffen für Rohrverbindungen, durch die deutsche Offenlegungsschrift 31 12 258 (D6a) und die US-amerikanische Patentschrift 2 448 769 (D8) nahegelegt. Die in diesen Schriften beschriebenen Rohrverbindungen wiesen beide Hülsen auf, die einander im Aufbau glichen. Die in der D6a beschriebene Hülse weise gegenüber der Hülse der D8 zusätzlich Führungsrippen zum Einlegen von Spannbändern auf, während die Hülse des in Figur 13 gezeigten Ausführungsbeispiels der in der D8 beschriebenen Muffe in ihrer Gänze dehnbar (expandable) und kompressibel (contractible) sei, weil sie von beiden Seiten her mit über den Mittelbereich hinausgehenden Schlitzen versehen sei. Für den Fachmann liege es nahe, die Konstruktion der D8 mit den für das Verformungsverhalten der Hülse vorteilhaften Schlitzen auf die Vorrichtung nach der D6a zu übertragen. Eine solche Kombination weise sämtliche Merkmale von Patentanspruch 1 auf.
18
III. Diese Beurteilung hält der Überprüfung im Berufungsverfahren nicht stand.
19
1. Entgegen der Auffassung des Patentgerichts ist der Gegenstand von Patentanspruch 1 dem Fachmann, gegen dessen zutreffende Definition im angefochtenen Urteil die Parteien keine Einwände erhoben haben, nicht durch eine Kombination der D6a und der D8 nahegelegt.
20
a) Die Entgegenhaltung D6a, deren Priorität die in der Streitpatentschrift genannte US-amerikanische Patentschrift 4 491 350 (D6) in Anspruch nimmt, betrifft eine Muffe zum dichten Verbinden muffenloser Rohrenden.
21
aa) Ein Ausführungsbeispiel der Muffe ist in der nachfolgend wiedergegebenen Figur 3 dargestellt:
22
Nach der Beschreibung besteht die Muffe aus einer gummielastischen Manschette 9 zur Aufnahme der Enden der zu verbindenden Rohre, einer die Manschette außen umschließenden versteifenden Hülse 1 und Spannbändern

12.

23
Figur 1 zeigt ein Ausführungsbeispiel einer zylindrisch ausgebildeten Hülse:
24
Danach sind die Außenränder der Hülse 1 an beiden stirnseitigen Enden flanschartig radial nach außen umgebördelt und bilden die Radialstege 2, über die die Manschette 9 in der Weise verankert wird, dass der Außenrand der Manschette die Stege umgreift und ein an die Manschette angeformter verstärkter Ringabschnitt die Stege axial hintergreift. Dabei wird der Ringabschnitt der Manschette von den sich an die Radialstege 2 anschließenden zylindrischen Abschnitten 3 aufgenommen, die jeweils durch ringförmige Führungsrippen 4 begrenzt werden. Daran schließen sich die zylindrischen Abschnitte 5 an, die gegenüber dem mittigen Hülsenabschnitt durch eine weitere Führungsrippe 4 begrenzt werden und eine axiale Breite aufweisen, die im Wesentlichen der Breite eines zwischen die beiden Führungsrippen einzulegenden Spannbandes entspricht. In der in Figur 1 dargestellten bevorzugten Ausführungsform weist die Hülse über ihren gesamten Umfang verteilt axiale Einschnitte 6 auf, die sich vom Außenrand der Hülse bis hinter die zweite Führungsrippe und damit über die zwischen den Führungsrippen eingelegten Spannbänder hinaus in den mittigen Hülsenabschnitt hinein erstrecken. Dadurch kann der Durchmesser der Hülse mit dem Anspannen der Spannbänder an das Rohr angepasst werden (D6a S. 9-10 Abs. 1), wobei es in der D6a heißt, die Einschnitte dienten dem Zweck, auch große und sehr große Abweichungen der tatsächlichen Außendurchmesser der zu verbindenden Rohrenden von den Nenndurchmessern sowie stärkere Unrundungen der Rohrenden ohne Beeinträchtigung der Dichtheit auffangen zu können (D6a S. 8 Abs. 1).
25
bb) Damit sind, wie auch die Berufung nicht in Zweifel zieht, die Merkmalsgruppen 1 und 2 sowie die Merkmale 3, 3.1 und 3.3 offenbart.
26
cc) Ebenso ist Merkmal 3.2 offenbart.
27
Dieses Merkmal bezieht sich mit der Formulierung "Anlagebereiche der dem Außenumfang der beiden Rohre benachbarten Manschette" auf die direkt auf den Rohren aufliegende Manschette. In der vom Aufbau her der Muffe nach der D6a entsprechenden Ausführungsform des Gegenstands von Patentanspruch 1, bei der die Manschettenanordnung nicht nur aus einer Fixiermanschette , sondern aus einer Fixiermanschette und einer gesonderten Dichtmanschette besteht (Merkmale 2.1 und 2.2), bezieht sich Merkmal 3.2 ausschließlich auf die Dichtmanschette. Dementsprechend ist für die Beurteilung, ob die D6a Merkmal 3.2 offenbart, entgegen der Auffassung der Berufung nicht die Hülse, sondern die gummielastische Manschette in den Blick zu nehmen. Dass diese mit den zu verbindenden Rohren in direkte Anlage bringbar und damit entsprechend der Form der Rohre auch zylindrisch verformbar sein muss, ergibt sich daraus, dass über den durch das Anspannen der Spannbänder erzeugten Anpressdruck auf die gummielastische Manschette eine dichte Rohrverbindung hergestellt werden soll (D6a S. 10 Abs. 1).
28
dd) Schließlich ist auch die Merkmalsgruppe 4 offenbart.
29
Der zwischen den inneren Führungsrippen befindliche mittige Hülsenabschnitt entspricht dem Mittelbereich im Sinne der Merkmalsgruppe 4. Er ist wie dieser zwischen den Abschnitten angeordnet, die die Spannmittel aufnehmen. Da die axialen Einschnitte in den mittigen Hülsenabschnitt hineinragen, ist er auch entsprechend der Durchmesserabstufung konisch verformbar (Merkmal 4.1). Der aufgrund der axialen Einschnitte biegbare Bereich der Hülse mag ferner einen Sollbiegebereich im Sinne von Merkmal 4.2 darstellen.
30
ee) Dagegen sind nicht alle Merkmale der Merkmalsgruppe 5 offenbart.
31
Die Hülse der Muffe der D6a ist als geschlossener Ring ausgebildet und weist mit den vom Außenrand axial nach innen verlaufenden Einschnitten 6 auch Schlitze auf, die eine dreidimensionale Formänderung der Hülse ermöglichen. Damit sind die Merkmale 5 und 5.1 offenbart. Die Einschnitte 6 der Hülse der D6a sind beidseitig angebracht (Merkmal 5.2.1), verlaufen axial (Merkmal 5.2.2) und erstrecken sich über die den seitlichen Anlagebereichen der erfindungsgemäßen Rohrverbindung entsprechenden zylindrischen Abschnitte 3 und 5 und teilweise auch über den dem erfindungsgemäßen Mittelbereich entsprechenden mittigen Hülsenabschnitt (Merkmal 5.2.3).
32
Nicht offenbart ist dagegen Merkmal 5.2.4. Bei der Hülse der Muffe nach der D6a reichen die axialen Einschnitte 6 lediglich ein Stück weit in den mittigen Hülsenabschnitt hinein, erstrecken sich aber nicht über die Mitte dieses Abschnitts hinaus. Bei dem Teil des mittigen Abschnitts, dem keine Schlitze zugeordnet sind, ist damit die Änderung der dreidimensionalen Form nicht möglich, so dass es an der Voraussetzung fehlt, dass die Fixiermanschette über die ganze Länge in ihrer dreidimensionalen Form veränderlich ist.
33
b) Entgegen der Auffassung des Patentgerichts hatte der Fachmann keine Veranlassung, die Hülse der D6a wie bei dem in Figur 13 der D8 gezeigten Ausführungsbeispiel einer Verstärkung für ein rohrförmiges Dichtungselement mit Schlitzen zu versehen, die sich über den gesamten mittigen Hülsenabschnitt erstrecken.
34
aa) Die D8 betrifft Kupplungsanordnungen zur Verbindung von Rohren, bei denen ein verformbares rohrförmiges Dichtungselement den Stoß der beiden zu verbindenden Rohre überspannt. Die Entgegenhaltung schlägt unterschiedlich gestaltete Bauteile vor, die alle den Zweck haben, das Dichtungselement zum einen nach außen hin zu verstärken und zum anderen gegen die Rohrenden gedrückt zu halten, so dass eine Druckdichtung gebildet wird. Bei einem Teil der beschriebenen Anordnungen wird die Kontraktion der Hülse des Dichtungselements mittels Ringen, Zangen oder mit in Umfangsrichtung angebrachten Haken oder Metallrasten erzielt. Bei anderen Ausführungsformen ist die Hülse so gestaltet, dass entsprechende Rast- und Kontraktionsmittel integrale Bestandteile der Hülse sind. So sieht das vom Patentgericht in Bezug genommene , in Figur 13 der D8 wiedergegebene Ausführungsbeispiel als Verstärkung für das Dichtungselement ein C-förmiges Blech vor, bei dem die Schlitze von den Außenrändern her bis über die Mitte hinaus verlaufen, so dass die Hülse wie ein Streckmetall gedehnt und zusammengedrückt werden kann.
35
bb) Danach konnte der Fachmann diesem Ausführungsbeispiel der D8 zwar entnehmen, dass eine Hülse, wenn sie mit sich über die Mitte hinaus erstreckenden Schlitzen versehen ist, über ihre ganze Länge dehnbar und kompressibel ist. Der Fachmann hatte jedoch keinen Anlass, diese Gestaltung auf die in der D6a beschriebenen Anordnung zu übertragen.
36
(1) Die D8 betrifft wie die D6a Vorrichtungen, mit denen Abweichungen der Außendurchmesser von zu verbindenden Rohren ausgeglichen werden können, die den gleichen Nenndurchmesser aufweisen (D8 Sp. 2 a.E.; D6a S. 8). Für den Fachmann, der auf der Suche nach einer Lösung ist, mit der Rohre mit unterschiedlichen Nenndurchmessern unter Verzicht auf die für hierfür im Stand der Technik typischerweise eingesetzten, aber als unwirtschaftlich und auch die Dichtheit nicht zuverlässig sicherstellenden Ausgleichsringe verbunden werden können, ergeben sich damit weder aus der D6a noch aus der D8 Hinweise darauf, dass mit der Übertragung der im Ausführungsbeispiel der Figur 13 der D8 gezeigten Anordnung der Schlitze auf die Hülse der D6a eine Vorrichtung geschaffen werden könnte, mit der Rohre mit unterschiedlichem Nenndurchmesser sicher und dicht verbunden werden können, ohne Ausgleichsringe einsetzen zu müssen.
37
(2) Unabhängig davon unterscheiden sich die Gestaltung der Hülse der D6a und das Ausführungsbeispiel in Figur 13 der D8 von ihrer Konzeption her so, dass eine Kombination der Merkmale der beiden Hülsen für den Fachmann nicht nahelag. Bei der Hülse nach der D6a wird die Anpassung der Abweichungen von den Sollabmessungen dadurch bewirkt, dass die Bereiche, in denen sich die axialen Einschnitte befinden, mit Spannbändern entsprechend zusammengezogen werden, so dass ein radial einwärts gerichteter Anpressdruck erzeugt wird, der die Dichtheit der Verbindung sicherstellen soll. Demgegenüber ist das Ausführungsbeispiel in der Figur 13 der D8 so konstruiert, dass die Hülse allein durch die Anordnung der Schlitze in einer Weise dehnbar und kompressibel ist, dass ein Ausgleich der Abweichungen in den Durchmessern der zu verbindenden Rohre allein durch die Flexibilität der Hülse erreicht werden kann, ohne dass Spannbänder eingesetzt werden müssten. Eine Verlängerung der axialen Einschnitte über die Mitte des mittigen Hülsenabschnitts hinaus, wie dies bei dem Konzept der D8 vorgesehen ist, würde bei einer Hülse, bei der die Anpassung an die unterschiedlichen Durchmesser der zu verbindenden Rohre wie in der Entgegenhaltung D6a dadurch erfolgt, dass ein mit axialen Einschnitten versehener Bereich mittels Spannbändern nach Bedarf zusammengezogen werden kann, nicht zu einer weitergehenden Anpassungsfähigkeit der Hülse auch im mittigen Abschnitt führen. Für den Fall, dass auch insoweit eine Anpassungsfähigkeit an Abweichungen von Sollabmessungen erreicht werden soll, schlägt die D6a vor, die Hülse nicht als geschlossenen Zylinder, sondern als offenes Band auszubilden, an dessen einem Ende eine Zunge ausgebildet ist, die das andere Ende der Hülse so weit überlappt, dass die Hülse ausreichend stabilisiert ist. Dabei soll die axiale Breite der Zunge so bemessen sein, dass sie nicht unter die Spannbänder gerät, sondern zwischen den in den Randbereichen der Hülse angeordneten Spannbändern verläuft und so ihre Verschiebbarkeit und Beweglichkeit in Umfangrichtung behält (D6a S. 8 Abs. 2 und S. 10 Abs. 3 - S.11). Da somit die D6a auch eine Lösung vorsieht, wie die Flexibilität des mittigen Hülsenabschnitts erhöht werden kann, hat der Fachmann keine Veranlassung, bei der Hülse der D6a wie im Ausführungsbeispiel in der Figur 13 der D8 über die Mitte des mittigen Hülsenabschnitts sich erstreckende Schlitze vorzusehen.
38
2. Die von der Klägerin geltend gemachten weiteren Nichtigkeitsgründe greifen ebenfalls nicht durch.
39
a) Zu Recht ist das Patentgericht zu dem Ergebnis gelangt, dass der Gegenstand von Patentanspruch 1 nicht deshalb über den Inhalt der ursprünglich eingereichten Unterlagen hinausgeht, weil die Aufgabenformulierung in der Streitpatentschrift anders als in den Anmeldeunterlagen nicht nur darauf abstellt , die im Stand der Technik bekannten Vorrichtungen so zu verbessern, dass Ausgleichsringe entbehrlich sind, sondern darüber hinaus vorsieht, eine Vorrichtung zur Verfügung zu stellen, die auch bei großen Durchmesserunterschieden der zu verbindenden Rohre ohne Ausgleichsringe auskommt. Wie das Patentgericht zutreffend ausgeführt hat, ergibt sich auch schon aus den Anmeldunterlagen , dass die Erfindung darauf gerichtet ist, Vorrichtungen weiterzuentwickeln , mit denen Rohre mit unterschiedlichen Außendurchmessern und damit gegebenenfalls mit großen Durchmesserunterschieden verbunden werden können, und sich nicht lediglich auf Verbindungsvorrichtungen bezieht, mit denen bei Rohren mit gleichem Nenndurchmesser Fertigungstoleranzen ausgeglichen werden können.
40
b) Entgegen der Auffassung der Klägerin ist die Lehre der Erfindung auch so hinreichend offenbart, dass der Fachmann sie ausführen kann.
41
Die Gründe, aus denen das Patentgericht das Streitpatent in der Fassung des angefochtenen Urteils als ausführbar offenbart angesehen hat, gelten für die erteilte Fassung entsprechend und lassen keine fehlerhafte Beurteilung erkennen.
42
IV. Die Kostenentscheidung beruht auf § 121 Abs. 2 PatG in Verbindung mit § 91 Abs. 1 ZPO.
Richter am Bundesgerichtshof Gröning kann wegen Urlaubsabwesenheit nicht unterschreiben. Meier-Beck Meier-Beck Bacher
Kober-Dehm Marx
Vorinstanz:
Bundespatentgericht, Entscheidung vom 26.01.2017 - 1 Ni 10/15 (EP) -

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Bundesgerichtshof Urteil, 07. Mai 2019 - X ZR 51/17 zitiert 2 §§.

Zivilprozessordnung - ZPO | § 91 Grundsatz und Umfang der Kostenpflicht


(1) Die unterliegende Partei hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, insbesondere die dem Gegner erwachsenen Kosten zu erstatten, soweit sie zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig waren. Die Kostenerstattung um

Patentgesetz - PatG | § 121


(1) In dem Verfahren vor dem Bundesgerichtshof gelten die Bestimmungen des § 144 über die Streitwertfestsetzung entsprechend. (2) In dem Urteil ist auch über die Kosten des Verfahrens zu entscheiden. Die Vorschriften der Zivilprozeßordnung über d

Referenzen

(1) In dem Verfahren vor dem Bundesgerichtshof gelten die Bestimmungen des § 144 über die Streitwertfestsetzung entsprechend.

(2) In dem Urteil ist auch über die Kosten des Verfahrens zu entscheiden. Die Vorschriften der Zivilprozeßordnung über die Prozeßkosten (§§ 91 bis 101) sind entsprechend anzuwenden, soweit nicht die Billigkeit eine andere Entscheidung erfordert; die Vorschriften der Zivilprozeßordnung über das Kostenfestsetzungsverfahren (§§ 103 bis 107) und die Zwangsvollstreckung aus Kostenfestsetzungsbeschlüssen (§§ 724 bis 802) sind entsprechend anzuwenden.

(1) Die unterliegende Partei hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, insbesondere die dem Gegner erwachsenen Kosten zu erstatten, soweit sie zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig waren. Die Kostenerstattung umfasst auch die Entschädigung des Gegners für die durch notwendige Reisen oder durch die notwendige Wahrnehmung von Terminen entstandene Zeitversäumnis; die für die Entschädigung von Zeugen geltenden Vorschriften sind entsprechend anzuwenden.

(2) Die gesetzlichen Gebühren und Auslagen des Rechtsanwalts der obsiegenden Partei sind in allen Prozessen zu erstatten, Reisekosten eines Rechtsanwalts, der nicht in dem Bezirk des Prozessgerichts niedergelassen ist und am Ort des Prozessgerichts auch nicht wohnt, jedoch nur insoweit, als die Zuziehung zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig war. Die Kosten mehrerer Rechtsanwälte sind nur insoweit zu erstatten, als sie die Kosten eines Rechtsanwalts nicht übersteigen oder als in der Person des Rechtsanwalts ein Wechsel eintreten musste. In eigener Sache sind dem Rechtsanwalt die Gebühren und Auslagen zu erstatten, die er als Gebühren und Auslagen eines bevollmächtigten Rechtsanwalts erstattet verlangen könnte.

(3) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne der Absätze 1, 2 gehören auch die Gebühren, die durch ein Güteverfahren vor einer durch die Landesjustizverwaltung eingerichteten oder anerkannten Gütestelle entstanden sind; dies gilt nicht, wenn zwischen der Beendigung des Güteverfahrens und der Klageerhebung mehr als ein Jahr verstrichen ist.

(4) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne von Absatz 1 gehören auch Kosten, die die obsiegende Partei der unterlegenen Partei im Verlaufe des Rechtsstreits gezahlt hat.

(5) Wurde in einem Rechtsstreit über einen Anspruch nach Absatz 1 Satz 1 entschieden, so ist die Verjährung des Anspruchs gehemmt, bis die Entscheidung rechtskräftig geworden ist oder der Rechtsstreit auf andere Weise beendet wird.