Bundesgerichtshof Urteil, 29. Mai 2018 - X ZR 51/16

bei uns veröffentlicht am29.05.2018
vorgehend
Bundespatentgericht, 4 Ni 29/14, 02.02.2016

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
X ZR 51/16 Verkündet am:
29. Mai 2018
Zöller
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in der Patentnichtigkeitssache
ECLI:DE:BGH:2018:290518UXZR51.16.0

Der X. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 29. Mai 2018 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Meier-Beck, die Richter Dr. Grabinski und Hoffmann sowie die Richterinnen Dr. Kober-Dehm und Dr. Marx

für Recht erkannt:
Die Berufung gegen das Urteil des 4. Senats (Nichtigkeitssenats) des Bundespatentgerichts vom 2. Februar 2016 wird auf Kosten der Klägerin zurückgewiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


Die Beklagte ist Inhaberin des mit Wirkung für die Bundesrepublik
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Deutschland erteilten europäischen Patents 1 448 915 (Streitpatents), das eine Synchronantriebsvorrichtung sowie ein Verfahren zum Betreiben und ein Verfahren zum Aufbau einer solchen Vorrichtung betrifft. Das Streitpatent ist unter Inanspruchnahme der Prioritäten zweier US-amerikanischer Patentanmeldungen vom 27. November 2001 und vom 4. April 2001 am 24. Oktober 2002 angemeldet worden. Die Patentansprüche 1, 39 und 50, auf die die übrigen Patentansprüche
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rückbezogen sind, lauten in der Verfahrenssprache: "1. A synchronous drive apparatus, comprising: a continuous-loop elongate drive structure (10) having a plurality of engaging sections (15); a plurality of rotors comprising at least a first and a second rotor (11, 12), the first rotor (11) having a plurality of teeth (16) for engaging the engaging sections (15) of the elongate drive structure (10), and the second rotor (12) having a plurality of teeth (16) for engaging the engaging section (15) of the elongate drive structure (10); a rotary load assembly (26) coupled to the second rotor (12); the elongate drive structure being engaged about the first and second rotors, the first rotor (11) being arranged to drive the elongate drive structure (10) and the second rotor (12) being arranged to be driven by the elongate drive structure (10), and one of the rotors having a non-circular profile (19) having at least two protruding portions (22, 23) alternating with receding portions (24, 25), the rotary load assembly (26) being such as to present a periodic fluctuating load torque when driven in rotation; characterised in that the angular positions of the protruding and receding portions of the non-circular profile (19) relative to an angular position of the periodic fluctuating load torque present on the second rotor (12), and the magnitude of the eccentricity of the noncircular profile (19), are such that the non-circular profile applies to the second rotor an opposing fluctuating corrective torque (104) which reduces or substantially cancels the fluctuating load torque (103) of the rotary load assembly (26). 39. A method of operating a synchronous drive apparatus which comprises a continuous-loop elongate drive structure (10) having a plurality of engaging sections (15); a plurality of rotors comprising at least a first and a second rotor (11, 12), the first rotor (11) having a plurality of teeth (16) engaging the engaging sections of the elongate drive structure, and the second rotor (12) having a plurality of teeth (16) engaging the engaging section of the elongate drive structure; and a rotary load assembly (26) coupled to the second rotor ; one of the rotors having a non-circular profile (19) having at least two protruding portions (22, 23) alternating with receding portions (24, 25), and the rotary load assembly (26) presenting a periodic fluctuating load torque (103) when driven in rotation; the method comprising the steps of engaging the elongate drive structure about the first and second rotors, driving the elongate drive structure (10) by the first rotor (11), and driving the second rotor (12) by the elongate drive structure (10); characterised by applying to the second rotor (12) by means of the non-circular profile (19) an opposing fluctuating corrective torque (104) which reduces or substantially cancels the fluctuating load torque (103) of the rotary load assembly (26). 50. A method of constructing a synchronous drive apparatus, comprising : assembling components comprising a continuous-loop elongate drive structure (10) having a plurality of engaging sections (15); a plurality of rotors comprising at least a first and a second rotor (11, 12), the first rotor having a plurality of teeth (16) for engaging the engaging sections of the elongate drive structure (10), and the second rotor (12) having a plurality of teeth (16) for engaging the engaging section of the elongate drive structure (10); and a rotary load assembly coupled to the second rotor (12); and engaging the elongate drive structure about the first and second rotors, the first rotor (11) being arranged to drive the elongate drive structure (10) and the second rotor (12) being arranged to be driven by the elongate drive structure (10), and one of the rotors having a non-circular profile (19) having at least two protruding portions (22, 23) alternating with receding portions (24, 25), the rotary load assembly (26) being such as to present a periodic fluctuating load torque (103) when driven in rotation; characterised by the steps of determining the angular positions of the protruding and receding portions of the non-circular profile (19) relative to an angular position of the periodic fluctuating load torque present on the second rotor (12), and the magnitude of the eccentricity of the non-circular profile (19), to be such that the non-circular profile (19) applies to the second rotor (12) an opposing fluctuating corrective torque (104) which reduces or substantially cancels the fluctuating load torque (103) of the rotary load assembly (26)."
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Die Klägerin, die mit Ausnahme der Patentansprüche 36 sowie 37 und 38, soweit sich letztere auf Patentanspruch 36 rückbeziehen, das Streitpatent in vollem Umfang angreift, hat geltend gemacht, der Gegenstand des Streitpatents sei insoweit nicht patentfähig. Die Beklagte hat das Schutzrecht in der erteilten Fassung sowie mit 16 Hilfsanträgen verteidigt.
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Das Patentgericht hat die Klage abgewiesen. Dagegen wendet sich die Berufung der Klägerin, mit der sie ihr erstinstanzliches Klageziel weiterverfolgt. Die Beklagte verteidigt das Urteil des Patentgerichts und beruft sich im Übrigen auf die erstinstanzlich gestellten Hilfsanträge.

Entscheidungsgründe:


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Die zulässige Berufung bleibt in der Sache ohne Erfolg.
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I. Das Streitpatent betrifft ein Synchronantriebssystem.
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1. Nach den Ausführungen der Streitpatentschrift finden Synchronantriebssysteme mit Zahnriemen oder Ketten beispielsweise bei Verbrennungsmotoren von Kraftfahrzeugen zum Antrieb der Nockenwelle Verwendung, mit der Ein- und Auslassventile des Motors geöffnet und geschlossen werden. Verbrennungsmotoren erzeugten während des Betriebs verschiedene Arten von Schwingungen (vibrations). Eine Quelle besonders intensiver Schwingungen stellten die Ein- und Auslassventile und die diese betätigende Nockenwelle dar. Das Öffnen und Schließen der Ventile führe zu Drehschwingungen (torsional vibrations). Liege deren Frequenz nahe der Eigenfrequenz des Antriebs, trete Systemresonanz auf, bei der die Drehschwingungen ihr Maximum erreichten. Dies bedeute zugleich verstärkte Schwankungen (fluctuations) der Spannung des Riemen- oder Kettentrums. Sie könnten eine erhöhte Abnutzung oder eine verminderte Lebensdauer des Zahnriemens oder der Kette zur Folge haben, außerdem Synchronisierungsfehler bewirken und zu unerwünschten Geräuschen führen. Zur Abschwächung der Drehschwingungen sei es bekannt, die Zugspan8 nung auf den Riemen oder die Kette zu erhöhen oder Nockenwellendämpfer zu installieren. Durch die Erhöhung der Riemen- oder Kettenspannung werde jedoch der Geräuschpegel erhöht und die Lebensdauer des Zahnriemens oder der Kette vermindert. Nockenwellendämpfer seien aufgrund der Kosten ebenfalls unvorteilhaft; gegebenenfalls stehe auch nicht ausreichend Platz hierfür zur Verfügung.
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2. Dem Streitpatent liegt vor diesem Hintergrund das Problem zugrunde , Drehschwingungen oder deren Auswirkungen bei Synchronantriebssystemen möglichst weitgehend zu reduzieren.
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3. Das soll nach der Lehre des Patentanspruchs 1 mit folgender Vorrichtung erreicht werden: 1. Synchronantriebsvorrichtung 1.1 mit einem kontinuierlich schlaufenförmigen länglichen Zugmitteltrieb (drive structure) (Umschlingungstrieb) mit mehreren Eingriffsabschnitten (15), 1.2 mit wenigstens einem ersten und einem zweiten Rotor (11, 12), jeweils mit mehreren Zähnen (16) zum Eingriff in die Eingriffsabschnitte (15) des Umschlingungstriebs (10); 1.3 der Umschlingungstrieb umgreift die ersten und zweiten Rotoren , wobei 1.3.1 der erste Rotor (11) dazu ausgestaltet ist, den Umschlingungstrieb (10) anzutreiben (Antriebsrotor), und 1.3.2 der zweite Rotor (12) dazu ausgestaltet ist, durch den Umschlingungstrieb (10) angetrieben zu werden (Abtriebsrotor ), 1.3.3 und einer der Rotoren ein nicht-kreisförmiges Profil (19) mit wenigstens zwei vorstehenden Bereichen (22, 23) aufweist, die sich mit zurückgezogenen Bereichen (24, 25) abwechseln; 1.4 mit einer Drehlasteinrichtung (rotary load assembly 26), die mit dem zweiten Rotor (12) verbunden ist und ein periodisch schwankendes Lastdrehmoment (periodic fluctuating load torque ) erzeugt, wenn sie zur Drehung angetrieben wird; 1.5 es sind 1.5.1 die Winkelpositionen der vorstehenden und der zurückgezogenen Bereiche des nicht-kreisförmigen Profils (19) relativ zu einer Winkelposition des periodisch schwankenden Lastdrehmoments am zweiten Rotor (12) und 1.5.2 der Wert der Exzentrizität des nicht-kreisförmigen Profils

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so gewählt, dass das nicht-kreisförmige Profil auf den zweiten Rotor ein entgegengesetzt schwankendes Korrekturdrehmoment (104) ausübt, das das schwankende Lastdrehmoment (103) der Drehlasteinrichtung (26) reduziert oder im Wesentlichen aufhebt.
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4. Die nachfolgenden Zeichnungen stammen aus dem Streitpatent und zeigen beispielhaft in Figur 1 eine erfindungsgemäße Synchronantriebsvorrichtung und in Figur 2 das Kurbelwellenzahnrad einer solchen Synchronantriebsvorrichtung :
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5. Nach den von den Parteien insoweit nicht angegriffenen Ausführungen des Patentgerichts entsprechen die Merkmale 1 bis 1.3.3 und 1.4 dem notwendigen Aufbau eines bekannten Zugmitteltriebs mit mindestens zwei mit Zähnen versehenen Rotoren (11, 12) für den An- und Abtrieb und einem Hülltrieb (10) mit Eingriffsabschnitten, wie beispielsweise einem Zahnriemen.
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Nach Merkmal 1.4 erzeugt die Drehlasteinrichtung, die mit dem zweiten Rotor verbunden ist, ein periodisch schwankendes Lastdrehmoment, wenn sie zur Drehung angetrieben wird. Unter einem solchen "Lastdrehmoment" ist aus Sicht des Fachmanns, den das Patentgericht zutreffend als Diplom-Ingenieur der Fachrichtung Maschinenbau bestimmt hat, der über mehrjährige Berufserfahrung in der Konstruktion von Getrieben zur Kraftübertragung, insbesondere von Zugmittel- oder Umschlingungsgetrieben verfügt, die Summe aller Drehmomente zu verstehen, die am Abtrieb (der Nockenwelle) auftreten und das Antriebsdrehmoment des Antriebsmotors (der Kurbelwelle) überlagern, wie beispielsweise Kräfte und Momente, die durch das Öffnen und Schließen der Einund Auslassventile und durch die oszillierende Massenwirkung der Nocken entstehen und Drehschwingungen hervorrufen. Dieses Lastdrehmoment ist, etwa aufgrund des Öffnens und Schließens der Ein- und Auslassventile bei einem Verbrennungsmotor, periodisch schwankend, d.h. es verändert sich in regelmäßigen Zeitintervallen. Die erfindungsgemäße Lehre zielt darauf ab, das periodisch schwanken14 de Lastdrehmoment der Drehlastanordnung durch ein entgegengesetzt schwankendes Korrekturdrehmoment zu reduzieren oder - idealerweise - im Wesentlichen aufzuheben (Merkmal 1.5). Dafür weist einer der Rotoren nach Merkmal 1.3.3 ein nicht-kreisförmiges
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Profil mit wenigstens zwei vorstehenden Bereichen auf, die sich mit zurückgezogenen Bereichen abwechseln. Hat, wie in der Streitpatentschrift beispielhaft beschrieben, der Kurbelwellenrotor eine derart nicht-kreisförmige, etwa ovale Form (vgl. Figuren 1 bis 3), wird eine zusätzliche Kraft am Außenradius des Rotors erzeugt, die durch Ziehen bzw. Freigeben des Zahnriemens über den Zahnriemen auf den Außenradius des Nockenwellenrotors übertragen wird und dort ein zusätzliches Drehmoment in die Nockenwelle einleitet, das ebenfalls periodisch schwankend ist (Abs. 77).
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Merkmal 1.5 sieht vor, die Winkelpositionen der vorstehenden und zurückgezogenen Bereiche des nicht-kreisförmigen Profils relativ zu einer Winkelposition des periodisch schwankenden Lastdrehmoments, das an dem zweiten Rotor vorhanden ist, derart einzustellen und den Wert der Exzentrizität des nicht-kreisförmigen Profils so auszubilden, dass das nicht-kreisförmige Profil auf den zweiten Rotor ein entgegengesetzt schwankendes Korrekturdrehmoment ausübt. Wie in der Beschreibung erläutert wird, kann durch die Verwendung eines elliptischen Kurbelwellenzahnrades, das den Riemen (zu einem geeigneten Zeitpunkt) zieht, ein zusätzliches Drehmoment mit einer solchen Amplitude und Phase erzeugt werden, dass das kombinierte Drehmoment, das auf die Nockenwellen wirkt, im Idealfall gleich Null ist, sich mithin in seinen Wirkungen aufhebt, und entsprechend auch keine Drehschwingungen auftreten (vgl. Abs. 76). Diese Wirkungsweise wird in der nachfolgend wiedergegebenen graphi17 schen Darstellung aus Figur 4a der Streitpatentschrift veranschaulicht, wonach - idealerweise - der Betrag und Kurvenverlauf des Korrekturdrehmoments exakt dem des schwankenden Lastdrehmoments der Drehlastanordnung entspricht, jedoch derart phasenverschoben ist, dass sich beide Momente zu jedem Zeitpunkt vollständig aufheben.
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II. Das Patentgericht hat seine Entscheidung im Wesentlichen wie folgt begründet: Die japanische Gebrauchsmusterschrift Hei 1-95538 (NK9, deutsche
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Übersetzung NK9b) offenbare eine Antriebsvorrichtung zum gleichförmigen Spannen eines Zahnriemens zum Übertragen der Drehung einer Kurbelwelle (1) auf eine Nockenwelle (2) und damit eine Synchronantriebsvorrichtung mit mindestens zwei mit Zähnen versehenen Rotoren für den An- und Abtrieb und einem Umschlingungstrieb in Form eines Zahnriemens (3). Der mit der Kurbelwelle verbundene Rotor (1) habe ein elliptisches oder ovales und somit nichtkreisförmiges Profil mit wenigstens zwei vorstehenden Bereichen, die sich mit zurückgezogenen Bereichen abwechselten. Damit seien die Merkmale 1 bis 1.4.1 aus der NK9 bekannt. Zudem sei bereits in der NK9 erkannt worden, dass durch die Verwen20 dung eines elliptischen Kurbelwellenzahnrades Schwankungen der Trumlänge erzeugt würden und daher, ähnlich wie beim Streitpatent, periodisch auftretende Kräfte und Momente in den Zahnriemen eingeleitet würden, wenn dieser während einer Kurbelwellenumdrehung zweimal gezogen und freigegeben werde. Aus der NK9 gehe aber nicht hervor, die Winkelpositionen der vorstehenden und zurückgezogenen Bereiche des nicht-kreisförmigen Profils relativ zu einer Winkelposition des periodisch schwankenden Lastdrehmoments, das an dem zweiten Rotor vorhanden sei, so zu positionieren und den Wert der Exzentrizität des nicht-kreisförmigen Profils so auszubilden, dass ein entgegengesetzt schwankendes Korrekturdrehmoment ausgeübt werde, das das Lastdrehmoment der Drehlastanordnung reduziere oder im Wesentlichen aufhebe. Die zentrale Lehre der NK9 sei es vielmehr, die ovale Zahnscheibe so zu positionieren , dass die Spannungsschwankungen des Zahnriemens minimiert würden. Dies führe zwangsläufig dazu, dass die Winkelpositionen der vorstehenden und zurückgezogenen Bereiche des nicht-kreisförmigen Profils bei der Synchronantriebsvorrichtung nach der NK9 entgegengesetzt zu der streitpatentgemäßen Vorrichtung angeordnet seien, und bewirke in der Folge, dass das schwankende Lastmoment der Nockenwelle nicht reduziert, sondern verstärkt werde. Die deutsche Offenlegungsschrift 195 20 508 (NK14) offenbare eine
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Synchronantriebsvorrichtung mit einem Umschlingungstrieb in Form eines Zahnriemens (12) sowie mehreren Rotoren, die wenigstens einen von einer Kurbelwelle angetriebenen ersten Rotor (16) und einen mit einer Nockenwelle verbundenen angetriebenen zweiten Rotor (20) umfassten. Da es sich um den Umschlingungstrieb für eine Brennkraftmaschine handele, sei eine Drehlasteinrichtung vorhanden, die ein periodisch schwankendes Lastdrehmoment erzeuge , wenn der zweite Rotor (20) zur Drehung angetrieben werde. Der NK14 liege die Erkenntnis zugrunde, dass aufgrund der Schwingungsüberlagerung aus den Gas- und Massenkräften der Kurbelwelle und den Wechselmomenten an der Nockenwelle, hervorgerufen durch die Spannung und Entlastung der Ventilfedern der Gaswechselventile, Resonanz bzw. Schwingungsanregungen entstehen könnten, welche die Lebensdauer und den Wirkungsgrad des Umschlingungstriebs beeinträchtigten. Zur Lösung schlage die NK14 verschiedene Maßnahmen vor, um dem Umschlingungstrieb eine zusätzliche Ungleichförmigkeit aufzuprägen und dadurch den kritischen Resonanzbereich zu verschieben oder zu eliminieren. Neben anderen weiter ab liegenden Maßnahmen solle nach einem Ausführungsbeispiel der Rotor (20) zur Aufprägung der Ungleichförmigkeit ein unrundes und somit ein nicht-kreisförmiges Profil aufweisen, bei dem sich mindestens zwei vorstehende mit den zurückstehenden Bereichen (30, 32, 34, 36) abwechselten. Die NK14 gebe dem Fachmann jedoch keine Hinweise darauf, nach wel22 chen Kriterien die Winkelpositionen des nicht-kreisförmigen Profils auszuwählen und einzustellen seien oder nach welchen Kriterien der Wert der Exzentrizität des nicht-kreisförmigen Profils festzulegen sei, um die vorgeschlagene Verschiebung oder Eliminierung der Resonanz zu erreichen. Soweit an einer Textstelle der NK14 von einer geeigneten Positionierung der Phasenlage und einer Abstimmung der ausgeübten Wechselmomente die Rede sei, beziehe sich diese Passage ausschließlich auf das Ausführungsbeispiel nach Figur 5, bei dem durch die Anordnung eines zusätzlichen Nockens (48) an der Nockenwelle und eines Reaktionselements in Form eines federgelagerten Stößels der Nockenwelle ein zusätzliches Wechselmoment aufgeprägt werde, das den kritischen Resonanzbereich verschieben oder vermeiden solle. Der Gegenstand von Patentanspruch 1 werde dem Fachmann auch nicht
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nahegelegt. Die NK9 beschreite mit der auf die Spannungsreduzierung im Riemen gerichteten Positionierung der nicht-kreisförmigen Riemenscheibe einen völlig anderen Lösungsansatz als das Streitpatent, der nicht zu einer Reduzierung , sondern zu einer Verstärkung des schwankenden Lastmoments führe. Daran ändere sich auch nichts, wenn der Fachmann die Lösungen ähnlicher Synchronantriebsvorrichtungen, wie beispielsweise die NK14, in Betracht gezogen hätte, da auch diese keine Hinweise auf Merkmal 1.5 enthielten. Entsprechend sei die erfindungsgemäße Lehre auch nicht naheliegend, wenn die NK14 zum Ausgangspunkt der Überlegungen des Fachmanns genommen werde. Auch diese beschreite einen anderen Lösungsansatz als das Streitpatent. Der Entgegenhaltung gehe es nicht darum, ein auftretendes schwankendes Lastdrehmoment zu eliminieren. Vielmehr werde eine Verschiebung oder Eliminierung des kritischen Resonanzbereichs angestrebt.
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III. Die Entscheidung des Patentgerichts hält den Angriffen der Berufung stand.
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1. Der Gegenstand von Patentanspruch 1 des Streitpatents ist neu.
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a) Er wird durch die NK9 nicht vorweggenommen.
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(1) Die japanische Entgegenhaltung, aus der die nebenstehend wiedergegebenen Zeichnungen stammen, betrifft eine Antriebsvorrichtung zum Antreiben eines Ventilmechanismus in einem Verbrennungsmotor mit einer auf einer Kurbelwelle angeordneten und von dieser angetriebenen, kreisförmigen Zahnscheibe (1), einer auf einer Nockenwelle angeordneten, anzutreibenden und nicht-kreisförmigen (ovalen) Zahnscheibe (2) und einem Umschlingungstrieb in Gestalt eines Zahnriemens (3). Entsprechend den oben wiedergegebenen Ausführungen des Patentgerichts und von den Parteien nicht in Frage gestellt verwirklicht diese Antriebsvorrichtung die Merkmale 1 bis 1.4 des Patentanspruchs 1.
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(2) Die Entgegenhaltung adressiert die Schwankungen der Riemenspannung , deren Ursachen sie analysiert und beseitigen möchte. Die Riemenspannung erreiche einen Höchstwert in einem tatsächlich verwendeten Drehbereich des Verbrennungsmotors in der Nähe von 3.000 U/min, wie in Kurve 13 der Figur 5 gezeigt. Dies verkürze die Lebensdauer des Zahnriemens (NK9b, S. 3, Abs. 2, letzter Satz Übergang auf S. 4 Abs. 1). Vor diesem Hintergrund macht es sich die NK9 zur Aufgabe, eine An29 triebsvorrichtung "zum gleichförmigen Spannen" des Zahnriemens zur Verfügung zu stellen, die dessen Lebensdauer erhöht, indem Spannungsschwankungen verhindert werden (NK9b, S. 4, Abs. 2). Um dieses Ziel zu erreichen, wird in der NK9 vorgeschlagen, die ovale
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anzutreibende Zahnscheibe derart anzuordnen, dass ein Spannungsänderungsmoment an den Zahnriemen angelegt wird, das in entgegengesetzter Phase zu der - aus der Schwankung des Lastdrehmoments resultierenden - Spannungsschwankung des Zahnriemens steht (NK9b, S. 1, Anspruch 1; S. 5, Abs. 1 und 2).
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(3) Das Patentgericht hat den Offenbarungsgehalt der NK9 anhand einer auf Seite 23 seines Urteils wiedergegebenen handschriftlichen Skizze weiter dahin erläutert, dass zu einem Zeitpunkt, an dem das schwankende Lastmoment MLD an der Nockenwelle linksdrehend mit seinem Maximum angreift und am Zugtrum (rechter Trum in der Skizze) des Zahnriemens die Kraft FV den Riemen mit größter Kraft nach oben zieht, zur erstrebten Spannungsreduzierung der Zahnriemen am Zugtrum durch eine nach oben gerichtete Druckkraft entlastet werden soll, wobei die nach oben gerichtete Druckkraft durch eine nach unten gerichtete Zugkraft im Leertrum (linker Trum in der Skizze ) des Zahnriemens verwirklicht werde, die wiederum auf das nicht-kreisförmige Profil des antreibenden Rotors zurückgehe. Dies hat nach den Feststellungen des Patentgerichts eine deutliche Reduzierung der Riemenspannung sowohl im Zugtrum als auch im Leertrum zur Folge, bewirkt aber wegen der gleichgerichteten Kräfte keine Reduzierung oder Aufhebung, sondern eine Verstärkung des periodisch schwankenden Lastdrehmoments. Demgegenüber lehrt das Streitpatent in Merkmal 1.5, die Winkelposition
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des nicht-kreisförmigen Profils an der Kurbelwelle relativ zu einer Winkelposition des periodisch schwankenden Lastdrehmoments so anzuordnen, dass das Lastmoment von dem durch das nicht-kreisförmige Profil erzeugten Drehmoment reduziert oder im Wesentlichen ausgeglichen wird. Wie aus der auf Seite 24 des patentgerichtlichen Urteils wiedergegebenen Skizze anschaulich wird, erfolgt dies zu einem Zeitpunkt, an dem das schwankende Lastmoment MLD an der Nockenwelle linksdrehend mit seinem Maximum angreift und am Zugtrum (rechter Trum in der Skizze) des Zahnriemens die Kraft FV den Riemen mit größter Kraft nach oben zieht, dadurch, dass durch die Anordnung des nichtkreisförmigen Profils eine der Kraft FV entgegenwirkende Kraft FNK und dadurch ein dem Lastmoment MLD entgegenwirkendes rechtsdrehendes Korrekturmo- ment MNK an der Kurbelwelle erzeugt wird. Dies hat, wie das Patentgericht ausgeführt hat, zur Folge, dass sich die Kräfte FNK und FV sowie die Drehmomente MLD und MNK jeweils gegenseitig aufheben, jedoch die Spannung im Zugtrum besonders hoch ist.
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(4) Konkrete Anhaltspunkte, die Zweifel an der Richtigkeit oder Vollständigkeit der Feststellungen des Patentgerichts begründen könnten, zeigt die Berufung nicht auf. Entgegen ihrer Auffassung lehrt die NK9 nicht, die Winkelposition des nicht-kreisförmigen Rotors derart zu justieren, dass die Spannungsänderungen im laufenden Betrieb gegenphasig zu demLastdrehmoment erfolgen sollen. Die NK9 spricht allein das Problem der Spannungsschwankungen mit der Folge einer reduzierten Lebensdauer des Zahnriemens an, die durch eine zum Lastdrehmoment gegenläufige Spannungsänderung reduziert oder beseitigt werden sollen. Genau dies ist auch gemeint, wenn in der NK9 im Hinblick auf deren Figur 1B ausgeführt wird, dass das (ovale) Antriebsrad derart angeordnet sei, dass es eine Spannungsschwankung an den Zahnriemen anlege , die sich in der entgegengesetzten Phase zu der durch das Lastdrehmoment bewirkten Spannungsschwankung befinde (NK9b, S. 5, Abs. 1). Die Klägerin zeigt weder mit ihrem Hinweis auf die vorgenannte Zitatstelle noch in ihren sonstigen Vorbringen auf und es ist auch sonst nicht ersichtlich, dass es der NK9 nicht nur um die Beseitigung von Spannungen im Riemen geht, sondern darüber hinaus auch um die Reduzierung oder Eliminierung des durch die Drehlasteinrichtung hervorgerufenen periodisch schwankenden Lastdrehmoments und dass sie zu dessen Reduzierung oder Beseitigung eine Anordnung des nicht-kreisförmigen Profils offenbart, die ein diesem entgegengesetzt fluktuierendes Korrekturdrehmoment erzeugt.
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(5) Nichts anderes gilt hinsichtlich der Ausführungen in der NK9 zur (nebenstehend wiedergegebenen ) Figur 2 (NK9b, Abs. 2), welche die Klägerin in der mündlichen Verhandlung in den Vordergrund gerückt hat. Der Entgegenhaltung ist insoweit zu entnehmen, dass sich nach von dem Erfinder durchgeführten Experimenten bei einer Reduzierung des Antriebsdrehmoments des Ventilmechanismus auch die Spannung des Antriebsübertragungselements (Zahnriemen 3) verringere. In Figur 2 werde gezeigt, dass die - in Kurve 6 dargestellte - Phase der durch den ovalen Rotor (1) bewirkten Spannungsschwankung des Zahnriemens (3) entgegengesetzt zu der - in Kurve 5 dargestellten - Phase der durch das Antriebsdrehmoment des Ventilmechanismus bewirkten Spannungsschwankung verlaufe und sich damit die zusammengesetzten Spannungsschwankungen verringerten. Die Spannung des Zahnriemens 3 werde daher reduziert (NK9b, S. 7, Abs. 2, S. 1 bis 3). Sodann wird in NK9 erläutert, dass der den Zeitpunkt maximaler Spannungsschwankung auf der Kurve 6 der Figur 2 kennzeichnende Punkt P1 der in Figur 1(B) gezeigten Position des ovalen Rotors (1) entspreche, an der dieser an seiner Längsachse von dem Zahnriemen (3) an Punkt P1 berührt werde, während Punkt P2 der Kurve 6 der Figur 2 die Position des ovalen Rotors (1) wiedergebe , an der der Zahnriemen (3) bei minimaler Spannungsschwankung die Längsachse des Rotors an Punkt P2 in Figur 1(B) berühre (NK9b, S. 7 Abs. 2, S. 4, übergehend auf S. 8). Damit entsprechen die Darstellungen in den Figuren 1(B) und 2 der NK9 den Ausführungen des Patentgerichts zur Lehre der NK9, wonach zu einem Zeitpunkt, an dem das schwankendeLastdrehmoment an der Nockenwelle mit seinem Maximum angreift, der ovale antreibende Rotor (1) sich mit seiner Längsachse derart ausrichtet, dass der Zugtrum des Zahnriemens (3) durch eine nach oben gerichtete Kraft entlastet und die Spannung im Zahnriemen reduziert wird.
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Demgegenüber wird nach der Lehre des Streitpatents der ovale antreibende Rotor so positioniert, dass die lange Achse von einer Position senkrecht zur Last auf die Nabe zu einer Position entlang der Lastrichtung der Nabe verlagert wird (Abs. 78). Dies entspricht der Position P2 in Figur 1 (B) der NK9, die der ovale Antriebsrotor (1) gerade im umgekehrten Fall minimaler Spannungsschwankung des Ventilantriebsdrehmoments einnehmen soll, während dort bei maximaler Spannungsschwankung des Ventildrehmoments eine um 180° versetzte, durch den Punkt P1 gekennzeichnete Position des Rotors gezeigt ist.
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b) Der Gegenstand von Patentanspruch 1 wird auch nicht durch die deutsche Offenlegungsschrift (NK14) offenbart.
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(1) Die NK14, deren Figur 1 nebenstehend eingefügt ist, offenbart ebenfalls einen Umschlingungstrieb für eine Brennkraftmaschine und entspricht den Merkmalen 1.1 bis 1.3.2, wie im Einzelnen vom Patentgericht erläutert.
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(2) Die Entgegenhaltung erläutert, dass insbesondere Steuerungsantriebe von Brennkraftmaschinen aufgrund von Drehschwankungen bzw. Winkelgeschwindigkeitsänderungen Schwingungsanregungen unterworfen seien, die in Resonanzbereichen zu hörbaren Geräuschen führen könnten. Damit verbunden seien erhöhte Reibungskräfte, die die Lebensdauer des Umschlin- gungstriebs sowie dessen Wirkungsgrad beeinträchtigen könnten (NK14, Sp. 1, Z. 7 ff.). Die NK14 möchte derartigen Drehschwingungen mit einfachen Mitteln
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entgegenwirken und insbesondere hörbare Schwingungsgeräusche eliminieren (Sp. 1, Z. 28 ff.) und schlägt zur Lösung dem Trieb eine zusätzliche Ungleichförmigkeit aufprägende Mittel vor (Patentanspruch 1). Die vorgeschlagene Lösung wird dahin erläutert, dass entgegen den bekannten Maßnahmen, die auf eine Vernichtung der Schwingungsenergie abzielten, eine "Verstimmung des Umschlingungstriebes mit einer zusätzlichen Ungleichförmigkeit" vorgeschlagen werde, mittels der "der kritische Resonanz- bzw. Drehzahlbereich in einen nicht störenden gegebenenfalls nicht auftretenden Bereich verschoben" werde (Sp. 1 Z. 36 bis 42). Für die Mittel hierzu werden im Wesentlichen fünf Varianten (vgl. gutachterliche Stellungnahme H. , NK19, S. 28 f.; gutachterliche Stellungnahme P. , NB36a, S. 21 f.) offenbart, von denen eine vorsieht, ein an- oder abtreibendes Rad unrund auszubilden oder exzentrisch zu lagern (NK14, Patentanspruch 2). In der nebenstehend wiedergegebenen Figur 3 ist ein Ausführungsbeispiel gezeigt, bei dem die Abtriebsräder (20, 22) auf den Nockenwellen (24, 26) "unrund" ausgeführt sind, indem sie an vier gleichmäßig über deren Umfang verteilten Bereichen mit Vertiefungen (Einbauchungen) (30, 32, 34, 36) versehen sind (vgl. Sp. 2, Z. 36 ff.). Die unterschiedlichen Mittel zur "Verstimmung" können nach der Entgegenhaltung auch in Kombination eingesetzt werden.
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(3) Zutreffend hat das Patentgericht das für die Erfindung nach dem Streitpatent entscheidende Merkmal 1.5 als nicht offenbart angesehen. Der Entgegenhaltung ist an keiner Stelle die Anweisung zu entnehmen, das schwankende Lastdrehmoment durch ein schwankendes Korrekturdrehmoment mit möglichst gleicher Amplitude und entgegengesetzter Phase zu reduzieren oder aufzuheben und zur Erreichung dieses Ziels entsprechend die Winkelpositionen der vorstehenden und zurückgezogenen Bereiche eines nicht-kreisförmigen Profils, etwa des in Figur 3 gezeigten Abtriebsrads, relativ zur Winkelposition des periodisch schwankenden Lastdrehmoments anzuordnen und den Wert der Exzentrizität des nicht-kreisförmigen Profils auf die Schwankungen des Lastdrehmoments abzustimmen. Vielmehr lehrt die NK11 den Fachmann, eine "Verstimmung" und dadurch eine Resonanzverschiebung zu bewirken, indem die gegebene Ungleichförmigkeit des Umschlingungstriebs durch eine zusätzliche Ungleichförmigkeit überlagert wird. Dem steht nicht entgegen, dass an anderer Stelle in der NK14 ausge41 führt wird, durch eine geeignete Positionierung der Phasenlage und Abstimmung der ausgeübten Wechselmomente (Federkräfte, Hub, Masse etc.) auf die Nockenwellen (24, 26) werde dem Umschlingungstrieb (10) eine zusätzliche Ungleichförmigkeit aufgeprägt, die wie vorbeschrieben den kritischen Resonanzbereich vermeide oder zumindest vermindere (NK14, Sp. 3, Z. 14 ff.). Diese Ausführungen beziehen sich, wie bereits das Patentgericht zutreffend ausgeführt hat, auf das in Figur 5 gezeigte Ausführungsbeispiel, das ein Antriebsrad mit einem Nocken (vgl. Patentanspruch 10) und damit eine andere Ausführungsvariante des grundsätzlichen Ansatzes der NK 14 betrifft, ein dem Trieb eine zusätzliche Ungleichförmigkeit aufprägendes Mittel vorzusehen, um die gegebene Ungleichförmigkeit des Umschlingungstriebs zu überlagern und dadurch eine Resonanzverschiebung zu bewirken (NK14, Sp. 1, Z. 43 ff.).
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Das in Figur 5 gezeigte Ausführungsbeispiel ist eine Ausgestaltung dieser "Nocken"-Variante, bei der ein Reaktionselement in Form eines Stößels (40) vorhanden ist, das in einer Bohrung (42) im Zylinderkopf (44) der Brennkraftmaschine verschiebbar gelagert ist und aufdas eine Schraubendruckfeder (46) wirkt, die den Stößel (40) gegen den auf der Nockenwelle (24) zusätzlich ausgebildeten Nocken (48) spannt (Sp. 3, Z. 7 ff.; Patentanspruch 11). Auf diese Ausführung der "Nocken"-Variante bezieht sich der Hinweis, der neben einer geeigneten Positionierung der Phasenlage auch eine Abstimmung der ausgeübten Wechselmomente (Federkräfte, Hub, Masse etc.) in den Blick nimmt, die bei dem Ausführungsbeispiel auftreten können, wobei offen bleibt, wie diese Abstimmung erfolgen soll (vgl. Sp. 3, Z. 14 ff.). Doch selbst wenn angenommen wird, dass dieser Hinweis nicht allein die
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in Figur 5 gezeigte "Nocken"-Variante meint, offenbart es sich dem Fachmann jedenfalls auch insoweit nicht, das schwankende Lastdrehmoment durch ein in der Phase entgegengesetztes Korrekturdrehmoment zu reduzieren oder im Wesentlichen aufzuheben, das durch eine entsprechende Winkelposition und Exzentrizität eines "unrunden" Abtriebsrades erzeugt wird.
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2. Der Gegenstand von Patentanspruch 1 war für einen Fachmann, der sich zum Prioritätszeitpunkt um eine Reduzierung der Drehschwingungen oder deren Auswirkungen bei Synchronantriebssystemen bemühte, auch nicht naheliegend.
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a) Die NK9 lehrt, Spannungsschwankungen im Zahnriemen, die aus dem Lastdrehmoment resultieren, durch Adressieren der Spannungsschwankung selbst mittels der ovalen oder elliptisch geformten äußeren Umfangskante des Antriebsrades auszugleichen. Der Fachmann erhält in der Entgegenhaltung die Anweisung, das ovale Antriebsrad derart anzuordnen, dass der Zahnriemen im Zugtrum bei maximalem Lastdrehmoment entlastet wird. Damit hatte er keinen Anlass, das ovale Antriebsrad stattdessen mit den Mitteln des Merkmals 1.5 (Winkelposition der vorstehenden und der zurückgezogenen Bereiche des nicht-kreisförmigen Profils relativ zu einer Winkelposition des periodisch schwankenden Lastdrehmoments und Wert der Exzentrizität des nicht-kreisförmigen Profils) derart zu positionieren und zu konfigurieren, dass nicht der Zahnriemen entlastet, sondern das Lastdrehmoment am Abtriebsrad durch Aufbringen eines Korrekturdrehmoments ausgeglichen wird. Eine solche Anregung ergab sich für den Fachmann auch nicht aus der
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Tabelle nach Figur 5 der NK9, die die Beziehung zwischen der Riemenspannung und der Motordrehzahl zeigt, aber nicht auf einen Ausgleich des am zweiten Rotor anliegenden schwankenden Lastdrehmoments durch Aufbringen eines entgegengesetzt schwankenden Korrekturdrehmoments hinweist.
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b) An diesem Ergebnis ändert sich nichts, wenn angenommen wird, dass Ausgangspunkt des Fachmanns bei seinen Überlegungen zur Reduzierung von Drehschwingungen bei einer Synchronantriebsvorrichtung die NK14 war. Die Vorveröffentlichung schlägt wie ausgeführt vor, die gegebene Un48 gleichförmigkeit des Umschlingungstriebs durch eine zusätzliche Ungleichförmigkeit zu überlagern und damit eine Resonanzverschiebung zu bewirken. Die zusätzliche Ungleichförmigkeit soll durch ein Mittel erzeugt werden, das bevorzugt ein "unrundes" An- oder Abtriebsrad, unterschiedliche Elastizitäten oder Dicken in Längsrichtung des Umschlingungsmittels oder ein oder mehrere federnd vorgespannte Reaktionselemente sein kann, die in einer definierten Frequenz und Phasenlage betrieben werden (NK14, Sp. 1, Z. 43 ff.), wobei nicht angegeben wird, wie sich die Frequenz und Phasenlage definieren.
Hinsichtlich des in Figur 2 gezeigten Ausführungsbeispiels entnahm der
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Fachmann der Vorveröffentlichung, dass sich bei einer Vierzylinder-Brennkraftmaschine mit einem Umschlingungstrieb, wie er in der oben wiedergegebenen Figur 1 der NK14 gezeigt ist, ein kritischer Resonanzbereich bei einer Drehzahl n von ca. 2.500 min-1 ergibt, bei dem die Schwingungsamplitude ca. 1° erreicht. Die Schwingungserregung soll sich nach den weiteren Angaben der Beschreibung aus den Massenkräften des Kurbelbetriebs über die Kurbelwelle und aus den Wechselmomenten der Nockenwelle aufgrund der Spannung und Entlastung der Ventilfedern der von den Nockenwellen angetriebenen Gaswechselventile ergeben (Sp. 2, Z. 13 ff.). Um diese erhöhten Ungleichförmigkeiten und die daraus resultierenden negativen Wirkungen hinsichtlich Geräuschentwicklung sowie Verschleiß und Wirkungsgrad des Umschlingungstriebs zu vermeiden, sieht die NK14 in der in der oben wiedergegebenen Figur 3 gezeigten Ausführungsform zwei unrunde Abtriebsräder (20, 22) auf den Nockenwellen (24, 26) vor, deren vier gleichmäßig über den Umfang verteilte Bereiche mit Vertiefungen (30, 32, 34, 36) sich jeweils über einen Umfangsbereich β von 60° erstrecken, in der Winkelhalbierenden bei einem Durchmesser des Abtriebsrades von 100 mm 0,3% bzw. 0,3 mm vertieft sind und danach wieder in den Originaldurchmesser übergehen. Diese Vertiefungen sollen dem Zahnriemen (12) am Riemen-Einlauf bzw. Riemen-Auslauf der Antriebsräder eine Ungleichförmigkeit aufprägen, "die sich der durch die Bauart der Brennkraftmaschine gegebenen dynamischen Ungleichförmigkeit überlagert und dadurch den kritischen Resonanzbereich verschiebt bzw. eliminiert" (Sp. 2, Z. 36 ff.). Bei dem einzigen Ausführungsbeispiel in der NK14, das einen Synchron50 antriebsbetrieb mit einem nicht-kreisförmig profilierten Rotor (Abtriebsrotor) betrifft , ist die Positionierung und Konfigurierung dieses Rotors damit ohne Bezug zu der Amplitude des schwankenden Lastdrehmoments und kann das Lastdrehmoment nicht aufheben, wie die Darstellung des Parteigutachters Prof. P. der Beklagten in Abbildung 8 seiner gutachterlichen Stellungnahme vom 13. Februar 2017 (NB36, S. 21 = NB36a, S. 25) veranschaulicht. Auch in- soweit kann sich daher aus der NK14 keine in Richtung der Lehre des Streitpatents weisende Anregung für den Fachmann ergeben. Entsprechend kann der Klägerin und dem Parteigutachter Prof. H.
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nicht darin beigetreten werden, dass der Fachmann durch die in Zusammenhang mit dem Ausführungsbeispiel in der NK14 stehenden Ausführungen, die erhöhte Ungleichförmigkeit bzw. der kritische Resonanzbereich solle "vermieden" oder verschoben bzw. "eliminiert" werden, zu Überlegungen und umfangreichen Berechnungen (wie sie vom Sachverständigen der Klägerin in seinen gutachterlichen Stellungnahmen durchgeführt worden sind) angeregt wird, wie ein Unrundrad als Abtriebsrad in einer Synchronantriebseinrichtung auszulegen wäre, um die Drehschwingungen der Nockenwelle durch ein entgegengesetzt wirkendes Drehmoment zu eliminieren (vgl. NK19, S. 30 ff.). Bei dieser Argumentation bleibt zum einen außer Acht, dass die NK14 die Schwingungsanregung nicht allein auf die Wechselmomente der Nockenwelle zurückführt, sondern als weitere Ursache die Massenkräfte des Kurbeltriebs über die Kurbelwelle angibt (Sp. 2, Z. 24 ff.). Zum anderen wird in dem Ausführungsbeispiel nach Figur 3 zwar ein unrundes Abtriebsrad als Ungleichförmigkeit aufprägendes Mittel genannt. Dessen konstruktive Einzelheiten werden jedoch ohne jeden Bezug zu der Amplitude eines schwankenden Lastdrehmoments beschrieben. Zu der Frage, in welcher Phasenlage das unrunde Antriebsrad zur Winkellage der Nockenwelle rotieren könnte, um kritische Resonanzen zu verschieben oder zu vermeiden, enthält die NK14 ebenfalls keinen Hinweis oder eine auch nur im Ansatz weiterführende Anregung. Dies fügt sich auch in den Zusammenhang der in der NK14 vorgeschlagenen Lösung, durch die Aufbringung einer zusätzlichen Ungleichförmigkeit, insbesondere auch durch das unrunde Abtriebsrad, das System zu "verstimmen" und eine Resonanzverschiebung in einen idealerweise nicht störenden Bereich durch eine Überlagerung der gegebenen Ungleichförmigkeit des Umschlingungstriebs zu bewirken (Sp. 1, Z. 43 ff.). Gerade deswegen können die einzelnen von der NK14 vorgeschlagenen Maßnahmen auch miteinander kombiniert werden (Sp. 2, Z. 55 und 64, Sp. 3, Z. 22 bis 24).
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c) Soweit die Berufung unter Berufung auf das von ihr vorgelegte Parteigutachten H. geltend macht, der Fachmann sei auch ohne ein konkretes Vorbild im Stand der Technik in der Lage gewesen, das Lastdrehmoment der Nockenwelle als wesentliche Quelle einer Systemresonanz zu identifizieren und ein zu dessen Ausgleich benötigtes, mittels eines unrunden Antriebsrads zu realisierendes Korrekturdrehmoment zu berechnen, kann dahinstehen, ob der Fachmann, was die Beklagte in Abrede stellt, hierzu in der Lage war. Denn es fehlt an einer Anregung zur Beschreitung eines solchen, wie die Parteigutachten zeigen, durchaus anspruchsvollen Weges. Wie gerade die Entgegenhaltungen NK9 und NK24 zeigen, hat der Fachmann den Steuerungsantrieb für eine Brennkraftmaschine als das komplexe System wahrgenommen, das es tatsächlich ist, und es nicht im Ausgangspunkt auf eine vereinfachte Anordnung mit An- und Abtriebsrad oder ein "schwingungstechnisches Ersatzsystem" reduziert , wie es der Parteigutachter Prof. H. dargestellt hat (NK19, S. 12). In diesem komplexen System adressiert die NK9 die Riemenspannung unmittelbar , während sich die NK14 auf eine zusätzliche "Verstimmung" des ohnehin "vielstimmigen" Systems verlegt und auf diese Weise eine störende Resonanz verhindern will. Für eine Konzentration der Überlegungen des Fachmanns auf Maßnahmen, die gerade eine Kompensation des Lastdrehmoments der Nockenwelle durch eine geeignete Ausgestaltung eines unrunden Antriebsrads mit phasenverschobener Wirkung zu erzielen geeignet wären, fehlt es damit an einem Anlass.
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3. Die vorstehenden Ausführungen gelten für die Gegenstände der Patentansprüche 39 und 50, die die Lösungsmittel des Patentanspruchs 1 verfahrensmäßig einkleiden, entsprechend. Die Berufung erhebt insoweit auch keine gesonderten Rügen gegen die Beurteilung des Patentgerichts.
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IV. Die Kostenentscheidung beruht auf § 121 Abs. 2 PatG und § 97 Abs. 1 ZPO.
Meier-Beck Grabinski Hoffmann Kober-Dehm Marx
Vorinstanz:
Bundespatentgericht, Entscheidung vom 02.02.2016 - 4 Ni 29/14 (EP) -

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Zivilprozessordnung - ZPO | § 97 Rechtsmittelkosten


(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat. (2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vo

Patentgesetz - PatG | § 121


(1) In dem Verfahren vor dem Bundesgerichtshof gelten die Bestimmungen des § 144 über die Streitwertfestsetzung entsprechend. (2) In dem Urteil ist auch über die Kosten des Verfahrens zu entscheiden. Die Vorschriften der Zivilprozeßordnung über d

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(1) In dem Verfahren vor dem Bundesgerichtshof gelten die Bestimmungen des § 144 über die Streitwertfestsetzung entsprechend.

(2) In dem Urteil ist auch über die Kosten des Verfahrens zu entscheiden. Die Vorschriften der Zivilprozeßordnung über die Prozeßkosten (§§ 91 bis 101) sind entsprechend anzuwenden, soweit nicht die Billigkeit eine andere Entscheidung erfordert; die Vorschriften der Zivilprozeßordnung über das Kostenfestsetzungsverfahren (§§ 103 bis 107) und die Zwangsvollstreckung aus Kostenfestsetzungsbeschlüssen (§§ 724 bis 802) sind entsprechend anzuwenden.

(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat.

(2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vorbringens obsiegt, das sie in einem früheren Rechtszug geltend zu machen imstande war.

(3) (weggefallen)