Bundesgerichtshof Urteil, 18. März 2003 - X ZR 229/00

bei uns veröffentlicht am18.03.2003

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
X ZR 229/00 Verkündet am:
18. März 2003
Mayer
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Der X. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Ver-
handlung vom 18. März 2003 durch den Vorsitzenden Richter Dr. Melullis und
die Richter Prof. Dr. Jestaedt, Scharen, Keukenschrijver und Asendorf

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Klägerin, die im übrigen zurückgewiesen wird, soweit über sie nicht bereits durch Nichtannahme entschieden ist, wird das am 26. September 2000 verkündete Urteil des 23. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Düsseldorf aufgehoben, soweit die Klägerin auf die Widerklage zur Zahlung von mehr als 50.806,73 DM nebst 5 % Zinsen hieraus seit dem 4. Dezember 1995 verurteilt worden ist. Im Umfang der Aufhebung wird der Rechtsstreit zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


Die Beklagte hatte von der N. GmbH den Auftrag erhalten, Anlagenteile für die Rauchgasentschwefelungsanlage im Kraftwerk J. zu liefern und zu installieren. In diesem Zusammenhang hat sie die Klägerin mit Planungsarbeiten beauftragt. Bei der Abrechnung kam es zu Meinungsverschiedenheiten ; die Beklagte kündigte das Vertragsverhältnis schließlich fristlos. Die Klägerin berühmt sich einer Restforderung von 391.650,71 DM aus insgesamt 9 Rechnungen und hat diesen Betrag eingeklagt. Die Beklagte ist der Klage entgegengetreten und hat widerklagend 438.285,96 DM verlangt, davon 276.152,96 DM angebliche Überzahlungen und 162.133,00 DM Schadensersatz. Die Klägerin ist der Widerklage entgegengetreten. Das Landgericht hat auf die Klage die Beklagte zur Zahlung von 17.566,25 DM und auf die Widerklage die Klägerin zur Zahlung von 56.126,01 DM nebst Zinsen verurteilt und im übrigen Klage und Widerklage abgewiesen. Dabei hat es insgesamt eine Forderung der Beklagten von 202.414,44 DM als gerechtfertigt angesehen, die im Umfang von 143.288,43 DM durch Aufrechnung erloschen sei. Mit ihrer Berufung hat die Klägerin beantragt, die Widerklage insgesamt abzuweisen. Die Beklagte hat sich der Berufung der Klägerin angeschlossen und die Zahlung eines weiteren Betrags von 8.113,25 DM nebst Zinsen begehrt.
Das Berufungsgericht hat die Berufung der Klägerin als unzulässig verworfen , soweit diese Rückzahlungsansprüche der Beklagten in Höhe von 10.925,00 DM, 56.955,36 DM und 47.106,43 DM betraf. Im übrigen hat es die Verurteilung der Beklagten bestätigt, auf die Anschlußberufung die Verurteilung der Klägerin nach Widerklage in der Hauptsache auf 61.157,31 DM erhöht und wegen eines erstinstanzlich abgewiesenen Betrags von 6.081,95 DM nebst
Zinsen und wegen der Kosten die Sache an das Landgericht zurückverwiesen. Mit ihrer Revision greift die Klägerin das Berufungsurteil an, soweit zu ihrem Nachteil erkannt worden ist. Die Beklagte tritt dem Rechtsmittel entgegen. Der Senat hat die Revision nur angenommen, soweit sie folgende Positionen der Widerklageforderung, jeweils nebst Zinsen, betrifft:
Aus Rechnung Nr. 94350/6 einen Betrag von 10.350,58 DM.
Aus Rechnung Nr. 94352/5 einen Betrag von 9.084,08 DM.

Entscheidungsgründe:


Die Revision ist eröffnet, soweit das Berufungsgericht die Berufung als unzulässig verworfen hat (§ 547 ZPO in der vor dem 1.1.2002 geltenden Fassung ); insoweit erweist sie sich aber als unbegründet (unten A.). Im übrigen führt das zulässige Rechtsmittel in Höhe von 10.350,58 DM nebst Zinsen zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht, dem auch die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens zu übertragen ist (unten B.). Die weitergehende Revision ist demgegenüber auch im Umfang der Annahme durch den Senat nicht begründet.

A.


I. Das Berufungsgericht hat die Berufung der Klägerin zunächst als unzulässig verworfen, soweit sich dieses Rechtsmittel gegen das landgerichtliche Urteil in dem Umfang richtete, als die Klägerin auf die Widerklage zur Rückzahlung wegen eines Betrags von 10.925,00 DM aus Rechnung Nr. 94352/5 verurteilt worden ist.
Die Verwerfung der Berufung hält in diesem Umfang der revisionsrechtlichen Nachprüfung stand. Den Ausführungen im Landgerichtsurteil, warum die Beklagte geleistete Abschlagszahlungen zurückverlangen könne, hat die Berufungsbegründung nur den Satz entgegengesetzt: "Ein Rückzahlungsanspruch gemäß § 813 Abs. 1 BGB in Höhe von 10.925,-- DM steht der Beklagten nicht zu". Das Berufungsgericht hat hieraus zu Recht gefolgert, daß eine Begründung im Sinn des § 519 Abs. 3 Nr. 2 ZPO in der vor dem 1. Januar 2002 geltenden Fassung (im Folgenden: a.F.) insoweit vollständig fehle (vgl. Musielak/Ball ZPO 2. Aufl. § 519 Rdn. 31 zum Fall des teilbaren Streitgegenstands; vgl. auch Zöller /Gummer ZPO 22. Aufl. § 519 Rdn. 33). Nach § 519 Abs. 3 Nr. 2 ZPO a.F. muß die Berufungsbegründung die bestimmte Bezeichnung der im einzelnen anzuführenden Gründe der Anfechtung (Berufungsgründe) sowie der neuen Tatsachen, Beweismittel und Beweiseinreden enthalten, die die Partei zur Rechtfertigung ihrer Berufung anzuführen hat. Danach hat der Berufungskläger eine Begründung zu liefern, die auf den zur Entscheidung stehenden Fall zugeschnitten ist. Die Begründung muß deshalb zum einen erkennen lassen, in welchen Punkten tatsächlicher oder rechtlicher Art das angefochtene Urteil nach Ansicht des Berufungsklägers unrichtig ist, und zum anderen im einzelnen angeben , aus welchen Gründen sie die tatsächliche und rechtliche Würdigung des Vordergerichtes für unrichtig hält (st. Rspr., u.a. BGH, Urt. v. 24.1.2000
- II ZR 172/98, NJW 2000, 1576). Eine tatsächlich bestehende objektive Unrichtigkeit des angefochtenen Urteils kann die erforderliche Begründung nicht ersetzen. Voraussetzung für die Zulässigkeit des Rechtsmittels ist die Darlegung der Gründe, aus denen das Urteil mit der Berufung angegriffen wird. Auch wenn sich, wie die Revision annimmt, die fehlende Berechtigung der Widerklageforderung als Umkehrung daraus ergeben haben sollte, daß die Forderung der Klägerin berechtigt war, hätte zumindest dies in der Berufungsbegründung angeführt werden müssen. Das ist nicht geschehen. Ein Fall, in dem - wie bei mehreren gleichgelagerten Ansprüchen - eine gesonderte Begründung entbehrlich hätte sein können (vgl. BGH, Urt. v. 22.1.1998 - I ZR 177/95, NJW 1998, 1399), lag hier nicht vor.
II. Das Berufungsgericht hat die Berufung der Klägerin weiter als unzulässig verworfen, soweit sich diese gegen die Zuerkennung einer Gegenforderung in Höhe von 56.955,36 DM wegen der Rechnung Nr. 94356/8 (Hauptund Stichrohrbrücke) richtete. Die Berufungsbegründung lautete insoweit: "Die Beklagte hat keinen Rückzahlungsanspruch in Höhe von DM 56.955,36. Insoweit wird Bezug genommen auf den Inhalt des Schriftsatzes vom 08.03.1996 ... . Die dortigen Beweisantritte werden hiermit wiederholt. Ein Rückzahlungsanspruch steht der Beklagten nicht zu". Dies genügte entgegen der Auffassung der Revision nicht den Anforderungen an eine ausreichende Berufungsbegründung , denn auch dieser Vortrag läßt nicht erkennen, aus welchen Gründen tatsächlicher oder rechtlicher Art die anderslautenden Feststellungen in dem angefochtenen Urteil unrichtig sein sollten (vgl. BGH, Beschl. v. 6.3.1997 - VII ZB 26/96, NJW 1997, 1787).
III. Schließlich hat das Berufungsgericht die Berufung der Klägerin als unzulässig verworfen, soweit sich das Rechtsmittel gegen die Zuerkennung ei-
ner Widerklageforderung in Höhe von 47.106,43 DM (bezüglich der Rechnung Nr. 94357/4 (Bandbrücke)) richtete. Die Berufungsbegründung hat dazu ausgeführt : "Die Beklagte hat keine Widerklageforderung in Höhe von DM 47.106,43. Insoweit wird auf die Ausführungen im Schriftsatz vom 08.03.1996 ... Bezug genommen, und die dortigen Beweisanträge werden wiederholt". Auch das genügte aus den unter II. genannten Gründen nicht den an die Berufungsbegründung zu stellenden Anforderungen.

B.


Im Umfang, in dem das Berufungsgericht die Klage wegen der Rechnung Nr. 94350/6 abgewiesen hat, kann dem Rechtsmittel der Erfolg nicht versagt bleiben, die auf die Rechnung Nr. 94352/5 bezogene Revision ist demgegenüber nicht begründet.
I. Das Berufungsgericht ist in Übereinstimmung mit dem Erstrichter ersichtlich davon ausgegangen, daß der Beklagten die Widerklageforderung insoweit teilweise zusteht, weil die Beklagte Überzahlungen geleistet hat, die sie unter dem Gesichtspunkt einer ungerechtfertigten Bereicherung der Klägerin zurückverlangen kann. Die Vorinstanzen haben in diesem Zusammenhang geprüft , ob der Klägerin offene Vergütungsforderungen zustehen, die sie dem Rückforderungsverlangen der Beklagten entgegensetzen können. Das hat das Berufungsgericht hinsichtlich der Positionen, wegen derer der Senat die Revision angenommen hat, verneint.
II. 1. Die Vorinstanzen haben dabei zunächst verneint, daß der Klägerin mit der Rechnung Nr. 94350/6 geltend gemachte Vergütungsansprüche, darunter die allein noch verfahrensgegenständliche Position von 10.350,58 DM,
zustehen. Das Berufungsgericht hat hierzu ausgeführt, die Klägerin habe nicht dargelegt, daß ein zusätzlicher Vergütungsanspruch für Leistungen bestehe, die nicht bereits von den konkreten, grundsätzlich nach Stückkosten abzurechnenden Aufträgen erfaßt seien.
2. Die Revision macht demgegenüber geltend, das Berufungsgericht habe Klagevortrag übersehen, wonach die entsprechenden Tätigkeiten zusätzlich auf Stundenlohnbasis hätten abgerechnet werden sollen. Die Revisionserwiderung setzt dem entgegen, daß jedenfalls zweitinstanzlich entsprechender Vortrag nicht erfolgt sei.
3. Im Verfahren vor dem Landgericht hatte die Klägerin unter Beweisantritt vorgetragen, die für den Geschäftsführer M. angesetzten Stunden hätten angeordnete Besprechungen am 11. und 24. August 1994 in der Reaktoranlage J. betroffen; es sei ausdrücklich abgesprochen gewesen, daß die entsprechenden Tätigkeiten zusätzlich auf Stundenlohnbasis abgerechnet werden sollten. Im Berufungsverfahren hat die Klägerin auf ihren früheren Vortrag , den Rechnungsinhalt und die Stundennachweise Bezug genommen. In der Berufungsbegründung hat sie auch Ausführungen zur Frage der Vertretungsberechtigung der Zeugen Me. und K. gemacht, wegen deren Fehlens das Landgericht die Klage insoweit als unbegründet angesehen hatte. Darin lag insgesamt ausreichender Berufungsvortrag, dem das Berufungsgericht zu Unrecht nicht nachgegangen ist. Für das Revisionsverfahren ist daher davon auszugehen , daß der Vortrag der Klägerin insoweit zutrifft. Dies muß insoweit zur Aufhebung des angefochtenen Urteils führen.
III. 1. Das Landgericht hat der Klägerin einen Anspruch von 9.084,08 DM u.a. für weitere 45 (396 statt 351) Isometrien, die diese in der
Rechnung Nr. 94352/5 betreffend Kalksteinmahlanlage und Entwässerungsgebäude geltend gemacht hatte, nicht zugebilligt. Für die angegebene Stückzahl sei die Klägerin beweisfällig geblieben. Auch eine höhere Stundenzahl habe die Klägerin nicht nachvollziehbar dargelegt. In der Berufungsbegründung hat die Klägerin die Zahl der Isometrien unter Zeugenbeweis gestellt und wegen der angefallenen Stunden auf die Anlagen III/21-26 verwiesen. Das Berufungsgericht hat beanstandet, daß hinsichtlich der Isometrien Übergabe und Abnahme nicht behauptet worden seien. Hinsichtlich der Arbeitsstunden sei die Feststellung des Landgerichts nicht angegriffen, daß auch Arbeiten aufgeführt seien, die im Rahmen der nach Stückkosten zu vergütenden Tätigkeiten angefallen seien.
2. Die Revision macht demgegenüber geltend, das Beweisangebot der Klägerin in der Berufungsbegründung habe, nachdem das Landgericht die Berücksichtigung der Position mit der Begründung verneint habe, daß die Klägerin für den Empfang der weiteren Isometrien beweisfällig geblieben sei, dahin ausgelegt werden müssen, daß es sich auch auf die Aushändigung der Unterlagen beziehe. Die Revisionserwiderung meint demgegenüber, daß angesichts der Formulierung in der Berufungsbegründung für eine weitergehende Auslegung des Berufungsvortrags kein Raum gewesen sei.
3. Die Rüge bleibt ohne Erfolg. Das Landgericht hatte als streitig bezeichnet , daß die Beklagte die genannte Stückzahl erhalten hat. Daraufhin hat die Klägerin nur unter Beweis gestellt, daß sie die höhere Stückzahl gefertigt habe; daß diese auch übergeben worden sei, ist weder ausdrücklich behauptet worden noch hinreichend deutlich dem Vortrag der Klägerin im Zusammenhang zu entnehmen. Auch der abschließenden Bemerkung in der Berufungsbegründung , der Rückzahlungsanspruch stehe der Beklagten nicht zu, kann nicht
mehr mit hinreichender Deutlichkeit entnommen werden, daß die Klägerin auch die Übergabe der Isometrien geltend machen wollte. Damit war der Vortrag der Klägerin zu diesem Punkt nicht schlüssig; denn das Entstehen der Werklohnforderung ergab sich nicht bereits aus der Herstellung der Isometrien, sondern es setzte weiter deren Übergabe voraus.
Melullis Jestaedt Scharen
Keukenschrijver Asendorf

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Zivilprozessordnung - ZPO | § 519 Berufungsschrift


(1) Die Berufung wird durch Einreichung der Berufungsschrift bei dem Berufungsgericht eingelegt. (2) Die Berufungsschrift muss enthalten:1.die Bezeichnung des Urteils, gegen das die Berufung gerichtet wird;2.die Erklärung, dass gegen dieses Urtei

Zivilprozessordnung - ZPO | § 547 Absolute Revisionsgründe


Eine Entscheidung ist stets als auf einer Verletzung des Rechts beruhend anzusehen,1.wenn das erkennende Gericht nicht vorschriftsmäßig besetzt war;2.wenn bei der Entscheidung ein Richter mitgewirkt hat, der von der Ausübung des Richteramts kraft Ges

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 813 Erfüllung trotz Einrede


(1) Das zum Zwecke der Erfüllung einer Verbindlichkeit Geleistete kann auch dann zurückgefordert werden, wenn dem Anspruch eine Einrede entgegenstand, durch welche die Geltendmachung des Anspruchs dauernd ausgeschlossen wurde. Die Vorschrift des § 21

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Eine Entscheidung ist stets als auf einer Verletzung des Rechts beruhend anzusehen,

1.
wenn das erkennende Gericht nicht vorschriftsmäßig besetzt war;
2.
wenn bei der Entscheidung ein Richter mitgewirkt hat, der von der Ausübung des Richteramts kraft Gesetzes ausgeschlossen war, sofern nicht dieses Hindernis mittels eines Ablehnungsgesuchs ohne Erfolg geltend gemacht ist;
3.
wenn bei der Entscheidung ein Richter mitgewirkt hat, obgleich er wegen Besorgnis der Befangenheit abgelehnt und das Ablehnungsgesuch für begründet erklärt war;
4.
wenn eine Partei in dem Verfahren nicht nach Vorschrift der Gesetze vertreten war, sofern sie nicht die Prozessführung ausdrücklich oder stillschweigend genehmigt hat;
5.
wenn die Entscheidung auf Grund einer mündlichen Verhandlung ergangen ist, bei der die Vorschriften über die Öffentlichkeit des Verfahrens verletzt sind;
6.
wenn die Entscheidung entgegen den Bestimmungen dieses Gesetzes nicht mit Gründen versehen ist.

(1) Das zum Zwecke der Erfüllung einer Verbindlichkeit Geleistete kann auch dann zurückgefordert werden, wenn dem Anspruch eine Einrede entgegenstand, durch welche die Geltendmachung des Anspruchs dauernd ausgeschlossen wurde. Die Vorschrift des § 214 Abs. 2 bleibt unberührt.

(2) Wird eine betagte Verbindlichkeit vorzeitig erfüllt, so ist die Rückforderung ausgeschlossen; die Erstattung von Zwischenzinsen kann nicht verlangt werden.

(1) Die Berufung wird durch Einreichung der Berufungsschrift bei dem Berufungsgericht eingelegt.

(2) Die Berufungsschrift muss enthalten:

1.
die Bezeichnung des Urteils, gegen das die Berufung gerichtet wird;
2.
die Erklärung, dass gegen dieses Urteil Berufung eingelegt werde.

(3) Mit der Berufungsschrift soll eine Ausfertigung oder beglaubigte Abschrift des angefochtenen Urteils vorgelegt werden.

(4) Die allgemeinen Vorschriften über die vorbereitenden Schriftsätze sind auch auf die Berufungsschrift anzuwenden.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
II ZR 172/98 Verkündet am:
24. Januar 2000
Boppel
Justizamtsinspektor
als Urkundsbeamter
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Zum notwendigen Inhalt einer Berufungsbegründung.
BGH, Urteil vom 24. Januar 2000 - II ZR 172/98 - OLG Hamm
LG Detmold
Der II. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat am 24. Januar 2000 durch den
Vorsitzenden Richter Dr. h.c. Röhricht und die Richter Prof. Dr. Henze,
Prof. Dr. Goette, Dr. Kurzwelly und die Richterin Münke

für Recht erkannt:
Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des 29. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Hamm vom 5. Mai 1998 wird zurückgewiesen. Die Kosten des Revisionsverfahrens werden zu 91 % dem Beklagten und zu 9 % der Klägerin auferlegt.

Von Rechts wegen

Tatbestand:


Die Parteien, die sich im Frühsommer 1992 kennengelernt hatten, strebten ein Zusammenleben auf Dauer an und hatten Heiratspläne. Mit Vertrag vom 14. September 1992 erwarb der Beklagte eine Eigentumswohnung, an der er der Klägerin am selben Tage ein lebenslanges, unentgeltliches Wohnungsrecht bestellte; das Wohnungsrecht wurde am 7. Januar 1993 im Grundbuch eingetragen. Die Parteien bewohnten die Eigentumswohnung zunächst
gemeinsam. Nachdem es zwischen ihnen zu Auseinandersetzungen gekommen war, widerrief der Beklagte im Herbst 1994 die Schenkung des Wohnungsrechts und zog im Juni 1995 aus der Wohnung aus. Als die Klägerin daraufhin den Einbau eines neuen Türschlosses an der Eingangstür zur Wohnung veranlaßte, ließ es der Beklagte wieder auswechseln und verschaffte sich noch zweimal im Juli 1995 Zutritt zu der Eigentumswohnung. Die Klägerin nimmt den Beklagten mit der Klage auf Unterlassung des Betretens der Wohnung in Anspruch , während der Beklagte mit der Widerklage von ihr die Bewilligung der Löschung des Wohnungsrechts und die Herausgabe und Räumung der Wohnung verlangt. Das Landgericht hat die Klage abgewiesen und der Widerklage stattgegeben. Auf die Berufung der Klägerin hat das Oberlandesgericht die Widerklage abgewiesen, im übrigen aber ihr Rechtsmittel als unzulässig verworfen. Gegen das Urteil des Berufungsgerichts haben beide Parteien Revision eingelegt. Der Senat hat durch Beschluß vom 20. September 1999 das Rechtsmittel des Beklagten nicht angenommen.

Entscheidungsgründe:


Die gemäß § 547 ZPO zulässige Revision der Klägerin hat keinen Erfolg.
I. Das Oberlandesgericht hält die Berufung der Klägerin hinsichtlich der Abweisung ihrer Klage durch das Landgericht für unzulässig, weil ihre Berufungsbegründung insoweit nicht den Erfordernissen des § 519 Abs. 3 Nr. 2 ZPO genüge. Nachdem das Landgericht die Voraussetzungen eines Unterlassungsanspruchs nach § 862 BGB mit eingehender tatsächlicher und rechtlicher Würdigung verneint habe, reiche der bloße Hinweis der Klägerin auf
die Tatsache der Bestellung des Wohnrechts sowie die ebenfalls unstreitigen Tatsachen der Auswechselung des Türschlosses und das nochmalige Betreten der Wohnung durch den Beklagten für eine ordnungsgemäße Berufungsbegründung nicht aus. Diese Beurteilung hält der rechtlichen Nachprüfung stand.
II. Nach § 519 Abs. 3 Nr. 2 ZPO muß die Berufungsbegründung die bestimmte Bezeichnung der im einzelnen anzuführenden Gründe der Anfechtung (Berufungsgründe) sowie der neuen Beweismittel und Beweiseinreden enthalten , die die Partei zur Rechtfertigung ihrer Berufung anzuführen hat. Die Vorschrift soll gewährleisten, daß der Rechtsstreit für die Berufungsinstanz ausreichend vorbereitet wird, indem sie den Berufungsführer anhält, die Beurteilung des Streitfalls durch den Erstrichter zu überprüfen und darauf hinzuweisen, in welchen Punkten und mit welchen Gründen das angefochtene Urteil für unrichtig gehalten wird. Die Begründung muß demnach zum einen erkennen lassen, in welchen Punkten tatsächlicher oder rechtlicher Art das angefochtene Urteil nach Ansicht des Berufungsklägers unrichtig ist, und zum anderen im einzelnen angeben, aus welchen Gründen er die tatsächliche und rechtliche Würdigung des vorinstanzlichen Urteils in den angegebenen Punkten für unrichtig hält. Es reicht nicht aus, die tatsächliche oder rechtliche Würdigung durch den Erstrichter mit formelhaften Wendungen zu rügen oder lediglich auf das Vorbringen erster Instanz zu verweisen (st. Rspr. des BGH, vgl. zuletzt Urteile vom 6. Mai 1999 - III ZR 265/98, MDR 1999, 952; vom 4. Oktober 1999 - II ZR 361/98, NJW 1999, 3784 - jew. m.w.N.).
Diesen Anforderungen wird die Berufungsbegründung der Klägerin hinsichtlich der Klage nicht gerecht. Sie erschöpft sich - außer einer unzureichenden Bezugnahme auf "das gesamte erstinstanzliche Vorbringen" – in der Fest-
stellung, daß der Beklagte der Klägerin ein unentgeltliches alleiniges und lebenslängliches Wohnrecht bestellt habe, eigenmächtig das Schloß habe auswechseln lassen und sich gewaltsam Zutritt zur Eigentumswohnung verschafft habe. Dieser schlichten Wiederholung von Tatsachen, die bereits im Landgerichtsurteil als unstreitig dargestellt sind, läßt sich auch nicht ansatzweise entnehmen , was nach Auffassung der Klägerin am Urteil des Landgerichts falsch sein soll. Nachdem das Landgericht einen Unterlassungsanspruch gemäß § 862 BGB nach ausführlicher Auseinandersetzung mit den insoweit im Vordergrund stehenden Streitigkeiten zwischen den Parteien und unter Erörterung der rechtlichen Bedeutung des vereinbarten Wohnungsrechtes für unbegründet erachtet hatte, hätte die Klägerin um so eindeutiger angeben müssen, gegen welche dieser Ausführungen des Urteils ihr Angriff sich richten und wie er begründet werden sollte. Derartige Einwendungen gegen das Landgerichtsurteil lassen sich jedoch auch nicht dem Zusammenhang der weiteren Ausführungen der Berufungsbegründungsschrift entnehmen, die sich ersichtlich nur auf den Streitgegenstand der Widerklage beziehen.
Röhricht Henze Goette Kurzwelly Münke