Bundesgerichtshof Urteil, 13. Mai 2003 - X ZR 200/01
Gericht
Richter
BUNDESGERICHTSHOF
für Recht erkannt:
Der Rechtsstreit wird zu anderweiter Verhandlung und Entscheidung , auch über die Kosten der Revision, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen
Tatbestand:
Über eine Werbeagentur wurde die Klägerin von einer Verlagsgruppe "M. " mit der Herstellung von Fernsehwerbespots (sog. Trailern) zur Bewerbung der Programmzeitschrift "..." beauftragt. Die Klägerin beauftragte wiederum den Beklagten, einen Regisseur für Werbefilme, der daraufhin zwei als "Antennenmann" und "Kamera" bezeichnete Filme herstellte, denen Musik aus dem Titel "The experience of " des Komponisten und In-
terpreten A. R. unterlegt war. Die vom Beklagten produzierten Werbespots wurden von verschiedenen Sendern ausgestrahlt.
Die Klägerin begehrt Ersatz für Lizenzgebühren in Höhe von 79.937,50 DM sowie Gerichtskosten in Höhe von 3.576,20 DM, die sie zur Abgeltung von durch die Ausstrahlung der Werbespots verletzten Urheberrechten und zur Beilegung eines hierüber geführten Rechtsstreits gezahlt habe.
Das Landgericht hat der Klage stattgegeben, das Berufungsgericht hat sie abgewiesen. Hiergegen richtet sich die Revision der Klägerin, mit der sie die Wiederherstellung des erstinstanzlichen Urteils erstrebt.
Der Beklagte tritt dem Rechtsmittel entgegen.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Revision führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung des Rechtsstreits an das Berufungsgericht, dem auch die Entscheidung über die Kosten der Revision zu übertragen ist.
Das Berufungsgericht hat in dem Vertrag der Parteien nicht wie das Landgericht einen Werklieferungsvertrag, sondern einen Werkvertrag gesehen. Die Haftung für Rechtsmängel eines Werks richte sich nach §§ 633 ff. BGB (in der bis zum 31.12.2001 geltenden Fassung). Daher stünden dem Besteller sowohl Aufwendungsersatz- als auch Schadensersatzansprüche nur dann zu, wenn er zuvor zumindest den Unternehmer aufgefordert habe, den Rechts-
mangel zu beseitigen. Die Klägerin habe es jedoch unterlassen, dem Beklagten Gelegenheit zu geben, nachträglich Lizenzverträge für die - vom Berufungsgericht unterstellte - urheberrechtswidrige Verwendung des Musikstücks zu schließen und so den Mangel zu beseitigen.
Das hält rechtlicher Nachprüfung nicht stand.
Unabhängig von der Qualifikation des zwischen den Parteien geschlossenen Vertrages richten sich die Rechte der Klägerin wegen eines Rechtsmangels der geschuldeten Werbefilme nicht nach §§ 633 BGB a.F., denn diese Vorschriften betreffen nur die Sachmängelhaftung (Erman/Seiler, BGB, 10. Aufl., § 633 Rdn. 5; RGRK/Glanzmann, BGB, 12. Aufl., § 633 Rdn. 15; Staudinger/Peters, BGB, Neubearb. 2000, § 633 Rdn. 48). Auch bei einem Werkvertrag sind vielmehr die Vorschriften des Kaufrechts über die Gewährleistung wegen Rechtsmängeln (§§ 434 ff. BGB a.F.) entsprechend anzuwenden (Staudinger/Peters, aaO, § 633 Rdn. 172; Palandt/Sprau, BGB, 61. Aufl., Vor § 633 Rdn. 1).
Auch hiernach ist es zwar, wie der Senat für den Fall einer Patentverletzung bereits entschieden hat und gleichermaßen für eine Urheberrechtsverletzung gilt, grundsätzlich interessengerecht, dem Verkäufer oder Unternehmer zunächst gemäß §§ 440 Abs. 1, 326 Abs. 1 BGB Gelegenheit zu geben, den Rechtsmangel zu beseitigen, bevor dem Käufer oder Besteller das Recht zugebilligt wird, Schadensersatz wegen Nichterfüllung zu verlangen oder vom Vertrag zurückzutreten (Sen.Urt. v. 24.10.2000 - X ZR 15/98, NJW-RR 2001, 268 = GRUR 2001, 407 - Bauschuttsortieranlage). Das betrifft jedoch nur die Beseitigung des Rechtsmangels und damit die nachträgliche vollständige Vertragserfüllung.
Darum geht es im Streitfall nicht. Die Klägerin begehrt vielmehr Ersatz für einen Vermögensschaden, der zu dem Zeitpunkt, zu dem die Klägerin den Beklagten zur Beseitigung des Mangels hätte auffordern können, durch die Verbreitung der Werbefilme, die hierin liegende Urheberrechtsverletzung und die daraus den Berechtigten erwachsenen Ansprüche bereits entstanden war und jedenfalls einen Freistellungsanspruch begründete. Für einen solchen Schaden hat der Unternehmer - wie bei einem bis zum Ablauf der Nachfrist entstandenen Verspätungsschaden (vgl. BGHZ 88, 46, 49; Sen.Urt. v. 17.12.1996 - X ZR 74/95, NJW-RR 1997, 622, 624) oder bei der werkvertraglichen Sachmängelgewährleistung einem der Nachbesserung nicht zugänglichen Schaden (vgl. Sen., BGHZ 92, 308, 310; BGH, Urt. v. 16.3.2000 - VII ZR 461/98, NJW 2000, 2020) - auch ohne Nachfristsetzung einzustehen.
Eine eigene Sachentscheidung ist dem Senat nicht möglich, da das Berufungsgericht zu der geltend gemachten Urheberrechtsverletzung und zur Höhe eines der Klägerin etwa hierdurch entstandenen Schadens keine Feststellungen getroffen hat. Hierzu ist der Rechtsstreit daher an das Berufungsgericht zurückzuverweisen.
Melullis Scharen Keukenschrijver
Meier-Beck Asendorf
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(1) Verlangt der Besteller Nacherfüllung, so kann der Unternehmer nach seiner Wahl den Mangel beseitigen oder ein neues Werk herstellen.
(2) Der Unternehmer hat die zum Zwecke der Nacherfüllung erforderlichen Aufwendungen, insbesondere Transport-, Wege-, Arbeits- und Materialkosten zu tragen.
(3) Der Unternehmer kann die Nacherfüllung unbeschadet des § 275 Abs. 2 und 3 verweigern, wenn sie nur mit unverhältnismäßigen Kosten möglich ist.
(4) Stellt der Unternehmer ein neues Werk her, so kann er vom Besteller Rückgewähr des mangelhaften Werkes nach Maßgabe der §§ 346 bis 348 verlangen.
(1) Der Unternehmer hat dem Besteller das Werk frei von Sach- und Rechtsmängeln zu verschaffen.
(2) Das Werk ist frei von Sachmängeln, wenn es die vereinbarte Beschaffenheit hat. Soweit die Beschaffenheit nicht vereinbart ist, ist das Werk frei von Sachmängeln,
- 1.
wenn es sich für die nach dem Vertrag vorausgesetzte, sonst - 2.
für die gewöhnliche Verwendung eignet und eine Beschaffenheit aufweist, die bei Werken der gleichen Art üblich ist und die der Besteller nach der Art des Werkes erwarten kann.
(3) Das Werk ist frei von Rechtsmängeln, wenn Dritte in Bezug auf das Werk keine oder nur die im Vertrag übernommenen Rechte gegen den Besteller geltend machen können.
Außer in den Fällen des § 281 Absatz 2 und des § 323 Absatz 2 bedarf es der Fristsetzung auch dann nicht, wenn der Verkäufer beide Arten der Nacherfüllung gemäß § 439 Absatz 4 verweigert oder wenn die dem Käufer zustehende Art der Nacherfüllung fehlgeschlagen oder ihm unzumutbar ist. Eine Nachbesserung gilt nach dem erfolglosen zweiten Versuch als fehlgeschlagen, wenn sich nicht insbesondere aus der Art der Sache oder des Mangels oder den sonstigen Umständen etwas anderes ergibt.
(1) Braucht der Schuldner nach § 275 Abs. 1 bis 3 nicht zu leisten, entfällt der Anspruch auf die Gegenleistung; bei einer Teilleistung findet § 441 Abs. 3 entsprechende Anwendung. Satz 1 gilt nicht, wenn der Schuldner im Falle der nicht vertragsgemäßen Leistung die Nacherfüllung nach § 275 Abs. 1 bis 3 nicht zu erbringen braucht.
(2) Ist der Gläubiger für den Umstand, auf Grund dessen der Schuldner nach § 275 Abs. 1 bis 3 nicht zu leisten braucht, allein oder weit überwiegend verantwortlich oder tritt dieser vom Schuldner nicht zu vertretende Umstand zu einer Zeit ein, zu welcher der Gläubiger im Verzug der Annahme ist, so behält der Schuldner den Anspruch auf die Gegenleistung. Er muss sich jedoch dasjenige anrechnen lassen, was er infolge der Befreiung von der Leistung erspart oder durch anderweitige Verwendung seiner Arbeitskraft erwirbt oder zu erwerben böswillig unterlässt.
(3) Verlangt der Gläubiger nach § 285 Herausgabe des für den geschuldeten Gegenstand erlangten Ersatzes oder Abtretung des Ersatzanspruchs, so bleibt er zur Gegenleistung verpflichtet. Diese mindert sich jedoch nach Maßgabe des § 441 Abs. 3 insoweit, als der Wert des Ersatzes oder des Ersatzanspruchs hinter dem Wert der geschuldeten Leistung zurückbleibt.
(4) Soweit die nach dieser Vorschrift nicht geschuldete Gegenleistung bewirkt ist, kann das Geleistete nach den §§ 346 bis 348 zurückgefordert werden.
(5) Braucht der Schuldner nach § 275 Abs. 1 bis 3 nicht zu leisten, kann der Gläubiger zurücktreten; auf den Rücktritt findet § 323 mit der Maßgabe entsprechende Anwendung, dass die Fristsetzung entbehrlich ist.