Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
X ZR 129/01 Verkündet am:
16. Dezember 2003
Mayer
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein

a) Ob der Werkunternehmer, der sich zur Erstellung eines Datenverarbeitungsprogramms
verpflichtet hat, dem Besteller auch den Quellcode des Programms überlassen
muß, ist mangels einer ausdrücklichen Vereinbarung nach den Umständen
des Einzelfalls zu beurteilen. Neben der Höhe des vereinbarten Werklohns kann
dabei insbesondere dem Umstand Bedeutung zukommen, ob das Programm zur
Vermarktung durch den Besteller erstellt wird und dieser zur Wartung und Fortentwicklung
des Programms des Zugriffs auf den Quellcode bedarf.

b) Haben die Vertragsparteien nicht im einzelnen vereinbart, was das zu erstellende
Programm zu leisten hat, schuldet der Unternehmer ein Datenverarbeitungsprogramm
, das unter Berücksichtigung des vertraglichen Zwecks des Programms dem
Stand der Technik bei einem mittleren Ausführungsstandard entspricht. Welche
Anforderungen sich hieraus im einzelnen ergeben, hat der Tatrichter gegebenenfalls
mit sachverständiger Hilfe festzustellen.
BGH, Urteil vom 16. Dezember 2003 - X ZR 129/01 - OLG Bamberg
LG Aschaffenburg
Der X. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Ver-
handlung vom 16. Dezember 2003 durch den Vorsitzenden Richter Dr. Melullis,
den Richter Keukenschrijver, die Richterin Mühlens und die Richter Dr. MeierBeck
und Asendorf

für Recht erkannt:
Auf die Revisionen der Klägerin und des Beklagten wird das am 30. März 2001 verkündete Urteil des 5. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Bamberg teilweise, nämlich im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als zum Nachteil der Klägerin entschieden worden ist und soweit das Berufungsgericht die Widerklage des Beklagten in Höhe eines Betrages von 150.457,20 DM (= 76.927,54 Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu anderweiter Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens , an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


Die Klägerin ist das B. Institut der ... und betreut diese gegen Entgelt unter anderem auf dem Gebiet der Informationsverarbeitung. Der Beklagte war bei der Klägerin und der S. bank (S. -Bank) tätig, bevor er sich selbständig machte. Zwischen den Parteien bestanden seit 1984 geschäftliche Kontakte; die Klägerin übertrug dem Beklagten mehrere Aufträge zur Entwicklung von Software.
Mit Vertrag vom 7. Juni 1988 verpflichtete sich der Beklagte gegen Zahlung einer Vergütung von 327.500,-- DM, die Software "W. (W. )" zu erstellen. Hierbei handelte es sich um ein Programm für die Abwicklung von Wertpapieraufträgen für ausländische Börsen. Es war vorgesehen, daß dieses System im Einsatz mit dem auf dem Großrechner des Genossenschaftsrechenzentrums in F. installierten Programm WV. kommunizieren sollte.
Die für den 30. Juni 1989 vorgesehene Fertigstellung verzögerte sich, zum Teil aufgrund von Änderungs- und Erweiterungswünschen der Klägerin, zum Teil aus anderen Gründen, die zwischen den Parteien streitig sind. Die Endabnehmerin der Klägerin, die S. -Bank, setzte der Klägerin schließlich eine "letzte Frist" bis zum 24. September 1992 für die Fertigstellung und drohte den Rücktritt vom Vertrag und Schadensersatzforderungen an, falls die Frist
nicht eingehalten werde. Die Klägerin forderte daraufhin den Beklagten mit Schreiben vom 25. September 1992 unter Fristsetzung zur Beseitigung von Mängeln auf und drohte ihrerseits dem Beklagten ebenfalls Regreßansprüche an.
Der Beklagte übersandte der Klägerin zwei "Endabrechnungen", wonach ihm abzüglich von Abschlagszahlungen aus dem W. -Projekt noch eine Vergütung von 150.457,20 DM zustand. Die Klägerin lehnte die Zahlung ab und führte in einem Antwortschreiben aus, der Beklagte habe trotz mehrfacher Aufforderung nicht den vertraglich geregelten Leistungsumfang erbracht, seine Leistung sei auch nicht als mangelfrei abgenommen worden. Zugleich wies sie den Beklagten darauf hin, daß ihr Kunde durch Verschulden des Beklagten das W. -Programm nicht mehr verfolge. In der weiteren Korrespondenz stellte sich der Beklagte auf den Standpunkt, seit dem 15. Oktober 1992 habe die Klägerin keine Beanstandungen mehr erhoben, sondern das System ihrem Endabnehmer zur Verfügung gestellt. Er habe auch die aus Systementwurf, Systembeschreibung und Benutzerhandbuch bestehende Dokumentation vorgelegt , den Quellcode könne die Klägerin nicht fordern. Demgegenüber verlangte die Klägerin unter Fristsetzung auch die Überlassung der Quellprogramme und wies in diesem Schreiben darauf hin, daß sie nach Fristablauf die weitere Vertragsdurchführung ablehne.
Durch einen weiteren Vertrag verpflichtete sich der Beklagte, gegen Zahlung einer Vergütung von 155.760,-- DM eine neue Version "Version 2.00" des Programms "D. " zu erstellen. Die Vorgängerversion stellte die
Klägerin dem Beklagten zur Verfügung. Der Beklagte berechnete mit Endabrechnung vom 14. Januar 1993 abzüglich erhaltener Abschlagszahlungen seinen Vergütungsanspruch auf 45.949,20 DM. Auch in diesem Fall verweigerte der Beklagte die Herausgabe des Quellcodes. Die Klägerin forderte den Beklagten in der Folgezeit zur Behebung von Programmfehlern auf. Die Parteien streiten darüber, ob der Beklagte dem nachgekommen ist.
Schließlich zahlte die Klägerin dem Beklagten auf dessen Bitte Anfang 1992 einen Betrag von 80.000,-- DM zuzüglich Mehrwertsteuer, wobei zwischen den Parteien streitig ist, was dieser Zahlung zugrunde lag.
Die Klägerin verlangt mit ihrer Klage im Hinblick auf das Projekt W. die Feststellung, daß der Beklagte ihr zum Schadensersatz wegen Nichterfüllung verpflichtet ist, im Hinblick auf das Projekt D. die Zahlung von 133.174,80 DM nebst Zinsen, nämlich die Summe der geleisteten Abschlagszahlungen , und die Feststellung, daß der Beklagte verpflichtet ist, ihr darüber hinausgehenden Schaden zu ersetzen, und schließlich im Hinblick auf die Zahlung von 80.000,-- DM nebst Mehrwertsteuer die Rückzahlung dieses Betrages nebst Zinsen.
Widerklagend verlangt der Beklagte die Zahlung der restlichen Vergütung für die Projekte W. und D. , insgesamt 196.406,40 DM nebst Zinsen.
Das Landgericht hat der Klage stattgegeben und die Widerklage abgewiesen.
Das Berufungsgericht hat den Beklagten verurteilt, 45.250,80 DM nebst Zinsen zu zahlen. Im übrigen hat es Klage und Widerklage abgewiesen.
Gegen dieses Urteil richten sich die Revisionen beider Parteien, mit denen sie Klage und Widerklage weiterverfolgen.
Der Senat hat die Revision der Klägerin insgesamt, die Revision des Beklagten in Höhe von 150.457,20 DM angenommen. Im Umfang der Annahme der Revisionen beantragen beide Parteien die Aufhebung des Berufungsurteils.

Entscheidungsgründe:


Soweit der Senat die Revisionen angenommen hat, sind diese begründet. Sie führen in diesem Umfang zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.
I. Revision der Klägerin
1. Projekt W.
Das Berufungsgericht hat angenommen, ein Schadensersatzanspruch aus § 326 BGB bestehe nicht, weil der Beklagte sich allenfalls mit der Auslieferung des Quellcodes in Verzug befunden habe. Das Berufungsgericht hat ausdrücklich offengelassen, ob es eine vertragliche Hauptleistungspflicht des Beklagten gewesen sei, den Quellcode herauszugeben. Auch wenn der Beklagte hierzu verpflichtet gewesen sei, sei seine Weigerung nicht schuldhaft gewesen, denn es habe eine unklare Vertragslage bestanden. Der schriftliche Vertrag enthalte eine solche Verpflichtung des Beklagten nicht und darüber hinaus die Klausel, daß Änderungen und Ergänzungen des Vertrages der Schriftform bedürften. Ob gleichwohl die Herausgabe des Quellcodes geschuldet sei, hänge von der Bewertung aller Umstände des Einzelfalls ab, die "naturgemäß unterschiedlich ausfallen" könne. Der Beklagte habe die Herausgabe erst nach anwaltlicher Beratung verweigert. Da die auf dem Gebiet der SoftwareHerstellung sachkundige und erfahrene Klägerin die Unklarheiten mitverur-
sacht habe, sei ein Verschulden des Beklagten zu verneinen. Jedenfalls ver- stoße es gegen Treu und Glauben, wenn die Klägerin die Rechte aus § 326 BGB a.F. allein wegen der Weigerung des Beklagten, den Quellcode herauszugeben , geltend mache. Im Hinblick auf die Entwertung der jahrelangen Arbeit des Beklagten und drohender Schadensersatzansprüche seitens der S. -Bank sei es der Klägerin zuzumuten gewesen, ihrer Endabnehmerin die lauffähige W. - Version zur Verfügung zu stellen und die Frage der Herausgabeverpflichtung des Beklagten hinsichtlich des Quellcodes in einem Rechtsstreit zu klären. Für möglicherweise notwendige Programmänderungen hätte der Klägerin bis zur Entscheidung des Hauptsacherechtsstreits über die Herausgabeverpflichtung bezüglich der Quellcodes der vorläufige Rechtsschutz zur Verfügung gestanden.
Dies hält revisionsrechtlicher Prüfung nicht stand. Nachdem das Berufungsgericht dies ausdrücklich offen gelassen hat, ist in der Revisionsinstanz davon auszugehen, daß die Herausgabe des Quellcodes vereinbart war. Da das Berufungsgericht gegenteilige Feststellungen nicht getroffen hat, ist ferner in der Revisionsinstanz zugunsten der Klägerin ihr als übergangen gerügter Vortrag zu unterstellen, im Jahre 1988 sei eine ausdrückliche Vereinbarung getroffen worden, daß ihr die Quellcodes an dem Programm W. zustehen sollten. Dabei ist nicht entscheidend, daß nach dem schriftlichen Vertrag Änderungen und Ergänzungen der Schriftform bedurften. Denn die Parteien können hiervon einvernehmlich abweichen und den Formzwang - auch ohne Einhaltung der Schriftform - aufheben (BGHZ 66, 378, 380). Beruhte die Verpflichtung
des Beklagten aber auf einer ausdrücklich getroffenen Vereinbarung, so bestand keine unklare Vertragslage, auf die das Berufungsgericht seine Annahme fehlenden Verschuldens des Beklagten maßgeblich gestützt hat.
Bei der Beurteilung der Frage, ob die Herausgabe des Quellcodes geschuldet war, wenn die Parteien hierüber keine ausdrückliche Abrede getroffen haben sollten, wird das Berufungsgericht, wie es dies bei der Prüfung einer solchen Verpflichtung bezüglich der D. -A Software zugrunde gelegt hat, alle Umstände zu berücksichtigen und die Interessenlage beider Parteien in Betracht zu ziehen haben. Dabei wird einerseits den Erwägungen besondere Bedeutung zukommen, daß die Klägerin beabsichtigte, die Software im genossenschaftlichen Bankenbereich weiter zu vermarkten, sowie ihrer Darstellung, daß für Fehlerbeseitigungs-, Wartungs- und Änderungsarbeiten an der Software die Überlassung des Quellcodes erforderlich war. Diese Erwägungen dürften mangels anderer Anhaltspunkte grundsätzlich dafür sprechen, daß die Herausgabe des Quellcodes an die Klägerin vereinbart war. Wesentliche Bedeutung wird andererseits der vereinbarten Vergütung zukommen. Dabei wird das Berufungsgericht jedoch nicht, wie es dies bezüglich des D. -AProgramms ausgeführt hat, zugrunde legen können, wie viele „Mannmonate“ der gerichtliche Sachverständige letztlich für den Entwicklungsaufwand für erforderlich gehalten hat, sondern auf die Kostenkalkulation des Beklagten. Diese dürfte für Rückschlüsse dazu maßgeblich sein, ob die Preisgestaltung dafür oder dagegen spricht, daß die Überlassung des Quellcodes vereinbart war.
Das Berufungsgericht hat weiter angenommen, soweit die Klägerin neben der Verpflichtung des Beklagten zur Herausgabe des Quellcodes auch Mängel geltend mache, habe die Klägerin zwar in der Klageschrift sieben Fehler bzw. Fehlergruppen benannt. Der Beklagte sei dem jedoch entgegengetreten und habe hinsichtlich der Fehlergruppe 1 und 4 bereits einen ihn insoweit treffenden Leistungsumfang bestritten. Zur Fehlergruppe 5 habe der Beklagte vorgetragen, daß die W. -Module ... von der Abnehmerin der Klägerin, der S. -Bank, gestrichen worden seien und deshalb auch für ihn keine Leistungsverpflichtung bestanden habe. Unter diesen Umständen sei die Klägerin ihrer Darlegungslast hinsichtlich des Leistungsumfangs im Rahmen der Lieferung des Programmpakets W. nicht nachgekommen. Deshalb sei davon auszugehen, daß der Beklagte seinen Leistungsverpflichtungen bei Erstellung der Software W. nachgekommen sei, ohne daß wesentliche Mängel vorgelegen hätten.
Auch dies hält revisionsrechtlicher Prüfung nicht stand. Selbst wenn man mit dem Berufungsgericht davon ausginge, daß weitergehende Vereinbarungen zum Leistungsumfang nicht getroffen worden sind, so schuldete der Beklagte die Erstellung eines Datenverarbeitungsprogramms, das dem Stand der Technik bei einem mittleren Ausführungsstandard entspricht (Sen.Urt. v. 24.09.1991 - X ZR 85/90, CR 1992, 543). Die Klägerin hat aber gerügt, daß die Software diesen Anforderungen nicht entsprochen habe. Sie hat im einzelnen unter Beweisantritt vorgetragen, daß das Programm nicht funktionsgerecht eingesetzt werden konnte. Das Berufungsgericht hat nicht festgestellt, daß dies nicht zutrifft. Ob einzelnen Abnehmern ein Arbeiten mit dem W. -Programm
möglich gewesen wäre, ist nicht entscheidend. Daß sich der Vertrag auf die Lieferung eines Programms beschränkte, mit dem die Klägerin Leistungspflichten gegenüber einem Dritten hätte genügen können, hat das Berufungsgericht ebensowenig festgestellt wie den Umfang solcher Leistungspflichten. Es geht vielmehr wie die Parteien davon aus, daß die Klägerin ein Programm mit den im einzelnen bestimmten Merkmalen bestellt hat und dies ihrerseits gegenüber einer Mehrzahl von Abnehmern vermarkten wollte. Das bestimmte die - gegebenenfalls mit sachverständiger Hilfe festzustellenden - Anforderungen an die geschuldete Leistung, nicht die Arbeitsmöglichkeiten einzelner Abnehmer ; maßgebend ist vielmehr, was die Klägerin nach den getroffenen Absprachen erwarten durfte. Konnte das Programm in diesem Sinne nicht funktionsgerecht eingesetzt werden, so entsprach die Leistung des Beklagten nicht dem Stand der Technik bei einem mittleren Ausführungsstand.
Das Berufungsgericht hat weiter auch nicht festgestellt, daß eine Abnahme stattgefunden hat. Bis zur Abnahme trägt aber der Werkunternehmer die Beweislast für die Mangelfreiheit seines Werks. Eine Abnahme ergebende Feststellungen lassen sich auch nicht aus den Ausführungen des Berufungsgerichts (BU 24) zu der W. -Projektbesprechung am 26. Mai 1992 entnehmen. Aus der dort in Bezug genommenen Aktennotiz ergibt sich, daß es zu einer erneuten Verschiebung des Einsatzes der W. -Software gekommen war. Es werden dort Bedenken geäußert, ob es unter diesen Umständen noch sinnvoll sei, das Projekt weiterzuverfolgen. Falls die Zusagen in den nächsten Wochen nicht eingehalten würden, sei es seitens der S. -Bank erforderlich, den Vor-
stand zu informieren und das Projekt mit Regreßansprüchen gegen die Klägerin einzustellen. Dies läßt ohne weitere Feststellungen nicht die Annahme zu, daß es bei diesem Gespräch zu einer Abnahme des Werks gekommen sei.
Ist es aber nicht zu einer Abnahme gekommen, so traf die Beweis- und Darlegungslast für die Mangelfreiheit des Werks den Beklagten.
Damit ist auch der weiteren Annahme des Berufungsgerichts, die Geltendmachung der Ansprüche der Klägerin aus § 326 BGB a.F. verstoße gegen Treu und Glauben, die Grundlage entzogen. Nach den bisherigen Feststellungen des Berufungsgerichts ist nicht auszuschließen, daß sich der Beklagte auch mit der Beseitigung von Mängeln in Verzug befunden hat. Die Klägerin hat den Beklagten mit Schreiben vom 25. September 1992 zur Fehlerbeseitigung aufgefordert und dies mit ihrem Schreiben vom 29. September 1992 unter Ankündigung von Regreßansprüchen wiederholt. Die Klägerin hat nochmals mit Schreiben vom 19. Januar 1993 darauf hingewiesen, daß der vertraglich geregelte Leistungsumfang nicht erbracht und die Leistung nicht als mangelfrei abgenommen worden sei, und hat den Beklagten unter Fristsetzung bis zum 12. Februar 1993 aufgefordert, die Software mangelfrei herzustellen und die Dokumentation zu übergeben. Mit Schreiben vom 18. Februar 1993 hat die Klägerin dem Beklagten schließlich mitgeteilt, daß die Vertragsdurchführung wegen der ernsthaften und endgültigen Erfüllungsverweigerung gescheitert sei, und vorsorglich nochmals eine letzte Frist mit Ablehnungsandrohung bis zum 24. Februar 1993 gesetzt.
2. D. Version 2.00
Das Berufungsgericht ist davon ausgegangen, die Klägerin könne sich nicht auf Mängel oder Unvollständigkeiten berufen, weil sie das Werk des Beklagten abgenommen habe. Sie habe die angelieferte Software rügelos entgegengenommen und nicht in angemessener Frist Unvollständigkeiten oder Mängel angezeigt. Seine Überzeugung von der rügelosen Abnahme hat das Berufungsgericht auf das Ergebnisprotokoll über die Testphase vom 7. bis 8. Dezember 1992 und vom 7. bis 8. Januar 1993 des Projektteams D. -AManagementanwendungen vom 12. Januar 1993 gestützt.
Die Revision der Klägerin beanstandet zu Recht, daß das Berufungsgericht das Ergebnisprotokoll nicht vollständig gewürdigt hat. Das Berufungsgericht nimmt an, das Ergebnisprotokoll zeige, daß schon vor der Besprechung vom 12. Januar 1993 eine Abnahme stattgefunden habe. Das findet im Wortlaut des Schreibens, auf den sich das Berufungsgericht stützt, keine tragfähige Grundlage. Nach der Niederschrift über die Besprechung war es Zweck des Treffens, das Programm zu testen und eine Abnahme herbeizuführen. In dem Ergebnisprotokoll heißt es nach der vom Berufungsgericht zitierten Textpassage : "Bestände mit Sonderausstattungen konnten nur mit Einschränkungen getestet werden. Diese Bestände mußten durch Bestandsänderungen erzeugt werden, da das Programm für die Belieferung der Bestände mit Sonderausstattung vom Hostrechner noch nicht zur Verfügung stand. Abweichungen bei den Renditeberechnungsverfahren B. und AI. konnten noch nicht abschließend geklärt werden, da auch die Ergebnisse der Kontrollrechner unter-
einander nicht übereinstimmten. ... In der Liste Zinsen/Fälligkeiten ist ein Abbruch der Funktion (Drucken) nicht möglich. Dies wird zeitnah von Herrn E. behoben." Im Anschluß daran folgt die Aussage, daß das Projektteam darin übereinstimme, daß ein Einsatz zu Testzwecken nicht ausgeschlossen sei. Die Freigabe für weitere Tests kann einer Billigung des Werks in der Hauptsache aber nicht ohne weiteres gleichgesetzt werden.
Zwar steht einer Abnahme des Werks nicht entgegen, daß noch kleinere und für seine Gebrauchsfähigkeit unbedeutende Restarbeiten ausstehen. Die noch ausstehenden Leistungen müssen aber von solch untergeordneter Bedeutung sein, daß das Werk bei natürlicher Betrachtung als Erfüllung der vertraglich geschuldeten Leistung angesehen werden kann. Nur unter dieser Voraussetzung kann angenommen werden, daß der Besteller das Werk als im wesentlichen vertragsgerecht billigt, was Kernstück der Abnahme auch im Fall einer stillschweigenden Werkabnahme ist (Sen.Urt. v. 03.11.1992 - X ZR 83/90, NJW 1993, 1063, 1064). Daß der Einsatz bei einigen Pilotbanken trotz Einschränkungen bei der Funktion des Programms von dem Projektteam für möglich gehalten worden ist, ist damit einer Abnahme nicht ohne weiteres gleichzusetzen.
Im übrigen lag zum Zeitpunkt der Besprechung vom 12. Januar 1993, wie sich aus dem Ergebnisprotokoll ergibt, das Handbuch noch nicht vor. Hiervon geht auch das Berufungsgericht aus. Die Aushändigung der Dokumentationsunterlagen , insbesondere des den bestimmungsgemäßen Gebrauch der EDV-Anlage erst ermöglichenden Benutzerhandbuchs, ist aber eine wesentli-
che, wenn nicht unerläßliche Vertragsleistung (Sen.Urt. v. 03.11.1992, aaO, Sen.Urt. v. 20.02.2001 - X ZR 9/99, BGHRep. 2001, 357). Das Berufungsgericht hat dazu angenommen, aus einem Schreiben vom 27. Januar 1993 ergebe sich, daß allen Mitgliedern des Projektteams das überarbeitete Handbuch zugeleitet worden sei. Dafür spreche auch ein Schreiben des Anwalts des Beklagten vom 19. Februar 1993, in dem dieser beanstande, daß die Klägerin sich im Handbuch der Urheberrechte an der Software berühme. Aus diesen Feststellungen des Berufungsgerichts mag zwar herzuleiten sein, daß es ein Handbuch gegeben hat, es fehlt jedoch an Feststellungen dazu, ob und wann der Beklagte es der Klägerin zur Verfügung gestellt hat und ob es den zu stellenden Anforderungen genügt.
Das Berufungsgericht hat bezüglich des Projekts D. Version 2.00 eine Verpflichtung des Beklagten zur Übergabe des Quellcodes verneint. Zwar sei dieser erforderlich, um Programmfehlerbeseitigungs-, Wartungs - oder Änderungsarbeiten vornehmen zu können. Die Klägerin sei auch daran interessiert gewesen, gegenüber ihren Endabnehmern solche Arbeiten sicherzustellen. Sie hätte zu diesem Zweck jedoch auch einen Wartungsvertrag mit dem Beklagten schließen können, was sie auch in anderen Fällen, bezogen auf andere Software, gemacht habe. Daraus, daß der Beklagte sich noch in seinem Schreiben vom 25. November 1992 bereit erklärt habe, den Quellcode für das Programm D. herauszugeben, lasse sich eine rechtliche Herausgabeverpflichtung nicht herleiten. Der Beklagte habe dazu in der mündlichen Verhandlung erklärt, er sei nur zu einer Hinterlegung des Quellcodes unter ge-
wissen noch auszuhandelnden Bedingungen bereit gewesen. Auch der Aussage des Zeugen Br. lasse sich nicht entnehmen, daß eine Verpflichtung des Beklagten zur Übergabe des Quellcodes des Programms D. bestanden habe. Die Angaben des Zeugen Br. bezögen sich nur auf das Programm W. . Eine Verpflichtung des Beklagten, den Quellcode herauszugeben , ergebe sich schließlich auch nicht daraus, daß die Klägerin Inhaberin der Rechte des ursprünglichen Programms D. gewesen sei, denn der gerichtliche Sachverständige habe überzeugend ausgeführt, daß es sich bei der Leistung des Beklagten um eine neue schöpferische Entwicklung gehandelt habe, die vom Ausgangsprodukt völlig losgelöst sei. Schließlich sei auch zu berücksichtigen, daß die Vergütung des Beklagten gering gewesen sei. Nach dem Gutachten des gerichtlichen Sachverständigen sei der Entwicklungsaufwand sehr viel höher gewesen. Bei dem gegebenen Preis-Leistungs-Verhältnis könne nicht davon ausgegangen werden, daß der Beklagte bei einer Vergütung von weniger als 20 % des Werts seiner Leistungen auch die Lieferung des Quellcodes geschuldet habe.
Die Revision der Klägerin beanstandet zu Recht, daß das Berufungsgericht die Aussage des Zeugen Br. nur unvollständig gewürdigt hat. Der Zeuge hat bekundet, er meine, daß in den Verträgen immer geregelt gewesen sei, daß die Klägerin als Auftraggeberin auch die Rechte an den von dem Beklagten entwickelten Quellcodes haben sollte und zwar schon auf den für Großrechner entwickelten Programmen. Nach seiner Erinnerung gebe es auch ein Gesprächsprotokoll, daß die Klägerin an den von dem Beklagten entwickelten Programmen, speziell dem Programm D. , "die Rechte" gehabt habe.
Er, der Zeuge, meine, daß die Tatsache, daß der Beklagte zunächst bei der Klägerin gearbeitet habe und aus verschiedenen Gründen, auch aus Raumgründen , später bei sich daheim im Büro gearbeitet habe, nichts an den rechtlichen Zuständen bzw. Rechten an den entwickelten Programmen geändert habe. Noch im Jahre 1988 sei eine klärende Vereinbarung getroffen worden. Inhalt der Vereinbarung sei es gewesen, daß die Quellcodes dem Auftraggeber gehören sollten. Dies sei in der Folgezeit auch so gehandhabt worden. Die letzte Version des Programms D. , die die Klägerin erhalten habe, sei die Version 1.00. Auf dieser Version habe der Beklagte die neue Version 2.00 aufgebaut.
Diese Aussage des Zeugen ist nach dem protokollierten Inhalt keineswegs , wie das Berufungsgericht angenommen hat, auf das Projekt W. beschränkt. Vielmehr hat der Zeuge danach die allgemeine Vertragspraxis dargestellt und ausdrücklich Angaben zu dem Projekt D. Version 2.00 gemacht. Geht man zudem, mangels abweichender Feststellungen des Berufungsgerichts , mit dem Landgericht davon aus, daß dem Beklagten beim jeweiligen Vertragsschluß bekannt war, daß die Klägerin die Programme im genossenschaftlichen Bankenbereich einsetzen wollte und daß ihm als langjährigen Mitarbeiter und Geschäftspartner der Klägerin weiter bekannt war, daß sich die Klägerin bei Entwicklung von Datenverarbeitungsprogrammen zur Weitergabe an Banken des genossenschaftlichen Bereichs regelmäßig auch den Quellcode herausgeben ließ, so stützt dies die Darstellung des Zeugen Br. . Hinzukommt das Angebot des Beklagten, den Quellcode herauszugeben, das das Berufungsgericht allerdings deshalb für unerheblich gehalten hat, weil der Be-
klagte hierzu nur unter noch auszuhandelnden Bedingungen bereit gewesen sei. Diese Einschränkung kann im Revisionsverfahren indessen der Entscheidung nicht zugrunde gelegt werden. Das Berufungsgericht hat den entsprechenden Vortrag des Beklagten als streitig angesehen. Feststellungen dazu, ob er zutrifft, enthält das Berufungsurteil ebenso wenig wie die Gründe, aus denen sich eine solche Wertung herleiten ließe. In dem Schreiben selbst wird die Auslieferung von Original-Software (einschließlich Quellcode) an eine Übergabebestätigung gebunden im Hinblick darauf, daß jegliche Gewährleistung sich nur auf den unveränderten Softwarebestand erstrecken solle. Weiter wird dort ausgeführt, der Beklagte sei jederzeit bereit, die Software unter den vorgenannten Voraussetzungen ordnungsgemäß zu übergeben. Das Schreiben spricht daher, mangels abweichender Feststellungen des Berufungsgerichts, eher dafür, daß die Darstellung des Zeugen Br. zutrifft. Hiermit hat sich das Berufungsgericht , weil es die Aussage des Zeugen Br. nicht vollständig gewürdigt hat, jedoch nicht auseinandergesetzt. Dies wird es nunmehr nachzuholen haben. Es wird dabei erneut, wie oben bezüglich des Programms W. ausgeführt, alle Umstände und die Interessenlage beider Parteien zu berücksichtigen haben. Bei der Beurteilung des Preis-Leistungs-Verhältnisses wird es jedoch auch insoweit nicht ohne weiteres die vom gerichtlichen Sachverständigen als Entwicklungsaufwand für erforderlich gehaltenen „Mannmonate“ zugrunde legen können, sondern zu beurteilen haben, wie die Vertragsparteien das PreisLeistungs -Verhältnis eingeschätzt haben.
II. Revision des Beklagten

Der Senat hat die Revision des Beklagten nur insoweit angenommen, als der Beklagte restlichen Werklohn für das Projekt W. beansprucht. Das Berufungsgericht hat dazu angenommen, zwar sei es unstreitig, daß es im Rahmen des Projekts W. zu einer Vielzahl von Inhaltsänderungen des ursprünglich erteilten Auftrags gekommen sei. Im Rahmen der Geltendmachung restlicher Werklohnvergütung sei es aber Aufgabe des Beklagten gewesen, den vertraglich geschuldeten Leistungsumfang zu beweisen. Dies sei durch das von ihm angebotene Sachverständigengutachten nicht möglich.
Die Revision des Beklagten beanstandet zu Recht, daß das Berufungsgericht einen Hinweis hätte erteilen müssen, wenn es weiteren Vortrag des Beklagten für erforderlich gehalten habe. Das Berufungsgericht gehe selbst davon aus, daß die Vergabe von Zusatzaufträgen unstreitig sei.
Das Berufungsgericht hat in seinem Hinweisbeschluß die Klägerin darauf hingewiesen, daß weiterer Vortrag erforderlich sei, insbesondere zum Umfang der Vertragspflichten des Beklagten. Es hat ausgeführt, dem bisherigen Sachvortrag der Klägerin und den insoweit vorgelegten Unterlagen könne der genaue, nach Abänderungen und Ergänzungen dem Beklagten letztlich erteilte Auftrag nicht entnommen werden. Daß auch hinsichtlich des Vergütungsanspruchs des Beklagten dessen Vortrag nicht für ausreichend gehalten wurde, ergab sich aus diesem Beschluß nicht. Allerdings wird die Berechtigung der Forderung des Beklagten auch davon abhängen, ob das Berufungsgericht nach
erneuter Prüfung zu dem Ergebnis gelangt, daß die Klägerin berechtigt war, nach § 326 BGB a.F. vorzugehen. War sie dies, so wird der Beklagte auch für Zusatzleistungen keine weitere Vergütung beanspruchen können.
Melullis Keukenschrijver Mühlens Meier-Beck Asendorf

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Bundesgerichtshof Urteil, 16. Dez. 2003 - X ZR 129/01 zitiert 4 §§.

Gesetz über den Lastenausgleich


Lastenausgleichsgesetz - LAG

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 631 Vertragstypische Pflichten beim Werkvertrag


(1) Durch den Werkvertrag wird der Unternehmer zur Herstellung des versprochenen Werkes, der Besteller zur Entrichtung der vereinbarten Vergütung verpflichtet. (2) Gegenstand des Werkvertrags kann sowohl die Herstellung oder Veränderung einer Sac

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 326 Befreiung von der Gegenleistung und Rücktritt beim Ausschluss der Leistungspflicht


#BJNR001950896BJNE031902377 (1) Braucht der Schuldner nach § 275 Abs. 1 bis 3 nicht zu leisten, entfällt der Anspruch auf die Gegenleistung; bei einer Teilleistung findet § 441 Abs. 3 entsprechende Anwendung. Satz 1 gilt nicht, wenn der Schuldner im

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Bundesgerichtshof Urteil, 16. Dez. 2003 - X ZR 129/01 zitiert oder wird zitiert von 2 Urteil(en).

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Bundesgerichtshof Urteil, 20. Feb. 2001 - X ZR 9/99

bei uns veröffentlicht am 20.02.2001

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL X ZR 9/99 Verkündet am: 20. Februar 2001 Fritz Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein BGB §§ 63
1 Urteil(e) in unserer Datenbank zitieren Bundesgerichtshof Urteil, 16. Dez. 2003 - X ZR 129/01.

Bundesgerichtshof Urteil, 04. März 2010 - III ZR 79/09

bei uns veröffentlicht am 04.03.2010

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL III ZR 79/09 Verkündet am: 4. März 2010 F r e i t a g Justizamtsinspektor als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: ja BGHR: ja BGB §§ 307 Bg, Cc,

Referenzen

(1) Durch den Werkvertrag wird der Unternehmer zur Herstellung des versprochenen Werkes, der Besteller zur Entrichtung der vereinbarten Vergütung verpflichtet.

(2) Gegenstand des Werkvertrags kann sowohl die Herstellung oder Veränderung einer Sache als auch ein anderer durch Arbeit oder Dienstleistung herbeizuführender Erfolg sein.

*

(1) Braucht der Schuldner nach § 275 Abs. 1 bis 3 nicht zu leisten, entfällt der Anspruch auf die Gegenleistung; bei einer Teilleistung findet § 441 Abs. 3 entsprechende Anwendung. Satz 1 gilt nicht, wenn der Schuldner im Falle der nicht vertragsgemäßen Leistung die Nacherfüllung nach § 275 Abs. 1 bis 3 nicht zu erbringen braucht.

(2) Ist der Gläubiger für den Umstand, auf Grund dessen der Schuldner nach § 275 Abs. 1 bis 3 nicht zu leisten braucht, allein oder weit überwiegend verantwortlich oder tritt dieser vom Schuldner nicht zu vertretende Umstand zu einer Zeit ein, zu welcher der Gläubiger im Verzug der Annahme ist, so behält der Schuldner den Anspruch auf die Gegenleistung. Er muss sich jedoch dasjenige anrechnen lassen, was er infolge der Befreiung von der Leistung erspart oder durch anderweitige Verwendung seiner Arbeitskraft erwirbt oder zu erwerben böswillig unterlässt.

(3) Verlangt der Gläubiger nach § 285 Herausgabe des für den geschuldeten Gegenstand erlangten Ersatzes oder Abtretung des Ersatzanspruchs, so bleibt er zur Gegenleistung verpflichtet. Diese mindert sich jedoch nach Maßgabe des § 441 Abs. 3 insoweit, als der Wert des Ersatzes oder des Ersatzanspruchs hinter dem Wert der geschuldeten Leistung zurückbleibt.

(4) Soweit die nach dieser Vorschrift nicht geschuldete Gegenleistung bewirkt ist, kann das Geleistete nach den §§ 346 bis 348 zurückgefordert werden.

(5) Braucht der Schuldner nach § 275 Abs. 1 bis 3 nicht zu leisten, kann der Gläubiger zurücktreten; auf den Rücktritt findet § 323 mit der Maßgabe entsprechende Anwendung, dass die Fristsetzung entbehrlich ist.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
X ZR 9/99 Verkündet am:
20. Februar 2001
Fritz
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein

a) Der Anspruch des Bestellers einer individuell auf seine Bedürfnisse zugeschnittenen
Software auf Lieferung einer zum Betrieb der Software erforderlichen
Dokumentation wird grundsätzlich erst mit dem Abschluß der Arbeiten
an dem Programm fällig.

b) Läßt sich eine abweichende Vereinbarung nicht feststellen, kann von einem
Softwarehersteller nicht ohne weiteres erwartet werden, daß er ohne Rück-
sicht auf mögliche künftige Erweiterungen und Ä nderungen des Programms
in jedem Stadium seiner Arbeiten eine diesen entsprechende Dokumentation
gestaltet.
BGH, Urt. v. 20. Februar 2001 - X ZR 9/99 - OLG Düsseldorf
LG Duisburg
Der X. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche Verhandlung
vom 20. Februar 2001 durch die Richter Dr. Melullis, Scharen,
Keukenschrijver, die Richterin Mühlens und den Richter Dr. Meier-Beck

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des 21. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Düsseldorf vom 8. Dezember 1998 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als darin zum Nachteil der Beklagten entschieden worden ist.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


Die Klägerin befaßt sich mit der Vermittlung von Warentermingeschäften. Die Beklagte ist ein Softwareunternehmen, das neben Software auch aus Soft- und Hardware bestehende Systeme vertreibt.
Anfang 1993 erwarb die Klägerin bei der Beklagten ein in deren Auftragsbestätigung vom 26. Februar 1993 näher bezeichnetes, aus Hard- und Software bestehendes EDV-System, das auf von der Beklagten entwickelten Programmen für einen Anbieter von Termingeschäften aufbaut. Die in diesem Zusammenhang erworbene Hardware war von der Beklagten als zum Betrieb ihrer Programme notwendig bezeichnet worden. Der Auftrag wurde später durch eine Reihe von Zusatzarbeiten erweitert, wobei insbesondere auch die Anforderungen an die Software verändert und diese dabei durch eine teilweise neu entwickelte Version ersetzt wurden.
Nachdem die Beklagte einen Teil der Hardware und dieser Software ausgeliefert und installiert hatte, beanstandete die Klägerin die Dokumentation für das von der Beklagten neu entwickelte System als unzureichend, weil sie eine Arbeit mit der Software nicht ermögliche, und forderte sie unter Hinweis hierauf seit Ende August 1993 mehrfach zur Überlassung einer ausreichenden Dokumentation auf. Im September 1993 von der Beklagten übersandte Handbücher wies sie als unzureichend zurück. Nachdem sie auf eine weitere Aufforderung mit Fristsetzung aus ihrer Sicht keine genügende Dokumentation erhalten hatte, trat sie vom Vertrag insgesamt zurück und verlangte Erstattung der von ihr für Hard- und Software geleisteten Vorauszahlungen in Höhe von
insgesamt 159.542,40 DM nebst Zinsen Zug-um-Zug gegen Rücknahme näher bezeichneter Hard- und Software.
Die Beklagte hat im Wege der Widerklage eine ihrer Ansicht nach noch ausstehende Restvergütung verlangt.
Das Landgericht hat der Klage im wesentlichen entsprochen und die Widerklage abgewiesen. Die dagegen gerichtete Berufung der Beklagten blieb im Ergebnis ohne Erfolg; das Berufungsgericht hat die angefochtene Entscheidung lediglich dahingehend abgeändert, daß die im Wege der Zug-um-ZugLeistung von der Klägerin herauszugebenden Gegenstände genauer bezeichnet wurden.
Gegen die Zurückweisung ihres Rechtsmittels hat die Beklagte Revision eingelegt. Auf dieses Rechtsmittel hat der Senat mit Urteil vom 10. März 1998 (veröffentlicht in NJW 1998, 2132 = CR 1998, 393) die angefochtene Entscheidung aufgehoben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückverwiesen. Dieses hat die Klage wiederum als dem Grunde nach berechtigt angesehen, der Klägerin jedoch ein Mitverschulden angelastet, das es mit 1/3 bemessen hat. Im Umfang dieses Mitverschuldens hat es die Klage abgewiesen; im übrigen hat es die Berufung der Beklagten wieder zurückgewiesen. Hiergegen richtet sich die erneute Revision der Beklagten, mit der sie ihren Antrag auf volle Abweisung der Klage weiterverfolgt. Die Klägerin tritt dem Rechtsmittel entgegen.

Entscheidungsgründe:


Die zulässige Revision hat in der Sache Erfolg. Sie führt im Umfang der Anfechtung durch die Beklagte zur Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.
1. Nach Auffassung des Berufungsgerichts ist die Beklagte nach § 326 BGB dem Grunde nach zur Erstattung der erhaltenen Vorausleistungen verpflichtet , weil sie trotz Mahnung und Fristsetzung die für die Software geschuldete Dokumentation nicht an die Klägerin geliefert habe. Der aus dem Vertrag der Beteiligten folgende Anspruch auf Überlassung einer solchen Dokumentation sei bei Fristsetzung durch die Klägerin am 13. September 1993 fällig gewesen. Die Klägerin habe die von ihr geschuldeten Vorleistungen erbracht. Sie habe insbesondere die Vorauszahlungen in dem vertraglich vorgesehenen Umfang geleistet. Auf weitere Mitwirkungshandlungen ihrerseits sei es, soweit deren Ausbleiben überhaupt festgestellt werden könne, nicht angekommen. Auch die Beklagte habe sich, wie ihr Schreiben vom 1. Oktober 1993 ergebe, am Abschluß der Arbeiten nicht gehindert gesehen. In diesem Schreiben habe sie ausgeführt, daß anläßlich der Erstinstallation der ursprünglich vereinbarten "P.-Version" am 3. und 4. August 1993 diese Version durch die "A.-Version" ersetzt worden sei, die sie der Klägerin vorgeführt habe, von der sie für gut befunden worden sei. Bei diesem Sachstand habe im September 1993 eine diese Version betreffende Dokumentation zur Verfügung gestellt werden können und müssen, was nicht geschehen sei. Nachdem die Beklagte selbst bereits von Erfüllung und Abnahme ausgegangen sei, hätten anschließend erheblich nur noch konkret verlangte Mitwirkungshandlungen der Klägerin sein können. Daran fehle es. Geltend gemacht habe die Beklagte nur die fehlende
Korrektur für die Formulare. Ob diese Rügen, wie die Klägerin geltend mache, hinreichend verständlich gewesen seien, könne dahinstehen, da die Handbücher auch ohne die Korrekturen hätten fertiggestellt werden können. Davon sei auch die Beklagte ausgegangen, die im September 1993 auch ohne die Vornahme dieser Korrekturen ein Anwenderhandbuch mit individuellen Anpassungen in Aussicht gestellt habe. Hinsichtlich der weiter durch die Beklagte als unterblieben beanstandeten Mitwirkungshandlungen fehle es schon daran, daß sie diese seinerzeit im Hinblick auf ihre vertragliche Grundlage hinreichend bezeichnet habe. Insoweit seien im übrigen Versäumnisse der Klägerin auch in der Sache nicht festzustellen.
2. Diese Würdigung greift die Revision im Ergebnis mit Erfolg an.

a) Im rechtlichen Ausgangspunkt ist das Berufungsgericht ohne Rechtsfehler davon ausgegangen, Gegenstand der Vereinbarung unter den Parteien nach dem zuletzt erreichten Vertragszustand sei eine einheitliche Absprache über die Herstellung eines individuell auf die Bedürfnisse der Klägerin zugeschnittenen Hard- und Software einschließenden EDV-Systems gewesen, die rechtlich als Werkvertrag einzuordnen ist. Im Rahmen eines solchen Vertrages ist der Unternehmer, der das System herzustellen und zu liefern hat, regelmäßig auch zur Überlassung einer Dokumentation an den Besteller verpflichtet , die diesen in die Lage versetzt, mit dem System zu arbeiten. Die Überlassung einer solchen Dokumentation gehört zu seinen Hauptpflichten (vgl. BGH, Urt. v. 30.1.1986 - I ZR 242/83, MDR 1986, 910; siehe auch BGH, Urt. v. 4.11.1992 - VIII ZR 165/91, MDR 1993, 121 = NJW 1993, 461; OLG Köln NJW-RR 1998, 343 u. OLG Saarbrücken NJW-RR 1997, 558 für die vergleichbare Problematik beim Kaufvertrag); die Verletzung dieser Verpflichtung
kann auf seiten des Bestellers die Rechte nach den §§ 325, 326 BGB auslösen. Daß die Parteien vom Regelfall abweichende Absprachen getroffen hätten , die diese Verpflichtung hätten entfallen lassen können, ist durch das Berufungsgericht nicht festgestellt worden und wird auch von der Revision nicht geltend gemacht.

b) Wie das Berufungsgericht nicht verkannt hat, ist der Anspruch auf Überlassung dieser Dokumentation erst nach Herstellung des Werkes, d.h. nach Abschluß der geschuldeten Arbeiten an dem System fällig.
Sofern die Parteien keine anderen Absprachen getroffen haben oder sich diese nicht aus den Umständen ergeben, kann von dem Unternehmer nach Treu und Glauben nicht verlangt werden, vor der abschließenden Fertigstellung der Software eine dem jeweils erreichten Ausbauzustand entsprechende Dokumentation zu liefern. Er kann und darf deren endgültige Herstellung vielmehr in der Regel bis zum Abschluß der geschuldeten Arbeiten an dem System zurückstellen, da erst dann endgültig feststeht, welche Funktionen in das System implementiert sind und wie sich diese in ihrer konkreten Erscheinung dem Benutzer, insbesondere bei dessen Kommunikation mit dem Rechner und ihrem Erscheinungsbild auf dem Monitor, darstellen. Da die Dokumentation dazu dient, dem Benutzer die Arbeit mit dem System zu ermöglichen , kommt es insoweit entscheidend auf diese Darstellung an; welche Schritte der Anwender für die Benutzung des Systems unternehmen muß, ist endgültig erst geklärt, wenn die Funktionen des Programms und ihre Darstellung sowie Art und Inhalt der Kommunikation des Benutzers mit dem System endgültig feststehen. Das schließt insbesondere auch die endgültige Fassung der jeweiligen Bildschirmmaske ein, in die der Benutzer seine Eingaben vor-
nehmen soll, um die jeweiligen Werte dem System mitzuteilen und deren Abarbeitung durch das System zu ermöglichen. Von einer Dokumentation kann und darf er erwarten, daß ihm auch diese Darstellung in den Bildschirmmasken erläutert wird; solche Erläuterungen sind erst möglich, wenn auch die konkrete Gestalt der Masken jeweils endgültig festgelegt ist.

c) Daß ein solcher Abschluß der Arbeiten erreicht worden ist, kann den tatsächlichen Feststellungen des Berufungsgerichts nicht entnommen werden.
aa) In diesem Zusammenhang ist unerheblich, ob - wie die Revisionserwiderung meint - die ursprünglich geschuldete "P.-Version" als fertiges Programm vorlag und für diese daher ein Handbuch hätte geliefert werden können. Ebenso kann offenbleiben, ob die insoweit aus dem ursprünglichen Vertrag resultierenden Verpflichtungen der Beklagten noch fortbestanden oder infolge der Ersetzung des ursprünglichen Vertragsgegenstandes durch die angepaßte "A.-Version" entfallen sind. Auch wenn man davon ausgeht, daß die Beklagte für die zuerst gelieferte Version ein Handbuch zu liefern hatte, lassen sich hierauf die geltend gemachten Erstattungsansprüche nicht stützen. Weder hat die Klägerin die Beklagte zur Lieferung eines solchen Handbuches aufgefordert noch kann die von ihr erklärte Fristsetzung mit Ablehnungsandrohung auf dieses bezogen werden. Ihre Erklärungen betreffen schon nach dem Wortlaut ausschließlich die später vereinbarte, an die Stelle des ursprünglichen Vertragsgegenstandes getretene Version, wie sich etwa daraus ergibt, daß sie eine Dokumentation "mit allen individuellen Anpassungen" verlangt und nur wegen dieser Version Fristsetzung mit Ablehnungsandrohung erklärt hat.
bb) Soweit das Berufungsgericht meint, auch die Arbeiten an dem zuletzt geschuldeten System seien abgeschlossen gewesen, zumindest aber müsse die Beklagte sich so behandeln lassen, als habe ein derartiger Abschluß stattgefunden , findet das in seinen tatsächlichen Feststellungen keine tragfähige Grundlage.
Die Installation der "A.-Version" im August 1993 hat nach den tatrichterlichen Feststellungen einen die Fälligkeit des Anspruchs auf die Dokumentation führenden Abschluß der Arbeiten nicht mit sich gebracht. Wie sich aus dem angefochtenen Urteil ergibt, sind beide Parteien auch nach der Installation davon ausgegangen, daß die aufgespielte Version noch weiterer Anpassungen an die Bedürfnisse der Klägerin bedurfte. Das Berufungsgericht hat nach dem Inhalt der Entscheidungsgründe angenommen, daß der Beklagten zu diesem Zeitpunkt die Formulare der Klägerin, von deren Gestalt nach ihrer Behauptung u.a. die Gestaltung der Bildschirmmasken abging, nicht in ihrer endgültigen Form vorlagen. Ferner fehlten nach der Behauptung der Beklagten, zu der das Berufungsgericht konkrete Feststellungen nicht getroffen hat, zu diesem Zeitpunkt und in der Folge der Kostenplan der Klägerin sowie deren Bilanz-, ihre Gewinn- und Verlustrechnung und ihre Provisionsstruktur; nicht vollzogen war schließlich auch die mit Blick auf die im Vertrag vereinbarte Verpflichtung der Beklagten zur Lieferung eines vernetzten Systems erforderliche Klärung von Struktur und Aufbau der Vernetzung. Auf das Fehlen dieser Voraussetzungen hat die Beklagte in ihrem Schreiben vom 20. September 1993 hingewiesen und dabei zugleich die in diesem Zusammenhang fehlenden Mitwirkungshandlungen der Klägerin angemahnt. Daß diese den Aufforderungen der Beklagten mit der Begründung entgegengetreten wäre, deren Leistungen seien bereits abgeschlossen gewesen, hat das Berufungsgericht nicht festgestellt. Insoweit ist,
wie sich auch aus der Einlassung der Beklagten im Prozeß, zu der gegenteilige Feststellungen bislang ebenfalls nicht getroffen sind, ergibt, auch die Klägerin davon ausgegangen, daß noch weitere Arbeiten an dem Programm erforderlich gewesen sind.
cc) Das Berufungsgericht hat die danach fehlenden Unterlagen überwiegend deshalb als unerheblich angesehen, weil die Beklagte die Arbeiten an dem Programm auch ohne sie hätte abschließen können, zum Teil deshalb, weil sie die entsprechenden Mitwirkungshandlungen nicht oder nicht hinreichend konkret angefordert habe. Dieser Würdigung kann, wie die Revision mit Recht geltend macht, aufgrund des festgestellten Sachverhalts nicht beigetreten werden.
Das von der Beklagten mit Schreiben vom 20. September 1993 und insoweit konkret beanstandete Fehlen wesentlicher Hardware in Form der Vernetzung und der dafür erforderlichen Einrichtungen ist nach Auffassung des Berufungsgerichts deshalb unwesentlich, weil die Klägerin von der Erstellung einer Vernetzung zunächst im Hinblick auf einen geplanten Umzug abgesehen hat und danach auf diesen Punkt nicht zurückgekommen ist, weil sie mangels Dokumentation mit der Anlage ohnehin nicht habe arbeiten können.
Diese Bewertung berücksichtigt nicht hinreichend, daß die Beklagte nach dem Inhalt des Vertrages zur Herstellung einer netzwerkfähigen Version der Software verpflichtet war, das von ihr zu liefernde Programm also auf der von der Klägerin ursprünglich geplanten, nach den Behauptungen der Beklagten in seinen Einzelheiten nicht abschließend festgelegten vernetzten Anlage lauffähig sein mußte. Hierzu hat das Berufungsgericht Feststellungen nicht ge-
troffen, so daß die Darlegungen der Beklagten im Revisionsverfahren zugrunde zu legen sind. Insoweit hat die Beklagte weiter geltend gemacht, daß sowohl von der Hardwareseite als auch bei der für den Betrieb des Netzwerks erforderlichen Software unterschiedliche Lösungen in Betracht kommen, vor deren endgültiger Festlegung ein Abschluß der Arbeiten an dem geschuldeten Programm nicht möglich gewesen sei. Auch hierzu hat das Berufungsgericht abweichende Feststellungen nicht getroffen, so daß im Revisionsverfahren von diesem Vorbringen auszugehen ist. War deshalb ein Abschluß der Arbeiten an dem Programm nicht möglich, stand schon das der Fälligkeit des Anspruchs auf die Dokumentation entgegen.
Daß, worauf das Berufungsgericht hingewiesen hat, die Klägerin von sich aus auf diesen Teil der Leistung nicht mehr zurückgekommen und diesen insbesondere nicht abgerufen hat, bedeutete aus der Sicht der Beklagten nicht zwangsläufig, daß dieser Teil ihrer Leistungspflicht entfallen sollte. Einen ihr gegenüber erklärten Verzicht, die Vernetzung bei der Programmierung einzuplanen , hat das Berufungsgericht ebenfalls nicht festgestellt. Für das Revisionsverfahren ist demgemäß davon auszugehen, daß die Beklagte sich mangels gegenteiliger Anhaltspunkte weiterhin als verpflichtet ansehen mußte, auch diesen Teil der Programmentwicklung zu leisten. Vor diesem Hintergrund kann nach dem festgestellten Sachverhalt von einem fälligen Anspruch auf die Dokumentation nicht ausgegangen werden.
Dem kann die Revisionserwiderung nicht mit Erfolg entgegenhalten, die Beklagte selbst habe einen solchen Anspruch zugrunde gelegt. Dem auch vom Berufungsgericht in diesem Zusammenhang zitierten Schreiben der Beklagten ist nach dem Wortlaut lediglich zu entnehmen, daß diese den Wünschen ihres
Kunden entgegenkommen sowie eine dem erreichten Ausbauzustand entsprechende Dokumentation zusammenstellen und liefern wollte. Daß sie sich zu einer solchen Leistung auch rechtlich verpflichtet gesehen hat, ist dem Schreiben demgegenüber um so weniger zu entnehmen, als sie bei der Erklärung ihrer Bereitschaft erkennbar von der Unvollständigkeit der Dokumentation ausgegangen ist, was auch aus ihrer Sicht eine Verpflichtung zur Lieferung der endgültigen Anweisungen der Programmbedienung ausschließen mußte.
dd) Begründet sind ferner die Rügen, mit denen die Revision die Auffassung des Berufungsgerichts angreift, auch hinsichtlich der Software sei das Unterbleiben notwendiger Maßnahmen auf seiten der Klägerin durch die Beklagte nicht hinreichend dargelegt worden. In ihrem Schreiben vom 20. September 1993 hat die Beklagte in einer längeren Auflistung die ihrer Ansicht nach noch fehlenden Mitwirkungshandlungen der Klägerin aufgezählt. Auf der Grundlage des Vorbringens der Beklagten, zu dem es auch insoweit an ausreichenden gegenteiligen Feststellungen fehlt, war diese Aufforderung für die Klägerin hinreichend verständlich. Für die Softwareherstellung bildeten die Erstellung eines Pflichtenheftes für die Anforderungen, die die Klägerin an die Software stellte, Testdaten in ausreichender Menge, Testformulare, der Kontenplan , die Bilanzgliederung, der Plan der Verkabelung und die Art der Vernetzung wesentliche Voraussetzungen für den Abschluß der Arbeiten. Was damit im einzelnen gemeint war, dürfte der Klägerin als einem kaufmännisch ausgerichteten Unternehmen nicht verborgen geblieben sein. Nach dem Vorbringen der Beklagten sollte diese ein Komplettsystem liefern, das den gesamten kaufmännischen Bedarf der Klägerin abdeckte. Dazu bedurfte es neben einer abschließenden Festlegung dessen, was die Klägerin von der zu leistenden Software erwartete, einer Kenntnis dessen, in welcher Weise in ihrem
Hause die Buchhaltung vollzogen werden sollte, sowie einer Reihe von Testdaten , um anhand des Betriebsablaufs der Klägerin die Software endgültig ausrichten und testen zu können. Davon, daß auch die Gestellung ausreichend kompetenter Mitarbeiter für einen erfolgreichen Abschluß der Arbeiten erforderlich ist, ist auch das Berufungsgericht ausgegangen, das das Fehlen der Bereitstellung dieser Mitarbeiter als eine schuldhafte Mitverursachung der eingetretenen Schäden durch die Klägerin bewertet und dieser deswegen einen Teil des begehrten Schadensersatzes abgesprochen hat.
Die Beklagte hat in Abrede gestellt, daß die Klägerin diese Mitwirkungshandlungen im erforderlichen Umfang erbracht hat. Gegenteiliges ist durch das Berufungsgericht nicht festgestellt worden. Es hat der Beklagten die Berufung auf die mangelnde Mitwirkung vielmehr mit der Begründung versagt, diese habe sich nach ihren Erklärungen aus der Zeit vor Vertragsschluß die als fehlend beanstandeten Daten, soweit sie überhaupt erforderlich gewesen seien, anderweitig , nämlich durch Rückgriff auf ihre Standardvorgaben beschaffen können. Dazu wäre erforderlich gewesen, daß diese vorvertraglichen Erläuterungen der Beklagten in den späteren Vertrag Eingang gefunden hätten. Hierzu fehlt es jedoch an ausreichenden Feststellungen des Berufungsgerichts. Daß die Beklagte vorvertraglich auf die von ihr üblicherweise zugrunde gelegten Standardwerte und die Möglichkeit von deren Übernahme hingewiesen hat, bedeutet nicht zwangsläufig, daß eine solche Ersetzungsmöglichkeit Eingang in den späteren Vertrag gefunden hat. Gegen eine solche Annahme spricht bereits, daß sich die Ä ußerung der Beklagten nur auf das von ihr fertiggestellte Standardprogramm und dessen mögliche Lieferung bezogen, die, wie aus ihrem Schreiben vom September 1993 hervorgeht, gerade nicht Gegenstand der Absprache unter den Parteien geblieben ist. Danach sollte die Beklagte viel-
mehr eine individuell angepaßte Software liefern, wie auch durch das Fristsetzungsschreiben der Klägerin bestätigt wird, die dort gerade die Dokumentation für ein Programm unter Einschluß aller individuellen Anpassungen verlangt hat. Mit dieser Zielsetzung des Vertrages ist ein Rückgriff auf Standardwerte und Vorgaben nicht ohne weiteres in Einklang zu bringen; die insoweit getroffenen Feststellungen sprechen daher vielmehr eher dafür, daß die Beklagte gehalten war, jeweils die konkreten Vorgaben der Klägerin zu berücksichtigen und z u beachten. Vor diesem Hintergrund ist mangels gegenteiliger Feststellungen davon auszugehen, daß die von der Beklagten verlangten Daten eine wesentliche Voraussetzung für den Abschluß der Arbeiten an dem Programm bildeten.
ee) Die Annahme des Berufungsgerichts, die Rüge der unterbliebenen Mitwirkung sei zu allgemein und deswegen unbeachtlich, steht im Widerspruch zu dem Inhalt des Schreibens vom 20. September 1993, in dem die Beklagte konkret verschiedene Mitwirkungshandlungen angemahnt und diese im einzelnen auf Bl. 2 des Schreibens angeführt hat. Einer Wiederholung dieser Rügen bedurfte es nicht.
Zu Recht rügt die Revision in diesem Zusammenhang auch die Feststellung des Berufungsgerichts, die Codierung sei vorgegeben und bekannt gewesen. Wie die Revisionsbegründung zutreffend ausführt, hat die Beklagte unter Beweisantritt ausgeführt, daß das Codeverzeichnis von R. und C. habe zugrunde gelegt werden sollen, wobei eine Übernahme sämtlicher Codes bei dem insgesamt zur Verfügung stehenden begrenzten Raum technisch nicht möglich gewesen sei. Das habe es erforderlich gemacht, daß die Klägerin die für sie zutreffenden Codes habe heraussuchen und der Beklagten mitteilen müssen. Diese Auswahl hat die Klägerin nach der Behauptung der Beklagten
nicht vorgenommen; das Berufungsgericht hat auch hierzu gegenteilige Feststellungen nicht getroffen.
Berechtigt sind weiter die Rügen der Revision, die an den Einwand der Beklagten anknüpfen, die Klägerin habe die notwendigen Angaben zur Provisionsstruktur und zur Währungsumrechnung nicht gemacht. Insoweit hatte die Beklagte, wie die Revisionsbegründung mit Recht ausführt, behauptet, daß nach den getroffenen Absprachen unter den Parteien hinsichtlich dieser Punkte eine Anpassung des Programms erfolgen sollte. Für dessen Umsetzung habe geklärt werden müssen, ob im Terminhandel der Klägerin ausschließlich in der Handelswährung gebucht und lediglich bei den Finanzkosten die entsprechenden Beträge in DM umgerechnet werden oder bereits im Warentermingeschäft eine solche Umrechnung erfolgen sollte. Wie die Beklagte geltend gemacht hat, habe es sich dabei um Funktionen gehandelt, die in das Programm selbst aufzunehmen gewesen seien, was ohne die Entscheidung der Klägerin über die von dieser bevorzugten Methoden abschließend nicht möglich gewesen sei. Diese Darstellung ist inhaltlich nachvollziehbar; mit ihr wird zum Ausdruck gebracht, daß vor einer Fertigstellung des Programms auch diese Frage habe geklärt werden müssen. Mangelnde Konkretisierung kann diesem Vorbringen daher nicht entgegengehalten werden.
ff) Ob für die Fertigstellung des Programms die von der Revision angeführten fremdsprachlichen Texte erforderlich gewesen sind, hat das Berufungsgericht ebenfalls nicht geklärt. Demgemäß ist für das Revisionsverfahren die Behauptung der Beklagten zugrunde zu legen, daß diese Notwendigkeit bestanden habe. Da diese Texte nach ihrer unbestrittenen Darstellung der Beklagten von der Klägerin nicht zur Verfügung gestellt worden sind, stand auch
dies dann einem Abschluß der Arbeiten an dem Programm entgegen; auch könnte dies die Feststellung eines fälligen Anspruchs auf Lieferung der Dokumentation ausschließen.
Auf die von der Revision weiter angesprochene Frage, in welchem Umfang sich die unterbliebene Mitwirkung der Klägerin auf die Fertigstellung der Handbücher auswirken mußte, kommt es vor diesem Hintergrund nicht an. Mangels gegenteiliger Feststellungen durch das Berufungsgericht ist nichts dafür zu erkennen, daß die Beklagte rechtlich gehalten war, im Vorgriff auf einen späteren Abschluß der Arbeiten an dem Programm schon jetzt zu prüfen, ob und in welchem Umfang eine Teildokumentation fertiggestellt und ausgehändigt werden konnte. Ein rechtlicher Anspruch auf diese Dokumentation, der allein die Voraussetzungen des § 326 BGB ausfüllen könnte, kann insoweit nach den getroffenen tatrichterlichen Feststellungen nicht zugrunde gelegt werden. Läßt sich eine abweichende Vereinbarung nicht feststellen, kann von einem Softwarehersteller nicht ohne weiteres erwartet werden, daß er ohne Rücksicht auf mögliche künftige Erweiterungen und Ä nderungen des Programms eine Dokumentation in jedem Stadium seiner Arbeiten gestaltet und damit einen zusätzlichen Aufwand treibt, der bei gehöriger Erfüllung der Mitwirkungspflichten ohne weiteres zu vermeiden ist.
3. Eine abschließende Entscheidung ist dem Senat nicht möglich. Das Berufungsgericht hat, von seinem Standpunkt aus folgerichtig, keine abschließenden Feststellungen zum Inhalt des zwischen den Parteien geschlossenen Vertrages getroffen, insbesondere zu der Frage, ob und in welchem Umfang nach den getroffenen Absprachen auch ein Anspruch auf eine Teildokumentation in Betracht kommt. Es ist ferner dem Vorbringen der Parteien zur Notwen-
digkeit der von der Beklagten als fehlend gerügten Daten nicht abschließend nachgegangen. Insoweit bedarf der Rechtsstreit noch weiterer Aufklärung, zu der das Verfahren an das Berufungsgericht zurückzuverweisen ist.
Melullis Scharen Keukenschrijver
Mühlens Meier-Beck

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(1) Braucht der Schuldner nach § 275 Abs. 1 bis 3 nicht zu leisten, entfällt der Anspruch auf die Gegenleistung; bei einer Teilleistung findet § 441 Abs. 3 entsprechende Anwendung. Satz 1 gilt nicht, wenn der Schuldner im Falle der nicht vertragsgemäßen Leistung die Nacherfüllung nach § 275 Abs. 1 bis 3 nicht zu erbringen braucht.

(2) Ist der Gläubiger für den Umstand, auf Grund dessen der Schuldner nach § 275 Abs. 1 bis 3 nicht zu leisten braucht, allein oder weit überwiegend verantwortlich oder tritt dieser vom Schuldner nicht zu vertretende Umstand zu einer Zeit ein, zu welcher der Gläubiger im Verzug der Annahme ist, so behält der Schuldner den Anspruch auf die Gegenleistung. Er muss sich jedoch dasjenige anrechnen lassen, was er infolge der Befreiung von der Leistung erspart oder durch anderweitige Verwendung seiner Arbeitskraft erwirbt oder zu erwerben böswillig unterlässt.

(3) Verlangt der Gläubiger nach § 285 Herausgabe des für den geschuldeten Gegenstand erlangten Ersatzes oder Abtretung des Ersatzanspruchs, so bleibt er zur Gegenleistung verpflichtet. Diese mindert sich jedoch nach Maßgabe des § 441 Abs. 3 insoweit, als der Wert des Ersatzes oder des Ersatzanspruchs hinter dem Wert der geschuldeten Leistung zurückbleibt.

(4) Soweit die nach dieser Vorschrift nicht geschuldete Gegenleistung bewirkt ist, kann das Geleistete nach den §§ 346 bis 348 zurückgefordert werden.

(5) Braucht der Schuldner nach § 275 Abs. 1 bis 3 nicht zu leisten, kann der Gläubiger zurücktreten; auf den Rücktritt findet § 323 mit der Maßgabe entsprechende Anwendung, dass die Fristsetzung entbehrlich ist.