Bundesgerichtshof Urteil, 11. Nov. 2009 - VIII ZR 11/09
vorgehend
Bundesgerichtshof
Richter
BUNDESGERICHTSHOF
für Recht erkannt:
Von Rechts wegen
Tatbestand:
- 1
- Der Kläger war vom 26. März 2003 bis zum 31. März 2006 Mieter einer Wohnung des Beklagten in D. . Mit der im November 2006 erhobenen Klage hat der Kläger Rückzahlung der Kaution sowie Erstattung vorgerichtlicher Anwaltskosten - insgesamt 8.045,66 € nebst Zinsen - begehrt. Das Amtsgericht hat den Beklagten unter Abweisung der weitergehenden Klage zur Zahlung von 1.766,36 € nebst Zinsen verurteilt. Das Landgericht hat die Berufungen beider Parteien durch Urteil als unzulässig verworfen. Hiergegen richtet sich die vom Senat zugelassene Revision des Beklagten, mit der er die Abweisung der Klage insgesamt erstrebt.
Entscheidungsgründe:
- 2
- Die Revision hat Erfolg.
I.
- 3
- Das Berufungsgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung, soweit für das Revisionsverfahren noch von Interesse, im Wesentlichen ausgeführt:
- 4
- Die Berufung des Beklagten sei beim unzuständigen Gericht eingelegt und deshalb unzulässig. Nach § 119 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. b GVG sei nicht das angerufene Landgericht, sondern das Oberlandesgericht zuständig.
- 5
- Unstreitig habe der Kläger im Zeitpunkt der Klageerhebung keinen Wohnsitz im Inland gehabt. Auch aus § 16 ZPO ergebe sich kein allgemeiner Gerichtsstand des Klägers im Inland, denn diese Vorschrift setze voraus, dass die Partei gänzlich wohnsitzlos sei. Insoweit sei der Nachweis erforderlich, dass der jetzige Aufenthalt des Klägers bei den gebotenen Nachforschungen nicht zu ermitteln sei. Dies sei indes nicht der Fall, da das Gericht aus allgemein zugänglichen Quellen (Internet) die Anschrift des Klägers in H. , California (USA) ermittelt habe; diese Anschrift habe der Kläger auch bei Abschluss des Mietvertrages angegeben. Der Beklagte könne, wie er selbst eingeräumt habe, nicht widerlegen, dass der Kläger keinen Wohnsitz im Sinne des deutschen Rechts an der angegebenen Anschrift in Kalifornien unterhalte. Der Beklagte trage aber als Berufungsführer die Vortrags- und Beweislast für die funktionelle Zuständigkeit des angerufenen Gerichts.
II.
- 6
- Diese Beurteilung hält rechtlicher Nachprüfung nicht stand. Zu Unrecht hat das Berufungsgericht seine funktionelle Zuständigkeit verneint und die bei ihm eingelegte Berufung des Beklagten aus diesem Grund als unzulässig verworfen. Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts ergibt sich die funktionelle Zuständigkeit des Oberlandesgerichts hier nicht aus § 119 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. b GVG.
- 7
- 1. Nach § 119 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. b GVG sind die Oberlandesgerichte zuständig für Berufungen gegen Entscheidungen der Amtsgerichte in Streitigkeiten über Ansprüche, die von oder gegen eine Person erhoben werden, die ihren allgemeinen Gerichtsstand im Zeitpunkt der Rechtshängigkeit in erster Instanz außerhalb des Geltungsbereichs dieses Gesetzes hatte. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist im Berufungsverfahren der vor dem Amtsgericht unangegriffen gebliebene inländische oder ausländische Gerichtsstand einer Partei zugrunde zu legen und einer Nachprüfung durch das Rechtsmittelgericht grundsätzlich entzogen; nur so kann dem Erfordernis der Rechtssicherheit wirksam Rechnung getragen werden (Senatsbeschlüsse vom 28. Januar 2004 - VIII ZB 66/03, NJW-RR 2004, 1073, unter II 2 c bb; vom 1. Juni 2004 - VIII ZB 2/04, NJW-RR 2004, 1505, unter II 2 b; vom 10. Juli 2007 - VIII ZB 73/06, NJW-RR 2008, 144, Tz. 4, sowie vom 10. März 2009 - VIII ZB 105/07, NJW 2009, 1610, Tz. 8).
- 8
- 2. Hiernach hat das Berufungsgericht seine Zuständigkeit rechtsfehlerhaft verneint. In der ersten Instanz ist von keiner Partei vorgebracht worden, dass der Kläger im Zeitpunkt der Zustellung der Klagschrift einen allgemeinen Gerichtsstand im Ausland hatte. Der Kläger hat in der Klagschrift (nur) die Adresse der bis Ende März 2006 vom Beklagten gemieteten Wohnung als seine ehemalige Wohnanschrift angegeben. Auf die Aufforderung des Beklagten, seine aktuelle Anschrift mitzuteilen, hat der Kläger erklärt, dass er derzeit keinen festen Wohnsitz habe und geschäftlich "weltweit unterwegs" sei. Dem ist der Beklagte nicht entgegengetreten.
- 9
- Nach diesen Angaben hatte der Kläger bei Klageerhebung einen inländischen allgemeinen Gerichtsstand. Denn gemäß § 16 ZPO wird der allgemeine Gerichtsstand einer Person, die keinen Wohnsitz hat und für die ein Aufenthaltsort im Inland nicht bekannt ist, durch ihren letzten Wohnsitz bestimmt, hier also durch den (unstreitigen) Wohnsitz des Klägers während der Mietzeit in D. . Der sich daraus ergebende inländische Gerichtsstand des Klägers ist während des Verfahrens vor dem Amtsgericht unangegriffen geblieben, denn keine der Parteien hat geltend gemacht, dass der Kläger im Zeitpunkt der Rechtshängigkeit einen ausländischen Wohnsitz hatte.
- 10
- Das Berufungsgericht hatte deshalb bei der Beurteilung der funktionellen Zuständigkeit einen inländischen allgemeinen Gerichtsstand des Klägers zu Grunde zu legen. Damit liegen die Voraussetzungen des § 119 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. b GVG nicht vor und ist das angerufene Landgericht gemäß § 72 Abs. 1 GVG selbst zuständig.
III.
- 11
- Nach alledem kann das Urteil des Berufungsgerichts, soweit zum Nachteil des Beklagten entschieden worden ist, keinen Bestand haben; es ist daher insoweit aufzuheben (§ 562 Abs. 1 ZPO). Der Rechtsstreit ist nicht zur Endentscheidung reif, weil das Berufungsgericht keine Feststellungen in der Sache selbst getroffen hat. Die Sache ist daher zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (§ 563 Abs. 1 ZPO).
Vorinstanzen:
AG Düsseldorf, Entscheidung vom 29.11.2007 - 47 C 15554/06 -
LG Düsseldorf, Entscheidung vom 20.11.2008 - 21 S 519/07 -
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Der allgemeine Gerichtsstand einer Person, die keinen Wohnsitz hat, wird durch den Aufenthaltsort im Inland und, wenn ein solcher nicht bekannt ist, durch den letzten Wohnsitz bestimmt.
BUNDESGERICHTSHOF
beschlossen:
Gründe:
I.
- 1
- Der Kläger hat beim Amtsgericht Klage auf Herausgabe einer Maschine erhoben und dabei ausschließlich einen - von der Beklagten nicht angegriffenen - Wohnsitz im Iran angegeben. Gegen das die Klage abweisende Urteil des Amtsgerichts hat der Kläger Berufung zum Landgericht eingelegt. Nach Hinweis des Landgerichts darauf, dass gemäß § 119 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. b GVG wegen des ausländischen Wohnsitzes des Klägers das Oberlandesgericht als Berufungsgericht zuständig sei, hat er geltend gemacht, dass er noch einen zweiten Wohnsitz in Deutschland habe. Er sei (auch) deutscher Staatsangehöriger und halte sich als Handelsvertreter vier Monate im Jahr in Deutschland auf. Er wohne in dieser Zeit bei seinem Sohn in Bergisch-Gladbach, mit dem er die Wohnung teile.
- 2
- Das Landgericht hat die Berufung durch Beschluss als unzulässig verworfen, weil sie nicht beim zuständigen Oberlandesgericht Dresden eingelegt worden sei. Der Kläger habe bereits nicht substantiiert dargelegt, dass er im maßgeblichen Zeitpunkt der Zustellung der Klage am 12. April 2005 seinen Wohnsitz noch oder wieder in Deutschland gehabt habe. Dagegen spreche schon die unter der iranischen Anschrift eingereichte Klage. Letztlich komme es aber nicht darauf an, ob der Kläger - was grundsätzlich möglich sei - zwei Wohnsitze gehabt habe. Entscheidend sei, dass der im ersten Rechtszug unangegriffen gebliebene inländische oder ausländische Wohnsitz einer Partei zugrunde zu legen und einer Überprüfung durch das Rechtsmittelgericht entzogen sei, da nur so dem Gebot der Rechtssicherheit wirksam Rechnung getragen werden könne.
II.
- 3
- Die vom Kläger hiergegen erhobene, gemäß § 574 Abs. 1 Nr. 1, § 522 Abs. 1 Satz 4 ZPO statthafte Rechtsbeschwerde ist gemäß § 574 Abs. 2 Nr. 1 ZPO zulässig, hat aber in der Sache keinen Erfolg. Das Berufungsgericht hat die Berufung des Klägers zu Recht nach § 522 Abs. 1 Satz 2 ZPO verworfen, weil sie nicht bei dem gemäß § 119 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. b GVG zuständigen Oberlandesgericht eingelegt worden ist.
- 4
- 1. Nach § 119 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. b GVG sind die Oberlandesgerichte zuständig für die Verhandlung und Entscheidung über die Rechtsmittel der Berufung und Beschwerde gegen Entscheidungen der Amtsgerichte über Ansprüche, die von einer oder gegen eine Person erhoben werden, die ihren allgemeinen Gerichtsstand im Zeitpunkt der Rechtshängigkeit in erster Instanz außerhalb des Geltungsbereichs des Gerichtsverfassungsgesetzes hatte. Dabei ist im Berufungsverfahren regelmäßig der im Verfahren vor dem Amtsgericht unangegriffen gebliebene inländische bzw. ausländische Wohnsitz einer Partei zugrunde zu legen und einer Nachprüfung durch das Rechtsmittelgericht grundsätzlich entzogen (Senatsbeschlüsse vom 28. Januar 2004 - VIII ZB 66/03, NJW-RR 2004, 1073; vom 1. Juni 2004 - VIII ZB 2/04, NJW-RR 2004, 1505, unter II 2 b; vom 28. März 2006 - VIII ZB 100/04, NJW 2006, 1808, unter III 2 a).
- 5
- 2. Entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde gilt der aus dem Gebot der Rechtsmittelklarheit abgeleitete Grundsatz, dass der vor dem Amtsgericht unbestritten gebliebene inländische oder ausländische Wohnsitz einer Partei in der Berufungsinstanz ungeprüft zugrunde zu legen ist, auch dann, wenn sich der Rechtsmittelführer erstmals in der Berufungsinstanz auf einen anderen (zusätzlichen) eigenen Gerichtsstand beruft als im Verfahren vor dem Amtsgericht. Mit der auf den Wohnsitz der Parteien im Zeitpunkt des Eintritts der Rechtshängigkeit abstellenden Regelung des § 119 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. b GVG soll im Interesse der Rechtssicherheit und Verfahrensvereinfachung sichergestellt werden, dass bereits bei Verfahrensbeginn erkennbar ist, bei welchem Gericht gegebenenfalls Rechtsmittel gegen die Entscheidung des Amtsgerichts einzulegen sind (vgl. Senatsbeschluss vom 28. Januar 2004, aaO, unter II 2 b, c). Mit dieser Zielrichtung der gesetzlichen Regelung ist die von der Rechtsbeschwerde vertretene Ansicht nicht vereinbar, der Rechtsmittelführer könne durch neues Vorbringen zu seinem eigenen allgemeinen Gerichtsstand Einfluss auf die Zuständigkeit des Landgerichts oder des Oberlandesgerichts als Berufungsgericht nehmen. Dem Rechtsmittelführer würde damit eine in der Prozessordnung nicht vorgesehene Wahlmöglichkeit hinsichtlich des zuständigen Berufungsgerichts eingeräumt, und es könnte sich überdies - im Fall einer für beide Parteien berufungsfähigen Entscheidung des Amtsgerichts - die Zuständigkeit unterschiedlicher Berufungsgerichte für die Rechtsmittel der Parteien ergeben. Für eine Ausnahme von dem Grundsatz, dass das Berufungsgericht den erstinstanzlich unbestritten gebliebenen inländischen oder ausländischen Wohnsitz einer Partei ungeprüft zugrunde zu legen hat, besteht daher kein Anlass.
Hermanns Dr.Milger
Vorinstanzen:
AG Freiberg, Entscheidung vom 19.01.2006 - 5 C 316/05 -
LG Chemnitz, Entscheidung vom 10.07.2006 - 6 S 73/06 -
BUNDESGERICHTSHOF
beschlossen:
Gründe:
I.
- 1
- Die Klägerin nimmt die Beklagten, ihre ehemaligen Mieter, auf Zahlung von Schadensersatz in Höhe von 2.703,08 € in Anspruch. In der Klageschrift hat sich die Klägerin wie folgt bezeichnet: "Grundstücksgemeinschaft L. straße 43, B. , bestehend aus 1. Herrn W. P. , P. straße , Ö. - G. , 2. Frau D. K. , F. allee , B. D. ".
- 2
- Das Amtsgericht hat der Klage stattgegeben. Dagegen haben die Beklagten Berufung beim Landgericht eingelegt. Nach entsprechendem Hinweis hat das Berufungsgericht die Berufung gemäß § 522 Abs. 1 ZPO als unzulässig verworfen, weil sie nicht beim zuständigen Berufungsgericht eingelegt worden sei. Zur Begründung hat es ausgeführt:
- 3
- Die Klägerin habe keinen inländischen Sitz. Sie sei zwar als Gesellschaft bürgerlichen Rechts durch die Verwendung eines eigenen Namens im Rechtsverkehr wie eine juristische Person aufgetreten. Zutreffend sei auch, dass als Außengesellschaften wie eine juristische Person auftretende Gesellschaften bürgerlichen Rechts im eigenen Namen klagen könnten. Für einen inländischen Sitz der Klägerin gebe es aber keine Anhaltspunkte. Die Klägerin habe weder in der Klageschrift noch im Mietvertrag einen eigenen Sitz im Inland angegeben. Vielmehr sei in der Klageschrift die Klägerin insoweit näher bezeichnet worden, als sie aus den beiden Gesellschaftern mit deren angegebenen Anschriften bestehe.
- 4
- Mit ihrer Rechtsbeschwerde erstreben die Beklagten die Zurückverweisung der Sache an das Landgericht B. .
II.
- 5
- 1. Die kraft Gesetzes statthafte (§ 522 Abs. 1 Satz 4 ZPO) Rechtsbeschwerde ist zulässig. Eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts ist zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erforderlich (§ 574 Abs. 2 Nr. 2 ZPO). Das Berufungsgericht hat seine Zuständigkeit zu Unrecht verneint und die Beklagten dadurch in ihrem Verfahrensgrundrecht auf wirkungsvollen Rechtsschutz (Art. 2 Abs. 1 GG in Verbindung mit dem Rechtsstaatsprinzip) verletzt, das es den Gerichten verbietet, den Parteien den Zugang zu einer in der Verfahrensordnung eingeräumten Instanz in unzumutbarer, aus Sachgründen nicht zu rechtfertigender Weise zu erschweren (vgl. Senatsbeschluss vom 1. März 2006 - VIII ZB 28/05, NJW 2006, 1810, Tz. 2 m.w.N.).
- 6
- 2. Die Rechtsbeschwerde ist auch begründet. Das Landgericht hat die Berufung der Beklagten zu Unrecht mit der Begründung als unzulässig verworfen , gemäß § 119 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. b GVG sei nicht das Landgericht, sondern das Kammergericht für die Entscheidung über das Rechtsmittel zuständig. Nach dieser - durch das FGG-Reformgesetz vom 17. Dezember 2008 (BGBl. I S. 2586) mit Wirkung zum 1. September 2009 aufgehobenen - Vorschrift sind die Oberlandesgerichte in bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten zuständig für die Verhandlung und Entscheidung über die Rechtsmittel in Streitigkeiten über Ansprüche , die von einer oder gegen eine Partei erhoben werden, die ihren allgemeinen Gerichtsstand im Zeitpunkt des Eintritts der Rechtshängigkeit außerhalb Deutschlands hatte. Das trifft hier entgegen der Meinung des Landgerichts nicht zu.
- 7
- a) Zutreffend geht das Landgericht davon aus, dass Partei des Rechtsstreits die durch W. P. und D. K. gebildete Gesellschaft bürgerlichen Rechts ist. Sie ist als Außengesellschaft bürgerlichen Rechts, die durch die Teilnahme am Rechtsverkehr - wie beim Abschluss des Mietvertrags mit den Beklagten - eigene Rechte und Pflichten begründet, aktiv und passiv parteifähig (BGHZ 146, 341, 348 ff.).
- 8
- b) Für die Frage der Rechtsmittelzuständigkeit nach § 119 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. b GVG ist regelmäßig der im Verfahren vor dem Amtsgericht un- angegriffen gebliebene inländische oder ausl ändische allgemeine Gerichtsstand einer Partei zugrunde zu legen und einer Nachprüfung durch das Rechtsmittelgericht grundsätzlich entzogen (Senatsbeschluss vom 1. März 2006, aaO, Tz. 4 m.w.N.). Dabei liegen die Voraussetzungen des § 119 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. b GVG nicht vor, wenn eine Partei neben einem allgemeinen Gerichtsstand im Ausland auch einen allgemeinen Gerichtsstand im Inland hat (BGH, Beschluss vom 27. Juni 2007 - XII ZB 114/06, ZIP 2007, 1626, Tz. 13 f.). Nach diesen Grundsätzen ergibt sich aus den - hier allein zugrunde zu legenden - Angaben in der Klageschrift entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts kein (alleiniger ) ausländischer allgemeiner Gerichtsstand der Klägerin.
- 9
- aa) Der allgemeine Gerichtsstand gemäß § 119 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. b GVG ist nach den Vorschriften der §§ 12 ff. ZPO und im Anwendungsbereich der Verordnung (EG) Nr. 44/2001 über die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen (EuGVVO) nach Art. 2, 59 f. EuGVVO zu beurteilen (BGHZ 155, 46, 49; BGH, Beschluss vom 27. Juni 2007, aaO, Tz. 9 m.w.N.). Der Anwendungsbereich der EuGVVO ist vorliegend aber nicht eröffnet, weil es im Streitfall nicht auf den allgemeinen Gerichtsstand der beklagten Partei (Art. 2 Abs. 1 EuGVVO), sondern auf den der klagenden Partei ankommt (vgl. auch BGH, Beschluss vom 27. Juni 2007, aaO, Tz. 8).
- 10
- bb) Der allgemeine Gerichtsstand der Klägerin wird gemäß § 17 Abs. 1 ZPO durch ihren Sitz bestimmt. Als Sitz gilt, wenn sich nichts anderes ergibt, der Ort, wo die Verwaltung geführt wird (§ 17 Abs. 1 Satz 2 ZPO). Hier kann offen bleiben, ob in der Bezeichnung der Klägerin in der Klageschrift gleichzeitig die Angabe ihres satzungsmäßigen (inländischen) Sitzes gemäß § 17 Abs. 1 Satz 1 ZPO liegt. Denn jedenfalls fehlt es an einer Grundlage für die Annahme, die Klägerin habe ausschließlich einen ausländischen und nicht zumindest auch einen inländischen Verwaltungssitz.
- 11
- Der Ort, wo die Verwaltung geführt wird, ist der Tätigkeitsort der Geschäftsführung und der dazu berufenen Vertretungsorgane, also der Ort, wo die grundlegenden Entscheidungen der Unternehmensleitung effektiv in laufende Geschäftsführungsakte umgesetzt werden (BGHZ 97, 269, 272; Stein/Jonas/Roth, ZPO, 22. Aufl., § 17 Rdnr. 15; Zöller/Vollkommer, ZPO, 27. Aufl., § 17 Rdnr. 10).
- 12
- Nach diesen Maßstäben hat die Klägerin jedenfalls auch einen inländischen Verwaltungssitz. Das zu verwaltende Gesellschaftsvermögen ist in Deutschland belegen. Einer der beiden Gesellschafter hat seinen Wohnsitz in Deutschland. Die Klägerin tritt nach außen - wie etwa bei Abschluss des Mietvertrags mit den Beklagten - unter einer deutschen Adresse auf. Ihre laufenden Geschäfte führt eine deutsche Hausverwaltung am Belegenheitsort des Gesellschaftsgrundstücks. Die einzige Verbindung der Klägerin mit dem Ausland besteht dagegen in dem ausländischen Wohnsitz ihres anderen Gesellschafters. Das reicht für die Annahme eines (alleinigen) Verwaltungssitzes im Ausland angesichts der für einen inländischen Verwaltungssitz sprechenden gewichti- gen Umstände nicht aus. Die Voraussetzungen des § 119 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. b GVG liegen mithin nicht vor.
Vorinstanzen:
AG Berlin-Charlottenburg, Entscheidung vom 20.04.2007 - 220 C 330/06 -
LG Berlin, Entscheidung vom 04.09.2007 - 65 S 214/07 -
Der allgemeine Gerichtsstand einer Person, die keinen Wohnsitz hat, wird durch den Aufenthaltsort im Inland und, wenn ein solcher nicht bekannt ist, durch den letzten Wohnsitz bestimmt.
(1) Die Zivilkammern, einschließlich der Kammern für Handelssachen und der in § 72a genannten Kammern, sind die Berufungs- und Beschwerdegerichte in den vor den Amtsgerichten verhandelten bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten, soweit nicht die Zuständigkeit der Oberlandesgerichte begründet ist. Die Landgerichte sind ferner die Beschwerdegerichte in Freiheitsentziehungssachen und in den von den Betreuungsgerichten entschiedenen Sachen.
(2) In Streitigkeiten nach § 43 Absatz 2 des Wohnungseigentumsgesetzes ist das für den Sitz des Oberlandesgerichts zuständige Landgericht gemeinsames Berufungs- und Beschwerdegericht für den Bezirk des Oberlandesgerichts, in dem das Amtsgericht seinen Sitz hat. Die Landesregierungen werden ermächtigt, durch Rechtsverordnung anstelle dieses Gerichts ein anderes Landgericht im Bezirk des Oberlandesgerichts zu bestimmen. Sie können die Ermächtigung auf die Landesjustizverwaltungen übertragen.
(1) Im Falle der Aufhebung des Urteils ist die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen. Die Zurückverweisung kann an einen anderen Spruchkörper des Berufungsgerichts erfolgen.
(2) Das Berufungsgericht hat die rechtliche Beurteilung, die der Aufhebung zugrunde gelegt ist, auch seiner Entscheidung zugrunde zu legen.
(3) Das Revisionsgericht hat jedoch in der Sache selbst zu entscheiden, wenn die Aufhebung des Urteils nur wegen Rechtsverletzung bei Anwendung des Gesetzes auf das festgestellte Sachverhältnis erfolgt und nach letzterem die Sache zur Endentscheidung reif ist.
(4) Kommt im Fall des Absatzes 3 für die in der Sache selbst zu erlassende Entscheidung die Anwendbarkeit von Gesetzen, auf deren Verletzung die Revision nach § 545 nicht gestützt werden kann, in Frage, so kann die Sache zur Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückverwiesen werden.