Bundesgerichtshof Urteil, 20. Feb. 2009 - V ZR 57/08

bei uns veröffentlicht am20.02.2009
vorgehend
Amtsgericht Büdingen, 2 C 608/06, 30.08.2007
Landgericht Gießen, 1 S 272/07, 20.02.2008

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
V ZR 57/08 Verkündet am:
20. Februar 2009
Langendörfer-Kunz
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche Verhandlung
vom 20. Februar 2009 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Krüger, die
Richter Dr. Lemke und Dr. Schmidt-Räntsch, die Richterin Dr. Stresemann und
den Richter Dr. Czub

für Recht erkannt:
Die Revision gegen das Urteil der 1. Zivilkammer des Landgerichts Gießen vom 20. Februar 2008 wird auf Kosten des Klägers zurückgewiesen. Von Rechts wegen

Tatbestand


1
Der Kläger ist Eigentümer eines Grundstücks in G. . Er und seine Rechtsvorgänger bezogen aus den Wäldern des Beklagten im Waldrevier G. jährlich zwei Klafter (= 2,3 Raummeter) Losholz in Form von Buchenscheitholz. Am 24. Februar 2005 ließ der Beklagte dem Kläger mitteilen, der Holzbezug werde zum Ablauf des Jahres 2005 eingestellt. Hierfür seien wirtschaftliche Gründe, aber auch die Überlegung maßgeblich, dass dem Kläger kein Anspruch zustehe.
2
Mit seiner Klage verlangt der Kläger von dem Beklagten, ihm für das Jahr 2006 kostenfrei zwei Klafter Buchenscheitholz aus den im Revier G. gelegenen Waldungen zur Verfügung zu stellen, und ferner die Feststellung einer entsprechenden Verpflichtung des Beklagten für die Folgejahre. Er stützt sich auf ein Endurteil des hessischen Großherzoglichen Landgerichts Ortenberg vom 24. Mai 1871, in welchem Berechtigungen zum Bezug von Losholz und von Geschirr-Losholz festgestellt werden. Berechtigt zum Bezug von (allerdings nur einem bzw. einem halben Klafter) Losholz sind danach die Eigentümer bestimmter , in dem Urteil im Einzelnen aufgeführter, dort so genannter "Häuser", wenn sie unter anderem Ortsbürger von G. sind und "zur Klasse früherer fronpflichtiger Untertanen" gehören. Der Beklagte bestreitet den Bestand der Holzberechtigung und die Existenz des Urteils und macht ferner geltend, das Recht sei abgelöst, jedenfalls aber durch das hessische Gesetz zur Bereinigung der Rechtsvorschriften über die Nutzungsrechte der Ortsbürger vom 19. Oktober 1962 (GVBl. I S. 467 - fortan Ortsbürgerrechtsgesetz, OrtsbürgerRG ) aufgehoben worden. Widerklagend beantragt er die Feststellung, dass dem Kläger kein Anspruch auf jährlichen kostenfreien Bezug von zwei Klafter Losholz aus seinen Wäldern im Revier G. zusteht.
3
Das Amtsgericht hat den Beklagten antragsgemäß verurteilt und die Widerklage abgewiesen. Auf die Berufung des Beklagten hat das Landgericht die Klage abgewiesen und der Widerklage stattgegeben. Mit der von dem Landgericht zugelassenen Revision erstrebt der Kläger die Wiederherstellung des amtsgerichtlichen Urteils. Der Beklagte beantragt die Zurückweisung der Revision.

Entscheidungsgründe

I.

4
Nach Meinung des Berufungsgerichts kann offen bleiben, ob die von dem Kläger geltend gemachte Losholzberechtigung wirksam entstanden ist und ob sie bei Inkrafttreten des Bürgerlichen Gesetzesbuches fortbestanden hat. Auf den Kläger jedenfalls sei sie nicht übergegangen. Bei der Losholzberechtigung handele es sich nämlich um ein Nutzungsrecht von Ortsbürgern. Das ergebe sich daraus, dass die Eigentümer der losholzberechtigten Grundstücke von ihrer Berechtigung nur Gebrauch machen dürften, wenn sie Ortsbürger von G. seien. Die Nutzungsrechte der Ortsbürger hätten aber nach § 2 Abs. 1 OrtsbürgerRG nur denjenigen zugestanden, die sie bei Inkrafttreten dieses Gesetzes am 1. Januar 1963 innegehabt hätten. Nach § 2 Abs. 2 OrtsbürgerRG finde ein Nachrücken in die Nutzungsrechte nicht mehr statt. Das schließe eine Berechtigung des Klägers aus.

II.

5
Diese Erwägungen halten einer rechtlichen Prüfung im Ergebnis stand.
6
1. Hierfür kann offen bleiben, ob und gegebenenfalls auf welcher Grundlage das Holzbezugsrecht entstanden ist und ob es bei Inkrafttreten des Bürgerlichen Gesetzbuchs fortbestanden hat. Offen bleiben kann auch, ob es sich hierbei um eine schuldrechtliche oder um eine dingliche Rechtsposition handelt. Nicht entschieden zu werden braucht schließlich, ob das Recht bei Annahme einer dinglichen Rechtsposition an eine bestimmte Person gebunden war oder ähnlich wie eine Grunddienstbarkeit mit den holzbezugsberechtigten Häusern verbunden und mit dem Eigentum an dem Haus auf den Kläger übergegangen ist. Die Voraussetzungen für seine Ausübung lassen sich heute jedenfalls nicht mehr herstellen.
7
2. Das ergibt sich allerdings entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts nicht aus § 2 Abs. 2 OrtsbürgerRG.
8
a) Nach dieser Vorschrift findet von ihrem Inkrafttreten am 1. Januar 1963 an ein Nachrücken in die Nutzungsrechte von Ortsbürgern nicht mehr statt. Unmittelbar betrifft das nur Nutzungsrechte von Ortsbürgern an kommunalem Vermögen. Die Vorschrift gilt indessen nach § 5 Satz 1 OrtsbürgerRG für Nutzungsrechte von Ortsbürgern an Vermögensgegenständen Dritter entsprechend , wenn die Nutzungsrechte den Berechtigten oder ihren Rechtsvorgängern in ihrer Eigenschaft als Ortsbürger oder Einwohner einer Gemeinde eingeräumt worden sind und sich die Ausübung der Rechte und der Kreis der Berechtigten nach ortsrechtlichen Vorschriften und Gewohnheiten regeln. Diese Voraussetzungen sind hier nicht gegeben. An einer entsprechenden Überprüfung ist der Senat nicht deshalb gehindert, weil das hessische Ortsbürgerrechtsgesetz Landesrecht ist und es nur in dem Bezirk eines Oberlandesgerichts , nämlich des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main, gilt. Im vorliegenden Fall geht es nämlich um die nach revisiblem Recht zu beurteilende und deshalb einer revisionsrechtlichen Prüfung zugängliche (BGHZ 118, 295, 299; MünchKomm -ZPO/Wenzel, 3. Aufl., § 545 Rdn. 11) Vorfrage nach der Auslegung der Losholzberechtigung. Außerdem hat das Berufungsgericht § 5 Satz 1 Halbsatz 2 OrtsbürgerRG außer Betracht gelassen, wonach die Anwendung des § 2 Abs. 2 OrtsbürgerRG auf Nutzungsrechte von Ortsbürgern an Vermögensgegenständen Dritter von einer weiteren Voraussetzung abhängig ist, die hier nicht gegeben ist. Auch ein solcher Fehler ist revisibel (Senat, BGHZ 24, 159, 164; BGH, Urt. v. 11. Juli 1996, III ZR 133/95, NJW 1996, 3151 f.).
9
b) Das Berufungsgericht geht in Übereinstimmung mit der höchstrichterlichen hessischen Rechtsprechung davon aus, dass es sich bei den in § 2 Abs. 2 OrtsbürgerRG angesprochenen Nutzungsrechten der Ortsbürger um subjektivöffentliche Rechte handeln muss (so hess. StGH, ESVGH 17, 18 ff.). Es nimmt an, dass das Holzbezugsrecht ein solches subjektiv-öffentliches Recht darstellt. Das wiederum leitet es aus dem Umstand ab, dass die Eigentümer der holzbe- zugsberechtigten Grundstücke das Bezugsrecht nur ausüben dürfen, wenn sie Ortsbürger von G. sind. Diese Auslegung des Bezugsrechts durch das Berufungsgericht ist, weil das Recht nicht im Grundbuch eingetragen ist (dazu Senat, BGHZ 37, 147, 149; 92, 351, 355; Urt. v. 19. September 2008, V ZR 164/07, NJW 2008, 3703), revisionsrechtlich nur eingeschränkt überprüfbar (dazu: BGH, Urt. v. 14. Oktober 2003, VI ZR 425/02, NJW-RR 2004, 425, 426; Senat, Urt. v. 26. November 2004, V ZR 119/04, MittBayNot 2005, 395; Urt. v. 5. Mai 2006, V ZR 236/05, NJW-RR 2006, 1242). In diesem Rahmen ist sie aber zu beanstanden, weil das Berufungsgericht wesentlichen Auslegungsstoff unberücksichtigt gelassen hat.
10
c) Die Losholzberechtigung setzt zwar voraus, dass die Eigentümer der zum Bezug berechtigten Grundstücke Ortsbürger von G. sind. Es trifft ferner zu, dass ein Nutzungsrecht im Sinne dieser Vorschriften auch dann vorliegen kann, wenn es nicht allen Gemeindebürgern zusteht, sondern nur einzelnen Gruppen von ihnen. Grundlage dieses Holzbezugsrechts ist aber nach dem Urteil des Großherzoglichen Landgerichts Ortenberg nicht die Ortsbürgerschaft, sondern das holzbezugsberechtigte "Haus". Außerdem bestimmt sich die Ausübung dieses Bezugsrechts nicht allein nach der Ortsbürgerschaft, sondern entscheidend danach, ob der Eigentümer des bezugsberechtigten Hauses zu der Klasse der früher fronpflichtigen Untertanen gehört. Diese Fronpflicht muss auch nicht etwa gegenüber der Ortsgemeinde bestanden haben, sondern gegenüber den Vorfahren des Beklagten als den damaligen Leibherren. Beides sind keine Kategorien, nach denen Nutzungsrechte in einer Kommune an die Gemeindebürger ausgegeben oder zugeteilt werden.
11
d) Hinzu kommt, dass § 2 Abs. 2 OrtsbürgerRG nach § 5 Satz 1 OrtsbürgerRG auf Nutzungsrechte von Ortsbürgern an Privatgrundstücken nur anwendbar ist, wenn sich die Ausübung der Rechte und der Kreis der Berechtig- ten nach ortsrechtlichen Vorschriften und Gewohnheiten regeln. Dafür ist hier nichts ersichtlich. Wie sich aus dem Schreiben des Beklagten vom 24. Februar 2005 ergibt, haben die nach dem Urteil Berechtigten ihre Rechte gegenüber dem Beklagten selbst ausgeübt. Eine Zuteilung des Holzes durch Stellen der Gemeinden, wie sie etwa in § 6 des Gesetzes über die Abgabe von Losholz aus den Staatswaldungen in den ehemals kurhessischen Landesteilen vom 8. April 1952 (GVBl. S. 93) vor dessen Außerkrafttreten am 22. Dezember 2007 (gemäß Art. 8 Nr. 4 des Gesetzes vom 17. Dezember 2007, GVBl. I S. 911) vorgesehen war, oder eine andere Form der Beteiligung kommunaler Stellen an der Ausübung der Berechtigung hat nicht bestanden. Es ist auch nicht ersichtlich, dass das Ortsrecht von G. hierzu Vorschriften enthält oder in G. ortsrechtliche Gewohnheiten dazu bestehen. Anhaltspunkte dafür, dass der in dem Urteil festgelegte Kreis der Berechtigten inhaltlich ortsrechtlichen Vorschriften oder Gewohnheiten folgte, sind nicht vorgetragen oder sonst ersichtlich. Das Abstellen auf bestimmte Grundstücke sowie darauf, dass ihr Eigentümer zu der Klasse der früher fronpflichtigen Untertanen gehörte, lässt dies auch nicht erwarten. Denn die für die Berechtigung und die Ausübung maßgeblichen Kriterien sind der Zuteilung subjektiv-öffentlicher Rechte in einer Kommune fremd. Dies schließt einen Rechtsverlust des Klägers nach Maßgabe von § 2 Abs. 2 OrtsbürgerRG aus.
12
3. Das Urteil stellt sich aber aus einem anderen Grund als richtig dar (§ 561 ZPO). Ein Holzbezugsrecht des Klägers scheitert nämlich daran, dass das für die Ausübung entscheidende Bestandsmerkmal der Zugehörigkeit "zur Klasse der früher fronpflichtigen Untertanen" heute nicht mehr erfüllt werden kann.
13
a) Diese Voraussetzung für die Ausübung der Bezugsberechtigung ist nämlich nicht schon dann erfüllt, wenn der heutige Eigentümer eines bezugsbe- rechtigten Hauses Nachfahre eines früheren Eigentümers dieses Hauses ist, der vor dem 1. Juli 1813 im damaligen Großherzogtum Hessen fronpflichtig war. Ein solches eher formales Verständnis löste sich von dem sachlichen Aussagegehalt dieser Ausübungsvoraussetzungen und führte dazu, dass die Bezugsberechtigung im Ergebnis nur von einer genealogischen Zufälligkeit in der Familiengeschichte des gegenwärtigen Eigentümers abhinge. Welchen Sinn eine solche Regelung haben soll und was die Vorfahren des Beklagten dazu veranlasst haben kann, darauf abzustellen, hat der Kläger nicht dargelegt. Eine plausible Erklärung findet diese Ausübungsvoraussetzung jedenfalls auf der Grundlage des vorgelegten Urteils des Großherzoglichen Landgerichts Ortenberg nur, wenn der sachliche Aussagegehalt der Bezugsnahme auf die frühere Fronpflicht berücksichtigt wird. Dann nämlich zeigt die Ausübungsvoraussetzung , dass auch die Einräumung der Losholzberechtigung, wie die der im gleichen Urteil ausgesprochenen, auf der Losholzberechtigung aufbauenden Geschirr -Losholzberechtigung (zu dieser Senat, Urt. v. 13. Juni 2008, V ZR 132/07, juris), kein Akt der Freigiebigkeit der Vorfahren des Beklagten war, sondern einem Bedürfnis diente. Dieses Bedürfnis kann bei der hier zu beurteilenden Losholz-Berechtigung nur darin gesehen werden, den früher fronpflichtigen Eigentümern der bezugsberechtigten Häuser einen Ausgleich für die bei Aufhebung der Fronpflicht entstehenden Belastungen zu geben.
14
b) Diese Belastungen ergaben sich daraus, dass die Fronpflicht im Gebiet des früheren Großherzogtums Hessen, in dem G. liegt, durch § 1 Abs. 1 des (Großherzoglich hessischen) Gesetzes, die Aufhebung der Leibeigenschaft und die dem Leibherrn zu leistende Entschädigung betreffend, vom 25. Mai 1811 (Archiv der Großherzoglich hessischen Gesetze und Verordnungen , Bd. 1, 1834 S. 631) zum Ablauf des 30. Juni 1813 nicht, wie der Beklagte meint, entschädigungslos aufgehoben worden ist. Die früher fronpflichtigen Bürger hatten dem Leibherrn vielmehr nach § 1 Abs. 1 des Gesetzes vom 25. Mai 1811 für den Verlust der Frondienste eine Entschädigung nach näherer Maßgabe von § 4 des Gesetzes zu zahlen. Hierüber hatte sich der Leibherr mit den fronpflichtigen Bürgern zu verständigen (nach § 3 des Gesetzes). Eine solche Verständigung sollte zwar nach § 18 des Gesetzes zu einer endgültigen Aufhebung der aus der Leibeigenschaft folgenden wechselseitigen Pflichten führen und das Entstehen vergleichbarer langfristiger Verpflichtungen vermeiden. Das schloss aber nicht aus, dass im Zusammenhang mit der Aufhebung der Fronpflicht längerfristige Verbindlichkeiten oder Berechtigungen begründet wurden. Dazu konnte auch eine Vereinbarung gehören, den früher fronpflichti- gen Bürgern zum Ausgleich für die Ablösung der Fronpflicht die Entnahme von Losholz zu gestatten.
15
c) Ob und gegebenenfalls welche Vereinbarungen zwischen den Vorfahren des Beklagten und den ihm früher fronpflichtigen Bürgern in G. getroffen worden sind, ist nicht vorgetragen und auch nicht festzustellen. Darauf kommt es aber auch nicht entscheidend an. Aus der Bezugnahme auf die Aufhebung der Fronpflicht in den Bedingungen für die Ausübung des Holzbezugsrechts ergibt sich, dass die Eigentümer der grundsätzlich holzbezugsberechtigten Grundstücke nur dann zum Holzbezug berechtigt sind, wenn noch irgendein Zusammenhang zu der Aufhebung der Fronpflicht im Großherzogtum Hessen im Jahre 1813 hergestellt werden kann.
16
d) Dass das der Fall wäre, hat der Kläger nicht aufgezeigt. Es liegt auch fern. Die Aufhebung der Fronpflicht lag bei Beendigung des Holzbezugs durch den Beklagten zum Ablauf des 31. Dezember 2005 mehr als 190 Jahre zurück. Auch seit dem Urteil des Großherzoglichen Landgerichts Ortenberg vom 24. Mai 1871 waren schon mehr als 130 Jahre verstrichen. Der historisch einmalige Vorgang der Abschaffung der Leibeigenschaft war nach diesem langen Zeitraum endgültig abgeschlossen. Anhaltspunkte dafür, dass die in diesem Zusammenhang etwa eingeräumten Berechtigungen ihren Zweck, entgangene Dienste und Berechtigungen auszugleichen, wie er in den in dem Urteil des Großherzoglichen Landgerichts Ortenberg vom 24. Mai 1871 festgestellten Bedingungen zum Ausdruck kommt, noch nicht vollständig erreicht haben könnte, sind weder vorgetragen noch sonst ersichtlich. Heute gibt es keinen Grundstückseigentümer mehr, der aus der Aufhebung der Leibeigenschaft im Jahre 1813 noch Rechte ableiten und damit einer Klasse früher fronpflichtiger Untertanen zugerechnet werden könnte. Das Holzbezugsrecht, auf das sich der Kläger beruft, kann damit heute jedenfalls nicht mehr ausgeübt werden.

III.

17
Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO. Krüger Lemke Schmidt-Räntsch Stresemann Czub
Vorinstanzen:
AG Büdingen, Entscheidung vom 30.08.2007 - 2 C 608/06 (21) -
LG Gießen, Entscheidung vom 20.02.2008 - 1 S 272/07 -

ra.de-Urteilsbesprechung zu Bundesgerichtshof Urteil, 20. Feb. 2009 - V ZR 57/08

Urteilsbesprechung schreiben

0 Urteilsbesprechungen zu Bundesgerichtshof Urteil, 20. Feb. 2009 - V ZR 57/08

Referenzen - Gesetze

Bundesgerichtshof Urteil, 20. Feb. 2009 - V ZR 57/08 zitiert 5 §§.

Gesetz über den Lastenausgleich


Lastenausgleichsgesetz - LAG

Zivilprozessordnung - ZPO | § 97 Rechtsmittelkosten


(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat. (2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vo

Zivilprozessordnung - ZPO | § 561 Revisionszurückweisung


Ergibt die Begründung des Berufungsurteils zwar eine Rechtsverletzung, stellt die Entscheidung selbst aber aus anderen Gründen sich als richtig dar, so ist die Revision zurückzuweisen.

Referenzen - Urteile

Urteil einreichen

Bundesgerichtshof Urteil, 20. Feb. 2009 - V ZR 57/08 zitiert oder wird zitiert von 5 Urteil(en).

Bundesgerichtshof Urteil, 20. Feb. 2009 - V ZR 57/08 zitiert 5 Urteil(e) aus unserer Datenbank.

Bundesgerichtshof Urteil, 26. Nov. 2004 - V ZR 119/04

bei uns veröffentlicht am 26.11.2004

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL V ZR 119/04 Verkündet am: 26. November 2004 K a n i k , Justizamtsinspektorin als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Der V. Zivilsenat des Bundesgerichtsh

Bundesgerichtshof Urteil, 05. Mai 2006 - V ZR 236/05

bei uns veröffentlicht am 05.05.2006

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL V ZR 236/05 Verkündet am: 5. Mai 2006 K a n i k, Justizamtsinspektorin als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein BGHR:

Bundesgerichtshof Urteil, 13. Juni 2008 - V ZR 132/07

bei uns veröffentlicht am 13.06.2008

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL V ZR 132/07 Verkündet am: 13. Juni 2008 L e s n i a k, Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes h

Bundesgerichtshof Urteil, 19. Sept. 2008 - V ZR 164/07

bei uns veröffentlicht am 19.09.2008

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL V ZR 164/07 Verkündet am: 19. September 2008 Weschenfelder Justizhauptsekretärin als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: n

Bundesgerichtshof Urteil, 14. Okt. 2003 - VI ZR 425/02

bei uns veröffentlicht am 14.10.2003

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL VI ZR 425/02 Verkündet am: 14. Oktober 2003 Böhringer-Mangold, Justizhauptsekretärin als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein

Referenzen

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
V ZR 164/07 Verkündet am:
19. September 2008
Weschenfelder
Justizhauptsekretärin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja

a) Sind der Berechtigte einer Grunddienstbarkeit und der Eigentümer des dienenden
Grundstücks zur gleichberechtigten Mitbenutzung des Grundstücks befugt, können
sie voneinander in entsprechender Anwendung von § 745 Abs. 2 BGB eine Ausübungsregelung
verlangen.

b) Die aus einer Ausübungsregelung folgenden Ausübungsbeschränkungen können
auch vor deren Zustandekommen mit den Unterlassungsansprüchen nach §§ 1004,
1027 BGB geltend gemacht werden.
BGH, Urteil vom 19. September 2008 - V ZR 164/07 - OLG Frankfurt am Main
LG Darmstadt
Der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche Verhandlung
vom 19. September 2008 durch die Richter Dr. Klein, Dr. Lemke, Dr. SchmidtRäntsch
, die Richterin Dr. Stresemann und den Richter Dr. Czub

für Recht erkannt:
Auf die Rechtsmittel beider Parteien wird das Urteil des 24. Zivilsenats in Darmstadt des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main vom 14. September 2007 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben , als darin über den Unterlassungsanspruch der Klägerin und ihren Zahlungsanspruch für die Nutzung der Parkplätze in der Vergangenheit entschieden worden ist.
Im Übrigen wird die Anschlussrevision der Klägerin mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass die Klage wegen des Feststellungsantrags als unzulässig abgewiesen wird.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand


1
K. B. war Eigentümer der Grundstücke H. str. 14 (herrschendes Grundstück) und H. str. 16 (dienendes Grundstück) in R. . Mit Ver- trag vom 23. September 1980 verkaufte er das Grundstück H. str. 14. In dem Kaufvertrag wurde die Bestellung einer Dienstbarkeit zugunsten der jeweiligen Eigentümer des herrschenden Grundstücks vereinbart und bewilligt, die diese berechtigt, "die (auf dem dienenden Grundstück) befindlichen PKW-Abstellplätze mitzube- nutzen und dieses Recht auch Dritten zu überlassen, …; es müssen den Berechtigten mindestens 6 Parkplätze, 2 davon markiert, zur Verfügung stehen."
2
Die Dienstbarkeit wurde unter Bezugnahme auf die Bewilligung in das Grundbuch eingetragen.
3
Auf dem dienenden Grundstück befinden sich derzeit 25 Parkplätze. Außer der Grunddienstbarkeit lastet auf ihm eine Stellplatzbaulast zugunsten des herrschenden Grundstücks. Der Beklagte ist Miteigentümer des herrschenden Grundstücks. Er betreibt dort eine Apotheke. Einen Teil der Räume in den Gebäuden auf dem Grundstück hat er an verschiedene Ärzte vermietet.
4
Im Dezember 2005 erwarb die Klägerin das dienende Grundstück. Sie behauptet, die Angestellten und Kunden der Apotheke und der Arztpraxen belegten tagsüber alle Parkplätze. Sie verlangt von dem Beklagten, es zu unterlassen , andere als die Parkplätze 1 bis 6 zu nutzen oder Dritten zur Nutzung zu überlassen, Ersatz vorgerichtlicher Kosten, Zahlung von 9.500 € nebst Zinsen als Entgelt für die Nutzung der übrigen 19 Parkplätze im Zeitraum von Januar bis Oktober 2006 und die Feststellung der Verpflichtung des Beklagten, für die künftige Nutzung dieser Parkplätze je 50 € im Monat zu zahlen.
5
Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Unter Zurückweisung der weitergehenden Berufung der Klägerin hat das Oberlandesgericht dem Beklag- ten die Nutzung der Parkplätze 12 bis 25 verboten. Dagegen richtet sich dessen von dem Senat zugelassene Revision, mit welcher der Beklagte die Wiederherstellung des landgerichtlichen Urteils erstrebt. Mit der Anschlussrevision verfolgt die Klägerin ihr Klageziel weiter und beantragt hilfsweise, den Beklagten zur Bewilligung der Eintragung einer Nutzungsregelung zu verurteilen, nach welcher diesem die Parkplätze 1 bis 11 und ihr die Parkplätze 12 bis 25 zur alleinigen Nutzung zur Verfügung zu stehen haben.

Entscheidungsgründe


I.


6
Das Berufungsgericht hält den Unterlassungsantrag für teilweise begründet. Die vollständige Benutzung der Parkplätze durch die Angestellten und Kunden seiner Apotheke und der Arztpraxen sei dem Beklagten zuzurechnen. Die Regelung im Kaufvertrag vom 23. September 1980 sei nicht eindeutig und auslegungsbedürftig. Die begleitende Baulast spreche dafür, dass dem Beklagten neun Parkplätze zur alleinigen Nutzung zur Verfügung stünden. Jedenfalls sei das Begleitschuldverhältnis zu der bestellten Dienstbarkeit nach § 313 BGB anzupassen und eine Treu und Glauben gerecht werdende Lösung zu finden. Diese ergebe sich aus dem Vorschlag des Beklagten im Rahmen von Vergleichsverhandlungen im Vorfeld des Rechtsstreits. Dort habe der Beklagte vorgeschlagen, die Parkplätze 1 bis 11 zu nutzen und der Klägerin die übrigen Parkplätze zu überlassen. Zahlungsansprüche der Klägerin bestünden nicht. Das Recht zur Nutzung der Parkplätze auf dem dienenden Grundstück sei im Vertrag ausdrücklich als unentgeltlich bezeichnet worden.

II.


7
Das hält einer revisionsrechtlichen Prüfung nicht stand.
8
A. Zur Revision des Beklagten
9
Die Revision ist begründet. Die Klägerin kann nach § 1004 Abs.1 BGB von dem Beklagten zwar grundsätzlich verlangen, bestimmte Parkplätze auf ihrem Grundstück nicht (mehr) zu benutzen. Voraussetzung hierfür ist jedoch eine dem Interesse der Klägerin einerseits und des Beklagten und der übrigen Miteigentümer seines Grundstücks anderseits nach billigem Ermessen entsprechende Nutzungsregelung. Dass die von ihm vorgenommene Zuteilung der Parkplatznutzung dem entspricht, hat das Berufungsgericht nicht festgestellt. Dies ist aber auch nicht auszuschließen.
10
1. Der Unterlassungsanspruch der Klägerin lässt sich nicht damit begründen , dass der Beklagte schon nach dem Inhalt der Dienstbarkeit nur bestimmte Parkplätze benutzen dürfte.
11
a) Der Umfang der Dienstbarkeit wird von deren Eintragung im Grundbuch bestimmt. Deren Auslegung unterliegt in vollem Umfang der Nachprüfung durch den Senat (st. Rechtspr., vgl. Senat BGHZ 37, 147, 149; 92, 351, 355). Die nach dem öffentlichen Recht zu beantwortende Frage nach dem Umfang und den Umständen des Zustandekommens der Baulast an dem Grundstück hat keinen Niederschlag in der Eintragungsbewilligung und damit im Grundbuch gefunden. Bedeutung bei der Auslegung des Inhalts der Berechtigung, die die Dienstbarkeit gewährt, kommt ihr nicht zu.
12
b) Nach der in dem Kaufvertrag vom 23. September 1980 enthaltenen Bewilligung darf der jeweilige Eigentümer des herrschenden Grundstücks "die" Parkplätze auf dem dienenden Grundstück mitbenutzen. Die einschränkungslose Verwendung des bestimmten Artikels "die" ist sprachlich gleichbedeutend mit "sämtliche" und lässt, für sich genommen, keinen Zweifel daran, dass der Beklagte (und seine Mieter) alle Parkplätze auf dem Grundstück der Klägerin mitbenutzen dürfen.
13
c) Zweifel ergeben sich entgegen den Andeutungen des Berufungsgerichts auch nicht aus dem Zusatz der Bewilligung, dass dem Berechtigten "mindestens 6 Parkplätze, 2 davon markiert, zur Benutzung zur Verfügung stehen" müssen. Diese Passage deutet darauf hin, dass sechs Parkplätze von dem Berechtigten nicht nur mitbenutzt werden dürfen, sondern für ihn vorgehalten werden müssen. Das bedeutet aber nicht, dass der Beklagte und seine Mieter die übrigen Parkplätze auf dem Grundstück der Klägerin nicht nutzen dürften. Zwar könnte man grundsätzlich aus der Berechtigung zur exklusiven Nutzung einer bestimmten Zahl von Parkplätzen den Schluss ziehen, dass dem Berechtigten im Gegenzug eine Nutzung weiterer Parkplätze nicht zusteht. Diesem Schluss steht hier aber die ausdrückliche Vereinbarung entgegen, dass die Nutzung von sechs Stellplätzen die Bestimmung einer Mindestbefugnis bildet, die die Nutzungsberechtigung an den übrigen Stellplätzen gerade nicht einschränkt.
14
2. Ein Unterlassungsanspruch der Klägerin im ausgeurteilten Umfang lässt sich auch nicht daraus ableiten, dass die Nutzungsberechtigung des Beklagten aus der Dienstbarkeit im Wege der Anpassung nach § 313 BGB zu beschränken wäre.
15
a) Eine Anpassung würde sich zwar gemäß Art. 229 § 5 Satz 2 EGBGB nach § 313 BGB richten. Es fehlt jedoch schon an einem anpassungsfähigen Vertrag.
16
aa) Die Grunddienstbarkeit selbst scheidet insoweit aus. Eine Dienstbarkeit wird zwar nach § 873 BGB durch Vertrag bestellt. Grundlage des - dinglichen - Vertrags ist die im Kaufvertrag vom 23. September 1980 vereinbarte schuldrechtliche Bestellungsverpflichtung. Nur deren Geschäftsgrundlage könnte entfallen sein. Nur diese könnte anzupassen sein. Hierfür ist nichts ersichtlich. Davon geht auch das Berufungsgericht aus.
17
bb) Entgegen dessen Meinung scheidet aber auch das Begleitschuldverhältnis der Dienstbarkeit als Grundlage einer Anpassung aus. Das Begleitschuldverhältnis entsteht als gesetzliche Folge der Bestellung der Dienstbarkeit. Es hat dienende Funktion (Staudinger/Mayer, BGB [2002], § 1018 Rdn. 80) und umfasst die das Nutzungsrecht begleitenden Pflichten des aus der Dienstbarkeit Berechtigten (Senat, BGHZ 95, 144, 146), aber auch entsprechende Pflichten des Eigentümers des belasteten Grundstücks (Senat, BGHZ 106, 348, 350). Diese Pflichten bestimmen sich nach Inhalt und Zweck der Dienstbarkeit. Deshalb lässt sich etwa ein Anspruch gegen den Eigentümer des dienenden Grundstücks auf Zustimmung zur Eintragung einer öffentlich-rechtlichen Baulast aus dem Begleitschuldverhältnis nur ableiten, wenn die Dienstbarkeit den Zweck hat, die Bebauung des herrschenden Grundstücks zu ermöglichen (Senat , BGHZ 106, 348, 351; Urt. v. 3. Juli 1992, V ZR 218/91, NJW 1992, 2885, 2886; Beschl. v. 15. Mai 2008, V ZR 204/07, juris). Bestimmt die Dienstbarkeit den Inhalt des Begleitschuldverhältnisses, kann dieses schon vom gedanklichen Ansatz her nicht zur Änderung des Inhalts der Dienstbarkeit verpflichten.
18
b) Des Weiteren fehlt es an einem Anpassungsgrund. Ein solcher Grund ist nach § 313 Abs. 1 und 2 BGB entweder eine schwerwiegende Veränderung von Umständen, die zur Grundlage des Vertrags geworden sind, oder der Umstand , dass sich wesentliche Vorstellungen, die zur Grundlage des Vertrags geworden sind, als falsch herausstellen. Weder den einen noch den anderen Fall nimmt das Berufungsgericht an. Es stützt die Anpassung des Rechts zur Ausübung der eingetragenen Dienstbarkeit allein auf den Umstand, dass die von dem Beklagten praktizierte Ausübung den Geboten von Treu und Glauben nicht entspreche. Das ist kein Fall, in dem § 313 BGB eine Anpassung vorsieht.
19
3. Die teilweise Verurteilung des Beklagten stellt sich auch nicht aus anderen Gründen als richtig dar.
20
a) Der Klägerin kann zwar unter dem Gesichtspunkt der Übermaßnutzung ein Unterlassungsanspruch nach § 1004 Abs. 1 BGB zustehen. Die Nutzung der Parkplätze könnte nämlich gegen Gebot der schonenden Nutzung (§ 1020 Satz 1 BGB) verstoßen. Eine in diesem Sinne übermäßige Nutzung braucht der Eigentümer des dienenden Grundstücks nicht zu dulden (Senat, Urt. v. 6. Februar 2004, V ZR 196/03, VIZ 2004, 328, 330; Erman/Grizwotz, BGB, 12. Aufl., § 1020 Rdn. 1; Staudinger/Mayer, aaO § 1020 Rdn. 9).
21
b) Ein solcher Unterlassungsanspruch bietet aber keine taugliche Grundlage für die Verurteilung des Beklagten durch das Berufungsgericht. Nach § 1004 Abs. 1 BGB könnte der Eigentümer des dienenden Grundstücks von dem Berechtigten nämlich nur verlangen, die übermäßige Nutzung zu unterlassen. Ein Anspruch auf einen vollständigen oder teilweisen Verzicht auf die Ausübung der Dienstbarkeit, wie ihn das Berufungsgericht annimmt, folgt aus der Übermaßnutzung dagegen nicht (Senat, Urt. v. 30. März 1965, V ZR 43/63, NJW 1965, 1229; Erman/Grziwotz, aaO; Staudinger/Mayer, aaO).
22
4. Die Sache ist nicht zur Entscheidung reif.
23
a) Der zuerkannte Unterlassungsanspruch kann sich nämlich, worauf die Anschlussrevision im Ergebnis zutreffend hinweist, daraus ergeben, dass die Klägerin von dem Beklagten und den anderen Miteigentümern des herrschenden Grundstücks die Zustimmung zu einer Ausübungsregelung verlangen kann, die dem Beklagten die Stellplätze 1 bis 11 zuweist und die Nutzung der übrigen Stellplätze durch ihn untersagt.
24
aa) Ein Grundstückseigentümer, der von dem Berechtigten eine bestimmte Ausübungsregelung verlangen kann, ist nicht verpflichtet, zunächst auf den Abschluss einer entsprechenden Regelung zu klagen. Er ist vielmehr berechtigt , auch ohne das vorherige Zustandekommen einer solchen Regelung nach § 1004 Abs. 1 BGB zu verlangen, eine Ausübung der Dienstbarkeit zu unterlassen, die der geschuldeten Ausübungsregelung widerspricht (für § 1024 BGB: BGH, Urt. v. 28. Mai 1979, III ZR 76/77, LM Nr. 1 zu § 1024 BGB; Bamberger /Roth/Wegmann, BGB, 2. Aufl., § 1024 Rdn. 6; Erman/Grziwotz, aaO, § 1024 Rdn. 2; MünchKomm-BGB/Falckenberg, 4. Aufl., § 1024 Rdn. 3; NKBGB /Otto, § 1024 Rdn. 10; RGRK/Rothe, BGB, 12. Aufl., § 1024 Rdn. 4; wohl auch Staudinger/Mayer, aaO, § 1024 Rdn. 8 f.).
25
bb) Aus § 1024 BGB lässt sich ein solcher Anspruch im vorliegenden Fall zwar nicht ableiten. Die Vorschrift spricht neben den Berechtigten aus einer Grunddienstbarkeit auch andere Nutzungsberechtigte an. Das Eigentum scheidet aber, worauf die Revision zu Recht hinweist, nach allgemeiner Meinung als sonstiges Nutzungsrecht aus (RGZ 105, 186, 191; Erman/Grziwotz, aaO, § 1024 Rdn. 1; MünchKomm-BGB/Falckenberg, aaO, § 1024 Rdn. 2; NKBGB /Otto, aaO, § 1024 Rdn. 4; RGRK/Rothe, aaO, § 1024 Rdn. 2; Staudinger /Mayer, aaO, § 1024 Rdn. 5; wohl auch BGH, Urt. v. 28. Mai 1976, III ZR 76/77, LM Nr. 1 zu § 1024 BGB). Eine § 1024 BGB entsprechende Vorschrift ist nur bei Inhabern nebeneinander bestehender beschränkter dinglicher Rechte an einem Grundstück notwendig, weil es an einer rechtlichen Verbindung der Rechtsinhaber untereinander fehlt. Eine solche Verbindung ist im Verhältnis des Berechtigten einer Dienstbarkeit zum Eigentümer des dienenden Grundstücks demgegenüber vorhanden und für ihr Verhältnis untereinander maßgeblich (NK-BGB/Otto, aaO, § 1024 Rdn. 4).
26
cc) Als Grundlage eines Anspruchs auf Vereinbarung einer Ausübungsregelung kommt aber § 745 Abs. 2 BGB in Betracht. Dürfen Berechtigter und Eigentümer, wie hier, nach dem Inhalt einer Dienstbarkeit das Grundstück in bestimmter Beziehung gleichberechtigt nutzen, liegt eine der Gemeinschaft vergleichbare Lage vor, die es rechtfertigt, auf die für diese geltenden Vorschriften zurückzugreifen. Das hat der Senat für die Pflicht zur Unterhaltung einer gemeinschaftlich genutzten Anlage entschieden (Senat, BGHZ 161, 115, 123). Für die Ausübung der beiderseitigen Nutzungsbefugnisse gilt jedenfalls in der hier gegebenen Konstellation nichts anderes. Zwar können Meinungsverschiedenheiten über die Vereinbarkeit eines bestimmten Verhaltens des Berechtigten bei der Ausübung der Dienstbarkeit oder dem Gebot ihrer schonender Ausübung auch ohne Rückgriff auf das Gemeinschaftsverhältnis durch die Geltendmachung der Unterlassungsansprüche nach § 1004 BGB und, im umgekehrten Fall, nach § 1027 BGB geklärt werden. Anders liegt es aber dann, wenn, wie hier, das von der Dienstbarkeit gewährte Recht neben das Recht des Eigentümers tritt und das Verhalten des Berechtigten für sich genommen dem Inhalt der Dienstbarkeit entspricht. Die Beeinträchtigung des Eigentums liegt dann nicht in einem Verhalten des Berechtigten, das Gegenstand eines Unterlassungsanspruchs sein könnte, sondern ergibt sich aus dem Fehlen einer Ausübungsregelung. Diese kann der Eigentümer in entsprechender Anwendung von § 745 Abs. 2 BGB, sei es durch eine Klage auf Abschluss einer entsprechenden Vereinbarung, sei es durch eine Klage auf Unterlassung einer ihr widersprechenden Ausübung der Dienstbarkeit, durchsetzen.
27
b) Zu einer Unterlassung der Parkplatznutzung in dem von dem Berufungsgericht zuerkannten Umfang ist der Beklagte nach § 1004 Abs. 1 i. V. m. § 745 Abs. 2 BGB aber nur verpflichtet, wenn die in der Verurteilung vorgenommene Zuweisung der Parkplätze den Interessen der Parteien, aber auch der anderen Miteigentümer des herrschenden Grundstücks, nach billigem Ermessen entspricht. Dass und aus welchen Gründen das der Fall ist, hat das Berufungsgericht nicht festgestellt. Der Vergleichsvorschlag des Beklagten scheidet als Grundlage hierfür von vornherein aus. Er beschreibt nur die Interessen des Beklagten selbst, nicht das – auch zu berücksichtigende – Interesse der übrigen Miteigentümer des herrschenden Grundstücks und besagt zudem das Gegenteil dessen, was das Berufungsgericht seiner Entscheidung insoweit zugrunde gelegt hat. Der Beklagte hat in seinem Vorschlag die Nutzung der Parkplätze 12 bis 25 keineswegs vollständig aufgeben wollen, sondern sich die weitere Mitbenutzung dieser Plätze ausdrücklich vorbehalten.
28
c) In der neuen Verhandlung wird zu prüfen sein, welche Zuweisung aus welchen Gründen von Parkplätzen billigem Ermessen entspricht. Die Parteien haben dabei Gelegenheit zu dem entscheidenden, von ihnen in den Tatsacheninstanzen übersehenen rechtlichen Ansatz Stellung zu nehmen und ihr Vorbringen zu ergänzen.

29
B. Zur Anschlussrevision der Klägerin
30
Die Anschlussrevision der Klägerin ist teilweise begründet. Ihr können Ansprüche auf alleinige Nutzung zusätzlicher Stellplätze und auf Zahlung von Nutzungsentschädigung für die Vergangenheit zustehen. Ein Anspruch auf Ersatz vorgerichtlicher Kosten steht ihr nicht zu. Der Feststellungsantrag ist unzulässig.
31
1. Ein Anspruch gegen den Beklagten, die Parkplätze 7 bis 25 nicht zu nutzen, steht der Klägerin aus den oben dargelegten Gründen zwar nicht zu. Ohne die erforderlichen Feststellungen lässt sich aber auch nicht ausschließen, dass es billigem Ermessen entspricht, der Klägerin bei entsprechendem Antrag mehr als die Parkplätze 12 bis 25 zur Nutzung zuzuweisen.
32
2. Der Klägerin kann auch ein Anspruch auf Entschädigung für die Nutzung der Parkplätze in der Vergangenheit zustehen. Ihr stünden nämlich in entsprechender Anwendung von § 743 BGB nach Maßgabe einer noch festzustellenden Ausübungsregelung die Früchte der Benutzung der ihr zugewiesenen Parkplätze zu (Senat, Urt. v. 29. Juni 1966, V ZR 163/63, NJW 1966, 1707, 1708). Daran änderte es nichts, dass der Vertrag vom 23. September 1980 eine Entschädigung für die Nutzung des dienenden Grundstücks nicht vorsieht. Die Entschädigung für die Nutzung ist aber erst von dem Zeitpunkt an geschuldet, zu dem die Klägerin selbst eine Ausübungsregelung gerichtlich geltend macht oder zu dem der Beklagte ihr die Mitbenutzung hartnäckig verweigert hat (Senat , Urt. v. 29. Juni 1966, V ZR 163/63, aaO, 1709). Die gerichtliche Geltendmachung kann auch im Wege der Unterlassungsklage erfolgen; eine hartnäckige Verweigerung der Mitbenutzung könnte in dem Schreiben des Beklagten vom 23. März 2006 zu sehen sein, in welchem er von der Klägerin verlangt hat, ihm 16 Parkplätze zur alleinigen Nutzung zu überlassen. In welchem Umfang danach ein Zahlungsanspruch besteht, hängt von dem festzustellenden Inhalt der Ausübungsregelung und der Bewertung des genannten Verhaltens des Beklagten ab.
33
3. Der Antrag auf Feststellung der Ersatzpflicht des Beklagten für die Zukunft ist schon deshalb unzulässig, weil es an einem Feststellungsinteresse fehlt. Es ist weder vorgetragen noch erkennbar, dass der Beklagte eine Ausübungsregelung , die das Berufungsgericht seiner Entscheidung über den geltend gemachten Unterlassungsanspruch zugrunde zu legen hat, nicht einhalten wird.
34
4. Ersatz ihrer vorgerichtlichen Kosten kann die Klägerin nur aus Verzug gemäß § 280 Abs. 1 und 2, § 286 BGB verlangen. Dessen Voraussetzungen sind weder vorgetragen noch ersichtlich.

III.


35
Für die neue Verhandlung weist der Senat auf Folgendes hin:
36
1. Bei der Prüfung, ob die von der Klägerin zu bezeichnende Ausübungsregelung billigem Ermessen entspricht, ist in entsprechender Anwendung von § 742 BGB als Regel davon auszugehen, dass der Berechtigte und der Grundstückseigentümer in gleichem Umfang zur Benutzung der Parkplätze berechtigt sind.
37
2. Sodann ist zu prüfen, welche objektiven Gesichtspunkte in welchem Umfang unter Berücksichtigung der beiderseitigen Nutzungsbedürfnisse eine Abweichung hiervon gebieten. Dabei sind neben den Interessen der Parteien die Interessen der übrigen Miteigentümer des herrschenden Grundstücks einzubeziehen. Insoweit sind über den Inhalt der Dienstbarkeit hinaus der mit ihrer Bestellung verfolgte Zweck und die begleitende Baulast zu berücksichtigen.
38
3. Das Berufungsgericht ist auch nicht gehindert, seiner Entscheidung eine andere Ausübungsregelung zugrunde zu legen als die von der Klägerin geltend gemachte, wenn diese billigem Ermessen entspricht. Bei der Klage auf Abschluss einer solchen Regelung wäre zwar die Verurteilung zu einer anderen als der beantragten Ausübungsregelung möglicherweise nicht zulässig (BGH, Urt. v. 29. September 1993, XII ZR 43/92, NJW 1993, 3326, 3327; Bamberger /Roth/Gehrlein, aaO, § 745 Rdn. 11; Palandt/Sprau, BGB, 67. Aufl., § 745 Rdn. 5; vgl. aber auch Senat, Urt. v. 12. Mai 2006, V ZR 97/05, NJW 2006, 2843, 2845). Hier geht es aber nicht um den Abschluss der Ausübungsregelung , sondern darum, das berechtigte Maß der Nutzung des dienenden Grundstücks durch den Beklagten zu bestimmen. Diese Bestimmung kann und muss das erkennende Gericht selbst vornehmen, wenn zwar nicht die von dem Unterlassungskläger zugrunde gelegte Ausübungsregelung, wohl aber eine andere beansprucht werden kann und der Unterlassungsanspruch deshalb ganz oder teilweise besteht.
Klein Lemke Schmidt-Räntsch
Stresemann Czub

Vorinstanzen:
LG Darmstadt, Entscheidung vom 19.04.2007 - 3 O 437/06 -
OLG Frankfurt in Darmstadt, Entscheidung vom 14.09.2007 - 24 U 74/07 -

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
VI ZR 425/02 Verkündet am:
14. Oktober 2003
Böhringer-Mangold,
Justizhauptsekretärin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
Der Tatrichter verstößt gegen § 286 Abs. 1 ZPO, wenn er den ihm unterbreiteten
Sachverhalt verfahrensfehlerhaft nicht ausschöpft und die Beweise nicht umfassend
würdigt.
BGH, Urteil vom 14. Oktober 2003 - VI ZR 425/02 - OLG München
LG München I
Der VI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 14. Oktober 2003 durch die Vorsitzende Richterin Dr. Müller, den Richter
Wellner, die Richterin Diederichsen und die Richter Stöhr und Zoll

für Recht erkannt:
Auf die Revision des Beklagten wird das Urteil des 19. Zivilsenats des Oberlandesgerichts München vom 24. Januar 2002 aufgehoben. Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

Der Kläger fordert von dem Beklagten, einem Bankdirektor, Schadensersatz wegen des Vorwurfs täuschender Angaben bei der Bewilligung einer Bürgschaft und einer Grundschuld für an den Zeugen H. und dessen Ehefrau gewährte Kredite. Die Bank des Beklagten gewährte im März 1991 dem Ehepaar H. zwei Barkredite über 100.000 DM und 40.000 DM, die bereits per 24. April 1991 mit fast 70.000 DM überzogen waren. Sie forderte die Eheleute deshalb an diesem Tag auf, die Überziehung bis spätestens 6. Mai 1991 zurückzuführen.
Am 15. Mai 1991 übernahm der Kläger für die Verbindlichkeiten eine Höchstbetragsbürgschaft über 200.000 DM und gab für eine bereits am 8. August 1990 bestellte Grundschuld in Höhe von 200.000 DM an seinem Hausgrundstück die Zweckbestimmungserklärung ab, daß die Grundschuld Forderungen der Bank gegen das Ehepaar H. sichern solle. Zu diesem Zeitpunkt wies der Bankkredit einen Sollsaldo von rund 227.000 DM auf. Am 23. Mai 1991 räumte die Bank dem Ehepaar H. einen Ratenkredit in Höhe von 200.000 DM ein, der teilweise zur Umschuldung des Barkredits verwandt wurde, so daß im Endergebnis die weitere Krediteinräumung 100.000 DM betrug. Da das Ehepaar die Kredite nicht bediente, wurden diese am 6. August 1992 mit einem Sollsaldo von insgesamt 433.931,88 DM gekündigt. Der Kläger wurde von der Bank aus der Bürgschaft in Anspruch genommen ; sein Hausgrundstück wurde zwangsweise verwertet. Der Kläger macht den erlittenen Schaden gegen den Beklagten geltend, weil er bei der Gewährung der Kreditsicherungen von dem Zeugen H. und dem Beklagten getäuscht worden sei. Der Beklagte habe die Rückführung des ungesicherten Kredits gefährdet gesehen. Daher habe er mit dem Zeugen H. vereinbart , im Rahmen seines neuen Kreditwunsches einen Sicherungsgeber beizubringen , dem er vorspiegeln sollte, daß es um einen Erstkredit gehe, bei dessen Absicherung es sich nur um eine Formsache handle. Dies habe der Beklagte bei der der Sicherungsstellung vorausgehenden Besprechung bestätigt. Nachdem das LG die Klage abgewiesen hatte, hat das Berufungsgericht den Beklagten zur Zahlung von 290.506,14 DM abzüglich 10.800 DM verurteilt. Mit der Revision verfolgt der Beklagte seinen Klageabweisungsantrag weiter.

Entscheidungsgründe:

I.

Nach Auffassung des Berufungsgerichts ist der Beklagte nach § 823 Abs. 2 BGB, §§ 263, 26 StGB zum Schadensersatz verpflichtet. Es ist auf Grund der Aussage des Zeugen H. davon überzeugt, der Beklagte habe diesen wegen des überzogenen und ungesicherten Kredits angesprochen und an R. verwiesen mit dem Hinweis, daß dieser jemanden – nämlich den Kläger - kenne , der ihm früher mit einer Grundschuld ausgeholfen habe. Er habe dem H. auch gesagt, dieser dürfe dem Sicherungsgeber nicht sagen, daß es sich um einen bereits laufenden Kredit handele, der schon überzogen sei, vielmehr solle er erklären, es handle sich um einen neuen Kredit, um geschäftlich expandieren zu können. Damit habe er den Kläger durch falsche Angaben und Verschweigen des wahren Sachverhalts zur Stellung von Sicherheiten bewegt. Dies habe letztlich zum Verlust von dessen Hausgrundstück geführt.

II.

Diese Ausführungen halten einer revisionsrechtlichen Überprüfung nicht stand. 1. Nach § 286 Abs. 1 ZPO hat das Gericht unter Berücksichtigung des gesamten Inhalts der Verhandlungen und des Ergebnisses einer Beweisaufnahme nach freier Überzeugung zu entscheiden, ob eine tatsächliche Behauptung für wahr oder für nicht wahr zu erachten ist. Diese Würdigung ist grundsätzlich Sache des Tatrichters, an dessen Feststellungen das Revisionsgericht nach § 561 ZPO a.F., § 559 ZPO gebunden ist. Revisionsrechtlich ist indessen zu überprüfen, ob der Tatrichter sich mit dem Prozeßstoff und den Beweiser-
gebnissen umfassend und widerspruchsfrei auseinandergesetzt hat, die Würdigung also vollständig und rechtlich möglich ist und nicht gegen Denkgesetze oder Erfahrungssätze verstößt (vgl. Senatsurteil vom 1. Oktober 1996 - VI ZR 10/96 - VersR 1997, 362, 364; BGH, Urteile vom 9. Juli 1999 - V ZR 12/98 - NJW 1999, 3481, 3482 und vom 14. Januar 1993 - IX ZR 238/91 - NJW 1993, 935, 937). 2. Die Revision macht mit Recht geltend, daß das Berufungsgericht unter Verstoß gegen § 286 Abs. 1 ZPO den ihm unterbreiteten Sachverhalt verfahrensfehlerhaft nicht ausgeschöpft und die Beweise nicht umfassend gewürdigt habe.
a) Eine tragende Erwägung der angegriffenen Entscheidung ist die Annahme , der Beklagte habe den Zeugen H. wegen des überzogenen und ungesicherten Kredits angesprochen und an R. verwiesen, dem der Kläger früher mit einer Grundschuld ausgeholfen hatte. Die „Beibringung“ des Klägers als Sicherungsgeber für den Zeugen H. habe auf dem „Beklagtentip R." beruht. Diese Würdigung stützt das Berufungsgericht entscheidend auf die Glaubhaftigkeit der Aussage des Zeugen H. und dessen Glaubwürdigkeit. Insoweit beanstandet die Revision zu Recht, daß sich das Berufungsgericht nicht mit dem Vorgang auseinandergesetzt hat, den der Zeuge G. bei seiner erstinstanzlichen Vernehmung geschildert hat und den das Berufungsgericht lediglich im Tatbestand seines Urteils erwähnt, noch mit weiteren, sich im Zusammenhang mit dieser Aussage aus der beigezogenen Strafakte ergebenden objektiven Umständen, deren Berücksichtigung möglicherweise zu einem für den Beklagten günstigen Ergebnis geführt hätte. Mit Recht macht die Revision geltend, daß sich hieraus Zweifel an der Darstellung des Zeugen H. und des Klägers ergeben könnten. Sie verweist dar-
auf, daß der Kläger am 10. April 1991, also deutlich vor dem Schreiben der Bank vom 24. April 1991, durch das die Gespräche zwischen dem Beklagten und dem Zeugen H. in Gang gesetzt wurden, die Eintragung einer Grundschuld über 120.000 DM für den Zeugen G. bewilligt habe, die dann allerdings nicht zum Tragen gekommen sei. Ausweislich des Protokolls seiner erstinstanzlichen Vernehmung habe der Zeuge G. dazu ausgesagt, er habe im Zusammenhang mit einer Kreditvergabe an den Zeugen H. auf einer dinglichen Sicherheit bestanden. Dieser habe ihm dann eine nachrangige Grundschuld des Klägers gebracht. Die Sache habe sich aber dadurch erledigt, daß der Kredit nicht ausgereicht worden sei. Diese Aussage werde dadurch gestützt, daß ausweislich des vom Beklagten vorgelegten Grundbuchauszugs des Amtsgerichts R. tatsächlich am 10. April 1991 auf dem Grundstück des Klägers eine Grundschuld für den Zeugen G. bewilligt worden sei. Zudem habe der Beklagte vorgetragen, der Zeuge H. habe die Rechte und Ansprüche aus einer am 10. April 1991 abgeschlossenen Lebensversicherung über 100.000 DM an den Kläger abgetreten. Die Revision weist insoweit darauf hin, daß sich aus dem amtsgerichtlichen Strafurteil gegen den Zeugen H. und aus dem in der beigezogenen Strafakte befindlichen Lebensversicherungsantrag ergebe, daß der Zeuge H. am 10. April 1991 einen solchen Lebensversicherungsvertrag beantragt habe und der Kläger im Ablebensfall als Begünstigter eingesetzt worden sei.
b) Die vorstehend erörterten Gesichtspunkte sind geeignet, die Beweiswürdigung des Berufungsgerichts in Frage zu stellen. Es ist nicht ausgeschlossen , daß das Berufungsgericht bei Berücksichtigung dieses Sachvortrags die Glaubwürdigkeit des Zeugen H. und des Klägers sowie die Glaubhaftigkeit ihrer Angaben für den Beklagten günstiger gewürdigt hätte. Zu Recht weist die Revision darauf hin, daß sowohl der Zeuge H. als auch der Kläger schriftsätzlich
und bei ihren Aussagen vor dem Berufungsgericht die Sache so dargestellt ha- ben, daß sie sich erst nach dem Tip des Beklagten und zeitlich erst im Mai 1991 kennengelernt hätten. Daran haben sie in Kenntnis der abweichenden Darstellung des Beklagten und auch auf Nachfrage in der mündlichen Verhandlung vor dem Berufungsgericht festgehalten. Ihre Behauptung wird jedoch durch die Aussage des Zeugen G. und durch die im Zusammenhang mit dem "Vorgang G." vorliegenden Unterlagen in Frage gestellt. 3. Deshalb kann das angefochtene Urteil keinen Bestand haben. Bei der neuerlichen Beweiswürdigung wird das Berufungsgericht auch die unterschiedliche Darstellung der Parteien zum Zeitpunkt der Bekanntschaft zwischen dem Kläger und dem Zeugen H. zu würdigen haben, soweit sich hieraus Schlüsse auf die Überzeugungskraft und Glaubhaftigkeit der Aussagen ergeben. Es wird auch Gelegenheit haben, das weitere Vorbringen der Revision zu berücksichtigen. Müller Wellner Diederichsen Stöhr Zoll

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
V ZR 119/04 Verkündet am:
26. November 2004
K a n i k ,
Justizamtsinspektorin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche Verhandlung
vom 26. November 2004 durch den Vizepräsidenten des Bundesgerichtshofes
Dr. Wenzel, die Richter Dr. Klein, Dr. Lemke, Dr. Schmidt-Räntsch und die
Richterin Dr. Stresemann

für Recht erkannt:
Die Revision gegen das Urteil des 18. Zivilsenats des Oberlandesgerichts München vom 4. Mai 2004 wird auf Kosten des Klägers zurückgewiesen.

Von Rechts wegen

Tatbestand:


Mit Notarvertrag vom 14. Dezember 2001 verkaufte der Kl äger den Beklagten für 1.600.000 DM (810.067 €) ein Grundstück. In dem Vertrag heißt es u.a.:
"Voraussetzungen für die Fälligkeit des Kaufpreises sind, daß die Auflassungsvormerkung für den Käufer im Grundbuch eingetragen ist und das Negativzeugnis der Stadt München bezüglich gesetzlicher Vorkaufsrechte dem Notar vorliegt und die Lastenfreistellung von allen nicht übernommenen Belastungen gesichert ist. Der Notar wird beauftragt, die Beteiligten vom Vorliegen der Fälligkeitsvoraussetzungen zu verständigen.
Der Kaufpreis ist binnen zehn Tagen nach Absendung der vorgenannten Mitteilung, die einer Zahlungsaufforderung des Verkäufers gleichsteht, zur Zahlung fällig. ... Zahlt der Käufer den Kaufpreis ganz oder teilweise nicht rechtzeitig , so ist der offene Kaufpreis ab Fälligkeit mit jährlich fünf Prozent über dem Basiszinssatz zu verzinsen".
Die Beklagten zahlten den Kaufpreis in Teilbeträgen zw ischen dem 22. April 2002 und dem 19. März 2003 und leisteten auf die vereinbarten Zinsen 3.843,49 €. Der Kläger hat behauptet, die für die Fälligkeit des Kaufpreises vereinbarten Voraussetzungen hätten am 13. Februar 2002 vorgelegen. An diesem Tage habe der Urkundsnotar die Anzeige der Fälligkeit an die Beklagten abgesandt. Die Beklagten haben den Zugang der Anzeige in Abrede gestellt und behauptet, ihnen sei der Eintritt der Fälligkeitsvoraussetzungen erst durch Telefax des Notars vom 28. März 2002 mitgeteilt worden.
Mit der Klage verlangt der Kläger die Verurteilung der Beklagten zur Zahlung weiterer 7.280,83 € Zinsen auf den Kaufpreis zuzüglich Zinsen aus dem Zinsbetrag.
Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Die Berufun g des Klägers ist ohne Erfolg geblieben. Mit der von dem Oberlandesgericht zugelassenen Revision verfolgt er den Zahlungsantrag weiter.

Entscheidungsgründe:


I.


Die Revision ist zulässig. Dem steht nicht entgegen, daß e s an einem Zulassungsgrund gem. § 543 Abs. 2 ZPO fehlt. Die von dem Berufungsgericht als Zulassungsgrund gewertete Auslegung des Kaufvertrags ist dem Tatrichter vorbehalten und kann von dem Revisionsgericht nur eingeschränkt überprüft werden (st. Rechtspr., vgl. BGHZ 135, 269, 273; Senat, Urt. v. 14. Oktober 1994, V ZR 196/93, WM 1995, 263; BGH, Urt. v. 5. Juli 1990, IX ZR 10/90, WM 1990, 1549, 1551; Urt. v. 29. März 2000, VIII ZR 297/98, NJW 2000, 2508, 2509 u. v. 13. März 2003, IV ZR 199/00, NJW 2003, 2235, 2236). Hieran ändert sich nicht dadurch etwas, daß die auszulegenden Regelungen einem Formularbuch entnommen sind und in gleicher oder ähnlicher Weise allgemeine Verwendung finden. Auch die Auslegung von Formularklauseln ist ein Fall der tatrichterlichen Würdigung, die der revisionsrechtlichen Prüfung nur eingeschränkt zugänglich ist. Trotz Fehlens eines Zulassungsgrundes ist der Senat an die erfolgte Zulassung jedoch gebunden, § 543 Abs. 2 Satz 2 ZPO.

II.


Das Berufungsgericht verneint einen Zahlungsanspruch des Klägers. Es meint, bei den vereinbarten Zinsen handele es sich um Fälligkeitszinsen. Die Auslegung der vertraglichen Vereinbarung ergebe, daß zum Eintritt der Fälligkeit die Absendung der Fälligkeitsanzeige durch den Notar nicht genüge. Erforderlich sei vielmehr, daß die Anzeige auch zugehe. Daß es sich so vor dem
28. März 2002 verhalten habe, habe der Kläger, den die Beweislast hierfür treffe , nicht bewiesen.
Das ist revisionsrechtlich nicht zu beanstanden.

III.


Die zwischen den Parteien umstrittene Frage, ob die Fä lligkeit des Kaufpreises mit der Absendung der Anzeige des Notars oder erst mit ihrem Zugang eintrat, und die weitere Frage, ob sich aus dem Vertrag eine besondere Regelung der Beweislast für den Zugang der Anzeige ergibt, sind durch Auslegung des Kaufvertrags zu beantworten. Soweit das Berufungsgericht den Vertrag selbst ausgelegt hat, kann dies nach ständiger Rechtsprechung (vgl. statt aller BGHZ 135, 269, 273) von dem Senat nur darauf überprüft werden, ob gesetzliche oder allgemein anerkannte Auslegungsregeln, die Denkgesetze oder allgemein anerkannte Erfahrungssätze verletzt worden sind oder ob die Auslegung auf einem im Revisionsverfahren gerügten Verfahrensfehler beruht. Solche Fehler liegen nicht vor.
1. Anerkannte Auslegungsregel ist zwar, daß bei der Ausl egung von dem von den Parteien gewählten Wortlaut auszugehen ist (st. Rechtspr., vgl. BGHZ 121, 13, 16; BGH, Urt. v. 31. Januar 1995, XI ZR 56/94, NJW 1995, 1212, 1213 u. v. 27. November 1997, IX ZR 141/96, NJW 1998, 900, 901). Hiernach ist die Fälligkeit des Kaufpreises und damit der Beginn der Verzinsungspflicht an die "Absendung der Mitteilung" des Eintritts der Fälligkeitsvoraussetzungen durch den Urkundsnotar und nicht an den Zugang dieser Mitteilung geknüpft. Das hat das Berufungsgericht entgegen der Meinung der Revi-
sion jedoch nicht verkannt. Es hat der Wahl des Wortes "Mitteilung" entnommen , daß die bloße Absendung der Anzeige durch den Notar nicht hinreichen soll, den Eintritt der Fälligkeit des Kaufpreises herbeizuführen, weil hierdurch den Beklagten als Käufern nichts mitgeteilt werde. Das gelte insbesondere im Hinblick darauf, daß nach der vertraglichen Regelung die Mitteilung der Fälligkeitsvoraussetzungen durch den Urkundsnotar einer "Zahlungsaufforderung" des Verkäufers gleichstehe und eine Zahlungsaufforderung ohne einen Zugang bei den Käufern keine Wirkungen auslösen könne.
Daß die Pflicht zur Zahlung von Zinsen nach dem Kaufvert rag zehn Tage nach der Absendung der Mitteilung des Notars beginne, bedeute lediglich eine Vereinbarung zur Bestimmung des Fristbeginns. Der Vertrag lasse erkennen , daß die Parteien übereinstimmend davon ausgegangen seien, daß die Mitteilung des Notars die Beklagten alsbald nach ihrer Absendung erreiche. Daß der Zugang der Mitteilung nach dem Willen der Parteien ohne Bedeutung sein solle, sei dem Vertrag ohne ausdrückliche Regelung nicht zu entnehmen.
Das ist nicht zu beanstanden.
2. Die Auslegung des Berufungsgerichts, die streitige Re gelung stelle lediglich eine Angabe zur Fristberechnung dar, verstößt auch nicht gegen die Denkgesetze. Daß die zinsfrei bleibende Frist vor dem Eintritt der Fälligkeit beginnt, hat bei einer Frist von zehn Tagen zur Zahlung keine nachhaltige Belastung des Käufers zur Folge, weil ihm bei üblicher Postlaufzeit eine Woche Zeit zur Bewirkung seiner Leistung bis zum Beginn der Verzinsungspflicht verbleibt.
Ebenso wenig bedeutet es einen Verstoß gegen die Rege ln des logischen Schließens, daß der Fall eines Verlustes der Fälligkeitsanzeige nach der Auslegung durch das Berufungsgericht nicht geregelt ist. Die Wahrscheinlichkeit des Verlustes einer ordnungsgemäß aufgegebenen Sendung ist so gering, daß die Notwendigkeit der Regelung dieses Falles in der Vertragsgestaltung eher fern liegt.
3. Dem Berufungsgericht kann auch nicht mit Erfolg vorge worfen werden , daß es sich bei der gewählten Formulierung um eine notariell beurkundete Erklärung handelt, bei welcher im Zweifel davon auszugehen ist, daß sie dem materiellen Gehalt des Vertrags und dem Willen der Parteien entspricht (Senat, Urt. v. 18. September 1992, V ZR 86/91, NJW 1993, 324, 326 und v. 1. Oktober 1999, V ZR 112/98, NJW 2000, 71). Das Berufungsgericht geht von der Auslegungsfähigkeit und der Auslegungsbedürftigkeit der vereinbarten Regelung aus und hat die zur Entscheidung notwendige Auslegung vorgenommen. Diese ist von dem Wortlaut der Vereinbarung gedeckt.
4. Das Berufungsurteil ist auch nicht deshalb zu beanstand en, weil es dem Kaufvertrag nicht entnimmt, daß die Beklagten den Beweis dafür zu führen hätten, die Anzeige des Notars vom 13. Februar 2002 nicht erhalten zu haben. Für eine solche Auslegung ist dem Vertrag nichts zu entnehmen.
Ist eine Regelung für den Fall des Verlustes der Fälli gkeitsanzeige auf dem Postweg nicht getroffen, so enthält der Vertrag eine Lücke. Diese ist im Wege der ergänzenden Auslegung durch diejenige Regelung zu schließen, die die Parteien billigerweise getroffen hätten, wenn sie die Regelungsbedürftigkeit der nicht geregelten Frage erkannt hätten. Insoweit kann nicht angenommen
werden, daß sie das Verlustrisiko den Beklagten auferlegt hätten. Die Beklagten wären andernfalls der Gefahr ausgesetzt, die Kaufpreisforderung verzinsen zu müssen, ohne den Eintritt der Fälligkeit zu kennen. Darüber hinaus würde ihnen der Beweis einer negativen Tatsache auferlegt, der kaum zu erbringen ist, während der Beweis des Zugangs der Fälligkeitsanzeige bei einer entsprechenden Versendungsart ohne weiteres geführt werden kann.

IV.


Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.
Wenzel Klein Lemke Schmidt-Räntsch Stresemann

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
V ZR 236/05 Verkündet am:
5. Mai 2006
K a n i k,
Justizamtsinspektorin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
EGBGB Art. 233 §§ 2 Abs. 2, 7 Abs. 1

a) Art. 233 § 7 Abs. 1 EGBGB ordnet den Fortbestand der Verfügungsbefugnis des
Veräußerers nicht an, sondern setzt die Verfügungsbefugnis voraus. Die Befugnis
folgt nur bei wirksam entstandenem Volkseigentum aus Art. 233
§ 2 Abs. 2 EGBGB (Bestätigung von Senatsurt. v. 27. November 1998, V ZR
180/97, VIZ 1999, 161, 163).

b) Die aus § 8 VZOG in der vor dem 22. Juli 1997 geltenden Fassung folgende
Buchposition der verfügungsbefugten Stelle nimmt am öffentlichen Glauben des
Grundbuchs teil und führt unter den Voraussetzungen des § 892 BGB zum gutgläubigen
Erwerb von zu Unrecht als volkseigen gebuchten Grundstücken (Fortführung
der Senatsurt. v. 19. Juni 1998, V ZR 356/96, VIZ 1998, 519, 521, und v.
23. Januar 2004, V ZR 205/03, VIZ 2004, 362, 363)
BGH, Urt. v. 5. Mai 2006 - V ZR 236/05 - OLG Brandenburg
LG Frankfurt (Oder)
Der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche Verhandlung
vom 5. Mai 2006 durch die Richter Dr. Klein, Dr. Lemke, Dr. Schmidt-Räntsch,
Dr. Czub und Dr. Roth

für Recht erkannt:
Die Revision gegen das Urteil des 4. Zivilsenats des Brandenburgischen Oberlandesgerichts vom 21. September 2005 wird auf Kosten der Beklagten zurückgewiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


1
Der Rechtsvorgänger der Beklagten war Miterbe mehrerer Grundstücke in S. . Nach der Überführung des Erbteils eines anderen Miterben in Volkseigentum wurden die Grundstücke insgesamt 1972 als Eigentum des Volkes gebucht und später parzelliert. Den Klägern wurden an den parzellierten Grundstücken Nutzungsrechte verliehen, auf deren Grundlage sie auf den Grundstücken Eigenheime errichteten. Zwischen dem 30. Mai und dem 21. Juni 1990 kauften die Kläger von dem „Rat der Stadt S. “ die Eigenheimgrundstücke hinzu. Die Kaufverträge wurden zwischen dem 10. Juli 1995 und dem 30. Juli 1999 in den Grundbüchern vollzogen. Die Beklagten beantragten am 26. September 1990 die Rückübertragung der Grundstücke nach dem Vermögensgesetz , nahmen diesen Antrag aber zurück. Auf der Grundlage einer einstweiligen Verfügung wurden im Jahr 2002 Widersprüche gegen die Richtigkeit der Eintragung der Kläger als Eigentümer in die Grundbücher eingetragen.
2
Die Kläger nehmen die Beklagten auf Zustimmung zur Löschung der Widersprüche in Anspruch. Die Beklagten verlangen widerklagend von den Klägern , einer Berichtigung der Grundbücher dahin zuzustimmen, dass die Beklagten und E. -M. L. Bruchsteilseigentümer der Grundstücke seien. Das Landgericht hat die Klage abgewiesen und der Widerlage stattgegeben. Auf die Berufung der Kläger hat das Oberlandesgericht der Klage stattgegeben und die Widerklage abgewiesen. Dagegen richtet sich die von dem Oberlandesgericht zugelassene Revision der Beklagten, mit welcher sie die Wiedererstellung des landgerichtlichen Urteils erreichen möchten. Die Kläger zu 3 und 4 beantragen die Zurückweisung des Rechtsmittels.

Entscheidungsgründe:


I.


3
Das Berufungsgericht bejaht den von den Klägern geltend gemachten Anspruch. Es meint, der Miteigentumsanteil des Rechtsvorgängers der Beklagten sei nicht wirksam enteignet worden. Die Voraussetzungen für eine Enteignung nach dem damals geltenden Aufbaugesetz hätten zwar vorgelegen. Davon hätten die Behörden jedoch keinen Gebrauch gemacht. Sie seien davon ausgegangen, dass in der Person des Rechtsvorgängers der Beklagten die Voraussetzungen für eine Enteignung nach § 6 des Gesetzes vom 8. Februar 1949 zur Einziehung der Vermögenswerte der Kriegsverbrecher und Naziaktivisten vorgelegen hätten, weil die Grundstücke in der sog. Liste 3 verzeichnet gewesen seien. Das genüge nicht als Enteignung. Die Kläger hätten das Eigentum an den Grundstücken aber gutgläubig erworben, weil die Grundstücke als Eigentum des Volkes gebucht gewesen seien. Ein gutgläubiger Erwerb von Volkseigentum sei gemäß § 8 Abs. 1 GDO nach dem Inkrafttreten des Geset- zes über den Verkauf volkseigener Gebäude vom 7. März 1990 möglich geworden. Mit dem später aufgehobenen § 8 Abs. 1 Satz 3 GDO habe nicht der gutgläubige Erwerb irrtümlich als volkseigen gebuchter Grundstücke, sondern verhindert werden sollen, dass in Volkseigentum stehende Grundstücke diese Eigenschaft unter Anwendung der Vorschriften über den Schutz des gutgläubigen Erwerbers verlören. Diese Gefahr habe hier nicht bestanden. Die Voraussetzungen eines gutgläubigen Erwerbs seien gegeben. Im Übrigen genieße der Rechtserwerb der Kläger auch nach Art. 237 § 2 Abs. 2 und 4 EGBGB Bestandsschutz. Die Beklagten hätten die Klagefrist versäumt und den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung zu spät gestellt. Wiedereinsetzung in den vorigen Stand könne ihnen nicht gewährt werden.

II.


4
Diese Erwägungen halten einer rechtlichen Prüfung im Ergebnis stand.
5
1. Das Berufungsgericht hat den Berichtigungsanspruch der Kläger zutreffend aus § 894 BGB abgeleitet. Gläubiger des Berichtigungsanspruchs nach § 894 BGB ist zwar gewöhnlich der nicht eingetragene wahre Berechtigte, Schuldner der zu Unrecht eingetragene Buchberechtigte. Die Vorschrift gilt indessen entsprechend für den eingetragenen wahren Berechtigten, der die Löschung eines Widerspruchs erreichen möchte, dessen Eintragung der vermeintliche Berechtigte zu Unrecht erwirkt hat (Senatsurt. v. 31. Oktober 1968, V ZR 117/67, NJW 1969, 93). Zu Recht geht das Berufungsgericht weiter davon aus, dass dem eingetragenen Berechtigten auch bei der Geltendmachung des Berichtigungsanspruchs die Vermutung des § 891 Abs. 1 BGB zugute kommt und sein Berichtigungsanspruch begründet ist, wenn es demjenigen, zu dessen Gunsten der Widerspruch eingetragen wurde, nicht gelingt, den Inhalt des Grundbuchs zu widerlegen (vgl. Senatsurt. v. 10. Dezember 2004, V ZR 120/04, NJW-RR 2005, 599, 600). Diesen Nachweis hat das Berufungsgericht nicht als geführt angesehen. Seine tatrichterliche Wertung ist revisionsrechtlich nur eingeschränkt überprüfbar und in diesem Rahmen im Ergebnis nicht zu beanstanden.
6
2. Zutreffend und von der Revision als ihr günstig nicht angegriffen ist die Annahme des Berufungsgerichts, die Miterbenanteile des Rechtsvorgängers der Beklagten und der E. -M. L. von insgesamt ¾ seien nicht wirksam enteignet und das Grundstück zu Unrecht als Eigentum des Volkes gebucht worden. Eine mögliche Enteignung nach dem Aufbaugesetz ist nach den Feststellungen des Berufungsgerichts nicht vorgenommen worden; die Behörden gingen vielmehr von einer bereits aufgrund des Gesetzes vom 8. Februar 1949 vorgenommenen Enteignung aus. Der grundbuchliche Vollzug einer vermeintlich bereits vorgenommenen Enteignung ist nicht Ausdruck eines konstitutiven Enteignungswillens und stellt deshalb auch unter Berücksichtigung der Inbesitznahme der Grundstücke nicht seinerseits eine Enteignung dar (Senatsurt v. 16. Oktober 1998, V ZR 65/97, VIZ 1999, 44, 45; Urt. v. 4. Dezember 1998, V ZR 210/97, VIZ 1999, 169, 170).
7
3. Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts beurteilt sich allerdings die Frage, ob die Kläger gleichwohl wirksam Eigentum an den ihnen jeweils verkauften Grundstücken erworben haben, nur hinsichtlich der Wirksamkeit der dinglichen Einigungen nach dem Recht der DDR. Die für einen wirksamen Eigentumserwerb weiter erforderliche Verfügungsbefugnis der Stadt S. hingegen beurteilt sich nach den vom 3. Oktober 1990 an geltenden Vorschriften.
8
a) Die Wirksamkeit der erforderlichen dinglichen Einigungen über den Eigentumsübergang hat das Berufungsgericht im Ergebnis zutreffend nach dem Recht der DDR beurteilt. Dieses Recht ist zwar gemäß Art. 233 § 7 Abs. 1 Satz 1 EGBGB grundsätzlich nur dann für die Beurteilung der Wirksamkeit der Übertragung des Eigentums an einem Grundstück im Beitrittsgebiet maßgeblich , wenn der Antrag auf Eintragung vor dem 3. Oktober 1990 gestellt worden ist. Das liegt hier nahe, ist indes nur für die Kläger zu 9 und 10 vorgetragen und für keinen der Kläger festgestellt. Darauf kommt es hier aber im Ergebnis auch nicht an. Für die Übertragung des Eigentums an einem Grundstück im Beitrittsgebiet ist nach Art. 233 § 7 Abs. 1 Satz 3 EGBGB eine gesonderte Auflassung nach § 925 BGB auch dann nicht erforderlich, wenn der Eintragungsantrag zwar nach dem 2. Oktober 1990 gestellt, aber die am 2. Oktober 1990 geltenden Vorschriften des Zivilgesetzbuchs der DDR über den Eigentumsübergang eingehalten wurden. Nach § 297 Abs. 1 ZGB war dazu ein wirksamer Kaufvertrag erforderlich. Davon geht auch das Berufungsgericht aus.
9
b) Nicht gesehen hat es jedoch, dass sich der sachenrechtlich erforderliche Fortbestand der Verfügungsbefugnis nicht aus den Überleitungsvorschriften des Art. 233 EGBGB ergibt, sondern aus den bei Vornahme der Eintragung geltenden Bestimmungen abzuleiten ist.
10
aa) Art. 233 § 7 Abs. 1 EGBGB ordnet den Fortbestand der Verfügungsbefugnis nicht selbst an, sondern setzt diesen voraus. Das ergibt sich zum einen aus der Verwendung des Begriffs "Übertragung des Eigentums". Damit sind, wie in Satz 3 der Vorschrift, nur der Übertragungsakt und die an ihn zu stellenden Anforderungen gemeint, nicht aber auch die Befugnis zu der Übertragung. Zum anderen ergibt sich dies aus der Systematik des Art. 233 EGBGB. Die Vorschrift regelt die Verfügungsbefugnis nicht in Art. 233 § 7 Abs. 1 EGBGB mittelbar durch die Verweisung auf das Recht der DDR, sondern in Art. 233 § 2 EGBGB unter teilweiser Abweichung von dem Recht der DDR unmittelbar selbst. Die zur Wirksamkeit der Verfügung erforderliche Verfügungsbefugnis folgt aus dem nach Art. 233 § 2 Abs. 1 EGBGB grundsätzlich unverändert übergeleiteten Eigentum. Sie ist gegeben, wenn das private Eigentum besteht oder nach § 892 BGB als gegeben gilt.
11
Bei Grundstücken, die als Eigentum des Volkes gebucht sind, verhält es sich jedoch anders. Das frühere Volkseigentum ist mit Art. 233 § 1 EGBGB nicht als Teil des sozialistischen Eigentums mit den ihm innewohnenden Besonderheiten , sondern als Privateigentum aufrechterhalten worden (SchmidtRäntsch , Eigentumszuordnung, Rechtsträgerschaft und Nutzungsrechte an Grundstücken, 2. Aufl., S. 19). Es ist auch nicht - wie das Privateigentum - den bisher zur Verfügung befugten Stellen belassen, sondern, vorbehaltlich des schon vorher nach § 11 THG und den Verordnungen zur Durchführung dieses Gesetzes anderweitig zugewiesenen ehemals volkseigenen Vermögens, nach Maßgabe des Zuordnungsrechts Bund, Ländern, Kommunen und den anderen jeweils zuständigen rechtsfähigen Körperschaften, Stiftungen und Anstalten des öffentlichen Rechts kraft Gesetzes übertragen worden. Damit aber ist der Fortbestand der nach dem Recht der DDR gegebenen Befugnisse, über Volkseigentum zu verfügen, für Erwerbe, die sich erst nach dem 2. Oktober 1990 vollenden , unvereinbar (KG NJ 1991, 321, 323; BezG Potsdam VersR 1992, 1008, 1009). Dem entspricht die authentische Auslegung von Art. 233 § 2 Abs. 1 EGBGB, die in der Ergänzung der Vorschrift um ihren heutigen Absatz 2 zum Ausdruck kommt. Nach dieser Vorschrift gelten die früher eingetragenen Rechtsträger als zu den von ihnen in der Zeit vom 15. März 1990 bis zum Ablauf des 2. Oktober 1990 vorgenommenen Verfügungen befugt. Das setzt voraus , dass die Verfügungsbefugnis sonst nicht bestand und außerhalb des be- schriebenen zeitlichen Rahmens auch weiterhin nicht besteht. Das ist im vorliegenden Fall auch nicht deshalb anders, weil die Grundstücke, um die die Parteien streiten, nicht volkseigen waren. Die Verfügungsbefugnis kann bei Grundstücken, die nur scheinbar Volkseigentum sind und bei denen die Rechtsposition des Verfügenden schwächer ist, nicht weiter reichen als bei Grundstücken, die tatsächlich volkseigen waren.
12
bb) Die für den Erwerb des Eigentums an den Grundstücken durch die Kläger erforderliche Verfügungsbefugnis der Stadt S. ergibt sich im vorliegenden Fall auch nicht aus Art. 233 § 2 Abs. 2 EGBGB. Danach wird der Fortbestand der Verfügungsbefugnis eines Rechtsträgers von ehemaligem Volkseigentum zwar bei einer Veräußerung durch die als Rechtsträger von Volkseigentum eingetragene staatliche Stelle unwiderleglich vermutet. In einem solchen Fall wäre der etwaige spätere Verlust der Verfügungsbefugnis nach Art. 233 § 2 Abs. 1 Satz 2 EGBGB i. V. m. § 878 BGB auch unschädlich, wenn der Eintragungsantrag vor dem 3. Oktober 1990 gestellt worden ist, was das Berufungsgericht allerdings nicht festgestellt hat. Die Vermutung greift hier aber nicht ein. Sie setzt nämlich voraus, dass das Grundstück zu Recht als Volkseigentum gebucht worden ist (Urt. v. 27. November 1998, V ZR 180/97, VIZ 1999, 161, 163), woran es vorliegend fehlt.
13
c) Es kommt im vorliegenden Fall deshalb entscheidend auf die Wirksamkeit der Kaufverträge der Parteien und der in ihnen enthaltenen Einigungen über den Übergang des Eigentums an dem jeweils verkauften Grundstück sowie darauf an, ob die Verfügungsbefugnis der Stadt S. bei der Eintragung der Kläger nach § 8 VZOG gegeben war oder nach Maßgabe von § 892 BGB als gegeben galt, während die Frage, ob der nach dem Recht der DDR grundsätzlich vorgesehene (Senatsurt. v. 22. Oktober 1999, V ZR 358/97, VIZ 2000, 113, 114; Rohde [Autorenkollektiv], Bodenrecht, 1989, S. 64; ders. schon in Bodenrecht, Lehrbuch, 1976, S. 232; Straub, NJ 1976, 422, 423) gutgläubige Erwerb von Grundstückseigentum auch bei ehemals volkseigenen oder als volkseigen gebuchten Grundstücken möglich war, dahin gestellt bleiben kann.
14
4. Der Erwerb der Kläger scheitert nicht daran, dass die Kaufverträge der Kläger mit der Stadt S. und die darin enthaltenen dinglichen Einigungen über den Übergang des Eigentums unwirksam sind.
15
a) Die zwischen dem 30. Mai und dem 21. Juni 1990 abgeschlossenen Kaufverträge sehen jeweils die den Anforderungen des § 297 Abs. 1 ZGB genügende Erklärung darüber vor, dass das Eigentum an den Grundstücken auf die jeweiligen Käufer übergehen soll.
16
b) Die Verträge sind nicht deshalb unwirksam, weil als Verkäufer jeweils der Rat der Stadt S. aufgetreten ist. Zwar sind die Räte der Städte am 17. Mai 1990 mit dem Inkrafttreten des Gesetzes über die Selbstverwaltung der Gemeinden und Landkreise in der DDR (Kommunalverfassung vom 17. Mai 1990, GBl I S. 255) ersatzlos untergegangen und die neu entstandenen Kommunen nicht Rechtsnachfolger der Räte der Städte und Gemeinden (BGH, Urt. v. 23. Januar 1997, VII ZR 218/95, VIZ 1997, 379, 380 f). Dieser Mangel ist aber durch Art. 231 § 8 Abs. 2 Satz 1 EGBGB geheilt worden (Senat, BGHZ 141, 184, 187). Danach gelten Rechtsgeschäfte und Rechtshandlungen, die der Vertreter einer Kommune zwischen dem 17. Mai 1990 und dem 3. Oktober 1990 namens des früheren Rates der betreffenden Kommune mit Vertretungsmacht vorgenommen hat, als solche der Kommune, die an die Stelle des früheren Rates der Kommune getreten ist. Mängel der Vertretungsmacht der Vertreter der Stadt S. sind weder vorgetragen noch sonst ersichtlich.
17
c) Der Wirksamkeit der Kaufverträge stehen auch nicht die geringe Höhe der vereinbarten Kaufpreise entgegen, auf welche die Revision hinweist. Die Kaufverträge sind vor dem 1. Juli 1990 abgeschlossen worden und unterlagen deshalb unabhängig davon der Preisbindung, ob Volkseigentum wirksam begründet war. Die preisrechtliche Unbedenklichkeitsbescheinigung ist für alle Verträge erteilt worden. Der Verkauf zu diesen Bedingungen entsprach dem ausdrücklichen Wunsch der Volkskammer, auf deren Betreiben die in dem Entwurf nicht vorgesehene Möglichkeit des Verkaufs volkseigener Grundstücke (Drucksache 82 der 9. Wahlperiode der Volkskammer) in das Gesetz eingefügt wurde (Plenarprotokolle der 9. Wahlperiode der Volkskammer [1986 - 1990] S. 542, 552). Aus diesem Grund hat es der Senat auch nicht beanstandet, wenn die Kommunen mit Inhabern dinglicher Nutzungsrechte sog. Komplettierungskaufverträge zu den gleichen Bedingungen auch nach dem Fortfall der Preisbindung am 1. Juli 1990 und nach dem Erlass des Sachenrechtsbereinigungsgesetzes abschlossen (BGHZ 160, 240, 247 ff.).
18
d) Die notwendigen Genehmigungen lagen vor.
19
aa) Die gebotene Grundstücksverkehrsgenehmigung war gegeben.
20
(1) Sie galt bei dem Verkauf eines volkseigenen Grundstücks, für das dem Erwerber bereits ein dingliches Nutzungsrecht verliehen worden war, nach § 5 Abs. 4 der Durchführungsverordnung zum Gesetz über den Verkauf volkseigener Gebäude vom 15. März 1990 (GBl. I S. 158, geändert durch Verordnung vom 15. Juli 1990, GBl. I S. 1976) als erteilt, wenn über den Kaufpreis eine preisrechtliche Unbedenklichkeitsbescheinigung vorgelegt wurde, was hier geschehen ist. Daran ändert es nichts, dass die Grundstücke zu Unrecht als Volkseigentum gebucht waren.
21
(2) Zweifelhaft ist schon, ob die fehlerhafte Buchung der Grundstücke die Wirksamkeit der nach § 4 Abs. 1 des Gesetzes über die Verleihung von Nutzungsrechten an volkseigenen Grundstücken vom 14. Dezember 1970 (GBl. I S. 372, zuletzt geändert durch § 15 Abs. 1 Nr. 1 der Gebäudegrundbuchverfügung vom 15. Juli 1994, BGBl. I S. 1606, fortan NRG) durch Verwaltungsakt erfolgten Verleihung der Nutzungsrechte an die Kläger und das Entstehen von Gebäudeeigentum beeinträchtigen konnte. Jedenfalls aber liegt der Grund für die Fiktion einer Grundstücksverkehrsgenehmigung nach Vorlage der preisrechtlichen Unbedenklichkeitsbescheinigung nicht darin, dass die Erwerber in diesen Fällen ein dingliches Nutzungsrecht erworben hatten. Die Verleihung eines solchen Rechts war für den Verkauf nach § 4 Abs. 2 Sätze 2 und 3 des Gesetzes über den Verkauf volkseigener Gebäude vom 7. März 1990 (GBl. I S. 157) unerheblich. Die Grundstücksverkehrsgenehmigung sollte nach §§ 1 und 3 Abs. 1 GVVO sicherstellen, dass Rechtsänderungen an Grundstücken nur vorgenommen wurden, wenn sie in Überstimmung mit den staatlichen Interessen standen. Dies war aber bei dem Verkauf von Grundstücken an Erwerber , denen an den Grundstücken bereits Nutzungsrechte verliehen worden waren , stets der Fall, ohne dass es dazu einer zusätzlichen Prüfung nach der Grundstücksverkehrsverordnung bedurfte. Denn Nutzungsrechte durften nach § 2 Abs. 2 Abs. 1 und 3 NRG nur zur persönlichen Nutzung und auch nur verliehen werden, wenn der Erwerber kein anderes Eigenheim hatte. Lagen diese Voraussetzungen vor, konnten ein Versagungsgrund nach § 4 Abs. 4 GVVO nicht gegeben sein und der Hinzuerwerb des Grundstücks durch den Inhaber des Nutzungsrechts auch sonst den zu schützenden staatlichen Belangen nach § 1 GVVO nicht widersprechen. So verhielte es sich auch, wenn die Verleihung der Nutzungsrechte mangels wirksamer Begründung von Volkseigentum an den Grundstücken ihrerseits an einem Mangel litte.
22
bb) Eine Genehmigung nach § 49 Kommunalverfassung war nicht erforderlich , weil die Grundstücke der Stadt S. nicht zugeordnet waren (Senat , BGHZ 141, 184, 188 f.) und Verfügungen aufgrund von § 8 VZOG von der Genehmigungspflicht freigestellt sind (Senat BGHZ 160, 240, 244).
23
5. Der Erwerb scheitert auch nicht an der mangelnden Verfügungsbefugnis der Stadt S. .
24
a) Die Stadt S. war bei der Eintragung der Kläger zu 1 bis 4 und zu 7 bis 10 als Eigentümer verfügungsbefugt. Sie war zwar bei Abschluss der Kaufverträge nicht Eigentümerin der Grundstücke und auch als Rechtsträger des gebuchten Volkseigentums nicht zur Verfügung hierüber berechtigt, weil Volkseigentum an den Grundstücken nicht entstanden war. Bei der Eintragung der Kläger zu 1 bis 4 und zu 7 bis 10 war die Stadt aber gleichwohl nach § 8 Abs. 1 VZOG zur Verfügung über die Grundstücke berechtigt. Die Kläger zu 1 bis 4 und zu 7 bis 10 haben deshalb von der Stadt S. als zur Verfügung Berechtigter erworben. Die Grundstücke waren als Volkseigentum gebucht ; der Rat der Stadt S. war als Rechtsträger eingetragen. Darauf, ob Volkseigentum wirksam begründet war, kommt es in dem hier relevanten Zeitraum vom 9. bis zum 30. Juli 1999 nicht mehr an. Nach § 8 Abs. 1 VZOG in der insoweit maßgeblichen Fassung des Wohnungsraummodernisierungssicherungsgesetzes vom 17. Juli 1997 (WoModSiG - BGBl. I S. 1823) besteht die Verfügungsbefugnis nämlich, anders als nach § 8 Abs. 1 VZOG in der bis dahin geltenden Fassung (dazu Senat, Urt. v. 19. Juni 1998, V ZR 356/96, VIZ 1998, 519, 521), unabhängig davon, ob die Buchung als Eigentum des Volkes richtig ist (Senatsurt. v. 24. April 1998, V ZR 22/97, ZfIR 1998, 418, 419; Urt. v. 27. November 1998, V ZR 180/97, VIZ 1999, 161, 163; Urt. v. 23. Januar 2004, V ZR 205/03, VIZ 2004, 362, 363).
25
b) Auch der Eigentumserwerb der Kläger zu 5 und 6 ist im Ergebnis wirksam.
26
aa) Ein Erwerb des Grundstücks von der Stadt S. als zur Verfügung Berechtigter scheidet allerdings aus. Bei der Eintragung dieser Kläger in das Grundbuch am 10. Juli 1995 war die Stadt nach § 8 Abs. 1 VZOG in der zu diesem Zeitpunkt geltenden Fassung nicht verfügungsbefugt. Bis zur Änderung des Vermögenszuordnungsgesetzes durch das Wohnraummodernisierungssicherungsgesetz vom 17. Juli 1997 setzte die Verfügungsbefugnis der Gemeinden voraus, dass Volkseigentum wirksam begründet worden war (Senat, Urt. v. 19. Juni 1998, V ZR 356/96, VIZ 1998, 519, 521), woran es hier fehlt. Die Änderung der Vorschrift hat auch nicht zu einer Heilung früherer Verfügungen geführt (Senatsurt. v. 27. November 1998, V ZR 180/97, VIZ 1999, 161, 163 f.; Urt. v. 23. Januar 2004, V ZR 205/03, VIZ 2004, 362, 363).
27
bb) Die Kläger zu 5 und 6 haben aber von der Stadt S. als zur Verfügung Nichtberechtigter gutgläubig erworben. Der Senat hat bereits entschieden , dass die mit § 8 Abs. 1 VZOG a. F. begründete Buchposition der verfügungsbefugten Stelle am öffentlichen Glauben des Grundbuchs nach § 892 BGB teilnimmt und unter dessen weiteren Voraussetzungen einen gutgläubigen Erwerb ermöglicht (Urt. v. 19. Juni 1998, V ZR 356/96, VIZ 1998, 519, 521; Urt. v. 23. Januar 2004, V ZR 205/03, VIZ 2004, 362, 363). Diese Voraussetzungen sind hier, anders als in den bislang von dem Senat entschiedenen Fällen, gegeben. Das Grundstück war als Volkseigentum gebucht. Als Rechtsträger war der Rat der Stadt S. eingetragen. Die Kaufverträge mit den Klägern zu 5 und 6 stellen, wie geboten (Senatsurt. v. 19. Juni 1998, V ZR 356/96, VIZ 1998, 519, 522; Urt. v. 27. November 1998, V ZR 180/97, VIZ 1999, 161, 162), Verkehrsgeschäfte dar. Die Kläger zu 5 und 6 waren und sind mit der Stadt S. weder rechtlich noch wirtschaftlich verbunden. Sie haben auch keine Sondervorteile erlangt, sondern Komplettierungskaufverträge geschlossen, deren Abschluss nach dem Verkaufsgesetz jeder Bürger der DDR, insbesondere jeder Inhaber eines dinglichen Nutzungsrechts, beantragen konnte und mehr Bürger beantragt haben, als die Behörden bewältigen konnten (Senat BGHZ 160, 240, 248 f.). Nach den nicht angegriffenen Feststellungen des Berufungsgerichts waren die Kläger zu 5 und 6 bis zur Eintragung in das Grundbuch auch guten Glaubens. Damit galt ihnen gegenüber der Inhalt des Grundbuchs als richtig; die Verfügungsbefugnis der Stadt S. galt als gegeben, der Erwerb der Kläger zu 5 und 6 ist wirksam.
28
c) Damit kommt es auch nicht auf die inzwischen von dem Bundesverfassungsgericht bejahte (Beschl. v. 23. November 2005, 1 BvR 2558/03) Frage an, ob Art. 237 § 2 Abs. 1 Satz 4 EGBGB auf den Eigentumserwerb nach Art. 237 § 2 Abs. 2 EGBGB entsprechend anzuwenden ist.
29
6. Mithin hat das Berufungsgericht zu Recht der Klage stattgegeben und die Widerklage abgewiesen.

III.


30
Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.
Klein Lemke Schmidt-Räntsch
Czub Roth
Vorinstanzen:
LG Frankfurt (Oder), Entscheidung vom 18.01.2005 - 12 O 437/04 -
OLG Brandenburg, Entscheidung vom 21.09.2005 - 4 U 26/05 -

Ergibt die Begründung des Berufungsurteils zwar eine Rechtsverletzung, stellt die Entscheidung selbst aber aus anderen Gründen sich als richtig dar, so ist die Revision zurückzuweisen.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
V ZR 132/07 Verkündet am:
13. Juni 2008
L e s n i a k,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat am 13. Juni 2008 durch den
Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Krüger, die Richter Dr. Lemke und Dr. SchmidtRäntsch
, die Richterin Dr. Stresemann und den Richter Dr. Czub

für Recht erkannt:
Die Revision gegen das Urteil der 1. Zivilkammer des Landgerichts Gießen vom 11. Juli 2007 wird auf Kosten des Klägers zurückgewiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


1
Der Kläger betreibt Landwirtschaft auf einem Hof in G. . Er und seine Vorfahren bezogen aus den Wäldern des Beklagten im Waldrevier G. jährlich einen Klafter (= 2,3 Raummeter) Geschirr-Losholz in Form von Buchenschnittholz nach Anweisung des Forstes. Am 29. Oktober 2002 ließ der Beklagte dem Vater des Klägers mitteilen, die rechtliche Grundlage der Berechtigung sei entfallen, weil er kein Gespann zu eigenem Ackerbau unterhalte.
2
Mit seiner Klage verlangt der Kläger von dem Beklagten, ihm zu gestatten , aus seinen Wäldern in G. nach Anweisung des Forstortes je einen Klafter Buchenschnittholz für die Jahre 2003 bis 2005 zu entnehmen, und die Feststellung einer entsprechenden Berechtigung für die Folgejahre. Er stützt sich auf ein Endurteil des hessischen Großherzoglichen Landgerichts Ortenberg vom 25. April 1871, in welchem Berechtigungen zum Bezug von Losholz und von Geschirr-Losholz festgestellt werden. Nach dem Urteil hängt die Berechtigung zum Bezug von Geschirr-Losholz unter anderem davon ab, dass der Eigentümer des betreffenden Hauses ein vollständiges Geschirr, bestehend aus zwei Kühen oder Stieren oder einem Pferde, einem Wagen oder Karren und einem Pfluge oder einer Egge zum eigenen Ackerbau hält. Der Beklagte bestreitet den Bestand der Holzberechtigung und die Existenz des Urteils und macht ferner geltend, das Recht sei abgelöst, jedenfalls aber durch das hessische Gesetz zur Bereinigung der Rechtsvorschriften über die Nutzungsrechte der Ortsbürger vom 19. Oktober 1962 (GVBl. 467) aufgehoben worden.
3
Das Amtsgericht hat den Beklagten antragsgemäß verurteilt. Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Mit der von dem Landgericht zugelassenen Revision erstrebt der Kläger die Wiederherstellung des amtsgerichtlichen Urteils. Der Beklagte beantragt die Zurückweisung der Revision.

Entscheidungsgründe:


I.


4
Das Landgericht meint, dem Kläger stehe die geltend gemachte Berechtigung nicht zu. Eine schuldrechtliche Berechtigung habe er nicht schlüssig dargelegt. Auch aus einer Grunddienstbarkeit stehe dem Kläger ein Holzentnahmerecht nicht zu. Dafür könne offen bleiben, ob eine Grunddienstbarkeit aus dem Gemeinen Recht oder aus dem Urteil des Großherzoglichen Landgerichts Ortenberg hergeleitet werden könne. Sie stehe dem Kläger jedenfalls schon deshalb nicht zu, weil die Holzberechtigung nicht allein vom Eigentum an dem fraglichen Anwesen in G. , sondern von weiteren in der Person des Eigentümers zu erfüllenden Voraussetzungen abhänge. Wenn man dennoch eine Grunddienstbarkeit annehme, scheitere die Berechtigung des Klägers daran, dass er kein Geschirr unterhalte. Er betreibe zwar Landwirtschaft, aber ohne Geschirr. Insoweit könne die Dienstbarkeit nicht angepasst werden. Geschirrholz habe den Holzbedarf des Berechtigten für die Reparatur der zum Ackerbau eingesetzten Geräte decken sollen.

II.


5
Diese Erwägungen halten einer revisionsrechtlichen Prüfung stand.
6
1. Das von ihm geltend gemachte Recht zum Bezug von GeschirrLosholz aus dem Wald des Beklagten kann der Kläger nur auf eine einer Grunddienstbarkeit vergleichbare altrechtliche Holzgerechtigkeit stützen. Ob eine solche Gerechtigkeit entstanden ist und ob sie heute noch besteht, bedarf keiner Entscheidung.
7
2. Wenn eine solche Gerechtigkeit besteht, dann kann sie nach dem Vortrag des Klägers nur den aus dem Urteil des Großherzoglichen Landgerichts Ortenberg vom 25. Juni 1871 ersichtlichen Inhalt haben. Danach hängt die Berechtigung zum Bezug von Geschirr-Losholz unter anderem davon ab, dass der Eigentümer des berechtigten Anwesens ein vollständiges Geschirr, bestehend aus zwei Kühen oder Stieren oder einem Pferde, einem Wagen oder Karren und einem Pflug oder einer Egge zum eigenen Ackerbau hält.
8
3. Diese Voraussetzung erfüllt der Kläger nicht.
9
a) Er hat zwar ein solches Gespann und betreibt auch Landwirtschaft. Das Berufungsgericht hat der in dem Urteil verwendeten Formulierung, dass das Gespann „zu“ eigenem Ackerbau gehalten werden müsse, aber entnommen , dass das Gespann auch zum Ackerbau eingesetzt werde. Diese Voraussetzung erfüllt der Kläger nach den Feststellungen des Berufungsgerichts nicht. Diese Feststellungen greift die Revision nicht an. Sie wendet sich vielmehr nur gegen die Auslegung dieser Textstelle im Urteil durch das Berufungsgericht.
10
b) Diese Auslegung ist revisionsrechtlich nur eingeschränkt überprüfbar und in diesem Rahmen nicht zu beanstanden.
11
aa) Das Berufungsgericht ist zutreffend (Senat, Beschl. v. 23. September 1993, V ZB 27/92, NJW 1993, 3197, 3198) von dem Wortlaut des Urteils ausgegangen. Der spricht für die Auslegung des Berufungsgerichts. Das Urteil verlangt nicht nur ein Halten des Gespanns, sondern ein Halten „zu eigenem Ackerbau“. Der bloße Besitz eines Gespanns der in dem Urteil bezeichneten Art genügt dazu nach dem Wortsinn der Bestimmung ebenso wenig wie ein Gespann , das nur noch zu musealen oder touristischen Zwecken oder vielleicht nur noch deshalb gehalten wird, weil das Urteil das Halten eines solchen Gespanns als Grundlage des Holzbezugs verlangt. Zu eigenem Ackerbau wird ein Gespann nur gehalten, wenn es auch für den Ackerbau eingesetzt wird.
12
bb) Nichts anderes ergibt sich, wenn man neben dem Wortlaut, wie geboten , auch den Zweck der Bestimmung (BGHZ 109, 19, 22) und die daraus ersichtliche Interessenlage der Parteien (BGH, Urt. v. 13. März 2003, IX ZR 199/00, NJW 2003, 2235, 2236; Senat, Urt. v. 9. Mai 2003, V ZR 240/02, NJWRR 2003, 1053, 1054) berücksichtigt.
13
(1) Den Zweck der Gerechtigkeit hat das Berufungsgericht darin gesehen , den Bedarf des Berechtigten an Holz zur Reparatur seines Ackergeräts zu decken. Dieser Zweck ist nur zu erreichen, wenn das Gespann zum Ackerbau verwendet wird. Denn nur dann kann es abnutzen, und nur dann kann ein Bedarf zur Beschaffung von Reparaturholz entstehen. Dass das Holz zur Erstellung oder Ausbesserung von Zäunen verwandt wird, besagt dann, anders als die Revision meint, für die Anforderungen an das Halten des Gespanns nichts.
14
(2) Ob dem Urteil des Großherzoglichen Landgerichts Ortenberg eine solch enge Zweckbestimmung des Holzbezugsrechts zu entnehmen ist, ist nicht frei von Zweifeln. Dafür lässt sich mit dem Berufungsgericht der von dem Kläger vorgelegte Auszug aus dem Gutachten anführen, das in dem parallel zu dem damaligen Zivilrechtsstreit betriebenen Ablösungsverfahren eingeholt worden ist. Darin wird der Ablösungswert der Gerechtigkeit anhand des Reparaturbedarfs der einzelnen Teile des Ackergeräts bestimmt. Das Großherzogliche Landgericht Ortenberg hat den Holzbezug in seinem Urteil davon aber nicht abhängig gemacht. Es enthält zudem für die Berechtigung zum Bezug von Losholz keine vergleichbar enge Zweckbestimmung, obwohl diese Berechtigung von geringeren Voraussetzungen abhängt, insbesondere das Halten eines Gespanns nicht voraussetzt. Diese Überlegung hilft dem Kläger indes nicht. Die Holzberechtigung dient nach dem Urteil des Großherzoglichen Landgerichts jedenfalls einem Bedürfnis. Das geht zwar weiter, als das Berufungsgericht meint, ist bei dem Kläger aber gleichfalls nicht gegeben.
15
(3) Auf das Halten eines Gespanns zu eigenem Ackerbau stellt das Großherzogliche Landgericht Ortenberg in seinem Urteil ersichtlich ab, um sicherzustellen , dass die Eigentümer der berechtigten Anwesen zum Bezug von Geschirr-Losholz nur berechtigt sind, wenn sie eine Landwirtschaft betreiben. Damit dient die Gerechtigkeit aber nicht einem mehr oder weniger freigiebigen Zweck, sondern einem Bedürfnis (dazu: Senat, Urt. v. 27. Mai 1966, V ZR 156/63, LM Gemeines Recht [Allgemeines] Nr. 2). Der Betrieb einer Landwirtschaft erforderte unter den bis zum Ende des 19. Jahrhunderts herrschenden Bedingungen Zugang zu Holz, das für die Bauern nur aus den umliegenden Wäldern zu beziehen war, die ihnen aber regelmäßig nicht gehörten. Holz soll deshalb nur der beziehen dürfen, der für seine Landwirtschaft darauf angewiesen ist. Eine solche Lage kann nur beim Betrieb einer Landwirtschaft zu den Bedingungen des ausgehenden 19. Jahrhunderts angenommen werden. Dieser Bezug kommt in dem Erfordernis des Haltens eines für diese Verhältnisse typischen Gespanns sinnfällig zum Ausdruck. Wer, wie der Kläger, die Landwirtschaft mit modernem Gerät betreibt, mag Geschirr-Losholz noch verwenden können. Darauf angewiesen ist er nicht. Deshalb änderte es auch nichts, wenn der Kläger sein Gespann künftig neben seinen Maschinen für den Ackerbau einsetzte.
16
(4) Dieses Ergebnis ist auch interessengerecht. Der auf Dauer unentgeltliche Bezug von Geschirr-Losholz ist für den Beklagten eine nicht unerhebliche Belastung. Ihre inhaltliche Rechtfertigung lag bei ihrem Entstehen darin, dass der Bestand einer Landwirtschaft zu den damaligen Bedingungen von der Möglichkeit des Holzbezugs abhing. Das existenzielle Interesse seiner Vorfahren an dem Holzbezug besteht beim Kläger nicht mehr. Unter den gegenwärtigen Bedingungen ist ein landwirtschaftlicher Betrieb nicht auf ein Holzbezugsrecht angewiesen. Diese Entwicklung kann aber nur zu einer eng am Wortlaut ausgerichteten und nicht zu einer Auslegung führen, die sich vom Wortlaut der Bedingung entfernt. Dem Kläger über den Wortlaut hinaus ein Recht zum Bezug von Holz zuzubilligen, auf das er für seine Landwirtschaft nicht angewiesen ist, lässt sich auch mit der Interessenlage der Parteien nicht begründen.
17
c) Dem Kläger hilft schließlich nicht, dass Inhalt und Umfang einer zeitlich unbegrenzten Dienstbarkeit nicht in jeder Beziehung von vornherein für alle Zeiten festliegen, sondern gewissen Veränderungen unterworfen sind, die sich aus der wirtschaftlichen und technischen Entwicklung ergeben (Senat, Urt. v. 11. April 2003, V ZR 323/02, NJW-RR 2003, 1235, 1236). Hier geht es nämlich nicht um Inhalt und Umfang der Holzberechtigung, sondern um die Voraussetzungen ihrer Ausübung. Ihre Anpassung wäre jedenfalls ähnlich wie die von Inhalt und Umfang (dazu: Senat, BGHZ 44, 171, 172 f.; 145, 16, 21) nur möglich , wenn sie sich in dem durch den Zweck der Gerechtigkeit bestimmten Rahmen hielte. Daran fehlt es. Eine Anpassung der Voraussetzungen für den Holzbezug würde den Zweck der Gerechtigkeit grundlegend verändern. Sie diente nicht mehr einem existenziellen Bedürfnis der Berechtigten und entwickelte sich zu einer Freigiebigkeit des Beklagten, die sie gerade nicht sein sollte.

III.


18
Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.
Krüger Lemke Schmidt-Räntsch
Stresemann Czub
Vorinstanzen:
AG Büdingen, Entscheidung vom 19.12.2006 - 2 C 1140/04 (22) -
LG Gießen, Entscheidung vom 11.07.2007 - 1 S 30/07 -

(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat.

(2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vorbringens obsiegt, das sie in einem früheren Rechtszug geltend zu machen imstande war.

(3) (weggefallen)