Bundesgerichtshof Urteil, 22. Juli 2004 - III ZR 355/03

bei uns veröffentlicht am22.07.2004

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
III ZR 355/03
Verkündet am:
22. Juli 2004
F r e i t a g
Justizamtsinspektor
als Urkundsbeamter
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
BPflV § 22 Abs. 2 Satz 1 Halbsatz 2
Zur Pflicht des Krankenhauses, den Patienten vor Abschluß einer Wahlleistungsvereinbarung
über die Entgelte und den Inhalt der wahlärztlichen Leistungen
zu unterrichten (Fortführung der Senatsurteile vom 27. November
2003 - III ZR 37/03, für BGHZ 157, 87 vorgesehen = NJW 2004, 684 und vom
8. Januar 2004 - III ZR 375/02 = NJW 2004, 686).
BGH, Urteil vom 22. Juli 2004 - III ZR 355/03 - LG Berlin
AG Neukölln
Der III. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 22. Juli 2004 durch den Vorsitzenden Richter Schlick und die Richter
Dr. Wurm, Streck, Dörr und Galke

für Recht erkannt:
Die Revision der Streithelferin des Klägers gegen das Urteil der Zivilkammer 6 des Landgerichts Berlin (Charlottenburg) vom 30. Oktober 2003 wird zurückgewiesen.
Die Streithelferin hat die Kosten des Revisionsrechtszuges zu tragen.
Von Rechts wegen

Tatbestand


Der Kläger ist Chefarzt der Hals-, Nasen- und Ohren-Ab teilung einer Klinik in Berlin, deren Träger die Streithelferin ist. Der Beklagte befand sich dort wegen einer Trommelfellperforation vom 18. Juli bis zum 2. August 2002 in stationärer Behandlung und wurde vom Kläger zweimal operiert. In der vom Beklagten und vom aufnehmenden Krankenhausmitarbeiter unterzeichneten schriftlichen Wahlleistungsvereinbarung vom 18. Juli 2002 ist außer dem Kästchen "Unterbringung in einem 1-Bett-Zimmer" das weitere Kästchen "Geson-
dert berechenbare ärztliche Leistungen (Wahlarztleistungen)" angekreuzt. Im weiteren Text des Schriftstücks heißt es, soweit hier von Interesse, wie folgt:
"Die Wahlleistungen werden gesondert berechnet. Die Vereinbarung über gesondert berechenbare Leistungen (Wahlarztleistungen) erstreckt sich auf alle an der Behandlung des Patienten beteiligten Ärzte des Krankenhauses, soweit diese zur gesonderten Berechnung ihrer Leistungen berechtigt sind, einschließlich der von diesen Ärzten veranlaßten Leistungen von Ärzten und ärztlich geleiteten Einrichtungen außerhalb des Krankenhauses. Die gesondert berechenbaren ärztlichen Leistungen werden von den in der Anlage zum Pflegekostentarif aufgeführten liquidationsberechtigten Ärzten persönlich oder unter der Aufsicht des leitenden Arztes nach fachlicher Leistung von einem nachgeordneten Arzt in der Abteilung erbracht; im Verhinderungsfalle übernimmt die Aufgaben des leitenden Arztes sein ständiger Vertreter. Die Berechnung der wahlärztlichen Leistungen erfolgt nach der Gebührenordnung für Ärzte/Zahnärzte (GOÄ/GOZ) in der jeweils gültigen Fassung. Die liquidationsberechtigten Ärzte könn en zum Zwecke der Rechnungserstellung und -bearbeitung eine privatärztliche Verrechnungsstelle beauftragen oder die Abrechnung dem Krankenhaus überlassen. Erhöht oder vermindert sich während des Behandlungszeitraums der Pflegekostentarif und hat dies Auswirkungen auf die vereinbarten Wahlleistungsentgelte, so gelten die sich daraus ergebenden Entgelte von dem Zeitpunkt an als vereinbart, in dem sie in Kraft treten (§ 21 BPflV) …"
Die auf Zahlung von 1.369,33 € gerichtete Honorarklag e des Klägers ist von den Vorinstanzen mit der Begründung abgewiesen worden, die Wahlleistungsvereinbarung sei nicht formwirksam zustande gekommen. Hiergegen
richtet sich die vom Berufungsgericht zugelassene Revision des Krankenhausträgers , dem der Kläger den Streit verkündet hat und der ihm beigetreten ist.

Entscheidungsgründe


Die Revision ist nicht begründet.
1. Nach § 22 Abs. 2 Satz 1 der - vorliegend anwendbaren - Bundespflegesatzverordnung (BPflV) vom 26. September 1994 (BGBl. I S. 2750) sind Wahlleistungen vor der Erbringung schriftlich zu vereinbaren; der Patient ist vor Abschluß der Vereinbarung über die Entgelte der Wahlleistungen und deren Inhalt im einzelnen zu unterrichten. Nach der Rechtsprechung des Senats, von der abzugehen kein Anlaß besteht, ist eine Wahlleistungsvereinbarung, die ohne hinreichende vorherige Unterrichtung des Patienten abgeschlossen worden ist, unwirksam (vgl. zuletzt Senatsurteile vom 27. November 2003 - III ZR 37/03, für BGHZ 157, 87 vorgesehen = NJW 2004, 684, und vom 8. Januar 2004 - III ZR 375/02 = NJW 2004, 686, jeweils m.w.N.). Beide Vorinstanzen haben zu Recht angenommen, daß diese Wirksamkeitsvoraussetzung der Klageforderung vorliegend nicht erfüllt ist.
2. Der Senat hat inzwischen - nach Erlaß des hier in Rede stehenden Berufungsurteils - die Anforderungen präzisiert, die an eine ausreichende Unterrichtung zu stellen sind (Urteile vom 27. November 2003 und vom 8. Januar 2004 jeweils aaO; s. dazu auch die Besprechung von Kern, LMK 2004, 59). Danach reicht es einerseits nicht aus, wenn der Patient lediglich darauf hingewiesen wird, daß die Abrechnung des selbstliquidierenden Chefarztes nach der Gebührenordnung für Ärzte erfolge; andererseits ist es n icht erforderlich, daß
dem Patienten unter Hinweis auf die mutmaßlich in Ansatz zu bringenden Nummern des Gebührenverzeichnisses der Gebührenordnung für Ärzte detailliert und auf den Einzelfall abgestellt die Höhe der voraussichtlich entstehenden Arztkosten - in Form eines im wesentlichen zutreffenden Kostenanschlages - mitgeteilt wird. Der Senat hat vielmehr Kriterien aufgestellt, an denen sich die Unterrichtung des Patienten zu orientieren hat. Ausreichend ist danach in jedem Fall:
- eine kurze Charakterisierung des Inhalts wahlärztlicher Leistungen , wobei zum Ausdruck kommt, daß hierdurch ohne Rücksicht auf Art und Schwere der Erkrankung die persönliche Behandlung durch die liquidationsberechtigten Ärzte siche rgestellt werden soll, verbunden mit dem Hinweis darauf, daß der Patient auch ohne Abschluß einer Wahlleistungsvereinbarung die medizinisch notwendige Versorgung durch hinreichend qualifizierte Ärzte erhält;
- eine kurze Erläuterung der Preisermittlung für ärztliche Leistungen nach der Gebührenordnung für Ärzte bzw. für Zah närzte (Leistungsbeschreibung anhand der Nummern des Gebührenverzeichnisses ; Bedeutung von Punktzahl und Punktwert ; Möglichkeit, den Gebührensatz je nach Schwierigkeit und Zeitaufwand zu erhöhen); Hinweis auf Gebührenminderung nach § 6a der Gebührenordnung für Ärzte (GOÄ);
- ein Hinweis darauf, daß die Vereinbarung wahlärztlicher Leistungen eine erhebliche finanzielle Mehrbelastung zur Folge haben kann;
- ein Hinweis darauf, daß sich bei der Inanspruchnahme wahlärztlicher Leistungen die Vereinbarung zwingend auf alle an der Behandlung des Patienten beteiligten liquidationsberechtigten Ärzte erstreckt (vgl. § 22 Abs. 3 Satz 1 BPflV);
- und ein Hinweis darauf, daß die Gebührenordnung für Ärzte /Gebührenordnung für Zahnärzte auf Wunsch eingesehen werden kann; die ungefragte Vorlage dieser Gesetzestexte erscheint demgegenüber entbehrlich, da diesen für sich genommen kein besonderer Informationswert zukommt. Der durchschnittliche Wahlleistungspatient ist auch nicht annähernd in der Lage, sich selbst anhand des Studiums dieser umfänglichen komplizierten Regelungswerke einen Überblick über die Höhe der auf ihn zukommenden Arztkosten zu verschaffen.
3. Die Anwendung dieser Kriterien auf den vorliegenden Fall ergibt, daß hier eine ausreichende Unterrichtung des Beklagten nicht festgestellt werden kann.

a) Allerdings ist der Revision zuzugeben, daß die Unterr ichtung auch mündlich erfolgen konnte. Der Senat hat es im Urteil vom 27. November 2003 (aaO S. 685) zwar für zweckmäßig erachtet, die Unterrichtung schriftlich niederzulegen ; zwingendes Wirksamkeitserfordernis ist dies indessen nicht (zur
Zulässigkeit mündlicher Unterrichtung vgl. BGH, Urteil vom 9. November 1989 - IX ZR 289/87 = NJW 1990, 761, 766; Senatsurteil vom 19. Dezember 1995 - III ZR 233/94 = NJW 1996, 781, 782).

b) Zum Inhalt der dem Beklagten erteilten Unterricht ung hatten der Kläger und seine Streithelferin in den Vorinstanzen vorgetragen, es sei allgemein und so auch im Streitfall auf die Möglichkeit verwiesen worden, die GOÄ einzusehen und sich erläutern zu lassen. Weiter würden die Grundstrukturen der GOÄ erläutert und seien auch erläutert worden. Vor Ab schluß der Vereinbarung werde auf die Auslage der GOÄ im jeweiligen Che farzt-Sekretariat hingewiesen ; fachkundige Aufklärungen über Leistungen und Kosten erfolgten auf Nachfrage, worauf der Patient zuvor hingewiesen werde.

c) Eine Unterrichtung dieses Inhalts ist schon deshalb unzul änglich, weil sie die Beschaffung der notwendigen Informationen letztlich der Eigeninitiative des Patienten überläßt, indem diesem lediglich das Angebot unterbreitet wird, ihn "auf Nachfrage" fachkundig über Leistungen und Kosten aufzuklären. Damit können sich weder der Kläger als selbstliquidierender Chefarzt noch die Streithelferin als Krankenhausträgerin (und somit als die Vertragspartnerin der Vereinbarung über die gesonderte Berechnung; § 22 Abs. 1 Satz 1 BPflV) ihrer Eigenverantwortung dafür entziehen, den Patienten vor Abschluß der Vereinbarung über die Entgelte der Wahlleistungen und deren Inhalt im einzelnen zu unterrichten. Bei der Erläuterung der "Grundstrukturen der GOÄ" bleibt - worauf die Revisionserwiderung zu Recht hinweist - im Dunkeln, was die die Aufklärung erteilende Person unter diesen "Grundstrukturen" verstanden hat.

d) Auch die Verfahrensrüge der Revision geht fehl, der Kläger und seine Streithelferin hätten auf entsprechenden richterlichen Hinweis in den Vorinstanzen ergänzend zum Inhalt der Unterrichtung vorgetragen. Eines solchen Hinweises bedurfte es im Berufungsrechtszug schon deshalb nicht, weil spätestens durch das erstinstanzliche Urteil des Amtsgerichts klargestellt worden war, daß die Wirksamkeit der Wahlleistungsvereinbarung für den vorliegenden Rechtsstreit von zentraler Bedeutung war; daraus ergab sich die Notwendigkeit vollständigen und präzisen Sachvortrags zum Inhalt der dem Beklagten tatsächlich zuteil gewordenen Aufklärung von selbst. Zum anderen geht auch aus der Revisionsbegründung nicht mit hinreichender Deutlichkeit hervor, welche Informationen dem Beklagten tatsächlich erteilt worden sind, so daß Feststellungen darüber, ob den oben wiedergegebenen Anforderungen der Senatsrechtsprechung Genüge getan ist, auch auf dieser Grundlage nicht getroffen werden können.
4. Da zwischen dem Streithelfer und dem Beklagten keine wirksame Vereinbarung über wahlärztliche Leistungen zustande gekommen ist, steht dem Kläger kein Vergütungsanspruch aus § 612 Abs. 2 BGB für die im Zusammenhang mit der stationären Behandlung des Beklagten erbrachten ärztlichen Leistungen zu; auch ein Bereicherungsanspruch nach § 812 Abs. 1 BGB besteht nicht (Senatsurteil vom 24. November 2003 aaO S. 686; Senatsurteil BGHZ 138, 91, 99).
Schlick Wurm Streck
Dörr Galke

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(1) Wer durch die Leistung eines anderen oder in sonstiger Weise auf dessen Kosten etwas ohne rechtlichen Grund erlangt, ist ihm zur Herausgabe verpflichtet. Diese Verpflichtung besteht auch dann, wenn der rechtliche Grund später wegfällt oder der mi

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 612 Vergütung


(1) Eine Vergütung gilt als stillschweigend vereinbart, wenn die Dienstleistung den Umständen nach nur gegen eine Vergütung zu erwarten ist. (2) Ist die Höhe der Vergütung nicht bestimmt, so ist bei dem Bestehen einer Taxe die taxmäßige Vergütung

Verordnung zur Regelung der Krankenhauspflegesätze


Bundespflegesatzverordnung - BPflV

Gebührenordnung für Ärzte - GOÄ 1982 | § 6a Gebühren bei stationärer Behandlung


(1) Bei vollstationären, stationsäquivalenten, tagesstationären, teilstationären sowie vor- und nachstationären privatärztlichen Leistungen sind die nach dieser Verordnung berechneten Gebühren einschließlich der darauf entfallenden Zuschläge um 25 vo

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Verkündet am:
27. November 2003
F r e i t a g
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in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: ja
BGHR: ja
BPflV § 22 Abs. 2 Satz 1 Halbsatz 2
Zur Pflicht des Krankenhauses, den Patienten vor Abschluß einer Wahlleistungsvereinbarung
über die Entgelte und den Inhalt der wahlärztlichen Leistungen
zu unterrichten.
BGH, Urteil vom 27. November 2003 - III ZR 37/03 - LG Krefeld
AG Krefeld
Der III. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 27. November 2003 durch den Vorsitzenden Richter Dr. Rinne und die
Richter Streck, Schlick, Dr. Kapsa und Galke

für Recht erkannt:
Auf die Rechtsmittel des Beklagten werden das Urteil der 3. Zivilkammer des Landgerichts Krefeld vom 9. Januar 2003 teilweise aufgehoben und das Urteil des Amtsgerichts Krefeld vom 13. Juni 2002 teilweise abgeändert und wie folgt neu gefaßt: Der Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 69,71 136,35 DM) nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 3. Juni 2001 zu zahlen.
Die weitergehende Klage wird abgewiesen.
Von den Kosten des Rechtsstreits haben der Kläger 95 v.H. und der Beklagte 5 v.H. zu tragen.
Von Rechts wegen

Tatbestand


Der Kläger ist Chefarzt der chirurgischen Abteilung des Krankenhauses M. in K. . Der Beklagte befand sich vom 11. bis 21. März 2001 wegen einer akuten perforierten Appendicitis in diesem Krankenhaus in stationärer Behandlung.
Der Beklagte unterzeichnete bei seiner Einlieferung eine formularmäßige Zusatzvereinbarung über Wahlleistungen, in der er neben der Unterbringung in einem Zweibettzimmer auch die gesondert berechenbare Wahlleistung "persönliche Behandlung durch den leitenden Abteilungsarzt und seinen ständigen Vertreter" ankreuzte. Die Zusatzvereinbarung, die auch die Unterschrift eines Vertreters des Krankenhauses trägt, enthält den folgenden Zusatz:
"Ich habe zur Kenntnis genommen, - daß der leitende Abteilungsarzt und andere liquidationsberechtigte Ärzte des Krankenhauses, die an der Behandlung aus medizinischen Gründen beteiligt werden, - daß Ärzte und ärztlich geleitete Einrichtungen außerhalb des Krankenhauses, soweit diese im Auftrage von liquidationsberechtigten Ärzten Leistungen erbringen, berechtigt sind, nach der jeweils gültigen Gebührenordnung für Ärzte (GOÄ) bzw. nach dem Institutionstarif abzurechnen und die Kosten im eigenen Namen einzuziehen. Ein Exemplar dieser GOÄ liegt in der Patientenaufnahme und in den Sekretariaten der liquidationsberechtigten Ärzte aus. Die GOÄ kann von Ihnen eingesehen werden. Hinweis: Die Gebühren der liquidationsberechtigten Krankenhausärzte werden gemäß § 6a GOÄ um 25 % gemindert."
Der Kläger stellte die von ihm während der stationären Unterbringung erbrachten ärztlichen Leistungen dem Beklagten mit Schreiben vom 24. April 2001 mit insgesamt 2.337,87 DM in Rechnung. Für eine am 2. April 2001 durchgeführte ambulante Behandlung berechnete der Kläger mit Schreiben vom 31. Mai 2001 136,35 DM.
Der Kläger erhob nach erfolglos gebliebenen Zahlungsaufforderungen Klage auf Zahlung von 2.474,22 DM nebst Zinsen sowie 293,70 DM vorgerichtlicher Kosten (Inkassogebühren). Das Amtsgericht hat den Beklagten antragsgemäß zur Zahlung verurteilt. Im Berufungsverfahren hat der Kläger nach richterlichem Hinweis die Klage, soweit sie die Zahlung vorgerichtlicher Kosten zum Gegenstand hatte, (teilweise) zurückgenommen. Im übrigen hat das Berufungsgericht das Urteil des Amtsgerichts bestätigt. Mit der - vom Berufungsgericht zugelassenen - Revision verfolgt der Beklagte seinen Antrag auf vollständige Abweisung der Klage weiter.

Entscheidungsgründe


Die Revision hat zum überwiegenden Teil Erfolg.

I.


Die Tatsacheninstanzen haben den Einwand des Beklagten, aufgrund seines Gesundheitszustands sei er bei der Einlieferung in das Krankenhaus nicht in der Lage gewesen, "geschäftliche Dinge zu regeln" (vgl. § 104 Nr. 2
BGB), zurückgewiesen. Dies läßt keinen Rechtsfehler erkennen und wird von der Revision hingenommen.
Nach Meinung des Berufungsgerichts ist zwischen dem Krankenhaus M. und dem Beklagten eine wirksame Vereinbarung über wahlärztliche Leistungen zustande gekommen, so daß der Beklagte Zahlung des auf der Grundlage der Gebührenordnung für Ärzte berechneten Honorars (auch) für die während des Krankenhausaufenthalts erbrachte ärztliche Behandlung schuldet. Dies hält der rechtlichen Nachprüfung nicht stand.
1. Nach § 22 Abs. 2 Satz 1 der - vorliegend anwendbaren - Bundespflegesatzverordnung (BPflV) vom 26. September 1994 (BGBl. I S. 2750) sind Wahlleistungen vor der Erbringung schriftlich zu vereinbaren; der Patient ist vor Abschluß der Vereinbarung über die Entgelte der Wahlleistungen und deren Inhalt im einzelnen zu unterrichten. Eine derartige besondere Unterrichtungspflicht ist erstmalig durch die Vierte Verordnung zur Änderung der Bundespflegesatzverordnung vom 20. Dezember 1984 (BGBl. I S. 1680) als § 6 Abs. 2 Satz 1 Halbsatz 2 in die Bundespflegesatzverordnung vom 25. April 1973 (BGBl. I S. 333) aufgenommen worden; danach war der Patient vor Abschluß der Vereinbarung über die Entgelte der Wahlleistungen zu unterrichten. Diese Bestimmung ist unverändert als § 7 Abs. 2 Satz 1 Halbsatz 2 in die Bundespflegesatzverordnung (BPflV a.F.) vom 21. August 1985 (BGBl. I S. 1666) übernommen worden.
2. Nach der Rechtsprechung des Senats, von der abzugehen kein Anlaß besteht, ist eine Wahlleistungsvereinbarung, die ohne hinreichende vorherige Unterrichtung des Patienten abgeschlossen worden ist, unwirksam (Senats-
urteile vom 19. Dezember 1995 - III ZR 233/94 - NJW 1996, 781 f und BGHZ 138, 91, 94).
Die Frage, welche Anforderungen an eine dem Maßstab des § 22 Abs. 2 Satz 1 Halbsatz 2 BPflV gerecht werdende Unterrichtung über die Entgelte bei der - hier allein interessierenden - Vereinbarung wahlärztlicher Leistungen zu stellen sind, ist in der Rechtsprechung der Instanzgerichte und in der Literatur umstritten. Der Senat hat hierzu noch nicht abschließend Stellung genommen. In dem Urteil vom 19. Dezember 1995 (aaO S. 782) hat er lediglich - noch zu § 7 Abs. 2 Satz 1 BPflV a.F. - ausgesprochen, daß der unter Bezugnahme auf das Preisverzeichnis erfolgte Hinweis, Wahlleistungen würden dem Patienten gesondert in Rechnung gestellt, jedenfalls dann nicht ausreicht, wenn die Gebührenordnung für Ärzte dem Patienten nicht vorgelegt wurde und auch keine weiteren mündlichen Belehrungen erteilt wurden.

a) Die im Sinne des Patientenschutzes weitestgehende Auffassung geht dahin, daß der Patient nur dann ausreichend unterrichtet worden ist, wenn ihm unter Hinweis auf die mutmaßlich in Ansatz zu bringenden Nummern des Gebührenverzeichnisses der Gebührenordnung für Ärzte detailliert und auf den Einzelfall abgestellt die Höhe der voraussichtlich entstehenden Arztkosten mitgeteilt wird. Eine genaue Angabe dieser Kosten sei allerdings nicht erforderlich ; es genüge, wie bei einem Kostenanschlag nach § 650 BGB, eine im wesentlichen zutreffende Angabe (OLG Jena, VersR 2002, 1499, 1500 f; LG Dortmund, VersR 2002, 1033, 1034; LG Duisburg, MedR 2001, 213, 214, jeweils zu § 22 Abs. 2 BPflV; OLG Düsseldorf, VersR 1999, 496, 497 noch zu § 7 Abs. 2 BPflV a.F.; vgl. auch OLG Zweibrücken, NJW-RR 2003, 56; zustimmend
Uleer/Miebach/Patt, Abrechnung von Arzt- und Krankenhausleistungen, 2. Aufl., § 22 BPflV, Erl. E 2.2; Miebach/Patt, NJW 2000, 3377, 3378).
Diese strenge Auslegung, die sich vor allem auf die durch § 22 Abs. 2 BPflV gegenüber der Vorgängerregelung des § 7 Abs. 2 BPflV a.F. erfolgte Erweiterung der Unterrichtungspflicht ("und deren Inhalt im einzelnen") beruft, erscheint, auch unter Berücksichtigung des Schutzzwecks der Vorschrift, als zu weitgehend.
aa) Müßte der Patient vor Abschluß der Wahlleistungsvereinbarung in Form eines Kostenanschlags über die voraussichtliche Höhe der entstehenden Arztkosten unterrichtet werden, so bedeutete dies nicht nur einen immensen organisatorischen Mehraufwand für das Krankenhaus, sondern würde in vielen Fällen sogar dazu führen, daß dem Krankenhaus Unmögliches abverlangt würde.
Wahlleistungsvereinbarungen werden typischerweise bei der Aufnahme eines Patienten in das Krankenhaus abgeschlossen. In diesem Zeitpunkt stehen die Aufnahmeuntersuchungen noch aus. Welche ärztlichen Diagnoseoder Therapiemaßnahmen im einzelnen geboten sind, ob und welcher Operation sich der Patient unterziehen muß, läßt sich häufig selbst nach dieser - ebenfalls ärztlichen - Aufnahmeuntersuchung noch nicht annähernd sicher abschätzen. Hier wäre es weder dem Krankenhaus zuzumuten noch dem Informationsinteresse des Patienten dienlich, wenn vor Abschluß der Wahlleistungsvereinbarung eine Vielzahl möglicher "Kosten-Varianten" ermittelt oder dem Patienten die voraussichtliche Höhe der im ungünstigsten Falle zu erwartenden Kosten mitgeteilt werden müßten (vgl. Kuhla, MedR 2002, 280, 282).

Der Weg, diese praktischen Schwierigkeiten dadurch zu umgehen, daß der Patient schrittweise, parallel zur Aufklärung über die vorzunehmenden Therapieschritte , über die finanziellen Konsequenzen dieses Vorgehens in Kenntnis gesetzt wird (so OLG Jena aaO S. 1501), ist nicht gangbar. Dies würde bedeuten , daß der Patient sich vor Beginn jeder zusätzlichen "kostenträchtigen" ärztlichen Maßnahme neu entscheiden müßte und könnte, ob er an der bei Aufnahme in das Krankenhaus oder anläßlich zuvor erfolgter Behandlungen getroffenen Wahlarztvereinbarung festhalten möchte oder aber nur noch als "normaler" Krankenhauspatient behandelt werden will. Eine derartige Verfahrensweise stünde in Widerspruch zu dem in § 22 Abs. 3 Satz 1 BPflV (= § 7 Abs. 3 Satz 1 BPflV a.F.) zwingend vorgeschriebenen Prinzip der "Wahlarztund Liquidationskette", wonach die Vereinbarung über wahlärztliche Leistungen nicht auf einzelne liquidationsberechtigte Krankenhausärzte oder gar auf einzelne Behandlungsmaßnahmen beschränkt werden kann (vgl. Dietz/Bofinger, Krankenhausfinanzierungsgesetz, Bundespflegesatzverordnung und Folgerecht, Erl. IV 8 zu § 22 BPflV [Stand: Mai 1996]). Demgemäß ist nach dem Regelungskonzept der Bundespflegesatzverordnung eine Auslegung des § 22 Abs. 2 Satz 1 Halbsatz 2 BPflV geboten, die das Krankenhaus in die Lage versetzt, in jedem Einzelfall dem Patienten bei Aufnahme bzw. vor Beginn der ersten (wahl-)ärztlichen Behandlung die erforderliche Unterrichtung zu erteilen , um so eine wirksame Wahlleistungsvereinbarung zustande bringen zu können.
bb) Das Interesse des Patienten, den konkreten Preis der von ihm gewünschten Wahlleistung zu erfahren, ist bei den wahlärztlichen Leistungen typischerweise nicht so schutzwürdig wie bei den anderen Wahlleistungen.

Die Entgelte für nichtärztliche Wahlleistungen werden vom Träger des Krankenhauses im Rahmen der Angemessenheitsgrenze des § 22 Abs. 1 Satz 3 BPflV autonom gestaltet. Daraus können sich, wie dem Senat aus den bezüglich der Bemessung der Wahlleistung Unterkunft an ihn herangetragenen Rechtsstreitigkeiten bekannt ist (vgl. BGHZ 145, 66), in der Krankenhauspraxis erhebliche Preisunterschiede bei der Bemessung einzelner Wahlleistungsentgelte ergeben. Daher hat der Patient bei den nichtärztlichen Wahlleistungen ein besonderes Interesse daran, den konkreten Preis für die jeweils angebotene Wahlleistung zu erfahren, da er nur so abschätzen kann, ob nach seinen subjektiven Wünschen und Bedürfnissen die für ihn in Frage kommende Wahlleistung "ihr Geld wert" ist.
Bei den ärztlichen Wahlleistungen ist die preisliche Situation von vornherein eine andere. Gemäß § 22 Abs. 3 Satz 7 BPflV finden für die Berechnung wahlärztlicher Leistungen die Vorschriften der Gebührenordnung für Ärzte oder der Gebührenordnung für Zahnärzte entsprechende Anwendung. Dies bedeutet , daß Grundlage der Entgeltermittlung insoweit gesetzliche Preisvorschriften sind, in denen - auch und gerade mit Rücksicht auf die schützenswerten Interessen der Patienten - für jede ärztliche Leistung ein bestimmtes Entgelt festgelegt ist, wobei der behandelnde Arzt im Einzelfall nur in engen Grenzen einen Gestaltungsspielraum bei der Bestimmung seines Honorars hat (vgl. § 5 GOÄ).
Durch die entsprechende Anwendung der gesetzlichen Preisregelungen der Gebührenordnung für Ärzte oder der Gebührenordnung für Zahnärzte ist gewährleistet, daß jeder Patient unabhängig von der Wahl des Krankenhauses
für (im wesentlichen) gleichartige bzw. gleichwertige ärztliche Leistungen eine (im wesentlichen) gleiche Vergütung zu zahlen hat.
cc) Daß nach dem Willen des Verordnungsgebers dem Umstand, daß die Honorierung wahlärztlicher Leistungen gesetzlich vorgegeben ist, bei der Beantwortung der Frage, wie umfänglich und weitreichend die Unterrichtungspflicht des Krankenhauses ist, von maßgeblicher Bedeutung ist, läßt sich den Amtlichen Begründungen der Bundesregierung zu den einzelnen Verordnungsentwürfen mit hinreichender Deutlichkeit entnehmen:
In der Begründung zur Vierten Verordnung zur Änderung der Bundespflegesatzverordnung , durch die die Pflicht zur Unterrichtung des Patienten erstmals in der Bundespflegesatzverordnung verankert worden ist, heißt es, daß zu der dem Schutz des Patienten dienenden Unterrichtung "die Mitteilung der Preise für nichtärztliche Wahlleistungen, z.B. für eine gesonderte Unterbringung , ebenso wie der Hinweis auf den unter Berücksichtigung des Pflegesatzabschlags zu zahlenden Pflegesatz sowie die Berechnung dieser Leistungen nach der Gebührenordnung für Ärzte und die dort vorgesehene Minderung der berechneten Gebühren" gehört (BR-Drucks. 574/84 S. 15). Diese Formulierung läßt den Schluß zu, daß nach den Vorstellungen des Verordnungsgebers bei ärztlichen Wahlleistungen nicht der geschuldete "Endpreis", sondern nur die Art und Weise des Zustandekommens dieses Preises erläutert werden muß.
In der Begründung zu § 22 Abs. 2 Satz 1 BPflV, durch den die Unterrichtungspflicht detaillierter ausgestaltet worden ist, wird ausgeführt, "daß der Patient künftig auch über den Inhalt der Wahlleistungen im einzelnen zu unter-
richten ist. Bei der Wahlleistung Ein- oder Zweibettzimmer könnte dies z.B. die Angabe von Telefon, Fernseher u.a. sein" (BR-Drucks. 381/94 S. 39). Dies belegt, daß der Verordnungsgeber bei dieser Änderung nicht die ärztlichen Wahlleistungen im Auge hatte.

b) Die für den Träger des Krankenhauses günstigste Auffassung hält es für ausreichend, wenn der Patient darauf hingewiesen wird, daß die Abrechnung des selbstliquidierenden Chefarztes nach der Gebührenordnung für Ärzte erfolgt; darüber hinaus sei es Sache des Patienten, bei Bedarf die Vorlage des Textes der Gebührenordnung für Ärzte zu erbitten oder sich diese selbst zu beschaffen (OLG Köln, NJW-RR 1999, 228, 229 zu § 7 Abs. 2 BPflV a.F.; zustimmend : Wagener, in: Düsseldorfer Kommentar zur BPflV, 3. Aufl., Erl. 3.3.1 zu § 22; Dietz/Bofinger aaO Erl. III 6 zu § 22 BPflV [Stand: Juni 2000]; Biermann /Ulsenheimer/Weißauer, MedR 2000, 107, 108 f; Haberstroh, VersR 1999, 8, 13 f).
Diese Auffassung dürfte indes mit dem Gesetz nicht mehr vereinbar sein. Zwar trifft es zu, daß es gegenüber dem Privatpatienten, der sich in die ambulante Behandlung eines niedergelassenen Arztes begibt, nach der unmittelbar anwendbaren Gebührenordnung für Ärzte keine besonderen Belehrungspflichten über die geschuldete Vergütung gibt und daß das Schutzinteresse des durchschnittlichen Wahlleistungspatienten weniger dahin geht, die Höhe der entstehenden Arztkosten zu erfahren, sondern eher darauf ausgerichtet ist zu wissen, ob sein privater Krankenversicherer für diese Kosten aufkommt (vgl. Kuhla aaO S. 283; Haberstroh aaO). Diese Erwägungen rechtfertigen es jedoch nicht, sich über den klaren Wortlaut des Gesetzes hinwegzusetzen , wonach auch bei ärztlichen Wahlleistungen über die Entgelte "im einzel-
nen" zu unterrichten ist. Dabei ist zu berücksichtigen, daß typischerweise bei einem Krankenhausaufenthalt weit höhere Arztkosten entstehen als im Rahmen einer ambulanten Behandlung und daß eine eingehende Unterrichtung den Selbstzahler, der über keinen oder keinen umfassenden (Stichwort: Selbstbeteiligung) Versicherungsschutz verfügt, dazu veranlassen kann, von einer Wahlleistungsvereinbarung abzusehen bzw. sich zuvor bei seinem Versicherer über die Reichweite seines Versicherungsschutzes kundig zu machen, um so die Gefahr einer erheblichen finanziellen Eigenbelastung zu vermeiden oder zu begrenzen.

c) Vorzugswürdig dürfte daher eine vermittelnde Lösung sein (in diesem Sinne wohl AG und LG Kiel, MedR 2001, 369, 371 und 372), die zum einen dem vom Verordnungsgeber ausdrücklich auch im Bereich der wahlärztlichen Leistungen anerkannten Informationsbedürfnis des Patienten entspricht und zum anderen an den Träger des Krankenhauses nicht derart übertrieben hohe Anforderungen stellt, daß es vielfach praktisch nicht mehr möglich wäre, mit zumutbarem Verwaltungsaufwand eine wirksame Vereinbarung über wahlärztliche Leistungen zu treffen.
Diesbezüglich wäre in jedem Fall als ausreichende - zweckmäßigerweise schriftlich niedergelegte - Unterrichtung zu erachten (vgl. hierzu das von Debong, ArztR 2001, 12, 16 erarbeitete Muster einer Patienteninformation ):
- kurze Charakterisierung des Inhalts wahlärztlicher Leistungen, wobei zum Ausdruck kommt, daß hierdurch ohne Rücksicht auf Art und Schwere der Erkrankung die persönliche Behandlung durch die liquidationsberechtigten
Ärzte sichergestellt werden soll; verbunden mit dem Hinweis darauf, daß der Patient auch ohne Abschluß einer Wahlleistungsvereinbarung die medizinisch notwendige Versorgung durch hinreichend qualifizierte Ärzte erhält;
- kurze Erläuterung der Preisermittlung für ärztliche Leistungen nach der Gebührenordnung für Ärzte bzw. für Zahnärzte (Leistungsbeschreibung anhand der Nummern des Gebührenverzeichnisses; Bedeutung von Punktzahl und Punktwert; Möglichkeit, den Gebührensatz je nach Schwierigkeit und Zeitaufwand zu erhöhen); Hinweis auf Gebührenminderung nach § 6a GOÄ;
- Hinweis darauf, daß die Vereinbarung wahlärztlicher Leistungen eine erhebliche finanzielle Mehrbelastung zur Folge haben kann;
- Hinweis darauf, daß sich bei der Inanspruchnahme wahlärztlicher Leistungen die Vereinbarung zwingend auf alle an der Behandlung des Patienten beteiligten liquidationsberechtigten Ärzte erstreckt (vgl. § 22 Abs. 3 Satz 1 BPflV);
- Hinweis darauf, daß die Gebührenordnung für Ärzte/Gebührenordnung für Zahnärzte auf Wunsch eingesehen werden kann; die ungefragte Vorlage dieser Gesetzestexte erscheint demgegenüber entbehrlich, da diesen für sich genommen kein besonderer Informationswert zukommt: Der durchschnittliche Wahlleistungspatient ist auch nicht annähernd in der Lage, sich selbst anhand des Studiums dieser umfänglichen und komplizierten Regelungswerke einen Überblick über die Höhe der auf ihn zukommenden Arztkosten zu verschaffen.
3. Die Frage, welche Anforderungen an eine § 22 Abs. 2 Satz 1 Halbsatz 2 BPflV genügende Unterrichtung bei der Vereinbarung wahlärztlicher Leistungen zu stellen sind, braucht vorliegend nicht abschließend geklärt zu werden.
Die hier zu beurteilende Unterrichtung ist schon deshalb unzureichend, weil sie inhaltlich unzutreffend bzw. irreführend ist:
Aufgrund der dem Beklagten gegebenen Unterrichtung sind die liquidationsberechtigten Ärzte des Krankenhauses M. berechtigt, "nach der jeweils gültigen Gebührenordnung für Ärzte (GOÄ) bzw. nach dem Institutionstarif" abzurechnen.
Was Gegenstand des "Institutionstarifs" ist oder sein soll, in welchem Verhältnis dieser Tarif zur Gebührenordnung für Ärzte steht, ob und gegebenenfalls welche Abweichungen sich bei der Anwendung dieses Tarifs gegenüber der Gebührenordnung für Ärzte ergeben könnten, bleibt dunkel. Schon diese, von der Revision zu Recht angeführten Umstände führen dazu, daß dem Beklagten nicht die nach § 22 Abs. 2 Satz 1 Halbsatz 2 BPflV geschuldete Unterrichtung zuteil wurde.
4. Die Auffassung der Revisionserwiderung, der Schutzzweck des § 22 Abs. 2 Satz 1 BPflV komme erst und nur dann zum Tragen, wenn sich herausstelle , daß der Patient keinen Versicherungsschutz habe, trifft nicht zu. Nach dem klaren Wortlaut des Gesetzes ist jeder Wahlleistungspatient über die Entgelte der Wahlleistungen und deren Inhalt ohne Rücksicht darauf zu unterrichten , ob und welchen Versicherungsschutz er hat.

II.


Da zwischen dem Krankenhaus M. und dem Beklagten keine wirksame Vereinbarung über wahlärztliche Leistungen zustande gekommen ist, steht dem Kläger kein Vergütungsanspruch aus § 612 Abs. 2 BGB für die im Zusammenhang mit der stationären Behandlung des Beklagten erbrachten ärztlichen Leistungen zu; auch ein Bereicherungsanspruch nach § 812 Abs. 1 BGB besteht nicht (Senatsurteil BGHZ 138, 91, 95 ff, 99).
Hiervon betroffen ist allerdings nur die Rechnung vom 31. Mai 2001 über insgesamt 2.337,87 DM. Die Rechnung vom 11. Juli 2001 über 136,35 DM hat eine ambulante Behandlung zum Gegenstand, die der Kläger geraume Zeit
nach der Entlassung des Beklagten aus dem Krankenhaus erbracht hat. Da diese Leistung nicht dem Anwendungsbereich der Bundespflegesatzverord- nung unterfällt, ist der Beklagte insoweit zur Zahlung verpflichtet.
Rinne Streck Schlick Kapsa Galke

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
III ZR 375/02
Verkündet am:
8. Januar 2004
F r e i t a g
Justizamtsinspektor
als Urkundsbeamter
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
BPflV § 22 Abs. 2 Satz 1 Halbsatz 2
Der Abschluß einer wirksamen Wahlleistungsvereinbarung setzt nicht voraus
, daß dem Patienten vor Abschluß der Vereinbarung, wie bei einem Kostenvoranschlag
nach § 650 BGB, detailliert und auf den Einzelfall abgestellt
die Höhe der voraussichtlich entstehenden Arztkosten mitgeteilt wird (Fortführung
zum Senatsurteil vom 27. November 2003 - III ZR 37/03, zur Veröffentlichung
in BGHZ vorgesehen).
BGH, Urteil vom 8. Januar 2004 - III ZR 375/02 - OLG Jena
LG Meiningen
Der III. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 8. Januar 2004 durch den Vorsitzenden Richter Schlick und die Richter
Dr. Wurm, Streck, Galke und Dr. Herrmann

für Recht erkannt:
Auf die Revision des Streithelfers der Kläger wird das Urteil des 4. Zivilsenats des Thüringer Oberlandesgerichts in Jena vom 16. Oktober 2002 aufgehoben.
Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsrechtszuges, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand


Die Kläger sind die Erben des während des Revisionsrechtszugs verstorbenen R. L. , des ursprünglichen Klägers des vorliegenden Rechtsstreits (im Folgenden: Kläger). Er war bei der Beklagten krankenversichert. Dem Vertrag lag der Tarif BS 1 zugrunde, der die Erstattung von Kosten einer Chefarztbehandlung im Krankenhaus als Wahlleistung nicht vorsah.
Am 29. November 2000 begab sich der Kläger zur ärztlichen Behand- lung in das Klinikum der Universität J. . An diesem Tage unterzeichnete er eine Vereinbarung über wahlärztliche Leistungen. Dem Vereinbarungsvordruck war ein zweiseitiges Schriftstück (Patienteninformation) beigefügt, in dem unter anderem die Begriffe "Wahlleistungen" und "wahlärztliche Leistungen" erläutert wurden. Der Kläger unterzeichnete auch diese Patienteninformation.
Die Rechnungen der ihn behandelnden Krankenhausärzte reichte er bei der Beklagten ein. Diese erstattete jedoch nur einen Teilbetrag der ersten Liquidation. Weitere Zahlungen lehnte sie mit der Begründung ab, ärztliche Wahlleistungen seien nicht vom Versicherungsvertrag erfaßt.
Die Kläger verlangen von der Beklagten die Erstattung der für die ärztlichen Wahlleistungen in Rechnung gestellten insgesamt 28.435,24 55.614,50 DM). Sie machen geltend, eine Versicherungsvertreterin und eine Mitarbeiterin der Beklagten hätten auf Anfrage mündlich erklärt, ärztliche Wahlleistungen im Krankenhaus seien von dem Versicherungsvertrag gedeckt.
Das Landgericht und das Oberlandesgericht haben die Klage abgewiesen. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt der Streithelfer den in der Berufungsinstanz gestellten Klageantrag weiter.

Entscheidungsgründe


Die Revision führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.

I.


Nach Meinung des Berufungsgerichts (VersR 2002, 1499, 1500 f) ist die vom Kläger getroffene Vereinbarung über wahlärztliche Leistungen unwirksam, da er zuvor nicht den Anforderungen des § 22 Abs. 2 Satz 1 2. Halbs. der Bundespflegesatzverordnung (BPflV) entsprechend über die Entgelte der Wahlleistungen und deren Inhalte unterrichtet worden sei. Da der Kläger die Zahlung der ihm berechneten Arzthonorare nicht schulde, bestehe auch kein Erstattungsanspruch gegenüber der Beklagten.
Dies hält der rechtlichen Nachprüfung nicht stand.
1. Nach § 22 Abs. 2 Satz 1 BPflV vom 26. September 1994 (BGBl. I S. 2750) sind Wahlleistungen vor ihrer Erbringung schriftlich zu vereinbaren; der Patient ist vor Abschluß der Vereinbarung über die Entgelte der Wahlleistungen und deren Inhalt im einzelnen zu unterrichten. Eine solche besondere Unterrichtungspflicht ist erstmalig durch die Vierte Verordnung zur Änderung der Bundespflegesatzverordnung vom 20. Dezember 1984 (BGBl. I S. 1680) als § 6 Abs. 2 Satz 1 2. Halbs. in die Bundespflegesatzverordnung vom 25. April 1973 (BGBl. I S. 333) aufgenommen worden. Danach war der Patient vor Abschluß der Vereinbarung über die Entgelte der Wahlleistungen zu unterrichten. Diese Bestimmung ist unverändert als § 7 Abs. 2 Satz 1 2. Halbs. in die Bundespflegesatzverordnung vom 21. August 1985 (BGBl. I S. 1666) übernommen worden. Die Unterrichtungspflicht ist 1994 durch § 22 Abs. 2 Satz 1 BPflV n. F. erweitert worden, indem in den Text der bisherigen Bestimmung die Worte "und deren Inhalt im einzelnen" eingefügt wurden.
2. Nach der ständigen Rechtsprechung des Senats, von der abzugehen kein Anlaß besteht, ist eine Wahlleistungsvereinbarung, die ohne hinreichende vorherige Unterrichtung des Patienten abgeschlossen worden ist, unwirksam (Senatsurteile vom 10. Dezember 1995 - III ZR 233/94 - NJW 1996, 781 f und vom 27. November 2003 - III ZR 37/03 - Urteilsumdruck S. 5, zur Veröffentlichung in BGHZ vorgesehen; vgl auch BGHZ 138, 91, 94).
3. Die Frage, welche Anforderungen an eine dem Maßstab des § 22 Abs. 2 Satz 1 2. Halbs. BPflV gerecht werdende Unterrichtung über die Entgelte bei der Vereinbarung wahlärztlicher Leistungen zu stellen sind, ist in der Rechtsprechung der Instanzgerichte und der Literatur umstritten. Während die eine Auffassung mit dem Berufungsgericht einen detaillierten, auf den Einzelfall abgestellten Kostenanschlag entsprechend § 650 BGB fordert, in den auch die mutmaßlich in Ansatz zu bringenden Nummern der Gebührenordnung für Ärzte aufzunehmen sind (LG Dortmund VersR 2002, 1033, 1034; LG Duisburg MedR 2001, 213, 214, jeweils zu § 22 Abs. 2 BPflV; OLG Düsseldorf VersR 1999, 496, 497 zu § 7 Abs. 2 BPflV a.F.; vgl. auch OLG Zweibrücken NJW-RR 2003, 56; zustimmend Uleer/Miebach/Patt, Abrechnung von Arzt- und Krankenhausleistungen , 2. Aufl., § 22 BPflV, Erl. E 2.2; Miebach/Patt, NJW 2000, 3377, 3378), hält es die Gegenauffassung für ausreichend, wenn der Patient darauf hingewiesen wird, daß die Abrechnung des selbstliquidierenden Chefarztes nach der Gebührenordnung für Ärzte erfolgt. Darüber hinaus sei es Sache des Patienten, die Vorlage des Textes der Gebührenordnung für Ärzte zu erbitten oder diese sich selbst zu beschaffen (OLG Köln, NJW-RR 1999, 228, 229 zu § 7 Abs. 2 BPflV a.F.; zustimmend: Wagener in: Düsseldorfer Kommentar zur BPflV, 3. Aufl., Erl. 3.3.1 zu § 22; Dietz/Bofinger, Krankenhausfinanzierungsgesetz , Bundespflegesatzverordnung und Folgerecht, Erl. III 6 zu § 22 BPflV
[Stand: Juni 2000]; Biermann/Ulsenheimer/Weissauer MedR 2000, 107, 108 f; Haberstroh VersR 1999, 8, 13 f).
Der Senat hat mit seinem nach Erlaß der angefochtenen Entscheidung ergangenen Urteil vom 27. November 2003 (aaO S. 11 ff) eine vermittelnde Position vorgezeichnet, ohne daß es auf sie für die dortige Entscheidung letztlich ankam. Er hält an den darin angestellten Erwägungen fest, die für die nunmehr getroffene Entscheidung tragend sind. Ausreichend ist danach in jedem Fall:
- eine kurze Charakterisierung des Inhalts wahlärztlicher Leistungen, wobei zum Ausdruck kommt, daß hierdurch ohne Rücksicht auf Art und Schwere der Erkrankung die persönliche Behandlung durch die liquidationsberechtigten Ärzte sichergestellt werden soll; verbunden mit dem Hinweis darauf, daß der Patient auch ohne Abschluß einer Wahlleistungsvereinbarung die medizinisch notwendige Versorgung durch hinreichend qualifizierte Ärzte erhält;
- eine kurze Erläuterung der Preisermittlung für ärztliche Leistungen nach der Gebührenordnung für Ärzte bzw. für Zahnärzte (Leistungsbeschreibung anhand der Nummern des Gebührenverzeichnisses; Bedeutung von Punktzahl und Punktwert; Möglichkeit, den Gebührensatz je nach Schwierigkeit und Zeitaufwand zu erhöhen); Hinweis auf Gebührenminderung nach § 6a der Gebührenordnung für Ärzte (GOÄ);
- ein Hinweis darauf, daß die Vereinbarung wahlärztlicher Leistungen eine erhebliche finanzielle Mehrbelastung zur Folge haben kann;

- ein Hinweis darauf, daß sich bei der Inanspruchnahme wahlärztlicher Leistungen die Vereinbarung zwingend auf alle an der Behandlung des Patienten beteiligten liquidationsberechtigten Ärzte erstreckt (vgl. § 22 Abs. 3 Satz 1 BPflV);
- und ein Hinweis darauf, daß die Gebührenordnung für Ärzte/Gebührenordnung für Zahnärzte auf Wunsch eingesehen werden kann; die ungefragte Vorlage dieser Gesetzestexte erscheint demgegenüber entbehrlich, da diesen für sich genommen kein besonderer Informationswert zukommt. Der durchschnittliche Wahlleistungspatient ist auch nicht annähernd in der Lage, sich selbst anhand des Studiums dieser umfänglichen komplizierten Regelungswerke einen Überblick über die Höhe der auf ihn zukommenden Arztkosten zu verschaffen.
Diese vermittelnde Lösung trägt zum einen dem vom Verordnungsgeber im Bereich der wahlärztlichen Leistungen anerkannten Informationsbedürfnis des Patienten Rechnung und stellt zum anderen an das Krankenhaus nicht übertrieben hohe Anforderungen, die es vielfach praktisch verhindern würden, mit zumutbarem Aufwand eine wirksame Vereinbarung über wahlärztliche Leistungen zu treffen. Demgegenüber überspannt die vom Berufungsgericht vertretene Auffassung auch unter Berücksichtigung des Schutzzwecks von § 22 Abs. 2 Satz 1 BPflV die Anforderungen an die Unterrichtungspflicht des Krankenhausträgers.
Müßte der Patient vor Abschluß der Wahlleistungsvereinbarung in Form eines Kostenanschlags über die voraussichtliche Höhe der entstehenden Arzt-
kosten unterrichtet werden, so bedeutete dies nicht nur einen immensen orga- nisatorischen Aufwand für das Krankenhaus, sondern führte in vielen Fällen sogar dazu, daß Unmögliches abverlangt würde.
Wahlleistungsvereinbarungen werden typischerweise bei der Aufnahme eines Patienten in das Krankenhaus abgeschlossen. Zu diesem Zeitpunkt stehen vielfach Diagnose, Therapie und Krankheits- bzw. Genesungsverlauf nicht fest, so daß die erforderlichen ärztlichen Maßnahmen und der aus ihnen folgende finanzielle Aufwand nicht realistisch abschätzbar sind. Diesen Schwierigkeiten dadurch zu begegnen, daß dem Patienten mehrere Kostenvarianten unterbreitet werden oder ihm die voraussichtliche Höhe des im ungünstigsten Fall zu erwartenden Aufwandes mitgeteilt wird (vgl. Kuhla MedR 2002, 280, 282), würde dem Krankenhaus gleichfalls Unzumutbares auferlegen. Zudem wäre beides dem Informationsinteresse des Patienten nicht dienlich, da er sich auf diesen Wegen gleichfalls kein realistisches Bild über den tatsächlichen Umfang der auf ihn zukommenden finanziellen Belastungen machen könnte. Die vom Berufungsgericht für richtig gehaltene schrittweise Unterrichtung über die zu erwartenden Kosten parallel zur Aufklärung über die vorzunehmenden Diagnose- und Therapieschritte stünde im Widerspruch zu dem in § 22 Abs. 3 Satz 1 BPflV (= § 7 Abs. 3 Satz 1 BPflV a.F.) vorgeschriebenen Prinzip der "Wahlarzt- und Liquidationskette", wonach die Vereinbarung über wahlärztliche Leistungen nicht auf einzelliquidationsberechtigte Krankenhausärzte oder gar auf Einzelbehandlungsmaßnahmen beschränkt werden kann (vgl. im einzelnen Senatsurteil vom 27. November 2003 aaO S. 7 f m.w.N.). Darüber hinaus ist das Interesse des Patienten, den konkreten Preis der von ihm gewünschten Wahlleistung zu erfahren, bei den wahlärztlichen Leistungen typischerweise weniger schutzwürdig als bei anderen Wahlleistungen. Aus den Begründungen
zur Vierten Verordnung zur Änderung der Bundespflegesatzverordnung (BRDrucks. 574/84 S. 14) und zur Verordnung zur Neuordnung des Pflegesatzrechtes vom 26. September 1994 (BR-Drucks. 381/94 S. 39) ergibt sich gleichfalls , daß nach den Vorstellungen des Verordnungsgebers bei ärztlichen Wahlleistungen nicht der geschuldete "Endpreis", sondern nur die Art und Weise des Zustandekommens dieses Preises erläutert werden muß (vgl. hierzu im einzelnen Senat aaO, S. 9 f).
Die Gegenauffassung, die den Hinweis auf die Gebührenordnung für Ärzte bzw. die Gebührenordnung für Zahnärzte für ausreichend hält, steht im Widerspruch zu dem klaren Wortlaut von § 22 Abs. 2 Satz 1 BPflV, wonach auch bei ärztlichen Wahlleistungen über die Entgelte "im einzelnen" zu unterrichten ist (vgl. auch insoweit im einzelnen Senat aaO, S. 11).
4. Den nach dem Senatsurteil vom 27. November 2003 zu stellenden Anforderungen an die Unterrichtung des Patienten gemäß § 22 Abs. 2 Satz 1 BPflV wird das Informationsblatt der Streithelferin im wesentlichen gerecht:
Die Charakterisierung des Inhalts wahlärztlicher Leistungen befindet sich in Nr. 1 des Informationsblattes, in der der Begriff der Wahlleistungen in Abgrenzung von den allgemeinen Krankenhausleistungen insgesamt erläutert wird, und in Nr. 2, die die wahlärztlichen Leistungen im besonderen beschreibt. Abschnitt 2.1 enthält in Fettdruck den erforderlichen Hinweis darauf, daß auch ohne Abschluß einer Leistungsvereinbarung die medizinisch notwendige Versorgung durch hinreichend qualifiziertes Personal gewährleistet ist.
Die Erläuterung der Preisermittlung für ärztliche Leistungen nach der Gebührenordnung für Ärzte unter Einschluß des Hinweises auf die Leistungsbeschreibung anhand der Nummer des Gebührenverzeichnisses, der Bedeutung von Punktzahl und Punktwert sowie der Möglichkeit, den Gebührensatz je nach Schwierigkeit und Zeitaufwand zu erhöhen, befindet sich in Nr. 3 der Patienteninformation. Die dort gegebenen detaillierten Informationen enthalten alle notwendigen Elemente und sind klar und verständlich aufgebaut. Entgegen der Auffassung der Revisionserwiderung wirkt das dort anhand der punktmäßig gering zählenden Gebührennummer 1 entwickelte Berechnungsbeispiel nicht verharmlosend und irreführend. Es ist für den hinreichend verständigen Leser ohne weiteres zu erkennen, daß es sich lediglich um ein Beispiel zur Erläuterung des zuvor abstrakt beschriebenen Berechnungsvorgangs handelt und daß es Gebühren gibt, die mit höheren Punktzahlen bewertet sind. Dies verdeutlicht der im letzten Absatz von Nr. 3 des Informationsblatts in Fettdruck gehaltene Hinweis darauf, daß die Vereinbarung wahlärztlicher Leistungen erhebliche finanzielle Mehrbelastungen bedeuten kann. Die dort gewählte Formulierung mit der doppelten Verneinung "nicht unerhebliche Belastung" bleibt entgegen der Ansicht der Revision selbst bei oberflächlicher Lektüre verständlich.
Die Unterrichtung darüber, daß sich die Vereinbarung bei der Inanspruchnahme wahlärztlicher Leistungen auf alle an der Behandlung des Patienten beteiligten liquidationsberechtigten Ärzte erstreckt (§ 22 Abs. 3 Satz 1 BPflV), ist - ebenfalls durch Fettdruck hervorgehoben - in Nr. 2.2 der Patienteninformation enthalten.
Der notwendige Hinweis auf die Möglichkeit, die Gebührenordnung für Ärzte einzusehen, befindet sich in der letzten Zeile des Informationsblatts.

In der Informationsschrift der Streithelferin fehlt allerdings eine Verwei- sung auf § 6a GOÄ, wonach die Gebühren der behandelnden Ärzte bei stationären und teilstationären Leistungen um 15 v.H. zu mindern sind. Dies ist hier jedoch unschädlich. Die nach § 22 Abs. 2 Satz 1 BPflV erforderliche Information über die Entgelte der Wahlleistungen und deren Inhalt dient dazu, den Patienten vor finanziellen Belastungen, die möglicherweise nicht von seinem Krankenversicherungsschutz gedeckt sind, zu warnen, und ihn so vor übereilten Entscheidungen zu bewahren, die seine wirtschaftliche Leistungsfähigkeit oder -willligkeit überfordern. Zur Wahrung dieses Warn- und Schutzzwecks ist es nicht erforderlich, den Patienten, der ärztliche Wahlleistungen in Anspruch genommen hat, nur deshalb von Forderungen aus dem Vertrag freizuhalten, weil er nicht zuvor über § 6a GoÄ belehrt worden war. Der Patient würde treuwidrig handeln, wenn er sich zur Vermeidung jeglicher Zahlungen auf die Unvollständigkeit einer Belehrung berufen würde, der nur der Hinweis auf eine kostenmindernde Bestimmung fehlt.

II.


Dem Senat ist eine eigene Sachentscheidung nicht möglich, weil der Rechtsstreit noch nicht zur Entscheidung reif ist (§ 563 Abs. 3 ZPO). Da die Wirksamkeit der Wahlleistungsvereinbarung nicht an § 22 Abs. 2 Satz 1 BPflV scheitert, kommen Ansprüche der Kläger gegen die Beklagte wegen der Erklä-
rungen ihrer Agenten (vgl. z.B.: BGHZ 40, 22, 24; OLG Koblenz OLGR 2001, 376; Prölss/Martin/Kollhosser, VVG, 26. Aufl. § 43 Rn. 29 m.w.N.) in Betracht.
Dies zu beurteilen, ist Sache der Tatsacheninstanz.
Schlick Wurm Streck Galke Herrmann

(1) Bei vollstationären, stationsäquivalenten, tagesstationären, teilstationären sowie vor- und nachstationären privatärztlichen Leistungen sind die nach dieser Verordnung berechneten Gebühren einschließlich der darauf entfallenden Zuschläge um 25 von Hundert zu mindern. Abweichend davon beträgt die Minderung für Leistungen und Zuschläge nach Satz 1 von Belegärzten oder niedergelassenen anderen Ärzten 15 vom Hundert. Ausgenommen von der Minderungspflicht ist der Zuschlag nach Buchstabe J in Abschnitt B V des Gebührenverzeichnisses.

(2) Neben den nach Absatz 1 geminderten Gebühren darf der Arzt Kosten nicht berechnen; die §§ 7 bis 10 bleiben unberührt.

(1) Eine Vergütung gilt als stillschweigend vereinbart, wenn die Dienstleistung den Umständen nach nur gegen eine Vergütung zu erwarten ist.

(2) Ist die Höhe der Vergütung nicht bestimmt, so ist bei dem Bestehen einer Taxe die taxmäßige Vergütung, in Ermangelung einer Taxe die übliche Vergütung als vereinbart anzusehen.

(3) (weggefallen)

(1) Wer durch die Leistung eines anderen oder in sonstiger Weise auf dessen Kosten etwas ohne rechtlichen Grund erlangt, ist ihm zur Herausgabe verpflichtet. Diese Verpflichtung besteht auch dann, wenn der rechtliche Grund später wegfällt oder der mit einer Leistung nach dem Inhalt des Rechtsgeschäfts bezweckte Erfolg nicht eintritt.

(2) Als Leistung gilt auch die durch Vertrag erfolgte Anerkennung des Bestehens oder des Nichtbestehens eines Schuldverhältnisses.