Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
II ZR 125/02 Verkündet am:
11. November 2002
Vondrasek
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: ja (bis einschl. II. A)
BGHR: ja

a) Landesverbänden steht gegen den
Vorstand ihres Dachverbandes auf dessen Verbandsversammlung ein Auskunftsrecht
nach §§ 27 Abs. 3, 666 BGB über alle wesentlichen tatsächlichen
und rechtlichen Verhältnisse des Dachverbandes zu.

b) Einem solchen vereinsrechtlichen Informationsrecht der Mitglieder unterliegen
grundsätzlich auch die Angelegenheiten einer vom Dachverband zur
Auslagerung seines wirtschaftlichen Betriebes als GmbH gegründeten und
betriebenen Tochtergesellschaft, soweit sie auch für den Dachverband objektiv
von erheblicher wirtschaftlicher oder rechtlicher Bedeutung sind. Dieses
Informationsrecht findet seine Grenze nur in einem (vorrangigen) berechtigten
Geheimhaltungsinteresse des Dachverbandes zur Abwehr einer
zu besorgenden Gefahr für ihn selbst oder die Tochtergesellschaft mbH (entsprechend
§ 51 a Abs. 2 GmbHG).
BGH, Urteil vom 11. November 2002 - II ZR 125/02 - OLG München
LG München I
Der II. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche Ver-
handlung vom 11. November 2002 durch den Vorsitzenden Richter
Dr. h.c. Röhricht und die Richter Prof. Dr. Henze, Prof. Dr. Goette, Dr. Kurzwelly
und die Richterin Münke

für Recht erkannt:
Auf die Revision des Beklagten wird das Urteil des 17. Zivilsenats des Oberlandesgerichts München vom 21. Januar 2002 aufgehoben.
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Landgerichts München I, 24. Zivilkammer, vom 1. März 2001 wird zurückgewiesen.
Die Kosten der Rechtsmittel werden der Klägerin auferlegt.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


Die Klägerin wurde 1985 als GmbH gegründet, um aus dem gemeinnützigen Vereinsbereich der "Deutsche Billardunion e.V." (im folgenden: DBU) den wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb zum Zwecke gewinnbringender Vermarktung des Billardsports auszugliedern. Gesellschafter der Klägerin sind die DBU als
Dachverband des deutschen Billardsports mit einem Geschäftsanteil von 40 Prozent sowie drei der ihm als Mitglieder angehörenden Landesverbände (Baden-Württemberg, Westfalen und Niederrhein) mit einem Geschäftsanteil von je 20 Prozent. Alle in der DBU zusammengeschlossenen 17 Landesverbände sind in der Rechtsform eines eingetragenen Vereins organisiert. Der Beklagte - der Bayerische Landesverband - war bis zur Veräußerung seines Gesellschaftsanteils am 26. Juni 1997 ebenfalls Gesellschafter der Klägerin. Im Zusammenhang mit den ihr von der DBU überlassenen Vermarktungsrechten unterliegt die Klägerin Gewinnabführungspflichten: von dem erwirtschafteten Gewinn sind 50 Prozent an die DBU und 25 Prozent an die übrigen Gesellschafter abzuführen, die restlichen 25 Prozent kann der Geschäftsführer - neben seinem Gehalt - als Tantieme beanspruchen.
Zwischen dem Beklagten und der Klägerin sowie der DBU besteht seit längerem vielfältiger Streit, der seine Ursache vor allem in der Vereinigung der Ämter des Geschäftsführers der Klägerin und des Präsidenten der DBU in der Person von W. R. hat: aufgrund der Machtfülle R.s befürchtet der Beklagte eine Beeinträchtigung der Rechte und finanziellen Belange der DBU. So versandte der Vorstand des Beklagten u.a. im zeitlichen Vorfeld von Mitgliederversammlungen der DBU in den Jahren 1995, 1999 und 2000 als "vertraulich" gekennzeichnete Schreiben an sämtliche - also auch die nicht als Gesellschafter an der Klägerin beteiligten - Landesverbände und an die DBU, in denen das Verhalten der Klägerin bzw. ihres Geschäftsführers angegriffen und eine Diskussion auf den jeweiligen Verbandstagen angekündigt wurde. Im Rundschreiben vom 15. Juni 1995 erhob der Beklagte u.a. den Vorwurf, R. habe im Zusammenwirken mit dem Vizepräsidenten der DBU auf Gesellschafterversammlungen der Klägerin eine Neuregelung der Führungsverhältnisse mit erheblichen finanziellen Folgen für die Mitglieder der DBU durchzusetzen versucht: danach
habe er als Geschäftsführer der Klägerin gegen Abfindung von 150.000,00 DM ausscheiden, gleichzeitig als hauptamtlicher Generalsekretär bei der DBU gegen ein Gehalt von über 100.000,00 DM eingestellt werden und zusätzlich als Berater der Klägerin gegen ein Jahreshonorar von 60.000,00 DM fungieren wollen, während der Vizepräsident der DBU die Geschäftsführung der Klägerin habe übernehmen sollen. Die Mitgliederversammlung der DBU vom 24. Juni 1995 verwies die Angelegenheit in eine außerordentliche Gesellschafterversammlung der Klägerin unter Beteiligung sämtlicher Landesverbände; diese erklärte am 7. Januar 1996 die Sache schließlich für erledigt.
Im Rundschreiben vom 12. Mai 1999 führte der Beklagte zur Begründung des für die Mitgliederversammlung angekündigten Antrags Nr. 3 u.a. aus, der Geschäftsführer der Klägerin habe sich unter Verstoß gegen das Gesetz und seinen Anstellungsvertrag für die Geschäftsjahre 1995 - 1997 Urlaubsabgeltungen von insgesamt über 54.000,00 DM ausgezahlt; dem Schreiben war eine Kopie des "Arbeitsvertrages" des Geschäftsführers beigefügt, in dem als "Arbeitgeber" neben der Klägerin auch die DBU aufgeführt ist. Da sämtliche Anträge des Beklagten wegen verspäteter Einreichung auf dem Verbandstag 1999 nicht behandelt wurden, übersandte der Beklagte den Landesverbänden mit Schreiben vom 11. Mai 2000 nochmals inhaltsgleiche Ankündigungen für die Mitgliederversammlung 2000; trotz rechtzeitiger Einreichung nahm die DBU die Anträge nicht in die Tagesordnung auf. Mit Urteil vom 27. Januar 2001 hat das Schiedsgericht der DBU festgestellt, daß die DBU verpflichtet war, die Anträge in die Tagesordnung aufzunehmen und an die Teilnehmer zu versenden.
Mit der Klage hat die Klägerin von dem Beklagten Unterlassung der Weitergabe bestimmter vertraulicher Interna an Dritte und an Landesverbände, die nicht ihre Gesellschafter sind, begehrt. Sie ist der Ansicht, der Beklagte
dürfe Kenntnisse, die er aus seiner früheren Gesellschafterstellung bei der Klägerin habe, nur ihren Gesellschaftern offenbaren. Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Mit der Berufung wandte sich die Klägerin nur gegen die Klageabweisung hinsichtlich der Landesverbände, die nicht Gesellschafter der Klägerin sind. Das Berufungsgericht hat den Beklagten verurteilt, es zu unterlassen , folgende vertrauliche Interna, soweit es sich um Umstände handelt, die zur Zeit der Gesellschafterstellung des Beklagten bei der Klägerin bis 26. Juni 1997 eingetreten sind, an diejenigen Landesverbände der DBU weiterzugeben, die nicht als Gesellschafter an der Klägerin beteiligt sind:
1. Arbeitsverträge und Geschäftsführerverträge des Herrn R. und Arbeitsverträge von evtl. weiteren Mitarbeitern der Klägerin sowie deren Gehälter;
2. Entwürfe von Arbeitsverträgen von Herrn R. und evtl. weiteren Mitarbeitern der Klägerin;
3. Jahresabschlüsse der Klägerin mit Ausnahme veröffentlichungspflichtiger Teile sowie entsprechende Entwürfe von Jahresabschlüssen der Klägerin;
4. Verträge und Vertragsentwürfe zwischen der Klägerin und Nichtgesellschaftern der Klägerin;
5. Protokolle und Inhalte aus Protokollen von Gesellschafterversammlungen der Klägerin;
6. Steuermodelle und Leistungsaustauschmodelle betreffend die Kläge- rin und deren Entwürfe;
7. Wiedergabe von Gesprächsinhalten aus nicht-öffentlichen Gesellschafterversammlungen der Klägerin, die aus den Protokollen von nicht-öffentlichen Gesellschafterversammlungen der Klägerin ersichtlich sind, sowie
8. internes Zahlenmaterial und sonstige Geschäftsunterlagen, die ausschließlich den Gesellschaftern der Klägerin als Grundlage der Entscheidungsfindung zugänglich gemacht wurden oder werden und die durch eindeutige Kennzeichnung wie z.B. "Tischvorlage", "Geschäftsvorlage" , "internes Zahlenmaterial" oder ähnliches ausdrücklich bezeichnet sind.
Mit der - zugelassenen - Revision verfolgt der Beklagte sein Klageabweisungsbegehren weiter.

Entscheidungsgründe:


Die Revision ist begründet und führt zur Zurückweisung der Berufung der Klägerin.
I. Das Berufungsgericht ist der Ansicht, der Beklagte habe gegen seine ihm gegenüber der Klägerin obliegende Verschwiegenheitspflicht verstoßen, indem er in den Rundschreiben vom 15. Juni 1995 und 12. Mai 1999 auch diejenigen Landesverbände der DBU, die nicht Gesellschafter der Klägerin sind, über Einzelheiten der Vergütung des Geschäftsführers der Klägerin informiert
habe. Diese Landesverbände seien als Dritte anzusehen, denen gegenüber vertrauliche Interna der Klägerin nicht weitergegeben werden dürften. Daran ändere auch der Umstand nichts, daß die DBU Gesellschafterin der Klägerin sei und die Verbandsversammlung der DBU, der die Landesverbände als deren Mitglieder angehörten, das höchste Vereinsorgan der DBU sei, dem der Vorstand rechenschaftspflichtig sei. Im Spannungsverhältnis zwischen der Verschwiegenheitspflicht nach Gesellschaftsrecht und den "Informations-/Mitgliedschaftsrechten" nach Vereinsrecht sei die gesellschaftsrechtliche Verschwiegenheitsverpflichtung als grundsätzlich vorrangig anzusehen. Aus den beiden Rundbriefen und dem Prozeßverhalten des Beklagten ergebe sich eine Wiederholungsgefahr hinsichtlich sämtlicher unter Nr. 1 bis 8 des Urteils aufgeführten Interna der Klägerin. Diese Beurteilung hält revisionsrechtlicher Nachprüfung nicht stand.
II. Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts steht der Klägerin ein Unterlassungsanspruch nicht zu. Durch die mit den beiden Rundschreiben an die Landesverbände weitergegebenen Einzelheiten des bestehenden "Arbeitsvertrags" des Geschäftsführers R. sowie der geplanten Änderungen der Vergütung seiner Leitungstätigkeit für die DBU/Klägerin (Tenor I., 1. Variante in Nr. 1 u. 2 des Berufungsurteils) hat der Beklagte nicht seine Verschwiegenheitspflicht als Gesellschafter der Klägerin verletzt (vgl. unter A). Hinsichtlich der weiteren Klageanträge (Tenor Nr. I., Nr. 1 u. 2 - jew. 2. Variante -, Nr. 3 bis 8 des Berufungsurteils) fehlt es bereits an einer Wiederholungs- bzw. Erstbegehungsgefahr (vgl. unter B).
A. 1. Zutreffend ist allerdings der Ausgangspunkt des Berufungsgerichts, wonach das individuelle Informationsrecht des GmbH-Gesellschafters nach § 51 a GmbHG umfassend ausgestaltet ist (BGHZ 135, 48, 54). Das Informati-
onsrecht ist, vom Sonderfall des § 51 a Abs. 2 GmbHG abgesehen, prinzipiell unbeschränkt und findet seine Grenze erst bei einer nicht zweckentsprechenden Wahrnehmung (BGHZ aaO; Baumbach/Hueck/Zöllner, GmbHG 17. Aufl. § 51 a Rdn. 20 m.w.N.). Kehrseite dieses umfassenden und sehr weitgehend gestalteten Informationsrechts ist als Ausfluß der gesellschaftsrechtlichen Treuepflicht eine verstärkte Verschwiegenheitspflicht (allgemeine Meinung, vgl. nur Scholz/K. Schmidt, GmbHG 9. Aufl. § 51 a Rdn. 6; Meyer-Landrut/ Miller/Niehaus, GmbHG 1987, § 51 a Rdn. 13; Lutter/Hommelhoff, GmbHG 15. Aufl. § 51 a Rdn. 24). Die Weitergabe von Informationen zu gesellschaftsfremden Zwecken oder an gesellschaftsfremde Dritte ist grundsätzlich pflichtwidrig , und zwar ohne Rücksicht auf ihren Inhalt und ohne Rücksicht darauf, welche Zwecke mit der Verbreitung der Kenntnisse verfolgt werden (Hachenburg /Hüffer, GmbHG 8. Aufl. § 51 a Rdn. 11; Scholz/K. Schmidt aaO).
2. Rechtsfehlerhaft hat jedoch das Berufungsgericht diejenigen Landesverbände der DBU, die nicht Gesellschafter der Klägerin sind, als gesellschaftsfremde Dritte eingeordnet und dabei die Besonderheiten des vorliegenden Falles nicht beachtet. Denn sämtliche Landesverbände sind Mitglieder der DBU und damit auch Mitglieder des obersten Organs des Hauptgesellschafters der Klägerin, nämlich der Mitgliederversammlung der DBU; in dieser Eigenschaft können auch diejenigen Landesverbände, die nicht selbst Gesellschafter der Klägerin sind, nicht wie gesellschaftsfremde Dritte behandelt werden. Den Landesverbänden steht als Vereinsmitgliedern der DBU in der Mitgliederversammlung - unabhängig von der Stellung zur Klägerin - ein Auskunftsrecht nach §§ 27 Abs. 3, 666 BGB gegenüber dem Vorstand der DBU (vgl. allgemein Staudinger/Weick, BGB 13. Aufl. § 27 Rdn. 25; KG NJW-RR 1999,1486) über alle wesentlichen tatsächlichen und rechtlichen Verhältnisse des Vereins zu (vgl. Reichert, Handbuch des Vereins- und Verbandsrechts 8. Aufl. Rdn. 885;
Stöber, Handbuch zum Vereinsrecht 8. Aufl. Rdn. 303). Hierzu gehören im vorliegenden Fall auch die wirtschaftlichen und rechtlichen Beziehungen der DBU zur Klägerin; denn diese ist - entgegen der Ansicht des Oberlandesgerichts - keine "fremde" GmbH, sondern eine Tochtergesellschaft der DBU, auf die im wesentlichen aus steuerlichen Gründen der wirtschaftliche Betrieb der DBU ausgegliedert und die zur Gewinnabführung - davon zu 50 Prozent an die DBU - verpflichtet ist. Dem (vereinsrechtlichen) Informationsrecht der Landesverbände der DBU unterlagen daher grundsätzlich auch die Angelegenheiten bei der Klägerin als Tochterunternehmen, soweit sie auch für die DBU als Hauptgesellschafterin objektiv von so erheblicher wirtschaftlicher oder rechtlicher Bedeutung waren, daß sie damit auch zu Angelegenheiten der DBU selbst wurden.
3. Dieses umfassende Informationsrecht der Verbandsversammlung der DBU findet seine Grenze nur in einem etwa vorrangigen berechtigten Geheimhaltungsinteresse der DBU zur Abwehr einer zu besorgenden Gefahr für den Dachverband selbst oder die Klägerin als ihre Tochtergesellschaft (entsprechend § 51 a Abs. 2 GmbHG). In einem derartigen Fall, in dem der Vorstand die Auskunft verweigern könnte, wäre auch der Beklagte als Mitglied der DBU nicht berechtigt gewesen, im Rahmen seines satzungsmäßigen Initiativantragsrechts zur Tagesordnung der jeweiligen Mitgliederversammlung die anderen Landesverbände , die nicht Gesellschafter der Klägerin waren, durch die Rundschreiben über seine Anträge nebst Begründungen zu inneren Angelegenheiten der Klägerin vorab zu informieren. Ein solches vorrangiges Geheimhaltungsinteresse der DBU oder der Klägerin als Tochterunternehmen bestand jedoch - entgegen der nicht näher begründeten Ansicht des Berufungsgerichts - im vorliegenden Fall jedenfalls hinsichtlich der in den Schreiben des Beklagten vom 15. Juni 1995 und 12. Mai 1999 aufgeführten Einzelheiten nicht.


a) Die im Schreiben vom 15. Juni 1995 erwähnten, auf einer Gesell- schafterversammlung der Klägerin besprochenen Veränderungen auf der Leitungsebene durch Wechsel des Geschäftsführers R. in eine hauptamtliche Position bei der DBU betrafen grundlegende strukturelle Fragen des Verhältnisses der Klägerin zur DBU einschließlich der finanziellen Folgen (Vergütung, Abfindung ), die ersichtlich schon allein im Hinblick auf die Funktion des Vorstandes der DBU auch in die Zuständigkeit ihrer Mitgliederversammlung fielen und damit zugleich dem uneingeschränkten Informationsrecht der Landesverbände unterlagen. Dementsprechend wurde der Inhalt des Rundschreibens des Beklagten auf dem Verbandstag vom 24. Juni 1995 diskutiert und anschließend auf der außerordentlichen Gesellschafterversammlung der Klägerin in Anwesenheit der Vorstände der Landesverbände, die nicht Gesellschafter der Klägerin waren, offen erörtert.

b) Die Information im Schreiben vom 12. Mai 1999 über Urlaubsabgeltungen , die sich der Geschäftsführer der Klägerin selbst bewilligt hatte, betraf nicht lediglich deren innere Verhältnisse, sondern auch die DBU und deren Mitglieder. Denn zusätzliche Gehaltszahlungen der Klägerin an ihren Geschäftsführer mindern den Gewinn der Klägerin und damit auch die Gewinnabführungsansprüche der DBU gegen die Klägerin. Hinzu kommt, daß die DBU auch formalrechtlich an dem "Arbeitsvertrag" des Geschäftsführers R. auf Arbeitgeberseite neben der Klägerin beteiligt war. Somit waren hinsichtlich dieser Einzelheiten des Dienstverhältnisses - das im übrigen keinen geheimhaltungsbedürftigen Inhalt hat - auch diejenigen Landesverbände, die nicht Gesellschafter der Klägerin sind, informationsberechtigt. Dementsprechend hat das Schiedsgericht der DBU zutreffend festgestellt, daß auch der für einen späteren Verbandstag wiederholte inhaltsgleiche Antrag Nr. 3 in die Tagesordnung hätte
aufgenommen und sämtlichen Verbandsmitgliedern zugänglich gemacht werden müssen.
Der Hinweis des Berufungsgerichts, wonach im Aktienrecht Angaben zur Vergütung der Vorstandsmitglieder nicht zu individualisieren sind, vermag nicht zu überzeugen. Es handelt sich dabei um eine - nicht unumstrittene (siehe dazu auch die gegenteilige Anregung im Deutschen Corporate Governance Kodex 4.2.4 Satz 2) - Besonderheit des Aktienrechts.
Einen pflichtwidrigen Verstoß gegen eine Verschwiegenheitspflicht als Gesellschafter der Klägerin hat der Beklagte durch die Versendung der Rundschreiben daher nicht begangen.
B. Hinsichtlich der weitergehenden Klageanträge kann dahinstehen, ob denjenigen Landesverbänden der DBU, die nicht Gesellschafter der Klägerin sind, bezüglich der darin genannten Einzelheiten ein Auskunftsrecht zustehen würde. Denn insoweit läßt sich - entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts - aus den Schreiben vom 15. Juni 1995 und 12. Mai 1999 oder aus dem Prozeßverhalten des Beklagten eine Wiederholungs- oder Erstbegehungsgefahr nicht herleiten.
1. Hinsichtlich eines Unterlassungsanspruchs muß die Wiederholungsgefahr objektiv vorliegen. Dabei müssen Indiztatsachen gegeben sein, die den Schluß zulassen, daß eine Wiederholung des Eingriffs wahrscheinlich ist oder doch zumindest eine naheliegende Möglichkeit bildet (Staudinger/Grunsky, BGB 13. Aufl. § 1004 Rdn. 206). Die Frage, ob eine ernstliche Besorgnis weiterer Störungen besteht, ist zwar tatsächlicher Natur; sie ist jedoch in der Revisionsinstanz nachprüfbar, wenn die Urteilsgründe ergeben, daß in dem ange-
fochtenen Urteil von unrichtigen rechtlichen Gesichtspunkten ausgegangen worden ist (BGHZ 14, 163,167). So liegt es hier. Das Berufungsgericht hat - wie vorstehend unter A ausgeführt - zu Unrecht angenommen, daß der Beklagte durch die Übermittlung der Rundschreiben vom 15. Juni 1995 und 12. Mai 1999 eine Verschwiegenheitspflicht gegenüber der Klägerin verletzt habe. Daher scheidet insoweit schon mangels Erstbegehung eine Wiederholungsgefahr aus.
2. Auch aus dem Prozeßverhalten des Beklagten ergibt sich damit - mangels Erstbegehung - keine Wiederholungsgefahr. Sofern das Berufungsgericht mit seiner nicht näher begründeten Erwägung zum Prozeßverhalten (auch) auf die sog. Erstbegehungsgefahr abstellen wollte, tragen die Feststellungen die Entscheidung jedoch ebenfalls nicht. Ein auf Erstbegehungsgefahr gestützter vorbeugender Unterlassungsanspruch besteht nur, soweit ernsthafte und greifbare tatsächliche Anhaltspunkte dafür vorhanden sind, der Beklagte werde sich in naher Zukunft in der näher bezeichneten Weise rechtswidrig verhalten (BGH, Urt. v. 15. April 1999 - I ZR 83/97, NJW-RR 1999, 1563, 1564 m.w.N.). Eine Erstbegehungsgefahr kann sich zwar unter Umständen auch aus dem Prozeßverhalten der in Anspruch genommenen Partei ergeben. Die Tatsache allein, daß sich ein Beklagter gegen die Klage verteidigt und dabei die Auffassung äußert, zu dem beanstandeten Verhalten berechtigt zu sein, ist jedoch nicht als Berühmung zu werten, die eine Erstbegehungsgefahr begründet; andernfalls würde der Beklagte in der wirksamen Verteidigung seines Rechts, in einem gerichtlichen Verfahren die Rechtmäßigkeit bestimmter Verhaltensweisen klären zu lassen, und in seinem Recht auf rechtliches Gehör beschränkt (vgl. BGH, Urt. v. 31. Mai 2001 - I ZR 106/99, NJW-RR 2001, 1483, 1484 m.w.N.). Allein aus dem Prozeßverhalten des Beklagten kann somit im vorliegenden Fall nicht auf eine Erstbegehungsgefahr hinsichtlich der übrigen Klageanträge geschlossen werden.

III. Da die Sache aufgrund der bisherigen, umfassenden Tatsachenfeststellungen des Berufungsgerichts entscheidungsreif ist, hatte der Senat in der Sache selbst zu entscheiden und die Berufung der Klägerin zurückzuweisen (§§ 562, 563 Abs. 3 ZPO n.F.).
Röhricht Henze Goette
Kurzwelly Münke

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(1) Im Falle der Aufhebung des Urteils ist die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen. Die Zurückverweisung kann an einen anderen Spruchkörper des Berufungsgerichts erfolgen. (2) Das Berufungsgerich

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Gesetz betreffend die Gesellschaften mit beschränkter Haftung - GmbHG | § 51 Form der Einberufung


(1) Die Berufung der Versammlung erfolgt durch Einladung der Gesellschafter mittels eingeschriebener Briefe. Sie ist mit einer Frist von mindestens einer Woche zu bewirken. (2) Der Zweck der Versammlung soll jederzeit bei der Berufung angekündigt we

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 27 Bestellung und Geschäftsführung des Vorstands


(1) Die Bestellung des Vorstands erfolgt durch Beschluss der Mitgliederversammlung. (2) Die Bestellung ist jederzeit widerruflich, unbeschadet des Anspruchs auf die vertragsmäßige Vergütung. Die Widerruflichkeit kann durch die Satzung auf den Fall b

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Bundesgerichtshof Urteil, 31. Mai 2001 - I ZR 106/99

bei uns veröffentlicht am 31.05.2001

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL I ZR 106/99 Verkündet am: 31. Mai 2001 Walz Justizamtsinspektor als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein BGHR: ja

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(1) Die Bestellung des Vorstands erfolgt durch Beschluss der Mitgliederversammlung.

(2) Die Bestellung ist jederzeit widerruflich, unbeschadet des Anspruchs auf die vertragsmäßige Vergütung. Die Widerruflichkeit kann durch die Satzung auf den Fall beschränkt werden, dass ein wichtiger Grund für den Widerruf vorliegt; ein solcher Grund ist insbesondere grobe Pflichtverletzung oder Unfähigkeit zur ordnungsmäßigen Geschäftsführung.

(3) Auf die Geschäftsführung des Vorstands finden die für den Auftrag geltenden Vorschriften der §§ 664 bis 670 entsprechende Anwendung. Die Mitglieder des Vorstands sind unentgeltlich tätig.

(1) Die Berufung der Versammlung erfolgt durch Einladung der Gesellschafter mittels eingeschriebener Briefe. Sie ist mit einer Frist von mindestens einer Woche zu bewirken.

(2) Der Zweck der Versammlung soll jederzeit bei der Berufung angekündigt werden.

(3) Ist die Versammlung nicht ordnungsmäßig berufen, so können Beschlüsse nur gefaßt werden, wenn sämtliche Gesellschafter anwesend sind.

(4) Das gleiche gilt in bezug auf Beschlüsse über Gegenstände, welche nicht wenigstens drei Tage vor der Versammlung in der für die Berufung vorgeschriebenen Weise angekündigt worden sind.

(1) Die Bestellung des Vorstands erfolgt durch Beschluss der Mitgliederversammlung.

(2) Die Bestellung ist jederzeit widerruflich, unbeschadet des Anspruchs auf die vertragsmäßige Vergütung. Die Widerruflichkeit kann durch die Satzung auf den Fall beschränkt werden, dass ein wichtiger Grund für den Widerruf vorliegt; ein solcher Grund ist insbesondere grobe Pflichtverletzung oder Unfähigkeit zur ordnungsmäßigen Geschäftsführung.

(3) Auf die Geschäftsführung des Vorstands finden die für den Auftrag geltenden Vorschriften der §§ 664 bis 670 entsprechende Anwendung. Die Mitglieder des Vorstands sind unentgeltlich tätig.

(1) Die Berufung der Versammlung erfolgt durch Einladung der Gesellschafter mittels eingeschriebener Briefe. Sie ist mit einer Frist von mindestens einer Woche zu bewirken.

(2) Der Zweck der Versammlung soll jederzeit bei der Berufung angekündigt werden.

(3) Ist die Versammlung nicht ordnungsmäßig berufen, so können Beschlüsse nur gefaßt werden, wenn sämtliche Gesellschafter anwesend sind.

(4) Das gleiche gilt in bezug auf Beschlüsse über Gegenstände, welche nicht wenigstens drei Tage vor der Versammlung in der für die Berufung vorgeschriebenen Weise angekündigt worden sind.

(1) Die Bestellung des Vorstands erfolgt durch Beschluss der Mitgliederversammlung.

(2) Die Bestellung ist jederzeit widerruflich, unbeschadet des Anspruchs auf die vertragsmäßige Vergütung. Die Widerruflichkeit kann durch die Satzung auf den Fall beschränkt werden, dass ein wichtiger Grund für den Widerruf vorliegt; ein solcher Grund ist insbesondere grobe Pflichtverletzung oder Unfähigkeit zur ordnungsmäßigen Geschäftsführung.

(3) Auf die Geschäftsführung des Vorstands finden die für den Auftrag geltenden Vorschriften der §§ 664 bis 670 entsprechende Anwendung. Die Mitglieder des Vorstands sind unentgeltlich tätig.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
I ZR 106/99 Verkündet am:
31. Mai 2001
Walz
Justizamtsinspektor
als Urkundsbeamter
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Berühmungsaufgabe

a) Eine Berühmung, aus der die unmittelbar oder in naher Zukunft ernsthaft
drohende Gefahr einer Begehung abzuleiten ist, kann unter Umständen
auch in Erklärungen zu sehen sein, die im Rahmen der Rechtsverteidigung
in einem gerichtlichen Verfahren abgegeben werden. Die Tatsache allein,
daß sich ein Beklagter gegen die Klage verteidigt und dabei die Auffassung
äußert, zu dem beanstandeten Verhalten berechtigt zu sein, ist jedoch nicht
als eine Berühmung zu werten, die eine Erstbegehungsgefahr begründet.

b) An die Beseitigung der Erstbegehungsgefahr sind grundsätzlich weniger
strenge Anforderungen zu stellen als an den Fortfall der durch eine Verletzungshandlung
begründeten Gefahr der Wiederholung des Verhaltens in
der Zukunft. Eine durch Berühmung geschaffene Erstbegehungsgefahr und
mit ihr der Unterlassungsanspruch entfallen grundsätzlich mit der Aufgabe
der Berühmung. Eine solche liegt jedenfalls in der uneingeschränkten und
eindeutigen Erklärung, daß die beanstandete Handlung in der Zukunft nicht
vorgenommen werde.
BGH, Urt. v. 31. Mai 2001 - I ZR 106/99 - OLG Hamburg
LG Hamburg
Der I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche Verhandlung
vom 31. Mai 2001 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Erdmann
und die Richter Dr. v. Ungern-Sternberg, Pokrant, Dr. Büscher und
Dr. Schaffert

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des Hanseatischen Oberlandesgerichts Hamburg, 3. Zivilsenat, vom 25. Februar 1999 aufgehoben.
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Landgerichts Hamburg, Zivilkammer 15, vom 11. Juni 1997 abgeändert.
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits werden der Klägerin auferlegt.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


Die Parteien sind Wettbewerber bei der Herstellung und dem Vertrieb von Arzneimitteln für die Behandlung der Multiplen Sklerose (MS) mit sog. Beta -Interferonen. Das Arzneimittel der Beklagten "R. ", das auf CHO-BetaInterferon ("Interferon-Beta-1a") beruht, ist in Europa nicht für die MS-Behandlung zugelassen; seine Zulassung in Italien betrifft andere Indikationen.
Die Beklagte versandte im Dezember 1995 an Ä rzte die Broschüre "Neue Konzepte in der MS-Therapie". Einer der Beiträge darin enthält Hinweise auf das Arzneimittel "R. " der Beklagten und dessen Eignung zur MSTherapie.
Auf Abmahnung der Klägerin verpflichtete sich die Beklagte in einer strafbewehrten Unterlassungserklärung vom 24. Januar 1996, bestimmte in der Broschüre "Neue Konzepte in der MS-Therapie" enthaltene Aussagen zu unterlassen. Am 29. Januar 1996 erging gegen die Beklagte eine einstweilige Verfügung. Diese hatte das Verbot zum Inhalt, die Broschüre an Ä rzte und sonstige an der MS-Therapie Interessierte abzugeben, auch wenn sie diejenigen Aussagen nicht mehr enthalte, die von der Unterlassungserklärung vom 24. Januar 1996 erfaßt würden. In der Widerspruchsverhandlung vom 31. Juli 1996 verpflichtete sich die Beklagte zudem mit einem Vertragsstrafeversprechen gegenüber der Klägerin, die Broschüre an Ä rzte und sonstige an der MSTherapie Interessierte nicht abzugeben, wenn darin auf Seite 18 "A. " als Hersteller und/oder auf Seite 23 oder 24 das Produkt "R. " genannt werde.
Mit ihrer Klage hat die Klägerin der Sache nach begehrt, der Beklagten zu verbieten, die Broschüre "Neue Konzepte in der MS-Therapie" in einer den
Unterlassungserklärungen vom 24. Januar und 31. Juli 1996 entsprechenden Form an Ä rzte oder sonstige an der MS-Therapie Interessierte abzugeben. Auch in dieser Form wäre die Broschüre noch eine nach § 3a HWG unzulässige Werbung für das Arzneimittel "R. ", das für die MS-Therapie nicht zugelassen sei. Wie aus den Erklärungen des Prozessvertreters der Beklagten in der Widerspruchsverhandlung vom 31. Juli 1996 hervorgegangen sei, beabsichtige diese weiterhin, die Broschüre als Werbemittel zu verwenden.
Die Beklagte hat entgegnet, eine ihren Unterlassungsverpflichtungen entsprechende Broschüre könne nicht als Werbung für ein bestimmtes Produkt angesehen werden. Der Unterlassungsanspruch sei jedenfalls verjährt. Eine Erstbegehungsgefahr sei nicht gegeben. In der Widerspruchsverhandlung vom 31. Juli 1996 sei die Broschüre lediglich als zulässig verteidigt worden; ein Vorbehalt, sie weiter abzugeben, sei nicht erklärt worden. Bereits mit einem Schreiben vom 29. Januar 1997, aber auch im vorliegenden Verfahren, sei klargestellt worden, daß die Rechtsverteidigung nicht als Berühmung zu verstehen sei.
Das Landgericht hat dem Klageantrag mit einer geringfügigen Abwandlung stattgegeben.
Gegen dieses Urteil hat die Beklagte Berufung eingelegt. Sie hat erneut vorgebracht, sie habe sich gegen die einstweilige Verfügung von Anfang an nicht in der Absicht gewandt, die Broschüre, die seit zwei Jahren nicht mehr abgegeben werde, weiter zu verwenden. Eine solche Absicht bestehe auch jetzt nicht. In ihrem Schriftsatz vom 30. September 1997 erklärte sich die Beklagte bereit, die vorprozessual mit Schreiben vom 29. Januar 1997 abgegebe-
ne Erklärung, die streitgegenständliche Broschüre auch zukünftig nicht mehr abzugeben, durch ein Vertragsstrafeversprechen zu sichern.
Die Klägerin hat im Berufungsverfahren zunächst beantragt,
die Berufung der Beklagten mit der Maßgabe zurückzuweisen, daß die Beklagte verurteilt wird, es zu unterlassen, die dem Urteil anzuheftende Broschüre "Neue Konzepte in der MS-Therapie" an Ä rzte oder sonstige an der MS-Therapie Interessierte abzugeben, soweit folgende Veränderungen in der Broschüre vorgenommen worden sind:
a) Auf Seite 19 wird nicht mehr behauptet, E.coli-IFN-ß sei nur in den USA gegen MS zugelassen, und
b) auf Seite 19 unten wird die Behauptung "die zitierten Wirkungen (nämlich Minderung der Schubzahl, Reduktion der Läsionen im ZNS und Verlangsamung der MS) sind für das CHO-Beta-Interferon - und nur für dieses - in großen Studien belegt" mit einem verdeutlichenden Hinweis versehen, daß die Besonderheit darin liegt, daß für das CHO-Beta-Interferon sämtliche dieser Wirkungen in Studien belegt seien, und
c) auf Seite 19 in der Tabelle bei dem Hinweis, daß CHO-Beta-Interferon "in Europa als Arzneimittel zugelassen" sei, erfolgt ein verdeutlichender Zusatz, daß CHOBeta -Interferon in Europa bisher nicht bei MS zugelassen ist, und
d) auf Seite 18 entfällt die Herstellerangabe "A. " und auf den Seiten 23 und 24 entfällt die Bezeichnung "R. ".
In der mündlichen Berufungsverhandlung hat die Beklagte dargelegt, ihre Erklärung im Schriftsatz vom 30. September 1997 sei als Angebot einer strafbewehrten Unterlassungsverpflichtung zu verstehen. Die Klägerin hat dieses Angebot angenommen und den Rechtsstreit in der Hauptsache für erledigt erklärt. Die Beklagte hat sich der Erledigterklärung nicht angeschlossen.
Die Klägerin hat beantragt festzustellen, daß der Rechtsstreit in der Hauptsache erledigt ist. Die Beklagte hat beantragt, diesen Antrag zurückzuweisen.
Das Berufungsgericht hat die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Landgerichts zurückgewiesen und dem Feststellungsantrag der Klägerin stattgegeben.
Gegen diese Entscheidung wendet sich die Beklagte mit ihrer Revision. Die Klägerin beantragt, die Revision zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe:


Die Revision der Beklagten hat Erfolg.
I. Das Berufungsgericht hat angenommen, daß der mit der Klage geltend gemachte Unterlassungsantrag ursprünglich begründet gewesen sei. Der Antrag sei darauf gerichtet gewesen, der Beklagten zu verbieten, die Broschüre "Neue Konzepte in der MS-Therapie" nach Vornahme der Ä nderungen, die
durch ihre strafbewehrten Unterlassungserklärungen erforderlich geworden seien, weiter abzugeben.
Die Broschüre wäre auch in einer solchen geänderten Form eine nach § 3a HWG unzulässige Werbung für das nicht zugelassene Arzneimittel "R. ". Auf ihrer Vorder- und Rückseite werde die Firma der Beklagten genannt. Das Mittel "R. " werde durch die werbenden Ausführungen zu Beta-Interferon ("Interferon-Beta-1a"), seinem Wirkstoff, der in Europa sonst nur in einem einzigen weiteren Arzneimittel verwendet werde, ohne weiteres erkennbar gemacht. In der Broschüre sei von den Kosten der Therapien (und damit mittelbar auch von "R. ") die Rede. Es werde auf die Möglichkeit des Importbezugs nach einer Einzelverordnung hingewiesen. Diese eindeutige Produktwerbung sei nicht deshalb zulässig, weil die Broschüre auch Beiträge und Hinweise zu anderen Wirkstoffen enthalte.
Der geltend gemachte Unterlassungsanspruch sei allerdings bereits verjährt gewesen, soweit er auf die tatsächliche Verbreitung der Broschüre gestützt gewesen sei. Durch das Verhalten der Beklagten in der Widerspruchsverhandlung des Verfügungsverfahrens vom 31. Juli 1996 sei jedoch - unter dem Gesichtspunkt der Erstbegehungsgefahr - ein neuer Unterlassungsanspruch begründet worden. Diese Begehungsgefahr sei erst durch die Unterlassungserklärung der Beklagten in der Berufungsverhandlung beseitigt worden.
Bereits das Antwortschreiben der Beklagten auf die Abmahnung, in dem sie eine Teilunterlassungserklärung abgegeben habe, enthalte die Berühmung, die Broschüre in veränderter Form weiter abgeben zu dürfen. Damit sei auch ernsthaft zu rechnen gewesen, weil die Broschüre mit ihren wissenschaftlich anspruchsvollen Beiträgen selbst nach den notwendig gewordenen geringfügi-
gen Ä nderungen noch ein wertvolles Werbemittel gewesen sei. Dem entspreche die Art und Weise, wie die Beklagte mit Schreiben vom 26. April 1996 auf das Abschlußschreiben der Klägerin geantwortet und sich im Verfügungsverfahren eingelassen habe. Sie habe dabei das angegriffene Verhalten uneingeschränkt als rechtmäßig verteidigt, ohne klarzustellen, daß damit nicht das Recht zu einem entsprechenden künftigen Handeln in Anspruch genommen werde. In der Widerspruchsverhandlung habe die Beklagte zwar eine weitere Verpflichtungserklärung abgegeben, nach wie vor aber den verbleibenden, der Hauptsacheklage entsprechenden Verfügungsantrag bekämpft. Deshalb sei ernsthaft zu befürchten gewesen, daß die Beklagte die Broschüre nach geringfügigen Ä nderungen weiter benutzen werde. Die Begehungsgefahr habe nicht dadurch beseitigt werden können, daß die Beklagte - wie sie behaupte - in der Widerspruchsverhandlung klargestellt habe, die Broschüre nicht weiter verwenden zu wollen. Die Beklagte hätte zumindest eine verbindliche Unterlassungserklärung abgeben müssen. Es könne dahinstehen, ob dies wegen der wiederholten eindeutigen Berühmungen hätte strafbewehrt geschehen müssen.
Das Schreiben der Beklagten vom 29. Januar 1997 enthalte keine eindeutige Aufgabe der Berühmung. Dies gelte ebenso für ihre schriftsätzlichen Ä ußerungen im vorliegenden Verfahren bis hin zu ihrem Schriftsatz vom 30. September 1997.
Der Unterlassungsantrag habe sich jedoch dadurch erledigt, daß die Beklagte ihre im Schriftsatz vom 30. September 1997 abgegebene strafbewehrte Verpflichtungserklärung in der Berufungsverhandlung eindeutig klargestellt habe.
II. Diese Beurteilung hält der revisionsrechtlichen Nachprüfung nicht stand.
Der Feststellungsantrag, den die Klägerin nach der strafbewehrten Unterlassungserklärung der Beklagten gestellt hat, wäre nur begründet, wenn die ursprüngliche Unterlassungsklage bis zu diesem Ereignis zulässig und begründet gewesen wäre (vgl. BGHZ 83, 12, 13; BGH, Urt. v. 9.5.1996 - I ZR 107/94, GRUR 1996, 800, 801 = WRP 1996, 899 - EDV-Geräte; Urt. v. 5.5.1999 - XII ZR 184/97, NJW 1999, 2520, 2522). Dies ist, wie die Revision mit Erfolg geltend macht, nicht der Fall.
1. Das Berufungsgericht hat allerdings zutreffend angenommen, daß die Broschüre "Neue Konzepte in der MS-Therapie" auch nach Vornahme der Veränderungen , die in dem zuletzt gestellten Unterlassungsantrag aufgeführt sind, als eine nach § 3a HWG unzulässige Werbung für das Arzneimittel "R. " anzusehen wäre.
Nach § 3a HWG ist es unzulässig, für Arzneimittel zu werben, die der Pflicht zur Zulassung unterliegen und die nicht nach den arzneimittelrechtlichen Vorschriften zugelassen sind oder als zugelassen gelten. Dieses Verbot bezieht sich auf die produktbezogene Werbung (Produkt-, Absatzwerbung), nicht aber auf die allgemeine Firmenwerbung (Unternehmens-, Imagewerbung ), die ohne Bezugnahme auf bestimmte Arzneimittel für Ansehen und Leistungsfähigkeit des Unternehmens allgemein wirbt, obwohl auch diese - mittelbar - den Absatz der Produkte des Unternehmens fördern kann und soll (vgl. BGH, Urt. v. 15.12.1994 - I ZR 154/92, GRUR 1995, 223 = WRP 1995, 310 - Pharma-Hörfunkwerbung; vgl. weiter Doepner, Heilmittelwerbegesetz,
2. Aufl., § 1 Rdn. 12, § 3a Rdn. 9; Gröning, Heilmittelwerberecht, § 1 HWG Rdn. 21 ff.). Die Beurteilung des Berufungsgerichts, daß die angegriffene Broschüre auch in abgeänderter Form eine Werbung für das Arzneimittel "R. " wäre, weil dieses auch ohne namentliche Nennung anhand des näher behandelten Wirkstoffs ohne weiteres individualisierbar wäre, ist rechtsfehlerfrei. Ihre tatsächlichen Grundlagen werden von der Revision nicht mit Verfahrensrügen angegriffen.
2. Der vor der einseitigen Erledigterklärung gestellte Unterlassungsantrag war jedoch - wie die Revision zu Recht geltend macht - mangels einer Begehungsgefahr nicht begründet.

a) Die Klägerin hat ihren Unterlassungsantrag nicht auf die Abgabe der Broschüre "Neue Konzepte in der MS-Therapie" im Dezember 1995 gestützt, sondern daraus hergeleitet, daß sich die Beklagte in der mündlichen Verhandlung über ihren Widerspruch gegen die ergangene einstweilige Verfügung am 31. Juli 1996 berühmt habe, die Broschüre in veränderter Form weiter abgeben zu dürfen, und dadurch eine Erstbegehungsgefahr begründet habe.

b) Ein auf Erstbegehungsgefahr gestützter vorbeugender Unterlassungsanspruch besteht nur, soweit ernsthafte und greifbare tatsächliche Anhaltspunkte dafür vorhanden sind, der Anspruchsgegner werde sich in naher Zukunft in der näher bezeichneten Weise rechtswidrig verhalten (vgl. BGH, Urt. v. 16.1.1992 - I ZR 84/90, GRUR 1992, 318, 319 = WRP 1992, 314 - Jubiläumsverkauf ; Urt. v. 14.7.1993 - I ZR 189/91, GRUR 1994, 57, 58 = WRP 1993, 749 - Geld-zurück-Garantie; Urt. v. 15.4.1999 - I ZR 83/97, GRUR 1999, 1097, 1099 = WRP 1999, 1133 - Preissturz ohne Ende, m.w.N.). Eine Erstbegehungsgefahr kann auch begründen, wer sich des Rechts be-
rühmt, bestimmte Handlungen vornehmen zu dürfen (vgl. BGH, Urt. v. 9.10.1986 - I ZR 158/84, GRUR 1987, 125, 126 = WRP 1987, 169 - Berühmung ).
Eine Berühmung, aus der die unmittelbar oder in naher Zukunft ernsthaft drohende Gefahr einer Begehung abzuleiten ist, kann unter Umständen auch in Erklärungen zu sehen sein, die im Rahmen der Rechtsverteidigung in einem gerichtlichen Verfahren abgegeben werden (vgl. BGH, Urt. v. 15.10.1998 - I ZR 120/96, GRUR 1999, 418, 420 = WRP 1999, 211 - Möbelklassiker). Die Tatsache allein, daß sich ein Beklagter gegen die Klage verteidigt und dabei die Auffassung äußert, zu dem beanstandeten Verhalten berechtigt zu sein, ist jedoch nicht als eine Berühmung zu werten, die eine Erstbegehungsgefahr begründet (vgl. BGH, Urt. v. 31.5.1967 - Ib ZR 119/65, GRUR 1968, 49, 50 = WRP 1968, 54 - Zentralschloßanlagen; Urt. v. 24.4.1986 - I ZR 56/84, GRUR 1987, 45, 46 f. = WRP 1986, 603 - Sommerpreiswerbung; Urt. v. 12.7.1990 - I ZR 278/88, WM 1990, 1839, 1841 - Kreishandwerkerschaft II; Urt. v. 24.1.1991 - I ZR 133/89, GRUR 1991, 764, 765 f. = WRP 1991, 470 - Telefonwerbung IV, insoweit nicht in BGHZ 113, 282; Urt. v. 19.3.1992 - I ZR 122/90, GRUR 1992, 627, 630 = WRP 1992, 553 - Pajero; GroßKomm /Köhler, Vor § 13 UWG Rdn. 79; Teplitzky, Wettbewerbsrechtliche Ansprüche , 7. Aufl., Kap. 10 Rdn. 10, 12; Borck, WRP 1984, 583, 587). Andernfalls würde der Beklagte in der wirksamen Verteidigung seiner Rechte, zu der auch das Recht gehört, in einem gerichtlichen Verfahren die Rechtmäßigkeit bestimmter Verhaltensweisen klären zu lassen, und in seinem Recht auf rechtliches Gehör (Art. 103 Abs. 1 GG) beschränkt (vgl. dazu auch Ullmann, WRP 1996, 1007, 1010). Einem Beklagten, der sich gegen einen Anspruch, den er für unbegründet hält, verteidigt, kann auch nicht ohne weiteres unterstellt werden, er werde selbst eine gerichtliche Entscheidung, mit der die
Rechtslage geklärt worden ist, nicht beachten (vgl. GroßKomm/Köhler, Vor § 13 UWG Rdn. 79; Baumbach/Hefermehl, Wettbewerbsrecht, 22. Aufl., Einl. UWG Rdn. 301; Fritzsche, Unterlassungsanspruch und Unterlassungsklage, 2000, S. 180 f.).
Eine Rechtsverteidigung kann aber dann eine Erstbegehungsgefahr begründen , wenn nicht nur der eigene Rechtsstandpunkt vertreten wird, um sich die bloße Möglichkeit eines entsprechenden Verhaltens für die Zukunft offenzuhalten , sondern den Erklärungen bei Würdigung der Einzelumstände des Falles auch die Bereitschaft zu entnehmen ist, sich unmittelbar oder in naher Zukunft in dieser Weise zu verhalten. An einer Erstbegehungsgefahr fehlt es jedoch insbesondere, wenn eindeutig klargestellt wird, daß es dem Beklagten nur um die Rechtsverteidigung geht und keine Rechtsverletzungen zu besorgen sind (vgl. BGH WM 1990, 1839, 1841 - Kreishandwerkerschaft II). Wäre sein Verhalten sonst als eine die Erstbegehungsgefahr begründende Berühmung anzusehen, ist es allerdings Sache des Beklagten, zweifelsfrei deutlich zu machen, daß es ihm nur um das Obsiegen im Prozeß geht (vgl. BGH, Urt. v. 16.1.1992 - I ZR 20/90, GRUR 1992, 404, 405 = WRP 1992, 311 - Systemunterschiede; BGH GRUR 1999, 1097, 1099 - Preissturz ohne Ende).

c) Die Frage, ob eine Erstbegehungsgefahr besteht, ist nach dem Stand der letzten mündlichen Verhandlung zu beantworten (vgl. BGH GRUR 1994, 57, 58 - Geld-zurück-Garantie, m.w.N.). Diese Beurteilung ist im wesentlichen tatsächlicher Natur und im Revisionsverfahren nur beschränkt, nämlich darauf nachprüfbar, ob der Tatrichter von richtigen rechtlichen Gesichtspunkten ausgegangen ist und keine wesentlichen Tatumstände außer acht gelassen hat (vgl. BGH GRUR 1987, 45, 46 - Sommerpreiswerbung, m.w.N.). Die Revision
rügt jedoch mit Erfolg, daß das Berufungsgericht unzutreffende rechtliche Maßstäbe angelegt hat und bei der Würdigung des Sachverhalts wesentliche Umstände außer acht gelassen hat.
(1) Das Berufungsgericht hat die Erstbegehungsgefahr vor allem aus dem vorprozessualen Verhalten der Beklagten hergeleitet. Aus seinen Ausführungen geht hervor, daß es dabei rechtsfehlerhaft angenommen hat, daß bereits die bloße Rechtsverteidigung eine Berühmung darstellt, aus der sich eine Erstbegehungsgefahr ergibt, wenn sie nicht mit dem ausdrücklichen Vorbehalt versehen wird, daß es nur um die Vertretung eines Rechtsstandpunkts gehe.
Das Berufungsgericht hat angenommen, daß schon das Anwaltsschreiben vom 24. Januar 1996, mit dem die Beklagte auf die Abmahnung geantwortet hat, die Erwartung begründet habe, daß sie die Broschüre im wesentlichen unverändert weiter verwenden werde. Ob dies zutrifft, kann offenbleiben, weil die Beklagte davon jedenfalls später ausdrücklich Abstand genommen hat (vgl. dazu nachstehend unter (2)). Dem Anwaltsschreiben der Beklagten vom 26. April 1996 konnte dagegen - anders als das Berufungsgericht gemeint hat - bei rechtlich zutreffender Beurteilung nicht einmal eine Berühmung entnommen werden. Denn dort wird lediglich mitgeteilt, daß die einstweilige Verfügung gegen die Broschüre "Neue Konzepte in der MS-Therapie" als unbegründet angesehen und nicht als endgültige Regelung anerkannt werde; es werde zur Überprüfung der Rechtmäßigkeit Widerspruch eingelegt werden, um ein mit Entscheidungsgründen versehenes Urteil zu erhalten.
Nach Ansicht des Berufungsgerichts hat die Beklagte eine Erstbegehungsgefahr insbesondere durch Erklärungen begründet, die sie in der mündlichen Verhandlung vom 31. Juli 1996 über ihren Widerspruch gegen die einst-
weilige Verfügung abgegeben habe. Diese Beurteilung wird von der Revision zu Recht als verfahrensfehlerhaft beanstandet, weil das Berufungsgericht dabei einen von der Beklagten angebotenen Zeugenbeweis zu ihren Erklärungen in diesem Verhandlungstermin übergangen hat. Eine Nachholung dieser Beweisaufnahme ist jedoch entbehrlich. Denn selbst wenn die Beklagte in der Widerspruchsverhandlung vom 31. Juli 1996 durch ihre Einlassung eine Erstbegehungsgefahr begründet haben sollte, wäre diese durch das weitere Verhalten der Beklagten im vorliegenden Hauptsacheverfahren jedenfalls beseitigt worden.
(2) An die Beseitigung der Erstbegehungsgefahr sind grundsätzlich weniger strenge Anforderungen zu stellen als an den Fortfall der durch eine Verletzungshandlung begründeten Gefahr der Wiederholung des Verhaltens in der Zukunft (vgl. BGH, Urt. v. 11.7.1991 - I ZR 31/90, GRUR 1992, 116, 117 = WRP 1991, 719 - Topfgucker-Scheck). Anders als für die durch einen begangenen Wettbewerbsverstoß begründete Wiederholungsgefahr besteht für den Fortbestand der Erstbegehungsgefahr keine Vermutung (BGH, Urt. v. 23.2.1989 - I ZR 18/87, GRUR 1989, 432, 434 - Kachelofenbauer I). Eine durch Berühmung geschaffene Erstbegehungsgefahr und mit ihr der Unterlassungsanspruch entfallen grundsätzlich mit der Aufgabe der Berühmung. Eine solche liegt jedenfalls in der uneingeschränkten und eindeutigen Erklärung, daß die beanstandete Handlung in der Zukunft nicht vorgenommen werde (vgl. BGH GRUR 1992, 116, 117 - Topfgucker-Scheck; Urt. v. 19.3.1992 - I ZR 166/90, GRUR 1993, 53, 55 = WRP 1992, 762 - Ausländischer Inserent; Urt. v. 6.10.1994 - I ZR 155/90, GRUR Int. 1995, 503, 505 = NJW 1995, 868 - Cliff Richard II; Baumbach/Hefermehl aaO Einl. UWG Rdn. 306; Köhler/Piper, UWG, 2. Aufl., Vor § 13 Rdn. 21 m.w.N.; Teplitzky aaO Kap. 10 Rdn. 21 f.).
Die Beklagte hat eine durch Berühmung etwa begründete Erstbegehungsgefahr schon vor Klageerhebung durch ihre Erklärungen im Schreiben vom 29. Januar 1997 ausgeräumt. Dort ist ausgeführt:
"Soweit Sie darlegen, das streitgegenständliche Verhalten meiner Mandantin sei in der mündlichen Verhandlung verteidigt worden, ist dies zutreffend. Eine die Begehungsgefahr für neue Verstöße begründende Berühmung ist darin freilich nicht zu sehen, weil die erstinstanzlichen Ausführungen, welche am Schluß der mündlichen Verhandlung dann auch mit der Abgabe einer Unterlassungsverpflichtungserklärung endeten, lediglich der Rechtsverteidigung gedient haben. Ich stelle dies hiermit nochmals ausdrücklich klar. Die streitgegenständliche Broschüre wird von unserer Mandantin ungeachtet der Reichweite des Verbotes auch in Zukunft nicht mehr abgegeben werden." Für die Ansicht des Berufungsgerichts, daß diesen Ausführungen keine eindeutige Aufgabe der Berühmung zu entnehmen sei, fehlt eine nachvollziehbare Begründung. Ebenso unmißverständlich wie in ihrem vorprozessualen Schreiben vom 29. Januar 1997 hat die Beklagte auch im vorliegenden Verfahren - bereits in der Klageerwiderung und danach immer wieder in ihren Schriftsätzen (vgl. Schriftsätze vom 11.4.1997 und vom 13.5.1997 sowie Berufungsbegründung vom 30.9.1997) - klargestellt, daß sie sich nicht des Rechts berühme , die streitgegenständliche Broschüre - nach Vornahme der durch die Unterlassungserklärungen notwendig gewordenen Ä nderungen - wieder zu verwenden. Die Beklagte konnte kaum deutlicher erklären, daß sie nicht die Absicht hatte, die Broschüre erneut abzugeben, zumal sie diese nach ihren unwiderlegten Angaben schon bei Absendung ihres Schreibens vom 29. Januar 1997 seit über einem Jahr nicht mehr verwendet hatte. Dem steht - abweichend von der Ansicht des Berufungsgerichts - nicht entgegen, daß die Beklagte auch Ausführungen dazu gemacht hat, daß ihre vorprozessualen Erklärungen nicht als Berühmung zu verstehen seien. Selbst wenn diese unzu-
treffend gewesen sein sollten, wären jedenfalls ihre im Verfahren abgegebenen Erklärungen als unzweideutige Aufgabe einer Berühmung zu werten.
Umstände, die dem entgegenstehen könnten, sind nicht gegeben. Die Tatsache, daß die Beklagte in verjährter Zeit bereits eine Verletzungshandlung begangen hat, kann nicht mehr als Grundlage für die Annahme einer Erstbegehungsgefahr herangezogen werden, weil sonst die Regelung der Verjährung in § 21 UWG umgangen würde (vgl. BGH GRUR 1994, 57, 58 - Geld-zurückGarantie ; Teplitzky aaO Kap. 10 Rdn. 17, Kap. 16 Rdn. 31; GroßKomm /Messer, § 21 UWG Rdn. 12). Ebensowenig kann die bloße Möglichkeit einer werbewirksamen Wiederverwendung der Broschüre in veränderter Gestalt eine für die Annahme der Erstbegehungsgefahr hinreichende Wahrscheinlichkeit ihrer tatsächlichen Verwendung begründen (vgl. dazu auch BGH GRUR 1992, 404, 405 - Systemunterschiede).
Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts kann schließlich auch daraus , daß die Beklagte zunächst nur - in zeitlichem Abstand - Teilunterlassungserklärungen abgegeben hat, nichts für eine Erstbegehungsgefahr hergeleitet werden. Angesichts des sonstigen Verhaltens der Beklagten war ihr Zögern , sich strafbewehrt zur Unterlassung zu verpflichten, nur als Folge aus der von ihr vertretenen Rechtsansicht, zu dem beanstandeten Verhalten berechtigt zu sein, zu verstehen. Selbst wenn dem Berufungsgericht darin zugestimmt werden könnte, daß die Beklagte in der Berufungsbegründung eine strafbewehrte Unterlassungserklärung nicht bereits angeboten, sondern erst angekündigt hat, war dieser Erklärung jedenfalls erneut ein ernsthaftes und eindeutiges Abstandnehmen von einer etwaigen Berühmung zu entnehmen.
Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts konnte demgemäß die Vereinbarung einer strafbewehrten Unterlassungsverpflichtung in der mündlichen Berufungsverhandlung mangels Bestehens eines Unterlassungsanspruchs keine erledigende Wirkung haben.
III. Auf die Revision der Beklagten war danach das Berufungsurteil aufzuheben und auf ihre Berufung das Urteil des Landgerichts abzuändern. Die Klage war abzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO.
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(1) Insoweit die Revision für begründet erachtet wird, ist das angefochtene Urteil aufzuheben.

(2) Wird das Urteil wegen eines Mangels des Verfahrens aufgehoben, so ist zugleich das Verfahren insoweit aufzuheben, als es durch den Mangel betroffen wird.

(1) Im Falle der Aufhebung des Urteils ist die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen. Die Zurückverweisung kann an einen anderen Spruchkörper des Berufungsgerichts erfolgen.

(2) Das Berufungsgericht hat die rechtliche Beurteilung, die der Aufhebung zugrunde gelegt ist, auch seiner Entscheidung zugrunde zu legen.

(3) Das Revisionsgericht hat jedoch in der Sache selbst zu entscheiden, wenn die Aufhebung des Urteils nur wegen Rechtsverletzung bei Anwendung des Gesetzes auf das festgestellte Sachverhältnis erfolgt und nach letzterem die Sache zur Endentscheidung reif ist.

(4) Kommt im Fall des Absatzes 3 für die in der Sache selbst zu erlassende Entscheidung die Anwendbarkeit von Gesetzen, auf deren Verletzung die Revision nach § 545 nicht gestützt werden kann, in Frage, so kann die Sache zur Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückverwiesen werden.