Bundesgerichtshof Urteil, 06. Juni 2002 - I ZR 45/00
Gericht
Richter
BUNDESGERICHTSHOF
für Recht erkannt:
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil der 1. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Aachen vom 29. Juni 1999 abgeändert.
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits werden dem Kläger auferlegt.
Von Rechts wegen
Tatbestand:
Die Beklagte betreibt bundesweit einen Versandhandel mit Kosmetikartikeln. Sie bewarb ihre Produkte im September 1998 mit der nachstehend verkleinert wiedergegebenen Werbeanzeige:
Der klagende Verband, dessen Satzungszweck in der Bekämpfung des unlauteren Wettbewerbs besteht, hält das Angebot der Beklagten, bei einer Testbestellung von Kosmetikartikeln im Gesamtwert von 55,-- DM einen Schal zum Preis von 2,-- DM erwerben zu können, wobei der Kunde den Schal behalten kann, wenn er von dem ihm eingeräumten Recht auf Rücksendung der übrigen Ware Gebrauch macht, unter den Gesichtspunkten des übertriebenen Anlockens und des psychischen Kaufzwangs für wettbewerbswidrig und nimmt die Beklagte auf Unterlassung in Anspruch. Er hat behauptet, der für 2,-- DM angebotene Schal habe einen Wert von 20,-- bis 30,-- DM. Deshalb spreche eine Vermutung für das Vorliegen eines Scheinentgelts, die die Beklagte nicht entkräftet habe. Bei der angegriffenen Werbung handele es sich um eine Wertreklame , weil das Angebot, einen Schal für 2,-- DM zu erwerben, nicht isoliert stehe und auch nicht isoliert, sondern in seiner Verkoppelung mit der Voraussetzung angegriffen werde, Testware im Wert von mindestens 55,-- DM zu bestellen. Auf diese Weise solle der interessierte Kunde verführt werden, sich mit dem breiten Angebot der Beklagten zu befassen und die bestellte Ware anschließend auch zu behalten. Der Bereich der zulässigen Aufmerksamkeitswerbung sei im Streitfall überschritten, weil der Kunde nicht nur veranlaßt werde, die Testware aus dem Katalog zusammenzusuchen, sondern diese auch zu behalten.
Die Beklagte ist dem entgegengetreten und hat behauptet, der Wert des Schals betrage lediglich 10,-- DM; davon gingen auch die angesprochenen Verkehrskreise aus. Sie biete den Schal nicht zu einem Scheinentgelt an, sondern gebe lediglich ihre Einkaufsvorteile an die Besteller weiter. Ein übertriebenes Anlocken liege nicht vor, weil ihre Werbung nicht über eine bloße Aufmerksamkeitswerbung hinausgehe. Überdies fehle es an einer Wertreklame, da sie den
Schal lediglich als Sonderangebot offeriere. Es sei indes nicht sittenwidrig, Ware vorübergehend als Lockware besonders preisgünstig anzubieten.
Die Werbung verstoûe auch nicht unter dem Gesichtspunkt des psychischen Kaufzwangs gegen § 1 UWG. Es werde nicht mit auûerhalb der Sache liegenden Mitteln der Einfluûnahme derart auf die Willensentscheidung des Umworbenen eingewirkt, daû dieser zumindest anstandshalber nicht umhin könne, auf das Angebot einzugehen. Überdies handele es sich um einen Kauf auf Probe, bei dem der Kaufvertrag erst zustande komme, wenn der Kunde die bestellte Ware gebilligt habe.
Das Landgericht hat die Beklagte antragsgemäû zur Unterlassung verurteilt.
Das Oberlandesgericht hat die Berufung mit der Maûgabe zurückgewiesen , daû der Hauptausspruch - unter Abänderung eines in der Berufungsinstanz neu gestellten Antrags - wie folgt gefaût wird:
Die Beklagte wird unter Androhung von Ordnungsmitteln verurteilt, es zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs wie in der vorstehend wiedergegebenen Werbeanzeige für den Fall einer Testbestellung von Kosmetikartikeln im Gesamtwert von mindestens 55,-- DM einen als "topmodischen Baumwollschal agnés b." bezeichneten Schal zum Preis von 2,-- DM unter Einräumung des Rechts anzubieten und/oder zu bewerben, daû die Kunden den Schal bei Rücksendung der übrigen Ware behalten können. Mit der Revision verfolgt die Beklagte ihren Antrag auf Klageabweisung weiter. Der Kläger erklärte den Rechtsstreit in der Hauptsache für erledigt und beantragte hilfsweise, die Revision der Beklagten zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe:
I. Das Berufungsgericht hat angenommen, das angegriffene Angebot eines Schals zum Kaufpreis von 2,-- DM sei unter den Gesichtspunkten des übertriebenen Anlockens und des psychischen Kaufzwangs wettbewerbswidrig und deshalb gemäû § 1 UWG zu untersagen. Dazu hat es ausgeführt:
Die genannten Unlauterkeitsaspekte stellten Unterfälle der sogenannten Wertreklame dar, deren Voraussetzungen im Streitfall ersichtlich erfüllt seien. Die Grenzen zwischen den beiden Unterarten der Wertreklame seien allerdings flieûend. Ein übertriebenes Anlocken liege vor, wenn von der Vergünstigung eine derart starke Anziehungskraft ausgehe, daû der Kunde "gleichsam magnetisch" angezogen und davon abgehalten werde, sich mit dem Angebot der Mitbewerber zu befassen. Das sei insbesondere dann der Fall, wenn der Kunde dazu verleitet werde, seine Kaufentscheidung statt nach Preiswürdigkeit und Qualität der angebotenen Ware danach zu treffen, ob ihm beim Kauf besondere zusätzliche Vergünstigungen gewährt würden. Ein Fall des psychischen Kaufzwangs sei demgegenüber dann gegeben, wenn die Kunden durch die Vergünstigung in eine Situation gerieten, in der es ihnen peinlich sei oder sie es sogar als unanständig empfänden, die Ware nicht auch zum regulären Preis zu erwerben.
Ausgehend von diesen Grundsätzen sei das angegriffene Angebot bei der gebotenen Gesamtwürdigung aller Umstände als unlauter zu bewerten, wobei sich die Sittenwidrigkeit aus einer Kombination der in Betracht kommenden Unlauterkeitskriterien ergebe.
Dem Angebot des Schals für 2,-- DM komme für sich allein zwar noch keine im wettbewerbsrechtlichen Sinne unlautere Anlockwirkung zu. Es komme aber die Notwendigkeit hinzu, Ware in Höhe eines Werts von mindestens 55,-- DM zur Ansicht bestellen zu müssen. Der Kunde habe zwar formal das Recht zur Rücksendung der bestellten Ware binnen einer Frist von 14 Tagen. Seine Situation stelle sich ihm aber ähnlich wie bei einem rechtlichen Kaufzwang dar. Der Kunde sei gezwungen eine Testbestellung aufzugeben, was einem Kauf der Ware bereits sehr nahe komme. Das zeige insbesondere die Angabe der Beklagten, wonach nur 6,9 % der Ware zurückgegeben werde; die Kaufentscheidung sei im allgemeinen offenbar schon mit der Bestellung getroffen. Bei der Beurteilung der angegriffenen Werbemaûnahme müsse zudem berücksichtigt werden, daû auch Elemente des psychischen Kaufzwangs bei dem beworbenen Geschäft wirksam würden. Denn ein Kunde, der nur den Schal für 2,-- DM behalten wolle, werde sich scheuen, die übrige Ware insgesamt zurückzuschicken , weil dies den Eindruck erwecke, er habe es von vornherein gerade nur auf den Schal abgesehen gehabt.
Die Beklagte berufe sich demgegenüber ohne Erfolg auf ein gewandeltes Verbraucherleitbild. Auch der von ihr als maûgeblich angesehene durchschnittlich informierte, aufmerksame und verständige Durchschnittsverbraucher werde durch das Angebot in übertriebener Weise angelockt und finde sich nach Erhalt der Ware in der beschriebenen psychischen Situation wieder.
Das Angebot der Beklagten sei auch ersichtlich geeignet, den Wettbewerb auf dem Kosmetikmarkt wesentlich zu beeinträchtigen (§ 13 Abs. 2 Nr. 2 UWG).
II. Diese Beurteilung hält den Angriffen der Revision nicht stand. Sie führen zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur Abweisung der Klage.
Bei einseitiger Erledigungserklärung des Klägers, die grundsätzlich auch in der Revisionsinstanz zulässig ist (BGHZ 106, 359, 368), ist zu prüfen, ob die Klageforderung bis zu dem die Erledigung begründenden Ereignis, das im übrigen auûer Streit stehen muû, bestanden hat oder nicht. Im Streitfall ist das erledigende Ereignis, das die Revisionserwiderung in einem mit der Aufhebung der Zugabeverordnung im Juli 2001 verbundenen Wandel der Rechtsprechung sieht, schon nicht unbestritten. Im übrigen erweist die Klage sich aber auch als von Anfang an unbegründet.
1. Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts ist die angegriffene Werbung weder unter dem Gesichtspunkt des übertriebenen Anlockens noch unter dem des psychischen Kaufzwangs als unlauter i.S. des § 1 UWG zu beanstanden. Auch eine Kombination von Elementen beider Gesichtspunkte führt hier nicht zur Wettbewerbswidrigkeit. Das Berufungsgericht hat bei seiner abweichenden Beurteilung die Gesamtumstände nicht hinreichend gewürdigt und insbesondere die Besonderheiten des Versandhandels nicht in ausreichendem Maûe berücksichtigt.
a) Die beanstandete Werbung ist dem Bereich der Wertreklame zuzurechnen , deren Besonderheit darin besteht, daû dem Kunden zu Werbezwekken eine geldwerte Vergünstigung gewährt wird, indem ihm im Zusammenhang mit dem Abschluû eines Geschäfts eine Ware oder Leistung unentgeltlich oder jedenfalls verbilligt überlassen wird (vgl. BGH, Urt. v. 7.5.1992 - I ZR 176/90, GRUR 1992, 621, 622 = WRP 1992, 644 - Glücksball-Festival; Urt. v. 15.2.1996 - I ZR 1/94, GRUR 1996, 778, 780 = WRP 1996, 889 - Stumme Verkäufer; Urt.
v. 26.3.1998 - I ZR 231/95, GRUR 1998, 1037, 1038 = WRP 1998, 727 - Schmuck-Set, m.w.N.; Köhler/Piper, UWG, 2. Aufl., § 1 Rdn. 192). Vorliegend erhält der Besteller von Produkten der Beklagten den angebotenen Schal nicht kostenlos, sondern muû für dessen Erwerb 2,-- DM bezahlen. Das Berufungsgericht hat insoweit aber zutreffend und von der Revision unbeanstandet darauf abgestellt, daû der Schal jedenfalls einen höheren Verkaufswert als 2,-- DM hat. Der Verkauf zum angebotenen Preis stellt somit eine besondere Vergünstigung für den Erwerber dar.
Das Berufungsgericht hat im rechtlichen Ansatz auch nicht verkannt, daû Werbegeschenke nicht schlechthin wettbewerbswidrig i.S. von § 1 UWG sind. Es müssen vielmehr im Einzelfall weitere Umstände hinzutreten, die die Vergünstigung als sittenwidrig erscheinen lassen (vgl. BGH, Urt. v. 23.2.1989 - I ZR 138/86, GRUR 1989, 366, 367 = WRP 1990, 28 - Wirtschaftsmagazin; Urt. v. 12.10.1989 - I ZR 155/87, GRUR 1990, 44, 45 = WRP 1990, 266 - Annoncen -Avis; BGH GRUR 1992, 621, 622 - Glücksball-Festival; BGH GRUR 1998, 1037, 1038 - Schmuck-Set). Eine solche, das zulässige Maû übersteigende Werbung kann gegeben sein, wenn von der Vergünstigung eine derart starke Anziehungskraft ausgeht, daû der Kunde davon abgehalten wird, sich mit dem Angebot der Mitbewerber zu befassen (vgl. Baumbach/Hefermehl, Wettbewerbsrecht, 22. Aufl., § 1 UWG Rdn. 90b; Köhler/Piper aaO § 1 Rdn. 196). Denn es ist mit den guten Sitten im Wettbewerb nicht zu vereinbaren , daû der umworbene Verbraucher verleitet wird, seine Kaufentscheidung statt nach Preiswürdigkeit und Qualität der angebotenen Ware danach zu treffen , ob ihm beim Kauf besondere zusätzliche Vergünstigungen gewährt werden. Für die Beurteilung der Wertreklame als unlauter ist demnach maûgeblich darauf abzustellen, ob die in der Werbung in Aussicht gestellte Vergünstigung die Kaufentscheidung in dem beschriebenen Sinne entscheidend zu beeinflus-
sen vermag; dies wird vor allem dann anzunehmen sein, wenn der Kunde durch die Gewährung der Vergünstigung einem psychischen Zwang ausgesetzt ist. Bei der gebotenen Gesamtwürdigung fallen Anlaû und Wert der Zuwendung, Art des Vertriebs sowie die begleitende Werbung ins Gewicht (vgl. BGH GRUR 1998, 1037, 1038 - Schmuck-Set).
b) Das Berufungsgericht ist im Grundsatz zutreffend davon ausgegangen , daû von dem Angebot des Schals für 2,-- DM als solchem keine übertriebene unlautere Anlockwirkung ausgeht. Mit Recht wendet sich die Revision aber gegen die weitere Annahme des Berufungsgerichts, die Notwendigkeit, Ware in Höhe eines Werts von mindestens 55,-- DM zur Ansicht bestellen zu müssen, führe zur Sittenwidrigkeit des Angebots, weil der Besteller in eine Situation versetzt werde, die derjenigen eines rechtlichen Kaufzwangs sehr ähnlich sei. Bei dieser Beurteilung hat das Berufungsgericht wesentliche Umstände unberücksichtigt gelassen.
aa) Entgegen der Annahme des Berufungsgerichts läût sich eine Nähe zum rechtlichen Kaufzwang - unabhängig davon, ob ein derartiger Zwang nach der Aufhebung der Zugabeverordnung für sich genommen noch zur Wettbewerbswidrigkeit führt - nicht damit begründen, daû die Rücksendequote nach den Angaben der Beklagten nicht mehr als 6,9 % beträgt. Die Revision weist zutreffend darauf hin, daû berücksichtigt werden muû, daû die Testbestellung auch von Personen aufgegeben wird, die aufgrund früherer Käufe mit den Produkten der Beklagten bereits vertraut sind und deshalb erfahrungsgemäû eine Rücksendung von vornherein nicht in Betracht ziehen. Ferner müssen bei der Beurteilung der Anlockwirkung auch diejenigen Kunden unberücksichtigt bleiben , die die lediglich zur Ansicht bestellte Ware nur aus Bequemlichkeit oder sonstigen praktischen Gründen nicht zurückschicken.
bb) Das Berufungsgericht hat bei seiner Beurteilung ferner nicht hinreichend berücksichtigt, daû die Beklagte ihre Produkte im Wege des Versandhandels vertreibt. Wer Ware über den Versandhandel bestellt, ist weit weniger einer Einfluûnahme durch den Verkäufer ausgesetzt als der Kunde des stationären Handels, da er seine Kaufentscheidung in Ruhe, in räumlicher Distanz und ohne Einfluûnahme von auûen treffen kann (vgl. BGH GRUR 1998, 1037, 1038 - Schmuck-Set). Dementsprechend können auch die Kunden der Beklagten ihre Entscheidung, Ware zu bestellen und das Angebot zum Erwerb des Baumwollschals in Anspruch zu nehmen, unbeeinfluût nach eingehender Durchsicht des gesamten Werbematerials der Beklagten treffen. Gleiches gilt für die Frage, ob die zugesandten Produkte auch tatsächlich gekauft werden sollen. Die verständigen und informierten Durchschnittsverbraucher können daher die Vor- und Nachteile des Geschäfts sorgfältig abwägen und sind aus diesem Grund gegenüber unsachlichen Beeinflussungen erfahrungsgemäû weniger anfällig.
Es kommt hinzu - worauf die Revision ebenfalls mit Recht hinweist -, daû die Beklagte den Testzweck der Warenbestellung sowohl auf der Werbeseite selbst als auch auf der Rückseite ausdrücklich hervorhebt. Für den Kunden ist damit hinreichend erkennbar, daû er sich mit einer Bestellung nicht endgültig bindet.
cc) Das Berufungsgericht hätte auch berücksichtigen müssen, daû die Beklagte unwidersprochen vorgetragen hat, die kostenlose oder verbilligte Beigabe von Vergünstigungen im Versandhandel sei durchweg üblich. Der Verkehr ist daher an solche Angebote gewöhnt und miût ihnen erfahrungsgemäû keine allein kaufentscheidende Bedeutung bei (vgl. BGH GRUR 1989, 366, 368
- Wirtschaftsmagazin). Daran ändert auch der Umstand nichts, daû die Beklagte dem angebotenen Baumwollschal in der beanstandeten Anzeige positive Attribute beigelegt hat. Denn jede Werbung, auch soweit darin Geschenke versprochen werden, ist darauf ausgerichtet, das beworbene Produkt, mag sein Wert auch gering sein, positiv darzustellen. Ein Werbegeschenk, das dem Kunden als billig erscheint, widerspräche dem Sinn der Werbung, die unternehmerische Leistung herauszustellen. Der Verbraucher erwartet daher ohnehin, daû auch eine Gratisgabe nicht unattraktiv ist (vgl. BGH GRUR 1998, 1037, 1039 - Schmuck-Set). Über diese für den Verbraucher selbstverständliche attraktive Darstellung des Werbeangebots geht die Ankündigung in der beanstandeten Werbung nicht hinaus. Das Angebot enthält auch keinen Hinweis auf einen derart hohen Wert des Baumwollschals, daû bei dem Kunden ein besonderes Gefühl der Dankbarkeit ausgelöst würde und er sich deshalb von vornherein nicht nur zu einer Teilbestellung, sondern zu einem verbindlichen Kauf anderer Waren im Werte von mindestens 55,-- DM veranlaût sähe.
2. Die Revision beanstandet auch mit Recht, daû das Berufungsgericht angenommen hat, durch das Angebot des Baumwollschals werde auf die Umworbenen ein psychischer Kaufzwang ausgeübt, der sowohl für sich gesehen als auch in Verbindung mit einer starken Anlockwirkung als unlauter zu werten sei.
a) Eine Werbemaûnahme erweist sich unter dem Gesichtspunkt des psychischen Kaufzwangs dann als unlauter, wenn mit auûerhalb der Sache liegenden Mitteln der Einfluûnahme derart auf die Willensentscheidung des Umworbenen eingewirkt wird, daû dieser zumindest anstandshalber nicht umhin kann, auf das Angebot einzugehen (vgl. BGH, Urt. v. 5.2.1998 - I ZR 151/95, GRUR 1998, 735, 736 = WRP 1998, 724 - Rubbelaktion; Urt. v. 17.2.2000
- I ZR 239/97, GRUR 2000, 820, 821 = WRP 2000, 724 - Space Fidelity PeepShow ). Eine derartige Einfluûnahme auf die umworbenen Kunden der Beklagten ist entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts im Streitfall nicht ersichtlich.
b) Das Berufungsgericht hätte stärker berücksichtigen müssen, daû zwischen den Kunden und dem Personal der Beklagten kein persönlicher Kontakt zustande kommt, da das gesamte Geschäft ausschlieûlich auf postalischem Wege abgewickelt wird (vgl. BGH GRUR 1998, 735, 736 - Rubbelaktion). Auch bei Rückgabe der bestellten Ware sieht sich der Kunde keinem Verkäufer gegenüber , dem er etwa in peinlicher Weise den Grund für seine Entscheidung erläutern müûte. Da auch die Beklagte dem Kunden nicht persönlich, sondern nur mit ihrem Werbematerial gegenübertritt, wird der Kunde wegen des Angebots des Baumwollschals erfahrungsgemäû auch kein besonderes Gefühl der Dankbarkeit hegen, das ihn von einer Rücksendung der Ware abhalten könnte, zumal sich dem Angebot auch keine Anhaltspunkte für einen besonders hohen Wert des Baumwollschals entnehmen lassen (vgl. oben unter II. 1. b). Schlieûlich hat das Berufungsgericht nicht genügend gewürdigt, daû die Beklagte die umworbenen Kunden mehrfach auf das Rückgaberecht hinweist. Diese werden sich deshalb nach der Lebenserfahrung auch nicht scheuen, die bestellte Ware gegebenenfalls ohne den angeforderten Schal zurückzusenden, zumal sie diese Entscheidung von auûen unbeeinfluût und in Ruhe bei sich zu Hause treffen können.
3. Die Klage war ursprünglich auch nicht wegen eines Verstoûes gegen Bestimmungen der während des Revisionsverfahrens aufgehobenen Zugabeverordnung begründet.
Das Berufungsgericht hat einen Zugabeverstoû mit der Begründung verneint , daû es angesichts des Rechts der Kunden, die Testware zurückgeben zu können, an einer Abhängigkeit der Gewährung der Nebenware vom Erwerb der Hauptware fehle. Das ist revisionsrechtlich nicht zu beanstanden.
III. Auf die Revision der Beklagten war danach das Berufungsurteil aufzuheben und das landgerichtliche Urteil abzuändern. Die Klage war abzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 ZPO.
Erdmann RiBGH Dr. v. Ungern-Sternberg Starck ist infolge Urlaubs an der Unterschriftsleistung verhindert. Erdmann Pokrant Büscher
Annotations
(1) Dieses Gesetz dient dem Schutz der Mitbewerber, der Verbraucher sowie der sonstigen Marktteilnehmer vor unlauteren geschäftlichen Handlungen. Es schützt zugleich das Interesse der Allgemeinheit an einem unverfälschten Wettbewerb.
(2) Vorschriften zur Regelung besonderer Aspekte unlauterer geschäftlicher Handlungen gehen bei der Beurteilung, ob eine unlautere geschäftliche Handlung vorliegt, den Regelungen dieses Gesetzes vor.
(1) Die zur Geltendmachung eines Unterlassungsanspruchs Berechtigten sollen den Schuldner vor der Einleitung eines gerichtlichen Verfahrens abmahnen und ihm Gelegenheit geben, den Streit durch Abgabe einer mit einer angemessenen Vertragsstrafe bewehrten Unterlassungsverpflichtung beizulegen.
(2) In der Abmahnung muss klar und verständlich angegeben werden:
- 1.
Name oder Firma des Abmahnenden sowie im Fall einer Vertretung zusätzlich Name oder Firma des Vertreters, - 2.
die Voraussetzungen der Anspruchsberechtigung nach § 8 Absatz 3, - 3.
ob und in welcher Höhe ein Aufwendungsersatzanspruch geltend gemacht wird und wie sich dieser berechnet, - 4.
die Rechtsverletzung unter Angabe der tatsächlichen Umstände, - 5.
in den Fällen des Absatzes 4, dass der Anspruch auf Aufwendungsersatz ausgeschlossen ist.
(3) Soweit die Abmahnung berechtigt ist und den Anforderungen des Absatzes 2 entspricht, kann der Abmahnende vom Abgemahnten Ersatz der erforderlichen Aufwendungen verlangen.
(4) Der Anspruch auf Ersatz der erforderlichen Aufwendungen nach Absatz 3 ist für Anspruchsberechtigte nach § 8 Absatz 3 Nummer 1 ausgeschlossen bei
- 1.
im elektronischen Geschäftsverkehr oder in Telemedien begangenen Verstößen gegen gesetzliche Informations- und Kennzeichnungspflichten oder - 2.
sonstigen Verstößen gegen die Verordnung (EU) 2016/679 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 27. April 2016 zum Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten, zum freien Datenverkehr und zur Aufhebung der Richtlinie 95/46/EG (Datenschutz-Grundverordnung) (ABl. L 119 vom 4.5.2016, S. 1; L 314 vom 22.11.2016, S. 72; L 127 vom 23.5.2018, S. 2) und das Bundesdatenschutzgesetz durch Unternehmen sowie gewerblich tätige Vereine, sofern sie in der Regel weniger als 250 Mitarbeiter beschäftigen.
(5) Soweit die Abmahnung unberechtigt ist oder nicht den Anforderungen des Absatzes 2 entspricht oder soweit entgegen Absatz 4 ein Anspruch auf Aufwendungsersatz geltend gemacht wird, hat der Abgemahnte gegen den Abmahnenden einen Anspruch auf Ersatz der für seine Rechtsverteidigung erforderlichen Aufwendungen. Der Anspruch nach Satz 1 ist beschränkt auf die Höhe des Aufwendungsersatzanspruchs, die der Abmahnende geltend macht. Bei einer unberechtigten Abmahnung ist der Anspruch nach Satz 1 ausgeschlossen, wenn die fehlende Berechtigung der Abmahnung für den Abmahnenden zum Zeitpunkt der Abmahnung nicht erkennbar war. Weitergehende Ersatzansprüche bleiben unberührt.
(1) Dieses Gesetz dient dem Schutz der Mitbewerber, der Verbraucher sowie der sonstigen Marktteilnehmer vor unlauteren geschäftlichen Handlungen. Es schützt zugleich das Interesse der Allgemeinheit an einem unverfälschten Wettbewerb.
(2) Vorschriften zur Regelung besonderer Aspekte unlauterer geschäftlicher Handlungen gehen bei der Beurteilung, ob eine unlautere geschäftliche Handlung vorliegt, den Regelungen dieses Gesetzes vor.
(1) Die unterliegende Partei hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, insbesondere die dem Gegner erwachsenen Kosten zu erstatten, soweit sie zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig waren. Die Kostenerstattung umfasst auch die Entschädigung des Gegners für die durch notwendige Reisen oder durch die notwendige Wahrnehmung von Terminen entstandene Zeitversäumnis; die für die Entschädigung von Zeugen geltenden Vorschriften sind entsprechend anzuwenden.
(2) Die gesetzlichen Gebühren und Auslagen des Rechtsanwalts der obsiegenden Partei sind in allen Prozessen zu erstatten, Reisekosten eines Rechtsanwalts, der nicht in dem Bezirk des Prozessgerichts niedergelassen ist und am Ort des Prozessgerichts auch nicht wohnt, jedoch nur insoweit, als die Zuziehung zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig war. Die Kosten mehrerer Rechtsanwälte sind nur insoweit zu erstatten, als sie die Kosten eines Rechtsanwalts nicht übersteigen oder als in der Person des Rechtsanwalts ein Wechsel eintreten musste. In eigener Sache sind dem Rechtsanwalt die Gebühren und Auslagen zu erstatten, die er als Gebühren und Auslagen eines bevollmächtigten Rechtsanwalts erstattet verlangen könnte.
(3) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne der Absätze 1, 2 gehören auch die Gebühren, die durch ein Güteverfahren vor einer durch die Landesjustizverwaltung eingerichteten oder anerkannten Gütestelle entstanden sind; dies gilt nicht, wenn zwischen der Beendigung des Güteverfahrens und der Klageerhebung mehr als ein Jahr verstrichen ist.
(4) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne von Absatz 1 gehören auch Kosten, die die obsiegende Partei der unterlegenen Partei im Verlaufe des Rechtsstreits gezahlt hat.
(5) Wurde in einem Rechtsstreit über einen Anspruch nach Absatz 1 Satz 1 entschieden, so ist die Verjährung des Anspruchs gehemmt, bis die Entscheidung rechtskräftig geworden ist oder der Rechtsstreit auf andere Weise beendet wird.