Bundesgerichtshof Urteil, 25. Mai 2011 - 5 StR 63/11

bei uns veröffentlicht am25.05.2011

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

5 StR 63/11

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
vom 25. Mai 2011
in der Strafsache
gegen
wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer
Menge
Der 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom
25. Mai 2011, an der teilgenommen haben:
Vorsitzender Richter Basdorf,
Richter Dr. Brause,
Richterin Dr. Schneider,
Richter Prof. Dr. König,
Richter Bellay
als beisitzende Richter,
Bundesanwalt
als Vertreter der Bundesanwaltschaft,
Rechtsanwalt
als Verteidiger,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle,

für Recht erkannt:
Die Revision der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Landgerichts Braunschweig vom 20. Oktober 2010 wird verworfen.
Die Kosten des Rechtsmittels und die dem Angeklagten hierdurch entstandenen notwendigen Auslagen fallen der Staatskasse zur Last.
– Von Rechts wegen – G r ü n d e
1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in acht Fällen unter Einbeziehung einer Freiheitsstrafe von zehn Monaten zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren und drei Monaten verurteilt und ihn im Übrigen – wegen des Vorwurfs des Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in zwei Fällen sowie des (gewerbsmäßigen) Handeltreibens mit Betäubungsmitteln (Tat vom 4. Juni 2009) – freigesprochen. Mit ihrer auf den Rechtsfolgenausspruch und gegen einen Teilfreispruch beschränkten Revision beanstandet die Staatsanwaltschaft die Strafzumessung, die Nichtanordnung des Verfalls von Wertersatz sowie den Teilfreispruch für die Tat vom 4. Juni 2009. Das vom Generalbundesanwalt vertretene Rechtsmittel hat keinen Erfolg.
2
1. Die von der Staatsanwaltschaft geltend gemachten Einzelbeanstandungen gegen die Strafzumessungserwägungen der Strafkammer greifen nicht durch. Die Strafzumessung ist grundsätzlich Sache des Tatgerichts.
Es ist seine Aufgabe, auf der Grundlage des umfassenden Eindrucks, den es in der Hauptverhandlung von der Tat und der Persönlichkeit des Täters gewonnen hat, die wesentlichen entlastenden und belastenden Umstände festzustellen , sie zu bewerten und hierbei gegeneinander abzuwägen. Ein Eingriff des Revisionsgerichts in die Einzelakte der Strafzumessung ist in der Regel nur möglich, wenn die Zumessungserwägungen in sich fehlerhaft sind, wenn das Tatgericht gegen rechtlich anerkannte Strafzwecke verstößt oder wenn sich die verhängte Strafe nach oben oder unten von ihrer Bestimmung löst, gerechter Schuldausgleich zu sein (BGH, Beschluss vom 10. April 1987 – GSSt 1/86, BGHSt 34, 345, 349 mwN). Unter Zugrundelegung dieses Prü- fungsmaßstabs zeigt die Revision keine durchgreifenden Rechtsfehler auf.
3
a) Nach dem Gesamtzusammenhang der Urteilsgründe hat die Strafkammer den – vom Generalbundesanwalt vermissten, strafschärfend zu berücksichtigenden – Gesichtspunkt des gewerbsmäßigen Handelns des Angeklagten bei der von ihm begangenen Tatserie nicht außer Acht gelassen. Im Rahmen der rechtlichen Würdigung hat sie ausdrücklich festgestellt, dass der Angeklagte gewerbsmäßig gehandelt hat. Bei der Strafrahmenwahl hat sie dann einen minder schweren Fall gemäß § 29a Abs. 2 BtMG gerade unter Berücksichtigung des Umstands abgelehnt, dass der Angeklagte vielmehr „zur Finanzierung seineseigenen Konsums und seines Lebenswandels den Handel regelmäßig betrieben habe“.
4
b) Auch die zugunsten des Angeklagten von der Strafkammer angestellten Strafzumessungserwägungen halten sachlichrechtlicher Überprüfung stand. Mangels entgegenstehender Erkenntnisse durfte das Landgericht durchaus im Hinblick auf fehlende Deutschkenntnisse die Dauer der Untersuchungshaft für den Angeklagten als belastend ansehen. Der Vortrag der Revision, beim Angeklagten seien hinreichende Deutschkenntnisse vorhanden , die ihm zumindest eine Verständigung in der Justizvollzugsanstalt ermöglichen würden, ist urteilsfremd. Im Übrigen obliegt es dem Tatgericht, die konkret festgestellten Tat- und Lebensumstände bei der Strafzumessung zu würdigen und zu gewichten. Es ist nicht gehalten, ausschließlich bestimmende Strafzumessungserwägungen in Rechnung zu stellen. Soweit das Land- gericht strafmildernd festgestellt hat, bei der letzten Tat sei das Kokain „nicht mehr in den Umlauf gelangt“, handelt es sich um eine nur missverständliche Formulierung. Nach dem Urteilszusammenhang hat das Landgericht zulässigerweise strafmildernd bewertet, dass das veräußerte Kokain nahezu vollständig beim unmittelbaren Abnehmer des Angeklagten sichergestellt werden konnte.
5
c) Soweit die Strafkammer zu Lasten des Angeklagten die Gefährlich- keit des Betäubungsmittels als „Droge aus dem mittleren Gefährlichkeitsbereich“ eingestuft hat, ist diese Bewertung zwar unzutreffend. Kokainist aufgrund seines Suchtpotenzials ungeachtet minderer Gefährlichkeit im Vergleich zu Heroin, die das Landgericht ersichtlich herausstellen wollte, den so genannten harten Drogen zuzurechnen (vgl. Körner, BtMG, 6. Aufl., § 29 Rn. 573 mwN). Das Landgericht hat die Gefährlichkeit des Kokains vorliegend jedoch nicht verkannt; es hat bei der Strafzumessung maßgeblich auf den von der Rechtsprechung entwickelten Grenzwert für Kokain und das Maß von dessen Überschreitung abgestellt.
6
d) Die festgesetzten Einzelfreiheitsstrafen von jeweils einem Jahr und acht Monaten und namentlich die Gesamtfreiheitsstrafe erscheinen zwar sehr maßvoll; sie sind jedoch nicht unvertretbar milde und daher vom Revisionsgericht hinzunehmen. Das Landgericht hat zutreffend einen eher engen zeitlichen und einen besonders engen situativen Zusammenhang der Taten bei der Gesamtstrafenbildung angenommen.
7
2. Die Erwägungen, mit denen das Landgericht von der Anordnung des Wertersatzverfalls wegen unbilliger Härte abgesehen hat, halten sachlichrechtlicher Nachprüfung eingedenk des beschränkten revisionsrechtlichen Prüfungsmaßstabes (vgl. BGH, Urteile vom 2. Oktober 2008 – 4 StR 153/08 und vom 26. März 2009 – 3 StR 579/08, BGHR StGB § 73c Härte 13 und 14 jeweils mwN) angesichts der festgestellten persönlichen Verhältnisse des Angeklagten vor dem Hintergrund plausibel angenommener, nicht widerlegbarer Vermögenslosigkeit noch stand.
8
3. Der Teilfreispruch lässt insgesamt keinen Rechtsfehler erkennen.
Basdorf Brause Schneider König Bellay

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Betäubungsmittelgesetz - BtMG 1981 | § 29a Straftaten


(1) Mit Freiheitsstrafe nicht unter einem Jahr wird bestraft, wer1.als Person über 21 JahreBetäubungsmittel unerlaubt an eine Person unter 18 Jahren abgibt oder sie ihr entgegen § 13 Abs. 1 verabreicht oder zum unmittelbaren Verbrauch überläßt oder2.

Strafgesetzbuch - StGB | § 73c Einziehung des Wertes von Taterträgen


Ist die Einziehung eines Gegenstandes wegen der Beschaffenheit des Erlangten oder aus einem anderen Grund nicht möglich oder wird von der Einziehung eines Ersatzgegenstandes nach § 73 Absatz 3 oder nach § 73b Absatz 3 abgesehen, so ordnet das Gericht

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Bundesgerichtshof Urteil, 26. März 2009 - 3 StR 579/08

bei uns veröffentlicht am 26.03.2009

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL 3 StR 579/08 vom 26. März 2009 in der Strafsache gegen wegen Bandenhandels mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom 26. März 2009, an

Bundesgerichtshof Urteil, 02. Okt. 2008 - 4 StR 153/08

bei uns veröffentlicht am 02.10.2008

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL 4 StR 153/08 vom 2. Oktober 2008 in der Strafsache gegen wegen unerlaubter Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge u.a. Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom 2.
1 Urteil(e) in unserer Datenbank zitieren Bundesgerichtshof Urteil, 25. Mai 2011 - 5 StR 63/11.

Bundesgerichtshof Urteil, 18. Sept. 2013 - 5 StR 375/13

bei uns veröffentlicht am 18.09.2013

5 StR 375/13 BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL vom 18. September 2013 in der Strafsache gegen wegen schwerer räuberischer Erpressung Der 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom 18. September 2013, an der teilgenommen

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(1) Mit Freiheitsstrafe nicht unter einem Jahr wird bestraft, wer

1.
als Person über 21 JahreBetäubungsmittel unerlaubt an eine Person unter 18 Jahren abgibt oder sie ihr entgegen § 13 Abs. 1 verabreicht oder zum unmittelbaren Verbrauch überläßt oder
2.
mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge unerlaubt Handel treibt, sie in nicht geringer Menge herstellt oder abgibt oder sie besitzt, ohne sie auf Grund einer Erlaubnis nach § 3 Abs. 1 erlangt zu haben.

(2) In minder schweren Fällen ist die Strafe Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
4 StR 153/08
vom
2. Oktober 2008
in der Strafsache
gegen
wegen unerlaubter Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge u.a.
Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom 2. Oktober
2008, an der teilgenommen haben:
Vorsitzende Richterin am Bundesgerichtshof
Dr. Tepperwien,
Richter am Bundesgerichtshof
Athing,
Richterin am Bundesgerichtshof
Solin-Stojanović,
Richter am Bundesgerichtshof
Dr. Ernemann,
Dr. Mutzbauer,
Oberstaatsanwalt beim Bundesgerichtshof
als Vertreter der Bundesanwaltschaft,
Rechtsanwalt
als Verteidiger,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle,

für Recht erkannt:
1. Auf die Revision der Staatsanwaltschaft wird das Urteil der Strafkammer des Landgerichts Münster bei dem Amtsgericht Bocholt vom 11. September 2007, soweit es den Angeklagten M. betrifft, im Ausspruch über den Verfall eines Geldbetrages mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben. 2. Die Sache wird im Umfang der Aufhebung zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels , an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Gründe:

I.

1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in Tateinheit mit unerlaubter Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in einer Vielzahl von Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe verurteilt. Zugleich hat es gegen ihn den Verfall eines Geldbetrages von 10.000 € angeordnet. Mit ihrer zu Ungunsten des Angeklagten eingelegten und wirksam (vgl. BGH NStZ-RR 1997, 270; Meyer-Goßner StPO 51. Aufl. § 318 Rdn. 22) auf den Ausspruch über den Wertersatzverfall beschränkten Revision rügt die Staatsanwaltschaft die Verletzung materiellen Rechts. Das Rechtsmittel ist begründet.

II.


2
1. Nach den Feststellungen erwarb der Angeklagte im Zeitraum Juli 2004 bis April 2006 in insgesamt 39 Fällen in den Niederlanden von diversen Lieferanten jeweils 300 g Kokain zu Grammpreisen von 35 oder 37 €, führte das Rauschgift sodann gemeinsam mit dem früheren Mitangeklagten L. in die Bundesrepublik Deutschland ein und veräußerte die Betäubungsmittel schließlich zu einem Grammpreis von 50 bis 60 € an verschiedene Abnehmer. Mit L. war pro Fahrt eine Entlohnung von 450 € vereinbart, die er sich vom Angeklagten größtenteils in Kokain auszahlen ließ.
3
2. Das Landgericht hat ungeachtet der missverständlichen Tenorierung ersichtlich - wie auch die Liste der angewendeten Vorschriften zeigt - gegen den Angeklagten in Anwendung der §§ 73, 73 a StGB den Verfall von Wertersatz angeordnet. Dies lässt im Ansatz Rechtsfehler nicht erkennen, da die vom Angeklagten unmittelbar aus den Drogengeschäften erlangten Geldscheine (§ 73 Abs. 1 Satz 1 StGB) sich nicht mehr in dessen Besitz befinden, so dass ihr Verfall aus tatsächlichen Gründen nicht mehr möglich im Sinne von § 73 a Satz 1 StGB ist. Zur Bemessung der Höhe des Verfallsbetrages hat die Strafkammer ausgeführt:
4
Der Angeklagte habe das Kokain gewinnbringend an seine Endabnehmer für einen Preis von zumindest 50 € je Gramm weiter veräußert, so dass er aus den Verkäufen der insgesamt 11,7 kg Kokain einen Gesamterlös von mindestens 585.000 € „erzielt haben dürfte“. Gleichwohl werde „unter Anwendung der Vorschrift der §§ 73 c Abs. 1 Satz 2 1. Alt., 73 c Abs. 1 Satz 1 StGB“ lediglich ein Geldbetrag von 10.000 € für verfallen erklärt. Der Angeklagte verfüge derzeit nur noch über einen Pkw im Wert von 8.814,57 €, eine Unfallversiche- rung mit einem Rückkaufwert von 3.511,86 € und eine Lebensversicherung mit einem Rückkaufwert von 8.341,31 €, mithin über Vermögen im Gesamtwert von 20.673,74 €. Weitere Geldmittel oder Vermögen besitze er nachweisbar nicht. Sie - die Strafkammer - erachte lediglich die Anordnung eines Wertersatzverfalls von 10.000 € „als darstellbar“. Die Lebensversicherung sei 1994 abgeschlossen und ab November 2001 beitragsfrei gestellt worden. Damit stehe fest, dass dieser Vermögenswert ohne jeden denkbaren Zusammenhang mit den abgeurteilten Straftaten erworben worden sei. Bezüglich des dem Angeklagten darüber hinaus noch verbleibenden Restbetrages sei von den Voraussetzungen des § 73 c Abs. 1 Satz 1 StGB auszugehen. In Anbetracht des ohnehin geringen Restvermögens sowie der Unterhaltsverpflichtungen des Angeklagten gegenüber seinen beiden Kindern erscheine eine weiter gehende Anordnung eines Wertersatzverfalls über den Betrag von 10.000 € hinaus als unbillige Härte.
5
3. Diese Ausführungen halten rechtlicher Nachprüfung nicht stand.
6
a) Soweit das Landgericht von der Anordnung des Verfalls des Wertersatzes nach § 73 c Abs. 1 Satz 1 StGB abgesehen hat, fehlt es hierfür an einer tragfähigen Begründung. Zwar ist die Anwendung der Härtevorschrift des § 73 c StGB in erster Linie Sache des Tatrichters. Die Gewichtung der für das Vorliegen einer unbilligen Härte maßgeblichen Umstände unterliegt daher grundsätzlich nicht der Nachprüfung durch das Revisionsgericht. Mit der Revision kann jedoch beanstandet werden, dass das Tatbestandsmerkmal der „unbilligen Härte“ rechtsfehlerhaft interpretiert worden ist (vgl. BGH wistra 2003, 424, 425).
7
aa) Die Annahme einer „unbilligen Härte“ im Sinne des § 73 c Abs. 1 Satz 1 StGB setzt nach ständiger Rechtsprechung eine Situation voraus, nach der die Anordnung des Verfalls das Übermaßverbot verletzen würde, also schlechthin „ungerecht“ wäre (vgl. BGH NStZ 1995, 495; wistra 2003, 424, 425; Fischer StGB 55. Aufl. § 73 c Rn. 3). Die Auswirkungen müssen im konkreten Einzelfall außer Verhältnis zu dem vom Gesetzgeber mit der Maßnahme angestrebten Zweck stehen; es müssen besondere Umstände vorliegen, auf Grund derer mit der Vollstreckung des Verfalls eine außerhalb des Verfallszwecks liegende zusätzliche Härte verbunden wäre, die dem Betroffenen auch unter Berücksichtigung des Zwecks des Verfalls nicht zugemutet werden kann (W. Schmidt in LK 12. Aufl. § 73 c Rn. 7).
8
bb) Derartige Umstände hat das Landgericht nicht dargetan. Der Gesichtspunkt , dass dem Angeklagten nur ein „geringes Restvermögen“ verbleibe, stellt kein taugliches Kriterium dar. Aus § 73 c Abs. 1 Satz 2 StGB folgt, dass die - auch vollständige - Entreicherung des Täters als solche keine Härte darstellt , die (zwingend) zum Ausschluss der Verfallsanordnung nach § 73 c Abs. 1 Satz 1 StGB führt (vgl. BGH NStZ 2000, 589, 590; wistra 2003, 424, 425). Denn diese Bestimmung stellt die Anordnung des Verfalls auch in den Fällen in das Ermessen des Gerichts, in denen der Wert des Erlangten zur Gänze nicht mehr im Vermögen des Betroffenen vorhanden ist, d.h. auch in Fällen vollständiger Vermögenslosigkeit. Erst recht kann nicht von einer unbilligen Härte gesprochen werden, wenn dem Betroffenen - wie hier - ein Restvermögen von immerhin mehr als 10.000 € verbliebe. Ebenso wenig ist der nicht weiter spezifizierte Hinweis auf die Unterhaltsverpflichtungen des Angeklagten gegenüber seinen Kindern geeignet, die Annahme eines Härtefalls im Sinne des § 73 c Abs. 1 Satz 1 zu rechtfertigen (vgl. auch W. Schmidt in LK aaO). Ansprüche von Unterhaltsberechtigten werden regelmäßig durch Verfallsanordnungen betroffen. Darüber hinaus gehende besondere Umstände, die insoweit eine unzumutbare Härte begründen könnten, sind nicht festgestellt.
9
b) Auch die Voraussetzungen des § 73 c Abs. 1 Satz 2 1. Alt. StGB sind nicht rechtsfehlerfrei dargelegt.
10
aa) Allerdings beanstandet die Revision zu Unrecht, dass das Landgericht den Wert der Lebensversicherung des Angeklagten bei der Berechnung des Wertes des ihm verbliebenen Vermögens außer Ansatz gelassen hat.
11
(1) Zwar kommt es grundsätzlich nicht darauf an, ob das vorhandene Vermögen einen konkreten oder unmittelbaren Bezug zu den Straftaten hat; ebenso wenig hängt die Anordnung des Verfalls davon ab, ob der Angeklagte die vorhandenen Vermögenswerte unmittelbar mit Drogengeldern erworben hat oder ob er mit Drogengeldern andere Aufwendungen bestritten und erst mit den so eingesparten Mitteln das noch vorhandene Vermögen gebildet hat (st. Rspr.; vgl. BGHR StGB § 73 c Wert 2 = wistra 2000, 298; Fischer aaO § 73 c Rn. 4 m.w.N.). Daher scheidet eine Ermessensentscheidung nach § 73 c Abs. 1 Satz 2 1. Alt. StGB regelmäßig aus, solange und soweit der Angeklagte über Vermögen verfügt, das wertmäßig nicht hinter dem „verfallbaren“ Betrag zurückbleibt (BGH aaO).
12
(2) Dies gilt indes nicht uneingeschränkt. Steht zweifelsfrei fest, dass der fragliche Vermögenswert ohne jeden denkbaren Zusammenhang mit den abgeurteilten Straftaten erworben wurde, ist eine Ermessensentscheidung nach § 73 c Abs. 1 Satz 2 1. Alt. StGB insoweit nicht ausgeschlossen (vgl. Senat BGHSt 48, 40, 42 f. mit zust. Anm. Rönnau NStZ 2003, 367; BGH NStZ-RR 2005, 104 [3. Strafsenat]; Joecks in Müko-StGB § 73 c Rn. 17 f.; Wolters/Horn in SK-StGB § 73 c Rn. 6; a.A. [nicht tragend] BGHSt 51, 65, 70 Tz. 23 [1. Strafsenat] mit abl. Anm. Dannecker NStZ 2006, 683). So liegt es hier. Das Landgericht hat zutreffend einen möglichen Zusammenhang zwischen dem Erwerb des durch die 1994 abgeschlossene und im November 2001 beitragsfrei gestellte Lebensversicherung verkörperten Vermögenswerts und den vom Angeklagten Jahre später im Zeitraum Juli 2004 bis April 2006 erlangten Drogenerlösen ausgeschlossen.
13
(3) Entgegen der Auffassung der Beschwerdeführerin wird dadurch eine effektive Vermögensabschöpfung über die Verfallsvorschriften nicht in Frage gestellt (vgl. bereits BGHSt 48, 40, 43). Denn vorhandenes Vermögen behält, auch wenn es in keiner denkbaren Beziehung zum - nicht mehr vorhandenen - Wert des Erlangten steht und deshalb die Anwendbarkeit des § 73 c Abs. 1 Satz 2 1. Alt. StGB nicht hindert, seine Bedeutung im Rahmen der nach billigem Ermessen zu treffenden Entscheidung. Bestehen etwa Anhaltspunkte dafür, dass der Angeklagte bewusst unbemakeltes Vermögen geschont und seine Lebensführung und sonstige Ausgaben mit dem aus den Straftaten Erlangten bestritten hat, wird dies regelmäßig dazu führen, dass von der Möglichkeit des § 73 c Abs. 1 Satz 2 1. Alt. StGB kein Gebrauch zu machen ist.
14
bb) Die Urteilsausführungen lassen jedoch besorgen, dass das Landgericht bei der Verfallsentscheidung nicht im Blick gehabt hat, dass es sich bei § 73 c Abs. 1 Satz 2 1. Alt. StGB um eine Ermessensvorschrift handelt.
15
Das Landgericht hat, soweit es von einem Verfall des Wertersatzes nach § 73 c Abs. 1 Satz 2 1. Alt. StGB abgesehen hat, dies allein damit begründet, dass der durch die Lebensversicherung verkörperte Vermögenswert ohne jeden denkbaren Zusammenhang mit den abgeurteilten Straftaten erworben worden ist. Dies betrifft jedoch lediglich die Eingangsvoraussetzung der Norm, nicht aber die in einem zweiten Schritt vorzunehmende Ermessensentscheidung.
16
cc) Jedenfalls bilden die getroffenen Feststellungen keine tragfähige Grundlage für eine Ermessensentscheidung nach § 73 c Abs. 1 Satz 2 1. Alt. StGB.
17
Maßgebend für die Ermessensentscheidung nach § 73 c Abs. 1 Satz 2 1. Alt. StGB ist neben der Gesamthöhe des Erlangten und den wirtschaftlichen Verhältnissen des Betroffenen insbesondere der Grund, aus welchem das Erlangte bzw. dessen Wert sich nicht mehr im Vermögen des Angeklagten befindet (vgl. BGH NStZ 2005, 455; NStZ-RR 2005, 104, 105; Joecks in Müko-StGB § 73 c Rn. 20 f.; W. Schmidt in LK aaO § 73 c Rn. 12). Hierbei können etwa das „Verprassen“ der erlangten Mittel oder ihre Verwendung für Luxus und zum Vergnügen gegen die Anwendung der Härtevorschrift sprechen; andererseits kann ihr Verbrauch in einer Notlage oder zum notwendigen Lebensunterhalt des Betroffenen und seiner Familie als Argument für eine positive Ermessensentscheidung dienen (BGHSt 38, 23, 25; BGH NStZ-RR 2005, 104, 105). Hierzu verhält sich das Urteil indes nicht. Der Senat vermag daher nicht zu überprüfen, ob das Landgericht diesen Gesichtspunkt - wie geboten - berücksichtigt hat und ob es insoweit von einem rechtlich zutreffenden Maßstab ausgegangen ist.
18
4. Die aufgezeigten Mängel führen zur Aufhebung der Verfallsentscheidung mit den zugehörigen Feststellungen. Bei der Bemessung des Wertes des vom Angeklagten aus den Drogenverkäufen Erlangten hat das Landgericht im Übrigen nicht berücksichtigt, dass nach den getroffenen Feststellungen der frühere Mitangeklagte L. sich seine Entlohnung von 450 € pro Fahrt vom Angeklagten „größtenteils“ in Kokain auszahlen ließ. Zwar hat der Angeklagte durch die Weitergabe des Kokains „an Zahlung Statt“ Aufwendungen in Form entsprechender Geldzahlungen erspart und damit aus den Taten auch etwas im Sinne des § 73 Abs. 1 Satz 1 StGB erlangt (vgl. W. Schmidt in LK aaO § 73 Rn.
22; Fischer aaO § 73 Rn. 9). Der Wert des dergestalt Erlangten kann jedoch nicht ohne weiteres nach den von den Abnehmern des Angeklagten für das Kokain gezahlten Grammpreisen bemessen werden. Insoweit wird der neue Tatrichter gegebenenfalls im Wege der Schätzung (§ 73 b StGB) neue Feststellungen zu treffen haben.
Tepperwien Athing Solin-Stojanović
Ernemann Mutzbauer

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
3 StR 579/08
vom
26. März 2009
in der Strafsache
gegen
wegen Bandenhandels mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge
Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom 26. März
2009, an der teilgenommen haben:
Vorsitzender Richter am Bundesgerichtshof
Becker,
die Richter am Bundesgerichtshof
Pfister,
von Lienen,
Hubert,
Dr. Schäfer
als beisitzende Richter,
Staatsanwältin
als Vertreterin der Bundesanwaltschaft,
Rechtsanwalt
als Verteidiger,
Justizamtsinspektor
als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle,

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Staatsanwaltschaft wird das Urteil des Landgerichts Oldenburg vom 7. Mai 2007 mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben, soweit von der Anordnung des Verfalls von Wertersatz abgesehen worden ist. Die Sache wird im Umfang der Aufhebung zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Gründe:

1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen bandenmäßigen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in vier Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von acht Jahren und sechs Monaten verurteilt. Es hat davon abgesehen, den Verfall von Wertersatz anzuordnen. Hiergegen richtet sich die vom Generalbundesanwalt vertretene, auf die Rüge der Verletzung materiellen Rechts gestützte Revision der Staatsanwaltschaft. Das wirksam beschränkte Rechtsmittel hat Erfolg.
2
Nach den Feststellungen war der zum Zeitpunkt der Verkündung des landgerichtlichen Urteils 63 Jahre alte Angeklagte Mitglied einer Bande, die Haschisch - und Marihuanatransporte erheblichen Umfangs von den Niederlanden nach England und in andere europäische Länder organisierte und durchführte.
In dem Zeitraum von Ende 2004 bis Anfang 2005 wurden mit drei Fahrten insgesamt 135 kg zum gewinnbringenden Weiterverkauf bestimmte Betäubungsmittel nach England verbracht und an unbekannt gebliebene Abnehmer übergeben. Mit einer vierten Fahrt wurden im Februar 2005 weitere 241,80 kg Haschisch aus den Niederlanden über Oldenburg und Bremen nach Dänemark transportiert. Das Rauschgift wurde vor der Auslieferung von der dänischen Polizei sichergestellt.
3
1. Das Landgericht hat den Verfall von Wertersatz (§§ 73, 73 a StGB) nicht angeordnet und dies mit dem Vorliegen einer unbilligen Härte im Sinne des § 73 c Abs. 1 Satz 1 StGB begründet. Zwar sei davon auszugehen, dass aus den Drogengeschäften nach dem Bruttoprinzip ein Umsatz von mindestens 135.000 € erzielt worden sei. Es müsse jedoch berücksichtigt werden, dass der Angeklagte über einen sichergestellten und gepfändeten Bargeldbetrag in Höhe von 2.250 € hinaus über kein nennenswertes Vermögen mehr verfüge. Er habe infolge des fehlgeschlagenen Haschischtransportes nach Dänemark selbst 60.000 € als "Entschädigung" gezahlt, so dass er durch die Drogentransporte insgesamt einen beträchtlichen Verlust erlitten habe. In Anbetracht seines fortgeschrittenen Alters sei nicht zu erwarten, dass er nach seiner Haftentlassung noch Erwerbsaussichten habe; er werde entweder von einer Rente oder von Sozialleistungen leben müssen. Daher werde durch die Vollziehung einer Verfallsanordnung seine Resozialisierung wesentlich erschwert.
4
2. Diese Erwägungen vermögen die Ablehnung der Anordnung des Wertersatzverfalls nicht zu rechtfertigen.
5
a) Die Voraussetzungen des § 73 c Abs. 1 Satz 1 StGB sind bereits deshalb nicht rechtsfehlerfrei dargetan, weil das Landgericht unter Verkennung des systematischen Zusammenhangs zwischen den verschiedenen Alternativen des § 73 c Abs. 1 StGB das Vorliegen einer unbilligen Härte unzureichend begründet hat.
6
aa) Zwar ist die Anwendung der Härtevorschrift des § 73 c StGB Sache des Tatrichters. Die Gewichtung der für das Vorliegen einer unbilligen Härte im Sinne des § 73 c Abs. 1 Satz 1 StGB maßgeblichen Umstände ist daher der inhaltlichen revisionsrechtlichen Überprüfung nicht zugänglich. Mit der Revision kann jedoch eine rechtsfehlerhafte Auslegung des Tatbestandsmerkmals "unbillige Härte" beanstandet werden. Eine solche ist etwa gegeben, wenn die Bejahung dieses Merkmals auf Umstände gestützt wird, die bei seiner Prüfung nicht zum Tragen kommen können (vgl. BGH wistra 2003, 424, 425; 2009, 23, 24).
7
bb) So liegt der Fall hier. Das Landgericht hat die Annahme einer unbilligen Härte wesentlich darauf gestützt, dass der Wert des vom Angeklagten aus den Straftaten Erlangten mittlerweile nicht mehr in seinem Vermögen vorhanden sei. Diese Begründung wird dem systematischen Verhältnis nicht gerecht, in welchem die Regelungen des § 73 c Abs. 1 Satz 1 und Satz 2 1. Alt. StGB zueinander stehen. Nach § 73 c Abs. 1 Satz 1 StGB ist der Verfall beim Vorliegen einer unbilligen Härte zwingend ausgeschlossen, während § 73 c Abs. 1 Satz 2 1. Alt. StGB für den Fall, dass der Wert des Erlangten im Vermögen des Betroffenen ganz oder teilweise nicht mehr vorhanden ist, die Möglichkeit eröffnet , insoweit nach pflichtgemäßen Ermessen von einer Verfallsanordnung abzusehen. Da die tatbestandlichen Voraussetzungen, welche nach Satz 2 der Vorschrift ein Absehen vom Verfall nach pflichtgemäßem Ermessen ermöglichen , nicht zugleich einen zwingenden Ausschlussgrund nach § 73 c Abs. 1 Satz 1 StGB bilden können, folgt aus der Systematik der Norm, dass das Nichtmehrvorhandensein des Wertes des Erlangten im Vermögen des Betroffenen jedenfalls für sich genommen keine unbillige Härte darstellen kann, son- dern dem Anwendungsbereich des § 73 c Abs. 1 Satz 2 StGB unterfällt (vgl. BGH NStZ 2000, 589, 590; Schmidt in LK 12. Aufl. § 73 c Rdn. 7).
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Für das Vorliegen einer unbilligen Härte bedarf es daher zusätzlicher Umstände, welche die hohen Voraussetzungen des Tatbestandsmerkmals belegen. Eine unbillige Härte im Sinne des § 73 c Abs. 1 Satz 1 StGB kommt nach ständiger Rechtsprechung (vgl. etwa BGHR StGB § 73 c Härte 7, 11) nur dann in Betracht, wenn die Anordnung des Verfalls schlechthin ungerecht wäre und das Übermaßverbot verletzen würde. Die Auswirkungen des Verfalls müssen mithin im konkreten Einzelfall außer Verhältnis zu dem vom Gesetzgeber mit der Maßnahme angestrebten Zweck stehen. Es müssen besondere Umstände vorliegen, aufgrund derer mit der Vollstreckung des Verfalls eine außerhalb des Verfallszwecks liegende zusätzliche Härte verbunden wäre, die dem Betroffenen auch unter Berücksichtigung des Zwecks des Verfalls nicht zugemutet werden kann. Eine unbillige Härte liegt demnach nicht schon dann vor, wenn der Verfallsbetrag nicht beigetrieben werden kann oder der Betroffene vermögenslos geworden und unfähig ist, die Mittel für seinen Unterhalt und den seiner Familie aufzubringen (vgl. Schmidt aaO Rdn. 7). Nach diesen Maßstäben ausreichend gravierende Umstände lassen sich den Urteilsgründen nicht entnehmen. Allein die vagen Erwägungen, der Angeklagte verfüge über kein "nennenswertes" Vermögen und müsse nach seiner Entlassung von einer Rente oder Sozialleistungen leben, genügen auch unter Berücksichtigung des Resozialisierungsgedankens hierfür nicht.
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b) Auch auf § 73 c Abs. 1 Satz 2 1. Alt. StGB kann das Absehen von der Anordnung des Wertersatzverfalls nach den bisherigen Feststellungen nicht gestützt werden. Die Ausübung des dem Tatrichter durch diese Vorschrift eingeräumten Ermessens erfordert zunächst die Feststellung des Wertes des aus der Straftat Erlangten, um diesem sodann den Wert des noch vorhandenen Vermögens gegenüber stellen zu können (vgl. BGH NStZ-RR 2005, 104, 105; Fischer, StGB 56. Aufl. § 73 c Rdn. 5; Schmidt aaO Rdn. 10). Hieran fehlt es.
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aa) Die Urteilsgründe lassen bereits ausreichende Feststellungen dazu vermissen, in welcher Höhe der Angeklagte aus den Rauschgiftgeschäften etwas erlangt hat. "Erlangt" im Sinne der § 73 Abs. 1 Satz 1, § 73 a Satz 1 StGB ist ein Vermögensvorteil nur dann, wenn der Tatbeteiligte die faktische Verfügungsgewalt über den Gegenstand erworben hat (vgl. BGH NStZ 2003, 198 f.). Mit der pauschalen Angabe, aus den Betäubungsmittelgeschäften sei ein Umsatz von mindestens 135.000 € erzielt worden, wird dieser Umstand nicht belegt. Die bloße Annahme mittäterschaftlichen Handelns vermag die fehlenden Darlegungen des tatsächlichen Geschehens hierzu nicht zu ersetzen; denn eine Zurechnung nach den Grundsätzen der Mittäterschaft gemäß § 25 Abs. 2 StGB mit der Folge einer gesamtschuldnerischen Haftung kommt nur dann in Betracht , wenn sich die Beteiligten darüber einig waren, dass dem Angeklagten zumindest Mitverfügungsgewalt über die jeweiligen Erlöse habe zukommen sollen (vgl. BVerfG StV 2004, 409, 411; BGH NStZ 2003, 198 f.) und er diese auch tatsächlich hatte (BGH NStZ-RR 2007, 121). Feststellungen hierzu hat das Landgericht nicht getroffen.
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bb) Den Gründen des landgerichtlichen Urteils lässt sich ebenfalls nicht entnehmen, dass zum Zeitpunkt des tatrichterlichen Urteils der Wert des aus den Straftaten Erlangten in dem Vermögen des Angeklagten nicht mehr vorhanden war. Dies setzt konkrete tatrichterliche Feststellungen dazu voraus, in welchem Umfang und zu welchem Zweck das Erlangte ausgegeben wurde (vgl. BGH wistra 2009, 23, 25; Schmidt aaO Rdn. 12). Die in diesem Zusammenhang vom Landgericht angestellte Erwägung, der Angeklagte habe anlässlich des fehlgeschlagenen Rauschgiftgeschäfts "60.000 € als Entschädigung der Lieferanten oder Abnehmer gezahlt" und dadurch insgesamt bei den Drogenge- schäften einen beträchtlichen Verlust erlitten, entbehrt einer tragfähigen tatsächlichen Grundlage. Die Feststellungen des Urteils belegen eine solche Zahlung , deren nähere Umstände auch die betreffende mehrdeutige Passage der Urteilsgründe offen lässt, nicht.
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Den Urteilsgründen kann auch im Übrigen nicht entnommen werden, ob und gegebenenfalls in welchem Umfang dem Angeklagten die aus den Drogengeschäften erzielten Erlöse ohne Zufluss eines Gegenwertes oder einer sonstigen Gegenleistung abhanden kamen. Die für die Eröffnung der Markthalle in Bremen erforderlichen finanziellen Mittel brachte der Angeklagte nach den Feststellungen jedenfalls nicht aus dem aus dem Betäubungsmittelhandel Erlangten , sondern aus dem Erlös für den Verkauf seines Lokals auf. Bei der Bewertung des Vermögens des Angeklagten hat das Landgericht zudem die ausdrücklich getroffene Feststellung nicht berücksichtigt, der Zeuge E. habe an "J. " und den Angeklagten auf deren nachdrückliches Verlangen 8.000 € als "Strafsumme" für das fehlgeschlagene Geschäft übergeben. Schließlich hat die Strafkammer nicht in die Betrachtung einbezogen, dass bei dem Angeklagten 2.250 € sichergestellt worden sind. Die Strafkammer durfte jedoch nicht allein deshalb von einer Verfallsanordnung absehen, um dem Verurteilten - sei es auch für Zwecke der Resozialisierung - vorhandene Vermögenswerte zu erhalten ; denn dies wäre mit dem Sinn und Zweck des Verfalls nicht zu vereinbaren (vgl. BGH NStZ 1995, 495).
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Über den Wertersatzverfall ist nach alldem insgesamt neu zu verhandeln und zu entscheiden. Der Senat weist abschließend auf die Möglichkeit hin, den Umfang und Wert des Erlangten gemäß § 73 b StGB zu schätzen, sowie darauf , dass nach § 73 c Abs. 1 StGB die Anordnung des Verfalls auf einen Teil des Erlangten beschränkt werden kann (vgl. BGH NStZ-RR 2003, 75; BGH, Beschl. vom 12. Dezember 2008 - 2 StR 479/08). Becker Pfister von Lienen Hubert Schäfer

Ist die Einziehung eines Gegenstandes wegen der Beschaffenheit des Erlangten oder aus einem anderen Grund nicht möglich oder wird von der Einziehung eines Ersatzgegenstandes nach § 73 Absatz 3 oder nach § 73b Absatz 3 abgesehen, so ordnet das Gericht die Einziehung eines Geldbetrages an, der dem Wert des Erlangten entspricht. Eine solche Anordnung trifft das Gericht auch neben der Einziehung eines Gegenstandes, soweit dessen Wert hinter dem Wert des zunächst Erlangten zurückbleibt.