Bundesgerichtshof Urteil, 20. Sept. 2017 - 2 StR 36/17

bei uns veröffentlicht am20.09.2017

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
2 StR 36/17
vom
20. September 2017
in der Strafsache
gegen
1.
2.
wegen besonders schwerer räuberischer Erpressung u.a.
ECLI:DE:BGH:2017:200917U2STR36.17.0

Der 2. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom 20. September 2017, an der teilgenommen haben:
Richter am Bundesgerichtshof Dr. Appl als Vorsitzender, die Richter am Bundesgerichtshof Prof. Dr. Krehl, Dr. Feilcke, Dr. Grube, Schmidt, Staatsanwalt beim Bundesgerichtshof als Vertreter der Bundesanwaltschaft, Rechtsanwalt als Verteidiger des Angeklagten G. , Rechtsanwalt als Verteidiger des Angeklagten H. , Amtsinspektorin als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle,

für Recht erkannt:
1. Auf die Revision der Staatsanwaltschaft wird das Urteil des Landgerichts Gera vom 9. September 2016
a) im Schuldspruch zu Fall II.2 der Urteilsgründe dahingehend klargestellt, dass die Angeklagten G. und H. der besonders schweren räuberischen Erpressung in Tateinheit mit besonders schwerem Raub und gefährlicher Körperverletzung schuldig sind,
b) mit den zugehörigen Feststellungen hinsichtlich beider Angeklagten aufgehoben, aa) soweit von der Anordnung der Sicherungsverwahrung abgesehen worden ist, bb) im gesamten Strafausspruch sowie im Ausspruch über die Unterbringung in der Entziehungsanstalt und den Vorwegvollzug. 2. Die Revision des Angeklagten G. gegen das vorgenannte Urteil wird verworfen. Der Beschwerdeführer hat die Kosten seines Rechtsmittels und die insoweit den Nebenklägern entstandenen Auslagen zu tragen. 3. Auf die Revision des Angeklagten H. wird das vorgenannte Urteil, soweit es ihn betrifft, aufgehoben
a) in den Aussprüchen über die Gesamtstrafe sowie über den Vorwegvollzug,
b) hinsichtlich der Anordnung und Aufrechterhaltung des dinglichen Arrests sowie der Entscheidung nach § 111i Abs. 2 StPO aF. Seine weitergehende Revision wird verworfen. 4. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der verbliebenen Rechtsmittel, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Gründe:


1
Das Landgericht hat den Angeklagten G. wegen schwerer räuberischer Erpressung in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung zu einer Freiheitsstrafe von sechs Jahren verurteilt, die Unterbringung in einer Entziehungsanstalt angeordnet und eine Entscheidung über den Vorwegvollzug der Strafe getroffen. Gegen den Angeklagten H. hat es wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte in Tateinheit mit versuchter Körperverletzung und Beleidigung unter Einbeziehung einer Geldstrafe aus einem anderen Urteil eine erste Gesamtfreiheitsstrafe von acht Monaten und wegen schwerer räuberischer Er- pressung in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung, wegen Diebstahls und wegen Urkundenfälschung in Tateinheit mit vorsätzlichem Fahren ohne Fahrerlaubnis , vorsätzlichem Verstoß gegen das Pflichtversicherungsgesetz und vorsätzlichem unerlaubten Führen einer Schusswaffe unter Aufhebung einer in einer anderen Entscheidung festgesetzten Gesamtgeldstrafe und Einbeziehung der dort verhängten Einzelgeldstrafen eine weitere Gesamtfreiheitsstrafe von sechs Jahren und sechs Monaten verhängt. Außerdem hat es seine Unterbringung in einer Entziehungsanstalt verbunden mit einer Entscheidung über den Vorwegvollzug der Strafen angeordnet. Zudem hat es Einziehungsentscheidungen sowie eine Anordnung über die Aufrechterhaltung dinglichen Arrests getroffen. Die Revision der Staatsanwaltschaft hat in vollem Umfang, das Rechtsmittel des Angeklagten H. hat in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang Erfolg. Die Revision des Angeklagten G. bleibt erfolglos.

I.


2
Der Verurteilung des Landgerichts liegen folgende Geschehnisse zugrunde:
3
1. Am 15. Juli 2015 gegen 11.15 Uhr geriet der Angeklagte H. in eine Polizeikontrolle. Dabei wurde festgestellt, dass gegen ihn ein Sitzungshaftbefehl des Amtsgerichts Gera vorlag. Der Angeklagte wollte sich zunächst nicht festnehmen lassen, erklärte sich schließlich aber doch dazu bereit. Ein zur Verstärkung herbeigerufener Polizeibeamter, der davon ausging, der Angeklagte leiste weiter Widerstand, ging auf ihn zu, um ihn zur Durchsetzung des Haftbefehls zum Funkstreifenwagen zu bringen. Die Situation eskalierte. Der Angeklagte versteifte sich und begann durch Bewegungen seines Kopfs sowie durch Schläge mit geballten Fäusten auf den Polizeibeamten einzuschlagen. Dies misslang, weil dieser den Kopf- und Faustschlägen ausweichen konnte. Der Angeklagte wurde sodann von zwei Polizisten fixiert, zu Boden gebracht und gefesselt. Als er schließlich zum Streifenwagen gebracht wurde, beleidigte er die an der Aktion beteiligten Beamten mit den Worten „Fotze“, „Assi“ und „Pussy“.
4
2. Die beiden Angeklagten G. und H. hatten nach Freiheitsentziehungen spätestens seit August 2015 wieder miteinander Kontakt. Sie waren beide betäubungsmittelabhängig und hatten weder Arbeit noch Geld. Am 4. Oktober 2015 fuhren sie in der Nacht von W. nach M. und parkten dort vor der Agrargenossenschaft. Sie sahen zwischen 4.30 und 4.50 Uhr, wie die später geschädigten Zeugen S. , C. St. und Cl. St. auf der Straße zwischen M. und K. entlang liefen. Spätestens zu diesem Zeitpunkt fassten sie den Entschluss, diese zu überfallen und unter Vorhalt eines Messers sowie einer Gasdruckpistole zur Herausgabe von Bargeld und Wertgegenständen aufzufordern. Zunächst fuhren sie an der Gruppe vorbei und ließen diese sodann den PKW per Fuß überholen. Sie fuhren erneut an den Geschädigten vorbei, stellten das Fahrzeug schließlich nicht einsehbar ab und gingen diesen dann entgegen. Beide Angeklagte waren vermummt, einer trug ein Messer mit sich, der andere eine Gasdruckpistole. Unter Vorhalt des Messers und der Gasdruckpistole forderten die Angeklagten die Zeugen zur Herausgabe von Bargeld und Mobiltelefonen auf. Um der Forderung Nachdruck zu verleihen, versetzte der Angeklagte mit dem Messer dem Zeugen C. St. einen Faustschlag ins Gesicht, durch den der Zeuge – von der Rückseite des Messers getroffen – zu Boden ging. Er verlor dabei sein Mobiltelefon, das die Angeklagten an sich nahmen. In der Folge übergab der Zeuge S. seinen Geldbeutel mit ca. 100 Euro und diversen Ausweispapieren sowie sein Handy, zusätzlich auch 60 Euro Bargeld, das er auf Aufforderung aus der Hosentasche des am Boden liegenden C. St. entnommen hatte. Cl. St. übergab den Angeklagten auf Aufforderung ihre Handtasche, die sie auf mögliche Beute hin durchsuchten.
5
C. St. erlitt infolge des Schlages eine blutende Wunde im Gesicht sowie Schmerzen; die rechte Gesichtshälfte schwoll an. Beide Angeklagte hatten dies für möglich gehalten und billigend in Kauf genommen.
6
3./4. Zu einem nicht genau bestimmbaren Zeitpunkt zwischen dem 29. Oktober 2015 um 22.00 Uhr und dem 30. Oktober 2015 um 13.00 Uhr entwendete der Angeklagte H. die beiden Kraftfahrzeugkennzeichen mit dem Kennzeichen , die er sodann vor dem 31. Oktober 2015 um 22.14 Uhr an dem nicht zugelassenen und nicht haftpflichtversicherten Fahrzeug VW Golf des Zeugen Kr. anbrachte. Mit diesem Fahrzeug fuhr er am späten Abend des 31. Oktober 2015 in Ge. , obwohl er keine Erlaubnis zum Führen von Kraftfahrzeugen besaß. Im Kofferraum des PKW befand sich eine Gasdruckpistole, ohne dass der Angeklagte im Besitz der dafür erforderlichen waffenrechtlichen Erlaubnis war.

II.


7
Die Revisionen haben in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang Erfolg.
8
1. Die Revision der Staatsanwaltschaft
9
a) Das Rechtsmittel führt im Schuldspruch zu Fall II.2 der Urteilsgründe zur Klarstellung, dass die Angeklagten im Hinblick auf den Einsatz von Messer und Gasdruckpistole der besonders schweren räuberischen Erpressung schuldig sind. Zugleich war – die Angeklagten haben unter Einsatz dieser Nötigungsmittel das Mobiltelefon des Zeugen St. weggenommen – in den Schuldspruch die tateinheitliche Verwirklichung eines besonders schweren Raubes nach § 250 Abs. 2 StGB aufzunehmen.
10
b) Die Revision hat Erfolg, soweit das Landgericht bei beiden Angeklagten von der Anordnung der Sicherungsverwahrung abgesehen hat.
11
aa) Zu Recht beanstandet die Revisionsführerin, dass das Landgericht die Ablehnung der Unterbringung in der Sicherungsverwahrung hinsichtlich des Angeklagten H. nicht tragfähig begründet hat. Die Annahme, derAngeklagte sei nicht infolge eines Hanges für die Allgemeinheit gefährlich, beruht bereits auf einem falsch verstandenen und deshalb unzutreffenden rechtlichen Maßstab.
12
Das Merkmal des Hanges im Sinne von § 66 Abs. 3 Satz 1 i.V.m. Abs. 1 Nr. 4 StGB verlangt einen eingeschliffenen inneren Zustand des Täters, der ihn immer wieder neue Straftaten begehen lässt. Hangtäter ist danach derjenige, der dauerhaft zu Straftaten entschlossen ist oder aufgrund einer fest eingewurzelten Neigung immer wieder straffällig wird, wenn sich die Gelegenheit bietet, ebenso wie derjenige, der willensschwach ist und aus innerer Haltlosigkeit Tatanreizen nicht zu widerstehen vermag. Der Hang als „eingeschliffenes Verhaltensmuster“ bezeichnet einen aufgrund umfassender Vergangenheitsbetrachtung festgestellten gegenwärtigen Zustand (vgl. BGH NStZ-RR 2011, 204).
13
Das Landgericht hat trotz der gutachterlich getroffenen Feststellung, der Angeklagte sei bereits mehrfach als Straftäter ermittelt und auch bereits verurteilt worden, habe Strafen verbüßt, wobei alles dies keine Verhaltensänderung bewirkt habe, einen eingeschliffenen inneren Zustand des Angeklagten, der ihn immer wieder Straftaten begehen lasse, verneint. Dabei hat es sichersichtlich – wie sich dem Gesamtzusammenhang der landgerichtlichen Ausführungen entnehmen lässt – vor allem auf die Erwägung gestützt, die Delinquenz des Angeklagten beruhe auf der bei ihm bereits im Kindesalter einsetzenden Suchtproblematik , an die im Tatzeitraum auch die Gewaltproblematik wesentlich anknüpfe. Die Suchterkrankung sei aber bisher nicht hinreichend therapeutisch behandelt worden. Auch habe der Angeklagte, der bereits im Alter von 14 ½ Jahren straffällig geworden sei, eine Entwicklung und Reifung seiner Persönlichkeit im Alter der Pubertät und Adoleszenz nur unter Haftbedingungen erlebt. Diese Überlegungen, die nicht in genügender Weise berücksichtigen, dass der Angeklagte entsprechend der zuvor geschilderten Kriminalitätsentwicklung in der Vergangenheit immer wieder Straftaten begangen hat, lassen besorgen, es könne der Strafkammer insoweit aus dem Blick geraten sein, dass es für die Annahme des Hanges unerheblich ist, auf welcher Ursache das eingeschliffene Verhaltensmuster beruht (vgl. BGH, Urteil vom 8. Juli 2010 – 4 StR 210/10). Die Annahme eines Hanges kommt danach grundsätzlich auch dann in Betracht, wenn die Ursache für die Begehung der Straftaten in einer Suchterkrankung liegt.
14
Schon angesichts dieses unzutreffenden rechtlichen Ausgangspunkts bedarf es hinsichtlich der Sicherungsverwahrung neuer Verhandlung und Entscheidung. Ergänzend weist der Senat auf die vom Generalbundesanwalt in seiner Antragsschrift festgestellten Unzulänglichkeiten des von der Strafkammer ihrer Bewertung zugrunde gelegten Gutachtens der Sachverständigen, insbesondere auch zur Kriminalitätsbelastung des Angeklagten, hin, die von der Sachverständigen kaum nachvollziehbar gewürdigt wird. Diese entziehen nicht nur der hilfsweise angestellten Ermessensausübung des Landgerichts, auch bei Annahme eines Hanges hätte man von der Anordnung der Sicherungsverwahrung abgesehen, die Grundlage. Sie lassen es auch zweckmäßig erscheinen, in der neuen Hauptverhandlung einen anderen Sachverständigen zu beauftragen.
15
bb) Auch hinsichtlich des Angeklagten G. hat die Strafkammer ihrer Entscheidung über das Vorliegen eines Hanges einen unzutreffenden rechtlichen Maßstab zugrunde gelegt. Bei ihrer knappen formelhaften Würdigung, in der sie im Wesentlichen auf die Ausführungen der psychiatrischen Sachverständigen Bezug nimmt, geht sie von der Notwendigkeit aus, diejenigen Straftaten , die zur Begründung der formellen Voraussetzungen erforderlich gewesen seien, wie auch die abzuurteilende Anlasstat daraufhin zu untersuchen, ob diese symptomatisch für die verbrecherische Neigung und eine von dem Angeklagten ausgehende Gefahr seien. Damit verengt sie die von ihr vorzunehmende Gesamtwürdigung, weil sie damit weitere Straftaten des Angeklagten außer Betracht lässt, denen massive Gewalttätigkeiten aus nichtigem Anlass zugrunde lagen.
16
Hinzu kommt auch hier, dass das Landgericht seine Entscheidung wesentlich (auch) auf die sachverständige Einschätzung stützt, „jenseits der Abhängigkeitserkrankung und dem damit im Zusammenhang stehenden Gewaltrisiko könne zum gegenwärtigen Zeitpunkt ein Hang des Angeklagten im Sinne des § 66 StGB nicht bejaht werden“. Ungeachtet der auch hinsichtlich dieses Angeklagten zweifelhaften Einschätzungen der Sachverständigen, auf die der Generalbundesanwalt bereits in seiner Zuschrift aufmerksam gemacht hat, lassen diese Ausführungen besorgen, bei der Prüfung des Hanges gemäß § 66 StGB blieben nach Ansicht der Strafkammer Straftaten außer Betracht, denen wie bei dem Angeklagten eine „Abhängigkeitserkrankung“ zugrunde lie- ge. Dies steht freilich im Widerspruch zur Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs , wonach es auf die Ursachen des eingeschliffenen Verhaltensmusters gerade nicht ankommt.
17
cc) Die Aufhebung der Nichtanordnung der Sicherungsverwahrung führt zur Aufhebung auch der jeweiligen Strafaussprüche. Es ist nicht auszuschließen , dass die Strafkammer bei Anordnung von Sicherungsverwahrung mildere Strafen gegen die Angeklagten verhängt hätte.
18
Der Senat hebt wegen des inneren Zusammenhangs mit der Prüfung des § 66 StGB auch die Anordnungen über die Unterbringung in der Entziehungsanstalt auf, um dem neuen Tatrichter Gelegenheit zu einer in sich stimmigen Straf- und Maßregelentscheidung zu geben. Dies bedingt auch den Wegfall der jeweiligen Anordnungen über den Vorwegvollzug der Strafe.
19
2. Die Revision des Angeklagten G.
20
Die Revision des Angeklagten bleibt ohne Erfolg.
21
a) Die Verfahrensrügen greifen aus den vom Generalbundesanwalt in seiner Zuschrift mitgeteilten Gründen nicht durch.
22
b) Der Schuldspruch wie auch der Rechtsfolgenausspruch weisen keine Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten auf. Dies gilt auch, soweit das Landgericht den Angeklagten im Fall II.2 der Urteilsgründe im Hinblick auf die durch das Messer zugefügte Verletzung wegen gefährlicher Körperverletzung nach § 224 Abs. 1 Nr. 2 und 4 StGB verurteilt hat. Die nicht näher begründete Annahme der Strafkammer, beide Angeklagte hätten die Körperverletzung eines Opfers durch den Einsatz von zunächst nur zu Drohzwecken mitgeführten Messer oder Gasdruckpistole für möglich gehalten und billigend in Kauf genommen , hält rechtlicher Nachprüfung stand. Es liegt angesichts der bereits vielfach dokumentierten Gewaltbereitschaft beider Angeklagter auf der Hand, dass die Anwendung von Gewalt durch den jeweils anderen im Verlaufe des Überfalls, insbesondere dann, wenn die eingesetzten Drohungen nicht oder nicht unmittelbar zum Erfolg führen würden, billigend in Kauf genommen worden ist. Aus diesem Grund stellt der Einsatz des Messers, der keinem der Angeklagten konkret zugerechnet werden konnte, keinen Mittäterexzess dar.
23
3. Die Revision des Angeklagten H.
24
Das Rechtsmittel hat nur teilweise – hinsichtlich der Gesamtstrafenaussprüche sowie der Entscheidungen über den Vorwegvollzug sowie mit Blick auf die Arrestentscheidungen – Erfolg, im Übrigen ist es unbegründet.
25
a) Der Schuldspruch ist – insoweit wird auf die Ausführungen zur Revision des Angeklagten G. Bezug genommen – ebenso ohne Rechtsfehlerwie die Einzelstrafaussprüche sowie die Anordnung der Unterbringung in der Entziehungsanstalt.
26
b) Hingegen weisen die Gesamtstrafenaussprüche Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten auf.
27
Nach den Feststellungen ereignete sich die letzte durch den Strafbefehl des Amtsgerichts Arnstadt vom 7. März 2016 geahndete Tat am 1. März 2015 und damit – wie die Tat II.1 der Urteilsgründe – vor Erlass des Urteils des Amtsgerichts Gera vom 19. August 2015, dem insoweit Zäsurwirkung zukommt.
Die Einzelgeldstrafen aus diesem Strafbefehl hätten daher ebenfalls in die erste und nicht in die zweite Gesamtstrafe einbezogen werden müssen. Der Rechtsfehler führt zur Aufhebung beider Gesamtstrafenaussprüche und damit auch zur Aufhebung des Ausspruchs über den Vorwegvollzug der Strafe vor der rechtsfehlerfrei angeordneten Unterbringung in der Entziehungsanstalt.
28
c) Die Entscheidungen über die Anordnung und die Aufrechterhaltung des dinglichen Arrests sowie die in den Urteilsgründen der Sache nach getroffene Entscheidung nach § 111i Abs. 2 StPO aF begegnen durchgreifenden Bedenken. Sie beziehen sich jeweils auf das bei dem Angeklagten am 31. Oktober 2015 sichergestellte Bargeld und erweisen sich schon insoweit, als die Bezeichnung eines bestimmten Betrages fehlt, als nicht hinreichend bestimmt.
Appl Krehl Feilcke
Grube RiBGH Schmidt ist wegen Urlaubs an der Unterschrift gehindert. Appl

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(1) Das Gericht ordnet neben der Strafe die Sicherungsverwahrung an, wenn 1. jemand zu Freiheitsstrafe von mindestens zwei Jahren wegen einer vorsätzlichen Straftat verurteilt wird, die a) sich gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die per

Strafgesetzbuch - StGB | § 224 Gefährliche Körperverletzung


(1) Wer die Körperverletzung 1. durch Beibringung von Gift oder anderen gesundheitsschädlichen Stoffen,2. mittels einer Waffe oder eines anderen gefährlichen Werkzeugs,3. mittels eines hinterlistigen Überfalls,4. mit einem anderen Beteiligten gemeins

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(1) Auf Freiheitsstrafe nicht unter drei Jahren ist zu erkennen, wenn 1. der Täter oder ein anderer Beteiligter am Raub a) eine Waffe oder ein anderes gefährliches Werkzeug bei sich führt,b) sonst ein Werkzeug oder Mittel bei sich führt, um den Wider

Strafprozeßordnung - StPO | § 111i Insolvenzverfahren


(1) Ist jemandem aus der Tat ein Anspruch auf Ersatz des Wertes des Erlangten erwachsen und wird das Insolvenzverfahren über das Vermögen des Arrestschuldners eröffnet, so erlischt das Sicherungsrecht nach § 111h Absatz 1 an dem Gegenstand oder an de

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Bundesgerichtshof Urteil, 08. Juli 2010 - 4 StR 210/10

bei uns veröffentlicht am 08.07.2010

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL 4 StR 210/10 vom 8. Juli 2010 in der Strafsache gegen wegen bewaffneten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge u.a. Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom

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(1) Ist jemandem aus der Tat ein Anspruch auf Ersatz des Wertes des Erlangten erwachsen und wird das Insolvenzverfahren über das Vermögen des Arrestschuldners eröffnet, so erlischt das Sicherungsrecht nach § 111h Absatz 1 an dem Gegenstand oder an dem durch dessen Verwertung erzielten Erlös, sobald dieser vom Insolvenzbeschlag erfasst wird. Das Sicherungsrecht erlischt nicht an Gegenständen, die in einem Staat belegen sind, in dem die Eröffnung des Insolvenzverfahrens nicht anerkannt wird. Die Sätze 1 und 2 gelten entsprechend für das Pfandrecht an der nach § 111g Absatz 1 hinterlegten Sicherheit.

(2) Sind mehrere Anspruchsberechtigte im Sinne des Absatzes 1 Satz 1 vorhanden und reicht der Wert des in Vollziehung des Vermögensarrestes gesicherten Gegenstandes oder des durch seine Verwertung erzielten Erlöses zur Befriedigung der von ihnen geltend gemachten Ansprüche nicht aus, so stellt die Staatsanwaltschaft einen Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen des Arrestschuldners. Die Staatsanwaltschaft sieht von der Stellung eines Eröffnungsantrags ab, wenn begründete Zweifel daran bestehen, dass das Insolvenzverfahren auf Grund des Antrags eröffnet wird.

(3) Verbleibt bei der Schlussverteilung ein Überschuss, so erwirbt der Staat bis zur Höhe des Vermögensarrestes ein Pfandrecht am Anspruch des Schuldners auf Herausgabe des Überschusses. In diesem Umfang hat der Insolvenzverwalter den Überschuss an die Staatsanwaltschaft herauszugeben.

(1) Auf Freiheitsstrafe nicht unter drei Jahren ist zu erkennen, wenn

1.
der Täter oder ein anderer Beteiligter am Raub
a)
eine Waffe oder ein anderes gefährliches Werkzeug bei sich führt,
b)
sonst ein Werkzeug oder Mittel bei sich führt, um den Widerstand einer anderen Person durch Gewalt oder Drohung mit Gewalt zu verhindern oder zu überwinden,
c)
eine andere Person durch die Tat in die Gefahr einer schweren Gesundheitsschädigung bringt oder
2.
der Täter den Raub als Mitglied einer Bande, die sich zur fortgesetzten Begehung von Raub oder Diebstahl verbunden hat, unter Mitwirkung eines anderen Bandenmitglieds begeht.

(2) Auf Freiheitsstrafe nicht unter fünf Jahren ist zu erkennen, wenn der Täter oder ein anderer Beteiligter am Raub

1.
bei der Tat eine Waffe oder ein anderes gefährliches Werkzeug verwendet,
2.
in den Fällen des Absatzes 1 Nr. 2 eine Waffe bei sich führt oder
3.
eine andere Person
a)
bei der Tat körperlich schwer mißhandelt oder
b)
durch die Tat in die Gefahr des Todes bringt.

(3) In minder schweren Fällen der Absätze 1 und 2 ist die Strafe Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
4 StR 210/10
vom
8. Juli 2010
in der Strafsache
gegen
wegen bewaffneten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer
Menge u.a.
Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom 8. Juli 2010,
an der teilgenommen haben:
Vorsitzender Richter am Bundesgerichtshof
Dr. Ernemann,
Richterinnen am Bundesgerichtshof
Solin-Stojanović,
Roggenbuck,
Richter am Bundesgerichtshof
Dr. Mutzbauer,
Bender
als beisitzende Richter,
Staatsanwältin beim Bundesgerichtshof
als Vertreterin der Bundesanwaltschaft,
Rechtsanwältin
als Verteidigerin,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle,

für Recht erkannt:
1. Auf die Revisionen des Angeklagten und der Staatsanwaltschaft wird das Urteil des Landgerichts Bielefeld vom 6. Januar 2010 im Schuldspruch dahin geändert, dass der Angeklagte des bewaffneten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in Tateinheit mit unerlaubtem Erwerb von Betäubungsmitteln schuldig ist.
Die weiter gehende Revision des Angeklagten wird verworfen.
2. Der Beschwerdeführer trägt die Kosten seines Rechtsmittels.
3. Auf die Revision der Staatsanwaltschaft wird das vorbezeichnete Urteil im Rechtsfolgenausspruch mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben.
4. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels der Staatsanwaltschaft, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Gründe:


1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen "unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge unter Beisichführung eines sonstigen Gegenstandes, der seiner Art nach zur Verletzung von Personen ge- eignet und bestimmt ist, in Tateinheit mit unerlaubtem Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge und in Tateinheit mit unerlaubtem Sichverschaffen von Betäubungsmitteln" zu einer Freiheitsstrafe von fünf Jahren und sechs Monaten verurteilt; außerdem hat es seine Unterbringung in einer Entziehungsanstalt angeordnet und bestimmt, dass vier Monate der erkannten Strafe vor der Maßregel zu vollziehen sind.
2
Gegen dieses Urteil wendet sich der Angeklagte mit seiner Revision, mit der er die Verletzung materiellen Rechts rügt. Die Staatsanwaltschaft beanstandet mit ihrer auf die Sachrüge gestützten Revision, die vom Generalbundesanwalt vertreten wird, dass das Landgericht die Anordnung der Unterbringung des Angeklagten in der Sicherungsverwahrung abgelehnt hat; außerdem hält sie eine Änderung des Schuldspruchs für geboten.
3
Die Rechtsmittel haben in dem aus der Urteilsformel ersichtlichen Umfang Erfolg; im Übrigen ist die Revision des Angeklagten unbegründet.
4
1. Der Schuldspruch bedarf der Berichtigung.
5
a) Nach den vom Landgericht rechtsfehlerfrei getroffenen Feststellungen wurden bei der Durchsuchung des betäubungsmittelabhängigen Angeklagten, der sich auf einer Drogenverkaufsfahrt befand, und des von ihm genutzten Fahrzeugs Betäubungsmittel aufgefunden. Dabei handelte es sich um 1,9 g Heroin mit einer Wirkstoffkonzentration von 44,3 % und 0,422 g Kokain mit einer Wirkstoffkonzentration von 50,2 % sowie sieben Bubbles Heroin mit einem Gesamtgewicht von 34,4 g, einer Wirkstoffkonzentration von 18 % und einem Wirkstoffgehalt von 6,81 g. Außerdem führte der Angeklagte bei dieser Fahrt an seinem Gürtel ein Springmesser mit einer einseitig geschliffenen, ca. sieben Zentimeter langen, nach vorne spitz zulaufenden Klinge mit sich, das auf Grund seiner Beschaffenheit geeignet und bestimmt war, andere Menschen zu verletzen. Bei einer anschließenden Durchsuchung seiner Wohnung wurden weitere 20,8 g Heroin mit einer Wirkstoffkonzentration von 46 %, zwei digitale Feinwaagen und ein Mixer, die jeweils Betäubungsmittelanhaftungen aufwiesen, Streckmittel, Verpackungstüten und 1.100 Euro Bargeld gefunden.
6
Das Landgericht hat sich davon überzeugt, dass ein die Grenze zur nicht geringen Menge nicht übersteigender Teil der Drogen zum Eigenkonsum und der Rest - darunter das in dem Fahrzeug aufgefundene, in verkaufsfertige Bubbles verpackte Heroin - zum gewinnbringenden Weiterverkauf bestimmt waren. Es ist außerdem zu Gunsten des Angeklagten davon ausgegangen, dass dieser sämtliche sichergestellten Drogen in einem Ankauf erworben hat.
7
b) Das Verhalten des Angeklagten erfüllt hinsichtlich der gesamten zum Weiterverkauf bestimmten Heroinmenge den Tatbestand des bewaffneten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge. Das in § 30 a Abs. 2 Nr. 2 BtMG genannte Qualifikationsmerkmal prägt, auch wenn es nur bei einem einzelnen auf Umsatz gerichteten Teilakt verwirklicht ist, das gesamte einheitliche Geschehen, so dass eine Tat des bewaffneten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge vorliegt (vgl. BGH, Beschluss vom 14. November 1996 - 1 StR 609/96, BGHR BtMG § 30 a Abs. 2 Mitsichführen 2; vgl. auch Weber BtMG 3. Aufl. § 30 a Rdn. 196). Für eine tateinheitliche Verurteilung wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge ist daneben kein Raum. Der bis zu der Verkaufsfahrt allein erfüllte Tatbestand des § 29 a Abs. 1 Nr. 2 BtMG wird durch den Qualifikationstatbestand des § 30 a Abs. 2 Nr. 2 BtMG auch dann verdrängt, wenn dieser nur beim letzten Teilakt des Gesamtgeschehens verwirklicht wurde (vgl. BGH aaO).
8
Soweit der Angeklagte die Betäubungsmittel zum Eigenkonsum erworben hat, erfüllt dies - entgegen der Ansicht des Landgerichts - nicht die Alternative des unerlaubten Sichverschaffens, sondern die des unerlaubten Erwerbs im Sinne des § 29 Abs. 1 Nr. 1 BtMG. Der Tatbestand des Erwerbs ist dann erfüllt, wenn der Täter - wie hier - die Verfügungsgewalt über das Betäubungsmittel im einverständlichen Zusammenwirken mit dem Vorbesitzer erlangt hat (vgl. Weber aaO § 29 Rdn. 1046 m.w.N.); nur wenn ein solches Zusammenwirken nicht vorliegt oder nicht nachweisbar ist, liegt der Auffangtatbestand des Sichverschaffens vor (vgl. BGH, Beschluss vom 18. Juni 1993 - 4 StR 318/93, StV 1993, 570 f.; vgl. auch Weber aaO § 29 Rdn. 1110).
9
Der Senat ändert den Schuldspruch daher wie aus der Urteilsformel ersichtlich ab.
10
2. Die Begründung, mit der das Landgericht die Anordnung der Sicherungsverwahrung abgelehnt hat, begegnet durchgreifenden rechtlichen Bedenken.
11
Nach den Urteilsfeststellungen liegen die formellen Voraussetzungen für die Anordnung der Sicherungsverwahrung nach § 66 Abs. 1 Nr. 1 und 2 StGB vor. Der 1961 geborene Angeklagte, der seit 1998 regelmäßig Heroin konsumiert , ist vor der hier abgeurteilten Tat bereits zweimal wegen einschlägiger, in den Jahren 1999, 2002 und 2003 begangener Delikte verurteilt worden, wobei mehrfach Einzelstrafen von mehr als einem Jahr verhängt worden sind; er hat wegen dieser Taten insgesamt acht Jahre Freiheitsstrafe verbüßt. Eine Rückfallverjährung nach § 66 Abs. 4 Satz 3 StGB ist wegen der Vollstreckungszeiten (§ 66 Abs. 4 Satz 4 StGB) nicht eingetreten.
12
Das Landgericht geht, in Übereinstimmung mit der psychiatrischen Sachverständigen davon aus, dass bei dem Angeklagten auf Grund charakterlicher Veranlagungen eine eingewurzelte, intensive Neigung zu Rechtsbrüchen in Form von Eigentumsdelikten bestehe. Eine Unterbringung des Angeklagten in der Sicherungsverwahrung hat es jedoch abgelehnt, weil nicht festzustellen sei, ob die vorliegende Betäubungsmittelstraftat im Zusammenhang mit dieser charakterlichen Veranlagung stehe oder allein auf die Betäubungsmittelabhängigkeit des Angeklagten zurückzuführen sei.
13
Gegen diese Begründung bestehen in zweifacher Hinsicht durchgreifende rechtliche Bedenken:
14
a) Die Urteilsausführungen lassen besorgen, dass das Landgericht seiner Entscheidung ein unzutreffendes Verständnis des Hanges im Sinne des § 66 Abs. 1 Nr. 3 StGB zu Grunde gelegt hat dahingehend, dass der für die Anordnung der Sicherungsverwahrung erforderliche Hang zur Begehung erheblicher Straftaten ausscheide, wenn die wiederholte Straffälligkeit eines Täters allein auf dessen Hang zu übermäßigem Konsum berauschender Mittel beruht.
15
Nach ständiger Rechtsprechung kommt es auf die Ursache für die fest eingewurzelte Neigung zu Straftaten nicht an (vgl. BGH, Urteil vom 11. September 2002 - 2 StR 193/02, BGHR StGB § 66 Abs. 1 Hang 11; BGH, Urteil vom 11. März 2010 - 3 StR 538/09; vgl. auch Fischer StGB 57. Aufl. § 66 Rdn. 25 m.w.N.). Deshalb scheidet, selbst wenn sich eine Monokausalität der Suchterkrankung eines Täters für dessen Kriminalität ausnahmsweise feststellen ließe, die Annahme eines Hanges im Sinne von § 66 Abs. 1 Nr. 3 StGB neben der eines Hanges im Sinne von § 64 StGB nicht aus. Der für die Anordnung der Sicherungsverwahrung erforderliche Hang hätte seine Ursache in einem solchen Fall ausschließlich in der Suchterkrankung.
16
b) Zudem belegen die Urteilsgründe nicht, dass bei dem Angeklagten ein Hang im Sinne des § 66 Abs. 1 Nr. 3 StGB, der sich ausschließlich auf Eigentumsdelikte bezieht, besteht. Sie geben lediglich die Schlussfolgerungen der Sachverständigen wieder, die insoweit offensichtlich allein an die lange zurückliegenden Eigentumsdelikte des Angeklagten, die dieser seit seinem 17. Lebensjahr in Russland begangen hat und wegen der er er dort dreimal zu Freiheitsstrafen verurteilt worden ist, sowie seine allgemeine Einstellung zum Stehlen angeknüpft hat. Nähere Angaben zu Art und Umfang dieser Straftaten enthalten die Urteilsgründe nicht, so dass nicht geprüft werden kann, ob aus diesen Taten auf eine eingewurzelte intensive Neigung zu Rechtsbrüchen geschlossen werden kann. Hinzu kommt, dass dem Urteil nicht zu entnehmen ist, inwieweit die Sachverständige die Tatsache, dass der Angeklagte seit seiner Übersiedlung nach Deutschland im Jahre 1991 wegen Diebstahlstaten nur zweimal - und zwar in den Jahren 1992 und 1993 jeweils wegen Diebstahls geringwertiger Sachen - in Erscheinung getreten ist, bei ihrer Beurteilung berücksichtigt hat.
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c) Über die Frage der Sicherungsverwahrung ist daher neu zu entscheiden.
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Sollte der neue Tatrichter zu der Überzeugung gelangen, dass die Voraussetzungen sowohl für eine Unterbringung nach § 64 StGB als auch nach § 66 Abs. 1 StGB vorliegen, wird er zu prüfen haben, ob die Unterbringung des Angeklagten in beiden Maßregelformen oder nur in einer von ihnen anzuordnen ist. Dies beurteilt sich nach der Regelung des § 72 Abs. 1 StGB. Ist der Zweck der Maßregel bereits durch eine von mehreren geeigneten Maßregeln zu erreichen , so ist derjenigen der Vorzug zu geben, die den Täter am wenigsten beschwert , hier der Unterbringung in einer Entziehungsanstalt. Allerdings setzt nach ständiger Rechtsprechung ein Absehen von der Anordnung der Sicherungsverwahrung im Hinblick auf die Unterbringung nach § 64 StGB ein hohes Maß an prognostischer Sicherheit voraus, dass die vom Angeklagten ausgehende Gefahr auf diese Weise beseitigt werden kann (vgl. BGH, Urteil vom 27. Juli 2000 - 1 StR 263/00, BGHR StGB § 72 Sicherungszweck 5; Urteil vom 31. Juli 2008 - 4 StR 152/08, NStZ-RR 2008, 326 f.; vgl. auch Fischer aaO § 72 Rdn. 7 m.w.N.). Angesichts der Tatsache, dass der regelmäßige Heroinkonsum des Angeklagten und das Einsetzen seiner Betäubungsmittelstraftaten in engem zeitlichem Zusammenhang stehen und dass der Angeklagte auf die Einkünfte aus dem Drogenhandel zur Finanzierung seines Eigenkonsums angewiesen war, liegt eine solche Folgerung allerdings nicht fern. Für sie könnte auch sprechen, dass der regelmäßige Betäubungsmittelmissbrauch beim Angeklagten erst in dessen 37. Lebensjahr eingesetzt und der therapiebereite Angeklagte noch keine Entwöhnungsbehandlung erfahren hat.
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3. Im Hinblick auf die nicht rechtsfehlerfrei abgelehnte Sicherungsverwahrung hebt der Senat zu Gunsten des Angeklagten auch den Strafausspruch mit den zugehörigen Feststellungen auf, da - zumal angesichts der Höhe der verhängten Strafe - nicht auszuschließen ist, dass diese im Falle einer Anordnung der Sicherungsverwahrung niedriger ausgefallen wäre (vgl. BGH, Urteil vom 23. Februar 1994 - 3 StR 679/93, BGHR StGB § 66 Strafausspruch 1 m.w.N.; Urteil vom 21. Oktober 2004 - 4 StR 325/04, NStZ-RR 2005, 39, 40).
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Die für sich genommen revisionsrechtlich nicht zu beanstandende Anordnung der Unterbringung des Angeklagten in einer Entziehungsanstalt (§ 64 StGB) ist wegen ihres hier bestehenden untrennbaren Zusammenhangs mit der erneuten Prüfung der Sicherungsverwahrung ebenfalls aufzuheben.
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4. Im Übrigen weist der Senat darauf hin, dass bei der Bestimmung des teilweisen Vorwegvollzugs der Strafe nach § 67 Abs. 2 StGB dieser nicht um die Dauer der bisherigen Untersuchungshaft zu kürzen ist, weil die auf die Strafe anzurechnende Untersuchungshaft (§ 51 Abs. 1 Satz 1 StGB) ohne Weiteres in die Dauer eines angeordneten Vorwegvollzugs einzurechnen ist (vgl. BGH, Beschlüsse vom 25. Februar 2009 - 5 StR 22/09 - und vom 19. Januar 2010 - 4 StR 504/09; vgl. auch Fischer aaO § 67 Rdn. 9 a m.w.N.).
Ernemann Solin-Stojanović Roggenbuck
Mutzbauer Bender

(1) Das Gericht ordnet neben der Strafe die Sicherungsverwahrung an, wenn

1.
jemand zu Freiheitsstrafe von mindestens zwei Jahren wegen einer vorsätzlichen Straftat verurteilt wird, die
a)
sich gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die persönliche Freiheit oder die sexuelle Selbstbestimmung richtet,
b)
unter den Ersten, Siebenten, Zwanzigsten oder Achtundzwanzigsten Abschnitt des Besonderen Teils oder unter das Völkerstrafgesetzbuch oder das Betäubungsmittelgesetz fällt und im Höchstmaß mit Freiheitsstrafe von mindestens zehn Jahren bedroht ist oder
c)
den Tatbestand des § 145a erfüllt, soweit die Führungsaufsicht auf Grund einer Straftat der in den Buchstaben a oder b genannten Art eingetreten ist, oder den Tatbestand des § 323a, soweit die im Rausch begangene rechtswidrige Tat eine solche der in den Buchstaben a oder b genannten Art ist,
2.
der Täter wegen Straftaten der in Nummer 1 genannten Art, die er vor der neuen Tat begangen hat, schon zweimal jeweils zu einer Freiheitsstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist,
3.
er wegen einer oder mehrerer dieser Taten vor der neuen Tat für die Zeit von mindestens zwei Jahren Freiheitsstrafe verbüßt oder sich im Vollzug einer freiheitsentziehenden Maßregel der Besserung und Sicherung befunden hat und
4.
die Gesamtwürdigung des Täters und seiner Taten ergibt, dass er infolge eines Hanges zu erheblichen Straftaten, namentlich zu solchen, durch welche die Opfer seelisch oder körperlich schwer geschädigt werden, zum Zeitpunkt der Verurteilung für die Allgemeinheit gefährlich ist.
Für die Einordnung als Straftat im Sinne von Satz 1 Nummer 1 Buchstabe b gilt § 12 Absatz 3 entsprechend, für die Beendigung der in Satz 1 Nummer 1 Buchstabe c genannten Führungsaufsicht § 68b Absatz 1 Satz 4.

(2) Hat jemand drei Straftaten der in Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 genannten Art begangen, durch die er jeweils Freiheitsstrafe von mindestens einem Jahr verwirkt hat, und wird er wegen einer oder mehrerer dieser Taten zu Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt, so kann das Gericht unter der in Absatz 1 Satz 1 Nummer 4 bezeichneten Voraussetzung neben der Strafe die Sicherungsverwahrung auch ohne frühere Verurteilung oder Freiheitsentziehung (Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 und 3) anordnen.

(3) Wird jemand wegen eines die Voraussetzungen nach Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 Buchstabe a oder b erfüllenden Verbrechens oder wegen einer Straftat nach § 89a Absatz 1 bis 3, § 89c Absatz 1 bis 3, § 129a Absatz 5 Satz 1 erste Alternative, auch in Verbindung mit § 129b Absatz 1, den §§ 174 bis 174c, 176a, 176b, 177 Absatz 2 Nummer 1, Absatz 3 und 6, §§ 180, 182, 224, 225 Abs. 1 oder 2 oder wegen einer vorsätzlichen Straftat nach § 323a, soweit die im Rausch begangene Tat eine der vorgenannten rechtswidrigen Taten ist, zu Freiheitsstrafe von mindestens zwei Jahren verurteilt, so kann das Gericht neben der Strafe die Sicherungsverwahrung anordnen, wenn der Täter wegen einer oder mehrerer solcher Straftaten, die er vor der neuen Tat begangen hat, schon einmal zu Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt worden ist und die in Absatz 1 Satz 1 Nummer 3 und 4 genannten Voraussetzungen erfüllt sind. Hat jemand zwei Straftaten der in Satz 1 bezeichneten Art begangen, durch die er jeweils Freiheitsstrafe von mindestens zwei Jahren verwirkt hat und wird er wegen einer oder mehrerer dieser Taten zu Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt, so kann das Gericht unter den in Absatz 1 Satz 1 Nummer 4 bezeichneten Voraussetzungen neben der Strafe die Sicherungsverwahrung auch ohne frühere Verurteilung oder Freiheitsentziehung (Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 und 3) anordnen. Die Absätze 1 und 2 bleiben unberührt.

(4) Im Sinne des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 2 gilt eine Verurteilung zu Gesamtstrafe als eine einzige Verurteilung. Ist Untersuchungshaft oder eine andere Freiheitsentziehung auf Freiheitsstrafe angerechnet, so gilt sie als verbüßte Strafe im Sinne des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 3. Eine frühere Tat bleibt außer Betracht, wenn zwischen ihr und der folgenden Tat mehr als fünf Jahre verstrichen sind; bei Straftaten gegen die sexuelle Selbstbestimmung beträgt die Frist fünfzehn Jahre. In die Frist wird die Zeit nicht eingerechnet, in welcher der Täter auf behördliche Anordnung in einer Anstalt verwahrt worden ist. Eine Tat, die außerhalb des räumlichen Geltungsbereichs dieses Gesetzes abgeurteilt worden ist, steht einer innerhalb dieses Bereichs abgeurteilten Tat gleich, wenn sie nach deutschem Strafrecht eine Straftat der in Absatz 1 Satz 1 Nummer 1, in den Fällen des Absatzes 3 der in Absatz 3 Satz 1 bezeichneten Art wäre.

(1) Wer die Körperverletzung

1.
durch Beibringung von Gift oder anderen gesundheitsschädlichen Stoffen,
2.
mittels einer Waffe oder eines anderen gefährlichen Werkzeugs,
3.
mittels eines hinterlistigen Überfalls,
4.
mit einem anderen Beteiligten gemeinschaftlich oder
5.
mittels einer das Leben gefährdenden Behandlung
begeht, wird mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren, in minder schweren Fällen mit Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren bestraft.

(2) Der Versuch ist strafbar.

(1) Ist jemandem aus der Tat ein Anspruch auf Ersatz des Wertes des Erlangten erwachsen und wird das Insolvenzverfahren über das Vermögen des Arrestschuldners eröffnet, so erlischt das Sicherungsrecht nach § 111h Absatz 1 an dem Gegenstand oder an dem durch dessen Verwertung erzielten Erlös, sobald dieser vom Insolvenzbeschlag erfasst wird. Das Sicherungsrecht erlischt nicht an Gegenständen, die in einem Staat belegen sind, in dem die Eröffnung des Insolvenzverfahrens nicht anerkannt wird. Die Sätze 1 und 2 gelten entsprechend für das Pfandrecht an der nach § 111g Absatz 1 hinterlegten Sicherheit.

(2) Sind mehrere Anspruchsberechtigte im Sinne des Absatzes 1 Satz 1 vorhanden und reicht der Wert des in Vollziehung des Vermögensarrestes gesicherten Gegenstandes oder des durch seine Verwertung erzielten Erlöses zur Befriedigung der von ihnen geltend gemachten Ansprüche nicht aus, so stellt die Staatsanwaltschaft einen Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen des Arrestschuldners. Die Staatsanwaltschaft sieht von der Stellung eines Eröffnungsantrags ab, wenn begründete Zweifel daran bestehen, dass das Insolvenzverfahren auf Grund des Antrags eröffnet wird.

(3) Verbleibt bei der Schlussverteilung ein Überschuss, so erwirbt der Staat bis zur Höhe des Vermögensarrestes ein Pfandrecht am Anspruch des Schuldners auf Herausgabe des Überschusses. In diesem Umfang hat der Insolvenzverwalter den Überschuss an die Staatsanwaltschaft herauszugeben.