Bundesgerichtshof Beschluss, 30. März 2005 - X ZB 26/04

bei uns veröffentlicht am30.03.2005

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
X ZB 26/04
vom
30. März 2005
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: ja
BGHR: ja
Aussetzung wegen Parallelverfahren
ZPO § 148; EG Art. 234

a) Der Umstand, daß beim Bundesgerichtshof ein Revisionsverfahren anhängig
ist, in dem über eine Rechtsfrage zu entscheiden ist, von deren
Beantwortung auch die Entscheidung eines zweiten Rechtsstreits ganz
oder teilweise abhängt, rechtfertigt die Aussetzung der Verhandlung des
zweiten Rechtsstreits grundsätzlich nicht.

b) Es bleibt offen, ob eine solche Aussetzung bis zur Entscheidung des Gerichtshofs
der Europäischen Gemeinschaften über ein die gleiche Rechtsfrage
betreffendes Vorabentscheidungsersuchen erfolgen darf.
BGH, Beschluß vom 30. März 2005 - X ZB 26/04 - OLG Koblenz
LG Bad Kreuznach
Der X. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat durch den Vorsitzenden
Richter Dr. Melullis, den Richter Keukenschrijver, die Richterin Mühlens und
die Richter Prof. Dr. Meier-Beck und Dr. Kirchhoff
am 30. März 2005

beschlossen:
Auf die Rechtsbeschwerde der Klägerin wird der Beschluß des 1. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Koblenz vom 22. September 2004 aufgehoben.

Gründe:


I. Die Klägerin nimmt die beklagten Landwirte auf Zahlung einer angemessenen Entschädigung für den Nachbau teils nach Gemeinschaftsrecht , teils nach dem Sortenschutzgesetz geschützter Getreidesorten in den Wirtschaftsjahren 1997/98 bis 1999/2000 in Anspruch.
Das Landgericht hat die Beklagten im wesentlichen antragsgemäß verurteilt.
Das Berufungsgericht hat die Verhandlung bis zur rechtskräftigen Entscheidung der Verfahren vor dem Bundesgerichtshof mit den Aktenzeichen X ZR 156/03, X ZR 157/03 und X ZR 158/03 ausgesetzt.
Hiergegen richtet sich die vom Berufungsgericht zugelassene Rechtsbeschwerde der Klägerin.
II. Die Rechtsbeschwerde ist begründet und führt zur Aufhebung des angefochtenen Beschlusses.
1. Das Berufungsgericht hat die Aussetzung der Verhandlung, der die Beklagten, nicht aber die Klägerin zugestimmt haben, damit begründet, daß der Bundesgerichtshof, bei dem drei Parallelverfahren mit einem vergleichbaren Streitgegenstand anhängig seien, den Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften um eine Vorabentscheidung ersucht habe. Bei dieser Sachlage erachte es der Senat gerade auch im Interesse der Parteien (u.a. im Kosteninteresse ) für angemessen, die Verhandlung entsprechend § 148 ZPO auszusetzen , da in den beim Bundesgerichtshof anhängigen Verfahren abschließend über den geltendgemachten Entschädigungsanspruch der Klägerin in gleichgelagerten Fällen entschieden werde.
2. Das hält rechtlicher Nachprüfung nicht stand.

a) Nach § 148 ZPO kann das Gericht, wenn die Entscheidung des Rechtsstreits ganz oder zum Teil von dem Bestehen oder Nichtbestehen eines Rechtsverhältnisses abhängt, das den Gegenstand eines anderen anhängigen Rechtsstreits bildet oder von einer Verwaltungsbehörde festzustellen ist, anordnen , daß die Verhandlung bis zur Erledigung des anderen Rechtsstreits oder bis zur Entscheidung der Verwaltungsbehörde auszusetzen sei. Die Aus-
setzung der Verhandlung setzt damit Vorgreiflichkeit der in dem anderen Rechtstreit oder dem Verwaltungsverfahren zu treffenden Entscheidung im Sinne einer (zumindest teilweise) präjudiziellen Bedeutung voraus (Baumbach /Lauterbach/Hartmann, ZPO, 63. Aufl., § 148 Rdn. 4; Musielak/Stadler, ZPO, 4. Aufl., § 148 Rdn. 5; Thomas/Putzo/Reichold, ZPO, 26. Aufl., § 148 Rdn. 3; Zöller/Greger, ZPO, 25. Aufl., § 148 Rdn. 5; vgl. auch BGH, Urt. v. 10.7.2003 - VII ZB 32/02, NJW 2003, 3057). Diese Voraussetzung ist im Streitfall nicht erfüllt, da den beim Senat anhängigen anderen Verfahren, an denen die Beklagten nicht beteiligt sind, im Hinblick auf das Streitverfahren allenfalls die Bedeutung eines Musterprozesses zukommt.
Soweit in der Literatur eine Aussetzung bereits dann für möglich gehalten wird, wenn ein rein tatsächlicher Einfluß in Betracht kommt, den Vorgänge in einem anderen Prozeß, wie etwa eine Beweisaufnahme, oder die Entscheidung des anderen Verfahrens auf die Entscheidung in dem zweiten Verfahren ausüben könnten (in diesem Sinne etwa Peters in MünchKomm ZPO, 2. Aufl., § 148 Rdn. 10), kann dem nicht gefolgt werden. § 148 ZPO stellt nicht auf sachliche oder tatsächliche Zusammenhänge zwischen verschiedenen Verfahren , sondern auf die Abhängigkeit vom Bestehen oder Nichtbestehen eines Rechtsverhältnisses ab. Allein die tatsächliche Möglichkeit eines Einflusses genügt dieser gesetzlichen Voraussetzung nicht und wäre im übrigen auch ein konturenloses Kriterium, das das aus dem Justizgewährleistungsanspruch folgende grundsätzliche Recht der Prozeßparteien auf Entscheidung ihres Rechtsstreits in seinem Kern beeinträchtigen würde.

b) Die Aussetzung der Verhandlung wird aber auch nicht durch eine entsprechende Anwendung der Vorschrift des § 148 ZPO, wie sie das Berufungsgericht für möglich gehalten hat, gerechtfertigt.
aa) Daß in einem anderen Verfahren über einen gleich oder ähnlich gelagerten Fall nach Art eines Musterprozesses entschieden werden soll, rechtfertigt für sich genommen noch keine Analogie zu der in § 148 ZPO geregelten Fallkonstellation. Denn die Vorschrift dient zwar auch der Prozeßökonomie , indem sie die Gerichte vor der doppelten Befassung mit zumindest teilweise identischem Streitstoff bewahrt (Sen.Beschl. v. 6.4.2004 - X ZR 272/02, GRUR 2004, 710 - Druckmaschinen-Temperierungssystem, für BGHZ 158, 372 vorgesehen; BGH, Beschl. v. 25.3.1998 - VIII ZR 337/97, NJW 1998, 1957; Beschl. v. 17.12.1997 - XII ARZ 32/97, FamRZ 1998, 1023). Darin erschöpft sich der Zweck der Norm jedoch nicht; § 148 ZPO enthält keine allgemeine Ermächtigung, die Verhandlung eines Rechtsstreits zur Abwendung einer vermeidbaren Mehrbelastung des Gerichts auszusetzen. Vielmehr ist die Aussetzung grundsätzlich nur dann eröffnet, wenn die Entscheidung in dem einen Rechtsstreit die Entscheidung des anderen rechtlich beeinflussen kann.
bb) Ist die Verfassungsmäßigkeit eines entscheidungserheblichen Gesetzes Gegenstand einer anhängigen Verfassungsbeschwerde oder Richtervorlage , ist es hiernach zulässig, die Verhandlung in entsprechender Anwendung des § 148 ZPO auszusetzen, solange sich das erkennende Gericht nicht von der Verfassungswidrigkeit des entscheidungserheblichen Gesetzes überzeugt hat (BGH, Beschl. v. 18.7.2000 - VIII ZR 323/99, RdE 2001, 20; Beschl. v. 25.3.1998 aaO; s. auch BVerfG, NJW 2000, 1484). Denn wird das entscheidungserhebliche Gesetz für nichtig erklärt, wirkt dies erga omnes und beeinflußt damit notwendigerweise das ausgesetzte Verfahren rechtlich.
cc) Ob darüber hinaus Fälle denkbar sind, in denen der rechtlich erhebliche Einfluß des Verfahrens, bis zu dessen Entscheidung ausgesetzt wird, durch einen anderen, über bloße Prozeßwirtschaftlichkeit hinausreichenden Wertungsgesichtspunkt ersetzt werden kann, muß im Streitfall nicht abschlie-
ßend entschieden werden. Es kann auch dahinstehen, ob bei "Massenverfahren" die Unmöglichkeit einer angemessenen Bewältigung der Gesamtheit der Verfahren das Gewicht verfahrenswirtschaftlicher Erwägungen gegebenenfalls so zu erhöhen vermag, daß hierin ein nicht nur quantitativ, sondern qualitativ anderer Wertungsgesichtspunkt als die "normale" Prozeßökonomie hervortritt (s. dazu Stürner, JZ 1978, 499, 501; Musielak/Stadler aaO, § 148 Rdn. 5; Peters aaO, § 148 Rdn. 9; LG Freiburg, NJW 2003, 3424; ablehnend Kähler, NJW 2004, 1132, 1136; Stein/Jonas/Roth, ZPO, 21. Aufl., § 148 Rdn. 16). Denn die angefochtene Entscheidung läßt keinen Wertungsgesichtspunkt erkennen , der die Aussetzung der Verhandlung tragen könnte.
Die beim Senat anhängigen Verfahren X ZR 156/03, X ZR 157/03 und X ZR 158/03 rechtfertigen die Aussetzung der Verhandlung vor dem Berufungsgericht nicht. Sie betreffen zwar wie der Streitfall die Höhe der angemessenen Entschädigung für den Nachbau. Die bloße Übereinstimmung in einer entscheidungserheblichen Rechtsfrage erlaubt jedoch die Aussetzung jedenfalls dann nicht, wenn sie nicht mit Zustimmung beider Parteien erfolgt. Zwar spricht das Berufungsgericht abschließend bei der Begründung der Zulassung der Rechtsbeschwerde (in Anführungszeichen) auch von Massenverfahren. Daß das Berufungsgericht mit einer schlechthin nicht zu bewältigenden Vielzahl von gleichgelagerten Berufungsverfahren befaßt wäre, läßt seine Entscheidung jedoch nicht erkennen; andere gegebenenfalls relevante Gründe für eine Aussetzung führt es nicht an.
3. Es rechtfertigt die angefochtene Entscheidung auch nicht, daß der Senat in den vom Berufungsgericht genannten Verfahren zwischenzeitlich dem Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften vier Fragen zur Auslegung von Art. 5 Abs. 2, 4 und 5 der Verordnung (EG) Nr. 1768/95 der Kommission über die Ausnahmeregelung gemäß Art. 14 Abs. 3 der Verordnung (EG)
Nr. 2100/94 des Rates über den gemeinschaftlichen Sortenschutz vom 24. Juli 1995 in der Fassung der Verordnung (EG) Nr. 2605/98 der Kommission vom 3. Dezember 1998 nach Art. 234 EG zur Vorabentscheidung vorgelegt hat (jeweils Sen.Beschl. v. 11.10.2004; der Beschluß in der Sache X ZR 156/03 - Nachbauentschädigung - ist in GRUR 2005, 240 veröffentlicht). Denn eine Ermessensentscheidung des Inhalts, die Verhandlung auszusetzen, bis über diese Vorlagen entschieden ist, hat das Berufungsgericht nicht getroffen . Sie kann von dem zur Entscheidung über die Berufung gegen das Urteil des Landgerichts (im derzeitigen Verfahrensstadium) nicht befugten beschließenden Senat nicht nachgeholt werden. Daher bedarf es keiner Entscheidung, ob das Berufungsgericht berechtigt gewesen wäre, eine solche Aussetzungsentscheidung zu treffen (s. dazu BAG, Beschl. v. 6.11.2002 - 5 AZR 279/01 (A), bei juris ; BPatGE 45, 89 = GRUR 2002, 734), wofür immerhin sprechen könnte, daß die Gemeinschaftsgerichte und die nationalen Gerichte zu loyaler Zusammenarbeit verpflichtet sind (EuGH, GRUR Int. 2001, 333 Rdn. 58 - Masterfoods/HB Ice Cream) und die Erfüllung der Aufgabe des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften, nicht als Rechtsmittelgericht in mitgliedstaatlichen Verfahren tätig zu werden, sondern verbindlich über die Auslegung des Gemeinschaftsrechts zu entscheiden, durch eine Vielzahl von gleichgelagerten, nichts zu einer Verbreiterung der Entscheidungsgrundlagen beitragenden Vorabentscheidungsersuchen eher beeinträchtigt denn gefördert werden könnte.
Melullis Keukenschrijver Mühlens
Meier-Beck Kirchhoff

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Zivilprozessordnung - ZPO | § 148 Aussetzung bei Vorgreiflichkeit


(1) Das Gericht kann, wenn die Entscheidung des Rechtsstreits ganz oder zum Teil von dem Bestehen oder Nichtbestehen eines Rechtsverhältnisses abhängt, das den Gegenstand eines anderen anhängigen Rechtsstreits bildet oder von einer Verwaltungsbehörde

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(1) Das Gericht kann, wenn die Entscheidung des Rechtsstreits ganz oder zum Teil von dem Bestehen oder Nichtbestehen eines Rechtsverhältnisses abhängt, das den Gegenstand eines anderen anhängigen Rechtsstreits bildet oder von einer Verwaltungsbehörde festzustellen ist, anordnen, dass die Verhandlung bis zur Erledigung des anderen Rechtsstreits oder bis zur Entscheidung der Verwaltungsbehörde auszusetzen sei.

(2) Das Gericht kann ferner, wenn die Entscheidung des Rechtsstreits von Feststellungszielen abhängt, die den Gegenstand eines anhängigen Musterfeststellungsverfahrens bilden, auf Antrag des Klägers, der nicht Verbraucher ist, anordnen, dass die Verhandlung bis zur Erledigung des Musterfeststellungsverfahrens auszusetzen sei.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
X ZR 158/03 Verkündet am:
27. Juni 2007
Wermes
Justizhauptsekretär
als Urkundsbeamter
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Nachbauentschädigung IV
SortG § 10a Abs. 3, 4; GemSortV (VO (EG) Nr. 2100/94) Art. 14 Abs. 3,
NachbauV (Verordnung (EG) Nr. 1768/95 vom 24. Juli 1995 über die Ausnahmeregelung
gemäß Art. 14 Abs. 3 der VO (EG) Nr. 2100/94) Art. 5
Für die Entschädigung für den Nachbau von nach nationalem Recht geschützten
Pflanzensorten gelten für das Wirtschaftsjahr 1998/1999 gegenüber Landwirten
, die der Vereinbarung zwischen dem Bundesverband der Pflanzenzüchter
und dem Deutschen Bauernverband vom 3. Juni 1996 ("Kooperationsabkommen
1996", veröffentlicht im Amtsblatt des Gemeinschaftlichen Sortenamts
vom 16.8.1999; auszugsweise auch im Senatsurteil vom 13.9.2005
- X ZR 170/04, GRUR 2006, 47 f. - Auskunftsanspruch bei Nachbau II - abgedruckt
) nicht beigetreten sind, dieselben Grundsätze wie für den Nachbau von
nach Gemeinschaftsrecht geschützten Sorten (hierzu Sen.Urt. v. 27.6.2007
- X ZR 156/03 - Nachbauentschädigung II, zur Veröffentlichung vorgesehen).
BGH, Urt. v. 27. Juni 2007 - X ZR 158/03 - OLG Braunschweig
LG Braunschweig
Der X. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 27. Juni 2007 durch den Vorsitzenden Richter Dr. Melullis und
die Richter Scharen, Keukenschrijver, Asendorf und Gröning

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Klägerin, die im Übrigen zurückgewiesen wird, wird das am 25. September 2003 verkündete Urteil des 2. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Braunschweig abgeändert und insgesamt wie folgt neu gefasst: Auf die Berufung der Klägerin, die im Übrigen zurückgewiesen wird, wird das am 13. November 2002 verkündete Urteil der 9. Zivilkammer des Landgerichts Braunschweig im Kostenausspruch aufgehoben und im Übrigen dahin abgeändert, dass der Beklagte unter Abweisung der weitergehenden Klage verurteilt wird, an die Klägerin 306,80 € nebst 4 % Zinsen seit dem 18. Oktober 2001 zu zahlen.
Von den Kosten des Rechtsstreits tragen die Klägerin vier Siebtel und der Beklagte drei Siebtel.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


1
Die Klägerin ist eine in Form einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung organisierte Vereinigung von Sortenschutzberechtigten; sie ist von diesen mit der Wahrnehmung ihrer Schutzrechte, insbesondere mit der Geltendmachung von Auskunfts- und Zahlungsansprüchen in eigenem Namen, beauftragt worden.
2
Der Beklagte baute in seinem landwirtschaftlichen Betrieb im Wirtschaftsjahr 1998/1999 nach Gemeinschaftsrecht geschützte Sorten, und zwar Wintergerste der Sorten "Theresa" und "Duet" sowie Winterweizen der Sorte "Ritmo" und Kartoffeln der Sorte "Solara" sowie nach nationalem Recht geschützte Kartoffeln der Sorten "Cilena", "Linda", "Rikea" und "Secura" nach. Er hat der Klägerin hierüber Auskunft erteilt.
3
Eine Nachbauvereinbarung gemäß dem am 3. Juni 1996 zwischen dem Deutschen Bauernverband e.V. und dem Bundesverband Deutscher Pflanzenzüchter e.V. geschlossenen und am 16. August 1999 im Amtsblatt des Gemeinschaftlichen Sortenamts veröffentlichten Kooperationsabkommen Landwirtschaft und Pflanzenzüchtung (im Folgenden: Kooperationsabkommen 1996), das in der Folgezeit durch neue Abkommen mit abweichenden Vergütungssätzen abgelöst worden ist, hat der Beklagte nicht abgeschlossen.
4
Die Klägerin bemisst die Nachbauentschädigung für das Wirtschaftsjahr 1998/1999 bei Landwirten, die keine Nachbauvereinbarung geschlossen haben , auf 80 % der Z-Lizenzgebühr, d.h. des Lizenzsatzes, der im selben Gebiet für die Erzeugung von Vermehrungsmaterial derselben Sorte in Lizenz (Art. 14 Abs. 3 4. Gedankenstrich der Verordnung (EG) Nr. 2100/94 des Rates über den gemeinschaftlichen Sortenschutz vom 27.7.1994 - GemSortV) oder auf Grund eines Nutzungsrechts nach § 11 SortG verlangt wird (§ 10a Abs. 3 Satz 2 SortG). Sie verlangte mit Rechnung vom 14. April 2000 vom Beklagten Nachbaugebühren in Höhe von insgesamt 1.989,88 DM. Der Beklagte beglich lediglich einen Teilbetrag von 643,64 DM. Den Differenzbetrag (688,32 EUR) hat die Klägerin verzinslich gerichtlich geltend gemacht.
5
Das Landgericht hat den Beklagten unter Abweisung der weitergehenden Klage zur Zahlung von 82,46 EUR nebst Zinsen verurteilt und sich dabei darauf gestützt, dass sich der Anspruch der Klägerin auf die Höchstbeträge des Kooperationsabkommens 1996 beschränke, d.h. bei Wintergerste von 12,80 DM/ha, bei Winterweizen von 14,40 DM/ha und bei Kartoffeln von 100 DM/ha. Für die Kartoffelsorte "Solara" belaufe sich die Entschädigung dagegen auf 50 % der Z-Lizenzgebühr, mithin auf 7,00 DM/dt, da für sie das Kooperationsabkommen noch nicht heranzuziehen sei. Einschließlich der hinzutretenden Mehrwertsteuer ergebe sich eine Gebührenforderung von insgesamt 804,91 DM, auf die bereits 643,64 DM bezahlt seien. Die Berufung der Klägerin ist erfolglos geblieben. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin ihren Zahlungsanspruch weiter, soweit er ihr nicht bereits in den Vorinstanzen zugesprochen worden ist.
6
Der Senat hat zunächst eine Vorabentscheidung des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften gemäß Art. 234 Abs. 1 Buchst. a, Abs. 3 EGV zu folgenden Fragen eingeholt (Beschl. v. 11.10.2004 - X ZR 158/03, im Druck nicht veröffentlicht; Vorlagebeschluss im ähnlich gelagerten Verfahren X ZR 156/03 veröffentlicht in GRUR 2005, 240 - Nachbauentschädigung I): 1. Ist dem Erfordernis für die Bemessung einer Nachbauentschädigung im Sinne von Art. 5 Abs. 2 der Verordnung (EG) Nr. 1768/95, sie müsse "deutlich niedriger" als der Betrag sein, der im selben Gebiet für die Erzeugung von Vermehrungsmaterial derselben Sorte in Lizenz verlangt wird, auch dann genügt, wenn die Vergütung pauschal mit 80 % dieses Betrages bemessen wird? 2. Enthält Art. 5 Abs. 4 und 5 der Verordnung (EG) Nr. 2605/98 eine wertmäßige Festlegung für die Höhe der Nachbauentschädigung bei gesetzlicher Veranlagung? Falls ja: Gilt diese Festlegung als Ausdruck eines allgemeinen Gedankens auch für Nachbauhandlungen, die vor Inkrafttreten der Verordnung (EG) Nr. 2605/98 erfolgten? 3. Schließt die Leitlinienfunktion einer Vereinbarung zwischen Vereinigungen von Sortenschutzinhabern und Landwirten im Sinne von Art. 5 Abs. 4 der Verordnung (EG) Nr. 2605/98 ein, dass diese bei gesetzlicher Veranlagung in ihren wesentlichen Kernelementen (Berechnungsparameter) auch dann übernommen wird, wenn dem Sortenschutzinhaber bei der Berechnung der gesetzlichen Vergütung nicht alle in der Sphäre des Nachbauers liegenden für die Berechnung auf Grundlage der Vereinbarung erforderlichen Parameter bekannt sind und ihm insoweit auch ein Anspruch auf Mitteilung der entsprechenden Tatsachen gegen den Landwirt nicht zusteht? Falls ja: Setzt eine solche Vereinbarung, soweit sie Leitlinienfunktion in diesem Sinne ausüben soll, für ihre Wirksamkeit die Einhaltung der in Art. 5 Abs. 4 der Verordnung (EG) Nr. 2605/98 bestimmten Anforderungen auch dann voraus, wenn sie vor Inkrafttreten dieser Verordnung geschlossen wurde? 4. Setzt Art. 5 Abs. 5 der Verordnung (EG) Nr. 2605/98 eine obere Grenze der Entschädigung für vertragliche und/oder gesetzliche Entschädigungsregelungen? 5. Kann eine Vereinbarung zwischen berufsständischen Vereinigungen als Leitlinie im Sinne von Art. 5 Abs. 4 der Verordnung (EG) Nr. 2605/98 herangezogen werden, wenn sie den Entschädigungssatz von 50 % des Betrages gemäß Art. 5 Abs. 5 der Verordnung (EG) Nr. 2605/98 überschreitet?
7
Der Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften hat die Sache mit zwei teilweise parallelen Rechtssachen verbunden und sodann durch Urteil seiner Zweiten Kammer vom 8. Juni 2006 (verbundene Rechtssachen 7/05 - 9/05, Slg. 2006 I 5045; auch veröffentlicht in GRUR 2006, 750 und GRUR Int. 2006, 742) wie folgt erkannt: 1. Im Fall der Inanspruchnahme der Ausnahme für die Landwirtschaft nach Artikel 14 Absatz 3 der Verordnung (EG) Nr. 2100/94 des Rates vom 27. Juli 1994 über den gemeinschaftlichen Sortenschutz genügt die pauschale Entschädigung in Höhe von 80 % des Betrages, der im selben Gebiet für die Erzeugung von Vermehrungsmaterial in Lizenz derselben Sorte der untersten zur amtlichen Zertifizierung zugelassenen Kategorie verlangt wird, nicht der Voraussetzung, dass - vorbehaltlich der Beurteilung der anderen erheblichen Umstände der einzelnen Ausgangsrechtsstreitigkeiten durch das nationale Gericht - diese Entschädigung im Sinne von Artikel 5 Absatz 2 der Verordnung (EG) Nr. 1768/95 der Kommission vom 24. Juli 1995 über die Ausnahmeregelung gemäß Artikel 14 Absatz 3 der Verordnung (EG) Nr. 2100/94 in der Fassung der Verordnung (EG) Nr. 2605/98 der Kommission vom 3. Dezember 1998 "deutlich niedriger" sein muss als der Betrag, der für die Erzeugung von Vermehrungsmaterial in Lizenz verlangt wird. 2. Die Kriterien, nach denen der Betrag der Entschädigung des Inhabers eines gemeinschaftlichen Sortenschutzrechts bemessen werden kann, werden in Artikel 5 Absätze 4 und 5 der Verordnung Nr. 1768/95 in der Fassung der Verordnung Nr. 2605/98 definiert. Diese Kriterien sind nicht rückwirkend anwendbar, können aber als Anhaltspunkt für die Berechnung der entsprechenden Entschädigung in Bezug auf einen Nachbau vor dem Inkrafttreten der Verordnung Nr. 2605/98 dienen. 3. Eine Vereinbarung zwischen Vereinigungen von Inhabern und von Landwirten im Sinne von Artikel 5 Absatz 4 der Verordnung Nr. 1768/95 in der Fassung der Verordnung Nr. 2605/98 kann nur dann mit allen ihren Parametern als Leitlinie dienen, wenn sie der Kommission der Europäischen Gemeinschaften mitgeteilt und im Amtsblatt des Gemeinschaftlichen Sortenamts veröffentlicht wurde, was auch dann gilt, wenn die Vereinbarung vor dem Inkrafttreten der Verordnung Nr. 2605/98 geschlossen wurde. Eine solche Vereinbarung kann für die Entschädigung einen anderen Satz festlegen als den hilfsweise in Artikel 5 Absatz 5 der Verordnung Nr. 1768/95 in der Fassung der Verordnung Nr. 2605/98 vorgesehenen.
4. Wenn keine Vereinbarung zwischen Vereinigungen von Inhabern und von Landwirten vorliegt, ist die Entschädigung des Inhabers eines gemeinschaftlichen Sortenschutzrechts nach Artikel 5 Absatz 5 der Verordnung Nr. 1768/95 in der Fassung der Verordnung Nr. 2605/98 nach einem festen Satz zu bemessen, der weder eine obere noch eine untere Grenze darstellt.

Entscheidungsgründe:


8
Das Rechtsmittel der Klägerin hat nur zum Teil Erfolg.
9
I. Die Revision meint, Landwirte, die sich nach dem Gesetz veranlagen ließen, schuldeten den Sortenschutzinhabern eine Nachbauentschädigung in Höhe von 80 % der Z-Lizenzgebühr. Nach Art. 5 Abs. 2 der Verordnung (EG) Nr. 1768/95 sei die für den Nachbau zu zahlende Entschädigung ausdrücklich an den Betrag geknüpft, der in demselben Gebiet für die Erzeugung von Vermehrungsmaterial in Lizenz verlangt bzw. vereinbart werde. Die von der Klägerin verlangten 80 % der Z-Lizenzgebühr seien im Sinne von Art. 5 Abs. 2 der Verordnung (EG) Nr. 1768/95 "deutlich niedriger" als die übliche Lizenzgebühr.
10
Bei der Bemessung der Entschädigung für den Nachbau der nach gemeinschaftlichem Sortenschutzrecht geschützten Wintergetreidesorten komme Art. 5 Abs. 5 der Verordnung (EG) Nr. 1768/95 in der Fassung der Verordnung (EG) Nr. 2605/98 nicht zur Anwendung, weil zum maßgeblichen Zeitpunkt das Kooperationsabkommen vom 3. Juni 1996 bereits wirksam vorgelegen habe. Für Art. 5 Abs. 5 der Verordnung (EG) Nr. 1768/95 in der Fassung der Verordnung (EG) Nr. 2605/98 sei die Existenz, nicht aber die Publizierung des Abkommens entscheidend. Es könne nicht angenommen werden, dass die schon bei Inkrafttreten der Verordnung (EG) Nr. 2605/98 (24. Dezember 1998) be- gründete Sperrwirkung der Vereinbarung durch diese Verordnung auch nur für eine Übergangszeit habe außer Kraft gesetzt werden sollen.
11
Die Klägerin macht nunmehr geltend, dem Urteil des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften sei nicht abschließend zu entnehmen, wie die Nachbaugebühren letztlich zu berechnen seien. Im Wirtschaftsjahr 1998/1999 habe eine Vereinbarung, nämlich das Kooperationsabkommen 1996, bereits vorgelegen, wenn sie auch erst im Jahr 1999 der Kommission mitgeteilt und veröffentlicht worden sei. Die alsbaldige Mitteilung und Veröffentlichung nach Inkrafttreten der Verordnung (EG) Nr. 2605/98 reichten indessen aus, um die Leitlinienfunktion der Vereinbarung auszulösen; dem entsprächen auch die Erwägungen des Gerichtshofs, wonach eine Anhaltspunktwirkung gegeben sei. Andererseits gelte der starre Prozentsatz des Art. 5 Abs. 5 der Verordnung (EG) Nr. 1768/95 in der durch die Verordnung (EG) Nr. 2605/98 ergänzten Fassung für den hier fraglichen Zeitraum noch nicht, sondern die Vereinbarung als Leitlinie oder Anhaltspunkt, und zwar auch, soweit sich aus ihr ein höherer Satz als 50 % der Lizenzgebühr ergebe. Der Satz von 80 % folge aus der Vereinbarung für den Fall, dass der Landwirt nur in einem Umfang von bis zu 20 % Saatgutwechsel betreibe; er basiere auf der Formel: durchschnittliche Saatstärke mal pauschale Lizenz mal 80 %.
12
II. Der Beklagte erwidert, daraus, dass zur Bestimmung der Entschädigung auf die Marktverhältnisse abzustellen sei, folge nicht, dass die Entschädigung 80 % der Z-Lizenzgebühr betragen dürfe. Der Gerichtshof sehe diesen Wert vielmehr als zu hoch an. Das Berufungsgericht habe zutreffend auf den Marktpreis abgestellt. Wenn nach den gesetzlichen Vorgaben die Entschädigung deutlich geringer als die Z-Lizenzgebühr sein müsse, sei eine rechnerische Anknüpfung an die Z-Lizenzgebühr nicht erforderlich. Parameter des Kooperationsabkommens 1996 sei nicht die Z-Lizenzgebühr, sondern eine nicht sortenspezifische fiktive Nachbaugebühr.

13
III. 1. Der Senat versteht die Vorabentscheidung des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften dahin, dass ausgehend von der Regelung in Art. 14 Abs. 3 4. Gedankenstrich GemSortV den Sortenschutzinhabern Anspruch auf eine angemessene Entschädigung zusteht, deren Höhe sich weiter nach Art. 5 der Verordnung (EG) Nr. 1768/95 bemisst. Dabei spielt die in Art. 5 Abs. 1 dieser Verordnung vorgesehene zwischen dem Betriebsinhaber und dem Landwirt vereinbarte Vergütung in der Praxis in Deutschland in der hier interessierenden Zeit keine Rolle. Auf die Leitlinienfunktion des Kooperationsabkommens kann für das Wirtschaftsjahr 1998/1999 noch nicht abgestellt werden , weil dieses Abkommen noch nicht veröffentlicht war. Demnach muss auf die Regelung in Art. 5 Abs. 5 der Verordnung (EG) Nr. 1768/95 in der durch die Verordnung (EG) Nr. 2605/98 ergänzten Fassung zurückgegriffen werden, wonach sich entgegen der Auffassung der Klägerin eine Entschädigung in Höhe von 50 % des für die Erzeugung des Vermehrungsmaterials in Lizenz verlangten Betrags als fester Satz ergibt.
14
2. Das Landgericht hat außer bei der Kartoffelsorte "Solara" den Satz, der sich nach dem Kooperationsabkommen 1996 als Höchstsatz ergibt, und der rechnerisch zwischen den Parteien unstreitig ist, der Klageforderung zugrunde gelegt, soweit diese der Klägerin zugesprochen worden ist; das Berufungsgericht hat hinsichtlich der Richtigkeit der Berechnung für die Sorte "Solara" offen gelassen, ob der Auffassung des Landgerichts zu folgen sei, weil die Klägerin insoweit durch die Entscheidung des Landgerichts jedenfalls nicht beschwert sei. Damit haben die Vorinstanzen für alle Sorten mit Ausnahme der Kartoffelsorte "Solara" letztlich auf das Kooperationsabkommen 1996 zurückgegriffen , wie dies für das Wirtschaftsjahr 1998/1999 nach der für das weitere Verfahren bindenden Entscheidung des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften bei nach Gemeinschaftsrecht geschützten Sorten noch nicht möglich war. Der Senat versteht Nr. 3 des Tenors dieser Entscheidung dahin, dass vor Mitteilung und Veröffentlichung der Vereinbarung diese dem Vergütungsanspruch nicht - und damit auch nicht als Anhaltspunkt - zugrunde gelegt werden kann.
15
Vielmehr hätten sich die Vorinstanzen nach dem Erkenntnis des Gerichtshofs für dieses Wirtschaftsjahr auf die Vorgaben in Art. 5 Abs. 2, Abs. 5 der Verordnung (EG) Nr. 1768/95 in der durch die Verordnung (EG) Nr. 2605/98 ergänzten Fassung stützen und 50 % der für die Erzeugung von Vermehrungsmaterial in Lizenz derselben Sorte der untersten zur amtlichen Zertifizierung zugelassenen Kategorie als festen Satz (Gerichtshof, Rdn. 46, 47) zubilligen müssen, da diese als Anhaltspunkt für die Berechnung der entsprechenden Entschädigung in Bezug auf einen Nachbau vor dem Inkrafttreten der Verordnung Nr. 2605/98 hätten dienen können (Gerichtshof, Tenor Nr. 2).
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3. Für die nach nationalem Recht geschützten Kartoffelsorten "Cilena", "Linda", "Rikea" und "Secura" gilt im Ergebnis dasselbe wie für die nach Gemeinschaftsrecht geschützten Sorten. Insoweit ergibt sich die Verpflichtung zur Zahlung eines angemessenen Entgelts aus § 10a Abs. 3 Satz 1 SortG. Auch nach nationalem Recht können den Vereinbarungen zwischen Inhabern des Sortenschutzes und Landwirten über die Angemessenheit des Entgelts zwar im Grundsatz entsprechende Vereinbarungen zwischen deren berufsständischen Vereinigungen zugrunde gelegt werden (§ 10a Abs. 4 Satz 1 SortG). Auf das Kooperationsabkommen 1996 kann für das Wirtschaftsjahr 1998/1999 aber schon deshalb nicht zurückgegriffen werden, weil dadurch eine nicht angemessene und vom Gesetzgeber auch ersichtlich nicht gewollte Differenzierung hinsichtlich der Vergütung für den Nachbau national und gemeinschaftsrechtlich geschützter Sorten einträte. Vielmehr ist auch hier auf einen Satz von 50 % der Z-Lizenz zurückzugreifen (vgl. Wuesthof/Lessmann/Würtenberger, Handbuch zum deutschen und europäischen Sortenschutz, 1999, Rdn. 364; Keukenschrijver, Sortenschutzgesetz, 2001, § 10a Rdn. 27; ders. in Busse, PatG, 6. Aufl. 2003, § 9c (RegE) Rdn. 14; ders., Das "Landwirteprivileg" im nationalen und gemeinschaftlichen Sortenschutzrecht - ein Zwischenstand, Festschrift für Eike Ullmann, 2006, S. 465, 474; Kühnen in Schulte, PatG, 7. Aufl. 2005, § 9c Rdn. 21; Scharen in Benkard, PatG GebrMG, 10. Aufl. 2006, § 9c PatG Rdn. 21 f.; LG Frankfurt am Main AgrarRecht 2001, 328, 329). Demnach ist der Satz von 50 % der für die Erzeugung von Vermehrungsmaterial in Lizenz derselben Sorte der untersten zur amtlichen Zertifizierung zugelassenen Kategorie auch für die nachgebauten national geschützten Sorten heranzuziehen.
17
4. a) Der für das Wirtschaftsjahr 1998/1999 bei nach Gemeinschaftsrecht wie nach dem Sortenschutzgesetz zugrunde zu legende Lizenzsatz ist für die Folgezeit im Gemeinschaftsrecht für den Fall gesetzlich normiert, dass eine Vereinbarung zwischen Vereinigungen von Sortenschutzinhabern und von Landwirten nicht vorliegt (Art. 5 Abs. 5 der Verordnung (EG) Nr. 1768/95 in der durch die Verordnung (EG) Nr. 2605/98 ergänzten Fassung); für die Zeit vor Mitteilung und Veröffentlichung der Vereinbarung muss das ebenso gelten (vgl. Gerichtshof Rdn. 43). Er stellt zugleich die angemessene Entschädigung im Sinn der gesetzlichen Regelungen sowohl im Gemeinschaftsrecht als auch im nationalen Recht dar. Nr. 3 des Tenors der Entscheidung des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften schließt es nämlich aus, für nach Gemeinschaftsrecht geschützte Sorten auf die zwar schon abgeschlossene, aber noch nicht mitgeteilte und veröffentlichte Vereinbarung auch nur als Anhaltspunkt zurückzugreifen. Dagegen hat der Gerichtshof einen Rückgriff auf die mithin noch verbleibende subsidiäre Regelung in Art. 5 Abs. 5 der Verordnung (EG) Nr. 1768/95 in der durch die Verordnung (EG) Nr. 2605/98 ergänzten Fassung selbst als möglichen Anhaltspunkt genannt. Mangels anderer greifbarer, insbesondere besser geeigneter Anhaltspunkte und auch unter Berücksichtigung des Umstands, dass die Werte der genannten Bestimmung in den mittlerweile geltenden Vereinbarungen z.T. deutlich unterschritten werden, sieht der Senat die dort genannte Entschädigung als die angemessene im Sinn des Art. 14 Abs. 3 4. Gedankenstrich GemSortV wie des § 10a Abs. 3 Satz 2, Abs. 4 Satz 1 SortG an.
18
b) Auf dieser Grundlage ergibt sich zugunsten der Klägerin eine Hauptsacheforderung von 50 % der Z-Lizenz, somit von 1.243,68 DM, auf die der Beklagte vorprozessual bereits 643,64 DM bezahlt hat. Bei Klageerhebung stand damit zugunsten der Klägerin noch ein Betrag von 600,04 DM (gleich 306,80 EUR) offen. Hierauf hat das Landgericht der Klägerin bereits einen Betrag von 82,46 EUR zugesprochen, so dass zugunsten der Klägerin ein weiterer zu erstattender Hauptsachebetrag von 224,34 EUR verbleibt, der wie die bereits zugesprochene Hauptsacheforderung unter dem Gesichtspunkt der Prozesszinsen zu verzinsen ist.
19
IV. Die Kostenentscheidung folgt aus § 91, § 97 Abs. 1 ZPO.
Melullis Scharen Keukenschrijver
Asendorf Gröning
Vorinstanzen:
LG Braunschweig, Entscheidung vom 13.11.2002 - 9 O 3354/01 (742) -
OLG Braunschweig, Entscheidung vom 25.09.2003 - 2 U 186/02 -

(1) Das Gericht kann, wenn die Entscheidung des Rechtsstreits ganz oder zum Teil von dem Bestehen oder Nichtbestehen eines Rechtsverhältnisses abhängt, das den Gegenstand eines anderen anhängigen Rechtsstreits bildet oder von einer Verwaltungsbehörde festzustellen ist, anordnen, dass die Verhandlung bis zur Erledigung des anderen Rechtsstreits oder bis zur Entscheidung der Verwaltungsbehörde auszusetzen sei.

(2) Das Gericht kann ferner, wenn die Entscheidung des Rechtsstreits von Feststellungszielen abhängt, die den Gegenstand eines anhängigen Musterfeststellungsverfahrens bilden, auf Antrag des Klägers, der nicht Verbraucher ist, anordnen, dass die Verhandlung bis zur Erledigung des Musterfeststellungsverfahrens auszusetzen sei.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
VII ZB 32/02
vom
10. Juli 2003
in Sachen
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
_____________________
Die Aussetzung eines Rechtsstreits gegen mehrere Beklagte wegen eines anderweitig
anhängigen selbständigen Beweisverfahrens kommt jedenfalls dann nicht in Betracht
, wenn das Ergebnis des selbständigen Beweisverfahrens deshalb nicht verwertbar
ist, weil nicht alle Beklagten an diesem Verfahren beteiligt sind.
BGH, Beschluß vom 10. Juli 2003 - VII ZB 32/02 - KG Berlin
Der VII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 10. Juli 2003 durch den Vorsitzenden
Richter Dr. Dressler und die Richter Hausmann, Dr. Kuffer, Prof. Dr.
Kniffka und Bauner

beschlossen:
Die Rechtsbeschwerde der Kläger gegen den Beschluß des 26. Zivilsenats des Kammergerichts vom 17. Juni 2002 ist erledigt. Soweit zum Nachteil der Kläger entschieden worden ist, ist der angefochtene Beschluß des Kammergerichts gegenstandslos. Die Beklagten tragen die Kosten der Rechtsmittelzüge. Gegenstandswert der Rechtsbeschwerde: 9.000

Gründe:

I.

Die Kläger sind Eigentümer eines Hauses mit einem mangelbehafteten Keller. Sie verlangen im vorliegenden Rechtsstreit von den beiden beklagten Architekten Schadensersatz wegen mangelhafter Bauüberwachung. In dem Verfahren des Kammergerichts 4 U 6060/98, in dem sich die Kläger gegen die Restwerklohnklage des Bauunternehmers u.a. mit Gewährleistungsansprüchen wegen des mangelhaften Kellers verteidigen, hat das Kammergericht ein selbständiges Beweisverfahren angeordnet, an dem die Kläger als Antragsteller und der Bauunternehmer sowie der Beklagte zu 1 als Antragsgegner beteiligt waren. Mit dem einzuholenden Gutachten sollte sich der Sach-
verständige zu den Mängeln und auch zur technischen Verursachung äußern. Daraufhin hat das Landgericht das vorliegende Verfahren nach § 148 ZPO bis zur rechtskräftigen Entscheidung des Rechtsstreits 4 U 6060/98 der Kläger ausgesetzt. Auf die sofortige Beschwerde hat das Kammergericht den Beschluß insoweit neu gefaßt, als der Rechtsstreit nur bis zum Abschluß des gegen den Beklagten zu 1 gerichteten selbständigen Beweisverfahrens ausgesetzt wird. Hiergegen richtet sich die zugelassene Rechtsbeschwerde der Kläger. Nachdem aufgrund übereinstimmenden Vortrags im Rechtsbeschwerdeverfahren der Aussetzungsgrund entfallen ist und der Rechtsstreit beim Landgericht fortgesetzt werden kann, haben die Kläger das Rechtsbeschwerdeverfahren für erledigt erklärt und beantragt, den Beklagten die Kosten des Beschwerdeverfahrens aufzuerlegen. Diese widersprechen der Erledigungserklärung.

II.

Das Rechtsbeschwerdeverfahren ist erledigt. Eine einseitige Rechtsmittelerledigungserklärung ist zulässig; dies gilt jedenfalls dann, wenn dem Rechtsmittel durch ein nachträgliches prozessuales Ereignis die Grundlage entzogen wird (vgl. BGH, Urteil vom 12. Mai 1998 – XI ZR 219/97, NJW 1998, 2453). Das ist hier der Fall. Der Aussetzungsgrund ist nach Vorlage des Gutachtens im selbständigen Beweisverfahren entfallen. Die Rechtsbeschwerde der Kläger war bis zum erledigenden Ereignis begründet. Dies führt dazu, daß die Rechtsbeschwerde erledigt ist und der angefochtene Beschluß des Kammergerichts, soweit zum Nachteil der Kläger entschieden worden ist, gegenstandslos ist.
Die Beschwerde und die Rechtsbeschwerde waren bis zum Abschluß des selbständigen Beweisverfahrens begründet. Das Landgericht durfte, auch soweit das Kammergericht den angefochtenen Aussetzungsbeschluß des Landgerichts nicht bereits zugunsten der Kläger abgeändert hat, den Rechtsstreit nicht gemäß § 148 ZPO aussetzen. Dabei braucht die in Rechtsprechung und Literatur streitige Frage, ob ein Rechtsstreit gemäß § 148 ZPO analog ausgesetzt werden darf, wenn die vom Gericht der Hauptsache für beweiserheblich gehaltenen Tatsachen in einem selbständigen Beweisverfahren geklärt werden sollen (verneinend: z.B. OLG Dresden, BauR 1998, 595; bejahend: z.B. KG, KGR 2000, 266), nicht entschieden zu werden. Selbst wenn die letztere Auffassung , die den Gedanken der Prozeßökonomie in den Vordergrund stellt, zutreffen sollte, so setzt das voraus, daß das im selbständigen Beweisverfahren einzuholende Sachverständigengutachten im anhängigen Rechtsstreit gemäß § 493 Abs. 1 ZPO uneingeschränkt verwertbar ist. Nur in diesem Fall kann dem Gesichtspunkt der Prozeßökonomie Bedeutung zukommen. Das nunmehr vorliegende Gutachten im selbständigen Beweisverfahren ist für den vorliegenden Rechtsstreit nicht uneingeschränkt verwertbar. Das Beweisergebnis eines selbständigen Beweisverfahrens dient der Vorbereitung und beweismäßigen Vereinfachung des Hauptsacheverfahrens; es ist daher bei Identität der Beteiligten wie ein vor dem Prozeßgericht erhobener Beweis zu behandeln (Zöller/Herget, ZPO, 23. Aufl., § 493 Rdn. 1). Ausweislich des Akteninhalts ist der Beklagte zu 2 an dem selbständigen Beweisverfahren weder als Antragsgegner noch als Streitverkündeter beteiligt gewesen. Er kann sich daher vorliegend mit den ihm zur Verfügung stehenden Beweismitteln uneingeschränkt verteidigen. Die im Interesse der Verfahrensbeschleunigung geltenden Einschränkungen gemäß §§ 360, 398, 411 Abs. 4, 412 ZPO treffen auf ihn nicht zu.
Die Kosten des Verfahrens, soweit darüber noch nicht entschieden worden ist, tragen die Beklagten, § 91 ZPO.
Dressler Hausmann Kuffer Kniffka Bauner

(1) Das Gericht kann, wenn die Entscheidung des Rechtsstreits ganz oder zum Teil von dem Bestehen oder Nichtbestehen eines Rechtsverhältnisses abhängt, das den Gegenstand eines anderen anhängigen Rechtsstreits bildet oder von einer Verwaltungsbehörde festzustellen ist, anordnen, dass die Verhandlung bis zur Erledigung des anderen Rechtsstreits oder bis zur Entscheidung der Verwaltungsbehörde auszusetzen sei.

(2) Das Gericht kann ferner, wenn die Entscheidung des Rechtsstreits von Feststellungszielen abhängt, die den Gegenstand eines anhängigen Musterfeststellungsverfahrens bilden, auf Antrag des Klägers, der nicht Verbraucher ist, anordnen, dass die Verhandlung bis zur Erledigung des Musterfeststellungsverfahrens auszusetzen sei.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
X ZR 272/02
vom
6. April 2004
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: ja
BGHR: ja
Druckmaschinen-Temperierungssystem
Ist ein Patentnichtigkeitsverfahren anhängig, kann im Patentverletzungsrechtsstreit
die Entscheidung über die Beschwerde gegen eine Nichtzulassung der
Revision bis zur Entscheidung in dem Patentnichtigkeitsverfahren ausgesetzt
werden.
BGH, Beschl. v. 6. April 2004 - X ZR 272/02 - OLG Düsseldorf
LG Düsseldorf
Der X. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat am 6. April 2004 durch
den Vorsitzenden Richter Dr. Melullis, die Richter Scharen, Keukenschrijver, die
Richterin Mühlens und den Richter Dr. Meier-Beck

beschlossen:
Die Entscheidung über die Beschwerde der Beklagen gegen die Nichtzulassung der Revision gegen das am 14. November 2002 verkündete Urteil des Oberlandesgerichts Düsseldorf wird bis zur rechtskräftigen Entscheidung über die unter dem Az. 4 Ni 17/03 beim Bundespatentgericht anhängige Nichtigkeitsklage ausgesetzt.

Gründe:


I. Die Klägerin ist eingetragene Inhaberin des europäischen Patents 0 602 312 (Klagepatents), das auf einer Anmeldung vom 8. Dezember 1992 beruht, mit der eine deutsche Priorität vom 30. Januar 1992 in Anspruch genommen worden ist.
Patentanspruch 1 des in der Verfahrenssprache Deutsch erteilten Klagepatents lautet wie folgt:
"Druckmaschinen-Temperierungssystem für Rotationskörper einer Druckmaschine, mit folgenden Merkmalen:
1.1. Es sind mindestens zwei verschiedene Arten von Kühlvorrichtungen vorgesehen, von welchen eine eine FeuchtwasserAuftragsvorrichtung (120, 146, 142, 184, 174, 162, 138, 134, 132) zum Aufbringen von temperiertem Feuchtwasser (124) auf den betreffenden Rotationskörper (6, 122) der Druckmaschine und die andere eine Kaltwasser-Kühlvorrichtung (2, 107, 80, 82, 85, 88, 91) zum Wärmeaustausch zwischen temperiertem Kaltwasser und der Oberfläche des betreffenden Rotationskörpers (6, 107) der Druckmaschine ist;
1.2. die Feuchtwasser-Auftragsvorrichtung enthält einen ersten Vorratsbehälter (132) für das Feuchtwasser (124);
1.3. die Kaltwasser-Kühlvorrichtung enthält einen zweiten Vorratsbehälter (80) für das Kaltwasser (130);
1.4. eine Kühlanlage (190) mit einem einzigen Kälteerzeuger (192, 194, 196, 202, 204, 208) zur Kühlung von Kältemittel und mit einer Wärmeaustauschervorrichtung (82, 83, 84, 88, 93 und 140, 180, 162, 139, 138, 158, 174, 176) zum Wärmeaustausch zwischen dem Kältemittel des Kälteerzeugers und dem Feuchtwasser (124) sowie zwischen dem Kältemittel des Kälteerzeugers und dem Kaltwasser (130);
1.5. Mittel (66, 82, 86, 114, 138, 146, 184) zum wahlweisen Umschalten zwischen der Betriebsart 'Feuchtwasser-Offsetdruck' unter Verwendung der Feuchtwasser-Auftragsvorrichtung mit oder ohne gleichzeitige Kühlung durch die KaltwasserKühlvorrichtung und der Betriebsart 'wasserloser Offsetdruck' unter Verwendung der Kaltwasser-Kühlvorrichtung ohne gleichzeitiges Auftragen von Feuchtmittel durch die FeuchtwasserAuftragsvorrichtung."
Die Beklagte stellt in der Bundesrepublik Deutschland her und vertreibt hier sogenannte Kombinations-Temperiergeräte für Druckmaschinen. Zwei Ausführungsformen dieser Geräte hält die Klägerin für patentverletzend. Beide Ausführungsformen weisen keine Mittel für eine Blasluftkühlung auf; im Kaltwassernetz haben sie jeweils ein Ausdehnungsgefäß.
Das Landgericht hat die auf Unterlassung, Rechnungslegung sowie Feststellung einer Entschädigungs- und Schadensersatzpflicht gerichtete Patentverletzungsklage abgewiesen, weil es Patentanspruch 1 entnommen hat, die beanspruchte Kaltwasser-Kühlvorrichtung verlange ihrerseits eine zweifache Kühlung, nämlich sowohl die Kühlung der Farbauftragswalzen als auch mittels gekühlter Blasluft die Kühlung des Druckplattenzylinders. Das ergebe sich aus der in der Beschreibung des Klagepatents genannten Aufgabenstellung, daraus, daß übereinstimmend mit der Aufgabenformulierung auch in den Vorteilsangaben als zur Auswahl des Anwenders stehend drei Kühlungsarten erwähnt seien, und ferner aus dem Umstand, daß das betreffende Merkmal nicht dahingehend formuliert sei, daß zwei Kühlvorrichtungen vorgesehen seien, von denen die eine eine Feuchtwasser-Auftragsvorrichtung und die andere Kühlvor-
richtung eine Kaltwasser-Kühlvorrichtung sei. Der sich hieraus ergebende Sinngehalt habe seinen Niederschlag in Patentanspruch 1 aber auch insoweit gefunden , als im Zusammenhang mit der geforderten Kaltwasser-Kühlvorrichtung ausdrücklich sowohl auf die Bezugsziffer (2), welche die Blasluftkühlvorrichtung identifiziere, als auch auf die Bezugsziffer (107) verwiesen sei, mit der die gekühlten Farbauftragswalzen bezeichnet seien.
Auf die Berufung der Klägerin hat das Oberlandesgericht mit Urteil vom 14. November 2002 das landgerichtliche Urteil abgeändert und die Beklagte antragsgemäß verurteilt, weil Patentanspruch 1 insgesamt nur (mindestens) zwei Kühlungsarten voraussetze und bei den angegriffenen Vorrichtungen in Form des Ausdehnungsgefäßes auch der ferner erforderliche Vorratsbehälter vorhanden sei. Die Revision ist nicht zugelassen worden. Hiergegen wendet sich nunmehr die Beklagte mit der Nichtzulassungsbeschwerde.
Die Beklagte hat mit Schriftsatz vom 30. April 2003 Nichtigkeitsklage erhoben. Hierin hält sie dem Klagepatent unter anderem als offenkundig vorbenutzt ein Temperierungssystem mit einer Kälteanlage entgegen. Außerdem macht sie den Nichtigkeitsgrund der unzulässigen Erweiterung geltend. Sie macht sich das Verständnis des Oberlandesgerichts vom Sinngehalt des Patentanspruchs 1 des Klagepatents zu eigen. Bei diesem Sinngehalt sei die Stammanmeldung erweitert worden, weil nach ihrem Inhalt stets eine Blasluftkühlvorrichtung gegeben sein müsse.
Die Beklagte beantragt im Hinblick auf die Nichtigkeitsklage,
das Verfahren bis zu deren rechtskräftiger Entscheidung auszusetzen.
Die Klägerin tritt diesem Aussetzungsantrag ebenso wie der Nichtzulassungsbeschwerde entgegen.
II. 1. Das Klagepatent betrifft den Bereich der Kühlung (Temperierung) beim Rotations-Offsetdruck. Beim Offsetdruck unterscheidet man prinzipiell zwei Arten, den Feuchtwasser-Offsetdruck und den wasserlosen Offsetdruck. Beim Feuchtwasser-Offsetdruck wird das Feuchtwasser zur Kühlung auf bestimmte Bereiche der Oberfläche der Druckplatte aufgebracht. Beim wasserlosen Offsetdruck durchströmt Kaltwasser als Kühlflüssigkeit die Farbauftragswalzen. Die Kühlung der Druckfarben und der Oberfläche der Druckplatte geschieht durch Wärmeaustausch. Zusätzlich kann beim wasserlosen Offsetdruck die Oberfläche der Druckplatte mit Kaltluft gekühlt werden, die ihrerseits vom Kaltwasser gekühlt sein kann.
Patentanspruch 1 des Klagepatents verlangt nach der Merkmalsgliederung des Oberlandesgerichts bei einem Druckmaschinen-Temperierungssystem für Rotationskörper einer Druckmaschine folgende Merkmale:
1. Es sind mindestens zwei verschiedene Arten von Kühlvorrichtungen vorgesehen, von welchen

a) die eine Kühlvorrichtung eine FeuchtwasserAuftragsvorrichtung zum Aufbringen von temperiertem
Feuchtwasser auf den betreffenden Rotationskörper der Druckmaschine und

b) die andere Kühlvorrichtung eine Kaltwasser-Kühlvorrichtung zum Wärmeaustausch zwischen temperiertem Kaltwasser und der Oberfläche des betreffenden Rotationskörpers der Druckmaschine ist.
2. Die Feuchtwasser-Auftragsvorrichtung enthält einen ersten Vorratsbehälter für das Feuchtwasser.
3. Die Kaltwasser-Kühlvorrichtung enthält einen zweiten Vorratsbehälter für das Kaltwasser.
4. Eine Kühlanlage weist auf

a) einen einzigen Kälteerzeuger zur Kühlung von Kältemittel und

b) eine Wärmetauschervorrichtung zum Wärmeaustausch zwischen dem Kältemittel des Kälteerzeugers und dem Feuchtwasser sowie zwischen dem Kältemittel des Kälteerzeugers und dem Kaltwasser.
5. Es sind Mittel vorgesehen zum wahlweisen Umschalten zwischen

a) der Betriebsart "Feuchtwasser-Offsetdruck" unter Verwendung der Feuchtwasser-Auftragsvorrichtung mit oder ohne gleichzeitige Kühlung durch die Kaltwasser-Kühlvorrichtung und

b) der Betriebsart "wasserloser Offsetdruck" unter Verwendung der Kaltwasser-Kühlvorrichtung ohne gleichzeitiges Auftragen von Feuchtmittel durch die Feuchtwasser-Auftragsvorrichtung.
2. Auf den Aussetzungsantrag der Beklagten hin ist die Entscheidung über die Nichtzulassungsbeschwerde auszusetzen.

a) Bereits die Entscheidung über die Beschwerde gegen eine Nichtzulassung der Revision gegen ein Urteil in einem Patentverletzungsprozeß kann ausgesetzt werden.
Im Patentverletzungsrechtsstreit ist eine Aussetzung nach § 148 ZPO wegen eines anhängigen Patentnichtigkeitsverfahrens auch noch während des Revisionsrechtszugs zulässig (BGH, Beschl. v. 08.10.1957 - I ZR 164/56, GRUR 1958, 75 - Tonfilmwand), weil auch im Revisionsrechtszug jede Änderung der Patentlage zu berücksichtigen ist (BGHZ 81, 397 - Verbauvorrichtung) und im Falle einer rechtskräftigen Nichtigerklärung des Klagepatents auch eine bisher erfolgreiche Verletzungsklage ohne weiteres abweisungsreif ist (BGH, Beschl. v. 28.03.1963 - Ia ZR 19/63, GRUR 1963, 494 - Rückstrahlerdreieck). Dabei galt nach der Rechtsprechung des Senats zu § 554 b Abs. 1 ZPO in der bis zum 31. Dezember 2001 geltenden Fassung, daß die Aussetzung eines Patentverletzungsprozesses im Revisionsverfahren wegen der Vorgreiflichkeit der Entscheidung im Patentnichtigkeitsverfahren die Entscheidung über die An-
nahme der Revision oder deren Ablehnung offen läßt (BGHZ 81, 397 - Verbauvorrichtung ). Die Aussetzung des Patentverletzungsrechtsstreits nach § 148 ZPO durch den Senat war also vor dessen Entscheidung über die Annahme der Revision zulässig (BGHZ 81, 397, 399 - Verbauvorrichtung). Diese Möglichkeit zu nutzen, war auch sachgerecht, weil hierdurch in prozeßwirtschaftlicher Weise die Entstehung widerstreitender Rechtstitel zu verhindern ist (vgl. Busse, PatG, 6. Aufl., § 140 Rdn. 18 m.w.N.).
Die Neuordnung des Revisionsrechts gibt keine Veranlassung, in Abweichung von dieser sachgerechten Praxis eine Aussetzung des Patentverletzungsrechtsstreits erst nach der nunmehr geforderten Entscheidung über die Zulassung der Revision auszusprechen. Es liegt vielmehr im Sinn der Zulassungsrevision , daß der Senat auch die Entscheidung über die Nichtzulassungsbeschwerde nach § 544 ZPO in einem Patentverletzungsrechtsstreit aussetzen kann, obwohl es sich bei dem Verfahren über die Nichtzulassungsbeschwerde - anders als es beim bisherigen sog. Annahmeverfahren der Fall war (BGHZ 81, 397, 399 - Verbauvorrichtung) - um ein eigenständiges Verfahren handelt, an das sich nur im Falle der Zulassung als weiteres Verfahren das Revisionsverfahren anschließt.
Der Patentverletzungsrechtsstreit ist durch die Bindung des Richters an das erteilte Patent gekennzeichnet (Sen.Beschl. v. 12.11.2002 - X ZR 176/01, GRUR 2003, 550 - Richterablehnung). Trotz anhängigen Patentnichtigkeitsverfahrens müßte die Entscheidung über die Nichtzulassungsbeschwerde deshalb nach Maßgabe der bestehenden Patentlage getroffen werden. Erscheint aus diesem Grund eine Nichtzulassung der Revision geboten, droht ein Widerspruch des zu treffenden Beschlusses mit der Nichtigerklärung des Patents, die
in dem Patentnichtigkeitsverfahren ausgesprochen werden kann. Dies stünde nicht im Einklang mit dem Interesse an der Vermeidung widerstreitender Entscheidungen , das in dem Revisionsgrund der Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung zum Ausdruck kommt und auch ein Grund für die Regelung in § 148 ZPO ist. Diesem Interesse kann andererseits durch eine Zulassung der Revision wegen des anhängigen Patentnichtigkeitsverfahrens nicht sachgerecht genügt werden, weil diese das Revisionsverfahren auch für den Fall eröffnete, daß die Nichtigkeitsklage abgewiesen wird, es also bei der im Nichtzulassungsbeschwerdeverfahren maßgeblichen Patentlage bleibt. Das widerspräche dem gerade auch durch § 148 ZPO zum Ausdruck kommenden Gebot der Prozeßökonomie , wenn auf der Grundlage der bestehenden Patentlage ein Zulassungsgrund nicht besteht.
Der Senat leitet aus dieser, sich aus Besonderheiten des geltenden Revisionsrechts ergebenden Sachlage die Anwendbarkeit dieser Vorschrift, ferner aber auch ab, daß in Fällen, in denen Patentnichtigkeitsverfahren und Patentverletzungsrechtsstreit parallel geführt werden, in letzterem auf zulässige Nichtzulassungsbeschwerde hin die Revision zuzulassen ist, wenn das den Prozessen zugrundeliegende Patent ganz oder teilweise für nichtig erklärt worden ist und diese Entscheidung Auswirkung auf diejenige im Verletzungsrechtsstreit haben kann.

b) Die mit der Aussetzung eintretende Verfahrensverzögerung, die bei der nach § 148 ZPO zu treffenden Ermessensentscheidung zu berücksichtigen ist (BGH, Beschl. v. 07.05.1992 - V ZR 192/91, MDR 1992, 1083 m.w.N.), bildet im Streitfall keinen Grund, die beantragte Maßnahme abzulehnen, obwohl die Beklagte die Nichtigkeitsklage erst nach Abschluß der Tatsacheninstanzen ein-
geleitet hat (vgl. zu Fällen dieser Art BGH, Beschl. v. 08.10.1957 - I ZR 164/56, GRUR 1958, 75 - Tonfilmwand). Denn angesichts der Auslegung des Patentanspruchs 1 durch das Oberlandesgericht ist die Nichtigkeitsklage jedenfalls wegen des geltend gemachten Nichtigkeitsgrunds der unzulässigen Erweiterung erfolgversprechend und kann ihre Erhebung nicht als bloße Maßnahme der Verzögerung des Verletzungsrechtsstreits angesehen werden.
Melullis Scharen Keukenschrijver
Mühlens Meier-Beck

(1) Das Gericht kann, wenn die Entscheidung des Rechtsstreits ganz oder zum Teil von dem Bestehen oder Nichtbestehen eines Rechtsverhältnisses abhängt, das den Gegenstand eines anderen anhängigen Rechtsstreits bildet oder von einer Verwaltungsbehörde festzustellen ist, anordnen, dass die Verhandlung bis zur Erledigung des anderen Rechtsstreits oder bis zur Entscheidung der Verwaltungsbehörde auszusetzen sei.

(2) Das Gericht kann ferner, wenn die Entscheidung des Rechtsstreits von Feststellungszielen abhängt, die den Gegenstand eines anhängigen Musterfeststellungsverfahrens bilden, auf Antrag des Klägers, der nicht Verbraucher ist, anordnen, dass die Verhandlung bis zur Erledigung des Musterfeststellungsverfahrens auszusetzen sei.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
X ZR 156/03 Verkündet am:
27. Juni 2007
Wermes
Justizhauptsekretär
als Urkundsbeamter
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Nachbauentschädigung II
GemSortV (Verordnung (EG) Nr. 2100/94 des Rates über den gemeinschaftlichen
Sortenschutz vom 27. Juli 1994) Art. 14 Abs. 3; NachbauV (Verordnung
(EG) Nr. 1768/95 vom 24. Juli 1995 über die Ausnahmeregelung gemäß Art. 14
Abs. 3 der VO (EG) Nr. 2100/94) Art. 5
Für das Wirtschaftsjahr 1998/1999 kann von Landwirten, die Nachbau hinsichtlich
gemeinschaftsrechtlich geschützter Pflanzensorten betreiben, aber der Vereinbarung
zwischen dem Bundesverband der Pflanzenzüchter und dem Deutschen
Bauernverband vom 3. Juni 1996 (veröffentlicht im Amtsblatt des Gemeinschaftlichen
Sortenamts vom 16.8.1999; auszugsweise auch im Senatsurteil
vom 13.9.2005 - X ZR 170/04, GRUR 2006, 47 f. - Auskunftsanspruch bei
Nachbau II - abgedruckt) nicht beigetreten sind, in Deutschland eine Nachbauentschädigung
grundsätzlich nur bis zur Höhe von 50 % der Z-Lizenzgebühr
verlangt werden.
BGH, Urt. v. 27. Juni 2007 - X ZR 156/03 - OLG Braunschweig
LG Braunschweig
Der X. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 27. Juni 2007 durch den Vorsitzenden Richter Dr. Melullis und die
Richter Scharen, Keukenschrijver, Asendorf und Gröning

für Recht erkannt:
Die Revision gegen das am 25. September 2003 verkündete Urteil des 2. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Braunschweig wird auf Kosten der Klägerin zurückgewiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


1
Die Klägerin ist eine in Form einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung organisierte Vereinigung von Sortenschutzberechtigten; sie ist von diesen mit der Wahrnehmung ihrer Schutzrechte, insbesondere mit der Geltendmachung von Auskunfts- und Zahlungsansprüchen in eigenem Namen, beauftragt worden.
2
Der im Verlauf des Rechtsstreits verstorbene und von den jetzigen Beklagten beerbte ursprüngliche Beklagte (nachfolgend: der Beklagte) baute in seinem landwirtschaftlichen Betrieb im Wirtschaftsjahr 1998/1999 nach Ge- meinschaftsrecht geschützte Sorten, und zwar Wintergerste der Sorte "Theresa" sowie Winterweizen der Sorten "Bandit", "Contur" und "Ritmo" nach.
3
Über diesen Nachbau erteilte der Beklagte der Klägerin Auskunft. Den Abschluss einer Nachbauvereinbarung gemäß dem am 3. Juni 1996 zwischen dem Deutschen Bauernverband e.V. und dem Bundesverband Deutscher Pflanzenzüchter e.V. geschlossenen und am 16. August 1999 im Amtsblatt des Gemeinschaftlichen Sortenamts veröffentlichten Kooperationsabkommen Landwirtschaft und Pflanzenzüchtung (im folgenden: Kooperationsabkommen 1996), das in der Folgezeit durch neue Abkommen mit abweichenden Vergütungssätzen abgelöst worden ist, lehnte er ab.
4
Die Klägerin bemisst die Nachbauentschädigung für das Wirtschaftsjahr 1998/1999 bei Landwirten, die keine Nachbauvereinbarung geschlossen haben, auf 80 % der Z-Lizenzgebühr, d.h. des Lizenzsatzes, der im selben Gebiet für die Erzeugung von Vermehrungsmaterial derselben Sorte in Lizenz verlangt wird (Art. 14 Abs. 3 4. Gedankenstrich der Verordnung (EG) Nr. 2100/94 des Rates über den gemeinschaftlichen Sortenschutz vom 27.7.1994 - GemSortV). Auf der Grundlage der vom Beklagten erteilten Auskunft verlangte sie mit Rechnung vom 22. November 1999 von diesem eine Nachbaugebühr in Höhe von insgesamt 2.317,19 DM (gleich 1.184,76 EUR).
5
Das Landgericht hat den Beklagten unter Abweisung der weitergehenden Klage zur Zahlung von 1.003,35 EUR nebst Zinsen verurteilt. Das Oberlandesgericht hat die Berufung der Klägerin, mit der diese Zahlung weiterer 181,41 EUR nebst Zinsen verlangt hat, zurückgewiesen. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin ihren Zahlungsanspruch weiter, soweit er ihr nicht bereits in den Vorinstanzen zugesprochen worden ist.

6
Der Senat hat zunächst eine Vorabentscheidung des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften gemäß Art. 234 Abs. 1 Buchst. a, Abs. 3 EGV zu folgenden Fragen eingeholt (Beschl. v. 11.10.2004 - X ZR 156/03, GRUR 2005, 240 - Nachbauentschädigung I): 1. Ist dem Erfordernis für die Bemessung einer Nachbauentschädigung im Sinne von Art. 5 Abs. 2 der Verordnung (EG) Nr. 1768/95, sie müsse "deutlich niedriger" als der Betrag sein, der im selben Gebiet für die Erzeugung von Vermehrungsmaterial derselben Sorte in Lizenz verlangt wird, auch dann genügt, wenn die Vergütung pauschal mit 80 % dieses Betrages bemessen wird? 2. Enthält Art. 5 Abs. 4 und 5 der Verordnung (EG) Nr. 2605/98 eine wertmäßige Festlegung für die Höhe der Nachbauentschädigung bei gesetzlicher Veranlagung? Falls ja: Gilt diese Festlegung als Ausdruck eines allgemeinen Gedankens auch für Nachbauhandlungen, die vor Inkrafttreten der Verordnung (EG) Nr. 2605/98 erfolgten? 3. Schließt die Leitlinienfunktion einer Vereinbarung zwischen Vereinigungen von Sortenschutzinhabern und Landwirten im Sinne von Art. 5 Abs. 4 der Verordnung (EG) Nr. 2605/98 ein, dass diese bei gesetzlicher Veranlagung in ihren wesentlichen Kernelementen (Berechnungsparameter) auch dann übernommen wird, wenn dem Sortenschutzinhaber bei der Berechnung der gesetzlichen Vergütung nicht alle in der Sphäre des Nachbauers liegenden für die Berechnung auf Grundlage der Vereinbarung erforderlichen Parameter bekannt sind und ihm insoweit auch ein Anspruch auf Mitteilung der entsprechenden Tatsachen gegen den Landwirt nicht zusteht? Falls ja: Setzt eine solche Vereinbarung, soweit sie Leitlinienfunktion in diesem Sinne ausüben soll, für ihre Wirksamkeit die Einhaltung der in Art. 5 Abs. 4 der Verordnung (EG) Nr. 2605/98 bestimmten Anforderungen auch dann voraus, wenn sie vor Inkrafttreten dieser Verordnung geschlossen wurde? 4. Setzt Art. 5 Abs. 5 der Verordnung (EG) Nr. 2605/98 eine obere Grenze der Entschädigung für vertragliche und/oder gesetzliche Entschädigungsregelungen? 5. Kann eine Vereinbarung zwischen berufsständischen Vereinigungen als Leitlinie im Sinne von Art. 5 Abs. 4 der Verordnung (EG) Nr. 2605/98 herangezogen werden, wenn sie den Entschädigungssatz von 50 % des Betrages gemäß Art. 5 Abs. 5 der Verordnung (EG) Nr. 2605/98 überschreitet?
7
Der Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften hat die Sache mit zwei weitgehend parallelen Rechtssachen verbunden und sodann durch Urteil seiner Zweiten Kammer vom 8. Juni 2006 (verbundene Rechtssachen 7/05-- 9/05, Slg. 2006 I 5045; auch veröffentlicht in GRUR 2006, 750 und GRUR Int. 2006, 742) wie folgt erkannt: 1. Im Fall der Inanspruchnahme der Ausnahme für die Landwirtschaft nach Artikel 14 Absatz 3 der Verordnung (EG) Nr. 2100/94 des Rates vom 27. Juli 1994 über den gemeinschaftlichen Sortenschutz genügt die pauschale Entschädigung in Höhe von 80 % des Betrages, der im selben Gebiet für die Erzeugung von Vermehrungsmaterial in Lizenz derselben Sorte der untersten zur amtlichen Zertifizierung zugelassenen Kategorie verlangt wird, nicht der Voraussetzung, dass - vorbehaltlich der Beurteilung der anderen erheblichen Umstände der einzelnen Ausgangsrechtsstreitigkeiten durch das nationale Gericht - diese Entschädigung im Sinne von Artikel 5 Absatz 2 der Verordnung (EG) Nr. 1768/95 der Kommission vom 24. Juli 1995 über die Ausnahmeregelung gemäß Artikel 14 Absatz 3 der Verordnung (EG) Nr. 2100/94 in der Fassung der Verordnung (EG) Nr. 2605/98 der Kommission vom 3. Dezember 1998 "deutlich niedriger" sein muss als der Betrag, der für die Erzeugung von Vermehrungsmaterial in Lizenz verlangt wird. 2. Die Kriterien, nach denen der Betrag der Entschädigung des Inhabers eines gemeinschaftlichen Sortenschutzrechts bemessen werden kann, werden in Artikel 5 Absätze 4 und 5 der Verordnung Nr. 1768/95 in der Fassung der Verordnung Nr. 2605/98 definiert. Diese Kriterien sind nicht rückwirkend anwendbar, können aber als Anhaltspunkt für die Berechnung der entspre- chenden Entschädigung in Bezug auf einen Nachbau vor dem Inkrafttreten der Verordnung Nr. 2605/98 dienen. 3. Eine Vereinbarung zwischen Vereinigungen von Inhabern und von Landwirten im Sinne von Artikel 5 Absatz 4 der Verordnung Nr. 1768/95 in der Fassung der Verordnung Nr. 2605/98 kann nur dann mit allen ihren Parametern als Leitlinie dienen, wenn sie der Kommission der Europäischen Gemeinschaften mitgeteilt und im Amtsblatt des Gemeinschaftlichen Sortenamts veröffentlicht wurde, was auch dann gilt, wenn die Vereinbarung vor dem Inkrafttreten der Verordnung Nr. 2605/98 geschlossen wurde. Eine solche Vereinbarung kann für die Entschädigung einen anderen Satz festlegen als den hilfsweise in Artikel 5 Absatz 5 der Verordnung Nr. 1768/95 in der Fassung der Verordnung Nr. 2605/98 vorgesehenen. 4. Wenn keine Vereinbarung zwischen Vereinigungen von Inhabern und von Landwirten vorliegt, ist die Entschädigung des Inhabers eines gemeinschaftlichen Sortenschutzrechts nach Artikel 5 Absatz 5 der Verordnung Nr. 1768/95 in der Fassung der Verordnung Nr. 2605/98 nach einem festen Satz zu bemessen, der weder eine obere noch eine untere Grenze darstellt.

Entscheidungsgründe:


8
Dem Rechtsmittel muss der Erfolg versagt bleiben.
9
I. Die Revision meint, Landwirte, die sich nach dem Gesetz veranlagen ließen, schuldeten den Sortenschutzinhabern eine Nachbauentschädigung in Höhe von 80 % der Z-Lizenzgebühr. Nach Art. 5 Abs. 2 der Verordnung (EG) Nr. 1768/95 sei die für den Nachbau zu zahlende Entschädigung ausdrücklich an den Betrag geknüpft, der in demselben Gebiet für die Erzeugung von Vermehrungsmaterial in Lizenz verlangt bzw. vereinbart werde. Die von der Klägerin verlangten 80 % der Z-Lizenzgebühr seien im Sinne von Art. 5 Abs. 2 der Verordnung (EG) Nr. 1768/95 "deutlich niedriger" als die übliche Lizenzgebühr.

10
Bei der Bemessung der Entschädigung für den Nachbau der nach der GemSortV geschützten Wintergetreidesorten komme Art. 5 Abs. 5 der Verordnung (EG) Nr. 1768/95 in der Fassung der Verordnung (EG) Nr. 2605/98 nicht zur Anwendung, weil zum maßgeblichen Zeitpunkt das Kooperationsabkommen vom 3. Juni 1996 bereits wirksam vorgelegen habe. Für Art. 5 Abs. 5 der Verordnung sei die Existenz, nicht aber die Publizierung des Abkommens entscheidend. Es könne nicht angenommen werden, dass die schon bei Inkrafttreten der Verordnung (EG) Nr. 2605/98 am 24. Dezember 1998 begründete Sperrwirkung der Vereinbarung durch diese Verordnung auch nur für eine Übergangszeit habe außer Kraft gesetzt werden sollen.
11
Die Klägerin macht nunmehr geltend, dem Urteil des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften sei nicht abschließend zu entnehmen, wie die Nachbaugebühren letztlich zu berechnen seien. Das müsse gelten, obgleich das Kooperationsabkommen erst im Jahr 1999 der Kommission mitgeteilt und veröffentlicht worden sei. Die alsbaldige Mitteilung und Veröffentlichung nach Inkrafttreten der Verordnung (EG) Nr. 2605/98 reichten indessen aus, um die Leitlinienfunktion der Vereinbarung auszulösen; dem entsprächen auch die Erwägungen des Gerichtshofs, wonach eine Anhaltspunktwirkung gegeben sei. Andererseits gelte der starre Prozentsatz des Art. 5 Abs. 5 der Verordnung (EG) Nr. 1768/95 in der durch die Verordnung (EG) Nr. 2605/98 ergänzten Fassung für den hier fraglichen Zeitraum noch nicht, vielmehr sei die Vereinbarung als Leitlinie oder Anhaltspunkt auch heranzuziehen, soweit sich aus ihr ein höherer Satz als 50 % der Lizenzgebühr ergebe. Der Satz von 80 % folge aus der Vereinbarung für den Fall, dass der Landwirt nur in einem Umfang von bis zu 20 % Saatgutwechsel betreibe; er basiere auf der Formel: durchschnittliche Saatstärke mal pauschale Lizenz mal 80 %.
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II. Der Beklagte erwidert, daraus, dass zur Bestimmung der Entschädigung auf die Marktverhältnisse abzustellen sei, folge nicht, dass die Entschädigung 80 % der Z-Lizenzgebühr betragen dürfe. Der Gerichtshof sehe diesen Wert vielmehr als zu hoch an. Das Berufungsgericht habe zutreffend auf den Marktpreis abgestellt. Wenn nach den gesetzlichen Vorgaben die Entschädigung deutlich geringer als die Z-Lizenzgebühr sein müsse, sei eine rechnerische Anknüpfung an die Z-Lizenzgebühr nicht erforderlich. Parameter des Kooperationsabkommens 1996 sei nicht die Z-Lizenzgebühr, sondern eine nicht sortenspezifische fiktive Nachbaugebühr.
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III. 1. Der Senat versteht die Vorabentscheidung des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften dahin, dass ausgehend von der Regelung in Art. 14 Abs. 3 4. Gedankenstrich GemSortV den Sortenschutzinhabern Anspruch auf eine angemessene Entschädigung zusteht, deren Höhe sich weiter nach Art. 5 der Verordnung (EG) Nr. 1768/95 bemisst. Dabei spielt die in Art. 5 Abs. 1 dieser Verordnung vorgesehene zwischen dem Betriebsinhaber und dem Landwirt vereinbarte Vergütung in der Praxis in Deutschland in der hier interessierenden Zeit keine Rolle. Auf die Leitlinienfunktion des Kooperationsabkommens kann für das Wirtschaftsjahr 1998/1999 noch nicht abgestellt werden , weil dieses Abkommen noch nicht veröffentlicht war. Demnach muss auf die Regelung in Art. 5 Abs. 5 der Verordnung (EG) Nr. 1768/95 in der durch die Verordnung (EG) Nr. 2605/98 ergänzten Fassung zurückgegriffen werden, wonach sich entgegen der Auffassung der Klägerin eine Entschädigung in Höhe von 50 % des für die Erzeugung des Vermehrungsmaterials in Lizenz verlangten Betrags als fester Satz ergibt.
14
2. Das Berufungsgericht hat den Satz, der sich nach dem Kooperationsabkommen 1996 als Höchstsatz ergibt, und der rechnerisch zwischen den Parteien unstreitig ist, der Klageforderung zugrunde gelegt, soweit diese der Kläge- rin zugesprochen worden ist. Damit hat es letztlich auf das Kooperationsabkommen 1996 zurückgegriffen, wie dies für das Wirtschaftsjahr 1998/1999 nach der für das weitere Verfahren bindenden Entscheidung des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften noch nicht möglich war. Der Senat versteht Nr. 3 des Tenors dieser Entscheidung dahin, dass vor Mitteilung und Veröffentlichung der Vereinbarung diese dem Vergütungsanspruch nicht - und damit auch nicht als Anhaltspunkt - zugrunde gelegt werden kann.
15
Vielmehr hätte sich nach dem Erkenntnis des Gerichtshofs das Berufungsgericht für dieses Wirtschaftsjahr auf die Vorgaben in Art. 5 Abs. 2, Abs. 5 der Verordnung (EG) Nr. 1768/95 in der durch die Verordnung (EG) Nr. 2605/98 ergänzten Fassung stützen und 50 % der für die Erzeugung von Vermehrungsmaterial in Lizenz derselben Sorte der untersten zur amtlichen Zertifizierung zugelassenen Kategorie als festen Satz (Gerichtshof Rdn. 46, 47) zubilligen müssen, da diese als Anhaltspunkt für die Berechnung der entsprechenden Entschädigung in Bezug auf einen Nachbau vor dem Inkrafttreten der Verordnung Nr. 2605/98 dienen können (Gerichtshof, Tenor Nr. 2).
16
3. Danach hätte sich indessen keine höhere Entschädigungsverpflichtung des Beklagten als die Entschädigung ergeben, die das Berufungsgericht der Klägerin zugesprochen hat. Zugrunde zu legen ist entsprechend den Vorgaben des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften für das Wirtschaftsjahr 1998/1999 ein Lizenzsatz in Höhe von 50 % der Z-Lizenz. Dieser Lizenzsatz ist für die Folgezeit für den Fall gesetzlich normiert, dass eine Vereinbarung zwischen Vereinigungen von Sortenschutzinhabern und von Landwirten nicht vorliegt (Art. 5 Abs. 5 der Verordnung (EG) Nr. 1768/95 in der durch die Verordnung (EG) Nr. 2605/98 ergänzten Fassung); für die Zeit vor Mitteilung und Veröffentlichung der Vereinbarung muss das ebenso gelten (vgl. Gerichtshof Rdn. 43). Er stellt zugleich die angemessene Entschädigung im Sinn des Art. 14 Abs. 3 4. Gedankenstrich GemSortV dar. Nr. 3 des Tenors der Entscheidung des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften schließt es nämlich aus, auf die zwar schon abgeschlossene, aber noch nicht mitgeteilte und veröffentlichte Vereinbarung auch nur als Anhaltspunkt zurückzugreifen. Dagegen hat der Gerichtshof einen Rückgriff auf die mithin noch verbleibende subsidiäre Regelung in Art. 5 Abs. 5 der Verordnung (EG) Nr. 1768/95 in der durch die Verordnung (EG) Nr. 2605/98 ergänzten Fassung selbst als möglichen Anhaltspunkt genannt. Mangels anderer greifbarer, insbesondere besser geeigneter Anhaltspunkte sieht der Senat die dort genannte Entschädigung als die angemessene im Sinn des Art. 14 Abs. 3 4. Gedankenstrich GemSortV an. Darauf, dass die Werte der genannten Bestimmung in den mittlerweile geltenden Vereinbarungen z.T. deutlich unterschritten werden, kommt es dabei nicht in entscheidungserheblicher Weise an.
17
4. Auf dieser Grundlage ergibt sich zugunsten der Klägerin eine Hauptsacheforderung , die den von den Vorinstanzen der Klägerin zuerkannten Betrag jedenfalls nicht überschreitet. Das Berufungsurteil ist deswegen nicht zugunsten der Klägerin abzuändern.
18
IV. Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.
Melullis Scharen Keukenschrijver
Asendorf Gröning
Vorinstanzen:
LG Braunschweig, Entscheidung vom 13.11.2002 - 9 O 3278/01 -
OLG Braunschweig, Entscheidung vom 25.09.2003 - 2 U 188/02 -