Bundesgerichtshof Beschluss, 29. Juli 2008 - X ZB 23/07

bei uns veröffentlicht am29.07.2008

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
X ZB 23/07
vom
29. Juli 2008
in der Rechtsbeschwerdesache
Der X. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 29. Juli 2008 durch den
Vorsitzenden Richter Dr. Melullis, den Richter Scharen, die Richterin Mühlens
und die Richter Asendorf und Gröning

beschlossen:
Auf die Rechtsbeschwerde der Antragsgegnerin wird der am 20. März 2007 verkündete Beschluss des 5. Senats (Gebrauchsmusterbeschwerdesenats ) des Bundespatentgerichts aufgehoben, soweit über den Hauptantrag und die Hilfsanträge zu 1 bis 3 der Rechtsbeschwerdeführerin entschieden worden ist. Im Übrigen wird die Rechtsbeschwerde als unzulässig verworfen.
Die Sache wird im Umfang der Aufhebung zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Rechtsbeschwerde , an das Bundespatentgericht zurückverwiesen.
Der Streitwert für das Rechtsbeschwerdeverfahren wird auf 75.000,-- € festgesetzt.

Gründe:


1
I. Die Rechtsbeschwerdeführerin ist Inhaberin des Gebrauchsmusters 299 24 199 mit der Bezeichnung "Telekommunikationsanordnung zur Übertragung von Rückkanaldaten einer Verbindung zwischen einem Endgerät und ei- nem Server eines Paketvermittlungsnetzes". Das Gebrauchsmuster, das am 1. August 2002 eingetragen worden ist, umfasst 38 Schutzansprüche. Der eingetragene Schutzanspruch 1 lautet: "1. Telekommunikationsanordnung zur Übertragung von Rückkanal -Daten in einer Verbindung zwischen einem Endgerät und einem Server eines Paketvermittlungsnetzes, zumindest auf einer Teilstrecke des Rückkanals wahlweise schmalbandig über das Paketvermittlungsnetz und/oder POTS/ISDN-Leitungen und/oder breitbandig über einen Breitband-Rückkanal, mit:
a) Mitteln zum Aufbau einer Verbindung zwischen dem Endgerät (1) und dem Server (4) über das Paketvermittlungsnetz (3),
b) Mitteln zum schmalbandigen Übertragen von RückkanalDaten vom Server (4) zum Endgerät (1),
c) Mitteln zum wiederholten Prüfen beim Server (4) und/oder einer Steuereinheit (5, 15), die Teil des Paketvermittlungsnetzes (3) ist oder zu diesem Zugang hat, ob ein durch den Nutzer des Endgerätes (1) oder ein Netzwerkmanagement ausgelöstes Steuersignal zum Übergang auf eine Rückkanal -Datenübertragung via Breitband-Rückkanal oder zum Zuschalten einer Rückkanal-Datenübertragung via Breitband -Rückkanal vorliegt,
d) Mitteln zum Wechseln auf eine Übertragung via BreitbandRückkanal während der bestehenden Verbindung bei Vorliegen eines entsprechenden Steuersignals, oder Mitteln zum Zuschalten eines derartigen Kanals, wobei RückkanalDaten zunächst breitbandig vom Server (4) zu einem Breitband -Zugangsswitch (5) übertragen und dann vom Breitband -Zugangsswitch (5) auf den Breitband-Rückkanal gegeben werden,
e) Mitteln zum Zurückwechseln auf eine schmalbandige Übertragung der Rückkanal-Daten, sofern ein entsprechendes weiteres Steuersignal des Nutzers oder des Netzwerkmanagements vorliegt."
2
Die Schutzansprüche 2 bis 22 betreffen Ausgestaltungen der Telekommunikationsanordnung nach Schutzanspruch 1, einen Switch zur Übertragung von Rückkanaldaten in einer Verbindung zwischen einem Endgerät und einem Server eines Vermittlungsnetzes (Schutzanspruch 23 mit Ausgestaltungen in den Ansprüchen 24 bis 34) sowie eine Steuereinheit zur Verwendung in einer Telekommunikationsanordnung gemäß Anspruch 1 (Schutzanspruch 35 mit Ausgestaltungen in den Ansprüchen 36 bis 38).
3
Auf Antrag der Rechtsbeschwerdegegnerinnen zu 1 und 2 hat das Deutsche Patent- und Markenamt mit Beschluss vom 27. September 2005 die teilweise Löschung des Gebrauchsmusters angeordnet. Hiergegen haben die Rechtsbeschwerdegegnerinnen Beschwerde eingelegt. Das Bundespatentgericht hat durch den angefochtenen Beschluss das Gebrauchsmuster, das die Rechtsbeschwerdeführerin in der Fassung von 4 Hilfsanträgen verteidigt hat, in vollem Umfang gelöscht. Das Bundespatentgericht hat auf Anregung der Rechtsbeschwerdeführerin und der Rechtsbeschwerdegegnerinnen die Rechtsbeschwerde zugelassen. Es hat dazu in den Gründen ausgeführt, dies geschehe im Hinblick auf die Rechtsfrage, ob die im Verfahren geltend gemachten Schutzansprüche gemäß Hauptantrag und gemäß den Hilfsanträgen zu 1 bis 3 als Verfahrensansprüche oder als Vorrichtungsansprüche einzuordnen seien und somit dem Schutzausschluss des § 2 Nr. 3 GebrMG unterfielen.
4
II. Die Rechtsbeschwerde ist durch diese Entscheidung des Bundespatentgerichts nur zugelassen, soweit über den Hauptantrag und die Hilfsanträge zu 1 bis 3 entschieden worden ist. Die Zulassung der Rechtsbeschwerde beschränkt die Nachprüfung zwar grundsätzlich nicht auf eine bestimmte Rechtsfrage , die das Beschwerdegericht für klärungsbedürftig gehalten hat; eine vom Beschwerdegericht ausgesprochene Beschränkung auf eine solche Frage ist ohne Wirkung (st. Rspr. d. Sen.; zuletzt Beschl. v. 29.04.2003 - X ZB 4/01, GRUR 2003, 781 f. - Basisstation). Zulässig ist jedoch die Beschränkung des Rechtsmittels auf einen bestimmten abgrenzbaren Teil des Verfahrensgegenstandes , die sich auch aus den Entscheidungsgründen ergeben kann (BGH, Beschl. v. 28.04.1994 - I ZB 5/92, GRUR 1994, 730 - Value; Beschl. v. 14.05.2008 - XII ZB 78/07; BGHZ 153, 358, 360 f.; BGH, Urt. v. 17.06.2004 - VII ZR 226/04, NJW 2004, 3264, 3265). Das Bundespatentgericht hat in den Gründen seiner Entscheidung eine solche Beschränkung vorgenommen. Nur für die Entscheidung über den Hauptantrag und die Hilfsanträge zu 1 bis 3 kam es auf die von ihm für klärungsbedürftig gehaltene Rechtsfrage an. Die Entscheidung über den Hilfsantrag 4 ist von dieser Rechtsfrage nicht betroffen. Das Bundespatentgericht hat insoweit die Löschung darauf gestützt, dass der Gegenstand des Schutzanspruchs 1 nach Hilfsantrag 4 nicht auf einem erfinderischen Schritt beruhe. Die von ihm vorgenommene Beschränkung der Zulas- sung der Rechtsbeschwerde bezieht sich daher auf einen abtrennbaren Teil, der die Entscheidung ansonsten nicht betrifft.
5
Die Zulässigkeit der Rechtsbeschwerde im Übrigen ergibt sich aus § 18 Abs. 4 GebrMG i.V.m. § 108 Abs. 1 PatG.
6
III. Soweit die Rechtsbeschwerde zulässig ist, führt sie zur Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und zur Zurückverweisung der Sache an das Beschwerdegericht.
7
Das Bundespatentgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung über den Hauptantrag und die Hilfsanträge zu 1 bis 3 ausgeführt:
8
Der auf eine Telekommunikationsanordnung gerichtete Schutzanspruch 1 habe im Wesentlichen einen prozessualen Ablauf zur Übertragung von Rückkanaldaten in einer Ebene-7-Verbindung gemäß dem OSI-Referenzmodell (L7-Verbindung) zwischen einem Endgerät und einem Server eines Paketvermittlungsnetzes zum Gegenstand und betreffe deshalb ein Arbeitsverfahren, das gemäß § 2 Nr. 3 GebrMG vom Gebrauchsmusterschutz ausgeschlossen sei. Anspruch 1 habe in Bezug auf die wahlweise Übertragung der Rückkanaldaten zumindest auf einer Teilstrecke des Rückkanals schmalbandig über das Paketvermittlungsnetz und POTS/ISDN-Leitungen und/oder breitbandig über einen Breitband-Rückkanal eine zeitliche Abfolge von Schritten zum Gegenstand , nämlich zunächst den Aufbau einer Verbindung zwischen dem Endgerät und dem Server über das Paketvermittlungsnetz, nachfolgend ein schmalbandiges Übertragen von Rückkanaldaten vom Server zum Endgerät, wobei die Daten vom Server zu einem Breitband-Zugangsswitch, vom BreitbandZugangsswitch über das Paketvermittlungsnetz zu einem Einwählknoten und vom Einwählknoten an das Endgerät übertragen würden. Anschließend erfolge ein wiederholtes Prüfen beim Breitband-Zugangsswitch, ob ein durch den Nutzer des Endgeräts oder ein Netzwerkmanagement ausgelöstes Steuersignal zum Übergang auf eine Rückkanal-Datenübertragung via Breitband-Rückkanal oder zum Zuschalten einer Rückkanal-Datenübertragung via BreitbandRückkanal bis zum Endgerät vorliege. Falls der Prüfvorgang ergebe, dass ein entsprechendes Steuersignal vorliege, folge ein Wechseln auf eine Übertragung via Breitband-Rückkanal während der bestehenden Übertragung, oder es werde ein derartiger Kanal zugeschaltet, wobei in der Folge wiederum Rückkanaldaten zunächst breitbandig vom Server zum Breitband-Zugangsswitch und dann vom Breitband-Zugangsswitch auf den Breitband-Rückkanal bis zum Endgerät übertragen würden. Schließlich erfolge ein Zurückwechseln auf eine schmalbandige Übertragung der Rückkanaldaten, sofern beim Prüfen ein entsprechendes weiteres Steuersignal des Nutzers oder des Netzwerkmanagements vorliege. Eine solche zeitliche Abfolge von Arbeitsschritten stelle ein Arbeitsverfahren dar.
9
Die Rechtsbeschwerde macht demgegenüber geltend, das Bundespatentgericht habe sich nicht hinreichend am Inhalt der Schutzansprüche orientiert. Schutzanspruch 1 bezeichne eine Vorrichtung mit Mitteln zur Durchführung verschiedener Aufgaben und Befehle im Rahmen der Übertragung von Rückkanaldaten. Allerdings seien die Mittel nicht räumlich körperlich, sondern hinsichtlich ihrer Funktion umschrieben. Im Bereich der Telekommunikation und Datenübertragung würden Funktionen in aller Regel durch eine Kombination von Computer-Hardware und Software bereitgestellt. Die Umschreibung einer Funktion durch Mittel sei eine geeignete Formulierung, da eine weitergehende Beschreibung der gegenständlichen Ausgestaltung in der Regel nicht möglich sei. Die Mittel seien stets ein Mikroprozessor, der Befehle einer bestimmten Software ausführe und dadurch eine Funktion bereitstelle. Anders als bei mechanischen Erfindungen existiere keine äußere Struktur oder gegenständliche Ausgestaltung, die eine Funktion bereitstellen würde. Die einzelnen Funktionen seien einer gegenständlichen Beschreibung nicht zugänglich. Anspruch 1 erhalte seine strukturelle Substanz durch die Angabe eines "Endgeräts", eines "Servers" , eines "Paketvermittlungsnetzes", eines "Rückkanals", eines "Paketvermittlungsnetzes" , eines "Breitband-Rückkanals", eines "Breitband-Zugangsswitches" und eines "Einwählknotens". Wie diese Komponenten funktionell zusammen zu wirken hätten, werde durch die funktionellen Merkmale des Anspruchs angegeben, ohne dass dazu Hinweise auf eine gegenständliche Ausgestaltung notwendig oder sinnvoll seien.
10
IV. Über die Reichweite des Anwendungsbereichs von § 2 Nr. 3 GebrMG hat der Senat bereits entschieden (Beschl. v. 17.02.2004 - X ZB 9/03, GRUR 2004, 495 ff. - Signalfolge; Beschl. v. 05.10.2005 - X ZB 7/03, GRUR 2006, 135 ff. - Arzneimittelgebrauchsmuster). Bei Einführung dieser Regelung durch das Produktpirateriegesetz hat der Gesetzgeber die Absicht verfolgt, auf das bis dahin geltende Raumformerfordernis zu verzichten und erreichen wollen, dass alle technischen Erfindungen, also zum Beispiel auch gestaltlose Stoffe als Gebrauchsmuster geschützt werden können, wobei nur Verfahrenserfindungen ausgeschlossen bleiben sollten, da sie sich mangels konkreter Darstellbarkeit für ein ungeprüftes Schutzrecht nicht eigneten (BT-Drucks. 11/5744, S. 31 ff.; BlPMZ 1990, 195, 199). In der Beschlussempfehlung des Rechtsausschusses wird als Grund dafür angeführt, dass bei Verfahrenserfindungen wegen des Fehlens von Zeichnungen oder von Darstellungen chemischer Formeln es an einer Überprüfbarkeit auf Schutzfähigkeit und Schutzumfang mangele (Bericht S. 23; BlPMZ 1990, 195, 197). Die Vorschrift ordnet demgemäß an, dass Verfahren als Gebrauchsmuster nicht geschützt werden, wobei der Verfahrensbeg- riff der herkömmlichen Verfahrensdefinition bei den technischen Schutzrechten des gewerblichen Rechtsschutzes entspricht, und insbesondere Arbeitsverfahren und Herstellungsverfahren einschließt (Sen.Beschl. v. 17.02.2004 aaO S. 497).
11
Nach diesen Grundsätzen handelt es sich bei dem Gegenstand des Schutzanspruchs 1 nicht um ein Arbeitsverfahren. Schutzanspruch 1 betrifft eine Anordnung, nämlich eine Telekommunikationsanordnung. Er beschreibt die bei dieser Anordnung zur Anwendung kommenden Arbeitsmittel nach Funktion und Arbeitsweise, die zugleich auch die Vorrichtung kennzeichnen. Ein solcher Vorrichtungsanspruch ist nach herkömmlicher Definition ein Erzeugnisund kein Verfahrensanspruch (Benkard/Mellulis/Bacher Patentgesetz, 10. Aufl. § 1 Rdn. 23). Er unterfällt daher nicht dem Schutzrechtsausschluss des § 2 Nr. 3 GbrMG.
12
Das Bundespatentgericht wird seine Entscheidung über den Hauptantrag und die Hilfsanträge zu 1 bis 3 daher nicht auf § 2 Nr. 3 GebrMG stützen können.
13
Eine mündliche Verhandlung hat der Senat nicht für erforderlich gehalten.
Melullis Scharen Mühlens
Asendorf Gröning
Vorinstanz:
Bundespatentgericht, Entscheidung vom 20.03.2007 - 5 W(pat) 454/05 -

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Gebrauchsmustergesetz - GebrMG | § 18


(1) Gegen die Beschlüsse der Gebrauchsmusterstelle und der Gebrauchsmusterabteilungen findet die Beschwerde an das Patentgericht statt. (2) Im übrigen sind die Vorschriften des Patentgesetzes über das Beschwerdeverfahren entsprechend anzuwenden. Bet

Patentgesetz - PatG | § 108


(1) Im Falle der Aufhebung des angefochtenen Beschlusses ist die Sache zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung an das Patentgericht zurückzuverweisen. (2) Das Patentgericht hat die rechtliche Beurteilung, die der Aufhebung zugrunde gelegt is

Gebrauchsmustergesetz - GebrMG | § 2


Als Gebrauchsmuster werden nicht geschützt: 1. Erfindungen, deren Verwertung gegen die öffentliche Ordnung oder die guten Sitten verstoßen würde; ein solcher Verstoß kann nicht allein aus der Tatsache hergeleitet werden, daß die Verwertung der Erfind

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bei uns veröffentlicht am 17.02.2004

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS X ZB 9/03 vom 17. Februar 2004 in der Rechtsbeschwerdesache betreffend die Gebrauchsmusteranmeldung 200 08 040.7 Nachschlagewerk: ja BGHZ: ja BGHR: ja Signalfolge GebrMG § 2 Nr. 3 Aus dem Fehlen eines beständigen

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BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS XII ZB 78/07 vom 14. Mai 2008 in der Familiensache Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein BGHR: ja ZPO §§ 621 e Abs. 2 Satz 1 Nr. 1, 543 Abs. 2 Satz 1 Auch wenn der Tenor der angefochtenen Entscheidung keine Einschränk
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Referenzen

Als Gebrauchsmuster werden nicht geschützt:

1.
Erfindungen, deren Verwertung gegen die öffentliche Ordnung oder die guten Sitten verstoßen würde; ein solcher Verstoß kann nicht allein aus der Tatsache hergeleitet werden, daß die Verwertung der Erfindung durch Gesetz oder Verwaltungsvorschrift verboten ist.
2.
Pflanzensorten oder Tierarten;
3.
Verfahren.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
XII ZB 78/07
vom
14. Mai 2008
in der Familiensache
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
ZPO §§ 621 e Abs. 2 Satz 1 Nr. 1, 543 Abs. 2 Satz 1
Auch wenn der Tenor der angefochtenen Entscheidung keine Einschränkung der
Zulassung des Rechtsmittels zum Bundesgerichtshof enthält, kann sich eine wirksame
Beschränkung der Zulassung aus den Gründen der Entscheidung ergeben (im
Anschluss an Senatsurteile BGHZ 153, 358, 360 f. = FamRZ 2003, 590 f. und vom
12. November 2003 - XII ZR 109/01 - FamRZ 2004, 612; BGH Urteile vom
12. November 2004 - V ZR 42/04 - NJW 2005, 894, 895, vom 17. Juni 2004 - VII ZR
226/04 - NJW 2004, 3264, 3265 und vom 9. März 2000 - III ZR 356/98 - NJW 2000,
1794, 1796).
BGH, Beschluss vom 14. Mai 2008 - XII ZB 78/07 - OLG Düsseldorf
AG Düsseldorf
Der XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 14. Mai 2008 durch die
Vorsitzende Richterin Dr. Hahne, den Richter Sprick, die Richterinnen
Weber-Monecke und Dr. Vézina und den Richter Dose

beschlossen:
Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss des 2. Senats für Familiensachen des Oberlandesgerichts Düsseldorf vom 16. April 2007 wird auf Kosten des Antragsgegners verworfen. Beschwerdewert: 2.000 €

Gründe:


I.

1
Die Parteien streiten um den schuldrechtlichen Versorgungsausgleich.
2
Sie hatten am 8. Juli 1966 die Ehe geschlossen. Auf den Scheidungsantrag des Antragsgegners, der der Antragstellerin am 19. Juli 1989 zugestellt worden war, hatte das Amtsgericht durch rechtskräftiges Urteil vom 3. April 1990 die Ehe der Parteien geschieden und den öffentlich-rechtlichen Versorgungsausgleich durchgeführt. Zum Ausgleich der Wertdifferenz der Versorgungsanwartschaften der Parteien in der gesetzlichen Rentenversicherung hatte es vom Versicherungskonto des Antragsgegners monatliche Rentenanwartschaften in Höhe von 631,95 DM (vgl. insoweit Berichtigungsbeschluss des Amtsgerichts vom 8. Mai 1990), bezogen auf den 30. Juni 1989, auf das Versi- cherungskonto der Antragstellerin übertragen. Zusätzlich hatte es zum Ausgleich der IBM-Betriebsrente des Antragsgegners gemäß § 3 b Abs. 1 Nr. 1 VAHRG im Wege des erweiterten Splittings bis zur Höchstgrenze von seinerzeit 63 DM weitere Versorgungsanwartschaften des Antragsgegners in der gesetzlichen Rentenversicherung auf das Versicherungskonto der Antragstellerin übertragen.
3
Die Parteien streiten nunmehr um den schuldrechtlichen Versorgungsausgleich hinsichtlich des noch nicht ausgeglichenen Teils der Betriebsrente des Antragsgegners. Beide Parteien beziehen inzwischen Renten aus der gesetzlichen Rentenversicherung, der Antragsgegner zusätzlich seine Betriebsrente , die sich zur Zeit auf monatlich 1.919,47 € brutto beläuft. Die Betriebszugehörigkeit des Antragsgegners bei der IBM vom 15. August 1966 bis 31. Dezember 1993 fällt überwiegend in die Ehezeit vom 1. Juli 1966 bis zum 30. Juni 1989.
4
Das Amtsgericht hat den Antragsgegner verurteilt, an die Antragstellerin für die Zeit ab dem 29. März 2005 eine monatliche Ausgleichsrente in Höhe von 587,60 € zu zahlen und einen entsprechenden Teil seiner IBM-Betriebsrente an die Antragstellerin abzutreten. Die Beschwerde des Antragsgegners, mit der er eine Herabsetzung des schuldrechtlichen Versorgungsausgleichs auf monatlich 65,35 € begehrte, hat das Oberlandesgericht zurückgewiesen. Die unselbständige Anschlussbeschwerde der Antragstellerin, mit der sie beantragt hatte, "den Versorgungsausgleich neu durchzuführen", hat das Oberlandesgericht als unzulässig verworfen, weil sie nicht fristgerecht eingelegt worden sei.
5
Das Oberlandesgericht hat die Rechtsbeschwerde zugelassen, "da hinsichtlich der Frage, ob die Anschließung nach § 524 Abs. 2 Satz 3 ZPO eine nachträgliche Änderung der tatsächlichen Verhältnisse i.S. des § 323 ZPO er- fordert, die Voraussetzungen nach §§ 621 e Abs. 2, 543 Abs. 2 ZPO vorliegen". Mit seiner Rechtsbeschwerde beantragt der Antragsgegner weiterhin eine Herabsetzung des schuldrechtlichen Versorgungsausgleichs.

II.

6
Die Rechtsbeschwerde des Antragsgegners ist unzulässig.
7
1. Das Oberlandesgericht hat die Beschwerde des Antragsgegners zurückgewiesen , weil sich bei zutreffender Berechnung sogar ein höherer schuldrechtlicher Versorgungsausgleich ergebe.
8
Der schuldrechtliche Versorgungsausgleich sei auf Antrag der Antragstellerin durchzuführen, da beide Parteien bereits Altersversorgungen bezögen. Auszugleichen sei der Ehezeitanteil der tatsächlich gezahlten Betriebsrente. Dass ein Teil dieser Betriebsrente als freiwillige Leistung der IBM GmbH-Unterstützungskasse gezahlt werde, stehe der Einbeziehung nicht entgegen, da bei einer etwaigen Änderung eine Anpassung der Ausgleichsrente möglich sei. Unter Berücksichtigung der Beschäftigungszeit des Antragsgegners belaufe sich der Ehezeitanteil der Betriebsrente auf 83,5516 %, mithin auf 1.603,75 €. Auszugleichen seien somit insgesamt 801,88 €.
9
Der bereits im öffentlich-rechtlichen Versorgungsausgleich ausgeglichene Teil von 63 DM sei nach dem Maßstab der Veränderung des allgemeinen Rentenwerts auf den heutigen Wert von 44,17 € hochzurechnen, so dass noch ein schuldrechtlich auszugleichender Teil der Betriebsrente von (801,88 € - 44,17 € =) 757,71 € verbleibe, der den vom Amtsgericht zugesprochenen Betrag sogar übersteige.
10
Die Anschlussbeschwerde der Antragstellerin hat das Oberlandesgericht als unzulässig verworfen. Sie sei zwar statthaft, wenngleich § 621 e Abs. 1 und 3 ZPO keinen ausdrücklichen Verweis auf die entsprechende Anwendung des § 524 ZPO enthielten. Es entspreche jedoch allgemeiner Auffassung, dass auch im Beschwerdeverfahren nach § 621 e ZPO und auch nach der Neufassung des § 621 e Abs. 3 Satz 2 ZPO ein Anschlussrechtsmittel statthaft sei.
11
Die Anschlussbeschwerde der Antragstellerin sei jedoch unzulässig, weil sie nicht fristgerecht eingelegt worden sei. Nach § 524 Abs. 2 Satz 2 ZPO habe die Anschließung bis zum Ablauf der Beschwerdeerwiderungsfrist zu erfolgen. Diese bis zum 20. April 2006 gesetzte Frist sei durch die am 22. Februar 2007 eingegangene Anschlussbeschwerde nicht gewahrt.
12
Eine spätere Anschließung sei auch nicht nach § 524 Abs. 2 Satz 3 ZPO möglich gewesen. Dabei könne dahinstehen, ob es sich bei der schuldrechtlichen Ausgleichsrente um wiederkehrende Leistungen im Sinne dieser Vorschrift handele. Denn die erweiterte Anschließungsmöglichkeit nach § 524 Abs. 2 Satz 3 ZPO diene allein dem Zweck, dem Rechtsmittelgegner die Möglichkeit zu geben, eine nach Erlass der angefochtenen Entscheidung sich ergebende Änderung in den tatsächlichen Verhältnissen zur Vermeidung eines Abänderungsverfahrens in das laufende Verfahren einzuführen. Dies folge aus dem Zweck der Vorschrift und dem Hinweis auf § 323 ZPO.
13
Das Oberlandesgericht hat die Rechtsbeschwerde zugelassen, ohne in dem Entscheidungssatz des angegriffenen Beschlusses eine Einschränkung bezüglich des Umfangs der Zulassung zu vermerken. In den Gründen hat es dazu ausgeführt, es lasse die Rechtsbeschwerde zu, weil die Voraussetzungen dafür nach den §§ 621 e Abs. 2, 543 Abs. 2 ZPO hinsichtlich der Frage vorlä- gen, ob die Anschließung nach § 524 Abs. 2 Satz 3 ZPO eine nachträgliche Änderung der tatsächlichen Verhältnisse im Sinne des § 323 ZPO erfordere.
14
2. Die Antragstellerin, deren Anschlussbeschwerde verworfen wurde, hat hiergegen kein Rechtsmittel eingelegt. Die Rechtsbeschwerde des Antragsgegners , mit der er eine Herabsetzung des schuldrechtlichen Versorgungsausgleichs begehrt, ist unzulässig.
15
a) Es entspricht ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, dass sich auch bei uneingeschränkter Zulassung des Rechtsmittels im Tenor eine wirksame Beschränkung aus den Entscheidungsgründen ergeben kann (Senatsurteile BGHZ 153, 358, 360 f. = FamRZ 2003, 590 f. und vom 12. November 2003 - XII ZR 109/01 - FamRZ 2004, 612; BGH Urteile vom 12. November 2004 - V ZR 42/04 - NJW 2005, 894, 895, vom 17. Juni 2004 - VII ZR 226/04 - NJW 2004, 3264, 3265 und vom 9. März 2000 - III ZR 356/98 - NJW 2000, 1794, 1796).
16
Das bedeutet allerdings nicht, dass stets allein aus der Begründung der Zulassung eine Beschränkung auf den Bereich der mitgeteilten Gründe entnommen werden kann. Eine Zulassungsbeschränkung kann in solchen Fällen vielmehr nur angenommen werden, wenn aus den Gründen mit ausreichender Klarheit hervorgeht, dass das Berufungsgericht die Möglichkeit einer Nachprüfung im Revisions- oder Rechtsbeschwerdeverfahren nur wegen eines abtrennbaren Teils seiner Entscheidung eröffnen wollte (Senatsurteil vom 12. Juli 2000 - XII ZR 159/98 - NJW-RR 2001, 485, 486). Das ist hier allerdings der Fall.
17
b) Den Gründen des angefochtenen Beschlusses ist eindeutig zu entnehmen , dass das Oberlandesgericht die Rechtsbeschwerde nur hinsichtlich der mit der Anschlussbeschwerde begehrten Abänderung des öffentlichrechtlichen Versorgungsausgleichs zugelassen hat. Denn die Zulassungsvor- aussetzungen der §§ 621 e Abs. 2, 543 Abs. 2 ZPO hat das Oberlandesgericht nur hinsichtlich der Frage bejaht, ob die Anschließung nach § 524 Abs. 2 Satz 3 ZPO eine nachträgliche Änderung der tatsächlichen Verhältnisse im Sinne des § 323 ZPO erfordert. Dabei geht es also nur um die rein prozessrechtliche Frage , ob die Anschlussbeschwerde der Antragstellerin zulässig war.
18
Einer Beschränkung der Zulassungsentscheidung des Oberlandesgerichts in diesem Sinne steht auch nicht entgegen, dass die Rechtsbeschwerde insoweit ohnehin statthaft gewesen wäre, weil das Oberlandesgericht die Anschlussbeschwerde der Antragstellerin als unzulässig verworfen hat (§ 621 e Abs. 1, 3 Satz 2 i.V.m. § 522 Abs. 1 Satz 4 ZPO). Der Bundesgerichtshof ist deswegen an die Zulassungsentscheidung nicht gebunden (vgl. Senatsbeschluss vom 7. April 2004 - XII ZR 51/02 - FamRZ 2004, 1023 f.). Zwar ist nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs im Rahmen einer Auslegung regelmäßig einem gesetzeskonformen Auslegungsergebnis der Vorzug einzuräumen, was gegen eine Zulassung der schon von Gesetzes wegen zulässigen Rechtsbeschwerde spricht. Dem steht hier aber die eindeutige Begrenzung der Zulassung in den Gründen des angefochtenen Beschlusses entgegen.
19
Hinzu kommt, dass die Zulassungsgründe der grundsätzlichen Bedeutung , der Fortbildung des Rechts und der Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung (§§ 621 e Abs. 2 Satz 1 2. Halbs. i.V.m. § 543 Abs. 2 ZPO) hinsichtlich der Entscheidung zum schuldrechtlichen Versorgungsausgleich - auch aus Sicht des Oberlandesgerichts - zweifelsfrei nicht vorlagen. Denn das Oberlandesgericht ist in seiner Entscheidung im Einklang mit der Rechtsprechung des Senats von dem Nominalbetrag der tatsächlich gezahlten Betriebsrente des Antragsgegners ausgegangen (Senatsbeschlüsse BGHZ 172, 177 = FamRZ 2007, 1238, 1239 und vom 25. April 2007 - XII ZB 206/06 - FamRZ 2007, 1084, 1085). Ebenfalls zu Recht und im Einklang mit der Rechtsprechung des Senats hat das Oberlandesgericht den Ehezeitanteil der Betriebsrente unter Berücksichtigung des vorgezogenen Rentenbeginns ermittelt (Senatsbeschluss vom 14. März 2007 - XII ZB 142/06 - FamRZ 2007, 891, 892). Schließlich hat das Beschwerdegericht auch den bereits im Wege des erweiterten Splittings öffentlich -rechtlich ausgeglichenen Teil der Betriebsrente des Antragsgegners im Einklang mit der Rechtsprechung des Senats aktualisiert (Senatsbeschlüsse vom 11. September 2007 - XII ZB 177/04 - FamRZ 2007, 2055, 2056, vom 4. Juli 2007 - XII ZB 5/05 - FamRZ 2007, 1545, 1546 und vom 20. Juni 2007 - XII ZB 50/05 - FamRZ 2007, 1805, 1806 f.).
20
Während das Oberlandesgericht in seiner Beschwerdeentscheidung zum schuldrechtlichen Versorgungsausgleich also lediglich die ständige Rechtsprechung des Senats auf den Einzelfall angewandt hat, betrifft die in den Gründen näher bezeichnete Zulassungsfrage nur die Rechtzeitigkeit der Anschlussbeschwerde , die ihrerseits nur die Abänderung des öffentlich-rechtlichen Versorgungsausgleichs zum Gegenstand hat. Aus den Gründen des angefochtenen Beschlusses ergibt sich deswegen nicht nur eine Begründung der Zulassungsentscheidung , sondern eine eindeutige Beschränkung auf die Anschlussbeschwerde.
21
c) Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs setzt eine Beschränkung der Rechtsmittelzulassung allerdings voraus, dass sie sich auf einen abtrennbaren Teil der Klagforderung bezieht, der einem Teilurteil zugänglich gewesen wäre oder auf den das Rechtsmittel hätte beschränkt werden können.
22
aa) Nach § 301 ZPO, an dessen Grundsätzen auch die Beschränkung der Zulassung des Rechtsmittels zu messen ist, ist ein Teilurteil nur zulässig, wenn es über einen aussonderbaren, einer selbständigen Entscheidung zugänglichen Teil des Verfahrensgegenstandes ergeht und der Ausspruch über diesen Teil unabhängig von demjenigen über den restlichen Verfahrensgegenstand getroffen werden kann, so dass die Gefahr einander widersprechender Entscheidungen ausgeschlossen ist (BGHZ 111, 158, 166 f. = NJW 1990, 1910, 1912 und Senatsurteil vom 25. Oktober 2006 - XII ZR 141/04 - FamRZ 2007, 117 f.).
23
Unzulässig ist es danach, die Zulassung des Rechtsmittels auf einzelne von mehreren Anspruchsgrundlagen oder auf bestimmte Rechtsfragen zu beschränken (BGH Urteil vom 20. Mai 2003 - XI ZR 248/02 - NJW 2003, 2529). Enthält die Entscheidung eine auf eine Rechtsfrage beschränkte Zulassung des Rechtsmittels, ist allerdings zu prüfen, ob sie sich in eine Zulassung hinsichtlich eines Teils des Streitgegenstandes umdeuten lässt. Ist die Rechtsfrage nämlich nur für einen von mehreren Ansprüchen erheblich, kann auch in einem solchen Ausspruch eine Beschränkung des Rechtsmittels auf diesen Anspruch liegen (BGHZ 101, 276, 278 f. = NJW 1987, 2586 f.).
24
bb) Im vorliegenden Fall besteht kein Zweifel daran, dass die Rechtsfrage , wegen der das Oberlandesgericht die Rechtsbeschwerde zugelassen hat, für die Entscheidung über den schuldrechtlichen Versorgungsausgleich und somit für das Rechtsmittel des Antragsgegners ohne Bedeutung ist.
25
Zwischen den Entscheidungen zum schuldrechtlichen Versorgungsausgleich und dem öffentlich-rechtlichen Versorgungsausgleich besteht kein solcher Zusammenhang, der eine gemeinsame Behandlung zur Vermeidung widerstreitender Entscheidungen erfordern könnte. Vielmehr setzt der schuldrechtliche Versorgungsausgleich an dem grundsätzlich nicht öffentlich-rechtlich übertragbaren Nominalbetrag der IBM GmbH-Betriebsrente an und reduziert den Ausgleichsbetrag lediglich um den im Wege des erweiterten Splittings schon öffentlich-rechtlich ausgeglichenen Teil. Der schuldrechtliche Versorgungsausgleich ist deswegen gegenüber dem öffentlich-rechtlichen Versorgungsausgleich grundsätzlich subsidiär (Johannsen/Henrich/Hahne Eherecht 4. Aufl. § 1587 f BGB Rdn. 7 f.; Wick Der Versorgungsausgleich 2. Aufl. Rdn. 314). Deswegen können auch etwaige Fehler bei der Durchführung des öffentlich-rechtlichen Versorgungsausgleichs lediglich im Wege der Abänderung nach § 10 a VAHRG und nicht im Rahmen des schuldrechtlichen Versorgungsausgleichs korrigiert werden (Senatsbeschluss vom 28. Oktober 1992 - XII ZB 114/91 - FamRZ 1993, 304, 305).
26
Über den öffentlich-rechtlichen und den schuldrechtlichen Versorgungsausgleich wird deswegen regelmäßig in getrennten Verfahren entschieden. Die Zulassung der Rechtsbeschwerde auf eines dieser Verfahren unterliegt somit keinen rechtlichen Bedenken.
27
d) Weil das Oberlandesgericht die Rechtsbeschwerde in zulässiger Weise nur für den von der Antragstellerin mit der - verworfenen - Anschlussbeschwerde verfolgten öffentlich-rechtlichen Versorgungsausgleich und nicht für den vom Antragsgegner verfolgten Antrag auf Herabsetzung des schuldrechtlichen Versorgungsausgleichs zugelassen hat, ist die Rechtsbeschwerde des Antragsgegners unzulässig.
Hahne Sprick Weber-Monecke Vézina Dose
Vorinstanzen:
AG Düsseldorf, Entscheidung vom 06.12.2005 - 256 F 373/04 -
OLG Düsseldorf, Entscheidung vom 16.04.2007 - II-2 UF 53/06 -

(1) Gegen die Beschlüsse der Gebrauchsmusterstelle und der Gebrauchsmusterabteilungen findet die Beschwerde an das Patentgericht statt.

(2) Im übrigen sind die Vorschriften des Patentgesetzes über das Beschwerdeverfahren entsprechend anzuwenden. Betrifft die Beschwerde einen Beschluß, der in einem Löschungsverfahren ergangen ist, so ist für die Entscheidung über die Kosten des Verfahrens § 84 Abs. 2 des Patentgesetzes entsprechend anzuwenden.

(3) Über Beschwerden gegen Beschlüsse der Gebrauchsmusterstelle sowie gegen Beschlüsse der Gebrauchsmusterabteilungen entscheidet ein Beschwerdesenat des Patentgerichts. Über Beschwerden gegen die Zurückweisung der Anmeldung eines Gebrauchsmusters entscheidet der Senat in der Besetzung mit zwei rechtskundigen Mitgliedern und einem technischen Mitglied, über Beschwerden gegen Beschlüsse der Gebrauchsmusterabteilungen über Löschungsanträge in der Besetzung mit einem rechtskundigen Mitglied und zwei technischen Mitgliedern. Für Beschwerden gegen Entscheidungen über Anträge auf Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe ist Satz 2 entsprechend anzuwenden. Der Vorsitzende muß ein rechtskundiges Mitglied sein. Auf die Verteilung der Geschäfte innerhalb des Beschwerdesenats ist § 21g Abs. 1 und 2 des Gerichtsverfassungsgesetzes anzuwenden. Für die Verhandlung über Beschwerden gegen die Beschlüsse der Gebrauchsmusterstelle gilt § 69 Abs. 1 des Patentgesetzes, für die Verhandlung über Beschwerden gegen die Beschlüsse der Gebrauchsmusterabteilungen § 69 Abs. 2 des Patentgesetzes entsprechend.

(4) Gegen den Beschluß des Beschwerdesenats des Patentgerichts, durch den über eine Beschwerde nach Absatz 1 entschieden wird, findet die Rechtsbeschwerde an den Bundesgerichtshof statt, wenn der Beschwerdesenat in dem Beschluß die Rechtsbeschwerde zugelassen hat. § 100 Abs. 2 und 3 sowie die §§ 101 bis 109 des Patentgesetzes sind anzuwenden.

(1) Im Falle der Aufhebung des angefochtenen Beschlusses ist die Sache zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung an das Patentgericht zurückzuverweisen.

(2) Das Patentgericht hat die rechtliche Beurteilung, die der Aufhebung zugrunde gelegt ist, auch seiner Entscheidung zugrunde zu legen.

Als Gebrauchsmuster werden nicht geschützt:

1.
Erfindungen, deren Verwertung gegen die öffentliche Ordnung oder die guten Sitten verstoßen würde; ein solcher Verstoß kann nicht allein aus der Tatsache hergeleitet werden, daß die Verwertung der Erfindung durch Gesetz oder Verwaltungsvorschrift verboten ist.
2.
Pflanzensorten oder Tierarten;
3.
Verfahren.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
X ZB 9/03
vom
17. Februar 2004
in der Rechtsbeschwerdesache
betreffend die Gebrauchsmusteranmeldung 200 08 040.7
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: ja
BGHR: ja
Signalfolge
Aus dem Fehlen eines beständigen körperlichen Substrats bei einer als
Gebrauchsmuster angemeldeten Erfindung folgt nicht notwendig, daß die Erfindung
rechtlich als Verfahren im Sinn des § 2 Nr. 3 GebrMG einzuordnen ist.
Einen Schutzausschluß für einen solchen Gegenstand sehen die §§ 1, 2
GebrMG seit Inkrafttreten des Produktpirateriegesetzes nicht vor.
Einem auf eine Signalfolge, die ein Programm zum Ablauf auf einem Rechner
darstellt, gerichteten Schutzanspruch steht der Schutzausschluß des § 2 Nr. 3
GebrMG nicht entgegen.
BGH, Beschl. v. 17. Februar 2004 - X ZB 9/03 - Bundespatentgericht
Der X. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat durch den Vorsitzenden
Richter Dr. Melullis, den Richter Keukenschrijver, die Richterin Mühlens und die
Richter Dr. Meier-Beck und Asendorf
am 17. Februar 2004

beschlossen:
Auf die Rechtsbeschwerde der Anmelderin wird der Beschluß des 5. Senats (Gebrauchsmuster-Beschwerdesenats) des Bundespatentgerichts vom 21. März 2003 aufgehoben.
Die Sache wird zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung an das Patentgericht zurückverwiesen.
Der Wert des Gegenstands der Rechtsbeschwerde wird auf 25.000,--

Gründe:


Die Anmelderin stellte am 4. Mai 2000 Antrag auf Eintragung des Gebrauchsmusters 200 08 040.7 mit der Bezeichnung "Systeme, Computerprogramm -Produkte und Tarifierungssysteme zur variablen Tarifierung von Internetgebühren in Abhängigkeit von gewählten Internetangeboten". Die Anmel-
dung umfaßte 37 Seiten Beschreibung sowie 28 Schutzansprüche; die unabhängigen Schutzansprüche 1, 2, 11, 12, 21 und 22 lauteten wie folgt:
" 1. System zur variablen Tarifierung von Internetgebühren in Abhängigkeit von gewählten Internetangeboten, umfassend wenigstens einen Benutzerhost und ein Tarifierungsserversystem , wobei der Benutzerhost mit einem Tarifierungshilfsprogramm ausgerüstet ist, welches vom Benutzerhost auszusendende Anfragen nach Internetangeboten auf Tarifrelevanz überwacht und im Fall von Tarifrelevanz eine bisher bestehende Wählverbindung des Benutzerhosts zu einem Zugangsserver zum Internet trennt und eine neue Wählverbindung zum Tarifierungsserversystem aufbaut, wenn die Wählverbindung nicht bereits zum Tarifierungsserversystem bestanden hat, wonach die Anfrage von dem Tarifierungsserversystem zu dem das gewählte Internetangebot bereitstellenden Anbieterserver gelangt, wobei das Tarifierungsserversystem so eingerichtet ist, daß es tarifrelevante Daten der Anfrage protokolliert, und wobei der Benutzerhost und das Tarifierungsserversystem so eingerichtet sind, daß eine Tarifänderung ohne Trennung der bestehenden Wählverbindung aufgrund der Protokollierung der tarifrelevanten Daten ermöglicht ist. 2. System zur variablen Tarifierung von Internetgebühren in Abhängigkeit von gewählten Internetangeboten, umfassend wenigstens einen Benutzerhost und ein Tarifierungsserversystem , wobei der Benutzerhost mit einem Tarifierungshilfsprogramm ausgerüstet ist, welches vom Benutzerhost auszusendende Anfragen nach Internetangeboten auf Tarifrelevanz überwacht und im Fall von Tarifrelevanz über das Internet eine Umleitung der Anfrage über das Tarifierungsserversystem veranlaßt, wobei das Tarifierungsserversystem so eingerichtet ist, daß die Anfrage von ihm zu dem das gewählte Internetangebot bereitstellenden Anbieterserver gelangt, wobei das Tarifierungsserversystem tarifrelevante Daten der Anfrage protokolliert. 11. Computerprogramm-Produkt zum Ablauf mit einem InternetBrowser auf einem Benutzerhost als Teil eines Systems zur
variablen Tarifierung von Internetgebühren in Abhängigkeit vom gewählten Internetangebot, wobei das Computerprogramm -Produkt ein Tarifierungshilfsprogramm umfaßt, welches vom Benutzerhost auszusendende Anfragen nach Internetangeboten auf Tarifrelevanz überwacht, und im Fall von Tarifrelevanz eine zum Internet bestehende Wählverbindung des Benutzerhosts trennt und eine neue Wählverbindung zu einem Tarifierungsserversystem des Systems zur variablen Tarifierung aufbaut, wenn die Wählverbindung nicht bereits zu dem Tarifierungsserversystem bestanden hat, wobei das Tarifierungshilfsprogramm die zum Tarifierungsserversystem aufgebaute Wählverbindung nicht trennt, wenn eine Anfrage nach einem anderen Internetangebot mit einem anderen Tarif auszusenden ist, soweit der Benutzer nicht ausdrücklich einen Befehl für eine derartige Trennung gibt. 12. Computerprogramm-Produkt zum Ablauf mit einem InternetBrowser auf einem Benutzerhost als Teil eines Systems zur variablen Tarifierung von Internetgebühren in Abhängigkeit vom gewählten Internetangebot, wobei das Computerprogramm -Produkt ein Tarifierungshilfsprogramm umfaßt, welches vom Benutzerhost auszusendende Anfragen nach Internetangeboten auf Tarifrelevanz überwacht, und im Fall von Tarifrelevanz über das Internet eine Umleitung der Anfrage über ein Tarifierungsserversystem veranlaßt. 21. Tarifierungsserversystem zur variablen Tarifierung von Internetgebühren in Abhängigkeit von gewählten Internetangeboten , die von einem Benutzerhost gewählt werden, umfassend einen Tarifierungsserversystem und einer Einrichtung für einen Zugang einer Wählverbindung vom Benutzerhost, wobei das Tarifierungsserversystem so eingerichtet ist, daß es bei Anfragen nach Internetangeboten diese an den betreffenden Anbieterserver weiterleitet und auf Tarifrelevanz überprüft und tarifrelevante Daten der Anfragen protokolliert, ohne daß das Tarifierungsserversystem anfragebezogene Tarifierungsdaten vom Anbieterserver übermittelt bekommt, wobei ein Tarifwechsel innerhalb eines Internetangebots oder aufgrund eines Wechsels zu einem anderen Internetangebot unter Aufrechterhaltung der bestehenden Wählverbindung möglich ist.
22. Tarifierungsserversystem zur variablen Tarifierung von Inter- netgebühren in Abhängigkeit von gewählten Internetangeboten , welches so eingerichtet ist, daß es aus dem Internet an es gerichtete Anfragen nach Internetangeboten jeweils an den betreffenden Anbieterserver weiterleitet und auf Tarifrelevanz überprüft und tarifrelevante Daten der Anfragen protokolliert, ohne daß das Tarifierungsserversystem anfragebezogene Tarifierungsdaten vom Anbieterserver übermittelt bekommt." Wegen der auf die genannten Schutzansprüche rückbezogenen weiteren Schutzansprüche 2 bis 10, 13 bis 20 und 23 bis 28 wird auf die Anmeldeunterlagen verwiesen.
Nach Beanstandung der Anmeldung durch die Gebrauchsmusterstelle hat die Anmelderin 28 Schutzansprüche gemäß Hilfsantrag eingereicht, in denen in den Schutzansprüchen 1 bis 4 und 9 jeweils das Wort "Benutzerhost" durch das Wort "Benutzerrechner" ersetzt wurde, wobei die Schutzansprüche 11 und 12 wie folgt formuliert waren:
"11. Benutzerrechner mit einem mit einem Internet-Browser und einem Tarifierungshilfsprogramm als Teil eines Systems zur variablen Tarifierung von Internetgebühren in Abhängigkeit vom gewählten Internetangebot, wobei das Tarifierungshilfsprogramm vom Benutzerrechner auszusendende Anfragen nach Internetangeboten auf Tarifrelevanz überwacht, und im Fall von Tarifrelevanz eine zum Internet bestehende Wählverbindung des Benutzerrechners trennt und eine neue Wählverbindung zu einem Tarifierungsserversystem des Systems zur variablen Tarifierung aufbaut, wenn die Wählverbindung nicht bereits zu dem Tarifierungsserversystem bestanden hat, wobei das Tarifierungshilfsprogramm die zum Tarifierungsserversystem aufgebaute Wählverbindung nicht trennt, wenn eine Anfrage nach einem anderen Internetangebot mit einem anderen Tarif auszusenden ist, soweit der Benutzer nicht ausdrücklich einen Befehl für eine derartige Trennung gibt.
12. Benutzerrechner mit einem Internet-Browser und einem Tarifierungshilfsprogramm als Teil eines Systems zur variablen Tarifierung von Internetgebühren in Abhängigkeit vom gewählten Internetangebot, wobei das Tarifierungshilfsprogramm vom Benutzerrechner auszusendende Anfragen nach Internetangeboten auf Tarifrelevanz überwacht, und im Fall von Tarifrelevanz über das Internet eine Umleitung der Anfrage über ein Tarifierungsserversystem veranlaßt." Die nachgeordneten Schutzansprüche 13 bis 20 wurden entsprechend angepaßt. In Patentanspruch 21 wurde ebenfalls das Wort "Benutzerhost" durch "Benutzerrechner" ersetzt.
Die Gebrauchsmusterstelle des Deutschen Patent- und Markenamts hat die Anmeldung zurückgewiesen, und zwar nach Hauptantrag, weil die Anmeldung teilweise auf den Schutz von Gegenständen gerichtet sei, die dem Gebrauchsmusterschutz nicht zugänglich seien. Bei den in den Schutzansprüchen 1 bis 10 definierten Systemen handle es sich um dem Schutzausschließungsgrund des § 2 Nr. 3 GebrMG unterfallende Verfahren. Durch die Ersetzung des Begriffs "Benutzerhost" durch "Benutzerrechner" nach Hilfsantrag seien die Verfahrensmerkmale nicht beseitigt worden.
Gegen den Beschluß der Gebrauchsmusterstelle hat die Anmelderin Beschwerde eingelegt, mit der sie den Eintragungsantrag in geänderter Form weiterverfolgt hat. Sie hat im Beschwerdeverfahren die unabhängigen Schutzansprüche nach dem Hauptantrag wie folgt formuliert:
" 1. Rechneranlage zur variablen Tarifierung von Internetgebühren in Abhängigkeit von gewählten Internetangeboten, umfassend wenigstens einen Benutzerrechner und einen Tarifierungsserverrechner , wobei der Benutzerrechner mit einem Tarifierungshilfsprogramm so programmiert ist, daß er vom Benut-
zerrechner auszusendende Anfragen nach Internetangeboten auf Tarifrelevanz überwacht und im Fall von Tarifrelevanz eine bisher bestehende Wählverbindung des Benutzerrechners zu einem Zugangsserver zum Internet trennt und eine neue Wählverbindung zum Tarifierungsserverrechner aufbaut, wenn die Wählverbindung nicht bereits zum Tarifierungsserverrechner bestanden hat, wobei der Tarifierungsserverrechner so eingerichtet ist, daß er tarifrelevante Daten der Anfrage protokolliert und die Anfrage zu dem das gewählte Internetangebot bereitstellenden Anbieterserver weiterleitet, und wobei der Benutzerrechner und der Tarifierungsserverrechner so eingerichtet sind, daß eine Tarifänderung ohne Trennung der bestehenden Wählverbindung aufgrund der Protokollierung der tarifrelevanten Daten ermöglicht ist. 2. Rechneranlage zur variablen Tarifierung von Internetgebühren in Abhängigkeit von gewählten Internetangeboten, umfassend wenigstens einen Benutzerrechner und einen Tarifierungsserverrechner , wobei der Benutzerrechner mit einem Tarifierungshilfsprogramm so programmiert ist, daß er vom Benutzerrechner auszusendende Anfragen nach Internetangeboten auf Tarifrelevanz überwacht und im Fall von Tarifrelevanz über das Internet eine Umleitung der Anfrage über den Tarifierungsserverrechner veranlaßt, wobei der Tarifierungsserverrechner so eingerichtet ist, daß er die Anfrage zu dem das gewählte Internetangebot bereitstellenden Anbieterserver weiterleitet, wobei der Tarifierungsserverrechner tarifrelevante Daten der Anfrage protokolliert. 11. Datenträger mit darauf gespeicherten Daten oder für die Übersendung über das Internet geeignete, Daten repräsentierende Signalfolge, wobei die Daten ein Tarifierungshilfsprogramm zum Ablauf mit einem Internet-Browser auf einem Benutzerrechner als Teil einer Rechneranlage zur variablen Tarifierung von Internetgebühren in Abhängigkeit vom gewählten Internetangebot darstellen, wobei das Tarifierungshilfsprogramm so ausgebildet ist, daß es beim Ablauf auf dem Benutzerrechner von diesem auszusendende Anfragen nach Internetangeboten auf Tarifrelevanz überwacht, und im Fall von Tarifrelevanz eine zum Internet bestehende Wählverbindung des Benutzerrechners trennt und eine neue Wählverbindung
zu einem Tarifierungsserverrechner der Rechneranlage zur variablen Tarifierung aufbaut, wenn die Wählverbindung nicht bereits zu dem Tarifierungsserversystem bestanden hat, wobei das Tarifierungshilfsprogramm die zum Tarifierungsserverrechner aufgebaute Wählverbindung nicht trennt, wenn eine Anfrage nach einem anderen Internetangebot mit einem anderen Tarif auszusenden ist, soweit der Benutzer nicht ausdrücklich einen Befehl für eine derartige Trennung gibt. 12. Datenträger mit darauf gespeicherten Daten oder für die Übersendung über das Internet geeignete, Daten repräsentierende Signalfolge, wobei die Daten ein Tarifierungshilfsprogramm zum Ablauf mit einem Internet-Browser auf einem Benutzerrechner als Teil einer Rechneranlage zur variablen Tarifierung von Internetgebühren in Abhängigkeit vom gewählten Internetangebot darstellen, wobei das Tarifierungshilfsprogramm so ausgebildet ist, daß es beim Ablauf auf dem Benutzerrechner von diesem auszusendende Anfragen nach Internetangeboten auf Tarifrelevanz überwacht, und im Fall von Tarifrelevanz über das Internet eine Umleitung der Anfrage über einen Tarifierungsserverrechner veranlaßt. 21. Tarifierungsserverrechner zur variablen Tarifierung von Internetgebühren in Abhängigkeit von, von einem über eine Wählverbindung gekoppelten Benutzerrechner gewählten Internetangeboten , wobei der Tarifierungsserverrechner so eingerichtet ist, daß er bei Anfragen nach Internetangeboten diese an den betreffenden Anbieterserver weiterleitet und auf Tarifrelevanz überprüft und tarifrelevante Daten der Anfragen protokolliert , ohne daß der Tarifierungsserverrechner anfragebezogene Tarifierungsdaten vom Anbieterserver übermittelt bekommt. 22. Tarifierungsserverrechner zur variablen Tarifierung von Internetgebühren in Abhängigkeit von gewählten Internetangeboten , welcher so eingerichtet ist, daß er aus dem Internet an ihn gerichtete Anfragen nach Internetangeboten jeweils an den betreffenden Anbieterserver weiterleitet und auf Tarifrelevanz überprüft und tarifrelevante Daten der Anfragen protokolliert, ohne daß der Tarifierungsserverrechner anfragebezogene Tarifierungsdaten vom Anbieterserver übermittelt bekommt."

Wegen der auf die vorstehend wiedergegebenen Schutzansprüche rückbezogenen weiteren Schutzansprüche wird auf die Gründe des angefochtenen Beschlusses verwiesen.
Die Schutzansprüche 11 bis 20 nach dem ersten Hilfsantrag unterscheiden sich von denen nach dem Hauptantrag dadurch, daß sie nicht (auch) auf eine Signalfolge gerichtet sind.
Die Anmelderin hat beantragt, unter Aufhebung des angefochtenen Beschlusses die Erfindung mit den Schutzansprüchen 1 bis 29 nach Hauptantrag sowie mit der Beschreibung vom 21. Juni 2002 und den Zeichnungen vom 16. Dezember 2002, hilfsweise mit den Schutzansprüchen und den weiteren Unterlagen nach Hilfsantrag 1, weiter hilfsweise mit den Unterlagen nach den Hilfsanträgen 2 bis 5 einzutragen. Die Beschwerde hatte insoweit Erfolg, als das Beschwerdegericht unter Zurückweisung der weitergehenden Anmeldung und Beschwerde die Eintragung des Gebrauchsmusters mit den Unterlagen des ersten Hilfsantrags angeordnet hat. Mit der zugelassenen Rechtsbeschwerde verfolgt die Anmelderin den Antrag, den angefochtenen Beschluß aufzuheben und die Sache an das Beschwerdegericht zurückzuverweisen.
II. Die kraft Zulassung statthafte und auch sonst zulässige Rechtsbeschwerde führt zur Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und zur Zurückverweisung der Sache an das Patentgericht (§ 18 Abs. 4 GebrMG i.V.m. § 108 Abs. 1 PatG).
1. Das Beschwerdegericht hat ausgeführt, zwar beträfen die Schutzansprüche 1 bis 10 nach dem Hauptantrag Erzeugnisse und keine Verfahren, je-
doch hätten die Schutzansprüche 11 bis 20 Verfahrenscharakter, soweit sie auf eine Signalfolge gerichtet seien. In diesem Umfang beziehe sich der Eintragungsantrag auf nach § 2 Nr. 3 GebrMG vom Gebrauchsmusterschutz ausgeschlossene Gegenstände. Eine teilweise Eintragung unter Zurückweisung der Anmeldung im Umfang der nicht eintragungsfähigen Schutzansprüche scheide aus, weil der Eintragung keine vom Eintragungsantrag abweichenden Unterlagen zugrunde gelegt werden dürften. Die in den Schutzansprüchen 11 bis 20 alternativ beanspruchte Signalfolge müsse als Verfahren angesehen werden.
2. Die Rechtsbeschwerde macht demgegenüber geltend, bei dem auf dem Datenträger gespeicherten Programm und bei dem von der Signalfolge repräsentierten Programm handle es sich um ein und dasselbe technische Programm, das lediglich zum Zweck seines Transports in einem unterschiedlichen Transportgewand in Erscheinung trete. Eine unterschiedliche Behandlung der beiden Transportausformungen sei aus Rechtsgründen nicht gerechtfertigt, weil sie nicht die der Anmeldung zugrundeliegende technische Lehre, sondern eine Nebensächlichkeit in das Zentrum der Betrachtung stelle. Die Bejahung der Gebrauchsmusterfähigkeit setze nicht voraus, daß ein Schutzgegenstand dauerhaft existiere. Ein Programm sei kein Verfahren, sondern ein sich technisch -physikalisch in einer Daten- oder Signalfolge verkörperndes Erzeugnis zum Einrichten eines Universalrechners. Das Beschwerdegericht verstehe den Verfahrensausschluß in § 2 Nr. 3 GebrMG offenbar dahin, daß nur körperlich anfaßbare Erzeugnisse eintragbar seien. Eine solche Auslegung der maßgeblichen Bestimmung widerspreche deren Sinn und Zweck, der darin bestehe, durch das frühere Raumformerfordernis vom Gebrauchsmusterschutz ausgeschlossene Gegenstände dem Schutz zuzuführen, ohne aber hinsichtlich der Schützbarkeit von Verfahren mit dem Patent gleichzuziehen. Der Verfahrensausschluß sei als Ausnahmeregelung eng auszulegen. Somit seien auch
nicht anfaßbare, sich aber in technisch-physikalischen Erscheinungsformen wie Masse, Energie, Impulse, Polarisierung verkörpernde Gegenstände dem Gebrauchsmusterschutz zugänglich, soweit es sich nicht um Verfahren handle. Soweit das Beschwerdegericht den durch die Signalfolge definierten Gegenstand - irrtümlich - dahin verstanden habe, daß er sowohl vorrichtungs- als auch verfahrensmäßige Ausformungen zulasse, stelle dies keinen hinreichenden Grund dar, einen solchen Gegenstand mit Doppelcharakter bereits von der Eintragung als Gebrauchsmuster auszuschließen.
3. Bei dem Gegenstand, für den mit Schutzanspruch 11 in seiner zweiten Alternative Schutz begehrt wird, handelt es sich um eine Signalfolge, die für die Übersendung über das Internet geeignet ist und Daten repräsentiert, wobei diese Daten ein in bestimmter Weise ausgebildetes Tarifierungshilfsprogramm darstellen, das auf einem Benutzerrechner als Teil einer Rechneranlage mit einem Internet-Browser ablaufen soll und zur variablen Tarifierung von Internetgebühren in Abhängigkeit vom gewählten Internetangebot dient. Eine solche (elektromagnetische) Signalfolge kann, worauf die Rechtsbeschwerde mit Recht hinweist, ein und dasselbe Programm wie die auf einem Datenträger gespeicherte Datenfolge der ersten Anspruchsalternative enthalten, es stellt in diesem Sinn nur eine andere "Verpackung" desselben Programminhalts dar. Unter der Geltung der Rechtslage vor Inkrafttreten des Produktpirateriegesetzes , durch das die geltende Regelung eingeführt worden ist, waren derartige Signalfolgen durch das "Raumformerfordernis" (vgl. Tronser, GRUR 1990, 10, 11 ff.) vom Gebrauchsmusterschutz ausgenommen. Dieses Erfordernis ist durch die erst im Lauf der parlamentarischen Beratungen in das Produktpirateriegesetz eingestellten neuformulierten §§ 1 und 2 GebrMG als Voraussetzung der Gebrauchsmusterfähigkeit abgeschafft worden. Im Bericht der Abgeordneten Geis und Stiegler (BT-Drucks. 11/5744, S. 31 ff. = BlPMZ 1990, 195, 197)
ist hierzu in Übereinstimmung mit einem Vorschlag des Bundesministers der Justiz vom Juni 1989 ausgeführt, es sei kein rechtspolitischer Grund mehr ersichtlich , das das Patent ergänzende Schutzrecht Gebrauchsmuster auf gegenständlich konkretisierte Erfindungen zu beschränken. Die Öffnung des Gebrauchsmusterschutzes solle allerdings dort ihre Grenze haben, wo das ungeprüfte Schutzrecht Gebrauchsmuster die Rechtssicherheit erheblich gefährden würde. Diese Grenze ist nach Auffassung des Berichts bei den Verfahrenserfindungen überschritten. Tatsächlich müßten eingetragene ungeprüfte "Verfahrensgebrauchsmuster" , die wegen des Fehlens von Zeichnungen oder von Darstellungen chemischer Formeln von Dritten in keiner Weise auch nur einigermaßen zuverlässig auf ihre Schutzfähigkeit und ihren Schutzumfang geprüft werden könnten, zu einer erheblichen Marktbeunruhigung führen. In Verfolg dieser Linie hat der Bundestag auf das Raumformerfordernis "weitgehend" verzichtet ; der Verzicht bedeute, daß alle technischen Erfindungen, also z.B. auch gestaltlose Stoffe, als Gebrauchsmuster geschützt werden könnten, wobei nur Verfahrenserfindungen ausgeschlossen bleiben sollten, da sie sich mangels konkreter Darstellbarkeit für ein ungeprüftes Schutzrecht nicht eigneten (Bericht aaO S. 199). Auch vor dem Hintergrund dieser Begründung trifft die Regelung in § 2 Nr. 3 GebrMG keine Bestimmung dahin, daß nur Erzeugnisse mit einem beständigen körperlichen Substrat gebrauchsmusterfähig seien, sie ordnet im Einklang damit ihrem Wortlaut nach vielmehr umgekehrt (nur) an, daß Verfahren als Gebrauchsmuster nicht geschützt werden. Diese vom Gesetzgeber bewußt und eindeutig getroffene Entscheidung ist von der Rechtsprechung hinzunehmen. Sie verstößt - entgegen einer gelegentlich in der Literatur vertretenen Auffassung (König, GRUR 2001, 948; hiergegen Busse, PatG, 6. Aufl. Rdn. 6 zu § 2 GebrMG) - schon wegen der verbleibenden Möglichkeit des Patentschutzes von Verfahrenserfindungen auch nicht gegen höherrangiges Recht.

Die der Gebrauchsmusteranmeldung, soweit diese im Streit steht, zugrundeliegende Signalfolge stellt kein Verfahren im Sinn der Ausschlußbestimmung des § 2 Nr. 3 GebrMG dar. Dabei ist schon mangels für ein abweichendes Ergebnis sprechender Anhaltspunkte und insbesondere in Anbetracht der Formulierungen in § 9 PatG einerseits und in § 11 Abs. 1 GebrMG andererseits davon auszugehen, daß der in § 2 Nr. 3 GebrMG verwendete Verfahrensbegriff der herkömmlichen Verfahrensdefinition bei den technischen Schutzrechte des gewerblichen Rechtsschutzes entspricht und insbesondere Arbeitsverfahren und Herstellungsverfahren einschließt.
Ein Verfahren in diesem Sinn stellt eine für die Übersendung über das Internet geeignete, Daten repräsentierende Signalfolge nicht dar. Die vom Bundespatentgericht in diesem Zusammenhang angesprochene Abarbeitung des von den Daten dargestellten Programms durch den Rechner erfolgt zumindest in ähnlicher Weise auch bei der auf einem Datenträger gespeicherten Datenfolge und verleiht dieser keinen Verfahrenscharakter. Entsprechendes gilt für die für die Übersendung über das Internet geeignete Datenfolge, der ein beständiges körperliches Substrat fehlt, ohne daß sie deshalb als Verfahren einzustufen wäre. Einen Schutzausschluß für solche Gegenstände sehen die §§ 1, 2 GebrMG seit Inkrafttreten des Produktpirateriegesetzes nicht vor.
Das Bundespatentgericht wird deshalb die Zurückweisung von Anmeldung und Beschwerde nach dem Hauptantrag der Anmelderin nicht weiterhin auf den Schutzausschluß nach § 2 Nr. 3 GebrMG stützen können. Es wird jedoch zu prüfen haben, ob mit den in Streit stehenden Schutzansprüchen ein Programm für Datenverarbeitungsanlagen als solches beansprucht wird (vgl. BGHZ 149, 68 - Suche fehlerhafter Zeichenketten).

III. Eine Kostenentscheidung ist nicht veranlaßt, weil sich die Kostenfolge unmittelbar aus dem Gesetz ergibt (vgl. Busse, PatG, 6. Aufl. Rdn. 8 zu § 109 PatG m.w.N.). Eine mündliche Verhandlung hat der Senat nicht als erforderlich angesehen (§ 18 Abs. 4 GebrMG i.V.m. § 107 Abs. 1 PatG).
Melullis Keukenschrijver Mühlens
Meier-Beck Asendorf

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
X ZB 7/03
vom
5. Oktober 2005
in der Rechtsbeschwerdesache
betreffend die Gebrauchsmusteranmeldung 200 14 819.2
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: ja
BGHR: ja
Arzneimittelgebrauchsmuster
§ 2 Nr. 3 GebrMG schließt die Eintragung eines Gebrauchsmusters für die Verwendung
bekannter Stoffe im Rahmen einer medizinischen Indikation nicht aus.
BGH, Beschl. v. 5. Oktober 2005 - X ZB 7/03 - Bundespatentgericht
Der X. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 5. Oktober 2005 durch
den Richter Scharen, die Richterin Ambrosius und die Richter Prof. Dr. MeierBeck
, Asendorf und Dr. Kirchhoff

beschlossen:
Auf die Rechtsbeschwerde des Anmelders wird der Beschluss des 5. Senats (Gebrauchsmuster-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts vom 28. Oktober 2002 aufgehoben. Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung - auch über die Kosten der Rechtsbeschwerde - an das Bundespatentgericht zurückverwiesen.

Gründe:


1
I. Der Anmelder begehrt die Eintragung eines Gebrauchsmusters mit elf Schutzansprüchen und der Bezeichnung "Pharmakologisch wirksame Substanz zur Behandlung kardiovaskulärer Erkrankungen", wobei er die Abzweigung aus der deutschen Patentanmeldung 100 38 043.3 erklärt hat. Der Schutzanspruch 1 lautet: "1. Verwendung von Serin/Threonin-Proteinphosphatase-Inhibitoren für ein Arzneimittel zur therapeutischen und präventiven Behandlung arteriosklerotischer Erkrankungen." Die Ansprüche 10 und 11 beziehen sich auf die Verwendung eines näher bestimmten Arzneimittels nach Anspruch 1 mit mindestens einer weiteren pharmakologisch wirksamen Substanz (Anspruch 9) und einer solchen weiteren Substanz aus einer bestimmten Gruppe von Substanzen (Anspruch 10) zur Behandlung bestimmter Krankheiten.
2
Durch Beschluss vom 11. Juli 2001 hat die Gebrauchsmusterstelle des Deutschen Patent- und Markenamts die Anmeldung zurückgewiesen, weil sie ein nach § 2 Nr. 3 GebrMG nicht schutzfähiges Verfahren betreffe.
3
Die gegen diese Entscheidung gerichtete Beschwerde des Anmelders hat das Bundespatentgericht durch den angefochtenen Beschluss (Mitt. 2004, 266) zurückgewiesen. Es geht davon aus, dass es sich bei den angemeldeten Schutzansprüchen um typische Verwendungsansprüche handele, die gemäß § 2 Nr. 3 GebrMG ausdrücklich vom Schutz durch Gebrauchsmuster ausgeschlossen seien. Die beantragten Schutzansprüche seien darauf gerichtet, ein bekanntes Erzeugnis durch Verfahrensmaßnahmen "für eine neue Verwendung geeignet" zu machen. Typische Ansprüche auf medizinische Verwendungen seien Verfahrensansprüche. Denn sie umfassten neben der Verabreichung des Stoffs an den Patienten auch die Maßnahmen für seine Herrichtung zur Verwendung bei der therapeutischen Behandlung, etwa seine gebrauchsfertige Verpackung und Kennzeichnung für den neuen therapeutischen Verwendungszweck (unter Bezug auf Sen. BGHZ 88, 209, 212 "Hydropyridin"). Die Anweisung in den beanspruchten Schutzansprüchen richtet sich darauf, einen bestimmten Stoff, der als solcher selbst nicht geschützt werden solle, zu einem bestimmten Zweck, nämlich der Behandlung näher bezeichneter Krankheiten, zu verwenden. Soweit neben diesem nach den Ansprüchen 10 und 11 noch ein zweiter Stoff benutzt werden solle, ändere dies nichts an der Qualifizierung als Verfahrensanspruch. Einerseits werde Schutz wiederum nicht für das Stoffgemisch begehrt, andererseits würde auch ein Verwendungsanspruch, bei dem ein Stoff eingesetzt werde, um ein neues Erzeugnis (Verbindung/Mischung) hervorzubringen, nichts am Charakter als Verfahrensanspruch ändern.
4
Da der Ausschluss des Gebrauchsmusterschutzes für Verfahrenserfindungen dem ausdrücklichen Willen des Gesetzgebers entspreche, fehle es an einer unbewussten Regelungslücke, die durch Analogie geschlossen werden müsse.
5
Es liege auch kein gegenständlich eingeschränktes Sachschutzbegehren vor, das auf einen zweckgebundenen Erzeugnisschutz gerichtet wäre und § 2 Nr. 3 GebrMG nicht unterfallen würde. Zwar könne sich ein Erzeugnisanspruch auf einen zweckgebundenen Erzeugnisschutz oder auch einen Schutz des Erzeugnisses für eine bestimmte Verwendung beschränken. Zwischen diesen beiden Formen des eingeschränkten Schutzes sei aber ein Unterschied zu machen. Das folge aus der Regelung des § 3 Abs. 3 PatG zum zweckgebundenen Arzneimittel-Stoffschutz und dem daneben möglichen patentrechtlichen Schutz für die Verwendung des Stoffs.
6
Das Bundespatentgericht will nicht der in der Literatur vertretenen Ansicht folgen, wonach Verwendungsansprüche im Wege der Auslegung als auf den betreffenden Gebrauch beschränkte Erzeugnisansprüche angesehen werden könnten, für die mangels Kategoriewechsels auch der Gebrauchsmusterschutz offenstehen solle (U. Krieger, GRUR Int. 1996, 354, 355, jetzt anders in Münch.Komm. z. EPÜ, Art. 64 Rdn. 10; Loth, GebrMG, § 1 Rdn. 136). Auch diese Literaturmeinung knüpfe an einen erteilten patentrechtlichen Erzeugnis- anspruch an, so dass sich allenfalls in Fällen der Abzweigung aus einer Erzeugnispatentanmeldung auf die Zulässigkeit solcher Verwendungsansprüche im Gebrauchsmustereintragungsverfahren schließen lasse. Hier dagegen enthalte die der Abzweigung zugrundeliegende Patentanmeldung nur Patentansprüche , die sich auf den Schutz von Verwendungen richteten.
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Das Bundespatentgericht hat die Rechtsbeschwerde wegen grundsätzlicher Bedeutung zugelassen. Der Anmelder verfolgt mit ihr seinen Eintragungsantrag weiter. Er vertieft die bereits vor dem Bundespatentgericht vorgetragene Argumentation.
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II. Die Rechtsbeschwerde erweist sich als begründet. Entgegen der Auffassung des Bundespatentgerichts schließt § 2 Nr. 3 GebrMG die Eintragung eines Gebrauchsmusters für die Verwendung bekannter Stoffe im Rahmen einer neuen medizinischen Indikation nicht aus.
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1. Der Gegenstand des Schutzanspruchs 1 betrifft kein Verfahren im Sinne der Ausschlussbestimmung des § 2 Nr. 3 GebrMG. Denn der in dieser gesetzlichen Regelung verwendete Begriff entspricht der herkömmlichen Verfahrensdefinition bei den technischen Schutzrechten des gewerblichen Rechtsschutzes und schließt insbesondere Arbeitsverfahren und Herstellungsverfahren ein (BGHZ 158, 142, 149 - Signalfolge).
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Die Verwendung eines bekannten Stoffs zur Erzielung einer bestimmten therapeutischen oder präventiven Wirkung am menschlichen oder tierischen Körper kann nicht schlechterdings als auf die Erzeugung eines Stoffs oder einer Sache ausgerichtetes Herstellungsverfahren angesehen werden. Denn auch wenn bekannte Wirkstoffe regelmäßig der augenfälligen Herrichtung bedürfen, ehe sie zur Behandlung von Krankheiten eingesetzt werden (vgl. BGHZ 68, 156, 161 - Benzolsulfonylharnstoff; Sen.Beschl. v. 03.06.1982 - X ZR 21/81, GRUR 1982, 548, 549 - Sitosterylglykoside; BGHZ 88, 209, 216 - Hydropyridin), fehlt es hier doch an einem durch ein Verfahren hergestellten Erzeugnis im üblichen Sinn. Vielmehr erschöpft sich die Verwendung in einem Handlungserfolg, auf den sie abzielt (vgl. BGHZ 110, 82, 87 - Spreizdübel). Ebenso wenig handelt es sich um ein Arbeitsverfahren. Denn als Arbeitsverfahren wird eine technische Betätigung bezeichnet, durch die an einem Objekt Arbeitsschritte vollzogen werden, ohne dass dabei eine Veränderung der behandelten Sache eintritt (Sen.Beschl. v. 16.09.1997 - X ZB 21/94, GRUR 1998, 130 - Handhabungsgerät ). Bei der medizinischen Indikation dagegen wird zur Erzielung einer therapeutischen oder präventiven Wirkung auf einen menschlichen oder tierischen Körper eingewirkt.
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Gegenstand des Verwendungsanspruchs gemäß Schutzanspruch 1 ist die Eignung eines bekannten Stoffs für einen bestimmten medizinischen Einsatzzweck und damit letztlich eine dem Stoff innewohnende Eigenschaft. Der Gegenstand eines solchen Verwendungsanspruchs wird charakterisiert durch einen Stoff in einer bestimmten Verwendung (Sen.Urt. v. 05.07.2005 - X ZR 14/03, GRUR 2005, 845, 847 - Abgasreinigungsvorrichtung). Verwendungsansprüche dieser Art weisen jedenfalls Elemente von Erzeugnisansprüchen auf. Ihre Verwandtschaft mit Erzeugnisansprüchen manifestiert sich auch darin, dass der Senat im Patentrecht die eingeschränkte Verteidigung eines Erzeugnisanspruchs in Form eines Verwendungsanspruchs zulässt. Das ist erlaubt , weil es nur zu einer Einschränkung, nicht aber einer Verlagerung des Patentschutzes kommt. Denn ein Anspruch für ein Erzeugnis als solches umfasst alle Verwendungsmöglichkeiten (vgl. Sen.Urt. v. 17.09.1987 - X ZR 56/86, GRUR 1988, 287, 288 - Abschlussblende).

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2. Diese Überlegungen sprechen im Streitfall dagegen, den für Verfahren in § 2 Nr. 3 GebrMG vorgesehenen Ausschlusstatbestand auch auf Schutzansprüche anzuwenden, deren Gegenstand die Verwendung bekannter Stoffe für bestimmte medizinische Indikationen ist. Auch den Gesetzesmaterialien ist, entgegen der Auffassung des Bundespatentgerichts, nicht zu entnehmen, dass Verwendungsansprüche für bestimmte medizinische Indikationen vom Gebrauchsmusterschutz ausgenommen werden sollten. Das Bundespatentgericht führt in diesem Zusammenhang einen von dem Präsidenten des Deutschen Patent- und Markenamtes in das Verfahren eingeführten Bericht des Bundesjustizministeriums an, auf den sich die Gesetzesmotive bezögen. Dieser Bericht referiert zwar den überwiegenden Wunsch der im Gesetzgebungsverfahren befragten Wirtschaftskreise, die Verfahrenserfindungen "einschließlich der Anwendungen oder Verwendungen bekannter Gegenstände für einen neuen Zweck" auch weiterhin vom Gebrauchsmusterschutz auszunehmen (vgl. S. 18 des Berichts). Der Rechtsausschuss des Bundestags hat sich aber nicht dieses Referat über die Ergebnisse der durchgeführten Befragung, sondern nur die Schlussfolgerungen des Berichts des Bundesjustizministeriums zu eigen gemacht (Beschlussempfehlung und Bericht des Rechtsausschusses, abgedr. BlPMZ 1990, 195, 197). Diese Schlussfolgerungen enthalten an keiner Stelle im Zusammenhang mit dem Ausschluss der Verfahren vom Gebrauchsmusterschutz die vom Bundespatentgericht zur Begründung seines angefochtenen Beschlusses herangezogene Parenthese "einschließlich der Anwendungen oder Verwendungen bekannter Gegenstände für einen neuen Zweck". Die Schlussfolgerungen nehmen darauf auch keinen Bezug.
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Nach den Schlussfolgerungen sollte die mit dem Verzicht auf das Raumformerfordernis bezweckte Öffnung des Gebrauchsmusterschutzes lediglich dort eine Grenze haben, wo das ungeprüfte Schutzrecht Gebrauchsmuster die Rechtssicherheit erheblich gefährden würde und der Gebrauchsmusterschutz aufgrund seiner dann mangelnden Bestandskraft praktisch ins Leere ginge. Diese Grenze sei bei Verfahrenserfindungen überschritten, weil es bei ihnen wegen des Fehlens von Zeichnungen oder von Darstellungen chemischer Formeln an einer Überprüfbarkeit auf Schutzfähigkeit und Schutzumfang mangele (Bericht, aaO, S. 23 f.). Dementsprechend führt der Rechtsausschuss als Grund für den Ausschluss der Verfahrenserfindungen vom Gebrauchsmusterschutz an, dass sie sich mangels konkreter Darstellbarkeit nicht für ein ungeprüftes Schutzrecht eigneten (Beschlussempfehlung, aaO).
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Diese Begründung erfasst nicht Verwendungsansprüche für medizinische Indikationen, die sich darauf beschränken, einen bekannten Stoff in einer beliebigen, bekannten Darreichungsform dem menschlichen oder tierischen Körper zuzuführen, um in diesem eine bestimmte Wirkung zu erzielen. Schwierigkeiten der Darstellung des Schutzanspruchs sind hier nicht zu erkennen. Dagegen lässt sich den Schlussfolgerungen des Bundesjustizministeriums entnehmen , dass mit dem am 1. Juli 1990 in Kraft getretenen Verzicht auf das Raumformerfordernis im deutschen Gebrauchsmustergesetz die Eintragung von Gebrauchsmustern insbesondere für gestaltlose Stoffe und Stoffmischungen wie Arzneimittel ermöglicht werden sollte (Bericht, aaO, S. 21). Ein Grund für eine hinsichtlich ihrer Schutzfähigkeit als Gebrauchsmuster unterschiedliche Behandlung von neuen Stoffen, die Arzneimittel sind, und bekannten Stoffen, deren Wirkung als Arzneimittel in einem erfinderischen Schritt gefunden wurde, ist indes nicht ersichtlich.
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An der Entwicklung neuer Arzneimittel besteht ein überragendes Interesse der Öffentlichkeit. Die Entwicklung solcher Innovationen würde nicht geför- dert, sondern gehemmt, wenn Arzneimittel zwar als neue Stoffe, nicht jedoch als neuartige Verwendungen bekannter Stoffe Gebrauchsmusterschutz beanspruchen könnten. Denn häufig wird bemerkenswerter medizinischer Fortschritt durch die innovative Verwendung bereits bekannter Stoffe erzielt.
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3. Auch der Ausschlusstatbestand des § 5 Abs. 2 PatG steht der Eintragung eines Gebrauchsmusters für Schutzansprüche, die sich auf die Verwendung bekannter Stoffe zu bestimmter medizinischer Indikation richten, nicht entgegen. Denn auch als solche oder als Arzneimittel bekannte Wirkstoffe bedürfen regelmäßig der augenfälligen Herrichtung im gewerblichen Bereich, ehe sie zur Behandlung von Krankheiten verwendet werden können (vgl. BGHZ 68, 156, 161 - Benzolsulfonylharnstoff; Sen.Beschl. v. 03.06.1982 - X ZR 21/81, GRUR 1982, 548, 549 - Sitosterylglykoside; BGHZ 88, 209, 216 - Hydropyridin).
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4. Die Schutzansprüche 10 und 11 beziehen sich auf die Verwendung zweier pharmakologisch wirksamer Substanzen zur Behandlung einer Krankheit. Auch wenn sie die Mischung oder Verbindung dieser Substanzen voraussetzen , geben sie doch keine Anleitung für ein Herstellungs- oder Arbeitsverfahren in dem beschriebenen, von § 2 Nr. 3 GebrMG erfassten Sinn. Diese Schutzansprüche sind daher ebenfalls nach den vorstehend für medizinische Indikationen entwickelten Grundsätzen zu beurteilen und nicht prinzipiell vom Gebrauchsmusterschutz ausgeschlossen.
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III. Die vom Bundespatentgericht für die Ablehnung der Eintragung des angemeldeten Gebrauchsmusters angeführte Begründung erweist sich somit im Ergebnis als nicht tragfähig. Die Rechtsbeschwerde führt daher zur Aufhebung des angefochtenen Beschlusses und zur Zurückverweisung zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Bundespatentgericht (§§ 18 Abs. 4 GebrMG, 108 Abs. 1 PatG). Das Bundespatentgericht wird seine erneute Prüfung anhand der in dieser Entscheidung ausgeführten Grundsätze vorzunehmen haben. Eine Zurückweisung der Anmeldung im Hinblick auf den in § 2 Nr. 3 GebrMG formulierten Ausschlusstatbestand ist danach im Streitfall ausgeschlossen.
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Eine mündliche Verhandlung hat der Senat nicht als erforderlich angesehen (§ 18 Abs. 4 GebrMG i.V.m. § 107 Abs. 1 PatG).
Scharen Ambrosius Meier-Beck
Asendorf Kirchhoff
Vorinstanz:
Bundespatentgericht, Entscheidung vom 28.10.2002 - 5 W(pat) 25/01 -

Als Gebrauchsmuster werden nicht geschützt:

1.
Erfindungen, deren Verwertung gegen die öffentliche Ordnung oder die guten Sitten verstoßen würde; ein solcher Verstoß kann nicht allein aus der Tatsache hergeleitet werden, daß die Verwertung der Erfindung durch Gesetz oder Verwaltungsvorschrift verboten ist.
2.
Pflanzensorten oder Tierarten;
3.
Verfahren.