Bundesgerichtshof Beschluss, 25. Mai 2004 - X ARZ 101/04

published on 25/05/2004 00:00
Bundesgerichtshof Beschluss, 25. Mai 2004 - X ARZ 101/04
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Gericht


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
X ARZ 101/04
vom
25. Mai 2004
in dem Rechtsstreit
Der X. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 25. Mai 2004 durch den
Vorsitzenden Richter Dr. Melullis, den Richter Keukenschrijver, die Richterin
Mühlens und die Richter Dr. Meier-Beck und Asendorf

beschlossen:
Zuständig ist das Arbeitsgericht Düsseldorf.

Gründe:


I. Die Beklagte handelt mit Teppichböden. Durch Vertrag vom 25. April 2000 vereinbarte sie mit dem Kläger, daß dieser alle Verlegeaufträge für die Beklagte ausführen sollte. Wegen behaupteter Verletzung dieses Vertrags hat der Kläger die Beklagte vor dem Landgericht Düsseldorf verklagt. Nachdem das Landgericht gemäß Verfügung vom 30. April 2003 die Parteien darauf hingewiesen hatte, daß die Zuständigkeit des Arbeitsgerichts begründet sein könnte, verwies es mit Beschluß vom 11. Juni 2003, gegen den Rechtsmittel nicht eingelegt wurden, den Rechtsstreit an das Arbeitsgericht Düsseldorf. Dieses verweigerte die Übernahme des Rechtsstreits und gab die Sache an das Landgericht Düsseldorf zur Überprüfung seines Beschlusses vom 11. Juni 2003 zurück. Dieser Verweisungsbeschluß sei in grober Weise gesetzeswidrig und binde deshalb das Arbeitsgericht nicht. Das Landgericht habe unter einseitiger Betrachtung einiger weniger Aspekte angenommen, zwischen den Parteien habe
ein Arbeitsrechtsverhältnis bestanden. Diese Annahme sei sowohl vom Ergebnis als auch von der Begründung her in grober Weise rechtsfehlerhaft.
Das Landgericht hat den Rechtsstreit dem Bundesgerichtshof zur Bestimmung des zuständigen Gerichts vorgelegt.
II. Aufgrund der bindenden Verweisung durch das Landgericht Düsseldorf ist das Arbeitsgericht Düsseldorf zuständig.
1. Für Entscheidungen über die Zulässigkeit des beschrittenen Rechtswegs trifft § 17 a GVG eine eigenständige Regelung, die einen Streit zwischen Gerichten verschiedener Rechtswege von vornherein ausschließen soll (Sen.Beschl. v. 9.4.2002 - X ARZ 24/02, NJW 2002, 2474; Sen.Beschl. v. 12.3.2002 - X ARZ 314/01, BGH-Rep. 2002, 749; Sen.Beschl. v. 13.11.2001 - X ARZ 266/01, WM 2002, 406). Wenn das angerufene Gericht den zu ihm führenden Rechtsweg für unzulässig hält, hat es dies auszusprechen und den Rechtsstreit zugleich an das zuständige Gericht des zulässigen Rechtswegs zu verweisen. Diese Entscheidung kann in einem Instanzenzug auf Rechtsmittel der Parteien auf ihre Richtigkeit hin überprüft werden, denn anders als die Verweisung wegen örtlicher und sachlicher Unzuständigkeit (§ 281 ZPO) unterliegt der nach § 17 a Abs. 2 GVG ergehende Verweisungsbeschluß der sofortigen Beschwerde (§ 17 a Abs. 4 GVG). Hieraus folgt jedoch umgekehrt, daß ein nach § 17 a Abs. 2 GVG ergangener Beschluß, sobald er rechtskräftig geworden ist, einer weiteren Überprüfung entzogen ist. Die Regelung in § 17 a Abs. 5 GVG bestätigt dies (Sen.Beschl. v. 9.4.2002, aaO). Angesichts dieser Rechtslage besteht die Bindungswirkung nach § 17 a Abs. 2 Satz 3 GVG auch bei gesetzwidrigen Verweisungen (Senat BGHZ 144, 21, 24; Sen.Beschl. v. 9.4.2002, aaO; Sen.Beschl. v. 16.12.2003 - X ARZ 363/03, BGH-Rep. 2004, 549).

Das Arbeitsgericht ist danach das zuständige Gericht des zulässigen Rechtswegs, weil der Rechtsstreit durch den unangefochtenen und nunmehr unanfechtbaren Beschluß des Landgerichts Düsseldorf vom 11. Juni 2003 mit der sich aus § 17 b Abs. 1 GVG ergebenden Folge verwiesen worden ist, daß der Rechtsstreit nunmehr beim Arbeitsgericht Düsseldorf anhängig ist.
2. Eine andere Beurteilung kommt auch nicht deshalb in Betracht, weil das Landgericht, wie das Arbeitsgericht meint, einer offenkundigen Fehlbeurteilung unterlegen ist. Denn die durch § 17 a Abs. 4 GVG eröffnete Beschwerdemöglichkeit schließt es selbst bei einem schwerwiegenden Rechtsfehler grundsätzlich aus, die Bindungswirkung der Verweisung des Rechtsstreits an das Gericht eines anderen Rechtswegs zu durchbrechen (Sen.Beschl. v. 8.7.2003 - X ARZ 138/03, NJW 2003, 2990; Sen.Beschl. v. 16.12.2003 - X ARZ 363/03, aaO).
Im Streitfall haben die Parteien weder ein Rechtsmittel gegen die Verweisung eingelegt noch auch nur vor dem Landgericht der Verweisung widersprochen. Damit ist die Verweisung rechtskräftig und sowohl für die Parteien als auch im Rahmen des vorliegenden Verfahrens für das Arbeitsgericht bindend. Angesichts der klaren Rechtslage besteht weder Anlaß noch Möglichkeit, dem Arbeitsgericht die im Gesetz nicht vorgesehene Befugnis zuzubilligen, sich über die Bindungswirkung der Verweisungsentscheidung hinwegzusetzen.
Da das Arbeitsgericht jedoch ausdrücklich die Übernahme der Sache verweigert und diese an das Landgericht Düsseldorf zurückgegeben hat, spricht der Senat zur Vermeidung weiterer Verzögerungen des Verfahrens die gesetz-
liche Rechtsfolge ausdrücklich aus (vgl. Sen.Beschl. v. 13.11.2001 - X ARZ 266/01, aaO).
Melullis Keukenschrijver Mühlens
Meier-Beck Asendorf
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Annotations

(1) Ist auf Grund der Vorschriften über die örtliche oder sachliche Zuständigkeit der Gerichte die Unzuständigkeit des Gerichts auszusprechen, so hat das angegangene Gericht, sofern das zuständige Gericht bestimmt werden kann, auf Antrag des Klägers durch Beschluss sich für unzuständig zu erklären und den Rechtsstreit an das zuständige Gericht zu verweisen. Sind mehrere Gerichte zuständig, so erfolgt die Verweisung an das vom Kläger gewählte Gericht.

(2) Anträge und Erklärungen zur Zuständigkeit des Gerichts können vor dem Urkundsbeamten der Geschäftsstelle abgegeben werden. Der Beschluss ist unanfechtbar. Der Rechtsstreit wird bei dem im Beschluss bezeichneten Gericht mit Eingang der Akten anhängig. Der Beschluss ist für dieses Gericht bindend.

(3) Die im Verfahren vor dem angegangenen Gericht erwachsenen Kosten werden als Teil der Kosten behandelt, die bei dem im Beschluss bezeichneten Gericht erwachsen. Dem Kläger sind die entstandenen Mehrkosten auch dann aufzuerlegen, wenn er in der Hauptsache obsiegt.