Bundesgerichtshof Beschluss, 13. Nov. 2007 - KVR 4/07
Gericht
Richter
BUNDESGERICHTSHOF
beschlossen:
Der Wert des Verfahrensgegenstandes beträgt bis zur übereinstimmenden Erledigungserklärung 4 Mio. €. Danach beträgt der Gegenstandswert 164.866,96 €.
Gründe:
I.
- 1
- Am 13. Oktober 2005 meldete die E. I. du Pont de Nemours and Company (Betroffene zu 1, nachstehend DuPont) beim Bundeskartellamt die Absicht an, durch ihre niederländische Tochtergesellschaft von der in Insolvenz geratenen Pedex & Co. (nachstehend Pedex) – Insolvenzverwalter ist der Betroffene zu 2 – deren Kundenstamm, gewerbliche Schutzrechte, Marken und sonstige Vermögensgegenstände zu erwerben sowie deren Personal zu übernehmen. Das Zusammenschlussvorhaben betraf hauptsächlich den Markt der Filamente für „Oral Care-Anwendungen“. Auf diesem Markt lagen die Umsätze von DuPont und Pedex in den Jahren 2004 und 2005 in Deutschland zusammengerechnet jeweils unter 15 Mio. €, während sie europaweit ca. 18,5 Mio. € betrugen.
- 2
- Das Bundeskartellamt hat den Zusammenschluss untersagt (WuW/E DE-V 1247). Gegen die Untersagungsverfügung haben beide Betroffene Beschwerde eingelegt. Das Beschwerdegericht hat die Untersagungsverfügung aufgehoben (OLG Düsseldorf WuW/E DE-R 1881).
- 3
- Hiergegen hatte sich die (zugelassene) Rechtsbeschwerde des Bundeskartellamts gerichtet. Während des Rechtsbeschwerdeverfahrens wurde Pedex an ein Drittunternehmen veräußert. Die Betroffenen haben daraufhin das Verfahren in der Hauptsache für erledigt erklärt.
II.
- 4
- Aufgrund der übereinstimmenden Erledigungserklärungen hat der Senat nur noch über die Kosten des Verfahrens zu entscheiden, und zwar hinsichtlich beider Instanzen; denn der Beschluss des Beschwerdegerichts ist im Umfang der Erledigung der Hauptsache auch im Kostenpunkt unwirksam geworden (BGH, Beschl. v. 29.10.1985 – KVR 4/83, WuW/E 2207, 2208 – Lufthansa/f.i.r.s.t. Reisebüro).
- 5
- Nach § 78 GWB i.V. mit § 161 Abs. 2 Satz 1 VwGO, § 91a Abs. 1 Satz 1 ZPO ist über die Kosten des in der Hauptsache für erledigt erklärten Kartellverwaltungsprozesses nach billigem Ermessen unter Berücksichtigung des bisherigen Sach- und Streitstandes zu entscheiden. Dabei genügt eine summarische Prüfung der Erfolgsaussicht in rechtlicher und tatsächlicher Hinsicht (BGH WuW/E 2207, 2208 – Lufthansa/f.i.r.s.t. Reisebüro; BGH, Beschl. v. 16.11.1999 – KVR 10/98, WuW/E DE-R 420, 421 – Erledigte Beschwerde; Beschl. v. 31.5.2006 – KVR 1/05, WRP 2006, 1030 Tz. 9 – Call-Option).
- 6
- Danach sind dem Bundeskartellamt die Kosten des Verfahrens aufzuerlegen, da es ohne Eintritt des erledigenden Ereignisses voraussichtlich unterlegen wäre. Es bedarf keiner Entscheidung über die vom Betroffenen zu 2 aufgeworfenen Fragen , ob die Untersagungsverfügung an den Betroffenen zu 2 wirksam zugestellt worden ist, welche Konsequenzen eine fehlende Zustellung an den Betroffenen zu 2 hätte und ob es zur Fristverlängerung nach § 40 Abs. 2 Satz 4 Nr. 1 GWB auch seiner Zustimmung bedurft hätte. Auf die von dem Beschwerdegericht zu Recht festgestellte Zulässigkeit der Beschwerde hätte es keinen Einfluss, wenn die angegriffene Entscheidung – wie vom Betroffenen zu 2 geltend gemacht – ihm gegenüber nicht wirksam geworden wäre (vgl. BGH, Beschl. v. 19.6.2007 – KVR 17/06, WuW/E DE-R 2055 Tz. 19 – Auskunftsverlangen).
- 7
- Ohne Rechtsfehler hat das Beschwerdegericht angenommen, dass das angemeldete Vorhaben nicht den Vorschriften über die Zusammenschlusskontrolle unterlag. Von dem Zusammenschlussvorhaben war lediglich ein Bagatellmarkt im Sinne des § 35 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 GWB betroffen. Wie der Senat nach Verkündung der angegriffenen Entscheidung entschieden hat, sind bei der Prüfung, ob ein Bagatellmarkt i.S. des § 35 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 GWB vorliegt, allein die im Inland erzielten Umsätze heranzuziehen (BGH, Beschl. v. 25.9.2007 – KVR 19/07 – Sulzer/Kelmix). Diese liegen auf dem hier relevanten Markt der Filamente für „Oral Care-Anwendungen“ unter 15 Mio €.
Strohn Kirchhoff
Vorinstanz:
OLG Düsseldorf, Entscheidung vom 22.12.2006 - VI-(Kart) 10/06 (V) -
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(1) Die Nichtzulassung der Rechtsbeschwerde kann von den am Beschwerdeverfahren Beteiligten durch Nichtzulassungsbeschwerde angefochten werden.
(2) Über die Nichtzulassungsbeschwerde entscheidet der Bundesgerichtshof durch Beschluss, der zu begründen ist. Der Beschluss kann ohne mündliche Verhandlung ergehen.
(3) Die Nichtzulassungsbeschwerde ist binnen einer Frist von einem Monat schriftlich bei dem Oberlandesgericht einzulegen. Die Frist beginnt mit der Zustellung der angefochtenen Entscheidung.
(4) Die Nichtzulassungsbeschwerde ist innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung der Entscheidung des Beschwerdegerichts zu begründen. Die Frist kann auf Antrag von dem oder der Vorsitzenden verlängert werden. In der Begründung der Nichtzulassungsbeschwerde müssen die Zulassungsgründe des § 77 Absatz 2 dargelegt werden.
(5) Die Nichtzulassungsbeschwerdeschrift und -begründung müssen durch einen Rechtsanwalt unterzeichnet sein; dies gilt nicht für Nichtzulassungsbeschwerden der Kartellbehörden.
(6) Wird die Rechtsbeschwerde nicht zugelassen, so wird die Entscheidung des Oberlandesgerichts mit der Zustellung des Beschlusses des Bundesgerichtshofs rechtskräftig. Wird die Rechtsbeschwerde zugelassen, so wird das Verfahren als Rechtsbeschwerdeverfahren fortgesetzt. In diesem Fall gilt die form- und fristgerechte Einlegung der Nichtzulassungsbeschwerde als Einlegung der Rechtsbeschwerde. Mit der Zustellung der Entscheidung beginnt die Frist für die Begründung der Rechtsbeschwerde.
(1) Das Gericht hat im Urteil oder, wenn das Verfahren in anderer Weise beendet worden ist, durch Beschluß über die Kosten zu entscheiden.
(2) Ist der Rechtsstreit in der Hauptsache erledigt, so entscheidet das Gericht außer in den Fällen des § 113 Abs. 1 Satz 4 nach billigem Ermessen über die Kosten des Verfahrens durch Beschluß; der bisherige Sach- und Streitstand ist zu berücksichtigen. Der Rechtsstreit ist auch in der Hauptsache erledigt, wenn der Beklagte der Erledigungserklärung des Klägers nicht innerhalb von zwei Wochen seit Zustellung des die Erledigungserklärung enthaltenden Schriftsatzes widerspricht und er vom Gericht auf diese Folge hingewiesen worden ist.
(3) In den Fällen des § 75 fallen die Kosten stets dem Beklagten zur Last, wenn der Kläger mit seiner Bescheidung vor Klageerhebung rechnen durfte.
(1) Haben die Parteien in der mündlichen Verhandlung oder durch Einreichung eines Schriftsatzes oder zu Protokoll der Geschäftsstelle den Rechtsstreit in der Hauptsache für erledigt erklärt, so entscheidet das Gericht über die Kosten unter Berücksichtigung des bisherigen Sach- und Streitstandes nach billigem Ermessen durch Beschluss. Dasselbe gilt, wenn der Beklagte der Erledigungserklärung des Klägers nicht innerhalb einer Notfrist von zwei Wochen seit der Zustellung des Schriftsatzes widerspricht, wenn der Beklagte zuvor auf diese Folge hingewiesen worden ist.
(2) Gegen die Entscheidung findet die sofortige Beschwerde statt. Dies gilt nicht, wenn der Streitwert der Hauptsache den in § 511 genannten Betrag nicht übersteigt. Vor der Entscheidung über die Beschwerde ist der Gegner zu hören.
(1) Das Bundeskartellamt darf einen Zusammenschluss, der ihm angemeldet worden ist, nur untersagen, wenn es den anmeldenden Unternehmen innerhalb einer Frist von einem Monat seit Eingang der vollständigen Anmeldung mitteilt, dass es in die Prüfung des Zusammenschlusses (Hauptprüfverfahren) eingetreten ist. Das Hauptprüfverfahren soll eingeleitet werden, wenn eine weitere Prüfung des Zusammenschlusses erforderlich ist.
(2) Im Hauptprüfverfahren entscheidet das Bundeskartellamt durch Verfügung, ob der Zusammenschluss untersagt oder freigegeben wird. Wird die Verfügung nicht innerhalb von fünf Monaten nach Eingang der vollständigen Anmeldung den anmeldenden Unternehmen zugestellt, gilt der Zusammenschluss als freigegeben. Die Verfahrensbeteiligten sind unverzüglich über den Zeitpunkt der Zustellung der Verfügung zu unterrichten. Dies gilt nicht, wenn
- 1.
die anmeldenden Unternehmen einer Fristverlängerung zugestimmt haben, - 2.
das Bundeskartellamt wegen unrichtiger Angaben oder wegen einer nicht rechtzeitig erteilten Auskunft nach § 39 Absatz 5 oder § 59 die Mitteilung nach Absatz 1 oder die Untersagung des Zusammenschlusses unterlassen hat, - 3.
eine zustellungsbevollmächtigte Person im Inland entgegen § 39 Absatz 3 Satz 2 Nummer 6 nicht mehr benannt ist.
(3) Die Freigabe kann mit Bedingungen und Auflagen verbunden werden, um sicherzustellen, dass die beteiligten Unternehmen den Verpflichtungen nachkommen, die sie gegenüber dem Bundeskartellamt eingegangen sind, um eine Untersagung abzuwenden. Die Bedingungen und Auflagen dürfen sich nicht darauf richten, die beteiligten Unternehmen einer laufenden Verhaltenskontrolle zu unterstellen.
(3a) Die Freigabe kann widerrufen oder geändert werden, wenn sie auf unrichtigen Angaben beruht, arglistig herbeigeführt worden ist oder die beteiligten Unternehmen einer mit ihr verbundenen Auflage zuwiderhandeln. Im Falle der Nichterfüllung einer Auflage gilt § 41 Absatz 4 entsprechend.
(4) Vor einer Untersagung ist den obersten Landesbehörden, in deren Gebiet die beteiligten Unternehmen ihren Sitz haben, Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben. In Verfahren nach § 172a des Fünften Buches Sozialgesetzbuch ist vor einer Untersagung das Benehmen mit den zuständigen Aufsichtsbehörden nach § 90 des Vierten Buches Sozialgesetzbuch herzustellen. Vor einer Untersagung in Verfahren, die den Bereich der bundesweiten Verbreitung von Fernsehprogrammen durch private Veranstalter betreffen, ist das Benehmen mit der Kommission zur Ermittlung der Konzentration im Medienbereich herzustellen.
(5) Die Fristen nach den Absätzen 1 und 2 Satz 2 beginnen in den Fällen des § 39 Absatz 4 Satz 1, wenn die Verweisungsentscheidung beim Bundeskartellamt eingegangen ist und die nach § 39 Absatz 3 erforderlichen Angaben in deutscher Sprache vorliegen.
(6) Wird eine Freigabe des Bundeskartellamts durch gerichtlichen Beschluss rechtskräftig ganz oder teilweise aufgehoben, beginnt die Frist nach Absatz 2 Satz 2 mit Eintritt der Rechtskraft von Neuem.
(1) Die Vorschriften über die Zusammenschlusskontrolle finden Anwendung, wenn im letzten Geschäftsjahr vor dem Zusammenschluss
- 1.
die beteiligten Unternehmen insgesamt weltweit Umsatzerlöse von mehr als 500 Millionen Euro und - 2.
im Inland mindestens ein beteiligtes Unternehmen Umsatzerlöse von mehr als 50 Millionen Euro und ein anderes beteiligtes Unternehmen Umsatzerlöse von mehr als 17,5 Millionen Euro
(1a) Die Vorschriften über die Zusammenschlusskontrolle finden auch Anwendung, wenn
- 1.
die Voraussetzungen des Absatzes 1 Nummer 1 erfüllt sind, - 2.
im Inland im letzten Geschäftsjahr vor dem Zusammenschluss - a)
ein beteiligtes Unternehmen Umsatzerlöse von mehr als 50 Millionen Euro erzielt hat und - b)
weder das zu erwerbende Unternehmen noch ein anderes beteiligtes Unternehmen Umsatzerlöse von jeweils mehr als 17,5 Millionen Euro erzielt haben,
- 3.
der Wert der Gegenleistung für den Zusammenschluss mehr als 400 Millionen Euro beträgt und - 4.
das zu erwerbende Unternehmen nach Nummer 2 in erheblichem Umfang im Inland tätig ist.
(2) Absatz 1 gilt nicht für Zusammenschlüsse durch die Zusammenlegung öffentlicher Einrichtungen und Betriebe, die mit einer kommunalen Gebietsreform einhergehen. Die Absätze 1 und 1a gelten nicht, wenn alle am Zusammenschluss beteiligten Unternehmen
- 1.
Mitglied einer kreditwirtschaftlichen Verbundgruppe im Sinne des § 8b Absatz 4 Satz 8 des Körperschaftsteuergesetzes sind, - 2.
im Wesentlichen für die Unternehmen der kreditwirtschaftlichen Verbundgruppe, deren Mitglied sie sind, Dienstleistungen erbringen und - 3.
bei der Tätigkeit nach Nummer 2 keine eigenen vertraglichen Endkundenbeziehungen unterhalten.
(3) Die Vorschriften dieses Gesetzes finden keine Anwendung, soweit die Europäische Kommission nach der Verordnung (EG) Nr. 139/2004 des Rates vom 20. Januar 2004 über die Kontrolle von Unternehmenszusammenschlüssen in ihrer jeweils geltenden Fassung ausschließlich zuständig ist.