Bundesgerichtshof Beschluss, 25. Sept. 2003 - IXa ZB 192/03

bei uns veröffentlicht am25.09.2003

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
IXa ZB 192/03
vom
25. September 2003
in dem Zwangsvollstreckungsverfahren
Der IXa-Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat durch den Vorsitzenden Richter
Dr. Kreft, die Richter Raebel, von Lienen, die Richterinnen Dr. Kessal-Wulf und
Roggenbuck
am 25. September 2003

beschlossen:
Der Antrag des Gläubigers, ihm für die Durchführung des Rechtsbeschwerdeverfahrens gegen den Beschluß der 1. Zivilkammer des Landgerichts Ingolstadt vom 20. Mai 2003 Prozeßkostenhilfe zu bewilligen, wird abgelehnt.

Gründe:


I.


Der Gläubiger, der gegen den Schuldner die Zwangsvollstreckung aus einem Titel auf Bezahlung von Kindesunterhalt betreibt, erteilte dem Gerichtsvollzieher Pfändungsauftrag. Auf seinen Antrag bewilligte ihm das Vollstrekkungsgericht für die Zwangsvollstreckung in das bewegliche Vermögen des Schuldners (einschließlich eidesstattliche Versicherung sowie Forderungspfändung ) Prozeßkostenhilfe ohne Ratenzahlungsanordnung, lehnte jedoch die Beiordnung eines Rechtsanwalts ab, weil die Sach- und Rechtslage nicht schwierig sei. Die sofortige Beschwerde des Gläubigers gegen diesen Beschluß hat das Landgericht zurückgewiesen. Dagegen wendet sich der Gläubiger mit der zugelassenen Rechtsbeschwerde, für deren Durchführung er Prozeßkostenhilfe beantragt.

Nach Ansicht des Beschwerdegerichts ist - auch bei der Vollstreckung von Unterhaltsansprüchen - die Beiordnung eines Rechtsanwalts für die Mobiliarvollstreckung lediglich dann gemäß § 121 Abs. 2 ZPO erforderlich, wenn tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten konkret auftreten. Grundsätzlich reiche die Unterstützung durch die Rechtsantragsstelle aus. Besondere Schwierigkeiten seien im vorliegenden Fall weder vom Gläubiger vorgetragen noch sonst ersichtlich. Sofern in Zukunft besondere Maßnahmen wie die Pfändung eines Kontos oder des Arbeitseinkommens notwendig werden sollten, werde gesondert zu prüfen sein, ob für diese Zwangsvollstreckungsmaßnahmen die Beiordnung eines Rechtsanwalts in Betracht komme.
Demgegenüber macht die Rechtsbeschwerde geltend, bei der Vollstrekkung von Unterhaltsansprüchen sei wegen der in aller Regel zu erwartenden tatsächlichen und rechtlichen Schwierigkeiten die Beiordnung eines Rechtsanwalts grundsätzlich erforderlich. Die Unterhaltsvollstreckung sei wegen der Möglichkeit der Vorratspfändung und der Spezialregelung des § 850d ZPO im Bereich der Rechtspfändung nicht als einfach einzustufen. Zudem sei in aller Regel ein schneller Zugriff auf das Schuldnervermögen notwendig. Schwierigkeiten könnten sich bereits bei der Einleitung von Maßnahmen der Mobiliarzwangsvollstreckung - nämlich bei der Berechnung des Unterhaltsrückstandes und der Verrechnung geleisteter Zahlungen - ergeben.

II.


Die für die Durchführung des Rechtsbeschwerdeverfahrens beantragte Prozeßkostenhilfe kann - unbeschadet der Zulassung der Rechtsbeschwerde durch das Beschwerdegericht, an die der Senat gebunden ist (§ 574 Abs. 3
Satz 2 ZPO) - nicht nach § 114 ZPO bewilligt werden, weil die Rechtsbe- schwerde keine hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet.
Die Rechtsverfolgung hat keine grundsätzliche Bedeutung, da sich keine zweifelhaften oder noch offenen Rechtsfragen ergeben, die einer Klärung durch höchstrichterliche Entscheidung bedürften (vgl. BGH, Beschl. v. 11. September 2002, NJW-RR 2003, 130). Der Senat hat die streitige Rechtsfrage, wegen der die Rechtsbeschwerde zugelassen worden ist, bereits in dem Sinne entschieden (BGH, Beschl. vom 18. Juli 2003 - IXa ZB 124/03, z.V.b.), daß bei einer Unterhaltsvollstreckung im Einzelfall zu prüfen ist, ob die Beiordnung eines Rechtsanwalts nach § 121 Abs. 2 ZPO erforderlich erscheint. Nach dieser Entscheidung hängt die Notwendigkeit der Beiordnung einerseits von der Schwierigkeit der im konkreten Fall zu bewältigten Rechtsmaterie und andererseits von den persönlichen Fähigkeiten und Kenntnissen gerade des Antragstellers ab. Entgegen der von der Rechtsbeschwerde vertretenen Meinung ist somit nicht entscheidend, daß bei der Vollstreckung aus Unterhaltstiteln erfahrungsgemäß in vielen Fällen tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten auftreten, für deren Bewältigung der Gläubiger anwaltlicher Hilfe bedarf.
Die erforderliche Prüfung des Einzelfalls hat das Landgericht vorgenommen und die Beiordnung eines Rechtsanwalts mit einer rechtsfehlerfreien Begründung abgelehnt. Die Berechnung der Unterhaltsrückstände ist im vorliegenden Fall einfach und kann - zumindest mit Unterstützung der Rechtsantragsstelle - von der gesetzlichen Vertreterin des Gläubigers selbst vorgenommen werden. Der dem Gerichtsvollzieher erteilte Vollstreckungsauftrag in die körperlichen Sachen des Schuldners läßt tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten nicht erkennen. Somit erscheint bei der derzeitigen Sachlage anwaltliche Hilfe für die Zwangsvollstreckung nicht erforderlich. Sollten in ihrem weiteren Verlauf Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art auftreten, wie dies
zum Beispiel bei der Pfändung von Arbeitseinkommen aus einem Unterhaltstitel wegen der Regelung des § 850d ZPO der Fall sein kann, ist es - worauf bereits das Beschwerdegericht hingewiesen hat - dem Gläubiger unbenommen, die Beiordnung eines Rechtsanwalts zu beantragen.
Kreft Raebel v. Lienen
Kessal-Wulf Roggenbuck

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Zivilprozessordnung - ZPO | § 114 Voraussetzungen


(1) Eine Partei, die nach ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, erhält auf Antrag Prozesskostenhilfe, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Re

Zivilprozessordnung - ZPO | § 121 Beiordnung eines Rechtsanwalts


(1) Ist eine Vertretung durch Anwälte vorgeschrieben, wird der Partei ein zur Vertretung bereiter Rechtsanwalt ihrer Wahl beigeordnet. (2) Ist eine Vertretung durch Anwälte nicht vorgeschrieben, wird der Partei auf ihren Antrag ein zur Vertretung

Zivilprozessordnung - ZPO | § 850d Pfändbarkeit bei Unterhaltsansprüchen


(1) Wegen der Unterhaltsansprüche, die kraft Gesetzes einem Verwandten, dem Ehegatten, einem früheren Ehegatten, dem Lebenspartner, einem früheren Lebenspartner oder nach §§ 1615l, 1615n des Bürgerlichen Gesetzbuchs einem Elternteil zustehen, sind da

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(1) Ist eine Vertretung durch Anwälte vorgeschrieben, wird der Partei ein zur Vertretung bereiter Rechtsanwalt ihrer Wahl beigeordnet.

(2) Ist eine Vertretung durch Anwälte nicht vorgeschrieben, wird der Partei auf ihren Antrag ein zur Vertretung bereiter Rechtsanwalt ihrer Wahl beigeordnet, wenn die Vertretung durch einen Rechtsanwalt erforderlich erscheint oder der Gegner durch einen Rechtsanwalt vertreten ist.

(3) Ein nicht in dem Bezirk des Prozessgerichts niedergelassener Rechtsanwalt kann nur beigeordnet werden, wenn dadurch weitere Kosten nicht entstehen.

(4) Wenn besondere Umstände dies erfordern, kann der Partei auf ihren Antrag ein zur Vertretung bereiter Rechtsanwalt ihrer Wahl zur Wahrnehmung eines Termins zur Beweisaufnahme vor dem ersuchten Richter oder zur Vermittlung des Verkehrs mit dem Prozessbevollmächtigten beigeordnet werden.

(5) Findet die Partei keinen zur Vertretung bereiten Anwalt, ordnet der Vorsitzende ihr auf Antrag einen Rechtsanwalt bei.

(1) Wegen der Unterhaltsansprüche, die kraft Gesetzes einem Verwandten, dem Ehegatten, einem früheren Ehegatten, dem Lebenspartner, einem früheren Lebenspartner oder nach §§ 1615l, 1615n des Bürgerlichen Gesetzbuchs einem Elternteil zustehen, sind das Arbeitseinkommen und die in § 850a Nr. 1, 2 und 4 genannten Bezüge ohne die in § 850c bezeichneten Beschränkungen pfändbar. Dem Schuldner ist jedoch so viel zu belassen, als er für seinen notwendigen Unterhalt und zur Erfüllung seiner laufenden gesetzlichen Unterhaltspflichten gegenüber den dem Gläubiger vorgehenden Berechtigten oder zur gleichmäßigen Befriedigung der dem Gläubiger gleichstehenden Berechtigten bedarf; von den in § 850a Nr. 1, 2 und 4 genannten Bezügen hat ihm mindestens die Hälfte des nach § 850a unpfändbaren Betrages zu verbleiben. Der dem Schuldner hiernach verbleibende Teil seines Arbeitseinkommens darf den Betrag nicht übersteigen, der ihm nach den Vorschriften des § 850c gegenüber nicht bevorrechtigten Gläubigern zu verbleiben hätte. Für die Pfändung wegen der Rückstände, die länger als ein Jahr vor dem Antrag auf Erlass des Pfändungsbeschlusses fällig geworden sind, gelten die Vorschriften dieses Absatzes insoweit nicht, als nach Lage der Verhältnisse nicht anzunehmen ist, dass der Schuldner sich seiner Zahlungspflicht absichtlich entzogen hat.

(2) Mehrere nach Absatz 1 Berechtigte sind mit ihren Ansprüchen in der Reihenfolge nach § 1609 des Bürgerlichen Gesetzbuchs und § 16 des Lebenspartnerschaftsgesetzes zu berücksichtigen, wobei mehrere gleich nahe Berechtigte untereinander den gleichen Rang haben.

(3) Bei der Vollstreckung wegen der in Absatz 1 bezeichneten Ansprüche sowie wegen der aus Anlass einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit zu zahlenden Renten kann zugleich mit der Pfändung wegen fälliger Ansprüche auch künftig fällig werdendes Arbeitseinkommen wegen der dann jeweils fällig werdenden Ansprüche gepfändet und überwiesen werden.

(1) Eine Partei, die nach ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, erhält auf Antrag Prozesskostenhilfe, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint. Für die grenzüberschreitende Prozesskostenhilfe innerhalb der Europäischen Union gelten ergänzend die §§ 1076 bis 1078.

(2) Mutwillig ist die Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung, wenn eine Partei, die keine Prozesskostenhilfe beansprucht, bei verständiger Würdigung aller Umstände von der Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung absehen würde, obwohl eine hinreichende Aussicht auf Erfolg besteht.

(1) Ist eine Vertretung durch Anwälte vorgeschrieben, wird der Partei ein zur Vertretung bereiter Rechtsanwalt ihrer Wahl beigeordnet.

(2) Ist eine Vertretung durch Anwälte nicht vorgeschrieben, wird der Partei auf ihren Antrag ein zur Vertretung bereiter Rechtsanwalt ihrer Wahl beigeordnet, wenn die Vertretung durch einen Rechtsanwalt erforderlich erscheint oder der Gegner durch einen Rechtsanwalt vertreten ist.

(3) Ein nicht in dem Bezirk des Prozessgerichts niedergelassener Rechtsanwalt kann nur beigeordnet werden, wenn dadurch weitere Kosten nicht entstehen.

(4) Wenn besondere Umstände dies erfordern, kann der Partei auf ihren Antrag ein zur Vertretung bereiter Rechtsanwalt ihrer Wahl zur Wahrnehmung eines Termins zur Beweisaufnahme vor dem ersuchten Richter oder zur Vermittlung des Verkehrs mit dem Prozessbevollmächtigten beigeordnet werden.

(5) Findet die Partei keinen zur Vertretung bereiten Anwalt, ordnet der Vorsitzende ihr auf Antrag einen Rechtsanwalt bei.

(1) Wegen der Unterhaltsansprüche, die kraft Gesetzes einem Verwandten, dem Ehegatten, einem früheren Ehegatten, dem Lebenspartner, einem früheren Lebenspartner oder nach §§ 1615l, 1615n des Bürgerlichen Gesetzbuchs einem Elternteil zustehen, sind das Arbeitseinkommen und die in § 850a Nr. 1, 2 und 4 genannten Bezüge ohne die in § 850c bezeichneten Beschränkungen pfändbar. Dem Schuldner ist jedoch so viel zu belassen, als er für seinen notwendigen Unterhalt und zur Erfüllung seiner laufenden gesetzlichen Unterhaltspflichten gegenüber den dem Gläubiger vorgehenden Berechtigten oder zur gleichmäßigen Befriedigung der dem Gläubiger gleichstehenden Berechtigten bedarf; von den in § 850a Nr. 1, 2 und 4 genannten Bezügen hat ihm mindestens die Hälfte des nach § 850a unpfändbaren Betrages zu verbleiben. Der dem Schuldner hiernach verbleibende Teil seines Arbeitseinkommens darf den Betrag nicht übersteigen, der ihm nach den Vorschriften des § 850c gegenüber nicht bevorrechtigten Gläubigern zu verbleiben hätte. Für die Pfändung wegen der Rückstände, die länger als ein Jahr vor dem Antrag auf Erlass des Pfändungsbeschlusses fällig geworden sind, gelten die Vorschriften dieses Absatzes insoweit nicht, als nach Lage der Verhältnisse nicht anzunehmen ist, dass der Schuldner sich seiner Zahlungspflicht absichtlich entzogen hat.

(2) Mehrere nach Absatz 1 Berechtigte sind mit ihren Ansprüchen in der Reihenfolge nach § 1609 des Bürgerlichen Gesetzbuchs und § 16 des Lebenspartnerschaftsgesetzes zu berücksichtigen, wobei mehrere gleich nahe Berechtigte untereinander den gleichen Rang haben.

(3) Bei der Vollstreckung wegen der in Absatz 1 bezeichneten Ansprüche sowie wegen der aus Anlass einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit zu zahlenden Renten kann zugleich mit der Pfändung wegen fälliger Ansprüche auch künftig fällig werdendes Arbeitseinkommen wegen der dann jeweils fällig werdenden Ansprüche gepfändet und überwiesen werden.