Bundesgerichtshof Beschluss, 11. Jan. 2007 - IX ZR 133/06

published on 11/01/2007 00:00
Bundesgerichtshof Beschluss, 11. Jan. 2007 - IX ZR 133/06
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Landgericht Ingolstadt, 3 O 1292/05, 12/01/2006
Oberlandesgericht München, 21 U 2048/06, 22/05/2006

Gericht


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
IX ZR 133/06
vom
11. Januar 2007
in dem Rechtsstreit
Der IX. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat durch den Vorsitzenden Richter
Dr. Fischer, die Richter Raebel, Dr. Kayser, Cierniak und die Richterin
Lohmann
am 11. Januar 2007

beschlossen:
Dem Kläger wird die zur Durchführung der Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des 21. Zivilsenats des Oberlandesgerichts München vom 22. Mai 2006 nachgesuchte Prozesskostenhilfe versagt.

Gründe:


I.


1
Der Kläger beantragte am 4. Dezember 2003 die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über sein Vermögen sowie - unter Beifügung einer Abtretungserklärung nach § 287 Abs. 2 InsO - die Erteilung der Restschuldbefreiung. Am 12. Dezember 2003 eröffnete das Insolvenzgericht das Insolvenzverfahren und bestellte den Beklagten zum Insolvenzverwalter. Am 15. Dezember 2003 verstarb die Mutter des Klägers; der Kläger ist Miterbe zu einem Drittel. Nach Ansicht des Klägers ist sein Erbanteil nicht in vollem Umfang, sondern lediglich zur Hälfte in die Insolvenzmasse gefallen. Seine dahingehende Feststellungsklage ist in beiden Vorinstanzen erfolglos geblieben. Gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Berufungsurteil wendet sich der Kläger mit seiner Nichtzulas- sungsbeschwerde, zu deren Durchführung er die Bewilligung von Prozesskostenhilfe beantragt.

II.


2
Der Antrag des Klägers auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe zur Durchführung der Nichtzulassungsbeschwerde war abzuweisen, weil die beabsichtigte Rechtsverfolgung im Endergebnis keine Aussicht auf Erfolg bietet (§ 114 ZPO).
3
1. Bei der Prüfung der Erfolgsaussicht ist, wie sich aus Wortlaut und Zweck des § 114 Satz 1 ZPO ergibt, entscheidend auf den voraussichtlichen Erfolg in der Sache selbst und nicht auf einen davon losgelösten Erfolg des Rechtsmittels zu sehen. Prozesskostenhilfe ist deshalb dem Rechtsmittelführer nicht immer schon dann zu bewilligen, wenn die angefochtene Entscheidung formell keinen Bestand haben kann, das materielle Ergebnis sich nach einer Zurückverweisung jedoch voraussichtlich nicht ändern wird (BGH, Beschl. v. 12. Oktober 2006 - IX ZB 34/05, WM 2006, 2329, 2330). Es kommt daher nicht darauf an, ob das Urteil des Berufungsgerichts deshalb von der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs abweicht und in einem Revisionsverfahren der Aufhebung unterliegt, weil es nicht von allen Richtern unterschrieben ist, die bei der Entscheidung mitgewirkt haben (vgl. BGH, Urt. v. 16. Oktober 2006 - II ZR 101/05, DStR 2006, 2269 f).
4
2. Der Kläger meint, der Rechtssache komme grundsätzliche Bedeutung zu. Zu klären sei die Frage, ob § 295 Abs. 1 Nr. 2 InsO auch vor der Ankündigung der Restschuldbefreiung anwendbar ist. Diese Rechtsfrage ist jedoch durch die Rechtsprechung des Senats im Sinne des Berufungsgerichts geklärt (BGH, Beschl. v. 29. Juni 2004 - IX ZB 90/03, WM 2004, 1688, 1689; v. 9. März 2006 - IX ZB 17/05, NZI 2006, 481, 482; v. 5. April 2006 - IX ZB 227/04). Danach ist über eine Obliegenheitsverletzung des Schuldners im Sinne der §§ 295, 296 InsO im Verfahren der Entscheidung nach § 291 Abs. 1 InsO, wie sich unmittelbar aus dem Gesetz ergibt, nicht zu befinden. Daher trifft den Schuldner in dem vorangehenden Abschnitt des Verfahrens noch nicht die Obliegenheit einer angemessenen Erwerbstätigkeit gemäß § 295 Abs. 1 Nr. 1 InsO. Das Gleiche muss für die Regelung des Erwerbs von Todes wegen in § 295 Abs. 1 Nr. 2 InsO gelten. Insoweit kommt hinzu, dass - wie die Vorinstanzen mit Recht hervorheben - der Wortlaut eine Herausgabe an den Treuhänder anordnet. Ein solcher wird in dem - auch hier gegebenen - Regelinsolvenzverfahren erst in dem Beschluss bestimmt, mit dem das Insolvenzgericht die Restschuldbefreiung ankündigt. Die Rechtsauffassung des Senats steht entgegen der Auffassung des Klägers nicht in Widerspruch zum Eingangssatz des § 295 Abs. 1 InsO, wie sich bereits aus § 291 Abs. 2 InsO ergibt. Dem folgt auch die nahezu einhellige Ansicht in der Literatur.
Fischer Raebel Kayser
Cierniak Lohmann
Vorinstanzen:
LG Ingolstadt, Entscheidung vom 12.01.2006 - 3 O 1292/05 -
OLG München, Entscheidung vom 22.05.2006 - 21 U 2048/06 -
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(1) Die Restschuldbefreiung setzt einen Antrag des Schuldners voraus, der mit seinem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens verbunden werden soll. Wird er nicht mit diesem verbunden, so ist er innerhalb von zwei Wochen nach dem Hinweis gemäß § 20 Abs. 2 zu stellen. Der Schuldner hat dem Antrag eine Erklärung beizufügen, ob ein Fall des § 287a Absatz 2 Satz 1 Nummer 1 oder 2 vorliegt. Die Richtigkeit und Vollständigkeit der Erklärung nach Satz 3 hat der Schuldner zu versichern.

(2) Dem Antrag ist die Erklärung des Schuldners beizufügen, dass dieser seine pfändbaren Forderungen auf Bezüge aus einem Dienstverhältnis oder auf an deren Stelle tretende laufende Bezüge für den Zeitraum von drei Jahren nach der Eröffnung des Insolvenzverfahrens (Abtretungsfrist) an einen vom Gericht zu bestimmenden Treuhänder abtritt. Ist dem Schuldner auf Grundlage eines nach dem 30. September 2020 gestellten Antrags bereits einmal Restschuldbefreiung erteilt worden, so beträgt die Abtretungsfrist in einem erneuten Verfahren fünf Jahre; der Schuldner hat dem Antrag eine entsprechende Abtretungserklärung beizufügen.

(3) Vereinbarungen des Schuldners sind insoweit unwirksam, als sie die Abtretungserklärung nach Absatz 2 vereiteln oder beeinträchtigen würden.

(4) Die Insolvenzgläubiger, die Forderungen angemeldet haben, sind bis zum Schlusstermin zu dem Antrag des Schuldners zu hören.

(1) Eine Partei, die nach ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, erhält auf Antrag Prozesskostenhilfe, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint. Für die grenzüberschreitende Prozesskostenhilfe innerhalb der Europäischen Union gelten ergänzend die §§ 1076 bis 1078.

(2) Mutwillig ist die Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung, wenn eine Partei, die keine Prozesskostenhilfe beansprucht, bei verständiger Würdigung aller Umstände von der Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung absehen würde, obwohl eine hinreichende Aussicht auf Erfolg besteht.

Dem Schuldner obliegt es, in dem Zeitraum zwischen Beendigung des Insolvenzverfahrens und dem Ende der Abtretungsfrist

1.
eine angemessene Erwerbstätigkeit auszuüben und, wenn er ohne Beschäftigung ist, sich um eine solche zu bemühen und keine zumutbare Tätigkeit abzulehnen;
2.
Vermögen, das er von Todes wegen oder mit Rücksicht auf ein künftiges Erbrecht oder durch Schenkung erwirbt, zur Hälfte des Wertes sowie Vermögen, das er als Gewinn in einer Lotterie, Ausspielung oder in einem anderen Spiel mit Gewinnmöglichkeit erwirbt, zum vollen Wert an den Treuhänder herauszugeben; von der Herausgabepflicht sind gebräuchliche Gelegenheitsgeschenke und Gewinne von geringem Wert ausgenommen;
3.
jeden Wechsel des Wohnsitzes oder der Beschäftigungsstelle unverzüglich dem Insolvenzgericht und dem Treuhänder anzuzeigen, keine von der Abtretungserklärung erfaßten Bezüge und kein von Nummer 2 erfaßtes Vermögen zu verheimlichen und dem Gericht und dem Treuhänder auf Verlangen Auskunft über seine Erwerbstätigkeit oder seine Bemühungen um eine solche sowie über seine Bezüge und sein Vermögen zu erteilen;
4.
Zahlungen zur Befriedigung der Insolvenzgläubiger nur an den Treuhänder zu leisten und keinem Insolvenzgläubiger einen Sondervorteil zu verschaffen;
5.
keine unangemessenen Verbindlichkeiten im Sinne des § 290 Absatz 1 Nummer 4 zu begründen.
Auf Antrag des Schuldners stellt das Insolvenzgericht fest, ob ein Vermögenserwerb nach Satz 1 Nummer 2 von der Herausgabeobliegenheit ausgenommen ist.

(1) Das Insolvenzgericht versagt die Restschuldbefreiung auf Antrag eines Insolvenzgläubigers, wenn der Schuldner in dem Zeitraum zwischen Beendigung des Insolvenzverfahrens und dem Ende der Abtretungsfrist eine seiner Obliegenheiten verletzt und dadurch die Befriedigung der Insolvenzgläubiger beeinträchtigt; dies gilt nicht, wenn den Schuldner kein Verschulden trifft; im Fall des § 295 Satz 1 Nummer 5 bleibt einfache Fahrlässigkeit außer Betracht. Der Antrag kann nur binnen eines Jahres nach dem Zeitpunkt gestellt werden, in dem die Obliegenheitsverletzung dem Gläubiger bekanntgeworden ist. Er ist nur zulässig, wenn die Voraussetzungen der Sätze 1 und 2 glaubhaft gemacht werden.

(2) Vor der Entscheidung über den Antrag sind der Treuhänder, der Schuldner und die Insolvenzgläubiger zu hören. Der Schuldner hat über die Erfüllung seiner Obliegenheiten Auskunft zu erteilen und, wenn es der Gläubiger beantragt, die Richtigkeit dieser Auskunft an Eides Statt zu versichern. Gibt er die Auskunft oder die eidesstattliche Versicherung ohne hinreichende Entschuldigung nicht innerhalb der ihm gesetzten Frist ab oder erscheint er trotz ordnungsgemäßer Ladung ohne hinreichende Entschuldigung nicht zu einem Termin, den das Gericht für die Erteilung der Auskunft oder die eidesstattliche Versicherung anberaumt hat, so ist die Restschuldbefreiung zu versagen.

(3) Gegen die Entscheidung steht dem Antragsteller und dem Schuldner die sofortige Beschwerde zu. Die Versagung der Restschuldbefreiung ist öffentlich bekanntzumachen.

Dem Schuldner obliegt es, in dem Zeitraum zwischen Beendigung des Insolvenzverfahrens und dem Ende der Abtretungsfrist

1.
eine angemessene Erwerbstätigkeit auszuüben und, wenn er ohne Beschäftigung ist, sich um eine solche zu bemühen und keine zumutbare Tätigkeit abzulehnen;
2.
Vermögen, das er von Todes wegen oder mit Rücksicht auf ein künftiges Erbrecht oder durch Schenkung erwirbt, zur Hälfte des Wertes sowie Vermögen, das er als Gewinn in einer Lotterie, Ausspielung oder in einem anderen Spiel mit Gewinnmöglichkeit erwirbt, zum vollen Wert an den Treuhänder herauszugeben; von der Herausgabepflicht sind gebräuchliche Gelegenheitsgeschenke und Gewinne von geringem Wert ausgenommen;
3.
jeden Wechsel des Wohnsitzes oder der Beschäftigungsstelle unverzüglich dem Insolvenzgericht und dem Treuhänder anzuzeigen, keine von der Abtretungserklärung erfaßten Bezüge und kein von Nummer 2 erfaßtes Vermögen zu verheimlichen und dem Gericht und dem Treuhänder auf Verlangen Auskunft über seine Erwerbstätigkeit oder seine Bemühungen um eine solche sowie über seine Bezüge und sein Vermögen zu erteilen;
4.
Zahlungen zur Befriedigung der Insolvenzgläubiger nur an den Treuhänder zu leisten und keinem Insolvenzgläubiger einen Sondervorteil zu verschaffen;
5.
keine unangemessenen Verbindlichkeiten im Sinne des § 290 Absatz 1 Nummer 4 zu begründen.
Auf Antrag des Schuldners stellt das Insolvenzgericht fest, ob ein Vermögenserwerb nach Satz 1 Nummer 2 von der Herausgabeobliegenheit ausgenommen ist.