Bundesgerichtshof Beschluss, 16. Jan. 2014 - IX ZR 116/13
Gericht
Richter
BUNDESGERICHTSHOF
beschlossen:
Der Streitwert wird auf 25.065,75 € festgesetzt.
Gründe:
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- Die Beschwerde ist nicht begründet. Das Berufungsgericht hat der Klage, ohne dass ein Zulassungsgrund eingreift, zutreffend auf der Grundlage von § 135 Abs. 1 Nr. 2 InsO stattgegeben. Von dieser Vorschrift werden die hier in Rede stehenden Überbrückungsdarlehen erfasst (BGH, Urteil vom 7. März 2013 - IX ZR 7/12, WM 2013, 708 Rn. 14; vom 4. Juli 2013 - IX ZR 229/12, WM 2013, 1615 Rn. 29). Ohne Erfolg beruft sich der Beklagte darauf, dass die in Rede stehenden beiden Darlehensgewährungen vom 4. April 2011 und vom 5. Juli 2011 als einheitlicher Kontokorrentkredit zu behandeln sind.
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- 1. In einem echten Kontokorrent mit vereinbarter Kreditobergrenze scheidet eine Gläubigerbenachteiligung durch einzelne Kreditrückführungen aus, weil ohne sie die Kreditmittel, die der Schuldner danach tatsächlich noch erhalten hat, ihm nicht mehr zugeflossen wären. Nach der Kreditabrede stehen dort die Leistungen des Schuldners an den Gläubiger in einem unmittelbaren rechtlichen Zusammenhang mit der dem Schuldner eingeräumten Möglichkeit, einen neuen Kredit zu ziehen. Anfechtbar sind solche Kreditrückführungen daher nicht in ihrer Summe, sondern bis zu der eingeräumten Kreditobergrenze (BGH, Urteil vom 7. März 2013, aaO Rn. 16; vom 4. Juli 2013, aaO Rn. 33).
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- 2. Handelt es sich - wie hier - um Einzelkredite, können diese nur in besonders gelagerten Ausnahmefällen zu einem Kontokorrentkredit zusammengefasst werden. Eine solche Gestaltung ist vorliegend nicht gegeben.
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- a) Mehrere Gesellschafterdarlehen können als Kontokorrentkredit zu behandeln sein, wenn die der Gesellschaft fortlaufend gewährten Kredite durch ihre gleichbleibenden Bedingungen, ihre kurze Dauer, den mit ihrer Ausreichung verfolgten Zweck und das zwischen den Vertragspartnern bestehende Gesellschaftsverhältnis nach der Art eines Kontokorrentkredits miteinander verbunden sind (BGH, Urteil vom 7. März 2013, aaO Rn. 17). Dies hat der Senat angenommen, wenn ein Gesellschafter seiner Gesellschaft zur Tilgung monatlich fällig werdender Sozialversicherungsbeiträge jeweils ein Darlehen gewährt, das die Gesellschaft vereinbarungsgemäß alsbald mit Hilfe ihr zur Finanzierung der Sozialversicherungsbeiträge gewährter öffentlicher Mittel zurückerstattet. Infolge der jeweils nur vorübergehend benötigten Liquidität und des engen zeitlichen Zusammenhangs von Zahlung und Rückzahlung erfolgte die Abwicklung der zwecks Wahrung der Zweckbindung gewährten Einzeldarlehen (BGH, aaO Rn. 21) in der Art eines Kontokorrents (BGH, aaO Rn. 19). Ebenso kann es sich bei wechselseitigen Aus- und Einzahlungen auf ein Gesellschaftskonto handeln, das der Gesellschafter gegenüber der Bank besichert hat (BGH, Urteil vom 4. Juli 2013, aaO Rn. 35).
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- b) Der vorliegende Sachverhalt ist in wesentlichen Punkten anders gelagert , so dass die Kreditgewährung nicht einem Kontokorrent gleichgestellt werden kann.
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- Es handelt sich hier nicht um eine Vielzahl einander ablösender Staffelkredite , sondern lediglich um zwei Darlehensverträge. Außerdem besteht zwischen den Kreditverhältnissen kein enger zeitlicher und sachlicher Zusammenhang. Der Kredit vom 4. April 2011 über 25.000 € war am 27. April 2011 zurückbezahlt worden. Mehr als zwei Monate später gewährte der Beklagte den weiteren Kredit von 30.000 €, der am 22. Juli 2011 beglichen wurde. Beide Darlehen waren nicht auf einen bestimmten Zweck, sondern den allgemeinen Liquiditätsbedarf der Schuldnerin bezogen. Ein sachlicher Grund, die Darlehen zu stückeln, war nicht gegeben. Es handelt sich ferner nicht um ein von dem Beklagten besichertes Bankdarlehen. Schließlich waren keine einheitlichen Kreditbedingungen vereinbart, weil für den Kredit vom 5. Juli 2011 umfassendere Sicherungen als für den vorherigen Kredit gegeben wurden. Bei dieser Sachlage ist für ein Kontokorrentverhältnis kein Raum.
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- 3. Ohne Erfolg beruft sich der Kläger darauf, die Anfechtbarkeit hätte vermindert werden können, wenn er das erste Darlehen stehen gelassen hätte.
Kayser Gehrlein Pape
Grupp Möhring
Vorinstanzen:
LG Passau, Entscheidung vom 25.10.2012 - 3 O 21/12 -
OLG München, Entscheidung vom 19.03.2013 - 5 U 4332/12 -
Annotations
(1) Anfechtbar ist eine Rechtshandlung, die für die Forderung eines Gesellschafters auf Rückgewähr eines Darlehens im Sinne des § 39 Abs. 1 Nr. 5 oder für eine gleichgestellte Forderung
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Sicherung gewährt hat, wenn die Handlung in den letzten zehn Jahren vor dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens oder nach diesem Antrag vorgenommen worden ist, oder - 2.
Befriedigung gewährt hat, wenn die Handlung im letzten Jahr vor dem Eröffnungsantrag oder nach diesem Antrag vorgenommen worden ist.
(2) Anfechtbar ist eine Rechtshandlung, mit der eine Gesellschaft einem Dritten für eine Forderung auf Rückgewähr eines Darlehens innerhalb der in Absatz 1 Nr. 2 genannten Fristen Befriedigung gewährt hat, wenn ein Gesellschafter für die Forderung eine Sicherheit bestellt hatte oder als Bürge haftete; dies gilt sinngemäß für Leistungen auf Forderungen, die einem Darlehen wirtschaftlich entsprechen.
(3) Wurde dem Schuldner von einem Gesellschafter ein Gegenstand zum Gebrauch oder zur Ausübung überlassen, so kann der Aussonderungsanspruch während der Dauer des Insolvenzverfahrens, höchstens aber für eine Zeit von einem Jahr ab der Eröffnung des Insolvenzverfahrens nicht geltend gemacht werden, wenn der Gegenstand für die Fortführung des Unternehmens des Schuldners von erheblicher Bedeutung ist. Für den Gebrauch oder die Ausübung des Gegenstandes gebührt dem Gesellschafter ein Ausgleich; bei der Berechnung ist der Durchschnitt der im letzten Jahr vor Verfahrenseröffnung geleisteten Vergütung in Ansatz zu bringen, bei kürzerer Dauer der Überlassung ist der Durchschnitt während dieses Zeitraums maßgebend.
(4) § 39 Abs. 4 und 5 gilt entsprechend.