Bundesgerichtshof Beschluss, 20. Dez. 2001 - III ZR 240/01

Gericht
Richter
BUNDESGERICHTSHOF
beschlossen:
Gründe:
I.
Der Kläger legte gegen das am 23. Juli 2001 zugestellte Urteil des Oberlandesgerichts durch seinen Prozeßbevollmächtigten zweiter Instanz mit einem am 23. August 2001 beim Bayerischen Obersten Landesgericht eingegangenen Schriftsatz Revision ein. Das Bayerische Oberste Landesgericht entschied durch Beschluß vom 12. September 2001, daß der Bundesgerichtshof zuständig sei. Dieser Beschluß wurde dem Prozeßbevollmächtigten des Klägers am 17. September 2001 zugestellt. Da die Revision nicht bis zum 17. Oktober 2001 begründet wurde, verwarf der Senat sie durch Beschluß vom 25. Oktober 2001, der dem Prozeßbevollmächtigten des Klägers am
29. Oktober 2001 zugestellt wurde, als unzulässig. Mit am 12. November 2001 eingegangenen Schriftsätzen hat der Kläger die versäumte Prozeûhandlung nachgeholt und Wiedereinsetzung in den vorigen Stand beantragt.
II.
. Der in der Frist des § 234 Abs. 1 ZPO gestellte Wiedereinsetzungsantrag ist nicht begründet. Dem Kläger kann Wiedereinsetzung nicht erteilt werden , da nach seinem Vorbringen nicht auszuschlieûen ist, daû die Versäumung der Revisionsbegründungsfrist jedenfalls auch auf einem Verschulden seines Prozeûbevollmächtigten zweiter Instanz beruht, das sich dieser nach § 85 Abs. 2 ZPO zurechnen lassen muû.
Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs kann ein Rechtsanwalt die Berechnung üblicher und in seiner Praxis häufig vorkommender Fristen sowie die Führung des Fristenkalenders seinem gut ausgebildeten und sorgfältig überwachten Büropersonal überlassen. Er muû aber durch geeignete organisatorische Maûnahmen dafür sorgen, daû Fristversäumnisse möglichst vermieden werden (vgl. BGH, Beschluû vom 6. Juli 1994 - VIII ZB 26/94 - NJW 1994, 2551 m.w.N.). Es ist nicht erkennbar, daû der Prozeûbevollmächtigte des Klägers diesen Maûstäben in ausreichendem Umfang gerecht geworden wäre.
Nach dem innerhalb der Frist des § 234 Abs. 1 ZPO glaubhaft gemachten Vorbringen des Klägers war in der Kanzlei seines Prozeûbevollmächtigten
zweiter Instanz die Mitarbeiterin G. mit dem Öffnen der Eingangspost und bei der Zustellung von Urteilen mit der vorsorglichen Notierung der jeweils monatlichen Rechtsmitteleinlegungs- und -begründungsfrist im Fristenkalender betraut. Sie wurde zudem in dieser Sache durch den sachbearbeitenden Rechtsanwalt angewiesen, die Frist zur Rechtsmitteleinlegung und -begründung ab dem Eingangsdatum 23. Juli 2001 einzutragen. Ferner bestand die Anweisung, bei Erhalt gerichtlicher Mitteilungen über den Eingang eines Rechtsmittels zwingend und unbedingt die Rechtsmittelbegründungsfrist zu notieren und eine vorsorglich notierte Frist gegebenenfalls zu korrigieren. Darüber hinaus wird in der eidesstattlichen Versicherung des sachbearbeitenden Rechtsanwalts auf eine Kanzleiübung hingewiesen, zusätzlich zu den eigentlichen Fristablaufterminen jeweils eine Vorfrist von einer Woche zu notieren und die Akten entsprechend vorzulegen. Nach dem Vorbringen des Klägers wurde hier die Revisionsbegründungsfrist versäumt, weil die Mitarbeiterin G. weder bei Zustellung des angefochtenen Urteils noch auf die Weisung des Prozeûbevollmächtigten hin noch bei Zugang der Eingangsbestätigung des Bayerischen Obersten Landesgerichts die Frist zur Begründung des Rechtsmittels und eine hierauf bezogene Vorfrist notierte. Der Senat kann offen lassen, ob eine solche Kumulierung von Fehlern, die jeweils zu unterschiedlichen Zeitpunkten unterlaufen sind, nicht gegen eine ausreichende Unterweisung und Überwachung des Büropersonals spricht. Auch wenn man diesen Gesichtspunkt auûer Betracht läût und insoweit allein ein Verschulden der Mitarbeiterin G. annimmt, das sich der Kläger nicht zurechnen lassen müûte, ist hier nicht ausgeräumt, daû die Versäumung der Rechtsmittelbegründungsfrist auch auf einem organisatorischen Verschulden des Prozeûbevollmächtigten zweiter Instanz beruht, weil die Besonderheit der Revisionseinlegung gegen Urteile der bayerischen Oberlandesgerichte nicht hinreichend berücksichtigt worden ist. Denn nach § 7 Abs. 5
EGZPO beginnt mit der Zustellung des Beschlusses des Bayerischen Obersten Landesgerichts, durch den der Bundesgerichtshof für zuständig erklärt wird, der Lauf der Frist für die Revisionsbegründung von neuem. Innerhalb der Frist des § 234 Abs. 1 ZPO ist nichts dafür vorgetragen und glaubhaft gemacht, welche Anweisungen im Büro des Prozeûbevollmächtigten im Hinblick auf die nach § 7 Abs. 5 EGZPO ausgelöste Frist bestanden und was sonst konkret auf den Zugang dieses Beschlusses veranlaût wurde.
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Annotations
(1) Die Wiedereinsetzung muss innerhalb einer zweiwöchigen Frist beantragt werden. Die Frist beträgt einen Monat, wenn die Partei verhindert ist, die Frist zur Begründung der Berufung, der Revision, der Nichtzulassungsbeschwerde oder der Rechtsbeschwerde einzuhalten.
(2) Die Frist beginnt mit dem Tag, an dem das Hindernis behoben ist.
(3) Nach Ablauf eines Jahres, von dem Ende der versäumten Frist an gerechnet, kann die Wiedereinsetzung nicht mehr beantragt werden.
(1) Die von dem Bevollmächtigten vorgenommenen Prozesshandlungen sind für die Partei in gleicher Art verpflichtend, als wenn sie von der Partei selbst vorgenommen wären. Dies gilt von Geständnissen und anderen tatsächlichen Erklärungen, insoweit sie nicht von der miterschienenen Partei sofort widerrufen oder berichtigt werden.
(2) Das Verschulden des Bevollmächtigten steht dem Verschulden der Partei gleich.
(1) Die Wiedereinsetzung muss innerhalb einer zweiwöchigen Frist beantragt werden. Die Frist beträgt einen Monat, wenn die Partei verhindert ist, die Frist zur Begründung der Berufung, der Revision, der Nichtzulassungsbeschwerde oder der Rechtsbeschwerde einzuhalten.
(2) Die Frist beginnt mit dem Tag, an dem das Hindernis behoben ist.
(3) Nach Ablauf eines Jahres, von dem Ende der versäumten Frist an gerechnet, kann die Wiedereinsetzung nicht mehr beantragt werden.