Bundesgerichtshof Beschluss, 22. März 2004 - II ZR 76/03
published on 22/03/2004 00:00
Bundesgerichtshof Beschluss, 22. März 2004 - II ZR 76/03
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Gericht
Richter
BUNDESGERICHTSHOF
BESCHLUSS
II ZR 76/03 Verkündet am:
22. März 2004
Boppel
Justizamtsinspektor
als Urkundsbeamter
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Der II. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche
Verhandlung vom 9. Februar 2004 durch den Vorsitzenden Richter
Dr. h.c. Röhricht und die Richter Prof. Dr. Goette, Dr. Kurzwelly, Münke und
Dr. Gehrlein
beschlossen:
Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.
Gründe:
I. Die Parteien sind Wettbewerber bei dem Vertrieb von Flüssiggas. Die Klägerin schließt mit ihren Kunden Lieferverträge, nach denen die Flüssiggasbehälter , die sie den Kunden gegen Entgelt zur Verfügung stellt, ihr Eigentum bleiben und die Kunden verpflichtet sind, ihren Flüssiggasbedarf während der Vertragslaufzeit bei ihr zu decken. Die Beklagte hat den Gastank, den die Klägerin ihrem Kunden S. im März 1994 zur Verfügung gestellt hatte, am 17. Dezember 2001 befüllt. Deswegen hat die Klägerin sie auf Unterlassung in Anspruch genommen, Flüssiggastanks zu befüllen, die mit ihrer Firmenbezeichnung versehen sind, sofern der Tank in ihrem - der Klägerin - Eigentum steht und dem jeweiligen Besitzer des Tanks Fremdbefüllungen nicht gestattet sind.
Das Landgericht hat der Klage stattgegeben, das Oberlandesgericht sie abgewiesen. Mit ihrer - zugelassenen - Revision hat die Klägerin die Wieder- herstellung des landgerichtlichen Urteils erstrebt. Vor dem Senat hat die Beklagte eine strafbewehrte Unterlassungserklärung abgegeben, wegen deren Formulierung auf den Schriftsatz der Beklagten vom 10. November 2003 verwiesen wird. Daraufhin haben die Parteien den Rechtsstreit in der Hauptsache übereinstimmend für erledigt erklärt und wechselseitig Kostenanträge gestellt.
II. Nach § 91 a ZPO ist über die Kosten des Rechtsstreits unter Berücksichtigung des bisherigen Sach- und Streitstands nach billigem Ermessen zu entscheiden. Danach sind die Kosten des Rechtsstreits insgesamt der Beklagten aufzuerlegen.
1. Das Unterlassungsbegehren der Klägerin war bis zur Abgabe der Unterlassungserklärung im Senatstermin vom 9. Februar 2004 zulässig und begründet (§ 1004 Abs. 1 BGB).
Das Berufungsgericht ist zutreffend davon ausgegangen, daß die Klägerin Eigentümerin des bei S. stehenden Gasbehälters ist und dessen Befüllung durch die Beklagte den Tatbestand einer Eigentumsbeeinträchtigung i.S. von § 1004 Abs. 1 Satz 1 BGB erfüllt.
Mit Recht hat das Berufungsgericht auch angenommen, daß die Beklagte Störerin ist. Allerdings ist sie nicht mittelbare, sondern unmittelbare (Handlungs-)Störerin, weil die Tankbefüllung unmittelbar auf ihre entsprechende Weisung an den Verkaufsfahrer, also auf eine Willensbetätigung der Beklagten , zurückgeht (Sen.Urt. v. 15. September 2003 - II ZR 367/02, NJW 2003, 3702 m.w.N.).
Zutreffend ist das Berufungsurteil auch insoweit, als es eine Duldungs- pflicht der Klägerin nach § 1004 Abs. 2 BGB verneint, weil der bei S. installierte Tank nach den Vertragsbedingungen ausschließlich zur Lagerung von Gas diente, das von der Klägerin geliefert worden war.
Rechtsfehlerhaft meint das Berufungsgericht jedoch, daß es an der für ein Unterlassungsbegehren erforderlichen Wiederholungsgefahr fehle, weil die von ihm durchgeführte Beweisaufnahme ergeben habe, daß erneute Beeinträchtigungen des Eigentums der Klägerin durch Gaslieferungen der Beklagten nur für den Fall zu besorgen seien, daß Neukunden der Beklagten dieser gegenüber fälschlich ihre Vertragsfreiheit und ihr Eigentum an den zu befüllenden Gasbehältern bestätigten. Das Risiko solcherart unlauteren Verhaltens könne nicht der Beklagten im Sinne einer von ihr ausgehenden Wiederholungsgefahr zugerechnet werden, weil diese alles ihr Zumutbare getan habe, um das Eigentum der Klägerin beeinträchtigende Fremdbefüllungen zu vermeiden.
Diese Argumentation verkennt, daß Fragen der Zumutbarkeit für die Wiederholungsgefahr keine Rolle spielen. Der Unterlassungsanspruch setzt, wie das Berufungsurteil in anderem Zusammenhang richtig ausführt, kein Verschulden voraus. Ein Zumutbarkeitskriterium besteht nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs allein für den mittelbaren Störer (vgl. BGHZ 106, 229, 235; 148, 13, 17). Die Beklagte ist jedoch unmittelbare Störerin.
2. Es entspricht billigem Ermessen, daß die Beklagte die Kosten des gesamten Rechtsstreits zu tragen hat. Für die in den Vorinstanzen entstandenen Kosten folgt dies bereits daraus, daß die Klage bis zur Abgabe der Unterlas-
sungserklärung der Beklagten begründet war. Auch hinsichtlich der Kosten des Revisionsverfahrens kommt eine Beteiligung der Klägerin nicht in Betracht.
Die Beklagte ist der Ansicht, daß der Klägerin billigerweise diejenigen Kosten zur Last fallen müssen, die deshalb entstanden sind, weil sie die Unterlassungserklärung , die die Beklagte ihr außergerichtlich unter dem 28. Oktober 2003 und erneut mit Schriftsatz vom 10. November 2003 angeboten hatte, erst im Senatstermin vom 9. Februar 2004 angenommen hat. Das betrifft die durch den Senatstermin angefallenen Anwaltsgebühren und die Kosten des vorliegenden Beschlusses.
Abgesehen davon, daß die Gerichtskosten für den Beschluß auch dann angefallen wären, wenn die Klägerin vor dem Termin auf den Vorschlag der Gegenseite eingegangen wäre, weil auch dann über die Kostentragung nach § 91 a ZPO hätte befunden werden müssen, ist der Beklagten, die sich in diesem Zusammenhang auf den Gedanken des § 93 ZPO beruft, schon im Ansatz nicht zu folgen. Ob diese Erwägung im Rahmen der Entscheidung nach § 91 a ZPO Geltung beansprucht, kann hier dahinstehen. Der Klägerin konnte im Hinblick auf die Tragweite der ihr angebotenen Unterlassungserklärung nicht
abverlangt werden, ihre Stellungnahme außerhalb der Verhandlung vor dem vollbesetzten Senat abzugeben.
Röhricht Goette Kurzwelly
Münke Gehrlein
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(1) Wird das Eigentum in anderer Weise als durch Entziehung oder Vorenthaltung des Besitzes beeinträchtigt, so kann der Eigentümer von dem Störer die Beseitigung der Beeinträchtigung verlangen. Sind weitere Beeinträchtigungen zu besorgen, so kann der
Hat der Beklagte nicht durch sein Verhalten zur Erhebung der Klage Veranlassung gegeben, so fallen dem Kläger die Prozesskosten zur Last, wenn der Beklagte den Anspruch sofort anerkennt.
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published on 26/02/2007 00:00
BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL II ZR 13/06 Verkündet am: 26. Februar 2007 Boppel Justizamtsinspektor als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein BGHR:
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(1) Wird das Eigentum in anderer Weise als durch Entziehung oder Vorenthaltung des Besitzes beeinträchtigt, so kann der Eigentümer von dem Störer die Beseitigung der Beeinträchtigung verlangen. Sind weitere Beeinträchtigungen zu besorgen, so kann der Eigentümer auf Unterlassung klagen.
(2) Der Anspruch ist ausgeschlossen, wenn der Eigentümer zur Duldung verpflichtet ist.
Hat der Beklagte nicht durch sein Verhalten zur Erhebung der Klage Veranlassung gegeben, so fallen dem Kläger die Prozesskosten zur Last, wenn der Beklagte den Anspruch sofort anerkennt.