Bundesgerichtshof Beschluss, 21. Jan. 2002 - II ZB 5/01
Gericht
Richter
BUNDESGERICHTSHOF
beschlossen:
Beschwerdewert: 25 Mio. ?
Gründe:
I. Der Antragsteller zu 15, außenstehender Aktionär der Antragsgegnerin zu 1, möchte mit seiner außerordentlichen Beschwerde erreichen, daß die Rücknahme der von der Antragsgegnerin zu 1 gegen den Beschluß des Landgerichts eingelegten sofortigen Beschwerde als unzulässig zurückgewiesen wird. Er ist der Ansicht, die Rücknahme des Rechtsmittels habe seiner Zustimmung bedurft. Das Beschwerdegericht hat in dem Beschluß, in dem es über die
Kosten des Beschwerdeverfahrens entschieden hat, das Erfordernis einer derartigen Zustimmung abgelehnt.
II. Die weitere sofortige Beschwerde des Antragstellers zu 15 ist nicht zulässig (§ 306 Abs. 2 i.V.m. § 99 Abs. 3 Satz 7 AktG).
Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes kann zwar ein nach den gesetzlichen Vorschriften unanfechtbarer Beschluû mit der Beschwerde angegriffen werden, wenn er mit der geltenden Rechtsordnung schlechthin unvereinbar ist, weil er jeder gesetzlichen Grundlage entbehrt und inhaltlich dem Gesetz fremd ist (vgl. u.a. Sen.Beschl. v. 7. Juli 1997 - II ZB 7/97, ZIP 1997, 1553; zuletzt Sen.Beschl. v. 14. Juli 2001 - II ZB 13/00, Umdr. S. 16 - nicht veröffentlicht ). Die Voraussetzungen einer solchen greifbaren Gesetzeswidrigkeit sind im vorliegenden Falle jedoch nicht erfüllt. Das Beschwerdegericht hat seine Entscheidung darüber, ob die Rücknahme der Beschwerde durch die Antragsgegnerin zu 1 wirksam vorgenommen worden ist, auf der Grundlage des geltenden Rechts getroffen. Es hat unter Bezugnahme auf § 306 Abs. 7 Satz 4 AktG ausgeführt, das Gesetz gehe von der Zulässigkeit der Rücknahme einer Beschwerde im Spruchverfahren aus. Es hat offengelassen, ob die Vorschrift des § 515 Abs. 1 ZPO über die Zulässigkeit der Rücknahme einer Berufung im Beschwerdeverfahren entsprechend anzuwenden ist. Es hat eine entsprechende Anwendung der Vorschrift unterstellt, ist jedoch aufgrund der Würdigung des tatsächlichen Verfahrensstandes zu dem Ergebnis gelangt, das Beschwerdeverfahren habe kein mit dem Beginn der mündlichen Verhandlung vergleichbares Verfahrensstadium erreicht, so daû ein Anspruch auf Durchführung der Anschluûbeschwerde durch den Antragsgegner zu 15 auf keinen Fall gerechtfertigt sei. Es hat ferner eine Einschränkung der Befugnis der Antragsgegnerin
zu 1 zur Rücknahme der Beschwerde unter den Gesichtspunkten rechtsmiûbräuchlichen Verhaltens und der Treupflicht im Aktienrecht verneint. Von einer greifbaren Gesetzeswidrigkeit der Entscheidung des Beschwerdegerichts kann somit nicht gesprochen werden.
Die auûerordentliche sofortige Beschwerde des Antragstellers zu 15 war somit kostenpflichtig zurückzuweisen.
Röhricht Henze Goette
Kurzwelly Münke
Annotations
(1) Auf das Verfahren ist das Gesetz über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit anzuwenden, soweit in den Absätzen 2 bis 5 nichts anderes bestimmt ist.
(2) Das Landgericht hat den Antrag in den Gesellschaftsblättern bekanntzumachen. Der Vorstand und jedes Aufsichtsratsmitglied sowie die nach § 98 Abs. 2 antragsberechtigten Betriebsräte, Sprecherausschüsse, Spitzenorganisationen und Gewerkschaften sind zu hören.
(3) Das Landgericht entscheidet durch einen mit Gründen versehenen Beschluss. Gegen die Entscheidung des Landgerichts findet die Beschwerde statt. Sie kann nur auf eine Verletzung des Rechts gestützt werden; § 72 Abs. 1 Satz 2 und § 74 Abs. 2 und 3 des Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit sowie § 547 der Zivilprozessordnung gelten sinngemäß. Die Beschwerde kann nur durch die Einreichung einer von einem Rechtsanwalt unterzeichneten Beschwerdeschrift eingelegt werden. Die Landesregierung kann durch Rechtsverordnung die Entscheidung über die Beschwerde für die Bezirke mehrerer Oberlandesgerichte einem der Oberlandesgerichte oder dem Obersten Landesgericht übertragen, wenn dies der Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung dient. Die Landesregierung kann die Ermächtigung auf die Landesjustizverwaltung übertragen.
(4) Das Gericht hat seine Entscheidung dem Antragsteller und der Gesellschaft zuzustellen. Es hat sie ferner ohne Gründe in den Gesellschaftsblättern bekanntzumachen. Die Beschwerde steht jedem nach § 98 Abs. 2 Antragsberechtigten zu. Die Beschwerdefrist beginnt mit der Bekanntmachung der Entscheidung im Bundesanzeiger, für den Antragsteller und die Gesellschaft jedoch nicht vor der Zustellung der Entscheidung.
(5) Die Entscheidung wird erst mit der Rechtskraft wirksam. Sie wirkt für und gegen alle. Der Vorstand hat die rechtskräftige Entscheidung unverzüglich zum Handelsregister einzureichen.
(6) Die Kosten können ganz oder zum Teil dem Antragsteller auferlegt werden, wenn dies der Billigkeit entspricht. Kosten der Beteiligten werden nicht erstattet.
(weggefallen)
Die Wirksamkeit eines Verzichts auf das Recht der Berufung ist nicht davon abhängig, dass der Gegner die Verzichtsleistung angenommen hat.