Bundesgerichtshof Beschluss, 10. Okt. 2002 - I ZR 217/02
Gericht
BUNDESGERICHTSHOF
beschlossen:
Gründe:
I. Die Klägerin hat die Beklagte auf Zahlung von 949.168,33 DM nebst Zinsen in Anspruch genommen. Hilfsweise hat sie beantragt, ihr Auskunft zu erteilen,
welche Erzeugnisse sie seit dem 1. April 1993 mit der Marke "Der Grüne Punkt" gekennzeichnet hat und in welchem Umfang sie solchermaßen gekennzeichnete Produkte in Verkehr gebracht hat, und zwar unter Angabe ihrer Abnehmer einschließlich der vollen Firmenadressen zu den maßgeblichen Lieferzeitpunkten sowie der
jeweils gelieferten Stückzahlen aufgeschlüsselt nach Kalendermonaten.
Das Berufungsgericht hat die Beklagte verurteilt, an die Klägerin 15.980,37 % Zinsen seit dem 10. Januar 1996 zu zahlen, und ihr unter Angabe der jeweils gelieferten Stückzahlen Auskunft darüber zu erteilen, welche Erzeugnisse sie in welchem Umfang seit dem 1. Oktober 1993 bis zum 30. Juni 1996 in Verkehr gebracht hat, die mit der Marke "Der Grüne Punkt" gekennzeichnet waren, und zwar unter Angabe der von ihren Abnehmerinnen belieferten Bäckerei- und sonstigen Betriebe einschließlich der vollen Firmenadressen zu den maßgeblichen Lieferzeitpunkten, aufgeschlüsselt jeweils nach Kalendermonaten.
Die Beklagte hat dagegen Beschwerde eingelegt, daß das Berufungsgericht im Urteil die Revision nicht zugelassen hat.
Sie beantragt,
die Zwangsvollstreckung aus dem Urteil des 6. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Köln vom 17. Juli 2002 einstweilen einzustellen.
Die Klägerin tritt dem Antrag entgegen.
II. Der Antrag der Beklagten auf einstweilige Einstellung der Zwangsvollstreckung wird abgelehnt.
Die Einstellung der Zwangsvollstreckung nach der Vorschrift des § 719 Abs. 2 Satz 1 ZPO, die im Verfahren der Nichtzulassungsbeschwerde entsprechend anzuwenden ist (§ 544 Abs. 5 Satz 2 ZPO), wird von der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes als ein letztes Mittel des Vollstreckungsschuldners angesehen, dem regelmäßig der Erfolg zu versagen ist, wenn es der Schuldner versäumt hatte, im Berufungsrechtszug einen Vollstreckungsschutzantrag gemäß § 712 ZPO zu stellen, obwohl ihm ein solcher Antrag möglich und zuzumuten gewesen wäre (vgl. BGH, Beschl. v. 7.9.1990 - I ZR 220/90, GRUR 1991, 159 - Zwangsvollstreckungseinstellung; Beschl. v. 8.8.1991 - I ZR 141/91, GRUR 1991, 943 - Einstellungsbegründung, m.w.N.). Daß ein solcher Schutzantrag im Berufungsrechtszug nicht gestellt worden ist, steht der Einstellung der Zwangsvollstreckung durch das Revisionsgericht allerdings nicht entgegen, wenn die Gründe, auf die ein solcher Schutzantrag gestützt wird, zum Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung vor dem Berufungsgericht noch nicht vorlagen oder vom Schuldner nicht vorgetragen oder glaubhaft gemacht werden konnten (vgl. BGH, Beschl. v. 31.10.2000 - XII ZR 3/00, NJW 2001, 375).
Die Beklagte hat vor dem Berufungsgericht keinen Antrag gemäß § 712 ZPO gestellt, obwohl ihr dies möglich und zumutbar war. Die Gründe, auf die sie den Antrag stützt, sind nicht erst nach der mündlichen Verhandlung vor dem Berufungsgericht entstanden. Entgegen der Ansicht der Antragstellerin ist das
Berufungsgericht in seiner Entscheidung nicht über den von der Klägerin gestellten Auskunftsantrag hinausgegangen. Es hat vielmehr anhand des Vorbringens der Klägerin den Auskunftsantrag ausgelegt (vgl. hierzu BGH, Urt. v. 7.6.2001 - I ZR 115/99, GRUR 2002, 177, 178 = WRP 2001, 1182 - Jubiläumsschnäppchen ), und zwar in dem Sinn, in dem ihn auch die Beklagte verstanden hat.
Ullmann v. Ungern-Sternberg Starck
Bornkamm Büscher
Annotations
(1) Wird gegen ein für vorläufig vollstreckbar erklärtes Urteil der Einspruch oder die Berufung eingelegt, so gelten die Vorschriften des § 707 entsprechend. Die Zwangsvollstreckung aus einem Versäumnisurteil darf nur gegen Sicherheitsleistung eingestellt werden, es sei denn, dass das Versäumnisurteil nicht in gesetzlicher Weise ergangen ist oder die säumige Partei glaubhaft macht, dass ihre Säumnis unverschuldet war.
(2) Wird Revision gegen ein für vorläufig vollstreckbar erklärtes Urteil eingelegt, so ordnet das Revisionsgericht auf Antrag an, dass die Zwangsvollstreckung einstweilen eingestellt wird, wenn die Vollstreckung dem Schuldner einen nicht zu ersetzenden Nachteil bringen würde und nicht ein überwiegendes Interesse des Gläubigers entgegensteht. Die Parteien haben die tatsächlichen Voraussetzungen glaubhaft zu machen.
(3) Die Entscheidung ergeht durch Beschluss.
(1) Die Nichtzulassung der Revision durch das Berufungsgericht unterliegt der Beschwerde (Nichtzulassungsbeschwerde).
(2) Die Nichtzulassungsbeschwerde ist nur zulässig, wenn
- 1.
der Wert der mit der Revision geltend zu machenden Beschwer 20 000 Euro übersteigt oder - 2.
das Berufungsgericht die Berufung als unzulässig verworfen hat.
(3) Die Nichtzulassungsbeschwerde ist innerhalb einer Notfrist von einem Monat nach Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber bis zum Ablauf von sechs Monaten nach der Verkündung des Urteils bei dem Revisionsgericht einzulegen. Mit der Beschwerdeschrift soll eine Ausfertigung oder beglaubigte Abschrift des Urteils, gegen das die Revision eingelegt werden soll, vorgelegt werden.
(4) Die Beschwerde ist innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber bis zum Ablauf von sieben Monaten nach der Verkündung des Urteils zu begründen. § 551 Abs. 2 Satz 5 und 6 gilt entsprechend. In der Begründung müssen die Zulassungsgründe (§ 543 Abs. 2) dargelegt werden.
(5) Das Revisionsgericht gibt dem Gegner des Beschwerdeführers Gelegenheit zur Stellungnahme.
(6) Das Revisionsgericht entscheidet über die Beschwerde durch Beschluss. Der Beschluss soll kurz begründet werden; von einer Begründung kann abgesehen werden, wenn sie nicht geeignet wäre, zur Klärung der Voraussetzungen beizutragen, unter denen eine Revision zuzulassen ist, oder wenn der Beschwerde stattgegeben wird. Die Entscheidung über die Beschwerde ist den Parteien zuzustellen.
(7) Die Einlegung der Beschwerde hemmt die Rechtskraft des Urteils. § 719 Abs. 2 und 3 ist entsprechend anzuwenden. Mit der Ablehnung der Beschwerde durch das Revisionsgericht wird das Urteil rechtskräftig.
(8) Wird der Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision stattgegeben, so wird das Beschwerdeverfahren als Revisionsverfahren fortgesetzt. In diesem Fall gilt die form- und fristgerechte Einlegung der Nichtzulassungsbeschwerde als Einlegung der Revision. Mit der Zustellung der Entscheidung beginnt die Revisionsbegründungsfrist.
(9) Hat das Berufungsgericht den Anspruch des Beschwerdeführers auf rechtliches Gehör in entscheidungserheblicher Weise verletzt, so kann das Revisionsgericht abweichend von Absatz 8 in dem der Beschwerde stattgebenden Beschluss das angefochtene Urteil aufheben und den Rechtsstreit zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückverweisen.
(1) Würde die Vollstreckung dem Schuldner einen nicht zu ersetzenden Nachteil bringen, so hat ihm das Gericht auf Antrag zu gestatten, die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung ohne Rücksicht auf eine Sicherheitsleistung des Gläubigers abzuwenden; § 709 Satz 2 gilt in den Fällen des § 709 Satz 1 entsprechend. Ist der Schuldner dazu nicht in der Lage, so ist das Urteil nicht für vorläufig vollstreckbar zu erklären oder die Vollstreckung auf die in § 720a Abs. 1, 2 bezeichneten Maßregeln zu beschränken.
(2) Dem Antrag des Schuldners ist nicht zu entsprechen, wenn ein überwiegendes Interesse des Gläubigers entgegensteht. In den Fällen des § 708 kann das Gericht anordnen, dass das Urteil nur gegen Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist.