Bundesgerichtshof Beschluss, 23. Okt. 2008 - I ZR 121/07
Gericht
BUNDESGERICHTSHOF
beschlossen:
Gründe:
- 1
- I. Die Nichtzulassungsbeschwerde hält es für eine klärungsbedürftige Rechtsfrage, ob eine irreführende Werbung mit Selbstverständlichkeiten voraussetzt , dass gesetzlich vorgeschriebene Eigenschaften oder zum Wesen einer angebotenen Ware oder Leistung gehörende Umstände durch den Wer- benden besonders hervorgehoben werden. Diese Frage ist indes nicht klärungsbedürftig.
- 2
- Der Werbende darf grundsätzlich auf freiwillig erbrachte Leistungen wie einen niedrigen Preis oder die hohe Qualität seiner Ware hinweisen, auch wenn andere Mitbewerber keinen höheren Preis verlangen oder die gleiche Qualität bieten (vgl. Bornkamm in Hefermehl/Köhler/Bornkamm, UWG, 26. Aufl., § 5 Rdn. 2.115). Nach der Rechtsprechung des Senats kann demgegenüber eine Werbung, die Selbstverständlichkeiten herausstellt, trotz objektiver Richtigkeit der Angaben gegen § 5 UWG verstoßen, sofern das angesprochene Publikum annimmt, dass mit der Werbung ein Vorzug gegenüber anderen Erzeugnissen der gleichen Gattung und den Angeboten von Mitbewerbern hervorgehoben wird (BGH, Urt. v. 9.7.1987 - I ZR 120/85, GRUR 1987, 916, 917 = WRP 1988, 28 - Gratis-Sehtest). Das ist insbesondere dann der Fall, wenn dem Publikum nicht bekannt ist, dass es sich bei der betonten Eigenschaft um einen gesetzlich vorgeschriebenen oder zum Wesen der Ware gehörenden Umstand handelt. In der Entscheidung "Gratis-Sehtest" hat der Senat die Werbung zugelassen , weil sie weder gesetzlich vorgeschrieben war noch eine zum Wesen der Ware gehörende Eigenschaft betraf, sondern eine freiwillige, wenn auch übliche Sonderleistung darstellte, die im gesundheitlichen Interesse der Verbraucher lag, ohne diese unmittelbar wirtschaftlichen Risiken auszusetzen (BGH GRUR 1987, 916, 917). Wesensgemäße Eigenschaften der Ware und gesetzlich vorgeschriebene Angaben sind jedoch lediglich Beispiele einer unlauteren Werbung mit Selbstverständlichkeiten (vgl. Bornkamm aaO § 5 Rdn. 2.115 und die bei MünchKomm.UWG/Reese, § 5 Rdn. 178 aufgeführten Fälle). Entscheidend ist, dass der Verkehr in der herausgestellten Eigenschaft der beworbenen Ware oder Leistung irrtümlich einen Vorteil sieht, den er nicht ohne weiteres, insbesondere auch nicht bei Bezug der gleichen Ware oder Leistung bei der Konkurrenz , erwarten kann.
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- Das Berufungsgericht hat in Anwendung dieser Grundsätze ohne Rechtsfehler die beanstandete Anzeige als unzulässige Werbung mit Selbstverständlichkeiten angesehen. Es hat fehlerfrei festgestellt, dass der gebührenfreie Edelmetallankauf von Privatpersonen branchenüblich ist und dass die Gebührenfreiheit in der Werbung der Beklagten besonders betont wird. Bei dem Verzicht auf Ankaufgebühren handelt es sich auch nicht um eine freiwillige Sonderleistung i.S. der Entscheidung "Gratis-Sehtest". Denn es geht allein darum , ob für den schlichten Ankauf der Edelmetalle als solchen eine Gebühr verlangt wird. Die Preisfestsetzung durch den Käufer stellt keine Leistung an den Verkäufer dar.
Bornkamm Büscher Schaffert
Koch Kirchhoff
Vorinstanzen:
LG München II, Entscheidung vom 28.09.2006 - 4 HKO 1993/06 -
OLG München, Entscheidung vom 28.06.2007 - 29 U 5406/06 -
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Annotations
(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat.
(2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vorbringens obsiegt, das sie in einem früheren Rechtszug geltend zu machen imstande war.
(3) (weggefallen)
(1) Unlauter handelt, wer eine irreführende geschäftliche Handlung vornimmt, die geeignet ist, den Verbraucher oder sonstigen Marktteilnehmer zu einer geschäftlichen Entscheidung zu veranlassen, die er andernfalls nicht getroffen hätte.
(2) Eine geschäftliche Handlung ist irreführend, wenn sie unwahre Angaben enthält oder sonstige zur Täuschung geeignete Angaben über folgende Umstände enthält:
- 1.
die wesentlichen Merkmale der Ware oder Dienstleistung wie Verfügbarkeit, Art, Ausführung, Vorteile, Risiken, Zusammensetzung, Zubehör, Verfahren oder Zeitpunkt der Herstellung, Lieferung oder Erbringung, Zwecktauglichkeit, Verwendungsmöglichkeit, Menge, Beschaffenheit, Kundendienst und Beschwerdeverfahren, geographische oder betriebliche Herkunft, von der Verwendung zu erwartende Ergebnisse oder die Ergebnisse oder wesentlichen Bestandteile von Tests der Waren oder Dienstleistungen; - 2.
den Anlass des Verkaufs wie das Vorhandensein eines besonderen Preisvorteils, den Preis oder die Art und Weise, in der er berechnet wird, oder die Bedingungen, unter denen die Ware geliefert oder die Dienstleistung erbracht wird; - 3.
die Person, Eigenschaften oder Rechte des Unternehmers wie Identität, Vermögen einschließlich der Rechte des geistigen Eigentums, den Umfang von Verpflichtungen, Befähigung, Status, Zulassung, Mitgliedschaften oder Beziehungen, Auszeichnungen oder Ehrungen, Beweggründe für die geschäftliche Handlung oder die Art des Vertriebs; - 4.
Aussagen oder Symbole, die im Zusammenhang mit direktem oder indirektem Sponsoring stehen oder sich auf eine Zulassung des Unternehmers oder der Waren oder Dienstleistungen beziehen; - 5.
die Notwendigkeit einer Leistung, eines Ersatzteils, eines Austauschs oder einer Reparatur; - 6.
die Einhaltung eines Verhaltenskodexes, auf den sich der Unternehmer verbindlich verpflichtet hat, wenn er auf diese Bindung hinweist, oder - 7.
Rechte des Verbrauchers, insbesondere solche auf Grund von Garantieversprechen oder Gewährleistungsrechte bei Leistungsstörungen.
(3) Eine geschäftliche Handlung ist auch irreführend, wenn
- 1.
sie im Zusammenhang mit der Vermarktung von Waren oder Dienstleistungen einschließlich vergleichender Werbung eine Verwechslungsgefahr mit einer anderen Ware oder Dienstleistung oder mit der Marke oder einem anderen Kennzeichen eines Mitbewerbers hervorruft oder - 2.
mit ihr eine Ware in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union als identisch mit einer in anderen Mitgliedstaaten der Europäischen Union auf dem Markt bereitgestellten Ware vermarktet wird, obwohl sich diese Waren in ihrer Zusammensetzung oder in ihren Merkmalen wesentlich voneinander unterscheiden, sofern dies nicht durch legitime und objektive Faktoren gerechtfertigt ist.
(4) Angaben im Sinne von Absatz 1 Satz 2 sind auch Angaben im Rahmen vergleichender Werbung sowie bildliche Darstellungen und sonstige Veranstaltungen, die darauf zielen und geeignet sind, solche Angaben zu ersetzen.
(5) Es wird vermutet, dass es irreführend ist, mit der Herabsetzung eines Preises zu werben, sofern der Preis nur für eine unangemessen kurze Zeit gefordert worden ist. Ist streitig, ob und in welchem Zeitraum der Preis gefordert worden ist, so trifft die Beweislast denjenigen, der mit der Preisherabsetzung geworben hat.