Bundesgerichtshof Beschluss, 11. Juli 2002 - I ZB 24/99

bei uns veröffentlicht am11.07.2002

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
I ZB 24/99
vom
11. Juli 2002
in der Rechtsbeschwerdesache
betreffend die Markenanmeldung Nr. 394 01 429.4
Nachschlagewerk: ja
BGHZ : nein
BGHR : ja
BWC
PVÜ Art. 5 Abschn. C Abs. 2, Art. 6quinquies Abschn. C Abs. 2;
MarkenG § 156 Abs. 3, Abs. 4 und Abs. 5;
WZG § 4 Abs. 2 Nr. 1

a) Der Begriff der Beeinflussung der Unterscheidungskraft ist in Art. 5
Abschn. C Abs. 2 und Art. 6quinquies Abschn. C Abs. 2 PVÜ einheitlich auszulegen.
Maßgeblich ist, ob der kennzeichnende Charakter der Marke verändert
wird.

b) Die Anmelderin kann die Einverständniserklärung zu einer Zeitrangverschiebung
nach § 156 Abs. 3 MarkenG, die sie in einem Verfahren vor dem Deutschen
Patent- und Markenamt nach § 156 Abs. 4 MarkenG verweigert hat, in
einem späteren Beschwerdeverfahren, das erst nach dem 1. Januar 1995
anhängig geworden ist, nicht mehr nachholen.
BGH, Beschl. v. 11. Juli 2002 - I ZB 24/99 - Bundespatentgericht
Der I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat am 11. Juli 2002 durch den
Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Erdmann und die Richter Prof. Starck, Prof.
Dr. Bornkamm, Pokrant und Dr. Büscher

beschlossen:
Die Rechtsbeschwerde der Anmelderin gegen den an Verkündungs Statt am 11. Oktober 1999 zugestellten Beschluß des 29. Senats (Marken-Beschwerdesenats) des Bundespatentgerichts wird zurückgewiesen.
Der Gegenstandswert der Rechtsbeschwerde wird auf 50.000 festgesetzt.

Gründe:


I. Die Anmelderin begehrt mit ihrer am 11. November 1994 eingereichten Anmeldung die Eintragung der Marke

für die Waren
"Uhren, Zeitmeßinstrumente sowie Teile der genannten Waren".

Die Anmelderin ist Inhaberin der international registrierten Marken Nr. 2R 138 899

eingetragen für "Montres et chronographes" und Nr. 566 482

eingetragen für "Montres et chronographes de provenance suisse".
Auf eine Anfrage der zuständigen Markenstelle des Deutschen Patentamtes verweigerte die Anmelderin ihr Einverständnis mit der Verschiebung der Priorität der Markenanmeldung vom 11. November 1994 auf den 1. Januar 1995.
Die Markenstelle des Deutschen Patentamtes hat der angemeldeten Marke "BWC" daraufhin die Eintragung wegen eines Freihaltebedürfnisses nach § 4 Abs. 2 Nr. 1 Altern. 2 WZG versagt.
Die Beschwerde der Anmelderin ist erfolglos geblieben (BPatGE 41, 154).
Während des Beschwerdeverfahrens vor dem Bundespatentgericht hat die Anmelderin hilfsweise ihr Einverständnis mit der Verschiebung der Priorität auf den 1. Januar 1995 erklärt.

Mit der (zugelassenen) Rechtsbeschwerde verfolgt die Anmelderin ihr Eintragungsbegehren weiter.
II. Das Bundespatentgericht hat die angemeldete Marke als von der Ein- tragung nach § 4 Abs. 2 Nr. 1 WZG ausgeschlossen angesehen und zur Begründung ausgeführt:
Die Prüfung der Schutzfähigkeit der Marke richte sich nach den Bestimmungen des Warenzeichengesetzes zur Eintragbarkeit von Buchstabenzeichen. Der Anteil der graphischen Gestaltung der Marke in Form des "W" sei gering; der Eindruck als Buchstabenzeichen überwiege deutlich. Als bloße Aneinanderreihung von Buchstaben ohne Wortcharakter sei das Zeichen "BWC" von der Eintragung ausgeschlossen.
Die Schutzfähigkeit lasse sich auch nicht mit einer richtlinienkonformen Auslegung der Ersten Richtlinie des Rates 89/104/EWG vom 21. Dezember 1988 zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Marken (ABl. EG Nr. L 40 v. 11.2.1989, S. 1) begründen. Zwar sollte diese Richtlinie bis zum 31. Dezember 1992 in nationales Recht umgesetzt werden. Wegen des eindeutigen Wortlauts des § 4 Abs. 2 Nr. 1 WZG habe jedoch vor der Umsetzung der Markenrechtsrichtlinie in nationales Recht zum 1. Januar 1995 kein Auslegungsspielraum bestanden.
Die Anmelderin könne eine Aufhebung der patentamtlichen Entscheidung auch nicht über den geltend gemachten Telle-quelle-Schutz der international registrierten schweizerischen Ursprungsmarken erreichen. Eine Zurückweisung der Markenanmeldung sei nicht nach Art. 6quinquies Abschn. C Abs. 2
PVÜ ausgeschlossen. Das angemeldete Zeichen weiche von den im Ursprungsland eingetragenen Marken in Bestandteilen ab, die den kennzeichnenden Charakter der Ursprungsmarken veränderten. Das Weglassen der Wörter "SUISSE" und "SWISS" sei keine nur unerhebliche Markenabwandlung. Für die Waren, für die die Markenanmeldung erfolgt sei, habe der Hinweis auf die Schweiz als Herkunftsland besondere Bedeutung.
Die Anmelderin könne Schutz für die angemeldete Marke auch nicht mit dem Zeitrang 1. Januar 1995 erhalten. Das im Beschwerdeverfahren hilfsweise erklärte Einverständnis, den Zeitrang der Anmeldung auf den 1. Januar 1995 zu verschieben, sei nicht rechtzeitig erfolgt. Die Bestimmung des § 156 Abs. 5 Satz 1 MarkenG über die Abgabe der Erklärung zur Zeitrangverschiebung sei nicht auf Fälle anwendbar, in denen die Erklärungsfrist bereits im Verfahren vor dem Patentamt erfolglos verstrichen sei.
III. Die gegen diese Beurteilung gerichteten Angriffe der Rechtsbeschwerde haben keinen Erfolg.
1. Das Bundespatentgericht ist für das Zeichen "BWC" mit Recht von einem Eintragungshindernis nach § 4 Abs. 2 Nr. 1 WZG ausgegangen.
Die Anmelderin kann für die Marke den Zeitrang des Anmeldetags nur beanspruchen, wenn der Eintragung keine nach den bis zum Inkrafttreten des Markengesetzes geltenden Vorschriften des Warenzeichengesetzes von Amts wegen zu berücksichtigenden Gründe entgegengestanden haben (§§ 152, 156 Abs. 1 MarkenG). Das ist nicht der Fall.
Buchstaben als solche waren nach § 4 Abs. 2 Nr. 1 WZG von der Eintragung grundsätzlich ausgeschlossen. Die Eintragung von ausschließlich aus Buchstaben gebildeten Zeichen erfolgte nach dieser Vorschrift nur, wenn sich das Zeichen im Verkehr durchgesetzt hatte (§ 4 Abs. 3 WZG) oder in seinem Gesamteindruck so phantasievoll gestaltet war, daß der Charakter der freizuhaltenden Buchstaben dahinter zurücktrat (vgl. BGH, Beschl. v. 9.11.1995 - I ZB 29/93, GRUR 1996, 202, 203 = WRP 1997, 450 - UHQ, m.w.N.). Diese Voraussetzungen, unter denen eine Eintragung von reinen Buchstabenzeichen erfolgen konnte, liegen nicht vor.
Eine Durchsetzung des Zeichens im Verkehr hat die Anmelderin nicht geltend gemacht. Die Marke "BWC" ist nach den Feststellungen des Bundespatentgerichts auch nicht derart phantasievoll gestaltet, daß der Verkehr die Kennzeichnung nach dem Gesamteindruck nicht in den Buchstaben als solchen erblickt. Das ist aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden.
Das abstrakte Freihaltebedürfnis für Buchstabenzeichen nach § 4 Abs. 2 Nr. 1 WZG galt auch nach dem 31. Dezember 1992, dem Zeitpunkt, bis zu dem die Markenrechtsrichtlinie in nationales Recht umgesetzt werden sollte, unter der Geltung des Warenzeichengesetzes fort. Zwar muß ein nationales Gericht bei der Anwendung nationalen Rechts dessen Auslegung soweit wie möglich am Wortlaut und Zweck einer EG-Richtlinie ausrichten (vgl. EuGH, Urt. v. 14.7.1994 - Rs. C-91/92, Slg. 1994, I-3325 = NJW 1994, 2473, 2474, Tz. 26 - Dori/Recreb; Urt. v. 17.9.1997 - Rs. C-54/96, Slg. 1997, I-4961 = NJW 1997, 3365, 3367, Tz. 43 - Dorsch Consult/Bundesbaugesellschaft Berlin; BGHZ 138, 55, 59 f. - Testpreis-Angebot). Vor Umsetzung der EG-Markenrechtsrichtlinie durch das Markengesetz am 1. Januar 1995 bestand jedoch angesichts des eindeutigen Wortlauts der Vorschrift des § 4 Abs. 2 Nr. 1 WZG kein Spielraum,
im Wege der Auslegung die Schutzfähigkeit reiner Buchstabenzeichen zu begründen (vgl. BGH GRUR 1996, 202, 204 - UHQ).
2. Die Anmelderin hat sich auch auf den Telle-quelle-Schutz nach Art. 6quinquies Abschn. A Abs. 1 Satz 1 PVÜ aufgrund ihrer international registrierten Marken berufen und geltend gemacht, die angemeldete Marke weise nur geringfügige Abweichungen auf, die eine Zurückweisung gemäß Art. 6quinquies Abschn. C Abs. 2 PVÜ nicht rechtfertigen. Das Bundespatentgericht hat das Vorliegen der Voraussetzungen des Art. 6quinquies Abschn. C Abs. 2 PVÜ verneint. Dagegen wendet sich die Rechtsbeschwerde ohne Erfolg.
Nach der Vorschrift des Art. 6quinquies Abschn. A Abs. 1 Satz 1 PVÜ soll jede im Ursprungsland ordnungsgemäß eingetragene Marke, so wie sie im Ursprungsland eingetragen ist, in den Verbandsländern Wirkung und Schutz erhalten (vgl. hierzu auch BGHZ 111, 134, 135 f. - IR-Marke FE; 130, 187, 191 - Füllkörper). Wird der Schutz für ein abgewandeltes Zeichen beansprucht, darf gemäß Art. 6quinquies Abschn. C Abs. 2 PVÜ die Markenanmeldung nicht zurückgewiesen werden, wenn die angemeldete Marke nur in Bestandteilen von der im Ursprungsland eingetragenen Marke abweicht, die die Unterscheidungskraft der Marken nicht beeinflussen und ihre Identität nicht berühren.
Die Merkmale der Beeinflussung der Unterscheidungskraft in Art. 6quinquies Abschn. C Abs. 2 und in Art. 5 Abschn. C Abs. 2 PVÜ, der die rechtserhaltende Markenbenutzung in abgewandelter Form regelt, entsprechen sich inhaltlich. Die Vorschriften stimmen hinsichtlich dieses Tatbestandsmerkmals wörtlich überein. Sie dienen dazu, geringfügige Abweichungen des Zeichens bei der Benutzung und bei der Gewährung des Telle-quelle-Schutzes zuzulassen. Der Begriff der Beeinflussung der Unterscheidungskraft ist daher in Art. 5 Abschn. C
Abs. 2 und in Art. 6quinquies Abschn. C Abs. 2 PVÜ einheitlich auszulegen (vgl. auch Fezer, Markenrecht, 3. Aufl., Art. 6quinquies PVÜ Rdn. 15 u. § 26 MarkenG Rdn. 91; Bodenhausen, Pariser Verbandsübereinkunft zum Schutz des gewerblichen Eigentums, S. 100 Abschn. (n)). Allerdings sieht Art. 6quinquies Abschn. C Abs. 2 PVÜ im Gegensatz zu Art. 5 Abschn. C Abs. 2 PVÜ zusätzlich vor, daß die Identität der Marke nicht berührt wird. Ob deshalb an das Vorliegen der Voraussetzungen des Art. 6quinquies Abschn. C Abs. 2 PVÜ insgesamt ein strengerer Maßstab als bei Art. 5 Abschn. C Abs. 2 PVÜ anzulegen ist (bejahend: Althammer/Ströbele, Markengesetz, 6. Aufl., § 8 Rdn. 89), kann im vorliegenden Fall offenbleiben. Die einheitliche Auslegung des in beiden Vorschriften enthaltenen Merkmals der Beeinflussung der Unterscheidungskraft wird hiervon nicht berührt. Maßstab für die Beeinflussung der Unterscheidungskraft in Art. 5 Abschn. C Abs. 2 und Art. 6quinquies Abschn. C Abs. 2 PVÜ ist danach, ob der kennzeichnende Charakter der Marke verändert wird (vgl. zu Art. 5 Abschn. C Abs. 2 PVÜ: BGH, Urt. v. 17.7.1997 - I ZR 228/94, GRUR 1997, 744, 746 = WRP 1997, 1085 - ECCO; Beschl. v. 9.7.1998 - I ZB 37/96, GRUR 1999, 54, 55 = WRP 1998, 1081 - Holtkamp; Beschl. v. 9.7.1998 - I ZB 7/96, GRUR 1999, 167 f. = WRP 1998, 1083 - Karolus-Magnus; vgl. auch Begr. zum Regierungsentwurf , BT-Drucks. 12/6581, S. 83 = BlPMZ 1994, Sonderheft, S. 77; Fezer aaO § 26 Rdn. 91; Ingerl/Rohnke, Markengesetz, § 26 Rdn. 77; Althammer/ Ströbele aaO § 26 Rdn. 73). In diesem Zusammenhang kommt es maßgeblich darauf an, ob der angesprochene Verkehr in der abgewandelten Form des Zeichens noch dieselbe im Ursprungsland eingetragene Marke sieht.
Von diesen Grundsätzen ist das Bundespatentgericht ausgegangen und hat angenommen, im Zusammenhang mit den Waren, für die die Marke angemeldet sei, komme den weggelassenen Wortbestandteilen "SUISSE" und "SWISS" besondere Bedeutung zu. Durch den Hinweis auf die Schweiz als
Herkunftsland werde ein Qualitätsmerkmal hervorgehoben. Dem Verkehr sei bekannt, daß es sich bei Schweizer Uhren häufig um solche von gehobener Qualität handele. Diese Feststellungen sind aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden. Die Rechtsbeschwerde zieht sie ohne Erfolg mit der Begründung in Zweifel, das Bundespatentgericht habe einen anderen Wertungsmaßstab angewandt als der Senat in der "ECCO"-Entscheidung (BGH GRUR 1997, 744). In dieser Entscheidung hat der Bundesgerichtshof die kennzeichnende Funktion von "Milano" in der in jenem Verfahren zu beurteilenden Marke unter zwei Gesichtspunkten verneint. Dem Bestandteil "Milano" kam wegen der besonderen graphischen Gestaltung, bei der die ersten drei Buchstaben nicht ohne weiteres lesbar waren und der Begriff einer ornamentalen Verzierung angenähert erschien , und der untergeordneten Zuordnung zu "ECCO" nur eine geringe Bedeutung für den kennzeichnenden Charakter der Klagemarke zu. Entsprechende Feststellungen hat das Bundespatentgericht hier nicht getroffen. Das nimmt die Rechtsbeschwerde hin. Für eine gegenteilige Annahme ist nach der Lebenserfahrung auch nichts ersichtlich. Der Bundesgerichtshof hat in der "ECCO"-Entscheidung den kennzeichnenden Charakter von "Milano" zudem verneint, weil die beschreibende Bedeutung der geographischen Angabe erhalten geblieben ist. Dagegen hat das Bundespatentgericht - rechtsfehlerfrei - eine kennzeichnende Funktion der Bestandteile "SUISSE" und "SWISS" der IR-Marken nicht verneint, weil es dem Hinweis auf die Schweiz als Herkunftsland wegen der mit den Uhren häufig verbundenen Qualitätserwartung des Verkehrs besondere Bedeutung beigemessen hat. Sieht der Verkehr die Bestandteile "SUISSE" und "SWISS" der Ursprungsmarken für die Waren, für die die Markeneintragungen erfolgt sind, als besonders bedeutungsvoll an, wird der kennzeichnende Charakter der angemeldeten Marke "BWC" verändert, wenn diese Bestandteile nicht übernommen werden.
3. Das Bundespatentgericht hat mit Recht angenommen, daß im Streitfall die Voraussetzungen einer Zeitrangverschiebung zum 1. Januar 1995 nach § 156 Abs. 3 und Abs. 5 MarkenG nicht vorliegen. Es ist davon ausgegangen, daß das Einverständnis in einem Beschwerdeverfahren nicht mehr erklärt werden kann, wenn die Frist des § 156 Abs. 3 MarkenG bereits in dem Verfahren vor dem Deutschen Patent- und Markenamt erfolglos abgelaufen ist.
Die von der Rechtsbeschwerde vertretene gegenteilige Ansicht ist bereits mit dem Wortlaut des § 156 Abs. 5 MarkenG nicht zu vereinbaren, nach dem das Verfahren, in dem die Einverständniserklärung mit der Prioritätsverschiebung nach § 156 Abs. 3 MarkenG abgegeben wird, am 1. Januar 1995 anhängig sein muß. Nichts anderes gilt nach der Gesetzessystematik und dem Sinn und Zweck der in § 156 Abs. 3 MarkenG enthaltenen Fristbestimmung und dem in § 156 Abs. 5 MarkenG angeführten Stichtagsprinzip, aus denen folgt, daß die vor dem Inkrafttreten des Markengesetzes angemeldeten Marken zügig übergeleitet werden sollten (vgl. BGH, Beschl. v. 27.1.2000 - I ZB 39/97, GRUR 2000, 892, 893 = WRP 2000, 1299 - MTS). Ob von dem Stichtagsprinzip eine Ausnahme gerechtfertigt ist und in einem späteren Verfahrensstadium das Einverständnis mit der Zeitrangverschiebung noch wirksam erklärt werden kann, wenn die Anmeldung in dem am 1. Januar 1995 anhängigen Verfahren nicht nach § 156 Abs. 4 MarkenG zurückgewiesen worden ist (bejahend: BPatGE 39, 75, 82 f.; 39, 110, 115 f.; Fezer aaO § 156 Rdn. 4), ist vorliegend ohne Belang. Jedenfalls kann die Anmelderin das in dem Verfahren vor dem Deutschen Patent - und Markenamt nach § 156 Abs. 4 MarkenG verweigerte Einverständnis mit der Zeitrangverschiebung in einem Beschwerdeverfahren, das erst nach dem 1. Januar 1995 anhängig geworden ist, nicht mehr nachholen (vgl. Begr. zum Regierungsentwurf, BT-Drucks. 12/6581, S. 130 = BlPMZ 1994, Sonder-
heft, S. 124; BPatGE 37, 82, 85; 38, 26, 29; Fezer aaO § 156 Rdn. 4; a.A. BPatGE 40, 50, 53; Althammer/Ströbele aaO § 156 Rdn. 16).
Anders als die Rechtsbeschwerde meint, stehen dem weder die in Art. 4 EG niedergelegten Grundsätze der Wirtschaftspolitik der EG oder die Handlungspflichten der Mitgliedstaaten nach Art. 10 EG noch das in Art. 14 Abs. 1 EG angeführte Ziel der schrittweisen Verwirklichung des Binnenmarktes, die Warenverkehrsfreiheit (Art. 28 EG) und Art. 95 EG sowie die Bestimmungen der Markenrechtsrichtlinie entgegen. Aus diesen Vorschriften läßt sich nicht herleiten , daß es der Anmelderin möglich sein muß, ein im markenrechtlichen Anmeldeverfahren vor dem Deutschen Patent- und Markenamt verweigertes Einverständnis mit der Zeitrangverschiebung in einem Beschwerdeverfahren nachzuholen , das erst nach dem 1. Januar 1995 anhängig wurde. Zur Wahrung ihrer Rechte reichte es aus, daß die Anmelderin im Verfahren vor dem Deutschen Patent- und Markenamt durch ein (zumindest) hilfsweise erklärtes Einverständnis nach § 156 Abs. 3 MarkenG mit der Prioritätsverschiebung eine Prüfung der Eintragungsvoraussetzungen sowohl nach dem Warenzeichengesetz als auch nach dem Markengesetz erreichen konnte (vgl. hierzu BGH GRUR 2000, 892, 893 - MTS).
IV. Danach war die Rechtsbeschwerde der Anmelderin zurückzuweisen.
Erdmann Starck Bornkamm
Pokrant Büscher

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Ist vor dem 1. Januar 1995 ein Verfahren von Amts wegen zur Löschung der Eintragung einer Marke wegen des Bestehens absoluter Schutzhindernisse nach § 10 Absatz 2 Nummer 2 des Warenzeichengesetzes eingeleitet worden oder ist vor diesem Zeitpunkt ein Antrag auf Löschung nach dieser Vorschrift gestellt worden, so wird die Eintragung nur gelöscht, wenn die Marke sowohl nach den bis dahin geltenden Vorschriften als auch nach den Vorschriften dieses Gesetzes nicht schutzfähig ist. Dies gilt auch dann, wenn nach dem 1. Januar 1995 ein Verfahren nach § 54 zur Löschung der Eintragung einer Marke eingeleitet wird, die vor dem 1. Januar 1995 eingetragen worden ist.

Die Vorschriften dieses Gesetzes finden, soweit nachfolgend nichts anderes bestimmt ist, auch auf Marken, die vor dem 1. Januar 1995 angemeldet oder eingetragen oder durch Benutzung im geschäftlichen Verkehr oder durch notorische Bekanntheit erworben worden sind, und auf geschäftliche Bezeichnungen Anwendung, die vor dem 1. Januar 1995 nach den bis dahin geltenden Vorschriften geschützt waren.

Ist vor dem 1. Januar 1995 ein Verfahren von Amts wegen zur Löschung der Eintragung einer Marke wegen des Bestehens absoluter Schutzhindernisse nach § 10 Absatz 2 Nummer 2 des Warenzeichengesetzes eingeleitet worden oder ist vor diesem Zeitpunkt ein Antrag auf Löschung nach dieser Vorschrift gestellt worden, so wird die Eintragung nur gelöscht, wenn die Marke sowohl nach den bis dahin geltenden Vorschriften als auch nach den Vorschriften dieses Gesetzes nicht schutzfähig ist. Dies gilt auch dann, wenn nach dem 1. Januar 1995 ein Verfahren nach § 54 zur Löschung der Eintragung einer Marke eingeleitet wird, die vor dem 1. Januar 1995 eingetragen worden ist.

(1) Soweit die Geltendmachung von Ansprüchen aus einer eingetragenen Marke oder die Aufrechterhaltung der Eintragung davon abhängig ist, daß die Marke benutzt worden ist, muß sie von ihrem Inhaber für die Waren oder Dienstleistungen, für die sie eingetragen ist, im Inland ernsthaft benutzt worden sein, es sei denn, daß berechtigte Gründe für die Nichtbenutzung vorliegen.

(2) Die Benutzung der Marke mit Zustimmung des Inhabers gilt als Benutzung durch den Inhaber.

(3) Als Benutzung einer eingetragenen Marke gilt, unabhängig davon, ob die Marke in der benutzten Form auch auf den Namen des Inhabers eingetragen ist, auch die Benutzung der Marke in einer Form, die von der Eintragung abweicht, soweit die Abweichung den kennzeichnenden Charakter der Marke nicht verändert.

(4) Als Benutzung im Inland gilt auch das Anbringen der Marke auf Waren oder deren Aufmachung oder Verpackung im Inland, wenn die Waren ausschließlich für die Ausfuhr bestimmt sind.

(5) Soweit die Benutzung innerhalb von fünf Jahren ab dem Zeitpunkt, ab dem kein Widerspruch mehr gegen die Marke möglich ist, erforderlich ist, tritt in den Fällen, in denen gegen die Eintragung Widerspruch erhoben worden ist, an die Stelle des Ablaufs der Widerspruchsfrist der Zeitpunkt, ab dem die das Widerspruchsverfahren beendende Entscheidung Rechtskraft erlangt hat oder der Widerspruch zurückgenommen wurde.

Ist vor dem 1. Januar 1995 ein Verfahren von Amts wegen zur Löschung der Eintragung einer Marke wegen des Bestehens absoluter Schutzhindernisse nach § 10 Absatz 2 Nummer 2 des Warenzeichengesetzes eingeleitet worden oder ist vor diesem Zeitpunkt ein Antrag auf Löschung nach dieser Vorschrift gestellt worden, so wird die Eintragung nur gelöscht, wenn die Marke sowohl nach den bis dahin geltenden Vorschriften als auch nach den Vorschriften dieses Gesetzes nicht schutzfähig ist. Dies gilt auch dann, wenn nach dem 1. Januar 1995 ein Verfahren nach § 54 zur Löschung der Eintragung einer Marke eingeleitet wird, die vor dem 1. Januar 1995 eingetragen worden ist.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
I ZB 39/97
Verkündet am:
27. Januar 2000
Walz
Justizamtsinspektor
als Urkundsbeamter
der Geschäftsstelle
in der Rechtsbeschwerdesache
betreffend die Markenanmeldung SCH 39 601/20
Nachschlagewerk: ja
BGHZ : nein
MTS

a) Der Rechtsnachfolger kann nach §§ 31, 28 Abs. 2 MarkenG vom Zeitpunkt
des Eingangs des Antrags auf Eintragung des Rechtsübergangs beim Patentamt
den Anspruch aus der Anmeldung geltend machen. Setzt der
Rechtsnachfolger das Anmeldeverfahren aber nicht selbst fort, so kann der
Rechtsvorgänger den Anspruch auf Eintragung der angemeldeten Marke
weiterverfolgen.

b) Die Erklärung nach § 156 Abs. 3 MarkenG kann hilfsweise für den Fall erklärt
werden, daß das angemeldete Zeichen nach den Bestimmungen des
Warenzeichengesetzes nicht eintragungsfähig ist.
BGH, Beschl. v. 27. Januar 2000 - I ZB 39/97 - Bundespatentgericht
Der I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche Verhandlung
vom 27. Januar 2000 durch den Vorsitzenden Richter Prof.
Dr. Erdmann und die Richter Dr. v. Ungern-Sternberg, Starck, Dr. Büscher und
Raebel

beschlossen:
Auf die Rechtsbeschwerde der Anmelderin wird der Beschluß des 26. Senats (Marken-Beschwerdesenats) des Bundespatentgerichts vom 30. Juli 1997 aufgehoben.
Die Sache wird zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an das Bundespatentgericht zurückverwiesen.
Der Gegenstandswert der Rechtsbeschwerde wird auf 50.000,-- DM festgesetzt.

Gründe:


I. Mit ihrer am 16. Juli 1993 eingegangenen Anmeldung begehrt die Anmelderin die Eintragung des Zeichens
"MTS"
für die Waren und Dienstleistungen
"Behälter aus Kunststoff, insbesondere Mehrwege-Transportbehälter , Steuerung von Mehrwegverpackungssystemen, insbesondere Mehrwegbehälter durch Organisation von Abholung der verwendeten Mehrwegverpackungssysteme, der Reinigung der Mehrwegverpackungen und der Rückführung der Mehrwegverpackungen zum Verwender, sowie Vermietung von Behältern"
in das Markenregister.
Die Markenstelle für Klasse 20 des Deutschen Patentamts hat der angemeldeten Marke die Eintragung wegen eines Freihaltebedürfnisses nach § 4 Abs. 2 Nr. 1 Altern. 2 WZG versagt.
Die hiergegen gerichtete Beschwerde der Anmelderin ist erfolglos geblieben (BPatG BlPMZ 1998, 318).
Während des Beschwerdeverfahrens vor dem Bundespatentgericht hat die Anmelderin die Rechte aus der Markenanmeldung auf die S. I.
GmbH in P. übertragen. Im Beschwerdeverfahren hat die Anmelderin ihr Einverständnis mit der Verschiebung der Priorität auf den 1. Januar 1995 erklärt , nachdem sie zuvor auf eine Anfrage der Markenstelle mit Schreiben vom 21. März 1996 erklärt hatte, sie mache von der Übergangsvorschrift des § 156 MarkenG Gebrauch, wenn das angemeldete Zeichen nicht nach dem bis 31. Dezember 1994 geltenden Warenzeichengesetz schutzfähig sei.
Mit der zugelassenen Rechtsbeschwerde verfolgt die Anmelderin den Eintragungsantrag weiter.
II. Das Bundespatentgericht hat unter Anwendung der Vorschriften des Warenzeichengesetzes ein Freihaltebedürfnis für das Zeichen angenommen und dazu ausgeführt:
Die Schutzunfähigkeit des Buchstabenzeichens folge aus § 4 Abs. 2 Nr. 1 Altern. 2 WZG. Für die Beurteilung der Schutzfähigkeit des Zeichens seien die Vorschriften des Warenzeichengesetzes maßgeblich. Auf die Mitteilung des Deutschen Patentamts vom 14. März 1995, die angemeldete Marke könne mit der Priorität vom 1. Januar 1995 eingetragen werden, wenn die Anmelderin sich mit der Verschiebung des Zeitrangs binnen zwei Monaten einverstanden erkläre, habe diese keine wirksame Einverständniserklärung abgegeben. In dem Schreiben der Anmelderin vom 21. März 1996 liege keine wirksame Erklärung gemäß § 156 Abs. 3 MarkenG, weil die Inanspruchnahme der Priorität 1. Januar 1995 nur hilfsweise für den Fall erklärt worden sei, daß die Marke nicht schon nach dem Warenzeichengesetz schutzfähig sei. Eine hilfsweise Erklärung sehe das Markengesetz nicht vor. Dagegen sprächen der Gesamtzusammenhang der Übergangsregelung und ihr Zweck, die vor dem 1. Januar 1995 angemeldeten und erst durch die Gesetzesänderung schutzfähig gewor-
denen Zeichen möglichst rasch und einheitlich überzuleiten. Ansonsten sei die Regelung des § 156 Abs. 5 MarkenG auch unverständlich, wonach die entsprechende Erklärung in einem Erinnerungs-, Beschwerde- oder Rechtsbeschwerdeverfahren nicht mehr abgegeben werden könne, wenn dieses am 1. Januar 1995 noch nicht anhängig gewesen sei.
Die Erklärung der Anmelderin im Beschwerdeverfahren sei ebenfalls nicht wirksam. Das Beschwerdeverfahren sei am 1. Januar 1995 noch nicht anhängig gewesen. Eine erst nach Ablauf der zweimonatigen Frist eingehende unbedingte Einverständniserklärung sei verspätet und jedenfalls dann unbeachtlich , wenn die Anmelderin eine Klärung der Eintragung auch nach dem Warenzeichenrecht anstrebe.
III. Die zulässige Rechtsbeschwerde hat in der Sache Erfolg.
1. Die Anmelderin ist berechtigt, die Anmeldung weiterzuverfolgen, auch wenn sie nicht mehr als Anmelderin vermerkt ist. Auf ihren am 4. September 1998 beim Deutschen Patentamt eingegangenen Antrag vom 29. Juli 1997 ist die Anmeldung gemäß §§ 27, 31 MarkenG auf die S. I. GmbH in P. umgeschrieben worden. Das berührt die Legitimation der Anmelderin zur weiteren Geltendmachung der Rechte aus der Anmeldung jedoch nicht. Gemäß § 31 MarkenG i.V. mit § 28 Abs. 2 MarkenG kann zwar vom Zeitpunkt des Eingangs des Antrags auf Eintragung des Rechtsübergangs beim Deutschen Patentamt der Rechtsnachfolger den Anspruch aus der Anmeldung geltend machen. Daraus folgt aber nicht, daß die Anmelderin als Rechtsvorgängerin den Anspruch auf Eintragung der angemeldeten Marke nach § 33 Abs. 2 Satz 1 MarkenG nicht weiterverfolgen kann, wenn die Rechtsnachfolgerin das Anmeldeverfahren nicht selbst fortsetzt. Denn die Übertragung der Rechte aus der
Anmeldung hat auf das laufende Anmeldeverfahren grundsätzlich keinen Einfluß. Dies gilt nicht nur für die Übertragung der Widerspruchsmarke im Widerspruchsverfahren (vgl. BGH, Beschl. v. 2.7.1998 - I ZB 24/97, GRUR 1998, 940, 941 = WRP 1998, 996 - Sanopharm), sondern auch im Rechtsmittelverfahren über die Markeneintragung. Auch auf dieses findet die Vorschrift des § 265 Abs. 2 Satz 1 ZPO entsprechende Anwendung.
Dies ergibt sich für das Beschwerdeverfahren vor dem Bundespatentgericht aus § 82 Abs. 1 Satz 1 MarkenG und für das Rechtsbeschwerdeverfahren vor dem Bundesgerichtshof aus dem Grundsatz, daß die Aufzählung in § 88 MarkenG nicht abschließend ist und die Bestimmungen über das Verfahren vor dem Bundespatentgericht entsprechend heranzuziehen sind (vgl. BGH, Beschl. v. 24.6.1999 - I ZA 1/98, GRUR 1999, 998 = WRP 1999, 939 - Verfahrenskostenhilfe ; Fezer, Markenrecht, 2. Aufl., § 88 Rdn. 3).
Der entsprechenden Anwendung des § 265 Abs. 2 Satz 1 ZPO stehen auch nicht Besonderheiten des Beschwerdeverfahrens im Markenrecht entgegen. Das Beschwerdeverfahren nach Zurückweisung der Eintragung durch das Deutsche Patentamt ist zwar anders als das Widerspruchsverfahren kein echtes Streitverfahren. § 265 Abs. 2 ZPO dient aber nicht nur dem Schutz des Gegners der Partei, auf deren Seite eine Ä nderung der sachlichen Legitimation eintritt, sondern auch der Ökonomie des Verfahrens, unbeeinflußt von einer materiellen Ä nderung der Inhaberschaft an dem streitbefangenen Gegenstand das Verfahren fortzusetzen (BGH GRUR 1998, 940, 941 - Sanopharm). Auch in dem nicht als Streitverfahren ausgestalteten Eintragungsverfahren entspricht es aber der Verfahrensvereinfachung, wenn die mit dem Beschwerdeverfahren bereits vertraute Anmelderin das Verfahren fortsetzen kann. Zudem kann die Anmelderin auch nach dem Rechtsübergang an der Weiterführung des Eintra-
gungsverfahrens ein besonderes Interesse haben, dem durch die entsprechende Anwendung des § 265 Abs. 2 Satz 1 ZPO Rechnung zu tragen ist.
2. Mit Erfolg wendet sich die Rechtsbeschwerde gegen die Annahme des Bundespatentgerichts, die Anmelderin habe sich nicht wirksam mit der Verschiebung des Zeitrangs nach § 156 Abs. 3 MarkenG einverstanden erklärt.
Die Anmelderin hatte mit dem am 22. März 1996 beim Deutschen Patentamt eingegangenen Schreiben vom Vortag ihr Einverständnis mit einer Prioritätsverschiebung für den Fall erklärt, daß das angemeldete Zeichen nicht nach den Bestimmungen des Warenzeichengesetzes schutzfähig sei. Die entsprechende Erklärung der Anmelderin ist rechtzeitig i.S. von § 156 Abs. 3 MarkenG beim Deutschen Patentamt eingegangen. Mangels formgerechter Zustellung ist nach § 94 Abs. 1 MarkenG i.V. mit § 9 Abs. 1 VwZG vom Zugang der Mitteilung des Deutschen Patentamts vom 14. März 1995 bei der Anmelderin am 21. März 1996 auszugehen. Zu diesem Zeitpunkt hatte die Anmelderin das Schriftstück nachweislich erhalten.
Die Anmelderin konnte ihr Einverständnis mit der Prioritätsverschiebung auch wirksam hilfsweise für den Fall erklären, daß das angemeldete Zeichen nach den Bestimmungen des Warenzeichengesetzes nicht eintragungsfähig war (vgl. BPatGE 39, 75, 81 f. - DSS; 40, 50, 54 f. - Rdt; Fezer aaO § 156 Rdn. 4; Althammer/Ströbele/Klaka, Markengesetz, 5. Aufl., § 156 Rdn. 11; a.A. BPatGE 37, 82, 84 ff. - PMA).
Prozessuale Verfahrenshandlungen können grundsätzlich von einer innerprozessualen Bedingung abhängig gemacht werden (vgl. BGH, Urt. v. 10.11.1983 - VII ZR 72/83, NJW 1984, 1240, 1241; Beschl. v. 26.10.1989
- IVb ZB 135/88, NJW-RR 1990, 67, 68; Beschl. v. 9.11.1995 - IX ZB 65/95, NJW 1996, 320; MünchKomm./Lüke, ZPO, Einl. Rdn. 275; Stein/Jonas/Leipold, ZPO, 21. Aufl., Rdn. 210 Vor § 128; Zöller/Greger, ZPO, 21. Aufl., Vor § 128 Rdn. 20; Thomas/Putzo, ZPO, 21. Aufl., Einl. III Rdn. 14). Es bestehen keine Bedenken, diesen Grundsatz auch auf das auf Prüfung der Markenanmeldung gerichtete förmliche Verwaltungsverfahren vor dem Bundespatentgericht entsprechend anzuwenden. Um eine danach zulässige Bedingung handelt es sich, wenn die Anmelderin ihr Einverständnis zu der Prioritätsverschiebung davon abhängig macht, daß die angemeldete Marke nach den Bestimmungen des Warenzeichengesetzes nicht schutzfähig ist.
Der Vorschrift des § 156 MarkenG läßt sich auch kein Verbot einer nur bedingten Einverständniserklärung zur Prioritätsverschiebung entnehmen. Aus dem Wortlaut des § 156 MarkenG folgt nicht, daß die Einverständniserklärung nach § 156 Abs. 3 MarkenG unbedingt erklärt werden muß. Gleiches gilt für die Gesetzesbegründung zu dieser Vorschrift (vgl. Begr. zum Regierungsentwurf, BT-Drucks. 12/6581, S. 129 f. = BlPMZ 1994, Sonderheft, S. 123 f.). Aus der in § 156 Abs. 3 MarkenG enthaltenen Fristbestimmung und dem in § 156 Abs. 5 MarkenG angeführten Stichtagsprinzip ist zwar zu folgern, daß die vor dem Inkrafttreten des Markengesetzes angemeldeten Marken zügig übergeleitet werden sollen. Aus Sinn und Zweck dieser Bestimmungen ergibt sich aber nicht, daß eine hilfsweise Einverständniserklärung unzulässig ist. Ansonsten wäre derjenige, der vor dem 1. Januar 1995 eine Marke angemeldet hat, gezwungen gewesen, zum 1. Januar 1995 neben der bestehenden Anmeldung eine weitere Neuanmeldung vorzunehmen, wenn er nicht auf eine Überprüfung seines Standpunkts zur Schutzfähigkeit des angemeldeten Zeichens nach den Bestimmungen des Warenzeichengesetzes verzichten oder eine endgültige Zurückweisung seiner Anmeldung riskieren wollte. Damit wäre dem Zweck der
Übergangsregelung des § 156 MarkenG, die bestehenden Markenanmeldungen ohne Neuanmeldung und mit demselben Zeitrang überzuleiten (vgl. Begr. zum Regierungsentwurf, BT-Drucks. 12/6581, S. 130 = BlPMZ 1994, Sonderheft , S. 124), und dem Grundsatz der Verfahrensökonomie weit weniger gedient als mit der Zulässigkeit einer nur hilfsweisen Einverständniserklärung.
Nachdem die Anmelderin sowohl im Beschwerdeverfahren als auch im Rechtsbeschwerdeverfahren zulässigerweise von der Bedingung wieder abgerückt ist und ihr Einverständnis zur Zeitrangverschiebung unbedingt erklärt hat, kommt es nicht mehr darauf an, ob das vor dem 1. Januar 1995 angemeldete Zeichen nach den bis dahin geltenden Vorschriften von der Eintragung ausgeschlossen war.
Das Bundespatentgericht hat von seinem Standpunkt aus folgerichtig nicht geprüft, ob die Marke nach den Bestimmungen des Markengesetzes von der Eintragung ausgeschlossen ist. Diese Beurteilung hat es nunmehr nachzuholen.
IV. Danach war der angefochtene Beschluß aufzuheben und die Sache an das Bundespatentgericht zurückzuverweisen (§ 89 Abs. 4 MarkenG).
Erdmann v. Ungern-Sternberg Starck
Büscher Raebel

Ist vor dem 1. Januar 1995 ein Verfahren von Amts wegen zur Löschung der Eintragung einer Marke wegen des Bestehens absoluter Schutzhindernisse nach § 10 Absatz 2 Nummer 2 des Warenzeichengesetzes eingeleitet worden oder ist vor diesem Zeitpunkt ein Antrag auf Löschung nach dieser Vorschrift gestellt worden, so wird die Eintragung nur gelöscht, wenn die Marke sowohl nach den bis dahin geltenden Vorschriften als auch nach den Vorschriften dieses Gesetzes nicht schutzfähig ist. Dies gilt auch dann, wenn nach dem 1. Januar 1995 ein Verfahren nach § 54 zur Löschung der Eintragung einer Marke eingeleitet wird, die vor dem 1. Januar 1995 eingetragen worden ist.